Die Beschwerden des Antragstellers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Dortmund vom 25.02.2013 werden zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten.
Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren wird abgelehnt.
Gründe:
– I. –
Der in Bedarfsgemeinschaft mit C. Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch – Grundsicherung für Arbeitsuchende (SGB II) beziehende Antragsteller wendet sich gegen den Entfall seiner Leistungsansprüche für den Zeitraum vom 01.02.2013 bis 30.04.2013 infolge Verstoßes gegen in einer Eingliederungsvereinbarung übernommene Verpflichtungen.
In beidseitig unterzeichneter Eingliederungsvereinbarung vom 27.08.2012 verpflichtete sich der Antragsteller (u.a.) dazu, während der Dauer der Gültigkeit der Eingliederungsvereinbarung bis zum 30.08.2013 monatlich jeweils mindestens zehn Bewerbungsbemühungen um sozialversicherungspflichtige Beschäftigungsverhältnisse zu unternehmen und durch Vorlage von Kopien der Bewerbungsanschreiben oder E-Mails bei elektronischer Bewerbung nachzuweisen bzw. telefonische oder persönliche Bewerbungen in einem Bewerbertagebuch zu dokumentieren. Der Antragsgegner verpflichtete sich (u.a.) zur Unterstützung der Bewerbungsaktivitäten durch Übernahme angemessener nachgewiesener Kosten für schriftliche Bewerbungen bei vorherigem Antrag sowie durch Übernahme von angemessenen und nachgewiesenen Fahrtkosten zu Vorstellungsgesprächen, sofern die Kostenübernahme vor Fahrtantritt beantragt worden ist. Die Eingliederungsvereinbarung enthält eine Rechtsfolgenbelehrung, in der detailliert und unter Angabe des jeweiligen Absenkungsbetrages auf die stufigen Sanktionen bei Pflichtverstößen bis hin zum Wegfall des Leistungsanspruchs hingewiesen wird. Unter "wichtige Hinweise" wird auf die Möglichkeit der Erbringung ergänzender Sachleistungen oder geldwerter Leistungen auf Antrag bei Minderungen des Arbeitslosengeldes II um mehr als 30 % hingewiesen. Sanktionszeiträume könnten sich überschneiden. In den Überschneidungsmonaten würden die Minderungsbeträge addiert. In der Folge legte der Antragsteller keine bzw. nur einige wenige Nachweise zu unternommenen Bewerbungsbemühungen vor und gab im Rahmen von Anhörungen zu bevorstehenden Sanktionen zur Begründung dieses Verhaltens anfänglich an, er habe im Rahmen seines 400,00 EUR – Jobs keine Zeit gehabt, Bewerbungen zu schreiben. Später machte er geltend, ihm sei eine Festanstellung zum 01.02.2013 zugesagt worden.
Mit Bescheid vom 18.10.2012 stellte der Antragsgegner wegen unterbliebenen Nachweises von Bewerbungsbemühungen im September 2012 eine Minderung des Arbeitslosengeldes II des Antragstellers um monatlich 30 % des maßgebenden Regelbedarfes für den Zeitraum vom 01.11.2012 bis 31.01.2013 fest, mit Bescheid vom 29.11.2012 und nach erfolgter Anhörung eine Minderung um 60 % im Zeitraum vom 01.01.2013 bis 31.03.2013 wegen unterbliebenen Nachweises von Bewerbungsbemühungen im Oktober 2012. Mit Schreiben vom 05.12.2012 hörte der Antragsgegner den Antragsteller zum unterbliebenen Nachweis von Eigenbemühungen im November 2012 und dem bevorstehenden Wegfall seiner Leistungsansprüche für drei Monate an. Nach Aktenlage hat der Antragsteller hierauf nicht reagiert. Mit Bescheid vom 23.01.2013 stellte der Antragsgegner unter Bezugnahme auf die vorangegangenen Pflichtverletzungen für die Zeit vom 01.02.2013 bis 30.04.2013 einen vollständigen Wegfall der Ansprüche des Antragstellers nach dem SGB II fest, weil dieser der Verpflichtung zum Nachweis von Eigenbemühungen aus der Eingliederungsvereinbarung vom 27.08.2012 im November 2012 nicht nachgekommen sei. Wie im vorangegangenen Anhörungsschreiben werden auch im Bescheid vom 23.01.2013 ergänzende Sachleistungen oder