Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 27.05.2011 geändert. Die Klage wird abgewiesen. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens für beide Rechtszüge. Die Revision wird nicht zugelassen. Der Streitwert wird endgültig auf 479.180,93 EUR festgesetzt.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um die Erstattung von Sozialhilfeleistungen in Höhe von 479.180,93 EUR, die die Klägerin in der Zeit von September 2000 bis zum 31.12.2006 für Frau P (im Folgenden: Hilfeempfängerin) erbracht hat.
Die Hilfeempfängerin lebte bis zum Frühjahr 1983 in E und bezog dort mit ihrem Ehemann Hilfe zum Lebensunterhalt. Aufgrund ihrer auf eine Muskelatrophie zurückzuführenden Pflegebedürftigkeit erhielt sie auch Leistungen der Hilfe zur Pflege. Ende Mai 1983 verzog sie nach Zustimmung des Sozialamtes der Klägerin in den Zuständigkeitsbereich der Beklagten, wo sie seit Juni 1983 mit ihrem Ehemann selbstständig in einer Sozialwohnung auf dem Gelände der Stiftung "Q" lebt. Dort wird sie seit 1989 vom ambulanten Pflegedienst der Stiftung versorgt. Wegen eines Arbeitsunfalls erhält die Hilfeempfängerin eine Verletztenrente nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von 20 %. Spätestens seit 1993 bezieht sie eine Erwerbsunfähigkeitsrente.
Die Beklagte gewährte der Hilfeempfängerin auf deren Antrag hin ebenfalls Sozialhilfeleistungen (Hilfe zur Pflege). Im Rahmen des Antrags hatte die Hilfeempfängerin zuvor auf einem Formblatt am 06.06.1983 versichert, dass ihr Vermögen 3.000,00 DM nicht übersteige. In dem von der Beklagten seinerzeit verwendeten Antragsformular war der Hinweis enthalten, dass jede Änderung in den Einkommens- und Vermögensverhältnissen anzugeben sei.
Die Klägerin und die Beklagte waren sich einig, dass die Klägerin gemäß § 97 Abs. 2 Bundessozialhilfegesetz (BSHG) in der Fassung des Gesetzes vom 10.01.1991, gültig bis 26.06.1993, zum Ersatz der von der Beklagten erbrachten (Sozialhilfe-) Aufwendungen verpflichtet war. Die Klägerin erkannte ihre Verpflichtung dem Grunde nach mit Schreiben vom 27.06.1983 an. Die Aufwendungen wurden in der Folgezeit durch die Beklagte zunächst halbjährlich beziffert und von der Klägerin erstattet.
Mit Schreiben vom 03.08.2000 teilte die Klägerin der Beklagten unter Verweis auf ein Urteil des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG) vom 23.03.2000 – 5 C 13/99 mit, dass ihre Kostenerstattungspflicht zum 31.12.1993 geendet habe und sie sich außerstande sehe, weitere Rechnungen zu erstatten. Für die seit 01.01.1994 geleisteten Erstattungszahlungen machte die Klägerin einen Rückerstattungsanspruch in Höhe von 405.136,52 DM geltend.
Mit Bescheid vom 30.10.2000 hob die Beklagte ihre Leistungsbescheide vom 08.02.1996 und 28.06.2000 ab dem 01.09.2000 auf, weil die Klägerin ihre Kostenzusage zurückgenommen habe. Sie werde daher nicht mehr im Wege der Amtshilfe tätig. Anfang Dezember 2000 machte die Klägerin einen Erstattungsstreit beim Verwaltungsgericht (VG) München (M 6b K 00.5782) anhängig und begehrte eine Kostenerstattung in Höhe von 265.751,13 DM für seit dem 01.01.1996 erbrachte Sozialhilfeleistungen.
Nachdem sowohl die Klägerin als auch die Beklagte der Hilfeempfängerin gegenüber im Folgenden die Erbringung vorläufiger Leistungen gemäß § 43 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Erstes Buch – Allgemeiner Teil (SGB I) abgelehnt hatten, lehnte das Bayerische VG München mit Beschluss vom 14.02.2001 einen Antrag der Hilfeempfängerin ab, die (hiesige) Beklagte nach § 123 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) zur Erbringung vorläufiger Leistungen gemäß § 43 SGB I zu verpflichten. Zuständig für die Erbringung vorläufiger Leistungen sei vielmehr die (dortige) Beigeladene (die hiesige Klägerin).
Mit Schreiben vom 08.03.2001 teilte die Klägerin der Hilfeempfängerin mit, sie sei nach § 43 SGB l zur vorläufigen Hilfegewährung verpflichtet und werde daher ab dem 01.09.2000 Sozialhilfe gewähren, soweit die Voraussetzungen dafür vorlägen. Bei der anschließenden Prüfung wurde festgestellt, dass die Hilfeempfängerin über Vermögenswerte in Höhe von 33.975,34 DM (13.792,94 DM Barvermögen und 20.192,50 DM Lebensversicherungen) verfügte. Außerdem war die Hilfeempfängerin Eigentümerin eines PKW mit einem Wert von ca. 20.000,00 DM. Aus der Zeit seit September 2000 waren zu diesem Zeitpunkt (Juli 2001) noch Rechnungen der Stiftung "Q" mit einem Gesamtbetrag von ca. 140.000,00 DM offen.
Auf Nachfrage der Klägerin teilte die Beklagte mit, die Vermögensverhältnisse seien geprüft und die Klägerin über ihre Verpflichtung, eine Änderung der Einkommens- und Vermögensverhältnisse anzuzeigen, belehrt worden. Über Vermögen sei der Beklagten (seit 1983) nichts bekannt geworden.
Ende August 2001 zahlte die Klägerin der Pflegeeinrichtung einen Abschlag von 30.000,00 DM. Im September 2001 beschloss die Klägerin, die Prüfung zum Vermögen der Hilfeempfängerin (insbesondere zu einem Einsatz des Barvermögens sowie der Lebensversicherungen) wegen des zwischen den (hiesigen) Beteiligten noch anhängigen Kostenerstattungsfalles und der darin zu klärenden Zuständigkeit bis zur Entscheidung des Verwaltungsgerichts zurückzustellen.
Die für die Haushaltsjahre 2000 und 2001 aufgelaufenen Rechnungen der Stiftung "Q" in Höhe von 83.225,50 EUR wurden in der Folgezeit gleichwohl beglichen. Mit Bescheid der Klägerin vom 24.09.2001 wurde der Hilfeempfängerin unter Anrechnung des ihr und ihrem Ehemann zur Verfügung stehenden Einkommens, insbesondere der Erwerbsunfähigkeits- und Unfallrente der Hilfeempfängerin sowie des Erwerbseinkommens des Ehemannes, monatliche Sozialhilfe in Höhe von 433,33 EUR bewilligt. Im Anhang des Bescheides wurde ausgeführt:
"Sie sind im Besitz von Lebensversicherungen sowie Sparbüchern. Es ist daher zu klären, ob es sich hierbei um einzusetzendes Vermögen i.S.v. § 88 Abs. 1 BSHG handelt. Bis zu dieser Entscheidung wird die gewährte Sozialhilfe gemäß § 89 BSHG als Darlehen gewährt. Nach Klärung der Angelegenheit erhalten Sie einen abschließenden Bescheid. Die Prüfung der Vermögensangelegenheit wird zurückgestellt bis zur Entscheidung des Verwaltungsgerichts über die Kostenerstattung."
Ihren hiergegen zunächst eingelegten Widerspruch nahm die Hilfeempfängerin mit Schreiben vom 08.12.2003 zurück. Zuvor war ihr mit Schreiben vom 17.11.2003 mitgeteilt worden, ein Darlehen sei gewährt worden, weil zunächst überprüft werden müsse, ob überhaupt verwertbares Vermögen vorliege. Zudem sei der Widerspruch verfristet. Schließlich müsste der Darlehensbescheid aufgehoben werden, wenn der Widerspruch aufrechterhalten bliebe, weil auch eine Darlehensgewährung nicht aufgezwungen werden dürfe.
