NZB als unzulässig verworfen
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Dortmund vom 03.07.2012 wird zurückgewiesen. Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt die Gewährung von Krankengeld für den Zeitraum vom 01.04.2010 bis 02.03.2012.
Die am 00.00.1965 geborene Klägerin war bei der Beklagten bis zum 31.03.2010 aufgrund einer versicherungspflichtigen Beschäftigung krankenversichert. Am 31.03.2010 endete das Beschäftigungsverhältnis aufgrund arbeitgeberseitiger Kündigung. Bereits zuvor seit dem 09.03.2010 war die Klägerin arbeitsunfähig erkrankt. Die Arbeitsunfähigkeit hatte der Arzt für Allgemeinmedizin Dr. N – zunächst bis zum 26.03.2010 (Freitag) – festgestellt. Am 29.03.2010 (Montag) stellte Dr. N erneut Arbeitsunfähigkeit bis zum 31.03.2010 (Mittwoch) fest. Am 01.04.2010 bescheinigte Dr. N dann erneut Arbeitsunfähigkeit bis zum 10.04.2010.
Durch Bescheid vom 07.04.2010 lehnte die Beklagte die Gewährung von Krankengeld ab 01.04.2010 mit der Begründung ab, dass eine Versicherung mit Anspruch auf Krankengeld am 01.04.2010 nicht mehr bestanden habe. Den dagegen am 15.04.2010 eingelegten Widerspruch wies die Beklagte durch den Widerspruchsbescheid vom 29.07.2010 zurück.
Dagegen hat die Klägerin am 09.08.2010 Klage vor dem Sozialgericht Dortmund erhoben.
Zur Begründung hat sie vorgebracht: Die Arbeitsunfähigkeit habe bis zum Erreichen der Höchstbezugsdauer am 02.03.2012 angedauert. Es könne nicht darauf ankommen, ob sie bereits am letzten Tag der bescheinigten Arbeitsunfähigkeit (31.03.2010) oder aber erst am 01.04.2010 einen Arzt zur Feststellung der weiteren Arbeitsunfähigkeit aufgesucht habe. Dr. N bestelle seine Patienten immer erst für den Tag ein, der auf den Ablauf der zuvor festgestellten Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung folge. Die Klägerin hat Arbeits-unfähigkeitsbescheinigungen in Form von ärztlichen Attesten für die Zeit vom 11.04. bis 18.06.2010 sowie vom 03.08.2010 bis 01.09.2011 vorgelegt; vom 16.06. bis 03.08.2010 befand sie sich in stationärer Behandlung.
Die Klägerin hat beantragt,
die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 07.04.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29.07.2010 zu verurteilen, ihr ab dem 01.04.2010 Krankengeld zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat an der in den angefochtenen Bescheiden geäußerten Rechtsauffassung festgehalten.
Durch Urteil vom 03.07.2012 hat das Sozialgericht Dortmund die Klage abgewiesen. Wegen der Begründung wird auf die Entscheidungsgründe Bezug genommen.
Gegen das ihr am 27.07.2012 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 15.08.2012 Berufung eingelegt.
Zur Begründung macht sie geltend: Sie sei seit 09.03.2010 fortlaufend arbeitsunfähig. Dr. N habe ihr am 29.03.2010 die Folgebescheinigung der Arbeitsunfähigkeit bis einschließlich 31.03.2010 und ausgestellt. Er habe sie aufgefordert, am 01.04.2010 zur Feststellung weiterer Arbeitsunfähigkeit zu erscheinen. Das fehlerhafte Handeln des Dr. N als Vertragsarzt sei dem Verantwortungsbereich der Krankenkasse zuzurechnen. Die Beklagte sei deshalb verpflichtet, ihr Krankengeld zu zahlen.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Dortmund vom 03.07.2012 zu ändern und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 07.04.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29.07.2010 zu verurteilen, ihr Krankengeld nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen über den 31.03.2010 hinaus bis zum 02.03.2012 zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das erstinstanzliche Urteil für zutreffend.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird verwiesen auf den übrigen Inhalt der Streitakten sowie der Verwaltungsakten der Beklagten, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung der Klägerin ist unbegründet. Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der angefochtene Bescheid vom 07.04.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29.07.2010 ist rechtmäßig. Die Klägerin hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Zahlung von Krankengeld in der Zeit vom 01.04.2010 bis 02.03.2012.
Die Klägerin war seit dem 01.04.2010 nicht mehr mit Anspruch auf Krankengeld versichert, da ihr Versicherungsschutz insoweit am 31.03.2010 endete.
