Die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 08.08.2012 wird zurückgewiesen. Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Gewährung von Berufsausbildungsbeihilfe.
Der am 00.00.1993 geborene Kläger begann nach Beendigung seiner Schulzeit mit der Fachoberschulreife ab August 2010 eine Ausbildung als Koch in einem Hotel am O.
Den Antrag des Klägers auf Bewilligung von Berufsausbildungsbeihilfe für den Zeitraum vom 01.08.2010 bis 31.01.2012 lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 29.07.2010 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 19.08.2010 ab. Dem Kläger stünden die für seinen Lebensunterhalt und eine Berufsausbildung erforderlichen Mittel nach den Berechnungen der Beklagten anderweitig zur Verfügung. Insbesondere könne der Kläger keine zusätzlichen Freibeträge nach § 71 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 SGB III (in der bis 31.03.2012 geltenden Fassung, im Folgenden: aF) verlangen. Nach der Stellungnahme der zuständigen Arbeitsvermittlerin hätte der Kläger jederzeit wohnortnah als Koch vermittelt werden können, da dort zahlreiche Ausbildungsstellen vorhanden gewesen seien. Die Notwendigkeit einer Unterbringung außerhalb des Haushalts der Eltern, die für die Anerkennung der strittigen Freibeträge erforderlich sei, bestehe daher nicht.
Mit seiner am 21.09.2010 erhobenen Klage hat der Kläger sein Begehren weiter verfolgt. Wegen der besseren Berufschancen habe er sich von vornherein für eine Ausbildung bei einer Hotelkette mit gehobener Gastronomie entschieden. Ein entsprechender Ausbildungsplatz sei in der Nähe des Wohnorts seiner Eltern nicht vorhanden gewesen. Mit der Gewährung der Beihilfe habe er nach einer vorangegangenen Beratung durch die Beklagte fest gerechnet. Wegen der wechselnden und oft früh am Tag beginnenden Arbeitszeiten in der Gastronomie hätte er zudem selbst dann nicht bei seinen Eltern wohnen bleiben können, wenn er eine Ausbildungstelle in C bekommen hätte.
Mit dem angefochtenen Urteil vom 08.08.2012 hat das Sozialgericht die auf Gewährung von Berufsausbildungsbeihilfe gerichtete Klage abgewiesen. Die Ablehnung der Beklagten im angefochtenen Bescheid sowie im ausführlichen Widerspruchsbescheid und die zugrundeliegende Berechnung seien nicht zu beanstanden. Einen zusätzlichen Freibetrag gemäß § 71 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 SGB III aF könne der Kläger nicht verlangen, weil wohnortnah zahlreiche Ausbildungsstellen als Koch vorhanden gewesen seien. Dies habe die Beklagte anhand ihrer Statistik und der darin dargelegten Zahl offener Arbeitsplätze in der Nähe des Wohnorts der Eltern dargelegt. Nur in den Ausnahmefällen, in denen ansonsten keine Ausbildung am Wohnort der Eltern möglich sei, solle Auszubildenden durch die finanzielle Förderung der Beklagten eine Ausbildung an einem anderen Ort im gewünschten Ausbildungsberuf ermöglicht werden.
Gegen das am 11.09.2012 zugestellte Urteil hat der Kläger am 09.10.2012 rechtzeitig Berufung eingelegt, mit der er sein Begehren weiterverfolgt. Das Sozialgericht verkenne, dass auch bei nähergelegenen Ausbildungsstellen ein Umzug nicht vermeidbar gewesen wäre. Mit öffentlichen Verkehrsmitteln hätte er nicht pünktlich zu den Arbeitszeiten der Hotelgastronomie im Ausbildungsplatz gelangen können. Zudem habe die Beklagte auch wohnortnahe Ausbildungsplätze aufgelistet, die nur für volljährige Auszubildende verfügbar gewesen seien. Schließlich habe er Wert darauf gelegt, seine Ausbildung in der gehobenen Gastronomie zu absolvieren. Eine ihm unbekannte Küche sei deshalb nicht zumutbar gewesen.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 08.08.2012 aufzuheben und die Beklagte unter Änderung des Bescheides vom 29.07.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19.08.2010 zu verurteilen, Berufsausbildungsbeihilfe unter Anrechnung des Freibetrages gemäß § 71 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 SGB III (in der bis 31.03.2012 geltenden Fassung) zu bewilligen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Zur Begründung beruft sie sich auf die Begründung ihres Bescheids und die Gründe des angefochtenen Urteils, die sie für zutreffend hält.
