Erledigt durch Anerkenntnis
Die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 08.11.2012 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist der Beginn einer der Klägerin zustehenden Regelaltersrente nach dem Gesetz zur Zahlbarmachung von Renten aus Beschäftigungen in einem Ghetto (ZRBG).
Die Klägerin wurde am 00.00.1920 geboren. Sie ist jüdischen Glaubens und anerkannte Verfolgte im Sinne des Bundesentschädigungsgesetzes (BEG).
Seit 1957 lebt sie in Israel und ist israelische Staatsbürgerin. In ihrem Antrag auf Leistungen nach dem Entschädigungsgesetz für Opfer der nationalsozialistischen Verfolgung (BEG) gab sie an, im Zeitraum von November 1941 bis Februar 1943 im Ghetto Kowel (Polen) Zwangsarbeiten verrichtet zu haben. Im Februar 1943 sei sie aus dem Ghetto geflohen und habe in der Folge in der Illegalität gelebt. Der Regierungspräsident von Köln stellte mit Bescheid vom 01.08.1974 eine Gesamtentschädigungssumme von DM 5940,- fest. In einer eidesstattlichen Erklärung vom 15.03.1996 gab die Klägerin nunmehr an, dass sie sich nur im Zeitraum bis Oktober 1942 im Ghetto Kowel befunden habe. Eine weitere Entschädigung (wohl jedenfalls in Höhe von DM 5000,-) erfolgte im Jahr 1996 durch die Claims Conference.
Am 27.06.2003 beantragte die K Ltd., Tel Aviv, für die Klägerin bei der Beklagten eine Rente nach dem ZRBG ab dem 01.07.1997. Dem Antrag war eine Vollmacht der Klägerin an Frau H und an den jetzigen Klägerbevollmächtigten beigefügt, ihre Interessen in Deutschland zu vertreten. Mit Schreiben vom 16.10.2003 erinnerte die K Ltd. die Beklagte an die Bearbeitung des Vorgangs.
Die Beklagte bat die Klägerin mit an den nunmehrigen Klägerbevollmächtigten gerichteten Schreiben vom 06.11.2003 um Angaben zu ihrer Ghettotätigkeit, insbesondere dazu, ob eine Entschädigung nach dem Bundesentschädigungsgesetz geltend gemacht worden sei. Entsprechende Angaben erfolgten nicht. Mit Schreiben vom 04.03.2004 bat die K Ltd. die Beklagte, " die Akte zu schließen gemäß beigefügter Kopie".
Dieses Schreiben war nicht handschriftlich unterzeichnet. Ihm war die Kopie eines früheren Schreibens der Beklagten an den Klägerbevollmächtigten beigefügt. Dieses war mit einem Stempel der K Ltd. versehen, in dem folgende Varianten angekreuzt waren: "Keine Zusammenarbeit Mandant/in", "Die Akte schließen", "Nicht passend". Unter dem Stempel befand sich eine Paraphe, die Kürzeln unter anderen Schreiben der K Ltd. entsprach.
Mit Verfügung vom 17.03.2004 schloss die Beklagte das Rentenverfahren ab.
Am 01.11.2009 beantragte die Klägerin bei der Beklagten "die Überprüfung" des "Ablehnungsbescheides nach § 44 SGB X und die Anerkennung von Beitragszeiten sowie die Rentenzahlung nach dem ZRBG". Sie nahm hierbei Bezug auf die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts in seinen Urteilen vom 02.06.2009 und 03.06.2009. Im Fragebogen der Beklagten zur Anerkennung von Ghettobeitragszeiten gab die Klägerin an, zunächst im Zeitraum von Juli 1941 bis Mai 1942 Zwangsarbeit geleistet zu haben. Im Zeitraum von Mai 1942 bis Oktober 1942 habe sie in einer vom Judenrat des Ghettos vermittelten Tätigkeit als Schneiderin und Weberin gearbeitet. Daneben habe sie im Zeitraum von Mai 1942 bis Oktober 1942 außerhalb des Ghettos Feldarbeiten verrichtet.
Mit Bescheid vom 03.08.2010 gewährte die Beklagte der Klägerin eine Regelaltersrente in Höhe von EUR 301,23 monatlich für den Zeitraum ab dem 01.11.2009. Sie erkannte hierbei die Zeit vom 01.05.1942 bis zum 31.10.1942 als Beitragszeit nach dem ZRBG und die Zeiten vom 01.09.1941 bis zum 31.12.1949 als Ersatzzeit an.
Die Klägerin erhob am 05.08.2010 Widerspruch gegen diesen Bescheid. Der Rentenbeginn sei am 01.07.1997 anzusetzen. Sie sei im Rahmen eines sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs so zu stellen, als ob der Antrag bereits am 30.06.2003 gestellt worden sei. Die Rentenversicherungsträger hätten durch ihre restriktive Gesetzesauslegung in der Vergangenheit, die insbesondere Sachbezüge nicht für ausreichend gehalten habe und bestimmte Gebiete von der Einbeziehung in das ZRBG ausgeschlossen habe, die Antragsteller davon abgehalten, den Aufwand eines früheren Antragsverfahrens zu betreiben. Damit hätten sie die sich aus dem Sozialrechtsverhältnis ergebende Verpflichtung zur gebotenen Förderung sozialer Rechte verletzt. Zudem liege ein Verstoß gegen Art.3 des Grundgesetzes (GG) vor. Die "Berücksichtigung von offenen Verfahren und der damit einhergehenden Rechtsfolge Rentenbeginn 1997" beruhe auf Zufälligkeiten, die der Personengruppe der Verfolgten nicht zugemutet werden könne. Mit Widerspruchsbescheid vom 01.03.2011 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Nach § 19 des Vierten Buchs Sozialgesetzbuch (SGB IV) würden Leistungen aus der gesetzlichen Rentenversicherung nur auf Antrag erbracht. Der Rentenantrag löse gemäß § 115 Abs.1 SGB VI das Verwaltungsverfahren aus. Er bestimme in Zusammenhang mit § 99 SGB VI den Rentenbeginn. Mit § 3 ZRBG habe der Gesetzgeber keine Spezialregelung zur allgemeinen Regelung des § 99 SGB VI geschaffen. Dieser regele nur, dass ein bis zum 30.06.2003 gestellter Rentenantrag als ein zum 18.06.1997 gestellter Antrag gelte und stelle somit eine Antragsfiktion, aber keine spezielle Beginnsvorschrift dar. Die Klägerin habe ihren Antrag erstmals am 01.11.2009 und damit nach dem 30.06.2003 gestellt. Aus dem Antrag vom 27.06.2003 könne die Klägerin keine Rechte mehr herleiten, weil sie diesen am 04.03.2004 zurückgenommen habe.
Ein Überprüfungsantrag gemäß § 44 des Zehnten Buchs Sozialgesetzbuch (SGB X) könne bereits deshalb keinen Erfolg haben, weil mit dem Bescheid vom 03.08.2010 auch erstmalig über das Begehren der Klägerin entschieden worden sei. § 44 SGB X könne auch in Verbindung mit einem sozialrechtlichen Herstellungsanspruch nicht zu einem Erfolg des Widerspruchs führen. Eine rechtswidrige Pflichtverletzung könne bereits deshalb nicht festgestellt werden, weil das Bundessozialgericht erstmals in seinen Urteilen vom 02.06.2009 und 03.06.2009 die Tatbestandsmerkmale nach dem ZRBG "gegen Entgelt" und "aus eigenem Willensentschluss" erweiternd ausgelegt habe. Die Klägerin habe aber ihre Anträge im Hinblick auf die frühere Rechtsprechung zurückgenommen.
Am 08.03.2011 hat die Klägerin vor dem SG Düsseldorf Klage gegen den Bescheid vom 03.08.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 01.03.2011 erhoben. Sie hat weiter vorgetragen, dass ihr bei der Israelischen Nationalversicherung gestellter Antrag als fristgerechter Rentenantrag nach dem ZRBG anzusehen sei. Dies habe der erkennende Senat im Verfahren L 14 R 3/08 entschieden. Dies ergebe sich auch aus dem Deutsch-Israelischen Versicherungsabkommen (DISVA). In der Folge hat das SG Düsseldorf mit Beschluss vom 07.06.2011 zunächst das Ruhen des Verfahrens bis zur Entscheidung des Bundessozialgerichts in der Sache B 13 R 20/10 R angeordnet.
