Die Beschwerde der Klägerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts Düsseldorf vom 29.04.2013 wird zurückgewiesen.
Gründe:
I.
Die Klägerin bezog zusammen mit ihrem Ehemann und ihren vier minderjährigen Kindern im Jahr 2010 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II.
Durch Bescheid vom 08.07.2010 bewilligte der Beklagte den Mitgliedern der Bedarfsgemeinschaft Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts für die Zeit ab dem 01.07.2010. Der Ehemann der Klägerin bezog eine Rente wegen voller Erwerbsminderung.
In der Zeit vom 17.07.2010 bis zum 23.08.2010 hielt sich die Familie im Ausland auf. Der Beklagte genehmigte die Ortsabwesenheit in der Zeit vom 17.07.2010 bis zum 07.08.2010. Am 23.08.2010 sprach die Klägerin beim Beklagten vor.
Der Beklagte stellte zum 01.08.2010 die Zahlung von Leistungen ein. Durch Bescheid vom 23.08.2010 wurde festgestellt, dass für den Zeitraum vom 01.08.2010 bis zum 22.08.2010 keine Leistungen und für den Zeitraum vom 23.08.2010 bis zum 31.08.2010 insgesamt 362,85 EUR bewilligt werden.
Gegen den Bescheid vom 23.08.2010 legten die Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft Widerspruch ein. Sie machten u.a. geltend, dass allenfalls eine Kürzung des Leistungsanspruches der Klägerin für einen Zeitraum von zwölf Tagen verhältnismäßig und rechtmäßig sei. Durch Widerspruchsbescheid vom 26.06.2012 setzte der Beklagte die Höhe der Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts für die Bedarfsgemeinschaft für die Zeit vom 01.08.2010 bis zum 31.08.2010 auf insgesamt 784,99 EUR fest. Er gewährte den vier Kindern Leistungen für die Zeit vom 01.08.2010 bis 31.08.2010 sowie den Eheleuten für die Zeit vom 01.08.2010 bis zum 07.08.2010 und vom 22.08.2010 bis zum 31.08.2010. Im Übrigen wies er den Widerspruch als unbegründet zurück. Er übernahm 50 % der im Widerspruchsverfahren entstandenen notwendigen Aufwendungen.
Am 31.07.2012 hat die Klägerin, vertreten durch ihre Bevollmächtigte, Klage gegen den Bescheid vom 23.08.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26.10.2012 erhoben und die Gewährung von Prozesskostenhilfe beantragt. Mit Schriftsatz vom 14.08.2012 hat die Bevollmächtigte mitgeteilt, eine Klagebegründung werde bis zum 03.09.2012 erfolgen. Mit Verfügungen vom 13.09.2012, 11.10.2012, 08.11.2012 und 06.12.2012 hat das Sozialgericht an die Klagebegründung erinnert. Mit Schriftsatz vom 14.12.2012 hat die Bevollmächtigte mitgeteilt, die Aufforderung zur Klagebegründung vom 08.11.2012 sei ihr aufgrund eines Büroversehens erst am 14.12.2012 vorgelegt worden. Sie werde eine Klagebegründung bis zum 04.01.2013 fertigen. Mit Verfügung vom 18.01.2013, die von der Kammervorsitzenden paraphiert wurde, wurde die Bevollmächtigte der Klägerin aufgefordert, das Verfahren nach "§ 102 Abs. 2 SGG in der seit dem 01.04.2008 geltenden Fassung durch Einreichung einer Klagebegründung" zu betreiben. Sie wurde darauf hingewiesen, dass die Klage als zurückgenommen gelte, wenn sie das Verfahren trotz dieser Aufforderung länger als drei Monate ab Zustellung der Verfügung nicht betreibe. Das Schreiben ist der Bevollmächtigten der Klägerin am 28.01.2013 durch Empfangsbekenntnis zugestellt worden.
Durch Beschluss vom 29.04.2013 hat das Sozialgericht den Antrag auf Prozesskostenhilfe abgelehnt. Die Klage sei trotz mehrfacher Aufforderung, Erinnerung Betreibensaufforderung nicht begründet worden. Das Gericht müsse deshalb davon ausgehen, dass die Kläger kein Interesse an der Rechtsverfolgung hätten, was das Rechtsschutzbedürfnis entfallen lassen dürfe. Weiterhin könne das Gericht auch unter Berücksichtigung des Amtsermittlungsgrundsatzes den Sachverhalt nicht weiter ermitteln, da jeglicher Vortrag fehle. Zu beachten sei schließlich, dass die Wirkung des § 102 Abs. 2 SGG mittlerweile eingetreten sei.
Gegen den ihrer Bevollmächtigten am 06.05.2013 zugestellten Beschluss hat die Klägerin am 03.06.2013 Beschwerde eingelegt.
