Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Berufung im Urteil des Sozialgerichts vom 08.05.2013 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten. Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde wird abgelehnt.
Gründe:
I.
Die Klägerin wendet sich gegen die Nichtzulassung der Berufung in einem Urteil, mit dem ihre Klage auf Bewilligung höherer Leistungen für Unterkunft und Heizung nach dem SGB II abgewiesen worden ist.
Mit Bescheid vom 22.02.2011 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 26.03.2011 bewilligte der Beklagte der Klägerin Leistungen nach dem SGB II vom 01.03.2011 bis 31.08.2011 unter Berücksichtigung der tatsächlichen Betriebs- und Heizkosten und der tatsächlich anfallenden Grundmiete von 300,00 EUR monatlich für die Zeit bis zum 31.03.2011, für die Folgezeit unter Ansatz einer als angemessen erachteten Grundmiete i.H.v. 217,50 EUR. Mit Bescheid vom 28.06.2011 wurden die Leistungen ab dem 01.07.2011 wegen Arbeitsaufnahme eingestellt. Mit Bescheid vom 27.07.2011 wies der Beklagte den gegen den Bescheid vom 22.02.2011 wegen der Höhe der Unterkunftskosten erhobenen Widerspruch der Klägerin zurück. Mit Änderungsbescheid vom 02.08.2012 hob der Beklagte die Leistungen für Unterkunft und Heizung unter Berücksichtigung eines Mehrbedarfes für die Warmwassererzeugung um 8,00 EUR monatlich vom 01.03.2011 bis 30.06.2011 an.
Am 01.08.2011 hat die Klägerin Klage erhoben und beantragt, den Beklagten unter Abänderung der Bewilligungsbescheide zur Gewährung von Leistungen für Unterkunft und Heizung für den Zeitraum vom 01.04.2011 bis 30.06.2011 unter Ansatz einer Grundmiete von 300,00 EUR monatlich zu verurteilen.
Mit Urteil vom 08.05.2013 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen, ohne die Berufung zuzulassen.
Gegen die Nichtzulassung der Berufung in dem am 13.06.2013 zugestellten Urteil richtet sich die Beschwerde der Klägerin vom 12.07.2013, für deren Durchführung sie Prozesskostenhilfe beantragt hat. Das Urteil weiche von Entscheidungen des BSG, namentlich dem Urteil vom 22.09.2009 – B 4 AS 18/09 R ab und beruhe hierauf. Zudem habe das BSG seinerzeit die Datengrundlage des anzuwendenden Mietspiegels zu Unrecht nicht geprüft. Gegen das Zustandekommen der Datengrundlage für den vorliegend anzuwendenden Mietspiegel 2009 bestünden Bedenken. Nicht geklärt sei auch die Rechtsfrage, ob die nunmehr vom Beklagten verwendeten Angemessenheitsgrenzen nach dem Maßstab der Rechtsprechung des BSG zutreffend seien.
Mit Bescheid vom 13.05.2013 hat der Beklagte aufgrund der Entscheidung des BSG vom 16.05.2012 (B 4 AS 109/11 R) die der Klägerin für den Zeitraum vom 01.04.2011 bis 30.06.2011 zustehenden Leistungen für Unterkunft und Heizung um monatlich 13,00 EUR unter Zugrundelegung einer monatlich als angemessen angesehenen Grundmiete von 230,50 EUR angehoben.
Zu Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.
II.
Die gem. § 145 SGG zulässige Beschwerde ist unbegründet.
Die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts bedarf nach § 144 Abs. 1 Nr. 1 SGG der Zulassung, da der Wert des Beschwerdegegenstandes 750,00 EUR nicht übersteigt. Der als Differenz zwischen der von der Klägerin tatsächlich geschuldeten Grundmiete von 300,00 EUR zu der von dem Beklagten als angemessen angesehenen Grundmiete von 217,50 EUR (bis zur Verkündung des Urteils) bzw. 230,50 EUR (Änderungsbescheid vom 13.05.2013) für die drei Monate des streitigen Zeitraumes zu errechnende Wert beträgt 247,50 EUR bzw. – unter Berücksichtigung des Änderungsbescheides vom 13.05.2013 – 208,50 EUR.
