Die Beschwerde der Klägerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts Dortmund vom 05.06.2013 wird zurückgewiesen. Kosten sind im Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Streitig ist zwischen den Beteiligten die Rechtmäßigkeit eines Aufhebungsbescheides.
Der Beklagte bewilligte der Klägerin mit Bescheid vom 08.03.2012 Leistungen nach dem Zweiten Sozialgesetzbuch – Grundsicherung für Arbeitssuchende – (SGB II) für den Zeitraum 01.04. bis 30.09.2012 in Höhe von 796,00 EUR monatlich. Da die Klägerin beabsichtigte, ab 23.08.2012 am H-Berufskolleg eine Ausbildung zur staatlich anerkannten Erzieherin aufzunehmen, beantragte sie am 01.07.2012 bei der zuständigen Stelle der Stadt E Leistungen nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz (BAföG). Mit Bescheid vom 11.07.2012 lehnte die Stadt E den Antrag vom 03.07.2012 auf Leistungen für den Besuch des H-Berufskollegs ab. Die Klägerin sei am 00.00.1982 geboren und habe damit zu Beginn des Ausbildungsabschnittes am 22.08.2012 das 30. Lebensjahr vollendet. Daher sei eine Förderung bei ihr nur im Ausnahmefall möglich. Ein solcher Ausnahmefall läge aber nicht vor.
Der Beklagte erließ am 12.07.2012 einen Aufhebungsbescheid, wonach die Entscheidung vom 08.03.2012 über die Bewilligung von Leistungen nach dem SGB II ab 1. August ganz aufgehoben wurde (§ 40 Abs. 2 Nr. 3 SGB II i. V. m. § 48 Abs. 1 S. 1 SGB X, § 330 Abs. 3 S. 1 SGB III). Zur Begründung war angegeben, dass die Klägerin am 22.08.2012 eine Ausbildung am H-Berufskolleg beginne. Gemäß § 7 Abs. 5 SGB II hätten Auszubildende, deren Ausbildung im Rahmen des Bundesausbildungsförderungsgesetzes oder der §§ 60 – 62 des Dritten Buches dem Grunde nach förderungsfähig ist, über die Leistung nach § 27 hinaus keinen Anspruch auf Arbeitslosengeld II, Sozialgeld und Leistungen für Teilhabe und Bildung.
Gegen diesen Bescheid legte die Klägerin am 17.07.2012 Widerspruch ein. Zur Begründung führte sie aus, dass sie vom BAföG-Amt eine Ablehnung erhalten habe und somit die Ausbildung am 22.08.2012 nicht aufnehmen könne, sofern sie keine anderweitige Förderung in Aussicht habe.
Der Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 31.07.2012 als unbegründet zurück. Die von der Klägerin am 22.08.2012 beabsichtigte Ausbildung zur Heilerziehungspflegerin an einer staatlich anerkannten Fachschule sei gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 2 BAföG dem Grunde nach förderungsfähig. Die Klägerin unterliege lediglich dem individuellen Leistungsausschluss des § 10 Abs. 3 BAföG, da sie zu Beginn des Ausbildungsabschnitts die Höchstaltersgrenze überschritten habe. Eine Ausnahme im Sinne von § 7 Abs. 6 SGB II liege nicht vor. Auch ein Anspruch nach § 27 SGB II bestehe nicht. Eine darlehensweise Bewilligung der Leistungen für Regelbedarfe, Kosten der Unterkunft und Heizung sowie notwendige Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung im Sinne des § 27 Abs. 4 SGB II komme nicht in Betracht. Denn eine besondere Härte läge nicht vor, da die Ausbildung nicht kurz vor dem Abschluss stehe, sondern gerade erst aufgenommen werden solle. Auch ein Anspruch nach § 27 Abs. 4 S. 2 SGB II komme nicht in Betracht, da die Bewilligung von Leistungen nach dem BAföG versagt worden sei. Es komme nicht darauf an, ob die BAföG-Leistungen tatsächlich erbracht würden, sondern für den Leistungsausschluss nach § 7 Abs. 5 SGB II sei allein entscheidend, ob die von dem Auszubildenden betriebene Ausbildung nach dem BAföG dem Grunde nach förderungsfähig sei. Die Leistungen nach dem SGB II seien daher ab 01.08.2012 gemäß § 48 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 SGB X aufzuheben, da ab diesem Zeitpunkt in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die bei Erlass eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eingetreten sei. Die Klägerin sei aufgrund der gesetzlichen Regelung vom Bezug der Leistungen nach dem SGB II ausgeschlossen, ein Raum für Ermessungsentscheidungen sei nicht gegeben.