Die für den geltend gemachten Anspruch aus § 44 Abs. 1 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) neben dem Eintritt von Arbeitsunfähigkeit erforderliche Mitgliedschaft der Klägerin mit Anspruch auf Krankengeld ist nach Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses am 31.03.2010 – nicht über den 31.03.2010 erhalten geblieben. Arbeitsunfähigkeit ist zuletzt am 29.03.2010 bis Mittwoch, 31.03.2010, ärztlicherseits bescheinigt worden. Danach wurde (erst) am 01.04.2010 wieder Arbeitsunfähigkeit festgestellt, die jedoch gemäß § 46 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB V erst zum 02.04.2010 einen Krankengeldanspruch der Klägerin gegen die Beklagte hätte auslösen können (vergl. Bundessozialgericht (BSG) Urteil vom 10.05.2012, Az B 1 KR 19/11 R). Die Voraussetzungen des Krankengeldanspruchs müssen nach der Rechtsprechung des BSG bei zeitlich befristeter Feststellung Arbeitsunfähigkeit und dementsprechender Krankengeldgewährung für jeden Bewilligungsabschnitt erneut festgestellt werden (BSG Urteil vom 10.05.2012, Az B 1 KR 20/11 R; vgl. ferner BSG SozR 4-2500 § 44 Nr. 2 Rdn. 8; BSGE 94, 247 = SozR 4-2500 § 44 Nr. 6 Rdn. 23 ff. jeweils m.w.N.). Da hier nicht vor Ablauf der bescheinigten Arbeitsunfähigkeit ärztlicherseits erneut weiterhin Arbeitsunfähigkeit festgestellt wurde, steht der Klägerin ab 02.04.2010 kein Krankengeld zu. Das wiederum bewirkt, dass auch ihre Mitgliedschaft nach § 5 Abs. 1 Nr. 1 SGB V gemäß § 192 Abs. 1 Nr. 2 SGB V mangels Krankengeldanspruch mit Ablauf des 31.03.2010 endete und dass bei der erneuten Arbeitsunfähigkeitsfeststellung am 01.04.2010 und in der Folgezeit derartige Zahlungsansprüche nicht mehr ausgelöst werden konnten, da eine Mitgliedschaft mit Anspruch auf Zahlung von Krankengeld nicht mehr bestand (vgl. BSG Urteile vom 10.05.2012 aaO; BSG SozR 4-2500 § 44 Nr. 14, juris Rdn. 21; BSG SozR 4-2500 § 44 Nr. 12, juris Rdn. 15).
Anhaltspunkte dafür, dass hier ein Sachverhalt vorliegt, bei dem eine unterbliebene ärztliche Feststellung der Arbeitsunfähigkeit ausnahmsweise rückwirkend auf den letzten Tag des abgelaufenen Krankengeldbezugs hätte nachgeholt werden dürfen, sind nicht erkennbar. Es liegt keiner der Fälle vor, in denen nach der Rechtsprechung des BSG die unterbliebene Feststellung der Arbeitsunfähigkeit in den Verantwortungsbereich der Krankenkasse fällt (vergl. dazu BSG Urteil vom 08.11.2005, Az B 1 KR 30/04 R). Insbesondere liegt eine der Beklagten zuzurechnende Pflichtverletzung des Vertragsarztes Dr. N nicht vor. Dieser hat lediglich Bescheinigungen über den Zeitraum ausgestellt, in dem seiner Ansicht nach voraussichtlich Arbeitsunfähigkeit der Klägerin bestehen würde. Er musste die Klägerin aber weder auf die oben dargestellte Rechtslage hinweisen noch die Vereinbarung der Untersuchungstermine mit der Klägerin so gestalten, dass eine Einbestellung der Klägerin spätestens am letzten Tag der zuvor bescheinigten Arbeitsunfähigkeit erfolgte. Ebenso wenig traf die Beklagte eine entsprechende Hinweispflicht (vergl. BSG Urteil vom 10.05.2012, B 1 KR 19/11 R). Ein sozialrechtlicher Herstellungsanspruch scheidet deshalb aus (BSG aaO). Der Entscheidung des LSG Baden-Württemberg vom 31.08.2012, Az.: L 4 KR 284/12, folgt der Senat nicht; diese steht im Widerspruch zu der aufgezeigten Rechtsprechung des BSG. Das LSG Baden-Württemberg überspannt die Anforderungen an den Vertragsarzt, wenn es von einer Fehleinschätzung des Arztes ausgeht, nur weil dieser die rechtlichen Folgen für Versicherte, deren Mitgliedschaft – wegen der Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses nur über den fortbestehenden Krankengeldanspruch gemäß § 192 Absatz 1 Nr. 2 SGB V erhalten bleibt, bei der Vergabe der Untersuchungstermine nicht berücksichtigt.
Bei der Klägerin trat demnach mit Wirkung vom 02.04.2010 entweder Versicherungspflicht nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V oder – soweit die Voraussetzungen vorlagen – nach § 10 SGB V ein. Ein Krankengeldanspruch bestand in dem einen wie auch dem anderen Fall nicht, weil es sich um keine Versicherung mit Anspruch auf Krankengeld handelte.
Ebensowenig kommt ein nachgehender Anspruch aus § 19 Abs. 2 SGB V, begrenzt auf die Dauer eines Monats nach Ablauf des 31.03.2010 in Betracht.
Im Falle, dass die Klägerin ab dem 01.04.2010 gemäß § 10 SGB V familienversichert gewesen ist, wird die Anwendung des § 19 Absatz 2 Satz 1 SGB V im Hinblick auf einen Krankengeldanspruch schon durch Satz 2 dieser Vorschrift ausgeschlossen, denn diese normiert die Vorrangigkeit der Familienversicherung.
Eine Verdrängung der Auffangversicherung (§ 5 Absatz 1 Nr. 13 SGB V) durch den nachgehenden Anspruch des § 19 Absatz 2 SGB V kommt ausnahmsweise – nur dann in Betracht, wenn bei prognostischer Betrachtungsweise davon auszugehen ist, dass die betroffenen Versicherten spätestens nach Ablauf eines Monats nach dem Ende ihrer bisherigen Mitgliedschaft eine anderweitige Absicherung im Krankheitsfall erlangen werden (§ 5 Absatz 8a Satz 4 Halbsatz 2 SGB V; vergl. BSG Urteil vom 10.05.2012, Az B 1 KR 19/11 R). Hier bestand aber Anfang April 2010 keinerlei Hinweis darauf, dass die Klägerin eine solche anderweitige Absicherung für den Krankheitsfall erlangen würde.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Sozialgerichtsgesetz (SGG).
Anlass, die Revision zuzulassen, hat nicht bestanden (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 und 2 SGG).
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Erstellt am: 24.10.2013
Zuletzt verändert am: 24.10.2013