In dem verwaltungsgerichtlichen Verfahren wegen Rückerstattung (M 6b K 00.5782) verurteilte das VG München die Beklagte durch Urteil vom 11.10.2006, der Klägerin für den Zeitraum von Januar 1996 bis Dezember 1998 135.876,40 EUR (= 265.751,13 DM) zurückzuerstatten. Das Gericht verneinte bereits seit dem 01.10.1994 einen Anspruch der Beklagten auf Kostenerstattung nach dem BSHG. Eine Kostenrückerstattung bereits ab diesem Zeitpunkt scheitere lediglich an der Verjährung der Forderung. Für die Leistungserbringung an die Hilfeempfängerin zuständig sei (nach Änderung des § 97 Abs. 2 BSHG im Jahre 1993) ab 01.01.1994 die Beklagte. Wegen der Einzelheiten wird auf das Urteil Bezug genommen. In der mündlichen Verhandlung vom 25.05.2004 hatte die Beklagte laut Sitzungsniederschrift zuvor erklärt, "dass die seit 1. September 2000 angefallenen und anfallenden Sozialhilfekosten der Klägerin erstattet werden, wenn dem rechtskräftigen Urteil im vorliegenden Verfahren zu entnehmen ist, dass die örtliche Zuständigkeit der Klägerin spätestens zum 31. Dezember 1998 endete".
Die Beklagte teilte daraufhin der Klägerin mit, sie werde der Verurteilung nachkommen, und erbat Mitteilung, wie aufgrund der Feststellung des Vermögens der Hilfeempfängerin verfahren worden sei. Ab 01.01.2007 würden Leistungen in eigener Zuständigkeit erbracht.
Mit Schreiben vom 06.02.2007 machte die Klägerin gegenüber der Beklagten unter Vorlage einer entsprechenden Kostenaufstellung einen Erstattungsanspruch gemäß § 102 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch – Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz (SGB X) für die im Rahmen der Vorleistung nach § 43 SGB I der Hilfeempfängerin erbrachten Sozialhilfe i.H.v. 467.570,87 EUR geltend. Mit Schreiben vom 21.03.2007 bat die Beklagte um Mitteilung, ob die zurückgestellte Bearbeitung der Vermögensangelegenheit wieder aufgenommen worden sei. Sofern Vermögen einzusetzen sei, müsse auch der Erstattungsbetrag reduziert werden.
Mit Bescheid vom 18.04.2007 lehnte die Beklagte den Antrag der Hilfeempfängerin auf Hilfe zur Pflege wegen vorrangig einzusetzenden Vermögens in Höhe von insgesamt 43.000,00 EUR (bzw. – nach Abzug des Freibetrages – 39.786,00 EUR) ab. Das Sozialgericht (SG) München lehnte durch Beschluss vom 18.06.2007 (S 51 SO 247/07 ER) einen Antrag der Hilfeempfängerin auf Erlass einer einstweiligen Anordnung mit der Begründung ab, ein Anordnungsanspruch bestehe nicht, da sie und ihr Ehemann über vorrangig einzusetzendes Vermögen verfügten und deshalb nicht hilfebedürftig seien.
Dieser Entscheidung folgend setzte die Hilfeempfängerin in der Folgezeit ihr Vermögen oberhalb des Schonbetrags zur Begleichung der Rechnungen der Stiftung "Q" ein. Nach Verbrauch dieses Vermögens nahm die Beklagte laufende Leistungen für die Hilfeempfängerin ab 01.09.2007 auf.
Mit Schreiben vom 08.05.2007 teilte die Klägerin der Beklagten mit, eine Entscheidung zur Vermögensfrage nicht getroffen zu haben. Anderenfalls wären die lokalen Entscheidungskriterien zu Grunde zu legen gewesen. Die Beklagte habe offenbar die Vermögenslage nicht überprüft; es sei auch nicht bekannt, ob eine Rückforderung in Betracht gezogen worden sei. Wegen der größeren Sachnähe sei es sinnvoll, dass die Beklagte die Vermögensfrage neu aufgreife. In jedem Fall seien die von ihr getätigten Sozialhilfeaufwendungen abzüglich des ggf. in Rede stehenden Vermögensbetrages zu erstatten.
Mit Schreiben vom 05.06.2007 lehnte die Beklagte eine Kostenerstattung mit der Begründung ab, die von der Klägerin an die Hilfeempfängerin geleistete Sozialhilfe sei wegen fehlender Hilfebedürftigkeit rechtswidrig erbracht worden. Dies sei der Klägerin auch bekannt gewesen.
Die Klägerin hat am 15.06.2007 Klage beim SG Düsseldorf erhoben. Zunächst hat sie einen Erstattungsbetrag von 467.570,87 EUR nebst Prozesszinsen geltend gemacht. Mit Schriftsatz vom 30.03.2010 (Eingang bei Gericht am 06.04.2010) hat sie mitgeteilt, es sei bei Klageerhebung zu einem Übertragungsfehler gekommen; die geltend gemachte Forderung betrage insgesamt 479.180,93 EUR. Versehentlich seien der Pflegegarantiebetrag von insgesamt 11.525,06 EUR sowie Kosten für ein amtsärztliches Gutachten in Höhe von 85,00 EUR nicht aufgeführt worden.
Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, einem Erstattungsanspruch für vom 01.09.2000 bis 31.12.2006 geleistete Sozialhilfe könne eine fehlende Bedürftigkeit der Hilfeempfängerin nicht entgegengehalten werden. Sie (die Klägerin) habe die Vermögensfrage mit Blick auf das beim VG München anhängige Klageverfahren zurückgestellt. Die Hilfeempfängerin habe zwar schon seit der Hilfegewährung durch die Beklagte über Vermögen in Form von Lebensversicherungen sowie Barvermögen verfügt, jedoch nur in einer Höhe, die lediglich einen Teil des (Pflege-) Bedarfs hätte decken können. Es müsse Berücksichtigung finden, dass die Beklagte die Vermögenslage der Klägerin seit 1983 nicht aufgeklärt habe.
Die Klägerin hat beantragt,
die Beklagte zu verpflichten, der Klägerin gemäß § 102 SGB X die für die Hilfeempfängerin P nach § 43 SGB I in der Zeit vom 01.09.2000 bis 31.12.2006 erbrachten Sozialhilfeleistungen in Höhe von 479.180,93 EUR zu erstatten.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Eine Kostenerstattung komme nicht in Betracht, da die Sozialhilfeleistungen gegenüber der Hilfeempfängerin aufgrund vorrangig einzusetzenden Vermögens rechtswidrig gewesen seien. Der Klägerin sei seit mindestens 2001 bekannt gewesen, dass die Hilfeempfängerin und ihr Ehemann über erhebliches Vermögen verfügten. Die Beklagte habe davon ausgehen dürfen, dass die Klägerin nach Prüfung in deren eigener Zuständigkeit zu dem Ergebnis gekommen sei, Vermögen der Hilfeempfängerin sei geschützt oder verbraucht worden, Hilfebedürftigkeit habe vorgelegen, und von der Klägerin seien erst im Anschluss daran Leistungen nach § 43 SGB I gewährt worden. Der Beklagten sei erst im Frühjahr 2007 deutlich geworden, dass Sozialhilfe ohne abschließende Prüfung eines Vermögenseinsatzes geleistet worden sei. Im Übrigen weise der Bewilligungsbescheid vom 24.09.2001 nicht hinreichend deutlich auf die Vorläufigkeit der Leistungserbringung im Rahmen von § 43 Abs. 1 SGB I hin. Der Geltendmachung eines überwiegenden Teils der beantragten Erstattungssumme stünden zudem jedenfalls die Ausschlussfrist des § 111 SGB X und auch eine Verjährung nach § 113 SGB X entgegen.