Nach Wiederaufnahme des Verfahrens hat die Beklagte unter dem 21.06.2012 eine Ankunft der Israelischen Nationalversicherungsanstalt übersandt, wonach die Klägerin keinen Anspruch auf eine eigene Altersrente habe. Sie beziehe eine Hinterbliebenenrente, die sie am 23.05.1993 beantragt habe.
Mit Urteil vom 08.11.2012 hat das SG Düsseldorf die Klage ohne mündliche Verhandlung abgewiesen. Der Rentenbeginn sei mit dem 01.11.2009 zutreffend angesetzt, weil die Klägerin erst zu diesem Zeitpunkt die Rente nach dem ZRBG beantragt habe. Weder aus dem in Israel gestellten Antrag auf Hinterbliebenenrente vom 23.05.1993 noch aus dem Antrag der Klägerin vom 27.06.2003 folge etwas anderes. Denn diese Anträge habe die Klägerin zurückgenommen. Gemäß dem Urteil des BSG vom 07.02.2012 – B 13 R 40/11 R – erfasse eine der Antragsrücknahme vergleichbare bestandskräftige Ablehnung eines in Deutschland gestellten Rentenantrags auch den zuvor in Israel gestellten Rentenantrag.
Der Klägerin stehe weiter kein sozialrechtlicher Herstellungsanspruch zur Seite. Dieser setze zunächst eine dem Sozialleistungsträger zurechenbare behördliche Pflichtverletzung voraus. Die Beklagte habe ihre Pflicht zur Aufklärung der Bevölkerung gemäß § 13 des Ersten Buchs Sozialgesetzbuch (SGB I) aber nicht verletzt. Insbesondere habe sie keine fehlerhafte Allgemeininformation zum ZRBG verfasst. Die Beklagte habe lediglich in Parallelfällen das ZRBG gemäß der damaligen Rechtsprechung des BSG restriktiv ausgelegt und insbesondere ein die Versicherungspflicht dem Grunde nach auslösendes Entgelt als Voraussetzung gesehen. Die Annahme einer Pflichtverletzung scheide bereits deshalb aus, weil die Beklagte sich im Einklang mit der höchstrichterlichen Rechtsprechung befunden habe. Zudem sei keine Kausalität zwischen einer unterstellten Pflichtverletzung der Beklagten und der Rücknahme des Rentenantrags durch die Klägerin zu erkennen. Andere Antragsteller hätten sich durch die restriktive Bewilligungspraxis der Beklagten nämlich nicht davon abhalten lassen, ihren Rentenantrag weiterzuverfolgen und gegebenenfalls gerichtlich überprüfen zu lassen.
Am 26.11.2012 hat die Klägerin Berufung gegen das Urteil eingelegt. Sie trägt vor, dass ihr aus verschiedenen Quellen bekannt gewesen sei, dass die deutschen Rentenversicherungsträger Tätigkeiten in einem Ghetto ohne entsprechende Bezahlung nicht als anspruchsauslösend ansähen. Sie habe das für sie physisch und psychisch belastende Antragsverfahren im Jahr 2003 als sinnlos angesehen und erst wieder aufgenommen, nachdem sie von der Änderung der Rechtsauffassung durch die Beklagte erfahren habe. Sie nimmt weiter Bezug auf das Urteil des BSG vom 24.10.1985 – 12 RK 48/84 – und vom 21.06.1990 – 12 RK 27/88.
Sie fügt ihrer Berufungsbegründung das Protokoll über die Deutsch – israelische Verbindungsstellenbesprechung vom 01.07.2003 bis zum 03.07.2003 in München bei. Aus dieser geht hervor, dass die deutsche Seite das Merkmal einer Entgeltlichkeit nicht angenommen hat, wenn die Entlohnung für eine Tätigkeit nur in der Zuteilung von zum Überleben benötigten Lebensmittelrationen bestand.
Die Klägerin stützt sich weiter auf einen Richterbrief des Sozialgerichts Berlin im dortigen Verfahren S 31 R 4726/12. Der dortige Kammervorsitzende hat darauf verwiesen, dass die bis zum 31.12.1991 geltende Reichsversicherungsordnung (RVO) und das Angestelltenversicherungsgesetz (AVG) für Versicherte, die das 65.Lebensjahr vollendet und die Wartezeit erfüllt hatten, kein Antragserfordernis gesehen hätten. Ein bereits unter Geltung der RVO entstandener Altersrentenanspruch erlösche nicht durch das zum 01.01.1992 eingeführte Antragserfordernis. Da sie das 65. Lebensjahr bereits im Jahr 1985 vollendet habe, sei diese Rechtsauffassung auch auf sie anwendbar. Es sei der Zeitpunkt der Entstehung des Stammrechts und nicht der Zahlungsbeginn maßgeblich. Sie bezweifelt weiter, dass in der Aufforderung von K, "die Akte zu schließen", eine wirksame Rücknahme des israelischen Rentenantrags liege.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 08.11.2012 zu ändern und die Beklagte unter Änderung des Bescheides vom 03.08.2010 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 01.03.2011 zu verurteilen, ihr bereits ab 01.07.1997 Regelaltersrente zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Im vorliegenden Fall sei eine Pflichtverletzung der Beklagten schon deshalb nicht anzunehmen, weil die Klägerin vor ihrer Antragstellung im November 2009 überhaupt keine Angaben gemacht habe, die eine Prüfung ihres Anspruchs ermöglicht hätten. Die von der Klägerin zitierten Urteile des BSG seien nicht auf den vorliegenden Sachverhalt zu übertragen.
Das Urteil vom 24.10.1985 – 12 RK 48/84 – habe sich mit der Frage beschäftigt, ob eine Ausschlussfrist unter bestimmten Voraussetzungen neu eröffnet werden müsse. In dem Urteil werde ausdrücklich aufgeführt, das in einem derartigen Fall der Rückgriff auf das Institut des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs nicht zulässig sei.
Das Urteil vom 21.06.1990 – 12 RK 27/88 – sei bereits deshalb nicht anwendbar, weil die Beklagte im vorliegenden Fall (dort abweichend: Herausgabe eines Merkblatts) keine Allgemeininformation erteilt habe. Das BSG habe auch angemerkt, dass die Versäumung einer Frist nicht mit einer fehlerhaften Beratung oder Auskunft begründet werden könne, wenn sich der Antragsteller erst nach dem Ablauf dieser Frist an die Behörde gewandt habe. Dies müsse auch gelten, wenn der Antragsteller gegenüber der Behörde vor dem Ablauf der Frist keine Angaben gemacht habe, die eine Prüfung des Anspruchs ermöglicht hätten. Da das ZRBG rückwirkend zum 01.07.1997 in Kraft getreten sei, könnten Renten nach diesem Buch auch frühestens am 01.07.1997 beginnen und seien damit am SGB VI zu messen. Ghettobeitragszeiten nach dem ZRBG seien nämlich Zeiten eigener Art gemäß § 55 Abs.1 S.2 SGB VI, für die Pflichtbeiträge nach besonderen Vorschriften als gezahlt gelten. Ein Rentenstammrecht aus Ghettobeitragszeiten könne damit erst mit dessen Inkrafttreten entstanden sein.
Die Ausführungen der Klägerin zur Wirksamkeit der Rücknahme des Antrags am 05.03.2004 teile sie nicht. Da auf dem Stempel der K die Möglichkeiten "Keine Zusammenarbeit mit Mandant/in " und "nicht passend" angekreuzt gewesen seien, sei die Erklärung als endgültige Rücknahme des Antrags auszulegen gewesen.
