Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 10.08.2012 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten. Die Berufung wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt im Rahmen eines Überprüfungsverfahrens die Neuberechnung seiner Altersrente für Schwerbehinderte, Berufsunfähige oder Erwerbsunfähige und Anerkennung zusätzlicher Kindererziehungszeiten.
Der Kläger ist am 00.00.1940 geboren. Er ist der Vater von W (geb. 00.00.1998), B (geb. 00.00.1999) und B1 (geb. 00.00.2002).
Der Kläger bezog zunächst Rente wegen Erwerbsunfähigkeit bzw. nachfolgend wegen Berufsunfähigkeit. Am 29.08.2000 beantragte er eine Altersrente für Schwerbehinderte, Berufsunfähige oder Erwerbsunfähige. Zudem stellte er einen Antrag auf Feststellung von Kindererziehungszeiten/Berücksichtigungszeiten wegen Kindererziehung für seine Kinder W und B. Mit Rentenbescheid vom 27.09.2000 in der Fassung der Teilabhilfebescheide vom 17.01.2001 und 20.03.2002 wurde dem Kläger Altersrente für Schwerbehinderte, Berufsunfähige oder Erwerbsunfähige ab dem 01.08.2000 bewilligt. Dabei erkannte die Beklagte die Zeit vom 01.01.1998 bis 31.07.2000 für das Kind W und die Zeit vom 29.01.1999 bis 31.07.2000 für das Kind B als Berücksichtigungszeit wegen Kindererziehung an und vermerkte vom 02.01.1998 bis 31.07.2000 Pflichtbeiträge für Kindererziehung. Ein darüber hinausgehender Widerspruch wurde mit (bestandskräftigem) Widerspruchsbescheid vom 06.08.2002 zurückgewiesen.
Mit Schreiben vom 22.10.2002 teilte der Kläger mit, dass er auch seinen nunmehr geborenen Sohn B1 überwiegend erziehen werde. Die Erziehungs- und Berücksichtigungszeiten sollten seinem Konto zugeordnet werden. Mit Schreiben vom 11.11.2002 teilte die Beklagte dem Kläger mit, dass Kindererziehungszeiten oder Kinderberücksichtigungszeiten nach Beginn einer Altersrente wegen Schwerbehinderung keine Auswirkungen mehr auf den Versicherungsverlauf hätten und somit die Höhe der Rente nicht beeinflussen würden. Eine Anrechnung dieser Zeiten bei der Ehefrau des Klägers wäre daher sinnvoller. Nachfolgend meldete sich die Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (offenbar Kontoführerin der Ehefrau des Klägers) telefonisch bei der Beklagten und teilte mit, dass die Ehefrau des Klägers Beamtin sei. Mit Schreiben vom 24.03.2003 teilte die Beklagte der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte mit, dass für den Kläger keine (weiteren) Kindererziehungs- und Kinderberücksichtigungszeiten gespeichert worden seien. Der Vorgang sei nach Aktenlage entschieden worden, weil der Kläger nicht mitgewirkt habe. Ein entsprechender Bescheid findet sich nicht in der Akte.
Am 17.12.2010 stellte der Kläger auf einem entsprechenden Formblatt einen Antrag auf Feststellung von Kindererziehungszeiten/Berücksichtigungszeiten wegen Kindererziehung für seine Kinder W, B und B1.
Mit Bescheid vom 24.03.2011 lehnte die Beklagte den Antrag auf Neuberechnung der Rente vom 17.12.2010 ab. Da der Kläger bereits Rente beziehe, stelle der Antrag vom 17.12.2010 einen Antrag auf Neuberechnung der bisherigen Rente gemäß § 44 Sozialgesetzbuch, Zehntes Buch (SGB X) dar. Elternteile seien von der Anrechnung von Kindererziehungszeiten nach § 56 Abs. 4 Nr. 2 Sozialgesetzbuch, Sechstes Buch (SGB VI) ausgeschlossen, wenn sie während der Kindererziehungszeit versicherungsfrei gemäß § 5 Abs. 4 SGB VI gewesen seien. Aufgrund der Zahlung einer Altersrente für Schwerbehinderte, Berufs- oder Erwerbsunfähige ab dem 01.08.2000 sei der Kläger ab diesem Zeitpunkt versicherungsfrei.
Dagegen erhob der Kläger Widerspruch. Es bestehe keine Gleichbehandlung zwischen Versicherten und Rentnern, wenn eine Anrechnung bei Versicherten erfolge, bei Rentnern jedoch nicht.
Mit Widerspruchsbescheid vom 11.10.2011 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Ab dem Bezug der Vollrente wegen Alters würden die rechtlichen Voraussetzungen für die Anerkennung von Kindererziehungszeiten nicht (mehr) vorliegen. Daher könnten Kindererziehungszeiten für den Sohn B1 gar nicht und für die Kinder W und B ab dem 01.08.2000 nicht mehr berücksichtigt werden.
Dagegen hat der Kläger am 14.11.2011 Klage erhoben. Seine Ehefrau sei in Vollzeit beschäftigt und trage weiterhin zur Sozialversicherung bei.