Der Senat hat die Bevollmächtigte der Klägerin darauf hingewiesen, dass bislang eine den Anforderungen des § 73a Abs. 1 S. 1 SGG i.V.m. § 117 Abs. 1 S. 2 ZPO entsprechende Darstellung des Streitverhältnisses nicht erfolgt ist und eine Frist zur Begründung des Prozesskostenhilfeantrags bis zum 20.09.2013 nach § 118 Abs. 2 S. 4 ZPO gesetzt.
II.
Die zulässige Beschwerde ist unbegründet.
Das Sozialgericht hat im Ergebnis zutreffend die hinreichende Erfolgsaussicht der Rechtsverfolgung i.S.v. § 73a Abs. 1 S. 1 SGG i.V.m. § 114 ZPO verneint.
Entgegen der Auffassung des Sozialgerichts ist das Verfahren zum Zeitpunkt der Entscheidung über den Prozesskostenhilfeantrag allerdings nicht erledigt gewesen. Die Klagerücknahmefiktion des § 102 Abs. 2 S. 1 SGG greift nicht ein. Durch die Betreibensaufforderung vom 18.01.2013 ist eine Frist i.S.v. § 102 Abs. 2 S. 1 SGG nicht wirksam gesetzt worden. Eine Betreibensaufforderung entfaltet nur dann Wirkung, wenn sie vom zuständigen Richter verfügt und mit vollen Namen unterzeichnet wird. Ein den Namen abkürzendes Handzeichen (Paraphe) – wie im vorliegenden Fall – genügt nicht als Unterschrift (BSG Urteil vom 01.07.2010 – B 13 R 58/09 R, Rn 49). Mithin ist die Betreibensaufforderung nicht wirksam, so dass vorliegend offen bleiben kann, unter welchen Voraussetzungen eine Betreibensaufforderung zur Abgabe einer Klagebegründung bzw Stellung eines Klageantrags zulässig ist (vgl. hierzu LSG Baden-Württemberg Urteil vom 17.04.2013 – L 5 KR 605/12).
Nur deshalb hat die vom Sozialgericht gewählte Verfahrensweise – Entscheidung über den Prozesskostenhilfeantrag erst nach Ablauf der Frist des § 102 Abs. 2 S. 1 SGG und angenommener Erledigung des Verfahrens – nicht zu einer Verletzung des rechtlichen Gehörs der Klägerin geführt (vgl. hierzu BSG Beschluss vom 04.12.2007 – B 2 U 165/06 B). Im Hinblick auf die vom Bundesverfassungsgericht betonte Funktion der Prozesskostenhilfe, den rechtsstaatlich gebotenen Rechtsschutz zugänglich zu machen, ist es aber grundsätzlich nicht zulässig, das Hauptsacheverfahren abzuschließen, ohne zuvor über einen (entscheidungsreifen) Prozesskostenhilfeantrag zu entscheiden. Das gilt auch für die Anwendung der Vorschriften über die Fiktion der Klagerücknahme. Ist der Prozesskostenhilfeantrag noch nicht bewilligungsreif (vgl. zum Begriff der Bewilligungsreife BVerfG Beschluss vom 14.04.2010 – 1 BvR 362/10), muss ggf. zuerst eine Frist nach § 73a Abs. 1 S. 1 SGG i.V.m. § 118 Abs. 2 Satz 4 ZPO zur Glaubhaftmachung der Angaben über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse, Substantiierung der Prozesskostenhilfeantrags oder Beantwortung bestimmter Fragen gesetzt werden; bei fruchtlosem Verstreichen der Frist ist der Prozesskostenhilfeantrag abzulehnen. Vor der Entscheidung über einen Prozesskostenhilfeantrag kann einem Beteiligten das Betreiben des Gerichtsverfahrens nicht aufgegeben werden (vgl. hierzu LSG Baden-Württemberg Urteil vom 17.04.2013 – L 5 KR 605/12).
Auch führen die fehlenden Angaben der zur Begründung dienenden Tatsachen und Beweismittel bzw. der fehlende Klageantrag trotz mehrmaliger Erinnerung unter Fristsetzung nach § 92 Abs. 2 S. 1 SGG nicht zu einem Wegfall des Rechtschutzschutzbedürfnisses und damit zur Unzulässigkeit der Klage. Die Verletzung der Sollvorschriften des § 92 Abs. 1 S. 3, 4 SGG, wonach die Klageschrift einen bestimmten Klageantrag und die zur Begründung der Klage dienenden Tatsachen und Beweismittel enthalten soll, führt nicht zur Unzulässigkeit der Klage (Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Aufl., § 92 Rn 16; BSG Urteil vom 01.07.2010 – B 13 R 58/09 R zu den Folgen einer fehlenden Klage- und Berufungsbegründung).