Zur weiteren Sachverhaltsdarstellung und hinsichtlich des Vorbringens der Beteiligten im Einzelnen wird auf die Prozessakte und die Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen. Der wesentliche Inhalt dieser Akten ist Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung ist nicht begründet. Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen, weil der Bescheid der Beklagten vom 03.08.2010 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 01.03.2011 nicht rechtswidrig ist und die Klägerin nicht in ihren Rechten verletzt ( § 54 Absatz 2 SGG). Die Beklagte hat rechtmäßig entschieden, dass die Klägerin keinen Anspruch auf Zahlung der Regelaltersrente vor dem 01.10.2009 und damit auch nicht für die Zeit vom 01.07.1997 bis zum 30.09.2009 hat.
Gemäß § 99 SGB VI hat die Klägerin einen Anspruch auf Zahlung ihrer Regelaltersrente erst für die Zeit ab dem 01.10.2009, weil sie dem Antragserfordernis des § 115 Abs.1 S.1 SGB VI unterlag und als zu berücksichtigender Antrag allein ihr Rentenantrag vom 01.11.2009 in Frage kommt (dazu I.). Ein früherer Rentenbeginn kann weder aufgrund einer Verlängerung der Rentenantragsfrist entsprechend der Rechtsprechung des BSG zur Verlängerung von Nachentrichtungsfristen (dazu II.) noch aufgrund eines sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs (dazu III.) noch unter Berücksichtigung des sog. Wiedergutmachungsgedankens (dazu IV.) angenommen werden.
I.
Gemäß § 99 SGB VI hat die Klägerin einen Anspruch auf Zahlung ihrer Regelaltersrente erst für die Zeit ab dem 01.11.2009. Die Anspruchsvoraussetzungen für eine Regelaltersrente der Klägerin nach § 35 SGB VI und nach Maßgabe des ZRBG waren für sie zwar mit (dem rückwirkenden) Inkrafttreten des ZRBG vom 20.06.2002 (Artikel 1 des Gesetzes vom 20.06.2002, veröffentlicht am 27.06.2002, BGBl I, 2074) zum 01.07.1997 (Artikel 3 Absatz 2 des Gesetzes vom 20.06.2002) erfüllt, weil sie bereits im Dezember 1985 ihr 65. Lebensjahr vollendet hat, Zeiten nach dem ZRBG vom 01.05.1942 bis zum 31.10.1942 vorliegen und sie hierdurch auch die allgemeine Wartezeit erfüllt. Weitere Voraussetzung für die Gewährung einer Altersrente an die Klägerin war aufgrund der Vorschriften des § 115 Abs.1 S.1 SGB VI aber ein wirksamer Rentenantrag. Danach werden Leistungen aus der gesetzlichen Rentenversicherung grundsätzlich nur auf Antrag erbracht. Erst der Rentenantrag löst regelmäßig das Verwaltungsverfahren aus. Der Rentenantrag ist in diesem Zusammenhang auch für den Rentenbeginn nach § 99 SGB VI maßgeblich. Danach wird eine Rente aus eigener Versicherung von dem Kalendermonat an geleistet, zu dessen Beginn die Anspruchsvoraussetzungen für die Rente erfüllt sind, wenn die Rente bis zum Ende des 3. Kalendermonats nach Ablauf des Monats beantragt wird, in dem die Anspruchsvoraussetzungen erfüllt sind (§ 99 Absatz 1 Satz 1 SGB VI). Bei späterer Antragstellung wird eine Rente aus eigener Versicherung von dem Kalendermonat an geleistet, in dem die Rente beantragt wird, § 99 Absatz 1 Satz 2 SGB VI.
§ 99 Absatz 1 Satz 2 SGB VI gestaltet einen materiell- rechtlichen, die fälligen und ab dem 01.01.1992 entstandenen Einzelansprüche aus einem Recht auf Regelaltersrente vernichtenden Einwand aus. Dieser greift dann Platz, wenn der Antrag mehr als drei Kalendermonate nach Ablauf des Monats gestellt wird, in dem das Recht auf Rente entstanden ist (BSG, Urteil vom 02.08.2000, B 4 RA 54/99 R, SozR 3 2600 § 99 Nr. 5 (Rdnr. 17)). Nachdem die Klägerin die Anspruchsvoraussetzungen für eine Regelaltersrente nach § 35 SGB VI und nach Maßgabe des ZRBG mit (dem rückwirkenden) Inkrafttreten des ZRBG zum 01.07.1997 erfüllt hatte, war der dritte Kalendermonat nach Ablauf dieses Monats der Oktober 1997. Da aber nach § 99 Absatz 1 Satz 2 SGB VI bei späterer Antragstellung eine Rente aus eigener Versicherung erst vom Antragsmonat an geleistet wird, war Rente ab dem 01.11.2009 zu leisten.
In diesem Zusammenhang kommt als maßgeblicher Antrag auch allein der Antrag der Klägerin vom 01.11.2009 in Betracht.
Die Klägerin kann sich zunächst nicht auf ihren früheren Antrag vom 27.06.2003 berufen. Die Erklärung der K Ltd. vom 05.03.2004 "Wir bitten die Akten zu schließen gemäß beigefügter Kopie" ist im Zusammenhang mit dem mitübersandten, mit einem Stempel mit der angekreuzten Option "Die Akte schließen" versehenen Schreiben der Beklagten im Rahmen einer verständigen Würdigung gemäß §§ 133, 157 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) als Rücknahme dieses Antrags zu verstehen. Bereits ohne die Einbeziehung zusätzlicher Gesichtspunkte kommt im Deutschen der Begrifflichkeit des (Ab)Schließens eines Vorgangs, eines Kapitels etc. (der Begriff des "Schließens der Akte" ist hier eher unüblich) eine endgültige Bedeutung zu. In der englischen Sprache ist die wörtliche Übersetzung "to close a file"- insbesondere in Medienberichten zu rechtlichen Fragestellungen – deutlich gebräuchlicher und wird in Zusammenhang mit dem Abschluss eines Verfahrens gebraucht.
Die angekreuzten Varianten auf der "beigefügten Kopie" "Keine Zusammenarbeit mit Mandant/in", "nicht passend" sind als Begründung der Rücknahme des Antrags zu werten.
Auch die Würdigung des Zusammenhangs, in dem die Erklärung vom 04.03.2004 abgegeben wurde, spricht für eine solche Wertung als Rücknahme. Die Beklagte hatte die Klägerin (über den deutschen Unterbevollmächtigten) am 06.11.2003 zur Abgabe von Erklärungen über ihre Ghettotätigkeit aufgefordert. Aufgrund der Erklärung vom 04.03.2004 und des Zusatzes "Keine Zusammenarbeit mit Mandant/in" ist davon auszugehen, dass die Klägerin diese – erforderlichen Angaben – gegenüber ihren Bevollmächtigten nicht gemacht hat.
Für die Würdigung der Erklärung als Rücknahme und nicht als bloßen Antrag auf Ruhen des Verfahrens spricht auch, dass sich die Klägerin oder ihre Bevollmächtigten bis zur erneuten Antragstellung im Jahr 2009 nicht mehr bei der Beklagten gemeldet haben.
Der Senat erachtet es überdies als ausreichend, dass lediglich der Stempel mit der unter anderem angekreuzten Option "Die Akte schließen" und nicht auch das Schreiben vom 04.03.2004 handschriftlich unterzeichnet ist. Da das Schreiben vom 04.03.2004 auf die "beigefügte Kopie" verweist, sind beide Erklärungen nämlich als Einheit zu werten. Überdies käme nach den vorstehenden Ausführungen bereits der Formulierung "Die Akte schließen" in dem Stempel der eigenständige Erklärungswert einer Rücknahme zu.
Auf einen israelischen Rentenantrag kann die Klägerin sich ebenfalls nicht beziehen. Zwar hat das Bundessozialgericht mit Urteil vom 19.04.2011 – B 13 R 20/10R – juris- (die Entscheidung des Senats vom 12.02.2010, L 14 R 3/08 – juris – bestätigend) entschieden, dass ein Israel gestellter Antrag auf Altersrente gemäß Art.27 Abs.2 S.1 des Abkommens zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Staat Israel über Soziale Sicherheit (Abk Israel SozSich) auch für die deutsche Altersrente zu berücksichtigen ist. Der israelische Antrag gilt jedoch -sowohl formell als auch materiell – zugleich als Antrag auf "entsprechende Leistung"nach deutschem Recht (BSG, Urteil vom 19.04.2011 – B 13 R 20/10 R- juris (Rdnr.19)).
