Die zweitinstanzliche Klage der Klägerin gegen die Bundesagentur für Arbeit wird als unzulässig verworfen. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Duisburg vom 21.09.2012 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe:
I.
Die Klägerin begehrt die Nachversicherung in einer privaten Krankenversicherung als Leistung nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch – Grundsicherung für Arbeitsuchende (SGB II) sowie Schadensersatz für ihr infolge fehlender Krankenversicherung entstandenen Aufwendungen.
Die am 00.00.1945 geborene Klägerin war während ihrer Erwerbstätigkeit privat krankenversichert bei der T. Sie wurde mit Bescheid vom 17.05.2000 der Kaufmännischen Krankenkasse von der gesetzlichen Versicherungspflicht befreit. Nach Eintritt der Arbeitslosigkeit im Jahr 2006 bezog die Klägerin zunächst Arbeitslosengeld nach dem Sozialgesetzbuch Drittes Buch – Arbeitsförderung (SGB III), sodann vom 01.06.2007 bis 29.02.2008 einen Gründungszuschuss zur Aufnahme einer selbständigen Tätigkeit nach § 57 SGB III i.H.v. monatlich 830,70 EUR.
Das private Krankenversicherungsverhältnis der Klägerin wurde durch den Versicherer wegen Beitragsrückstandes zum 31.05.2007 gemäß § 39 a.F. des Versicherungsvertragsgesetzes (VVG) gekündigt.
Durch Urteil des Amtsgerichts E vom 11.11.2008 wurde die Klägerin zur Zahlung rückständiger Beiträge i.H.v. 3.442,91 EUR verurteilt.
Am 06.07.2007 beantragte die Klägerin bei dem Beklagten die Übernahme von Beiträgen zur privaten Krankenversicherung. Laufende Leistungen nach dem SGB II begehre sie nicht.
Mit Bescheid vom 07.04.2008 lehnte der Beklagte den Antrag vom 06.07.2007 ab. Bei einem Bedarf von 347,00 EUR in Gestalt der Regelleistung nach § 20 SGB II zzgl. eines Zuschusses zur privaten Krankenversicherung i.H.v. 127,50 EUR, zzgl. weiter anzunehmender Unterkunftskosten von 250,00 EUR bestehe ein Bedarf von 724,50 EUR, der durch das Einkommen der Klägerin in Gestalt des Gründungszuschusses gedeckt sei.
Den Widerspruch der Klägerin gegen diese Entscheidung wies der Beklagte mit Bescheid vom 10.11.2008 zurück.
Auf den weiteren Leistungsantrag vom 27.03.2008 wurden der Klägerin Leistungen nach dem SGB II bewilligt. In diesem Zeitraum war sie bis zum Eintritt der Regelaltersrente aufgrund des Leistungsbezuges nach dem SGB II bei der KKH gesetzlich krankenversichert.
Gegen den Ablehnungsbescheid vom 07.04.2008 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10.11.2008 hat die Klägerin am 11.12.2008 Klage erhoben.
Mit Schreiben vom 02.09.2009 und 16.09.2009 beantragte die Klägerin die erneute Überprüfung "der privaten Kranken- und Pflegeversicherung".
Mit Bescheid vom 23./24.10.2009 lehnte der Beklagte diesen Antrag ab und wies den Widerspruch der Klägerin hiergegen mit Bescheid vom 24.11.2009 zurück mit der Begründung, der zur Überprüfung gestellte Bescheid vom 07.04.2008 sei Gegenstand des Verfahrens S 35 AS 241/08 und damit noch nicht bestandskräftig. Eine Überprüfung gemäß § 44 des Sozialgesetzbuches Zehntes Buch – Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz (SGB X) sei daher unzulässig.
Gegen diese Entscheidung hat die Klägerin am 04.11.2009 in dem Verfahren S 35 AS 282/09 Klage erhoben. Das Sozialgericht hat dieses Verfahren mit Beschluss vom 06.10.2010 zum Verfahren S 35 AS 241/08 verbunden.
Im verbundenen Verfahren hat das Sozialgericht nach Durchführung eines Erörterungstermins am 31.03.2011 über den Antrag entschieden,
den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides vom 07.04.2008 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10.11.2008 zu verurteilen, der Klägerin die Kosten einer privaten Krankenversicherung zu gewähren sowie die durch die Nichtversicherung entstandenen Kosten zu erstatten.