Mit Urteil vom 27.05.2011 hat das SG die Beklagte antragsgemäß verurteilt. Es sei davon auszugehen, dass die Leistungserbringung durch die Klägerin gegenüber der Hilfeempfängerin nach Maßgabe des § 43 SGB l erfolgt und die in diesem Zeitraum vorgenommene darlehensweisen Leistungsgewährung rechtmäßig im Sinne der im streitigen Zeitraum geltenden Vorschriften des BSHG gewesen sei. Die Erbringung als darlehensweise Leistung gem. § 89 BSHG sei nicht zu beanstanden. Nach § 89 BSHG solle die Sozialhilfe als Darlehen gewährt werden, soweit nach § 88 BSHG für den Bedarf des Hilfesuchenden Vermögen einzusetzen, der sofortige Verbrauch oder die sofortige Verwertung des Vermögens jedoch nicht möglich sei. Die Klägerin habe sich nach Übernahme des Leistungsfalles im Sommer 2000, nach 17-jähriger Leistungserbringung durch die Beklagte, erstmals mit dem Vermögen der Hilfeempfängerin in Form von Lebensversicherungen und Sparbüchern konfrontiert gesehen. Gleichzeitig sei der Klägerin bekannt gewesen, dass durch die plötzliche Leistungseinstellung der Beklagten im Oktober 2000 bereits offene Rechnungen der Stiftung "Q" in erheblicher, das einzusetzende Vermögen der Hilfeempfängerin übersteigender Höhe aufgelaufen waren. Die Klägerin habe zudem im laufenden Verfahren vor dem VG München, welches zur Klärung der Zuständigkeit nach § 97 Abs. 2 BSHG seit 1994 habe führen sollen, auf die Problematik des festgestellten, aber von der Beklagten in 17 Jahren nicht berücksichtigten Vermögens hingewiesen. Aus den damaligen Einlassungen der Beklagten habe die Klägerin schließen dürfen, dass die Beklagte über die darlehensweise Leistungsbewilligung der Klägerin bis zur vollständigen Klärung des Vermögenseinsatzes informiert gewesen sei, und dass sie diese Vorgehensweise mangels ausdrücklicher Beanstandung gebilligt habe. Andernfalls hätte es der Beklagten, die es immerhin 17 Jahre lang versäumt habe, die Vermögensverhältnisse der Hilfeempfängerin ordnungsgemäß zu ermitteln, oblegen, mögliche Einwände zu einer darlehensweisen Leistungsgewährung durch die Klägerin vorzubringen. Dies erst im Rahmen des Erstattungsverfahrens der grundsätzlich nicht zur Leistung zuständigen Klägerin zu tun, komme einem von der Rechtsordnung nicht gebilligten "venire contra factum proprium" gleich. Die Beklagte müsse sich den Vorwurf nicht ausreichend ermittelter Vermögensverhältnisse während der Leistungserbringung bis zum Jahr 2000 machen lassen. Die demgegenüber von der Klägerin unverzüglich nach Aktenerhalt (im Jahre 2000) ermittelten tatsächlichen Vermögensverhältnisse der Hilfeempfängerin seien angesichts der bereits 2001 entstandenen Schulden gegenüber der Stiftung "Q" mit der darlehnsweisen Hilfegewährung sachgerecht und im Einvernehmen mit der Beklagten berücksichtigt worden. Auch ein Abzug des von der Hilfeempfängerin vorrangig einzusetzenden Vermögens von zuletzt 43.000,00 EUR bei der Berechnung des Erstattungsanspruchs der Klägerin scheide aus. Denn dieses Vermögen habe zur Leistungseinstellung im Jahre 2007 durch die Beklagte geführt; seine nochmalige Berücksichtigung beim Erstattungsanspruch der Klägerin würde zu einer Besserstellung der Beklagten führen.
Hiergegen hat die Beklagte am 18.08.2011 Berufung eingelegt.
Dem Erstattungsanspruch stehe – außer für den Zeitraum vom 01.05.2006 bis zum 31.12.2006 – bereits entgegen, dass erst am 10.05.2007 eine den Anforderungen des § 111 SGB X genügende Anmeldung des Kostenerstattungsanspruchs erfolgt sei. Die telefonisch erfolgte Ankündigung der Klägerin vom 22.03.2001, dass eine Kostenerstattung geltend gemacht werde, sei keine Geldendmachung gemäß § 111 SGB X im Sinne eines unbedingten Einforderns. Die Schreiben der Klägerin vom 06.02.2007, vom 22.03.2007 sowie vom 08.05.2007 mit "Bitten" um Erstattung bzw. einvernehmliche Lösung entsprächen ebenfalls nicht dem Erfordernis eines "unbedingten" Einforderns. Die erstmalige Anmeldung beziehe sich zudem auf den Zeitraum ab Juni 2001; deshalb sei nicht nachvollziehbar, weshalb das Sozialgericht eine Verurteilung für den Zeitraum ab dem 01.09.2000 vorgenommen habe. Ein Hinausschieben des Fristbeginns nach § 111 Satz 2 SGB X komme nicht in Betracht. Die Klägerin habe von der Entscheidung der Beklagten gegenüber der Hilfeempfängerin (Einstellung der Leistungen) bereits Ende des Jahres 2000 Kenntnis erlangt.
Die Voraussetzungen des § 102 SGB X seien ohnehin deshalb nicht erfüllt, weil eine rechtmäßige Leistungserbringung auf Grundlage des § 43 SGB I voraussetze, dass eine vorläufige Leistung nach außen als solche erkennbar bezeichnet sei. Eine spätere Umdeutung sei nicht möglich. Weder in den Bewilligungsbescheiden der Klägerin noch in den einfachen Schreiben der Klägerin gegenüber der Hilfeempfängerin sei eine Klarstellung erfolgt, dass die Klägerin nur vorläufig für die Beklagte im Hinblick auf die ungeklärte Zuständigkeit leisten wolle. Dass aus der Begründung des Beschlusses des VG München vom 14.02.2001 hervorgehe, dass lediglich ein Anspruch auf vorläufige Leistungen nach § 43 SGB I bestehe, reiche nicht aus.
Wenn das SG in seinem Urteil darauf abstelle, dass die Vorläufigkeit der Leistungserbringung allen Beteiligten bereits wegen des noch andauernden verwaltungsgerichtlichen Hauptsacheverfahrens (M 6b K 00.5782) zur endgültigen Klärung der Zuständigkeit hätte bewusst sein müssen, sei zu entgegnen, dass die Hilfeempfängerin nicht Beteiligte jenes Verfahrens gewesen sei. Maßgeblich sei vielmehr, dass ein Wille zur allein vorläufigen Leistung nicht nach außen (gegenüber der Hilfeempfängerin) hervorgetreten sei. Dies ergebe sich bereits daraus, dass der andere Sozialleistungsträger, von dem Kostenerstattung begehrt werde, gerade nicht vor oder während der Leistungserbringung informiert werden müsse (VG Magdeburg vom 20.03.2007 – 6 A 346/04). Die Klägerin habe gegenüber der Hilfeempfängerin erstmals mit ihrem Schreiben vom 17.11.2003 erwähnt, dass es sich um eine "vorläufige darlehnsweise Gewährung der Sozialhilfe" handele. Daraus gehe jedoch nicht hervor, dass sich die Vorläufigkeit der Leistung aus der ungeklärten Zuständigkeit ergebe. Das Schreiben vom 17.11.2003 besage aus Sicht eines objektiven Empfängers vielmehr, dass die erwähnte Vorläufigkeit mit der darlehensweisen Gewährung, d.h. mit der aus dem Darlehen resultierenden Rückzahlungspflicht gleichzusetzen sei, und dass nur die Frage der Vermögensanrechnung strittig sei.
Eine rechtmäßige Leistung der Klägerin nach § 43 SGB I hätte überdies vorausgesetzt, dass ein "Anspruch auf SoziaIIeistungen" – mit Ausnahme der Frage, welcher Leistungsträger zuständig ist – sicher bestanden hätte. Seien hingegen die Anspruchsvoraussetzungen zumindest dem Grunde nach nicht geklärt, kämen vorläufige Leistungen nach § 43 SGB I nicht in Betracht. Die Klägerin habe jedoch Leistungen erbracht, obwohl für sie von Anfang an nicht festgestanden habe, ob die Hilfeempfängerin aufgrund ihrer Vermögenswerte dem Grunde nach überhaupt einen Anspruch auf Leistungen besitze. Aus der Akte der Klägerin gehe hervor, dass sie die Vermögensfrage bewusst und mit voller Absicht nicht geprüft bzw. zurückstellt habe. Der nach § 43 SGB I zuständige Träger müsse aber in eigener Zuständigkeit prüfen, ob die Voraussetzungen für die Leistungsgewährung dem Grunde nach vorliegen und dürfe ggf. erst dann die Leistungen gewähren. Der Hilfesuchende solle den zuerst angegangenen Träger als einzigen Ansprechpartner erhalten.
Die Klägerin könne sich auch nicht mit Erfolg darauf berufen, nicht sie selbst, sondern die Beklagte hätte während der Dauer der Leistungsgewährung der Klägerin die Vermögensverhältnisse, d.h. die Frage eines dem Grunde nach bestehenden Anspruchs, prüfen müssen. Die Ansicht des Sozialgerichts, die Beklagte müsse sich "den Vorwurf nicht ausreichend ermittelter Vermögensverhältnisse machen lassen", sei nicht nachvollziehbar. Zwar habe die Prüfungspflicht für die im Kostenerstattungsstreit vor dem VG München streitige Zeit bis zum 31.12.1998, als die Beklagte Hilfen gewährt habe, tatsächlich bei der Beklagten gelegen. Für den im jetzigen Verfahren streitigen Zeitraum vom 01.09.2000 bis zum 31.12.2006 sei dies jedoch nicht der Fall.