Im vorliegenden Fall hat die Klägerin jedoch in Israel keinen Altersrentenantrag, sondern einen Antrag auf Hinterbliebenenrente gestellt. Die Hinterbliebenenrenten gemäß § 33 Abs.4 SGB VI leiten sich jedoch anders als die Altersrenten gemäß § 33 Abs.2 SGB VI aufgrund der Vorschrift des § 46 Abs.1 SGB VI nicht aus dem Konto des Hinterbliebenen, sondern aus dem Konto des verstorbenen Versicherten ab, so dass sie nicht als einer Altersrente "entsprechende Leistung" gewertet werden können.
Der aus § 99 SGB VI resultierende Rentenbeginn am 01.11.2009 erfährt durch § 3 Absatz 1 Satz 1 ZRBG keine Änderung. Nach dieser Vorschrift gilt ein bis zum 30.06.2003 gestellter Antrag auf Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung als am 18.06.1997 gestellt. Wurde der Antrag bis zum 30.06.2003 gestellt, wird durch § 3 Absatz 1 Satz 2 ZRBG das Antragsdatum fiktiv auf den 18.06.1997 festgesetzt. Damit wurden jene Berechtigten, die durch die Verkündung des ZRBG am 27.06.2002 davon Kenntnis erlangten und sich aufgrund dieses Gesetzes binnen gut einen Jahres nach seiner Verkündung zu einem Antrag auf Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung veranlasst sahen, so behandelt, als hätten sie den Antrag bereits am Tage des BSG-Urteils (vom 18.06.1997, 5 RJ 66/95, BSGE 80, 250) über die rentenversicherungsrechtliche Behandlung von Beschäftigungen in einem Ghetto gestellt (vgl. BSG, Urteil vom 03.05.2005, B 13 RJ 34/04 R, BSGE 94, 294 (Rdnr. 29)). Dass bereits 65-jährige Berechtigte mit erfüllter Wartezeit aufgrund des rückwirkenden Inkrafttretens des ZRBG vom 20.06.2002 zum 01.07.1997 trotz erst am 27.06.2002 erfolgter Verkündung des ZRBG und damit erstmalig gegebener Möglichkeit zur Kenntnisnahme dieses Gesetzes einen Antrag bis spätestens Oktober 1997 hätten stellen müssen, um die zwingende Folge eines Anspruchsverlusts nach § 99 Absatz 1 Sätze 1 und 2 SGB VI zu vermeiden, wurde durch § 3 Absatz 1 Satz 1 ZRBG modifiziert. Die Vorschrift regelt nämlich nicht selbst unmittelbar den Rentenbeginn, sondern fingiert lediglich den maßgeblichen Zeitpunkt der Antragstellung (BSG, Urteil vom 07.02.2012, B 13 R 40/11 R, BSGE 110, 97 (Rdnr. 22 m.w.N.)).
Die amtliche Überschrift des § 3 Absatz 1 ZRBG ("Besonderheiten beim Rentenbeginn") verdeutlicht dabei, dass die Regelung nicht selbst den Rentenbeginn für "Renten aus Beschäftigungen in einem Ghetto" festlegt, sondern lediglich Besonderheiten hinsichtlich eines einzelnen für den Rentenbeginn nach § 99 SGB VI bedeutsamen Umstandes – des Zeitpunktes der Antragstellung – normiert. Dies geht auch aus der Regelung des § 1 Absatz 2 ZRBG hervor, wonach dieses Gesetz "die rentenrechtlichen Vorschriften des Gesetzes zur Regelung der Wiedergutmachung nationalsozialistischen Unrechts in der Sozialversicherung" (WGSVG) ergänzt. Nach § 7 WGSVG ergänzen jedoch wiederum diese Vorschriften "zugunsten von Verfolgten die allgemein anzuwendenden Vorschriften des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch".
Dem aus § 99 SGB VI resultierenden Rentenbeginn am 01.11.2009 steht nicht entgegen, dass die Klägerin möglicherweise von der Frist des § 99 Absatz 1 Satz 1 SGB VI und vom rückwirkenden Inkrafttreten des am 27.06.2002 veröffentlichten ZRBG zum 01.07.1997 keine Kenntnis hatte. Eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gemäß § 27 Absatz 1 Satz 1 SGB X kann ihr nicht zugebilligt werden. Zwar ist eine Wiedereinsetzung grundsätzlich auch bei Versäumung einer Frist des materiellen Sozialrechts zulässig, wenn die betreffende Regelung dies ausdrücklich bestimmt oder ihre Auslegung dies ergibt (BSG, Urteile vom 25.10.1988, 12 RK 22/87, BSGE 64, 153 ff.; vom 21.05.1996, 12 RK 43/95, SozR 3 5070 § 21 Nr. 3; vom 22.10.1996, 13 RJ 23/95, BSGE 79, 168 ff.). Ob danach eine Wiedereinsetzung bei Versäumung der Dreimonatsfrist des § 99 Absatz 1 Satz 1 SGB VI, der eine Wiedereinsetzung nicht ausdrücklich vorsieht, im Wege der Auslegung zulässig wäre, kann indes offenbleiben (so auch BSG, Urteil vom 22.10.1996, a.a.O.), denn gemäß § 27 Absatz 3 SGB X kann nach Ablauf eines Jahres seit dem Ende der versäumten Frist (hier Oktober 1997) die Wiedereinsetzung nicht mehr beantragt werden oder die versäumte Handlung – hier der Antrag auf Regelaltersrente – nicht mehr nachgeholt werden, außer wenn dies vor Ablauf der Jahresfrist infolge höherer Gewalt unmöglich war. Dafür, dass die Klägerin bis zum Ablauf des Oktober 1998 durch höhere Gewalt an der rechtzeitigen Antragstellung gehindert gewesen sein soll, ist nichts ersichtlich.
Wegen Nichteinhaltung der Jahresfrist konnte ein allenfalls erstmalig für den 01.11.2009 anzunehmender Antrag auf Wiedereinsetzung auch nicht zu einer solchen führen. Hinzu kommt, dass die Klägerin auch bei bestehender Unkenntnis der Fristenregelung des § 99 Absatz 1 Satz 1 SGB VI nicht im Sinne des § 27 Absatz 1 SGB X ohne ihr Verschulden gehindert war, diese Frist einzuhalten, weil sich dies aus dem Grundsatz der formellen Publizität bei der Verkündung von Gesetzen ergibt. Danach gelten Gesetze mit ihrer Verkündung im Bundesgesetzblatt allen Normadressaten als bekannt, ohne Rücksicht darauf, ob und wann diese tatsächlich davon Kenntnis erhalten haben (BSG, Urteil vom 21.06.1990, 12 RK 27/88, BSGE 67, 90 ff.). Dieser Grundsatz ist auch für die Beantwortung der Frage bedeutsam, welche Gründe eine etwa zulässige Wiedereinsetzung rechtfertigen können und ob dazu auch die Unkenntnis von dem Recht und der Befristung seiner Ausübung geeignet ist (BSG, Urteil vom 09.02.1993, 12 RK 28/92, BSGE 72, 80 ff.). Eine Unkenntnis solcher Rechte, deren befristete Ausübung im Gesetz selbst ausdrücklich geregelt ist, kann eine Wiedereinsetzung nicht rechtfertigen (BSG, Urteile vom 21.05.1996 und 22.10.1996, a.a.O.).
Da eine etwaige Rechtsunkenntnis der Klägerin über die Frist des § 99 SGB VI eine Wiedereinsetzung nicht begründen kann, scheidet auch eine Nachsichtgewährung aus, falls für sie bei einer grundsätzlichen Anwendung der Wiedereinsetzung auch auf Fristen des materiellen Sozialrechts überhaupt noch Raum sein sollte (vgl. BSG, Urteil vom 27.09.1983, 12 RK 7/82, SozR 5750 Art. 2 § 51a Nr. 55).