geldwerte Leistungen mit wieder auflebendem Krankenversicherungsschutz angeboten. Mit Anhörungsschreiben vom 07.01.2013 hörte der Antragsgegner den Antragsteller zum möglichen Wegfall seines Auszahlungsanspruches für drei Monate wegen unterbliebener Bewerbungsnachweise im Dezember 2012 an und stellte mit weiterem Bescheid vom 23.01.2013 den Wegfall des Leistungsanspruches des Antragstellers für die Zeit vom 01.02.2013 bis 30.04.2013 fest. Mit Schreiben vom 31.01.2013 legte der Antragsteller am 01.02.2013 Widerspruch ein gegen den Minderungsbescheid vom 23.01.2013 wegen unterlassenen Nachweises von Eigenbemühungen im November 2012 und mit Schreiben vom 04.02.2013, das beim Antragsgegner am 08.02.2013 eingegangen ist und nach Aktenlage das gleiche Widerspruchszeichen (W 746/13) erhalten hat wie der Widerspruch gegen den ersten Absenkungsbescheid vom 23.01.2013, Widerspruch gegen den Bescheid vom 23.01.2013, mit dem die Nichtvorlage von Bewerbungsnachweisen im Dezember 2012 sanktioniert worden war.
Beide Widersprüche – wie auch den am 04.02.2013 im vorliegenden Verfahren gestellten Antrag (auf Herstellung der aufschiebenden Wirkung des mit Schreiben vom 31.01.2013 gegen den Absenkungsbescheid vom 23.01.2013 eingelegten Widerspruchs) hat der Antragsteller damit begründet, die Sanktionierung sei unverhältnismäßig. Er habe seine derzeit in geringfügigem Umfang ausgeübte Tätigkeit "definitiv spätestens mit dem Monat Februar 2013" umwandeln und ab diesem Zeitpunkt vollschichtig erwerbstätig sein wollen. Ein weiterer vollschichtiger Arbeitsplatz könnte ohnehin nicht angenommen werden. Es fehle an einer korrekten Rechtsfolgenbelehrung bezüglich der nunmehr erfolgten Sanktion. Hierbei genüge nicht die Bezugnahme auf die Eingliederungsvereinbarung. Vielmehr sei eine ausdrückliche Rechtsfolgenbelehrung bezüglich des möglichen Eintritts einer Sanktion notwendig. Auch habe er im Dezember 2012 zehn Bewerbungen eingereicht, davon zwei durch persönliche Übergabe am Empfang, acht weitere durch Einwurf in den Briefkasten des Antragsgegners. Dem Antragsschreiben beigefügt sind mehrere undatierte Bewerbungsschreiben des Antragstellers mit dem jeweiligen Text "Sehr geehrte Damen und Herren, suche einen Job, als Arbeiter. Mit freundlichen Grüßen." und – gleichfalls undatierten – Absagen der Adressaten. Mit Beschluss vom 25.02.2013 hat das Sozialgericht den Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs des Antragstellers vom 31.01.2013 gegen den Bescheid des Antragsgegners vom 23.01.2013 sowie den zugleich gestellten Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Antragsverfahren abgelehnt. Auf die Begründung des Beschlusses wird Bezug genommen.
Gegen den am 25.02.2013 zugestellten Beschluss richtet sich die Beschwerde des Antragstellers vom 04.03.2013, mit der auch weiterhin unter Bezugnahme auf eine Entscheidung des Sozialgerichts Dortmund (Beschluss vom 05.01.2010 – S 22 AS 369/09 ER) die Auffassung vertreten wird, die dem Antragsteller erteilte Rechtsfolgenbelehrung sei unzureichend, tatsächlich vorgelegte Bewerbungsschreiben würden nicht berücksichtigt.
Durch Schreiben des Berichterstatters vom 14.03.2013 ist der Antragsteller zu Händen seines Prozessbevollmächtigten zur Vorlage einer vollständigen Erklärung zu den persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen des Antragstellers im Rahmen der beantragten Prozesskostenhilfe, Vorlage vollständiger Kontenauszüge seit dem 01.01.2013 und (u.a.) Vorlage des Arbeitsvertrages ab dem 01.02.2013 aufgefordert worden. Dieser Aufforderung ist der Antragsteller auch nach Fristsetzung im Erinnerungsschreiben vom 05.04.2013 weder bis zum Ablauf der gesetzten Frist (12.04.2013) noch bis zur Beschlussfassung des Senats nachgekommen.