Mit Urteil vom 21.09.2012 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen.
Die Klägerin habe keinen Anspruch auf Zahlung von Beiträgen für die private Kranken- und Pflegeversicherung durch den Beklagten, weil nach dem 31.05.2007 kein privates Krankenversicherungsverhältnis und kein privates Pflegeversicherungsverhältnis mehr bestanden habe. Ein Versicherungsvertrag mit ggf. rückwirkender Wiederaufnahme des Versicherungsverhältnisses sei bis zum Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung weder mit der T noch mit einem anderen Versicherungsunternehmen zustande gekommen.
Zu Recht auch habe der Beklagte mit Bescheid vom 07.04.2008 i.d.F. des Widerspruchsbescheides vom 10.11.2008 einen Anspruch der Klägerin auf Leistungen nach dem SGB II wegen bedarfsdeckender Einkünfte in Gestalt des seinerzeit bezogenen Gründungszuschusses verneint.
Soweit die Klägerin die Übernahme von Heilbehandlungskosten, Gerichtskosten, Kosten einer Kontosperrung und Ersatz der durch die Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung gegenüber einem Gerichtsvollzieher entstandener Kosten verlange, komme hierfür zwar grundsätzlich ein Amtshaftungsanspruch nach § 839 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) i.V.m. Art. 34 Grundgesetz (GG) in Betracht. Für Entscheidungen hierüber sei das Landgericht zuständig, so dass über mögliche Amtshaftungsansprüche im vorliegenden nicht zu entscheiden gewesen sei.
Gegen das am 05.10.2012 zugestellte Urteil richtet sich die Berufung der Klägerin vom 30.10.2012, mit der sie ihrer Beitragsschuld aus dem beendeten Vertrag mit der T die Leistungen des "Arbeitsamtes" für 15 Monate gegenüberstellt und mit gezahlten und noch zu zahlenden Krankheitskosten in Höhe eines Gesamtschadens von 14.032,57 EUR saldiert. Streitig sei, welche monatlichen Versicherungsbeiträge vom "Arbeitsamt" zu übernehmen seien. Hierbei sei bislang von falschen Grunddaten ausgegangen worden. Zu dem insoweit bezifferten Schaden von 14.032,57 EUR trete ein Schaden aus der Zeit vom 01.06.2007 bis 07.11.2010 von 5.576,57 EUR hinzu, den sie erlitten habe, weil sie aufgrund der Versicherungsunterbrechung nun nicht von einer Minderung der monatlichen Beiträge aufgrund langjähriger Versicherung profitieren könne.
Mit Schreiben vom 14.02.2013 sind die Beteiligten zu einer Beschlussentscheidung des Senats angehört worden. Mit Schreiben vom 26.02.2013 hat sich die Klägerin mit einer Verweisung der Amtshaftungsansprüche betreffenden Teile des Verfahrens an das Landgericht einverstanden erklärt.
Zu weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.
II.
Der Senat macht nach vorheriger Anhörung der Beteiligten durch Schreiben vom 14.02.2013 von der Möglichkeit Gebrauch, die Berufung im Beschlussverfahren zurückzuweisen. Diese Möglichkeit besteht nach § 153 Abs. 4 Sozialgerichtsgesetz (SGG), wenn der Senat die Berufung einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung für nicht erforderlich hält. Die Beteiligten sind vorher zu hören.
Diese Voraussetzungen sind erfüllt.
Diese Anhörung ist erfolgt. Die weiteren Voraussetzungen einer Entscheidung durch Beschluss über die Berufung liegen gleichfalls vor, denn die Berufsrichter des Senats sind übereinstimmend der Auffassung, dass die Berufung unbegründet ist.
Im Rahmen des bei dieser Einschätzung zustehenden Ermessens (ständige Rechtsprechung des BSG, vgl. z.B. Beschlüsse vom 06.04.2011 – B 4 AS 188/10 B, vom 24.05.2012 – B 9 SB 14/11 B, vom 29.05.2012 – B 1 KR 6/12 B, zusammenfassend Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Aufl. § 153 Rn 15 m.w.N.) sieht der Senat die Durchführung einer mündlichen Verhandlung als nicht erforderlich an.