Ein früherer Rentenbeginn als zum 01.12.2009 ist der Klägerin auch nicht aufgrund einer Entstehung des Stammrechts auf Altersruhegeld bereits vor 1992 einzuräumen. In einem solchen Fall wäre noch eine Geltung der Reichsversicherungsordnung (RVO) beziehungsweise des Angestelltenversicherungsgesetzes (AVG) anzunehmen. Die Klägerin unterläge in einem solchen Fall nicht dem Antragseinwand des § 99 Absatz 1 SGB VI. Eine entsprechende Entstehung des Stammrechts ist aber nicht gegeben.
Zwar ist die Klägerin am 18.12.1920 geboren und hat demnach am 18.12.1985 das 65. Lebensjahr vollendet. Zu diesem Zeitpunkt galten noch die erst ab dem 01.01.1992 durch das SGB VI abgelösten Vorschriften der RVO beziehungsweise des AVG die eine Antragstellung als Leistungsvoraussetzung für ein Altersruhegeld nur bei einem vorzeitigen Altersruhegeld (§§ 1248 Absätze 1 bis 3 und 1290 Absatz 1 Satz 2 RVO; §§ 25 Absätze 1 bis 3 und 67 Absatz 1 Satz 2 AVG), ansonsten beim Altersruhegeld aber nicht vorsahen (§ 1248 Absatz 5 RVO, § 25 Absatz 5 AVG). Auch erwerben hiernach Versicherte mit Vollendung des 65. Lebensjahres kraft Gesetzes ein eigentumsrechtlich geschütztes Vollrecht auf Regelaltersrente, wobei der Antragseinwand des § 99 SGB VI nicht gilt, wenn das Recht auf Regelaltersrente bereits vor dem 01.01.1992 entstanden ist (BSG, Urteil vom 02.08.2000, B 4 RA 54/99 R, SozR 3 2600 § 99 Nr. 5). Ein bereits unter der Geltung der RVO bzw. des AVG entstandener Anspruch auf Altersruhegeld entfällt schließlich auch nicht nachträglich auf Grund des mit dem SGB VI ab dem 01.01.1992 eingeführten Antragserfordernisses (BSG, Urteil vom 08.1.2005, B 13 RJ 41/04 R, BSGE 95, 300).
Vorliegend ist aber ein Stammrecht der Klägerin auf – antragsfreies – Altersruhegeld unter Geltung der RVO beziehungsweise des AVG nicht bereits spätestens bis zum 31.12.1991 entstanden, so dass ein solches auch nicht mit dem Inkrafttreten des ZRBG zum 01.07.1997 zahlbar gemacht werden kann. Vielmehr richtet sich ihr Anspruch auf Rente wegen Vollendung des 65. Lebensjahres nach den Vorschriften des SGB VI und des ZRBG und unterliegt daher auch dem Antragseinwand des § 99 SGB VI. Zum Zeitpunkt der Vollendung ihres 65. Lebensjahres am 18.12.1985 beziehungsweise spätestens bis zum 31.12.1991 erfüllte die Klägerin nämlich nicht die allgemeine Wartezeit (Versicherungszeit von 60 Kalendermonaten). Dies ist aber Voraussetzung für einen Anspruch auf Altersruhegeld nach §§ 1248 Absatz 5 RVO, 25 Absatz 5 AVG ist.
Gemäß § 1249 Satz 1 RVO wurden auf die Wartezeit für das Altersruhegeld die ab dem 01.01.1924 zurückgelegten Versicherungszeiten angerechnet. Anrechnungsfähig waren dabei gemäß § 1250 Absatz 1 RVO Zeiten, für die nach Bundesrecht oder früheren Vorschriften der reichsgesetzlichen Invalidenversicherung Beiträge wirksam entrichtet waren oder als entrichtet galten (Beitragszeiten), Zeiten ohne Beitragsleistung nach § 1251 RVO (Ersatzzeiten) und Zeiten der Kindererziehung vor dem 01.01.1986 nach § 1251a RVO, wobei gemäß § 1251 Absatz 2 Satz 1 RVO die in § 1251 Absatz 1 RVO aufgeführten Zeiten als Ersatzzeiten für die Erfüllung der Wartezeiten angerechnet wurden, wenn eine Versicherung vorher bestanden hatte und während der Ersatzzeit Versicherungspflicht nicht bestanden hatte. Insofern musste zumindest ein Beitragsmonat vorhanden sein, um mit Ersatzzeiten die allgemeine Wartezeit zu erfüllen. Entsprechende Regelungen sah auch das AVG vor.
Im Zeitpunkt der Vollendung ihres 65. Lebensjahres am 18.12.1985 beziehungsweise spätestens bis zum 31.12.1991 hatte die Klägerin solche auf die allgemeine Wartezeit anrechnungsfähigen Zeiten zur deutschen Rentenversicherung nicht zurückgelegt.
Nach den nicht zu beanstandenden Feststellungen im Rentenbescheid der Beklagten sind der Klägerin Beitragszeiten nach dem ZRBG vom 01.05.1942 bis zum 31.10.1942 sowie Ersatzzeiten vom 01.12.1949 bis zum 31.12.1949 anzurechnen. Bei diesen Zeiten handelt es sich nicht um auf die allgemeine Wartezeit nach §§ 1250, 1251, 1251 a RVO beziehungsweise den entsprechenden Regelungen des AVG anrechnungsfähige Zeiten zur deutschen Rentenversicherung.
Zwar konnten auch Beschäftigungszeiten in einem Ghetto bereits vor dem rückwirkenden Inkrafttreten des ZRBG zum 01.01.1997 Beitragszeiten sein. Dies traf insbesondere für das Ghetto Lodz zu, weil dort ab Inkrafttreten der Ostgebiete-Verordnung vom 22.12.1941 zum 01.01.1942 das Recht der RVO galt. Solche Zeiten hat die Klägerin aufgrund ihres individuellen Verfolgungsschicksals jedoch nicht zurückgelegt. Vielmehr weist sie Beschäftigungszeiten im Ghetto Kowel (vor 1939 Ostpolen, nach dem Zweiten Weltkrieg Sowjetunion/ Ukraine) vor. Zwar ist die Berücksichtigung einer ausgeübten Beschäftigung in einem Gebiet, in dem während des Zweiten Weltkrieges die RVO nicht galt, als gleichgestellte Beitrags-/Beschäftigungszeit nach §§ 15, 16 FRG möglich, wodurch zugleich eine Anrechnung von Ersatzzeiten möglich würde. Die Berücksichtigung der von der Klägerin im Ghetto Kowel ausgeübten Beschäftigung nach §§ 15, 16 FRG kommt aber nicht in Betracht. Hierfür wäre nämlich die Zugehörigkeit der Klägerin zum deutschen Sprach- und Kulturkreis erforderlich. Hierfür bestehen aber keine Anhaltspunkte.
§ 15 FRG sieht vor, dass Beitragszeiten, die bei einem nichtdeutschen Träger der gesetzlichen Rentenversicherung zurückgelegt sind, den nach Bundesrecht zurückgelegten Beitragszeiten gleichstehen. Nach Maßgabe des § 16 FRG gilt Entsprechendes für Beschäftigungszeiten in Vertreibungsgebieten. Da die Klägerin, soweit ersichtlich, nicht zu dem gemäß §§ 1, 17 a FRG begünstigten Personenkreis gehört (insbesondere liegen keine Anhaltspunkte dafür vor, dass sie Vertriebene im Sinne von § 1 des Bundesvertriebenengesetzes ist), könnte ihr insoweit noch die Regelung des § 20 WGSVG zugutekommen, nach der bei Anwendung des FRG den anerkannten Vertriebenen im Sinne des Bundesvertriebenengesetzes vertriebene Verfolgte gleichstehen, die lediglich deswegen nicht als Vertriebene anerkannt sind oder anerkannt werden können, weil sie sich nicht ausdrücklich zum deutschen Volkstum bekannt haben. Da § 20 Absatz 1 Satz 2 WGSVG auf § 19 Absatz 2 Buchstabe a Halbsatz 2 WGSVG verweist, genügt es, soweit es auf die deutsche Volkszugehörigkeit ankommt, dass Verfolgte im Zeitraum des Verlassens des Vertreibungsgebietes dem deutschen Sprach und Kulturkreis angehört haben. Eine solche Zugehörigkeit der Klägerin ist – wie vorab dargestellt – aber nicht erkennbar.