Dass eine Verwertung des die Freigrenzen übersteigenden Vermögens der Hilfeempfängerin deren Bedarf tatsächlich nur einige Monate hätte decken können, habe der Pflicht zur Verwertung bzw. der Anwendbarkeit des sozialhilferechtlichen Nachranggrundsatzes und damit einem Fehlen von Hilfebedürftigkeit nicht entgegengestanden. Denn nicht eingesetztes Vermögen sei in jedem einzelnen Zeitabschnitt (Monat) von Neuem zu berücksichtigen; im Sozialhilferecht gebe es keinen "fiktiven Verbrauch" von einsatzpflichtigem Vermögen.
Es habe auch kein Fall des § 89 BSHG bzw. § 91 SGB XII vorgelegen. Denn diese Vorschriften setzten verwertbares Vermögen voraus, welches entweder nicht "sofort" verwertbar sei, oder dessen Verwertung zu gerade diesem Zeitpunkt eine "Härte" bedeuten würde. Die Vermögenswerte der Hilfeempfängerin wären jedoch im gesamten streitigen Zeitraum "sofort", d.h. innerhalb einiger Tage, verwertbar gewesen, und eine "Härte" im Sinne des § 89 BSHG bzw. § 91 SGB XII sei nicht ersichtlich gewesen.
Das Risiko, dass sich der Hilfesuchende als von Anfang an nicht hilfebedürftig erweise (z.B. aufgrund verschwiegenen Vermögens), trage der die vorläufige Leistung erbringende Träger; dieser müsse daher auch die Anspruchsvoraussetzungen und mithin auch die Hilfebedürftigkeit selbst prüfen. Eine Erstattung nach § 102 SGB X erfolge auch dann nicht, wenn die vorläufige Leistung zu Unrecht erbracht worden sei, den Leistungsträger daran aber – anders als hier – nicht einmal ein Verschulden treffe.
Ein Kostenerstattungsanspruch könne – entgegen dem SG – auch nicht aus dem Grundsatz von Treu und Glauben abgeleitet werden. Es komme nicht darauf an, aus welchem Grund die Leistungen rechtswidrig gewesen seien. Ob der Klägerin diesbezüglich ein Verschulden vorzuwerfen sei, sei unerheblich. Maßgeblich sei allein die Rechtswidrigkeit der Leistungserbringung. §§ 102 ff. SGB X und § 106 ff. SGB XII enthielten eine umfassende und abschließende Kodifizierung der Ausgleichsansprüche zwischen Sozialhilfeträgern. Es könne im vorliegenden Fall auch weder ein sog. sozialrechtlicher Herstellungsanspruch konstruiert werden, noch bestehe im Verhältnis von Sozialhilfeträgern untereinander ein Amtshaftungsanspruch o.ä.
Im Übrigen treffe die Beklagte kein Verschulden. Sie habe auch nicht zu erkennen gegeben, dass sie das Vorgehen der Klägerin billige. Die Hilfeempfängerin habe vielmehr bei Erstantragstellung ausdrücklich erklärt, nicht über Vermögenswerte oberhalb von 3.000,00 DM zu verfügen; in den Folgejahren habe sie trotz mehrfacher Belehrungen nach § 60 SGB I keine abweichenden Angaben zu ggf. vorhandenem Vermögen gemacht. Die Frage der Hilfebedürftigkeit sei auch in den verwaltungsgerichtlichen Verfahren M 18 E 00.6154 und M 6b K 00.5782 nicht erörtert worden. Das Urteil des VG München vom 11.10.2006 (M 6b K 00.5782) beschäftige sich ausschließlich mit der örtlichen Zuständigkeit des Leistungsträgers. Die Klägerin habe der Beklagten mit Schreiben vom 13.08.2001 mitgeteilt, sie habe bei der Hilfeempfängerin 13.782,94 EUR Barvermögen sowie Rückkaufswerte aus Kapitallebensversicherungen in Höhe von 20.192,40 DM festgestellt, und dieses Vermögen überschreite die Freigrenze; bis zur Klärung könnten der Hilfeempfängerin keine Leistungen gewährt werden. Weiteren Schriftwechsel zu einem Einsatz dieser Vermögenswerte habe es zwischen Klägerin und Beklagter nicht gegeben. Die Beklagte sei angesichts des Schreibens der Klägerin vom 13.08.2001 und im Hinblick auf die ständige Rechtsprechung der Verwaltungsgerichte zur UnzuIässigkeit eines "fiktiven Vermögensverbrauchs" davon ausgegangen, dass Sozialhilfe an die Hilfeempfängerin erst nach Einsatz des Vermögens, d.h. nach Eintreten von Hilfebedürftigkeit, ausgereicht werden würde. Es habe für die Beklagte kein Anlass bestanden, bei der Klägerin hinsichtlich deren weiteren Vorgehens nachzufragen, zumal die Verantwortung für Prüfung und Entscheidung bei der Klägerin gelegen habe. Dieser Eindruck der Beklagten sei später weiter verstärkt worden, als die Klägerin gegenüber dem VG München mit Schriftsatz vom 11.11.2002 mitteilt habe, dass aufgrund des vorhandenen Vermögens "die von der Beklagten gewährte Hilfe zu Unrecht gewährt wurde" und "gegen den Nachranggrundsatz verstoßen wurde" bzw. die Hilfe von der Klägerin unter den Voraussetzungen des § 89 BSHG gewährt werde. Die Beklagte habe keinen Grund gehabt, der Frage nachzugehen, ob die Klägerin die Tatbestandsvoraussetzungen des § 89 BSHG korrekt subsumiert habe.
Den Rechtsgrundsatz, dass bei vorhandenem Vermögen Leistungen rechtswidrig gewährt werden, habe die Beklagte nie in Frage gestellt. Im verwaltungsgerichtlichen Verfahren sei lediglich mitgeteilt worden, dass – "sollte es auf diesen Sachverhalt ankommen" – das Vorhandensein des Vermögens "nicht bestätigt werden" könne, und dass in diesem Fall die konkrete Höhe des Vermögens ermittelt werden müsse, wenn "Frau P bereits im streitgegenständlichen Zeitraum verwertbares Vermögen besaß".
Die Beklagte habe die Klägerin vielmehr darauf hingewiesen, dass neben der Gewährung der Sozialhilfe als Darlehen kein zusätzlicher Rückforderungsanspruch gegen die Hilfeempfängerin geltend gemacht werden könne, da diese sonst "wegen ihres vorhandenen Vermögens doppelt in Anspruch genommen" würde. In diesem Zusammenhang sei von der Beklagten das Verhältnis zwischen der Geltendmachung eines Anspruchs aus §§ 45, 50 SGB X und der Darlehensgewährung erörtert worden. Ihr hätten jedoch keinerlei Informationen vorgelegen, weshalb die Leistungen als Darlehen ausgereicht worden seien. Von einer vom SG angenommenen "Billigung" der Leistung trotz fehlender Hilfebedürftigkeit könne nicht die Rede sein.
Dass – ausweislich eines internen Aktenvermerks der Klägerin vom 17.11.2003 – offenbar zwei Dienststellen der Klägerin uneins darüber gewesen seien, ob vor der Entscheidung des VG München zur Kostenerstattung über den Einsatz des Vermögens entschieden werden müsse oder nicht, gehe nicht zu Lasten der Beklagten. In der gesamten Zeit von 1983 bis 2007 sei die Vermögensproblematik von der Klägerin und der Beklagten nur in den Schriftsätzen vom 13.08.2001 bzw. 28.08.2001 sowie 11.11.2002 bzw. 10.12.2002 angesprochen worden.
Für die Zeit ab 01.01.2007 sei die Hilfebedürftigkeit der Hilfeempfängerin von der Beklagten in eigener Zuständigkeit geprüft worden. Erst nachdem die Hilfeempfängerin das von ihr einzusetzende Vermögen verbraucht gehabt hätte, seien ihr von der Beklagten Sozialhilfeleistungen bewilligt worden.
Für den Fall einer wirksamen Anmeldung durch die Klägerin im Sinne des § 111 SGB X im Jahr 2001 wären jedenfalls Kostenerstattungsansprüche für den Zeitraum vom 01.09.2000 bis zum 31.12.2002 nach § 113 SGB X verjährt. Die Einrede der Verjährung werde insoweit hilfsweise erhoben. Eine die Verjährung hemmende Handlung der Klägerin wäre dann erstmals die Einreichung der vorliegenden Klage beim SG. Eine Hemmung durch die beim VG München seinerzeit anhängige Klage (M 6b K 00.5782) könne hinsichtlich des vorliegend streitgegenständlichen Zeitraums vom 01.09.2000 bis zum 31.12.2006 nicht eintreten.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 27.05.2011 zu ändern und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung der Beklagte zurückzuweisen.