– II. –
Die zulässige Beschwerde des Antragstellers gegen die Ablehnung seines Antrags auf Herstellung der aufschiebenden Wirkung seines Widerspruches vom 01.02.2013 gegen den Bescheid des Antragsgegners vom 23.01.2013 ist unbegründet (1.); Prozesskostenhilfe steht dem Antragsteller weder für das Antragsverfahren noch für das Beschwerdeverfahren zu (2.).
1. Nach § 86 Abs.1 Satz 1 Nr. 2 SGG kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag in den Fällen, in denen der Widerspruch oder die Anfechtungsklage keine aufschiebende Wirkung haben, die aufschiebende Wirkung anordnen. Der Widerspruch gegen den Bescheid vom 23.01.2013 entfaltet nach § 39 Nr. 1 SGB II keine aufschiebende Wirkung.
Bei der Entscheidung über die Anordnung der aufschiebende Wirkung hat das Gericht eine Abwägung des Interesses des Antragstellers, die Wirkung des angefochtenen Bescheides (zunächst) zu unterbinden (Aussetzungsinteresse) mit dem Vollzugsinteresse der Antragsgegnerin vorzunehmen. Die aufschiebende Wirkung ist anzuordnen, wenn das Aussetzungsinteresse das Vollzugsinteresse überwiegt. Dabei richtet sich die Anordnung der aufschiebenden Wirkung in erster Linie nach dem Grad der Rechtmäßigkeit oder Rechtswidrigkeit des angefochtenen Eingriffsbescheides und den daraus folgenden Erfolgsaussichten der Klage im Hauptsacheverfahren (vgl. Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Aufl., § 86b Rn 12a ff). Bei der vorzunehmenden Interessenabwägung ist zu berücksichtigen, dass der Gesetzgeber in der vorliegenden Fallgestaltung ein Regel-/Ausnahmeverhältnis angeordnet hat. In der Regel überwiegt das Vollzugsinteresse des Antragsgegners, da der Gesetzgeber die aufschiebenden Wirkung von Rechtsbehelfen ausgeschlossen hat (vgl. BSG Beschluss vom 29.08.2011 – B 6 KA 18/11 R = juris Rn 12).
Das Interesse des Antragsgegners am Vollzug des Bescheides vom 23.01.2013 überwiegt auch hier im Ergebnis. Denn der Bescheid ist nur hinsichtlich der Höhe der ausgesprochenen Sanktion zu beanstanden, im Übrigen rechtmäßig (a)). Im Hinblick auf die Existenz des weiteren Sanktionsbescheides vom 23.01.2013 ist eine Herstellung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruches gegen den ersten Bescheid vom 23.01.2013 jedoch nicht gerechtfertigt (b)).