Die Klägerin hat am 29.08.2012 Klage vor dem Sozialgericht Dortmund erhoben mit dem Antrag, den Bescheid des Beklagten vom 12.07.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 31.07.2012 aufzuheben und ihr Prozesskostenhilfe unter Beiordnung eines Rechtsanwalts zu bewilligen. Der angegriffene Bescheid sei rechtswidrig und verletze die Klägerin in ihren Rechten. Der Beklagte habe sich bei der Aufhebung ausdrücklich auf § 48 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 SGB X gestützt. Von einer Änderung zugunsten der Klägerin könne aber keine Rede sein, vielmehr liege eine Änderung zum Nachteil der Betroffenen vor. Zudem sei der Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse der 23.08.2012. Dies sei der Tag des Beginns der Ausbildung der Klägerin. Der Beklagte durfte mit Bescheid vom 08.03.2012 bewilligte Leistungen daher nicht ab 01.08.2012 aufheben. Zudem sei der Widerspruchsbescheid insoweit widersprüchlich und inhaltlich falsch, als dort zu lesen sei, dass "ein Raum für Ermessensentscheidungen nicht gegeben sei". Zum einen sei der Spielraum für eine Ermessensentscheidung bezüglich der Härtefallregelung gegeben. Zum anderen habe der Beklagte gegenüber der Klägerin den Eindruck erweckt, er habe eine Ermessensentscheidung getroffen, da es in dem Widerspruchsbescheid heißt, eine besondere Härte sei in der Regel dann zu bejahen, wenn die Ausbildung kurz vor dem Abschluss abgebrochen werden müsse. Dies sei vorliegend nicht der Fall, da die Ausbildung erst zum 22.08.2012 aufgenommen werden würde. Zudem sei die Entscheidung inhaltlich falsch, da ein Härtefall im Sinne von § 7 Abs. 5 SGB II vorlege. Zumindest habe die Klägerin einen Anspruch auf eine darlehensweise Bewilligung nach § 27 Abs. 4 SGB II. Von der Rechtsprechung seien als Härtefälle solche Fälle anerkannt, in denen die jeweilige Ausbildung die einzig realistische Chance bilde, einen Zugang zum Erwerbsleben zu erhalten. Dies sei bei der Klägerin der Fall. Der Bedarf an hochqualifizierten Erzieherinnen werde in der nächsten Zeit erheblich angestiegen.
Der Beklagte hat im Wesentlichen auf seine Ausführungen im Widerspruchsbescheid verwiesen. Ergänzend hat er vorgetragen, dass durch die SGB II-Leistung eine versteckte Ausbildungsförderung nicht erfolgen solle. Die Leistungen seien ab 01.08.2012 aufgehoben, da die Ausbildung nach § 15 b Abs. 1 BAföG als mit dem Anfang des Monats als aufgenommen gelte, in dem der Unterricht oder die Vorlesung tatsächlich begonnen werde. Analog dazu bestehe nach § 15 Abs. 1 BAföG ein Leistungsanspruch vom Beginn des Monats an, in dem die Ausbildung aufgenommen werde.
Das Sozialgericht hat mit Beschluss vom 05.06.2013 den Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe abgelehnt. Die Klage verspreche keine hinreichende Aussicht auf Erfolg. Die angegriffene Aufhebungsentscheidung des Beklagten sei nicht zu beanstanden. Die Voraussetzung für die Aufhebung einer Bewilligungsentscheidung mit Wirkung für die Zukunft nach § 48 Abs. 1 S. 1 SGB X sowie die des § 7 Abs. 5 SGB II lägen vor. Anhaltspunkte für eine besondere Härte im Sinne des § 27 Abs. 4 S. 1 SGB II seien nicht erkennbar. Zur Vermeidung von Wiederholungen werde auf die zutreffenden Ausführungen des Beklagten im Widerspruchsbescheid vom 31.07.2012 sowie in den Schriftsätzen vom 19.09.2012, 27.02.2013 und 11.04.2013 Bezug genommen, welche sich die Kammer nach eigener Prüfung der Sach- und Rechtslage zu Eigen mache.