Die aufgrund der Beitragsfiktion des § 2 Absatz 1 ZRBG anerkannten Beitragszeiten der Klägerin vom 01.05.1942 bis zum 31.10.1942 können nicht für die Erfüllung der für einen Anspruch auf Altersruhegeld nach §§ 1248 Absatz 5 RVO, 25 Absatz 5 AVG erforderlichen allgemeinen Wartezeit herangezogen werden. Diese sind nämlich erst mit Inkrafttreten des ZRBG rückwirkend zum 01.07.1997 entstanden und bestanden damit nicht bereits zum Zeitpunkt der Vollendung des 65. Lebensjahres der Klägerin am 18.12.1985 beziehungsweise spätestens bis zum 31.12.1991. Nach § 2 Absatz 1 ZRBG gelten für die Zeiten der Beschäftigung von Verfolgten in einem Ghetto Beiträge als gezahlt, und zwar für die Berechnung der Rente als Beiträge nach den Reichsversicherungsgesetzen für eine Beschäftigung außerhalb des Bundesgebietes sowie für die Erbringung von Leistungen ins Ausland als Beiträge für eine Beschäftigung im Bundesgebiet (Ghetto-Beitragszeiten). Dabei ist die rechtliche Wirkung von fiktiven Beiträgen nach dem ZRBG dieselbe wie die der tatsächlich zur deutschen Rentenversicherung entrichteten und damit vergleichbar mit den im Rahmen des FRG gleichgestellten Beiträgen (BSG, Urteil vom 19.05.2009, B 5 R 14/08 R, BSGE 103, 161). Bei den Personen, die wie die Klägerin aufgrund gesetzlicher Fiktion in die Geltung der Reichsversicherungsgesetze einbezogen worden sind, handelt es sich um "tatsächlich" (wenn auch nachträglich) Versicherte im Sinne der Rentenversicherung. Sie sind in Bezug auf die nach dem ZRBG anerkannten Beitragszeiten nicht anders als diejenigen zu behandeln, für deren Beschäftigung die Reichsversicherungsgesetze galten, während sie sich innerhalb von deren territorialem Geltungsbereich aufgehalten haben (BSG, Urteil vom 19.05.2009, a.a.O.). Trotz der durch die Beitragsfiktion nach § 2 Absatz 1 ZRBG entstandenen nachträglichen Versicherteneigenschaft reicht die Fiktion dieser Vorschrift nicht so weit, dass hierdurch die fiktive Beitragszeit bereits mit Vollendung des 65. Lebensjahres im Jahr 1985 als zurückgelegt und damit die allgemeine Wartezeit zusammen mit den Verfolgungsersatzzeiten zu diesem Zeitpunkt als erfüllt gilt. Hiergegen spricht die Systematik der eine Fiktionswirkung entfaltenden Regelungen in §§ 2 und 3 ZRBG, der Wortlaut der Vorschrift des § 3 Absatz 2 ZRBG sowie die Gesetzesbegründung und der darin zum Ausdruck kommende mutmaßliche Wille des Gesetzgebers. Insoweit ist auf die Entscheidungsgründe der beiden Urteile des Sozialgerichts Lübeck vom 23.04.2013 (S 6 R 353/11 – juris – (Rdnr.26 bis 37) ) und vom 24.04.2013 (S 45 R 675/11- juris – (Rdnr. 26 bis 29), dazu anhängig B 13 R 10/13 R) zu verweisen.
Allein durch die von der Beklagten festgestellten Ersatzzeiten der Klägerin vom 01.09.1941 bis zum 30.04.1942 und vom 01.11.1942 bis zum 31.12.1949 konnte die Klägerin auch nicht bereits zum Zeitpunkt der Vollendung ihres 65. Lebensjahres am 18.12.1985 beziehungsweise spätestens bis zum 31.12.1991 die für die Erfüllung der für einen Anspruch auf Altersruhegeld nach §§ 1248 Absatz 5 RVO, 25 Absatz 5 AVG erforderliche allgemeine Wartezeit erfüllen. Zeiten ohne Beitragsleistung nach § 1251 RVO (Ersatzzeiten) konnten gemäß § 1251 Absatz 2 Satz 1 RVO für die Erfüllung der Wartezeiten nur angerechnet werden, wenn eine Versicherung vorher bestanden hatte und während der Ersatzzeit Versicherungspflicht nicht bestanden hatte. Insofern musste zumindest ein Beitragsmonat vorhanden sein, um mit Ersatzzeiten die allgemeine Wartezeit zu erfüllen. Da, wie aufgezeigt, Beitragszeiten der Klägerin zum Zeitpunkt der Vollendung ihres 65. Lebensjahres am 18.12.1985 beziehungsweise spätestens bis zum 31.12.1991 nicht bestanden, können auch die festgestellten Ersatzzeiten vom 01.09.1941 bis zum 31.12.1949 gemäß § 1251 Absatz 2 Satz 1 RVO nicht zur Erfüllung der allgemeinen Wartezeit hinzugerechnet werden.
II.
Ein früherer Rentenbeginn als zum 01.10.2009 kann der Klägerin auch nicht aufgrund einer Verlängerung der Rentenantragsfrist entsprechend der von ihrem Bevollmächtigten angeführten Rechtsprechung des Bundessozialgerichts zur Verlängerung von Nachentrichtungsfristen (Urteile vom 01.12.1978, 12 RAr 56/77, SozR 4100 § 141 e Nr. 4; vom 12.10.1979, 12 RK 15/78, SozR 5070 § 10 a Nr. 2; vom 24.10.1985, 12 RK 48/84, SozR 5070 § 10 a Nr. 13; vom 26.06.1985, 12 RK 23/84 – juris -; vom 03.05.2005, B 13 RJ 34/04 R, BSGE 4 2600 § 306 Nr. 1) eingeräumt werden.
Etwaige Rechtsprechung zur Verlängerung von Nachentrichtungsfristen ist auf den vorliegenden Fall schon dadurch nicht übertragbar, dass die Antragstellung nach dem ZRBG nicht an eine Frist gebunden ist. Die in § 3 des ZRBG genannte Frist bis zum 30.06.2003 führt lediglich zu einer Fiktivverlegung des Rentenantrags auf den 18.06.1997 (= Tag des BSG-Urteils B 5 RJ 66/95 (BSGE 80, 250) über die rentenversicherungsrechtliche Behandlung von Beschäftigungen in einem Ghetto). Jedoch war und ist auch nach Juni 2003 jederzeit die Möglichkeit zur Geltendmachung eines Rentenanspruchs auf der Grundlage des ZRBG gegeben.