Der Senat hat eine Reihe von Hotels in der Nähe von S und in C angeschrieben und um Auskunft gebeten, ob diese im Jahr 2010 von S aus mit öffentlichen Verkehrsmitteln erreichbare Ausbildungsstellen auch für einen minderjährigen Kochlehrling angeboten haben (vgl. im Einzelnen S. 131 ff. d. Gerichtsakten). Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Verwaltungsvorgang der Beklagten und die Gerichtsakten verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung ist unbegründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Gewährung von Berufsausbildungsbeihilfe für die Zeit vom 01.08.2010 bis zum 31.01.2012, weil er seinen Gesamtbedarf in diesem Zeitraum unter Berücksichtigung des elterlichen Einkommens aus eigenen Mitteln decken konnte.
Zur Begründung verweist der Senat zunächst auf die Gründe des angefochtenen Urteils sowie auf die darin in Bezug genommene ausführliche Berechnung im Widerspruchsbescheid der Beklagten, denen er folgt, und sieht von einer weiteren Darstellung in den Entscheidungsgründen ab, § 153 Abs. 2 SGG.
Insbesondere haben es die Beklagte und das Sozialgericht zutreffend abgelehnt, zu Gunsten des Klägers einen weiteren Freibetrag nach § 71 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 SGB III aF zu berücksichtigen. Nach dieser Vorschrift bleiben 58 EUR der Ausbildungsvergütung und abweichend von § 25 Abs. 1 BAföG zusätzlich 567 EUR anrechnungsfrei, wenn die Vermittlung einer geeigneten beruflichen Ausbildungsstelle nur bei Unterbringung des Auszubildenden außerhalb des Haushalts der Eltern oder eines Elternteils möglich ist. Die von dieser Vorschrift vorausgesetzte Kausalität zwischen dem Zugang zu einer geeigneten Ausbildungsstelle und der auswärtigen Unterbringung ist dabei mit Blick auf die mobilitätsfördernde Funktion der Berufsausbildungshilfe einerseits und den wirtschaftlichen Umgang mit Beitragsmitteln andererseits durch eine wertende Betrachtung des Einzelfalls zu ermitteln. Eine durch die Ausbildung bedingte notwendige auswärtige Unterbringung liegt danach nur vor, wenn es in zumutbarer Entfernung von der elterlichen Wohnung keine geeignete Ausbildungsstätte gibt, welche die von dem Auszubildenden gewünschte Berufsausbildung vermitteln kann oder eine Bewerbung dorthin tatsächlich erfolglos war bzw. es aller Voraussicht nach wäre (vgl. Fuchsloch in: Gagel, SGB II/SGB III, 49. Ergänzungslieferung 2013, § 71 aF Rn. 111 f. mwN). Geeignet in diesem Sinne ist eine Ausbildungsstelle bereits dann, wenn sie eine formal vollwertige Ausbildung in dem vom Betroffenen gewünschten Beruf und insbesondere den angestrebten Berufsabschluss vermitteln kann (vgl. LSG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 22.08.2011 – L 2 AL 71/10 B, juris Rn. 27 f. mwN). Das maßgebliche Berufsbild ist dabei nach den objektiven Vorgaben der Ausbildungs- und Prüfungsordnung für den gewählten Beruf zu bestimmen. Dagegen spielt es keine Rolle, ob eine bestimmte Ausbildungsstelle nach Einschätzung des Bewerbers bessere Berufschancen eröffnet oder sonst seine individuellen Wünsche optimal erfüllt. Anders als der Kläger meint, lässt sich daher für die Gewährung von Berufsausbildungsbeihilfe die Eignung der Ausbildungsstelle nicht allein von der (vermeintlichen) Qualität oder dem Renommee des Ausbildungsbetriebs abhängig machen. Dies würde die Verwaltungspraxis vor unlösbare Abgrenzungsschwierigkeiten beim Umgang mit den Berufswünschen von Bewerbern stellen und über die vom Gesetz gewollte wirtschaftliche Förderung der Mobilität von Auszubildenden mit Beitragsmitteln weit hinausgehen. Nur wenn der Auszubildende gerade wegen der Ausbildung gezwungen ist, den Haushalt der Eltern zu verlassen, kann er einen zusätzlichen Freibetrag beanspruchen (vgl. BSG, Urteil vom 08.07.2009 – B 11 AL 20/08 R, juris Rn. 22).