Gegenstand des Verfahrens sind ausschließlich gegen den Beklagten geltend gemachte Ansprüche, nicht dagegen Ansprüche gegen "das Arbeitsamt", d.h. die für Leistungsangelegenheiten nach dem SGB III für die Klägerin bis zum 31.05.2007 zuständige Agentur für Arbeit. Diese hat im Übrigen entgegen der Berechnung der Klägerin nicht monatlich 133,59 EUR, sondern 156,81 EUR an Beiträgen zur Krankenversicherung und weitere 17,32 EUR bzw. bis zum 31.03.2006 16,26 EUR an Beiträgen zur Pflegeversicherung gemäß § 207a SGB III übernommen (Änderungsbescheid vom 25.06.2009).
Bei den erstmalig im Berufungsverfahren gegen die Bundesagentur geltend gemachten Ansprüchen handelt es sich daher um eine zweitinstanzliche Klage, die nicht statthaft und daher wegen Unzulässigkeit zu verwerfen ist, § 158 SGG.
Nach § 29 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) entscheidet das Landessozialgericht im zweiten Rechtszug über die Berufung gegen Gerichtsbescheide und Urteile und gegen die Beschwerden gegen andere Entscheidungen der Sozialgerichte. An einer solchen Vorbefassung des Sozialgerichts fehlt es hinsichtlich möglicher Ansprüche der Klägerin gegen die Agentur für Arbeit.
Die Berufung ist zulässig jedoch unbegründet.
Gegenstand des Berufungsverfahrens sind die Ablehnung von Ansprüchen nach dem SGB II auf den Antrag vom 06.07.2007 durch Bescheid des Beklagten vom 07.04.2008 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10.11.2008 (1.), das mit Bescheid vom 23.10.2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24.11.2009 (W 4857) beschiedene Überprüfungsbegehren der Klägerin aus ihrem Schreiben vom 02.09.2009/16.09.2009 "auf erneute Überprüfung der privaten Kranken- und Pflegeversicherung"(2.), schließlich die geltend gemachten Ansprüche auf Schadensersatz gegen den Beklagten (3.).
1. Mit Antrag vom 06.07.2007 hat die Klägerin vom Beklagten ausschließlich die Übernahme von Versicherungsbeiträgen zu ihrer privaten Kranken- und Pflegeversicherung begehrt.
Beitragszuschüsse nach § 26 SGB II, der insoweit alleine in Betracht kommenden Rechtsgrundlage, setzen jedoch einen Leistungsanspruch nach dem SGB II voraus und stellen im Verhältnis zu den Grundsicherungsleistungen in Gestalt der Regelleistungen nach § 20 SGB II einen nicht abtrennbaren Streitgegenstand dar (Urteil des BSG vom 18.01.2011 – B 4 AS 108/11 10 R = Rn 13 juris), können also nur zusammen mit diesem angefochten werden.
Insoweit und auch leistungsrechtlich zutreffend hat der Beklagte mit Bescheid vom 07.04.2008 Leistungsansprüche der Klägerin wegen bedarfsdeckender Einkünfte nach dem SGB III abgelehnt und den Widerspruch der Klägerin mit Bescheid vom 10.11.2008 zurückgewiesen.
Ein Anspruch auf Beitragszuschüsse zur privaten Kranken- oder Pflegeversicherung besteht zudem nur, wenn auch ein Versicherungsvertrag besteht, in dessen Rahmen Beiträge geschuldet werden. Dies war bei der Klägerin nach der eindeutigen Auskunft ihres ehemaligen Versicherers, der T Versicherung, nach dem 31.05.2007 und damit bereits zum Zeitpunkt der erstmaligen Antragstellung am 06.07.2007 nicht mehr der Fall.
2. Zu Unrecht hat der Beklagte den Gegenstand der mit Schreiben der Klägerin vom 02.09./16.09.2009 begehrten Überprüfung als auf den Regelungszeitraum des Bescheides vom 07.04.2008 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10.11.2008 beschränkt angesehen. Denn der Regelungszeitraum dieses Bescheides umfasst nur den Zeitraum bis zur Stellung des Folgeantrages vom 27.03.2008, auf den hin der Klägerin mit mehreren Bescheiden durchgängig bis zum Zeitpunkt der Stellung des Überprüfungsantrages Leistungen nach dem SGB II bewilligt worden waren. Prüfungsgegenstand der im September 2009 gestellten Überprüfungsanträge sind daher entsprechend dem Begehren der Klägerin Ansprüche der Klägerin zur Aufrechterhaltung/Herstellung privater Kranken- und Pflegeversicherungsverhältnisse im Zeitraum seit der erstmaligen Antragstellung am 06.07.2007. Nach vorstehenden Ausführungen sind Gegenstand der Überprüfung auch in diesen Zeiträumen zustehende Ansprüche auf Regelleistungen nach § 20 SGB II.