Die Klägerin hält das Urteil des SG für zutreffend.
Die Beklagte habe es 17 Jahre lang versäumt, die Vermögensverhältnisse der Hilfeempfängerin ordnungsgemäß zu ermitteln. Der von ihr Beklagten verwendete "Münchener Vermögensbogen" hätte einer gerichtlichen Prüfung nicht standgehalten, weil er keine Detailfragen zu einzelnen Vermögenswerten enthalten habe. Es sei daher nicht ausgeschlossen, dass die Klägerin seinerzeit mehr Kosten erstattet habe, als bei regulärer Vermögensprüfung zu erstatten gewesen wären. Die Weigerung der Beklagten zur Prüfung einer Rückforderung gemäß §§ 45, 50 SGB X sei befremdlich. Schließlich habe die Beklagte im Jahr 2007 vom Vermögenseinsatz (durch Anrechnung auf die der Hilfeempfängerin ab dem 01.01.2007 zu zahlenden Leistungen) im Umfang von 38.360,27 EUR profitiert; die Klägerin habe hingegen diesen finanziellen Vorteil durch das 17-jährige Versäumnis der Beklagten nicht für sich verbuchen können. Um Vermögenseinsatz bzw. Vermögensprüfung sollte deshalb nicht mehr gestritten werden.
Die Kostenerstattung gemäß § 102 SGB X sei durchaus innerhalb der Frist des § 111 SGB X angemeldet worden. Jedenfalls habe die Beklagte ihre Erstattungspflicht mit Beginn des Erstattungsverfahrens im August 2000 gekannt. Schon aufgrund des Schriftverkehrs im verwaltungsgerichtlichen Verfahren (M 6b K 00.5782) und wegen ihrer fundierten Kenntnis der Gesamtsituation müsse sich die Beklagte darüber im Klaren gewesen sein, dass die Kostenerstattung ab dem 01.09.2000 Gegenstand des Zuständigkeitsstreites sei. Zudem habe die Beklagte in der mündlichen Verhandlung vom 25.05.2004 vor dem VG München ein Kostenerstattungsanerkenntnis ab dem 01.09.2000 abgegeben.
Der Verjährungseinwand der Beklagten erschließe sich der Klägerin nicht, zumal die Klage beim Sozialgericht am 12.06.2007 erhoben worden sei. Die Erklärung der Beklagtenvertreterin in der mündlichen Verhandlung vor dem VG München vom 25.05.2004 sei jedenfalls als Verzicht auf die Verjährungseinrede bzgl. des Kostenerstattungsanspruches gemäß § 102 SGB X zu verstehen. Dies sei im allseitigen Konsens nach Absprache mit der Kammer geschehen, da zunächst die örtliche Zuständigkeit grundsätzlich zu klären gewesen sei. Die Beklagtenvertreterin habe schon zum damaligen Zeitpunkt klargestellt, dass bei rechtskräftig festgestellter Zuständigkeit der Beklagten grundsätzlich auch die Kosten der Klägerin nach § 102 SGB X ab dem 01.09.2000 zu erstatten seien. Obwohl es sich hierbei um einen nachfolgenden, eigenständigen Kostenerstattungsanspruch handele, hätte nach Ansicht der Kammer ein zusätzliches Klageverfahren ohne geklärte Zuständigkeit letztlich keinen Sinn ergeben.
Der Sachverhalt könne in zeitlicher Hinsicht nicht nur bezogen auf den streitgegenständlichen Kostenerstattungsfall betrachtet werden kann. Das ergebe sich schon aus der "Verzahnung" der Fakten und der drei aufeinanderfolgenden Kostenerstattungsansprüche. Der Beklagten habe es sehr wohl oblegen, Rückzahlungsansprüche gemäß §§ 45, 50 SGB X gegenüber der Hilfeempfängerin zu prüfen, nachdem sie von der Leistungsstelle der Klägerin im Jahre 2001 Kenntnis vom Vermögen der Hilfeempfängerin erlangt habe. Denn dieses Vermögen hätte seinerzeit den Kostenerstattungsanspruch der Beklagten gegenüber der Klägerin (§ 97 ll BSHG a.F.) um Einiges gemindert.
Die Vermögensangelegenheit selbst sei allerdings nunmehr insofern erledigt, als die Beklagte den Vermögenseinsatz 2007 leistungsmindernd für sich habe verbuchen können. Bei eingehender Würdigung des gesamten Sachverhaltes könnten daher die theoretischen Ausführungen der Beklagten hierzu nur als akademisch betrachtet werden.
Im Übrigen sei sich nicht nur die Beklagte, sondern auch die Hilfeempfängerin der Vorläufigkeit der Leistungen bewusst gewesen. Letztere habe zeitnah mit Schreiben vom 08.03.2001 eine Mitteilung über die vorläufige Leistungserbringung nach § 43 SGB I erhalten.
Die Beklagte hat erwidert, die "zeitnahe Mitteilung über die vorläufige Leistungserbringung nach § 43 SGB I", welche die Klägerin am 08.03.2001 an Frau P versandt haben wolle, liege der Beklagten jedenfalls bislang nicht vor. Selbst wenn ein solches Schreiben existieren sollte, stelle sich die Frage, ob es den Anforderungen des § 43 SGB I genüge. Denn aus den der Beklagten von der Klägerin vorliegenden Schreiben, Vermerken usw. könne geschlossen werden, dass die Hilfeempfängerin in der Folgezeit den Eindruck einer darlehensweisen Gewährung nach § 89 BSHG, d.h. einer abschließenden Sachentscheidung, habe gewinnen müssen. Die Erklärung der Beklagtenvertreterin in der mündlichen Verhandlung vom 25.05.2004 vor dem VG München (M 6b K 00.5782) sei kein "Anerkenntnis" gewesen. Die Erklärung sei lediglich im Hinblick auf die Verbindlichkeit der Feststellung der Zuständigkeit im damaligen Verfahren auch für die Zukunft erfolgt. Die Konstruktion eines "Anerkenntnisses" einer Kostenerstattung dem Grunde nach durch die Klägerin laufe darauf hinaus, der Beklagten zu unterstellen, sie habe der Klägerin seinerzeit einen Blankoscheck ausstellen wollen; hiervon könne auch die Klägerin nicht ernsthaft ausgehen. Die Beklagte habe zu keinem Zeitpunkt eine Erklärung dergestalt abgegeben, dass sie Kostenerstattung leisten werde, wenn die betreffenden Leistungen rechtswidrig ausgereicht würden. Dies wäre ihr aus kommunal- bzw. haushaltsrechtlichen Gründen auch gar nicht möglich gewesen. Im Übrigen stehe das Erfordernis einer ordnungsgemäßen Anmeldung nach § 111 SGB X nicht zur Disposition der Beteiligten. Da kein "Anerkenntnis" abgegeben worden sei, komme auch kein Neubeginn der Verjährung in Betracht.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten, der Verwaltungsakten der Beteiligten sowie der beigezogenen Prozessakten des VG München (M 18 E 00.6154 und M 6b K 00.5782 ) sowie des SG München (S 51 SO 247/07 ER) Bezug genommen. Der Inhalt ist Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.
Entscheidungsgründe:
I. Die Berufung ist statthaft. Der gemäß § 144 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) maßgebliche Wert des Beschwerdegegenstands von 10.000,00 EUR wird weit überschritten. Im Übrigen fehlt jeder Anhaltspunkt für eine Unzulässigkeit der Berufung.
II. Die Berufung ist auch begründet. Die Klägerin hat – entgegen der Auffassung des Sozialgerichts – gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Erstattung der von ihr im Zeitraum von September 2000 bis einschließlich Dezember 2006 für die Hilfeempfängerin aufgewendeten Sozialhilfekosten in Höhe von 479.180,93 EUR. Die entsprechende Verurteilung der Beklagten durch das Sozialgericht kann deshalb keinen Bestand haben; die Klage der Klägerin ist vielmehr zwar zulässig, aber nicht begründet.