Mit Urteil vom 10.08.2012 hat das Sozialgericht Köln die Klage abgewiesen. Der Kläger sei mit dem Bezug der Altersrente ab dem 01.08.2000 von einer Anrechnung weiterer Kindererziehungszeiten für seine drei Kinder ausgeschlossen. Entgegen der Auffassung des Klägers enthalte die Regelung zum Ausschluss der Bezieher einer Vollrente wegen Alters von der Anrechnung von Kindererziehungszeiten auch keine unsachgerechte Benachteiligung von Rentnern gegenüber Versicherten. Denn bei diesen Personen gehe der Gesetzgeber davon aus, dass das persönliche Versicherungsleben abgeschlossen und die Anerkennung von Kindererziehungszeiten nicht sachgerecht sei. Sinn und Zweck der gesetzlichen Regelung zur Gewährung von Kindererziehungszeiten sei es primär, dass mit der Anrechnung solcher Zeiten dazu beigetragen werden solle, durch Kindererziehung bedingte Lücken in der Versichertenbiografie und darauf beruhende Einbußen in der Rente zu beseitigen. Bei einer durch den Bezug einer Altersvollrente bereits abgeschlossenen Versicherungsbiografie bedürfe es einer solchen Lückenschließung indes nicht mehr.
Der Kläger hat am Montag, den 17.09.2012 gegen das ihm am 16.08.2012 zugestellte Urteil Berufung eingelegt. Er empfinde sich als Rentner diskriminiert und abgeschoben. Im Jahr 2002, kurz vor der Geburt des dritten Kindes, habe er zusammen mit seiner Ehefrau eine gemeinsame Erklärung im Hinblick auf die Zuordnung der Kindererziehungszeiten abgegeben, was jedoch abgelehnt worden sei.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 10.08.2012 aufzuheben und die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 24.03.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11.10.2011 zu verurteilen, den Rentenbescheid vom 27.09.2000 in der Fassung der Teilabhilfebescheide vom 17.01.2001 und 20.03.2002 sowie des Widerspruchsbescheides vom 06.08.2002 zurückzunehmen und seine Altersrente unter Berücksichtigung von rentensteigernden Kindererziehungszeiten für seine Kinder W und B über den 30.07.2000 hinaus und für seinen Sohn B1 ab dem 24.08.2002 neu festzustellen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das angegriffene Urteil für zutreffend.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung ist zulässig, sie wurde insbesondere fristgerecht erhoben.
Dem Kläger ist das Urteil vom 10.08.2012 ausweislich der Postzustellungsurkunde am 16.08.2012 zugestellt worden. Der Lauf einer Frist beginnt nach § 64 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG), soweit – wie hier – nichts anderes bestimmt ist, mit dem Tage nach der Zustellung. Nach § 64 Abs. 2 SGG endet eine nach Monaten bestimmte Frist mit dem Ablauf desjenigen Tages des letzten Monats, welcher nach der Zahl dem Tage entspricht, in den das Ereignis oder der Zeitpunkt fällt. Daraus folgt, dass bei einer Zustellung am 16.08.2012 die Einmonatsfrist des § 151 Abs. 1 SGG am 16.09.2012 ablief. Da der 16.09.2012 jedoch ein Sonntag war, endete die Frist gemäß § 64 Abs. 3 SGG am Montag, den 17.09.2012. An diesem Tag – und damit fristgerecht – ging die Berufung ein.
Die Berufung ist jedoch nicht begründet.
Der Bescheid der Beklagten vom 24.03.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11.10.2011 und das angefochtene Urteil des Sozialgerichts Köln vom 10.08.2012 sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten gemäß § 54 Abs. 2 SGG. Der Kläger hat auch nach Auffassung des Senats keinen Anspruch auf Rücknahme des Rentenbescheides vom 27.09.2000 in der Fassung der Teilabhilfebescheide vom 17.01.2001 und 20.03.2002 sowie des Widerspruchsbescheides vom 06.08.2002 und Berücksichtigung von rentensteigernden Kindererziehungszeiten für seine Kinder W und B über den 30.07.2000 hinaus und für seinen Sohn B1 ab dem 24.08.2002.
Sowohl hinsichtlich der Anerkennung weiterer Kindererziehungszeiten für die Kinder W und B als auch hinsichtlich der Anerkennung von Kindererziehungszeiten für B1 handelt es sich um ein Überprüfungsverfahren nach § 44 SGB X. Die Kindererziehungszeiten für W und B waren bereits bei Rentenantrag Streitgegenstand und wurden dann ab Geburt von W bis zum Bezug der Rente, nämlich bis zum 31.07.2000 durch Rentenbescheid vom 27.09.2000 in der Fassung der Teilabhilfebescheide vom 17.01.2001 und 20.03.2002 sowie des Widerspruchsbescheides vom 06.08.2002 anerkannt. Auch hinsichtlich der Kindererziehungszeiten für B1 hat es – was zwischen den Beteiligten unstreitig ist – einen ablehnenden Bescheid bereits in 2002/2003 gegeben. Dieser findet sich allerdings nicht in der Akte und das genaue Datum ist unbekannt.
Soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass des Verwaltungsaktes das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht worden sind, ist der Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, nach § 44 Abs. 1 S. 1 Sozialgesetzbuch, Zehntes Buch (SGB X) mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen.
Eine unrichtige Rechtsanwendung ist jedoch nicht gegeben. Vielmehr hat die Beklagte zu Recht die Anerkennung weiterer Kindererziehungszeiten über den 30.07.2000 hinaus abgelehnt.
Nach § 56 Abs. 4 Nr. 2 SGB VI sind Elternteile von der Anrechnung von Kindererziehungszeiten ausgeschlossen, wenn sie während der Erziehungszeit zu den in § 5 Abs. 4 SGB VI genannten Personen gehören. Nach § 5 Abs. 4 Nr. 1 SGB VI sind Personen versicherungsfrei, die eine Vollrente wegen Alters beziehen. Davon sind alle Altersrenten erfasst, die als Vollrenten gezahlt werden, u.a. Altersrenten für schwerbehinderte Menschen (vgl. Kreikebohm, 3. Aufl. 2008, § 5 Rn. 33). Demzufolge war der Kläger ab dem Bezug seiner Altersrente für Schwerbehinderte, Berufsunfähige oder Erwerbsunfähige nach § 5 Abs. 4 Nr. 1 SGB VI versicherungsfrei und damit von der Anrechnung von Kindererziehungszeiten ausgeschlossen. Die Regelung in § 56 Abs. 4 Nr. 2 SGB VI in Verbindung mit § 5 Abs. 4 Nr. 1 SGBVI, dass Bezieher einer Vollrente von der Anrechnung von Kindererziehungszeiten ausgeschlossen sind, ist im Übrigen bereits seit dem Jahr 2000 unverändert.
Der Wortlaut lässt keine für den Kläger günstigere Interpretation zu. Auch nach Sinn und Zweck der Regelung kommt keine andere Beurteilung in Betracht. Bei den in § 56 Abs. 4 SGB VI genannten Personen hat der Gesetzgeber – zulässigerweise typisierend – unterstellt, dass ihnen erziehungsbedingt keine Nachteile in der deutschen Rentenversicherung entstehen (Kreikebohm, a.a.O., § 56 Rn. 27), weil ihre Versicherungsbiografie bereits abgeschlossen ist. Der Sinn und Zweck der Regelung ist darin zusehen, dass mit der Anrechnung dieser Zeiten dazu beigetragen werden soll, durch Kindererziehung bedingte Lücken in der Versicherungsbiografie und darauf beruhende Einbußen in der Rente zu beseitigen (sog. Lückenschließungsfunktion).
Entgegen der Ansicht des Klägers besteht auch keine ungerechtfertigte Ungleichbehandlung von Rentnern und Erwerbstätigen. Die vom Kläger geltend gemachte Ungleichbehandlung von Rentnern und Erwerbstätigen ist jedenfalls durch einen sachlichen Grund gerechtfertigt. Denn ein Rentner, der sein Erwerbsleben bereits vollständig abgeschlossen hat und Bezieher einer Vollrente wegen Alters ist, ist mangels Lücke in seiner Erwerbsbiografie im Hinblick auf die Berücksichtigung von Kindererziehungszeiten auch nicht schutzbedürftig. Im Übrigen würden bei einem Rentner nach Eintritt des Versicherungsfalls der Altersrente auch keine etwaigen sonstigen Beitragszeiten angerechnet werden. Wird eine Vollrente wegen Alters bezogen und ist ein Wechsel der Rentenart ausgeschlossen (vgl. § 34 Abs. 4 SGB VI), kommt insgesamt während des Rentenbezugs die Berücksichtigung weiterer rentenrechtlicher Zeiten nicht in Betracht.
Der Kläger hätte zudem durchaus Gestaltungsmöglichkeiten gehabt, bei denen eine Anrechnung von Kindererziehungszeiten möglich gewesen wäre. So hätte er die Altersrente für Schwerbehinderte, Erwerbsunfähige oder Berufsunfähige erst zu einem späteren Zeitpunkt oder erst die Regelaltersrente mit Erreichen der Regelaltersgrenze in Anspruch nehmen können. In einem solchen Fall wären noch Kindererziehungszeiten bis zum Bezug dieser Altersrenten berücksichtigt worden.
Auf den vom Kläger vorgetragenen Umstand, dass seine Ehefrau zur Sozialversicherung beitrage, kommt es nicht an. Zunächst ist die Ehefrau nach den Angaben des Klägers Beamtin und zahlt damit insbesondere keine Rentenversicherungsbeiträge. Des Weiteren ist die Frage der Beitragszahlung (durch die Ehefrau des Klägers oder auch den Kläger selbst) für die Anerkennung von Kindererziehungszeiten nicht maßgeblich.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 183 S.1, 193 SGG.
Es bestand kein Anlass, die Revision zuzulassen. Die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.
Erstellt am: 13.03.2013
Zuletzt verändert am: 13.03.2013