a) Gegen die vom Antragsteller in der Eingliederungsvereinbarung vom 27.08.2012 übernommene Verpflichtung, beginnend mit dem Datum der Unterzeichnung jeweils mindestens zehn Bewerbungsbemühungen um sozialversicherungspflichtige Beschäftigungsverhältnisse monatlich zu unternehmen und im Folgemonat nachzuweisen, begegnet weder nach dem Inhalt der Verpflichtung selbst noch nach der aufgegebenen Frequenz der Bewerbungen rechtlichen Bedenken. Es handelt sich um eine Konkretisierung der in § 2 Abs. 1 SGB II geregelten Selbsthilfeobliegenheit eines erwerbsfähigen Leistungsberechtigten. Ein erwerbsfähiger Leistungsberechtigter ist verpflichtet, eine ihm zumutbare Erwerbstätigkeit zur Verringerung der Hilfebedürftigkeit fortzuführen bzw. jede zumutbare Tätigkeit i.S.v. § 10 SGB II anzunehmen. Die dem Antragsteller abverlangten Eigenbemühungen sind zumutbar. Art, Umfang und Intensität der zumutbar abzuverlangenden Eigenbemühungen eines erwerbsfähigen Leistungsberechtigten bestimmen sich nach dem Einzelfall (vgl. zum Umfang der Obliegenheit zur Arbeitsuche als Teil der Selbsthilfeobliegenheit: Berlit in LPK-SGB II, 4 Aufl., § 2 Rn 22f). Leistungsempfängern sind, unabhängig von ihrer schulischen und beruflichen Bildung, grundsätzlich alle Arbeiten zur Überwindung ihrer Hilfebedürftigkeit und der der Mitglieder ihrer Bedarfsgemeinschaft zumutbar (BSG Urteil vom 15.12.2010 – B 14 AS 92/09 R = juris Rn 22). Nach Aktenlage sind persönlich Merkmale des Antragstellers, wie z. B. Alter, berufliche und fachliche Qualifikation, Gesundheitszustand, Besonderheiten in der Einschränkung der Leistungsfähigkeit, die ihn bei den ihm obliegenden Eigenbemühungen einschränken, nicht erkennbar. Dies wird auch nicht vorgetragen. Die Anzahl der nachzuweisenden Bewerbungsbemühungen ist nicht zu beanstanden (vgl. hierzu BSG im Urteil vom 31.01.2006 – B 11a AL 313/05 R). Die im Gegenzug vom Antragsgegner übernommene Verpflichtung (u.a.) zur Unterstützung der Bewerbungsaktivitäten durch Übernahme von angemessenen nachgewiesenen Kosten für schriftliche Bewerbungen sowie ggf. nachgewiesene Fahrtkosten zu Vorstellungsgesprächen steht in einem ausgewogenen Verhältnis zu den Pflichten des Antragstellers (vgl. zu einem insoweit kritischen Fall: Beschluss des Senats vom 16.11.2012 – L 19 AS 2098/12 B ER).
Den so übernommenen Pflichten ist der Antragsteller auch nach eigener Darstellung im November 2012 nicht nachgekommen. Der Antragsteller selbst gibt Eigenbemühungen erst ab Dezember 2012 an ( Bl. 3 der Antragsschrift vom 31.01.2013). Damit hat der Antragsteller nach eigenen Angaben den Sanktionstatbestand nach § 31 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGB II verwirklicht. Hiernach verletzen erwerbsfähige Leistungsberechtigte ihre Pflichten, wenn sie trotz schriftlicher Belehrung über die Rechtsfolgen oder deren Kenntnis sich weigern, in der Eingliederungsvereinbarung festgelegte Pflichten zu erfüllen, insbesondere in ausreichendem Umfang Eigenbemühungen nachzuweisen. Die erforderliche schriftliche Belehrung über die Rechtsfolgen seines Tuns bzw. seiner Unterlassung wurde dem Antragsteller sowohl in der Eingliederungsvereinbarung vom 27.08.2012 – dort ausführlich und unter Darstellung des gestuften Systems der Sanktionen – als auch im vorhergehenden Sanktionsbescheid vom 18.10.2012 erteilt. Der Inhalt der erteilten Rechtsfolgenbelehrung ist in den hier relevanten Bezügen nicht zu beanstanden und entspricht den Anforderungen der Rechtsprechung an derartige Rechtsfolgenbelehrungen. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundessozialgerichts ist zur Wirksamkeit einer Rechtsfolgenbelehrung erforderlich, dass sie konkret, richtig und vollständig ist, zeitnah im Zusammenhang mit dem jeweiligen Angebot erfolgt sowie dem erwerbsfähigen Hilfebedürftigen in verständlicher Form erläutert, welche unmittelbaren und konkreten Auswirkungen aus seinem Verhalten folgen (u.a. Urteil des BSG vom 17.12.2009 – B 4 AS 30/09 R). Weder im Antrag noch in der Beschwerde wird substantiiert, was der Antragsteller insoweit vermisst; die ohne weitere Begründung in den Raum gestellte Behauptung, eine Rechtsfolgenbelehrung sei "offensichtlich nicht erfolgt" ( Bl. 3 der Antragsschrift) ist ganz offensichtlich falsch. Die unter Bezugnahme auf die Entscheidung des SG Dortmund vom 05.01.2010 – S 22 AS 369/09 R – geäußerte Kritik geht fehl. Diese Entscheidung verhält sich – unter Bezugnahme auf die auch hier zugrundegelegte Rechtsprechung des BSG – zu einem Fall, in dem nach dem Inhalt der Eingliederungsvereinbarung unklar war, bis zu welchem Zeitpunkt Verpflichtungen erfüllt sein mussten. Dies ist nach dem Inhalt der Eingliederungsvereinbarung vom 27.08.2012 hier nicht der Fall und spielt im Übrigen auch deshalb keine Rolle, weil der Antragsteller selbst einräumt, vor Dezember 2012 keine Bewerbungsnachweise vorgelegt zu haben. Unzutreffend ist dagegen der im Anschluss an die Rechtsfolgenbelehrung in der Eingliederungsvereinbarung vom 27.08.2012 gegebene Hinweis, bei Überschneidung von Sanktionszeiträumen würden die Minderungsbeträge addiert. Ist innerhalb eines laufenden Sanktionszeitraumes eine weitere Obliegenheitsverletzung gegeben, wird die vorangegangene Absenkungsstufe nicht um die nächste Absenkungsstufe durch "parallele Absenkungsbescheide" ergänzt, sondern von dieser – durch Erlass eines Änderungsbescheides mit der neuen erhöhten Sanktionsstufe – abgelöst (Urteil des BSG vom 09.11.2010 – B 4 AS 27/10 R = juris Rn 22). Bei der vorliegenden Sanktionierung durch vollständigen Wegfall der Leistungsansprüche ist dies unerheblich und kann das Verhalten des Antragstellers nicht beeinflusst haben.
Eine Pflichtverletzung liegt nach § 31 Abs. 1 S. 2 SGB II nicht vor, wenn der erwerbsfähige Leistungsberechtigte einen wichtigen Grund für sein Verhalten darlegt und nachweist. Der Antragsteller hat sich zwar auf eine Einstellungszusage berufen Er hat jedoch keinerlei Nachweis einer Einstellungszusage zum 01.02.2013 und schon gar nicht der tatsächlichen Aufnahme einer Vollzeittätigkeit zu diesem Zeitpunkt erbracht. Ob eine Einstellungszusage unter den gegebenen Umständen überhaupt geeignet wäre, die Anforderungen an die Bewerbungsintensität zu verringern bzw. hier einen "wichtigen Grund" für das Verhalten des Antragstellers zu bieten, ist zweifelhaft. Denn erst bei (vollständiger) Unabhängigkeit vom Bezug steuerfinanzierter Grundsicherungsleistungen ist das Eingliederungsziel des SGB II erreicht. Die Leistungen des SGB II sollen dazu beitragen, dass die erwerbsfähigen Leistungsberechtigten und mit ihnen in Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen ihren Lebensunterhalt unabhängig von der Grundsicherung aus eigenen Mitteln und Kräften bestreiten können (§ 1 Abs. 2 S. 1 SGB II). Solange dieses Eingliederungsziel nicht erreicht ist, unterfallen alle erwerbsfähigen Leistungsberechtigten dem in § 2 SGB II aufgestellten "Grundsatz des Forderns" und müssen sie alle Möglichkeiten zur Beendigung oder Verringerung ihrer Hilfebedürftigkeit ausschöpfen (zuletzt Beschluss des Senats vom 03.04.2013 – L 19 AS 330/13 B zum Fall einer sog. "Aufstockerin", zugänglich unter www.sozialgerichtsbarkeit.de). Hier sind weder eine Einstellungszusage noch deren Realisierung belegt worden. Deshalb kann offen bleiben, inwieweit eine Einstellungszusage vor der tatsächlichen Erzielung bedarfsdeckender Einkünfte aus der zugesagten Tätigkeit geeignet wäre, erwerbsfähige Leistungsberechtigte ihrer Verpflichtung zu weiteren Bewerbungen zu entheben.
Schließlich hat der Antragsgegner – sowohl im vorhergehenden Anhörungsschreiben als auch im Sanktionsbescheid vom 23.01.2013 – die Verpflichtung zur Erbringung von Sachleistungen auf Antrag übernommen, der Antragsteller hat von diesem Angebot nach Aktenlage bislang keinen Gebrauch gemacht.