Die Beschwerde ist unbegründet, weil ein Zulassungsgrund nicht vorliegt.
Nach § 144 Abs. 2 SGG ist eine Berufung zuzulassen, wenn 1. die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, 2. das Urteil von einer Entscheidung des Landessozialgerichts, des Bundessozialgerichts, des gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder 3. ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.
1) Grundsätzliche Bedeutung hat eine Rechtsache i.S.v. § 144 Abs. 2 Nr. 1 SGG, wenn sie eine bisher ungeklärte Rechtsfrage aufwirft, deren Klärung im allgemeinen Interesse liegt, um die Rechtseinheit zu erhalten und die Weiterentwicklung des Rechts zu fördern. Ein Individualinteresse genügt nicht (Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Aufl., § 144 Rn 28 f. m.w.N.). Die Rechtsfrage darf sich nicht unmittelbar und ohne weiteres aus dem Gesetz beantworten lassen oder bereits von der höchstrichterlichen Rechtsprechung entschieden sein (vgl. BSG Beschluss vom 15.09.1997 – 9 BVg 6/97 – zum gleichlautenden § 160 SGG). Die Rechtsfrage muss klärungsbedürftig und klärungsfähig sein. Die bloße Klärung von Tatsachenfragen begründet keine grundsätzliche Bedeutung (Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Aufl., § 144 Rn 29 m.w.N.).
a) Soweit die Beschwerde damit begründet werden soll, dass Lücken in der Rechtsprechung des BSG, namentlich hinsichtlich der Zugrundelegung von Mietspiegeln als Grundlage eines Angemessenheitskonzepts bestünden, folgt der Senat dem nicht. Aus der mittlerweile umfangreichen Rechtsprechung des BSG zum sog. "schlüssigen Konzept" und der Verwendung von Mietspiegeln bei dessen Erstellung (z.B. Urteile vom 13.04.2011 – B 14 AS 106/10 betreffend Freiburg und insbesondere zur Vermutung ausreichenden Bestandes bei Vorliegen eines qualifizierten Mietspiegels, 20.12.2011 – B 4 AS 19/11 R betreffend Duisburg und insbesondere das Erfordernis weiterer Ermittlungen bei Zugrundelegung nur bestimmter Tabellenfelder eines Mietspiegels) lassen sich die auch im vorliegenden Fall erheblichen Rechtsfragen beantworten. Die Rechtslage ist insoweit geklärt.
b) Die mit der Beschwerde bezeichnete und als im allgemeinen Interesse klärungsbedürftig angesehene Rechtsfrage, ob die im streitigen Zeitraum vom Beklagten konkret verwendete Angemessenheitsgrenze im Hinblick auf die Rechtsprechung des BSG zutreffend ist, weist keine grundsätzliche Bedeutung auf. Auch wenn der Beklagte ein (nach seiner Meinung) schlüssiges Konzept anwendet, handelt es sich bei der jeweiligen Bewilligung der Unterkunftskosten doch um Einzelfallentscheidungen. Zudem kann die für das Stadtgebiet Essen geltende Angemessenheitsgrenze (naturgemäß) keine Geltung über den örtlichen und sachlichen Zuständigkeitsbereich des Beklagten hinaus beanspruchen. Wenn die Klägerin das Ergebnis der Datenerhebung durch den Beklagten im Rahmen der Anwendung eines schlüssigen Konzepts für nicht zutreffend hält, so begehrt sie die Klärung einer Tatsachenfrage.
2) Es liegt auch keine Abweichung von obergerichtlicher Rechtsprechung im Sinne des Zulassungsgrundes nach § 144 Abs. 2 Nr. 2 SGG vor. Eine Divergenz ist nicht erkennbar und ergibt sich auch nicht aus dem Vortrag der Klägerin.