Auch im Übrigen sind die diesbezüglich vom Bevollmächtigten des Klägers genannten Entscheidungen auf den vorliegenden Fall nicht übertragbar. Die Entscheidung des 12. Senats des BSG vom 12.10.1979 hatte keine Verlängerung einer Antragsfrist oder einer Nachentrichtungsfrist zum Inhalt. Vielmehr erweiterte der 12. Senat des BSG den unter § 10 a WGSVG fallenden Personenkreis auch auf solche Personen, die nach Kriegsende nicht in den Geltungsbereich des WGSVG zurückgekehrt waren, so dass auch diese die durch § 10 a WGSVG geregelte Möglichkeit zur Beitragsentrichtung längstens für die Zeit bis zum 31.12.1955 nutzen konnten. Ebensowenig befasst sich die Entscheidung des 13. Senats des BSG vom 03.05.2005 mit der Verlängerung einer Antragsfrist oder einer Nachentrichtungsfrist. Vielmehr hat der 13. Senat des BSG dort eine Rechtsfortbildung zur Schließung einer gesetzgeberischen Lücke im ZRBG dahingehend vorgenommen, dass die Vorschrift des § 306 Absatz 1 SGB VI für Bestandsrentner, die bereits vor dem 18.06.1997 (= Tag des BSG-Urteils B 5 RJ 66/95 (BSGE 80, 250) über die rentenversicherungsrechtliche Behandlung von Beschäftigungen in einem Ghetto) eine Altersrente bezogen haben, und die vor dem 30.06.2003 einen Antrag auf Zahlung der Rente unter Bezugnahme auf das ZRBG gestellt hatten, nicht nachteilig anzuwenden ist, und zwar aus Gründen der Gleichbehandlung. Aus dem Leitsatz des Urteils des 12. Senats vom 24.10.1985 ergibt sich wiederum der Grund, warum hier eine ursprünglich (am 31.12.1975) bereits abgelaufene Ausschlussfrist (zur Nachentrichtung von Beiträgen nach § 10 a Absatz 2 WGSVG) neu zu eröffnen war (was dann unter Bezugnahme auf die Entscheidung vom 24.10.1985 mit einer Neueröffnung der Frist bis zum 31.12.1986 erfolgte). Grund war nämlich, dass durch eine zuvor erfolgte Rechtsprechung des BSG (vom 17.03.1981 bzw. 24.06.1981) eine Gesetzeslücke in der Form geschlossen wurde, dass für einen weiteren Personenkreis das Nachentrichtungsrecht erstmals ermöglicht wurde. Der Entscheidung des 12. Senats vom 01.12.1978 lag zugrunde, dass das BSG die Frist des § 141 e Absatz 1 Satz 2 Arbeitsförderungsgesetz für einen Antrag auf Konkursausfallgeld neu eröffnet hat, weil es insoweit eine planwidrige Unvollständigkeit (Lücke) im Einführungsgesetz zum Einkommenssteuergesetz von 1974 erkannt hat. In der Entscheidung vom 26.06.1985 wiederum sah sich der 12. Senat des BSG infolge seiner Rechtsprechung vom 27.03.1980, dass in Ausfüllung einer Gesetzeslücke Artikel 2 § 5 b Angestelltenversicherungs-Neuregelungsgesetzes auf Vorstandsmitglieder von großen Versicherungsvereinen auf Gegenseitigkeit analog anzuwenden sei, veranlasst, die in dieser Norm enthaltende Befristung (31.12.1979) auf einen angemessenen Zeitpunkt nach dem Bekanntwerden seines Urteils vom 27.03.1980 zu verschieben.
Der vorliegende Sachverhalt unterscheidet sich von den vorgenannten Konstellationen aber dadurch, dass die Rechtsprechung des BSG zum ZRBG vom 02. und 03. Juni 2009 sich lediglich mit der Auslegung unbestimmter Rechtsbegriffe und damit mit der reinen Auslegung eines Gesetzes befasst hat. Es hat aber nicht Gesetzeslücken im Wege richterlicher Rechtsfortbildung geschlossen.
Darüber hinaus führt der – verspätete – Antrag der Klägerin nicht dazu, dass sie von einem Rentenanspruch nach dem ZRBG vollständig (und auf Dauer) ausgeschlossen wird. Die Verspätung hat lediglich die Folge einer nur eingeschränkten Rückwirkung. Dass im Übrigen der 13. Senat im Urteil vom 03.05.2005 aus Gründen der Gleichbehandlung gemäß Artikel 3 GG zur Anwendbarkeit des ZRBG auch für Bestandsrentner gelangte (§ 306 SGB VI), vorliegend aber schon kein Verstoß gegen Artikel 3 GG erkennbar ist, obwohl die Klägerin unter Anwendung des § 99 SGB VI erst ab dem Monat ihrer Antragstellung eine Regelaltersrente erhält, hat bereits das Sozialgericht im angefochtenen Urteil zutreffend dargelegt. Die von ihr angenommene Ungleichbehandlung zu anderen Verfolgten mit früherem Rentenbeginn ist durch den Umstand gerechtfertigt, dass letztere auch zu einem früheren Zeitpunkt Rente beantragt haben. Dies hätte die Klägerin im Gegensatz zu den Klägern der vom BSG zu § 306 SGB VI entschiedenen Fälle auch in der Hand gehabt.
III.)
Die Klägerin kann auch nicht verlangen, aufgrund eines sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs so behandelt zu werden, als hätte sie den Antrag auf eine Leistung aus der deutschen Rentenversicherung spätestens bis zum 30.06.2003 gestellt, um bereits ab dem 01.07.1997 in den Genuss einer Rente zu gelangen. Ein sozialrechtlicher Herstellungsanspruch, dessen Rückwirkung zu einem frühesten Rentenbeginn ab dem 01.01.2005 führen könnte (dazu 1.), steht der Klägerin nicht zu. Eine Pflichtverletzung der Beklagten, die diesbezügliche Voraussetzung wäre, ist nämlich nicht festzustellen. Auch die vom Bevollmächtigten der Klägerin zitierte Rechtsprechung des Bundessozialgerichts führt nicht zu einem anderen Ergebnis (dazu 2.).
1.
Bei der hier vorliegenden Erstfeststellung einer Rente könnte einem sozialrechtlichen Herstellungsanspruch der Klägerin selbst für den Fall seines Vorliegens in entsprechender Anwendung des § 44 Absatz 4 SGB X Rückwirkung nicht bis zum 01.07.1997, sondern nur bis zum 01.01.2005 zukommen. Maßgeblich ist hier der (erstmalige/ allein zu berücksichtigende) Antrag der Klägerin auf Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung aus dem Monat Oktober 2009. Die in § 44 Absatz 4 SGB X für eine rückwirkende Erbringung von Sozialleistungen festgesetzte zeitliche Grenze von vier Jahren ist nämlich entsprechend anzuwenden, auch wenn die rückwirkende Gewährung vorenthaltener Leistungen auf einer Erstfeststellung im Rahmen eines sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs beruht (Urteil des erkennenden Senats vom 24.05.2013, L 14 R 432/12 – juris -; dazu anhängig B 13 R 23/13 R).
2.
Der Klägerin steht ein sozialrechtlicher Herstellungsanspruch mit der Folge eines frühest- möglichen Rentenbeginns ab dem 01.01.2005 nicht zu (dazu a.). Die von ihrem Bevollmächtigten angesprochenen Urteile des Bundessozialgerichts erfassen die hier vorliegende Konstellation nicht (dazu b.).
a.)
Der von der Rechtsprechung entwickelte sozialrechtliche Herstellungsanspruch ist auf die Vornahme einer Amtshandlung zur Herstellung des Zustandes gerichtet, der bestehen würde, wenn der Versicherungsträger entweder seine Verpflichtung nach § 13 SGB I zur Aufklärung der Bevölkerung über ihre sozialen Rechte durch unrichtige oder missverständliche Allgemeininformationen (BSG, Urteile vom 16.12.1993, 13 RJ 19/92, SozR 3 1200 § 14 Nr. 12 und vom 23.05.1996, 13 RJ 17/95, SozR 3 5750 Art. 2 § 6 Nr. 15) oder die ihm aufgrund eines Gesetzes oder konkreten Sozialrechtsverhältnisses dem Versicherten gegenüber erwachsenden Haupt- oder Nebenpflichten, insbesondere zur Beratung, zur Auskunft und zu Hinweisen nach §§ 14 und 15 sowie 115 Absatz 6 SGB VI, nicht verletzt hätte (ständige Rechtsprechung, vgl. Urteile des BSG vom 16.12.1993, 13 RJ 19/92, SozR 3-1200 § 14 Nr 12 m.w.N. und vom 25.01.1996, 7 RAr 60/94, SozR 3-3200 § 86a Nr 2). Voraussetzung ist weiter, dass die verletzte Pflicht dem Sozialleistungsträger gerade gegenüber dem Versicherten oblag, diesem also ein entsprechendes subjektives Recht einräumt, dass die objektiv rechtswidrige Pflichtverletzung zumindest gleichwertig (neben anderen Bedingungen) einen Nachteil des Versicherten bewirkt hat und dass die verletzte Pflicht darauf gerichtet war, den Betroffenen gerade vor den eingetretenen Nachteilen zu bewahren (Schutzzweckzusammenhang). Schließlich muss der durch das pflichtwidrige Verwaltungshandeln eingetretene Nachteil durch eine zulässige Amtshandlung beseitigt werden können, das heißt die Korrektur durch den Herstellungsanspruch darf dem jeweiligen Gesetzeszweck nicht widersprechen.