Gegen den am 10.06.2013 zugestellten Beschluss hat die Klägerin am 09.07.2013 Beschwerde eingelegt. Die angefochtene Entscheidung sei fehlerhaft. Die Rechtsverfolgung biete hinreichende Aussicht auf Erfolg und sei nicht mutwillig. Der Aufhebungsbescheid vom 12.07.2012 sei bereits formell rechtswidrig. Die Begründung im Bescheid vom 12.07.2012 erfülle nicht die Anforderungen des § 35 SGB X. Es werde nur auf den Gesetzeswortlaut verwiesen und keine tatsächlichen Gründe für die Aufhebung des Bewilligungsbescheides mitgeteilt. Darüber hinaus werde der Eindruck erweckt, dass die Klägerin einen Anspruch auf Förderung nach dem BAföG besitze. Im Widerspruchsbescheid beziehe sich die Behörde darüber hinaus fehlerhaft auf § 48 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 SGB X. Dies stehe im eindeutigen Widerspruch zu dem Tatbestand des § 48 Abs. 1 S. 1 SGB X. Zudem liege eine fehlerhafte Ermessensentscheidung der Behörde vor. Inhaltlich sei die Entscheidung des Beklagten ebenfalls falsch, denn ein Härtefall im Sinne von § 7 Abs. 5 SGB II liege vor. Die Klägerin habe einen Anspruch darauf, dass ihr Leistungen nach dem SGB II bewilligt würden, zumindest darlehensweise nach § 27 Abs. 4 SGB II.
Der Beklagte hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.
II.
Die zulässige Beschwerde ist unbegründet.
Das Sozialgericht hat zu Recht den Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Klageverfahren abgelehnt. Der Aufhebungsbescheid des Beklagten vom 12.07.2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 31.07.2012 ist rechtmäßig. Die Klägerin hatte ab dem 01.08.2012 keinen Anspruch auf Leistungen nach dem SGB II, da sie zum 22.08.2012 eine Ausbildung aufgenommen hatte. Der Senat nimmt insoweit Bezug auf die Ausführungen des Sozialgerichts (§ 142 Abs. 2 S. 3 SGG).
Auch die mit der Beschwerde vorgebrachten Argumente vermögen eine andere Entscheidung nicht zu rechtfertigen.
Der Aufhebungsbescheid vom 12.07.2012 ist nicht bereits formell rechtswidrig. Insbesondere liegt kein Begründungsmangel im Sinne des § 35 Abs. 1 SGB X vor. Der Bescheid enthält ausdrücklich eine Begründung, nämlich die, dass die Klägerin am 22.08.2012 eine Ausbildung beginne. Zudem wird auf die gesetzliche Vorschrift des § 7 Abs. 5 SGB II hingewiesen, dessen Wiedergabe keinen rechtlichen Bedenken unterliegt. Insoweit werde auch nicht der Eindruck erweckt, dass die Klägerin einen Anspruch auf Leistungen nach dem BAföG habe, da in der gesetzlichen Formulierung ausdrücklich steht, dass es ausreicht, wenn ein Anspruch dem Grunde nach förderungsfähig ist. Ob die Ausbildung der Klägerin tatsächlich gefördert wird oder aus persönlichen Gründen ein Anspruch nach dem BAföG ausscheidet, ist insofern unerheblich (vgl. Bernzen in: Eicher, SGB II, 3. Auflage 2013, § 27 Rn. 18 m.w.Nachw.). Im Übrigen weist der Senat darauf hin, dass die Klägerin zum Zeitpunkt des Erlasses des Bescheides wusste, dass ihr Leistungen nach dem BAföG nicht zustehen, da sie diese bereits am 03.07.2012 beantragt hatte und der Ablehnungsbescheid vom 11.07.2012 datierte und dem Beklagten vorgelegt wurde.
Der Beklagte stützte sich auch auf die richtige Ermächtigungsgrundlage, nämlich § 48 Abs. 1 S. 1 SGB X. Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass es sich hierbei nicht um eine Ermessensentscheidung, sondern um eine gebundene Entscheidung für den Leistungsträger handelt. Der Beklagte war daher verpflichtet, die mit Bescheid vom 08.03.2012 bewilligten Leistungen nach dem SGB II ab 01.08.2012 aufzuheben, da sich die tatsächlichen Verhältnisse geändert hatten. Der Beklagte übte insoweit in dem Bescheid vom 12.07.2012 ersichtlich auch kein Ermessen aus. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem Widerspruchsbescheid. Zwar führte der Beklagte hier die Vorschrift des § 48 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 SGB X an. Die Benennung der falschen Ermächtigungsgrundlage macht den Bescheid jedoch nicht rechtswidrig. Insoweit führte der Beklagte im Rahmen des Widerspruchsbescheides zutreffend aus, dass "ein Raum für Ermessensentscheidungen nicht gegeben sei". Auch im Rahmen des Widerspruchsbescheides übte der Beklagte daher ein Ermessen richtigerweise nicht aus.