Im Ergebnis sind jedoch weder die Überprüfung des Beklagten noch deren Bestätigung durch das Sozialgericht zu beanstanden, weil Ansprüche auf Beitragszuschüsse nach § 26 SGB II mangels bestehender Versicherungsverträge mit hieraus folgenden Zahlungspflichten der Klägerin nicht gegeben und Fehler im Rahmen der Bewilligung von Regelleistungen nach § 20 SGB II weder nach Aktenlage ersichtlich noch von der Klägerin gerügt worden sind.
3. Soweit die Klägerin die Übernahme von Krankenbehandlungskosten und Folgekosten ihres Beitragsrückstandes im Verhältnis zur privaten Krankenversicherung geltend macht, begehrt sie Schadensersatzanspruch.
Für den Schadensersatzanspruch wegen Amtshaftpflichtverletzung aus § 839 BGB ist – wie das Sozialgericht zutreffend ausgeführt hat – nach Art. 34 Abs. 3 GG ausschließlich der Rechtsweg zu der ordentlichen Gerichtsbarkeit gegeben (§ 17 Abs. 1 Satz 2 GVG; vgl. auch BSG Urteil vom 28.03.2000 – B 8 Kn 3/98 U R = juris Rn 12).
Der Senat hat den Rechtsstreit insoweit im Einverständnis der Klägerin abgetrennt und an das zuständige Landgericht verwiesen.
Eine andere Anspruchsgrundlage für den von der Klägerin geltend gemachten Schadensersatzanspruch aus öffentlichem Recht ist nicht ersichtlich. Insbesondere ist ein Schadensersatzanspruch in Geld keine Rechtsfolge des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs (vgl. BSG Urteil vom 20.10.2010 – B 13 R 15/10 R= juris Rn 40).
Ein Anspruch auf Schadensersatz lässt sich auch nicht aus § 823 Abs. 2 BGB herleiten.
Die Vorschrift des § 823 Abs. 2 BGB ist neben dem Schadensersatzanspruch wegen Amtshaftpflichtverletzung aus § 839 BGB im Allgemeinen nicht anwendbar.
Dies gilt nur dann nicht, wenn sich eine in Ausübung eines öffentlichen Amtes begangene Amtspflichtverletzung zugleich als unerlaubte Handlung innerhalb des bürgerlich-rechtlichen Geschäftskreises eines öffentlichen Dienstherrn, wie z. B. bei Verletzung der Verkehrssicherungspflicht, darstellt (Vgl. BGH Urteil vom 13.06.1996 – III ZR 40/95 = juris Rn 28 m.w.N.; OLG Frankfurt Beschluss vom 15.05.2006 – 1 U 203/05).
Auch wenn § 823 Abs. 2 BGB anwendbar wäre, wären die Tatbestandsvoraussetzungen nicht erfüllt.
Nach § 823 Abs. 2 BGB ist derjenige schadensersatzpflichtig, der gegen ein den Schutz eines Anderen bezweckendes Gesetz schuldhaft verstösst. Ein Verstoss gegen § 26 SGB II scheidet wie oben dargelegt bereits mangels Anwendbarkeit dieser Norm aus. Andere als Schutzgesetz in Betracht kommende Normen sind nicht ersichtlich (Zu ähnlich gelagerten Fällen vgl. Urteil des Senats vom 12.11.2012 – L 19 AS 1450/10, Revision anhängig unter B 14 AS 11/13 R; vgl. weiter Beschluss des BSG vom 20.10.2010 – B 13 R 63/10 B sowie Urteil des LSG NRW vom 05.04.2012 – L 9 AL 136/11, jeweils m.w.N).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Ein Anlass zur Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 SGG besteht nicht.
Gegen diesen Beschluss steht nach § 158 S.3 SGG den Beteiligten das Rechtsmittel zu, das zulässig wäre, wenn das Gericht durch Urteil entschieden hätte.
Erstellt am: 02.04.2013
Zuletzt verändert am: 02.04.2013