1. Die Klage ist als Leistungsklage (§ 54 Abs. 5 SGG) zulässig. Denn die Beteiligten stehen einander nicht in einem Verhältnis von Über- und Unterordnung, sondern in einem Gleichordnungsverhältnis gegenüber. Aus diesem Grund schied eine Geltendmachung des (vermeintlichen) Erstattungsanspruchs durch die Klägerin durch Verwaltungsakt aus (vgl. zuletzt BSG, Urteil vom 16.02.2012 – B 9 VG 1/10 R unter Verweis auf BSG SozR 3-2200 § 183 Nr. 6 S 13; BSG SozR 4-5565 § 14 Nr. 3).
2. Soweit das SG die Klage für begründet hielt, folgt der Senat ihm nicht. Denn zwar beurteilt sich die Begründetheit nach der auch vom SG herangezogenen Vorschrift des § 102 SGB X (i.V.m. § 43 SGB I). Dessen tatbestandliche Voraussetzungen sind jedoch nicht erfüllt.
a) Eine ggf. vorrangige Anspruchsgrundlage ist nicht ersichtlich. Insbesondere handelt es sich bei den Leistungen an die Hilfeempfängerin um solche der Hilfe zur Pflege; erbracht wurden hingegen keine Rehabilitationsleistungen im Sinne von § 5 Nr. 1, Nr. 2 und Nr. 5 Sozialgesetzbuch Neuntes Buch – Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen (SGB IX), für die gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 7 SGB IX Träger der Sozialhilfe Rehabilitationsträger sein können. Daher liegen auch die Voraussetzungen des § 14 SGB IX für eine vorläufige Zuständigkeit nicht vor, so dass sich unter diesem Gesichtspunkt kein vorrangiger Erstattungsanspruch ergibt (vgl. hierzu BSG, Urteil vom 25.08.2011 – B 8 SO 7/10 R).
b) Auch besteht kein Anspruch der Klägerin auf Erstattung der von ihr im vorliegend streitigen Zeitraum für die Hilfeempfängerin geleisteten Sozialhilfe aufgrund eines Anerkenntnisses der Beklagten im vorangegangenen, einen anderen Zeitraum betreffenden Verfahren vor dem VG München (M 6b K 00.5782). Der dort in der mündlichen Verhandlung vom 25.05.2004 von der damaligen Sitzungsvertreterin der Beklagten abgegebenen Erklärung lässt sich ein Wille der Beklagten, nach Grund oder Höhe einen Erstattungsanspruch unabhängig vom Vorliegen seiner gesetzlichen Voraussetzungen anzuerkennen, nicht entnehmen. Der Erklärungsgehalt beschränkt sich vielmehr – ohne dass der Senat im vorliegenden Verfahren über die Bindungswirkung für Folgeverfahren zu entscheiden hat – darauf, die durch das VG München seinerzeit festzustellende Leistungszuständigkeit auch in künftigen Erstattungsstreitverfahren nicht bestreiten zu wollen. Eine mit Blick auf diese Zuständigkeit ggf. anerkannte Erstattungspflicht konnte sich gleichwohl nach dieser Erklärung von vornherein allein auf rechtmäßig erbrachte Sozialhilfe beziehen.
c) Nach § 102 SGB X ist, wenn ein Leistungsträger auf Grund gesetzlicher Vorschriften vorläufig Sozialleistungen erbracht hat, der zur Leistung verpflichtete Leistungsträger erstattungspflichtig (Abs. 1). Der Umfang des Erstattungsanspruchs richtet sich nach den für den vorleistenden Leistungsträger geltenden Rechtsvorschriften (Abs. 2). Der Erstattungsanspruch setzt damit voraus, dass ein Leistungsträger auf Grund gesetzlicher Vorschriften – also rechtmäßig – vorläufige Sozialleistungen erbracht hat.
aa) Dies erfordert zunächst, dass der Wille des Erstattung begehrenden Leistungsträgers, entweder für einen anderen oder im Hinblick auf die ungeklärte Zuständigkeit leisten zu wollen, nach außen erkennbar wird (BSG, Urteil vom 14.05.1985 – 4a RJ 13/84 = SozR 1300 § 105 Nr. 1; Kater in Kasseler Kommentar zum Sozialversicherungsrecht, 76. Ergänzungslieferung 2012, § 102 SGB X Rn. 17). Um den Zweck der vorläufigen Leistungen nicht zu gefährden, können keine zu hohen Anforderungen daran gestellt werden, die genannten Voraussetzungen für die vorläufige Leistung im Einzelfall festzustellen. Objektive Anhaltspunkte, etwa für die Unsicherheit über die Zuständigkeit, genügen, wenn sie nach außen erkennbar sind (Kater, a.a.O.).
Diese Voraussetzungen sind – insoweit entgegen der Ansicht der Beklagten – erfüllt. Das Schreiben der Klägerin vom 08.03.2001 wies die Hilfeempfängerin ausdrücklich auf § 43 SGB I hin. Angesichts des von der Hilfeempfängerin selbst angestrengten Eilverfahrens und des von ihr ausdrücklich auf § 43 SGB I gestützten Leistungsantrags sind ohnehin keine gesteigerten Anforderungen an die Kenntlichmachung der Zuständigkeitszweifel erforderlich gewesen. Der Hilfeempfängerin musste aufgrund der Vorgeschichte vielmehr ohne Weiteres klar sein, dass seitens der Klägerin Leistungen nur vorläufig erbracht werden sollten. Daher schadet der – wohl unklare – Regelungsgehalt des Bescheides vom 24.09.2001 (soweit er sich aus dem allein vorliegenden Leistungsprotokoll ergibt), der keinerlei Hinweis auf § 43 SGB I enthält, nicht.
bb) Die nach § 43 SGB I vorläufigen Sozialleistungen müssen nach § 102 Abs. 1 SGB X jedoch "auf Grund gesetzlicher Vorschriften" erbracht worden sein. Deshalb reicht etwa eine freiwillige Vorleistung oder auch eine ohne ausdrückliche gesetzliche Ermächtigung vertraglich oder auf andere Weise begründete Vorleistungspflicht nicht aus (Becker in Hauck/Noftz, SGB X, Kommentar, Lfg. 2/11, § 102 Rn. 12). Die Klägerin hat allerdings Leistungen der Hilfe zur Pflege erbracht, wie sie (vorbehaltlich der Erfüllung der gesetzlichen Leistungsvoraussetzungen) im BSHG bzw. nachfolgend im SGB XII bestimmt sind.
cc) Dabei leistete die Klägerin aufgrund eines negativen Kompetenzkonfliktes im Sinne eines von § 43 SGB I vorausgesetzten Zuständigkeitsstreites. Denn das VG München hatte in dem von der Hilfeempfängerin angestrengten Verfahren des einstweiligen Rechtschutzes eine Verpflichtung der Beklagten unter Hinweis darauf abgelehnt, dass die Klägerin als erstangegangener Leistungsträger zu vorläufigen Leistungen verpflichtet sei. Entscheidend ist insoweit, dass die Klägerin in der Folge, Bezug nehmend auf die Entscheidung des Verwaltungsgerichts, vorläufige Leistung erbrachte.
dd) Der vorläufig leistende Träger erbringt jedoch nur dann im Sinne des § 102 Abs. 1 SGB X Leistungen "auf Grund gesetzlicher Vorschriften", wenn die entsprechenden gesetzlichen Leistungsvoraussetzungen auch erfüllt sind. Alle Erstattungsansprüche, insbesondere auch solche nach § 102 SGB X, setzen deshalb eine rechtmäßige Leistungserbringung voraus (vgl. nur BSG, Urteil vom 25.08.2011, a.a.O.).
Grundsätzlich steht es gemäß § 43 Abs. 1 S. 1 SGB I im Ermessen des erstangegangenen Trägers, ob er vorläufige Leistungen erbringt. Beantragt der Berechtigte selbst diese vorläufige Leistungen, verdichtet sich jedoch sein Anspruch zu einem Rechtsanspruch, sofern alle weiteren Leistungsvoraussetzungen vorliegen. Einen solchen Antrag hatte die Hilfeempfängerin ausdrücklich bei der Beklagten gestellt. Die Voraussetzungen für eine Leistungserbringung lagen allerdings weder nach den bis zum 31.12.2004 geltenden Vorschriften des BSHG noch – beginnend mit dem 01.01.2015 – nach den dann maßgeblichen Vorschriften des SGB XII vor.
Denn die Hilfeempfängerin verfügte – was als solches zwischen den Beteiligten auch gar nicht streitig ist – im gesamten streitigen Zeitraum über verwertbares Vermögen im Sinne bereiter Mittel, mit denen sie ihren jeweils monatlich zu bemessenden Hilfebedarf selbst hätte decken können, und welches die maßgeblichen sozialhilferechtlichen Freistellungsgrenzen deutlich überschritt. Dabei bemisst sich der Vermögensfreibetrag für die Geltungszeit des BSHG (bis zum 31.12.2004) nach der Verordnung zur Durchführung des § 88 Abs. 2 Nr. 8 BSHG. Einschlägig sind insoweit die Regelungen in § 1 Abs. 1 Nr. 1b und Nr. 2 der Verordnung (4.705,00 EUR = ca. 9.200,00 DM).