Rechtswidrig ist der (erste) Bescheid des Antragsgegners vom 23.01.2013 dagegen, insoweit mit diesem Bescheid ein vollständiger Entfall des Leistungsanspruches auf Arbeitslosengeld II auf der dritten Stufe des im SGB II vorgesehenen Sanktionensystems festgestellt worden ist. Der Antragsgegner stützt sich insoweit auf die mit Bescheid vom 18.10.2012 festgestellte Minderung um monatlich 30 % des Regelbedarfes für den Zeitraum vom 01.11.2012 bis 31.01.2013 sowie die mit Bescheid vom 29.11.2012 nach erfolgter Anhörung festgestellte Minderung um 60 % im Zeitraum vom 01.01.2013 bis 31.03.2013. Vor diesem Hintergrund stellt die mit dem hier streitgegenständlichen Bescheid vom 23.01.2013 vorgenommene Sanktionierung des unterbliebenen Nachweises von Eigenbemühungen im November 2012 keinen (zweiten) wiederholten Pflichtverstoß i.S.d. Gesetzes dar. Nach § 31a Abs. 1 S. 4 SGB II in der ab dem 01.04.2011 geltenden Fassung liegt eine wiederholte Pflichtverletzung nur vor, wenn bereits zuvor eine Minderung festgestellt wurde. Zum Zeitpunkt des sanktionsauslösenden Verhaltens des Antragstellers war daher – durch den Bescheid vom 18.10.2012 – alleine eine Sanktion auf der ersten Stufe um monatlich 30 % des maßgeblichen Regelbedarfes festgestellt, nicht dagegen die Sanktion auf der zweiten Stufe durch Bescheid vom 29.11.2012. Dieser Bescheid folgte dem sanktionierten Verhalten vielmehr nach, da der Antragsteller nach dem Inhalt der Eingliederungsvereinbarung vom 27.08.2012 die Nachweise seiner Bewerbungsbemühungen in den jeweils abgelaufenen Monaten am ersten Öffnungstag des jeweiligen (neuen) Monats vorzulegen hatte. Eine Sanktionierung auf der dritten Stufe des Sanktionensystems nach § 31a SGB II war unter diesen Umständen nicht zulässig.
Nach der Gesetzesbegründung (BT-Drs. 17/3404, S. 111 f.) sollte in § 31a Abs. 1 S. 1 SGB II mit dem Ziel der Schaffung von mehr Rechtsklarheit und um unnötige Gerichtsverfahren zu vermeiden, geregelt werden, dass eine wiederholte Pflichtverletzung auf der nächsten höheren Stufe erst dann eintreten kann, wenn zeitlich vorher eine Minderung wegen einer Pflichtverletzung auf der vorhergehenden Stufe festgestellt worden ist. Durch die Neuregelung sollte verdeutlicht werden, dass die Feststellung einer Pflichtverletzung auf der nächsten Stufe erst nach Bekanntgabe der vorangegangenen Sanktionsentscheidung erfolgen kann. Auch nach der systematischen Stellung von § 31a Abs. 1 S. 4 SGB II wird das Erfordernis einer bereits erfolgten Feststellung schon auf der jeweils vorhergehenden Stufe deutlich (Berlit in LPK-SGB II, 4. Aufl., § 31a Rn 16).
Die Sanktionierung in Gestalt eines vollständigen Entfalles des Leistungsanspruches auf der dritten Stufe des Sanktionensystems durch den (ersten) Bescheid vom 23.01.2012 war danach nicht zulässig, weil zum Zeitpunkt des monierten Verhaltens alleine die Feststellung einer Sanktion der ersten Stufe vorlag.
Wird bei Vorliegen der Sanktionsvoraussetzungen im Übrigen eine Sanktion nur der Höhe nach zu Unrecht festgestellt, ist der betreffende Bescheid in eine Sanktion auf der jeweils zulässigen Stufe, hier also im Umfange von 60 % umzudeuten (Urteil des BSG vom 09.11.2010 – B 4 AS 27/10 = juris Rn 22).