Eine Divergenz i.S.v. 144 Abs. 2 Nr. 2 SGG kommt nur dann in Betracht, wenn ein Sozialgericht in der angefochtenen Entscheidung einen tragenden abstrakten Rechtssatz in Abweichung von einem abstrakten Rechtssatz in einer Entscheidung des Landessozialgerichts, des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts aufgestellt hat. Eine Abweichung liegt nicht schon dann vor, wenn die Entscheidung des Sozialgerichts nicht den Kriterien entspricht, die die obersten Gerichte aufgestellt haben, sondern erst dann, wenn es diesen Kriterien widersprochen, also andere rechtliche Maßstäbe entwickelt hat (einheitliche Rechtsprechung der Gerichtshöfe des Bundes, stellvertretend und für jeweils viele z. B. BAG Beschluss vom 15.10.2012 – 5 AZN 1958/12; BGH Beschluss vom 27.03.2003 – V ZB 291/02, 23.06.2012 – AnwZ (Brfg) 58/11; BFH, Beschlüsse vom 12:10.2011 – III B 56/11 und 01.06.2012 – III B 3/11; BVerwG Beschlüsse vom 17.10.2012 – 8 B 42/12 und 25.10.2012 – 10 B 16/12; BSG Beschluss vom 19.07.2012 – B 1 KR 65/11 B, jeweils m.w.N.; aus der Kommentierung speziell zum SGG: Frehse in Jansen, Sozialgerichtsgesetz, 4. Aufl., § 144 Rn 18; Düring in Jansen a.a.O., § 160 Rn 13 f; Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Aufl, Rn 30, § 160 Rn 10 f.; Littmann in Hk-SGG, 4. Aufl § 144 Rn 17; Lüdtke in HK SGG a.a.O., § 160 Rn 12 f. jeweils m.w.N.). Das angefochtene Urteil und die vorgebliche Divergenzentscheidung müssen dieselbe Rechtsfrage betreffen und zu gleichen oder vergleichbaren Sachverhalten ergangen sein (z.B. BFH Beschlüsse vom 21.10.2010 – VIII B 107/09 = BFH/NV 2011, 282, 12.10.2011- III B 56/11).
Soweit die Klägerin mit der Nichtzulassungsbeschwerde eine Abweichung zum Urteil des BSG vom 22.09.2009 – B 4 AS 18/09 R annimmt, stellt sie weder klar, welche (das Urteil tragenden) Rechtssätze das Sozialgericht aufgestellt haben soll, noch von welchem abstrakten Rechtssatz in dieser Entscheidung das Sozialgericht abgewichen sein soll.
Soweit die Rüge dahin zu verstehen sein sollte, das Sozialgericht habe in Abweichung von der nach obergerichtlicher oder höchstrichterlicher Rechtsprechung bestehenden Rechtslage zur Beurteilung der Angemessenheit von Unterkunftskosten entschieden, würde dies nicht zur Zulassung wegen Divergenz führen. Eine behauptete Unrichtigkeit einer Entscheidung im Einzelfall begründet keine Divergenz i.S.v. § 144 Abs. 2 Nr. 2 SGG (BSG Beschluss vom 05.10.2010 – B 8 SO 61/10 B, juris Rn 11 m.w.N. zum gleichlautenden § 160 Abs. 2 Nr. 3 SGG). Das Sozialgericht hat die höchstrichterliche Rechtsprechung zu den jeweils behandelten Prüfungskriterien benannt und seiner Entscheidung zugrundegelegt. Das Absehen von weiteren Ermittlungen trotz Herausgreifens bestimmter Mietspiegelwerte (vgl. Urteil des BSG vom 20.12.2011 – B 4 AS 19/11 R) hat das Sozialgericht mit örtlichen Besonderheiten begründet, nicht unter Zugrundelegung einer von der Entscheidung des BSG abweichenden Rechtsauffassung (S. 9 unten des Urteiles).
3) Verfahrensmängel im Sinne des Zulassungsgrundes nach § 144 Abs. 2 Nr. 3 SGG rügt die Klägerin nicht.
Mit der Ablehnung der Nichtzulassungsbeschwerde wird das Urteil rechtskräftig, § 145 Abs. 4 Satz 4 SGG.
Die Kostenentscheidung beruht auf entsprechender Anwendung von § 193 SGG.
Prozesskostenhilfe steht nicht zu, weil es der beabsichtigten Rechtsverfolgung an der erforderlichen hinreichenden Erfolgsaussicht mangelt (§§ 73a Abs. 1 S. 1 SGG, 114 S. 2 ZPO).
Dieser Beschluss kann nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht angefochten werden (§ 177 SGG).
Erstellt am: 02.10.2013
Zuletzt verändert am: 02.10.2013