Ungeachtet der exakten Höhe des Vermögens im Jahr 2001 lässt sich den vorliegenden Unterlagen ohne Weiteres entnehmen, dass dieser Freistellungsbetrag durch das Vermögen auf Konten und Sparbüchern, aus Bausparvermögen sowie aus Ansprüchen der Hilfeempfängerin und ihres Ehemannes aus Lebensversicherungen deutlich überschritten wurde. So war die Hilfeempfängerin insbesondere Inhaberin einer Kapitallebensversicherung (Volksfürsorge, Vertrags-Nr. 1-30.105.162-1; regulärer Ablauf am 01.07.2008); deren Rückkaufswert betrug zum 01.08.2001 insgesamt 16.584,70 DM und zum 01.04.2005 insgesamt 10.603,80 EUR. Der Rückkaufswert einer weiteren Kapitallebensversicherung (Volksfürsorge, Vertrags-Nr. 1-30.105.162-1; regulärer Ablauf am 01.11.2013) betrug zum 01.08.2001 insgesamt 3.607,70 DM. Darüber hinaus existierten im Jahre 2001 bei der Stadtsparkasse München Sparguthaben von über 9.400,00 DM (und noch zum 31.12.2003 bzw. zum 29.01.2004 ist bei der Stadtsparkasse München ein Guthaben von insgesamt 4.382,24 EUR nachgewiesen). Schon damit bestand Vermögen weit oberhalb der für die Hilfeempfängerin und ihren Ehemann anzuerkennenden Schonbeträge (zumal ab 01.01.2005 nach Maßgabe des § 90 Abs. 2 Nr. 9 SGB XII und der hierzu ergangenen Verordnung), ungeachtet weiterer zu berücksichtigender Vermögenswerte (etwa einer Kapitallebensversicherung des mit der Hilfeempfängerin eine Einstandsgemeinschaft bildenden Ehemannes) und losgelöst von der Frage der Zumutbarkeit einer Verwertung des zudem vorhandenen PKW.
Dieses Vermögen war auch tatsächlich und rechtlich verwertbar. Dies belegt nicht zuletzt schon seine später erfolgte tatsächliche Verwertung. Für eine Unzumutbarkeit oder eine Härte im Sinne des § 88 Abs. 3 BSHG bzw. § 90 Abs. 3 SGB XII, etwa unter dem Gesichtspunkt der Altersvorsorge, fehlen jegliche Anhaltspunkte. Zu Recht hat vielmehr das SG München (a.a.O.) darauf hingewiesen, dass es für die Hilfeempfängerin und ihren Ehemann absehbar war, dass auch für den Fall einer etwaigen – keineswegs durch eine objektive Zweckbestimmung belegten – Absicht der Vermögensverwendung zur Alterssicherung eine Unabhängigkeit von Sozialhilfeleistungen im Alter aufgrund der Pflegebedürftigkeit der Hilfeempfängerin nicht hätte erreicht werden können.
ee) Konnte wegen dieses leistungsschädlichen Vermögens der Hilfeempfängerin zuschussweise Sozialhilfe nach § 43 SGB I grundsätzlich nicht rechtmäßig erbracht werden, so kann zu Gunsten der Klägerin auch kein so genannter "fiktiver Verbrauch" des Vermögens der Hilfeempfängerin berücksichtigt werden (in dem Sinne, dass jedenfalls nach Anfallen von sozialhilferechtlich berücksichtigungsfähigen Bedarfen in Höhe ihres einsatzpflichtigen Vermögens für ihre erst danach angefallenen weiteren Bedarfe die Sozialhilfe trotz tatsächlich unterbliebenen Vermögenseinsatzes hätte rechtmäßig wieder aufgenommen werden können). Weist die Beklagte insoweit zu Recht auf eine hierzu bestehende gefestigte verwaltungsgerichtliche Rechtsprechung hin, so kommt auch nach der Rechtsprechung des BSG ein solcher fiktiver Vermögensverbrauch nicht in Betracht.
Das BSG hat – Bezug nehmend auf hierzu vorliegende Rechtsprechung des BVerwG – im Zusammenhang mit der Frage der Verwertung von Kapitallebensversicherungen unter der Geltung des SGB XII ausgeführt (Urteil vom 25.08.2011 – B 8 SO 19/10 R), bei Vermögen oberhalb des nach § 90 Abs. 2 Nr. 9 SGB XII geschützten Schonbetrags scheide für die Folgezeit nach dem maßgeblichen Stichtag die Berücksichtigung eines – nur – fiktiven Verbrauchs von Vermögenswerten aus. Denn hierfür fehle eine gesetzliche Grundlage. Vermögen sei deshalb solange weiterhin zu berücksichtigen, wie es noch tatsächlich vorhanden und nicht bis zur Schongrenze des § 90 Abs. 2 Nr. 9 SGB XII verbraucht worden sei. Allerdings seien spätere Änderungen, die eine Verwertung erschwerten oder einen geringeren bzw. höheren Ertrag bei der Verwertung des Vermögens zur Folge hätten (also Einfluss auf den Wert des Vermögens nähmen), zu berücksichtigen.
Etwas anderes gelte nur, wenn im Bedarfszeitraum Sozialhilfe als Darlehen erbracht werde. Die darlehensweise Gewährung müsse beendet werden, sobald die Belastungen den Verkehrswert des Vermögens erreichten; anderenfalls stünde der Darlehensnehmer schlechter als derjenige, der zunächst sein Vermögen verwerte und im Anschluss daran (zuschussweise) Sozialhilfe erhalte. Sind zum einen spätere Veränderungen beim Vermögen der Hilfeemfpängerin von vornherein nicht ersichtlich, so führt zum anderen auch die tatsächlich als Darlehen erfolgte Bewilligung im (streitigen) Bedarfszeitraum nicht dazu, zu Gunsten der Klägerin einen fiktiven Verbrauch des Vermögens der Hilfeempfängerin berücksichtigen zu können.
Denn dazu müsste diese Gewährung von Sozialhilfe als Darlehen ihrerseits rechtmäßig gewesen sein. Sie war es jedoch nicht; sie war rechtswidrig.
Die Voraussetzungen für eine darlehensweise Sozialhilfe gemäß § 89 BSHG und gemäß § 91 SGB XII unterscheiden sich inhaltlich nicht. Nach § 89 BSHG sollte Sozialhilfe als Darlehen gewährt werden, soweit nach § 88 BSHG für den Bedarf des Hilfesuchenden Vermögen einzusetzen war, jedoch der sofortige Verbrauch oder die sofortige Verwertung des Vermögens nicht möglich war oder für den, der es einzusetzen hatte, eine Härte bedeutet hätte. Die Gewährung konnte davon abhängig gemacht werden, dass der Anspruch auf Rückzahlung dinglich oder in anderer Weise gesichert wurde. Auch nach § 91 SGB XII soll Sozialhilfe als Darlehen geleistet werden, soweit nach § 90 SGB XII für den Bedarf der nachfragenden Person Vermögen einzusetzen ist, jedoch der sofortige Verbrauch oder die sofortige Verwertung des Vermögens nicht möglich ist oder für die, die es einzusetzen hat, eine Härte bedeuten würde. Die Leistungserbringung kann davon abhängig gemacht werden, dass der Anspruch auf Rückzahlung dinglich oder in anderer Weise gesichert wird. Verfügte die Hilfeempfängerin durchgehend über verwertbares Vermögen, so hätte also eine rechtmäßige darlehensweise Sozialhilfeleistung sowohl nach dem BSHG wie auch anschließend nach dem SGB XII vorausgesetzt, dass dessen sofortige Verwertung nicht möglich war oder für Hilfeempfängerin eine Härte bedeutet hätte. Weder für die Unmöglichkeit sofortiger Verwertung noch für eine Härte gibt es jedoch irgendeinen Anhaltspunkt. Die vorhandenen Unterlagen zum Vermögen, aus denen Vermögensstand und Vermögensart hervorgehen, zeigen vielmehr eine ungehinderte Zugriffsmöglichkeit auf Barvermögen bzw. Rückkaufswerte; auch die spätere, auf Verlangen der Beklagten erfolgte tatsächliche Verwertung des Vermögens bestätigt die ungehinderte Verwertungsmöglichkeit. Gründe für eine durch die Vermögensverwertung erzeugte Härte (die über das mit jeglicher Vermögensverwertung einhergehende Ungemach hinausreicht) sind nicht ersichtlich.