b) Die Teilrechtswidrigkeit der mit dem (ersten) Bescheid vom 23.01.2012 vorgenommenen Sanktionierung führt im Rahmen der vorzunehmenden Interessenabwägung jedoch weder insgesamt noch teilweise zur Herstellung der aufschiebende Wirkung des Widerspruches gegen den (ersten) Bescheid vom 23.01.2013. Denn das zu wägende Interesse des Antragstellers an einer solchen Entscheidung muss zurücktreten, weil er das wirtschaftliche Ziel seines Vorgehens, die Auszahlung von Leistungen nach dem SGB II für den Sanktionszeitraum, ohnehin nicht erreichen kann. Denn für den hier streitigen Sanktionszeitraum vom 01.02.2013 bis 30.04.2013 hat der Antragsgegner mit dem weiteren Sanktionsbescheid vom 23.01.2013 ebenso den vollständigen Entfall des Leistungsanspruches festgestellt. Gegen diesen Bescheid ist zwar nach Aktenlage – wie gegen den ersten Bescheid – Widerspruch eingelegt worden. Ein Antrag nach § 86b Abs. 1 SGG wurde jedoch bezüglich dieses weiteren Widerspruches nicht gestellt. Ein Antrag auf Herstellung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruches gegen den weiteren Bescheid vom 23.01.2013 hätte nach Vorstehendem auch keine Aussicht auf Erfolg, weil hier die hinsichtlich des ersten Bescheides vom 23.01.2013 vorhandenen Bedenken bezüglich der Höhe der vorgenommenen Sanktionierung nicht bestehen. Denn das mit dem weiteren Bescheid vom 23.01.2013 sanktionierte Verhalten – unterbliebener Nachweis von Eigenbemühungen im erforderten Umfang im Dezember 2012 – liegt nach der Bekanntgabe des Bescheides vom 29.11.2012 mit der darin festgestellten Minderung um 60 % im Zeitraum vom 01.01.2013 bis 31.03.2013. Das Interesse des Antragstellers überwiegt daher auch unter Berücksichtigung der Teilrechtswidrigkeit des (ersten) Bescheides vom 23.01.2013 das vom Antragsgegner zu wahrende Interesse an dessen Vollzug nicht. Vor diesem Hintergrund mag dahinstehen, ob des Weiteren gegen eine Herstellung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruches gegen den ersten Bescheid vom 23.01.2013 spräche, dass der Antragsteller Einkünfte aus einer geringfügigen Beschäftigung erzielt hat, möglicherweise mittlerweile voll erwerbstätig ist und er die Gewährung von Sachleistungen oder ergänzenden Geldleistungen im Sanktionszeitraum nicht beantragt hat.
2. Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe war danach wegen fehlender hinreichender Erfolgsaussicht i.S.v. §§ 73a SGG, 114 Zivilprozessordnung (ZPO) abzulehnen. Prozesskostenhilfe steht dem Antragsteller auch deshalb nicht zu, weil er seine Bedürftigkeit als Voraussetzung für die Bewilligung von Prozesskostenhilfe weder bis zum Abschluss des erstinstanzlichen Verfahrens noch bis zur Entscheidung des Senats glaubhaft gemacht hat. Der Antragsteller hat im Antragsverfahren eine im Wesentlichen unausgefüllte Erklärung zu den persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen vorgelegt. Danach ist Bedürftigkeit nicht glaubhaft gemacht. Nach der mehrfach angekündigten Aufnahme einer Vollzeittätigkeit ab 01.02.2013 ist darüber hinaus nicht unwahrscheinlich, dass der Antragsteller nunmehr in der Lage ist, die Kosten der Prozessführung im Sinne von § 114 ZPO selbst aufzubringen.
Kosten des Beschwerdeverfahrens nach Ablehnung von Prozesskostenhilfe sind entsprechend § 127 Abs. 4 ZPO nicht zu erstatten.
Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren ist nach § 118 Abs. 2 Satz 4 ZPO abzulehnen, weil der Antragsteller der mit Schreiben vom 14.03.2013/05.04.2013 an seinen Prozessbevollmächtigten unter Fristsetzung bis zum 12.04.2013 gerichteten Aufforderung zur Vorlage einer vollständigen Erklärung zu seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen weder bis zum Ablauf der gesetzten Frist noch bis zur Beschlussfassung des Senats nachgekommen ist.
Dieser Beschluss ist endgültig, § 177 SGG.
Erstellt am: 24.06.2013
Zuletzt verändert am: 24.06.2013