Eine hinreichende Erfolgsaussicht des Klagebegehrens i.S.v. § 114 ZPO lässt sich dennoch nicht feststellen. Die schlichte Erhebung einer Klage unter Angabe des Datums des angefochtenen Bescheides ohne Klageantrag und Beifügung weiterer Unterlagen begründet das Vorliegen einer hinreichenden Erfolgsaussicht nicht. Nach § 117 Abs. 1 S. 2 ZPO erfordert ein bewilligungsreifer Prozesskostenhilfeantrag, das Streitverhältnis unter Angabe der Beweismittel darzustellen (BVerfG Beschluss vom 14.04.2010 – 1 BvR 362/10). Ein Rechtschutzsuchender muss wenigstens im Kern deutlich machen, auf welche Beanstandung er seine Klage stützt (BVerfG Beschluss vom 20.10.1993 – 1 BvR 1686/93). Er muss die hinreichende Erfolgsaussicht anhand konkret bezeichnender und darzulegender Tatsachen schlüssig und substantiiert unter Angabe der Beweismittel aufzeigen (LSG Sachsen-Anhalt Beschlüsse vom 05.03.2010 – L 5 AS 344/09 B – und 29.04.2009 – L 8 SO 4/09 B; vgl. zu den Anforderungen an die Antragsbegründung auch: Burkiczak, SGb 2011, 326 (328)). Insoweit hat ein Rechtschutzsuchender eine Darlegungsobliegenheit, die auch unter Berücksichtigung des Amtermittlungsgrundsatzes im sozialgerichtlichen Verfahren gilt (BVerfG Beschluss vom 25.04.2012 – 1 BvR 2869/11). Die Beurteilung der hinreichenden Erfolgsausichten setzt u. a. eine Kenntnis der tatsächlichen Grundlage des Rechtschutzbegehrens voraus (BVerfG Beschluss vom 25.04.2012 – 1 BvR 2869/11). Es ist nicht Aufgabe des Gerichts, sich im Prozesskostenhilfeverfahren die zur Beurteilung der Erfolgsaussichten der Klage maßgeblichen tatsächlichen Aspekte selbst zu erarbeiten (LSG Sachsen-Anhalt Beschluss vom 29.04.2009 – L 8 SO 4/09 B m.w.N.) Auch im sozialgerichtlichen Verfahren sind nach § 92 SGG der Streitgegenstand und die zur Begründung des Klagebegehrens dienende Tatsachen und Beweismittel anzugeben. Der Amtsermittlungsgrundsatz bedeutet vornehmlich, dass das Gericht nicht an das Vorbringen der Beteiligten gebunden ist. Das Gericht ist aufgrund des Amtsermittlungsgrundsatzes jedoch nicht verpflichtet, aufgrund eines inhaltlich unbestimmten Vortrags von der Notwendigkeit weiter Sachverhaltsaufklärung auszugehen und allein deswegen Prozesskostenhilfe zu gewähren (vgl. Burkiczak, SGb 2011, 326 (328).
Mit dem Vortrag der Klägerin im erstinstanzlichen Verfahren, der sich auf eine Klageerhebung unter Angabe des Datums des angefochtenen Bescheides beschränkt, lässt sich eine hinreichende Erfolgsaussicht des Rechtsschutzbegehrens nicht begründen. Die Klageschrift enthält keine Angaben zum Sachverhalt. Die Klägerin hat den angefochtenen Bescheid nicht vorlegt. Es ist aus der Klageschrift weder ersichtlich, welches Begehren die Klägerin verfolgt, noch welche Einwände sie in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht gegen den angefochtenen Bescheid erhebt. Auch nach dem Hinweis des Senats, dass bislang eine den Anforderungen des § 73a Abs. 1 S. 1 SGG i.V.m. § 117 Abs. 1 S. 2 ZPO entsprechende Darstellung des Streitverhältnisses nicht erfolgt ist, ist keine Substantiierung des Prozesskostenhilfeantrags der anwaltlich vertretenen Klägerin erfolgt. Aus der Verwaltungsakte ergibt sich nicht ohne weiteres das Rechtschutzbegehren der Klägerin, zumal die Klägerin im Widerspruchsverfahren vorgetragen hat, eine Kürzung ihres Leistungsanspruches für einen Zeitraum von zwölf Tagen sei nach ihrer Meinung verhältnismäßig und rechtmäßig.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht erstattungsfähig (§ 73a Abs. 1 S. 1 SGG i.V.m. § 127 Abs. 4 ZPO).
Dieser Beschluss ist nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht anfechtbar (§ 177 SGG).
Erstellt am: 05.11.2013
Zuletzt verändert am: 05.11.2013