Bei einer sonach rechtswidrigen Sozialhilfegewährung als Darlehen aber kommt die Berücksichtigung eines fiktiven Vermögensverbrauch von vornherein nicht in Betracht. Die Situation unterscheidet sich insoweit maßgeblich von derjenigen, für die das BSG (a.a.O.) ausnahmsweise einen fiktiven Verbrauch für möglich hält. Denn in dem vom BSG berücksichtigten Lebenssachverhalt wendet sich ein Hilfeempfänger mit einer Anfechtungs- und Leistungsklage selbst gegen eine (nur) darlehensweise Leistungsgewährung und begehrt stattdessen eine zuschussweise Leistung. Die Hilfeempfängerin aber hat sich von vornherein nicht gegen die darlehensweise Leistungsgewährung gewandt; in ihrem Fall beruft sich (allein) die Klägerin als vorleistender, vermeintlich erstattungsberechtigter Träger (erst) im Erstattungsverfahren auf einen fiktiven Verbrauch des Vermögens der Hilfeempfängerin. Kommt im ersteren, vom BSG berücksichtigten Fall ein Zurückgehen hinter die dem dortigen Kläger schon bewilligte darlehensweise Sozialhilfe nicht in Betracht und ist mithin eine mögliche Rechtswidrigkeit der Darlehensleistung als solcher gar nicht Gegenstand der gerichtlichen Prüfung (wie wohl die grundsätzliche Berechtigung zu Sozialhilfe auch im Rahmen der begehrten zuschussweisen Leistung zu untersuchen ist), so geht es im Falle der Erstattung von Leistungen an die Hilfeempfängerin von vornherein um deren grundsätzliche Leistungsberechtigung, auch wenn die Sozialhilfe auch nur als Darlehen erbracht worden ist; denn im Erstattungsstreit ist die Rechtmäßigkeit der konkreten Leistungserbringung (gleichviel, ob als Zuschuss oder als Darlehen) tatbestandliche Voraussetzung des Erstattungsanspruchs.
ff) Entgegen der vom Sozialgericht geteilten Ansicht der Klägerin hat das Vermögen der Hilfeempfängerin auch nicht aufgrund einer Gesamtbetrachtung nach Treu und Glauben außer Betracht zu bleiben; der Beklagten ist es keineswegs – etwa wegen Verbots eines widersprüchlichen Verhaltens (venire contra factum proprium) – versagt, sich auf die Rechtswidrigkeit der Sozialhilfeleistungen durch die Klägerin zu berufen. Für eine solche Rechtsmissbräuchlichkeit fehlt vielmehr ein tragfähiger Ansatzpunkt; ein Erstattungsanspruch gemäß § 102 SGB X setzt tatbestandlich gerade voraus, dass vom Erstattungsberechtigten in rechtmäßiger Weise Leistungen erbracht wurden. Soweit die Klägerin darauf verweist, die Beklagte habe schon seit 1983 ihrerseits keine hinreichende Vermögensprüfung bei der Hilfeempfängerin durchgeführt und damit zum Bestehen eines leistungsschädlichen Vermögens beigetragen, so änderten solche etwaigen früheren Versäumnisse der Beklagten jedenfalls nichts daran, dass die Klägerin im Rahmen ihrer eigenen Leistungsentscheidungen nach § 43 SGB I verpflichtet gewesen wäre, in eigener Zuständigkeit die Leistungsvoraussetzungen bei der Hilfeempfängerin zu prüfen. Keineswegs bestand etwa für die Beklagte während der vorläufigen Leistungsgewährung durch die Klägerin eine solche Prüfungspflicht; es entspricht gerade der normtypischen Situation des § 43 SGB I, in Zeiten ungeklärter Leistungszuständigkeit einen vorläufigen Leistungsträger zu bestimmen, der bis zur endgültigen Feststellung der wahren Zuständigkeit mit allen Prüf- und Leistungspflichten eines Sozialleistungsträgers belastet ist und allein später einen ggf. erwachsenen Erstattungsanspruch gegen den endgültig verpflichteten Träger geltend machen kann.
Das Berufen der Beklagten auf die Rechtswidrigkeit der vorläufigen Leistungserbringung durch die Klägerin erscheint schließlich auch nicht deswegen als rechtsmissbräuchlich, weil die Beklagte später – nach Übernahme des Leistungsfalles in eigener Zuständigkeit – Vermögen der Hilfeempfängerin in einer Höhe von 38.360,27 EUR als einsatzpflichtig berücksichtigt hat und dementsprechend erst nach Verbrauch dieses Betrages Sozialhilfe geleistet. Zwar hätte entsprechendes Vermögen nicht mehr für einen vorrangigen Einsatz zur Verfügung gestanden, hätte bereits die Klägerin den Einsatz gefordert und entsprechend weniger Leistungen erbracht (Entsprechendes könnte allerdings auch schon für Zeiten ab 1983 eingewandt werden, in denen die Beklagte Leistungen erbrachte, die von der Klägerin erstattet und für einen Teilzeitraum von der Beklagten wieder rückerstattet wurden; in diesem Zusammenhang ist das Vorhandensein von Vermögen bei der Hilfeempfängerin auch von der Klägerin nicht thematisiert worden). War es – aus welchen Gründen auch immer – jedoch bei späterer Aufnahme der Leistungen durch die Beklagte noch immer vorhanden, so war die Beklagte sogar rechtlich verpflichtet, nach Maßgabe des SGB XII den Einsatz des Vermögens von der Hilfeempfängerin zu fordern. Denn ebenso wenig wie zuvor die Klägerin durfte die Beklagte insoweit einen (nur) fiktiven Verbrauch dieses Vermögens berücksichtigen.
Der Senat weist im vorliegenden Zusammenhang auch darauf hin, dass der Klägerin nach § 112 SGB X für frühere Zeiten (mit Ausnahme verjährter Zeiträume) durch das VG eine Rückerstattung zugesprochen worden war, bei der seinerzeit keine Absetzungen wegen einsatzpflichtigen Vermögens erfolgt sind. Hätte die Klägerin bereits in dem von der Rückerstattung erfassten früheren Zeitraum Vermögen berücksichtigt, wäre ihre Rückerstattung entsprechend niedriger ausgefallen. Der Klägerin war zudem aufgrund ihrer Feststellungen das Vorhandensein von Vermögen bekannt; in ihren Verwaltungsakten enthaltene Aktenvermerke zeigen, dass bei ihr auch kein Zweifel über einsatzpflichtiges Vermögen bestand. Aufgrund ihrer eigenen Feststellungen hätte die Klägerin ihrerseits der Hilfeempfängerin vorläufige Leistungen versagen können und müssen. Zugleich ist jedoch offensichtlich, dass sie gleichwohl – fehlerhaft – davon ausging, ein fiktiver Verbrauch des vorhandenen Vermögens sei berücksichtigungsfähig. Eine solche Verkennung des Rechts kann den von ihr verfolgten Erstattungsanspruch von vornherein nicht stützen. Müssen bei vorläufigen Leistungen gemäß § 43 SGB I die Gewährungsvoraussetzungen in der Person des Leistungsempfängers erfüllt sein, waren sie es – wie bei der Hilfeempfängerin – jedoch tatsächlich nicht, so bleibt dem vorläufig leistenden Träger vielmehr lediglich die Möglichkeit, eine Rückholung der zu Unrecht erbrachten vorläufigen Leistungen nach §§ 45, 50 SGB X beim Leistungsempfänger zu versuchen (vgl. nur Wagner in jurisPK-SGB I, 2. Auflage 2011, § 43 SGB I Rn. 40).
gg) Scheidet ein Erstattungsanspruch der Beklagten nach allem aus, so kann der Senat offen lassen, ob (wofür allerdings alles spricht) der Beklagte der für die gewährte Sozialhilfe sachlich und örtlich zuständigen Träger war. Ebenso stellt sich nicht die Frage einer rechtzeitigen Geltendmachung sowie einer Verjährung.
III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG i.V.m. § 154 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung.
IV. Gründe für eine Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 SGG) sind nicht ersichtlich.
IV. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 52 Abs. 1 und 3, § 63 Abs. 2 S. 1 Gerichtskostengesetz.
Erstellt am: 08.08.2013
Zuletzt verändert am: 08.08.2013