Soweit die Klägerin vorträgt, dass sich eine Ermessensentscheidung des Beklagten daraus ergebe, dass möglicherweise darlehensweise Leistungen nach § 27 Abs. 4 SGB II in Betracht kämen und das Ermessen im Rahmen des Härtefalls auszuüben sei, weist der Senat darauf hin, dass die Frage, ob ein Härtefall vorliegt, gerade keine Ermessensentscheidung darstellt, sondern eine Tatbestandsvoraussetzung ist, die somit lediglich einen Beurteilungsspielraum beinhaltet. Erst wenn der Leistungsträger den Härtefall bejaht, hat er Ermessen auszuüben, ob er Leistungen als Darlehen erbringt oder nicht. Vorliegend hat der Leistungsträger jedoch im Rahmen seines Beurteilungsspielraums bereits einen Härtefall zu Recht verneint. Denn wie der Beklagte zu Recht ausgeführt hat, stand die Klägerin gerade erst am Beginn ihrer Ausbildung, so dass mit einem unmittelbaren Abschluss nicht zu rechnen war. Schließlich stellt auch die von der Klägerin beabsichtigte Ausbildung nicht den einzigen Zugang zum Arbeitsmarkt für die Klägerin dar, auch wenn der Arbeitsmarkt für Erzieher künftig wachsen wird.
Schließlich ist die Aufhebungsentscheidung insoweit rechtmäßig, als Leistungen nach dem SGB II ab 01.08.2012 aufgehoben werden. Es besteht für die Klägerin kein Anspruch auf Leistungen nach dem SGB II für den Zeitraum 01.08. bis 22.08.2012, denn insoweit hat der Beklagte zu Recht auf die Vorschriften des BAföG-Gesetzes hingewiesen. Nach § 15 b Abs. 1 BAföG gilt die Ausbildung im Sinne des Gesetzes als mit dem Anfang des Monats aufgenommen, in dem Unterricht oder Vorlesungen tatsächlich begonnen werden. Korrespondierend hierzu wird nach § 15 BAföG die Ausbildungsförderung vom Beginn des Monats an geleistet, in dem die Ausbildung aufgenommen wird. Knüpft das SGB II den Ausschluss in § 7 Abs. 5 SGB II jedoch an eine dem Grunde nach förderungsfähige Ausbildung nach dem BAföG – und gerade nicht an die persönlichen Voraussetzungen, wie hier an den Ausschluss wegen Alters nach § 10 Abs. 3 BAföG – ist darauf abzustellen, wie die Klägerin stehen würde, wenn ihr tatsächlich BAföG-Leistungen bewilligt worden wären. In diesem Fall hätte sie einen Anspruch ab 01.08.2008 auf BAföG-Leistungen gehabt. Auch eine darlehensweise Bewilligung für den Übergangszeitraum nach § 27 Abs. 4 S. 2 SGB II war somit nicht erforderlich, da sowohl die BAföG-Leistungen als auch Leistungen nach dem SGB II zum 1. eines jeden Monats ausgezahlt werden. Dass die von der Klägerin beabsichtigte Ausbildung dem Grunde nach förderungsfähig ist, ergibt sich bereits aus dem ablehnenden BAföG-Bescheid und den Ausführungen des Beklagten im Rahmen des Widerspruchsbescheides. Es ist ständige Rechtsprechung des Bundessozialgerichts, dass sich bei Versagung des BAföG-Anspruchs aus persönlichen Gründen (hier des Ausschlusses nach § 10 Abs. 3 BAföG wegen Alters) kein Leistungsanspruch nach dem SGB II ergibt (vgl. Bernzen in: Eicher, SGB II, 3. Auflage 2013, § 27 Rn. 18 m.w.Nachw.)
Kosten sind im Rahmen des Beschwerdeverfahrens hinsichtlich der Prozesskostenhilfe nach § 127 Abs. 4 ZPO nicht zu erstatten.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar.
Erstellt am: 07.11.2013
Zuletzt verändert am: 07.11.2013