Nach diesen Vorgaben fehlt es im Fall des Klägers in wertender Betrachtung an einer Kausalität zwischen seiner Ausbildung und seiner auswärtigen Unterbringung, weil er eine im dargelegten Sinne geeignete Ausbildungsstelle als Koch auch vom Wohnort seiner Eltern in S aus hätte erreichen können. Für den von ihm gewünschten Beruf des Kochs schreibt die maßgebliche Verordnung über die Berufsausbildung zum Koch (vom 13.02.1998, Bundesgesetzblatt Teil I S. 364 vom 18.02.1998) den Ausbildungsbetrieben in §§ 3 ff. sowie im dazugehörigen Ausbildungsrahmenplan ein umfangreich geregeltes einheitliches Ausbildungsberufsbild und insbesondere eine Prüfung mit genau festgelegten Inhalten vor. Anerkannter Ausbildungsberuf ist dabei gemäß § 1 der Verordnung allein der staatlich geprüfte Koch.
Bereits im Verwaltungsverfahren und im erstinstanzlichen Sozialgerichtsprozess hat die Beklagte nachgewiesen, dass für den derart verstandenen einheitlichen Ausbildungsberuf zum staatlich anerkannten Koch im Antragszeitpunkt zahlreiche Ausbildungsplätze zur Verfügung standen, die auch für den zu diesem Zeitpunkt noch minderjährigen Kläger mit öffentlichen Verkehrsmitteln vom Wohnort seiner Eltern erreichbar waren. Die ergänzenden Ermittlungen des Senats in der Berufungsinstanz haben die Existenz wohnortnaher geeigneter Ausbildungsstellen im Antragszeitpunkt bestätigt. Mehrere Ausbildungsbetriebe haben auf Anfrage des Senats ausdrücklich bejaht, dass sie im fraglichen Zeitpunkt für einen minderjährigen Koch Ausbildungsstellen angeboten haben, die mit öffentlichen Verkehrsmitteln vom Wohnort der Eltern des Klägers aus erreichbar gewesen wären. Warum eine Bewerbung des Klägers dorthin in jedem Fall aussichtslos gewesen wäre, erschließt sich nicht. Die Entscheidung des Klägers, sich im Jahr 2010 gleichwohl trotz einer Reihe laufender Bewerbungen nicht weiter um eine Ausbildungsstelle in Wohnortnähe zu bemühen, sondern ein Hotel am O zu wählen, war daher zielstrebig und konsequent, jedoch nicht zwingend notwendig. Sie fällt daher wesentlich in seinen Verantwortungsbereich und führt dazu, dass er für den streitbefangenen Zeitraum keinen zusätzlichen Freibetrag und damit insgesamt keine Berufsausbildungsbeihilfe beanspruchen kann.
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 193 SGG; sie folgt der Entscheidung in der Hauptsache.
Die Revision war nicht zuzulassen, weil streitentscheidend ausgelaufenes Recht war und eine grundsätzliche Bedeutung im Sinne von § 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG auch sonst nicht ersichtlich ist.
Erstellt am: 12.12.2013
Zuletzt verändert am: 12.12.2013