Die Beklagte hat weder im Rahmen ihrer Verpflichtung nach § 13 SGB I zur Aufklärung der Bevölkerung über deren sozialen Rechte diese unrichtig oder missverständlich informiert (dazu aa.) noch hat sie ihr aufgrund eines Gesetzes oder konkreten Sozialrechtsverhältnisses gegenüber der Klägerin obliegende und dieser ein entsprechendes subjektives Recht einräumende Haupt- oder Nebenpflichten, insbesondere zur Beratung und Auskunft nach §§ 14 und 15 SGB VI (dazu bb.) bzw. zum Hinweis nach § 115 Absatz 6 SGB VI (dazu cc.), verletzt.
aa.)
Die Klägerin kann einen sozialrechtlichen Herstellungsanspruch nicht auf eine Verletzung der allgemeinen Aufklärungspflicht nach § 13 SGB I stützen. Nach § 13 SGB I sind die Leistungsträger, ihre Verbände und die sonstigen im SGB genannten öffentlich-rechtlichen Vereinigungen zwar verpflichtet, im Rahmen ihrer Zuständigkeit die Bevölkerung über ihre Rechte und Pflichten nach dem SGB aufzuklären. Unter "Aufklärung" ist dabei die allgemeine und abstrakte Unterrichtung der Bevölkerung, insbesondere aller von den sozialen Rechten und Pflichten möglicherweise Betroffenen, die im Einzelnen in der Regel nicht bekannt sind, zu verstehen (vgl. Hauck/Haines, SGB I, K § 13 Rdn. 5). Diese Aufklärungspflicht begründet nach der Rechtsprechung des BSG regelmäßig kein subjektives Recht des Versicherten gegenüber dem Versicherungsträger. Aus ihrer Verletzung erwächst dem Betroffenen daher grundsätzlich kein Herstellungsanspruch (BSG, Urteil vom 21.06.1990, 12 RK 27/88, BSGE 67, 90). Etwas anderes gilt allerdings dann, wenn ein Versicherungsträger eine unrichtige oder missverständliche Allgemeininformation, zum Beispiel in Merkblättern oder Broschüren, verbreitet hat und ein Versicherter dadurch etwa von der rechtzeitigen Ausübung eines Gestaltungsrechts abgehalten worden ist (BSG, Urteile vom 16.12.1993, 13 RJ 19/92, SozR 3 1200 § 14 Nr. 12 und vom 23.05.1996, 13 RJ 17/95, SozR 3 5750 Art. 2 § 6 Nr. 15). Dabei kann auch eine unrichtige Information durch ausländische Stellen dem deutschen Rentenversicherungsträger, zumindest im Sinne einer wesentlichen Mitursache, zuzurechnen sein, wenn dieser die ausländischen Verbindungsstellen seinerseits unzutreffend, etwa über bestehende Antragsfristen, informiert hat (BSG, Urteil vom 23.05.1996, a.a.O.).
Dass die Beklagte vorliegend eine solche unrichtige oder missverständliche (Allgemein-) Information der Bevölkerung in Israel im Hinblick auf das ZRBG oder auf etwaige Antragsfristen oder erteilt oder den israelischen Versicherungsträger entsprechend unrichtig informiert hätte, wäre allerdings von der Klägerin darzulegen und nachzuweisen. Im vorliegenden Fall ist aber zunächst nicht erkennbar, dass die Beklagte vor dem Jahr 2009 eine Allgemeininformation im Hinblick auf den Anwendungsbereich des ZRBG herausgegeben hat. Darüber hinaus ist die damalige Rechtsauffassung der Beklagten insbesondere zum Entgeltbegriff des ZRBG auch nicht "unrichtig", weil sie in Übereinstimmung mit der damaligen höchstrichterlichen Rechtsprechung stand.
Das Bundessozialgericht hat noch in seinem Urteil vom 07.10.2004 – B13 RJ 59/03 R – juris -ausgeführt, dass auch ein Anspruch nach § 1 Abs.1 ZRBG nur gegeben sei, wenn die von der Rechtsprechung aufgeführten Kriterien der Freiwilligkeit und Entgeltlichkeit für eine versicherungspflichtige Beschäftigung in einem Ghetto erfüllt seien (Rdnr.50).
Auch bei Arbeiten, die unter den Bedingungen der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft zustandegekommen seien, sei eine Differenzierung zwischen einer sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung einerseits und einer nichtversicherten Beschäftigung andererseits geboten (Rdnr.44). Das BSG hat mit diesem Urteil das Urteil des LSG Nordrhein-Westfalen vom 22.10.2003 – L 8 RJ 90/01- juris – geändert und im Fall einer Klägerin, die für die Tätigkeit in einer Militärkantine im Ghetto Lodz eine überdurchschnittliche Verpflegung erhalten hatte, die Merkmale der Entgeltlichkeit, der Versicherungspflicht und der Freiwilligkeit abgelehnt.
Als Entgelt gemäß § 1226 RVO a.F. i.V.m. § 160 RVO a.F. seien zunächst nur die Gegenleistungen anzusehen, die zum Umfang und der Art der geleisteten Arbeit noch in einem angemessenen Verhältnis stünden (Rdnr.38). Obwohl auch freier Unterhalt grundsätzlich dem Begriff des Entgelts unterfallen könne, sei eine Beschäftigung für die nur freiwilliger Unterhalt gewährt worden sei, gemäß § 1227 RVO a.F. nicht versicherungspflichtig gewesen. Als freier Unterhalt sei dasjenige Maß von Wirtschaftsgütern anzusehen, das zur unmittelbaren Befriedigung der notwendigen Lebensbedürfnisse des Arbeitnehmers erforderlich sei, nicht aber das, was darüber hinausgehe (Rdnr.36-38). Zudem hat das BSG aufgrund des Umstandes, dass die Klägerin die Arbeit vom jüdischen Komitee zugewiesen bekommen habe, keine Freiwilligkeit der von ihr geleisteten Arbeit angenommen.
Noch mit Beschluss vom 22.03.2007- B 5 R 16/07 B – juris – hat das BSG eine Nichtzulassungsbeschwerde mit der Begründung zurückgewiesen, dass ein Anspruch nach § 1 Abs.1 S.1 Nr.1 ZRBG die Freiwilligkeit und Entgeltlichkeit der Beschäftigung voraussetze und damit an die von der Rechtsprechung aufgestellten Kriterien für eine versicherungspflichtige Beschäftigung in einem Ghetto anknüpfe und diese Rechtsfrage als geklärt anzusehen sei.
Überdies stellen die vorgenannten Bescheidung in Parallelfällen jedenfalls aufgrund ihrer bloßen Inter – Partes – Wirkung keine Allgemeininformation im Sinne von § 13 SGB I dar. Auch ansonsten sind fehlerhaft erfolgte Allgemeininformationen der israelischen Bevölkerung oder des israelischen Versicherungsträgers durch die Beklagte zum ZRBG, insbesondere zu etwaigen Antragsfristen sowie deren Zugang bei der Klägerin dem Senat nicht bekannt. Im Übrigen geht der Senat von einem erheblichen Bekanntheitsgrad des ZRBG und bestehender Antragsfristen in der israelischen Bevölkerung auch bereits für die Zeit bis (zu dem für § 3 ZRBG maßgeblichen Zeitpunkt) Juni 2003 beziehungsweise für die Zeit bis (zur "Rechtsprechungswende" des BSG) 2009 aus, weil dies die bereits bis dahin gestellten sehr zahlreichen Anträge nach diesem Gesetz widerspiegeln.
bb.)
Durch die vom Bevollmächtigten der Klägerin gerügte restriktive Verwaltungspraxis beziehungsweise Auslegung des ZRBG hat die Beklagte der Klägerin gegenüber auch keine Pflichten zur individuellen Beratung nach § 14 SGB I oder zur individuellen Auskunft nach § 15 SGB I verletzt. Zunächst liegt keine fehlerhafte Auskunft oder Beratung der Beklagten gegenüber der Klägerin vor.
Wie das Sozialgericht im angefochtenen Urteil zutreffend ausgeführt hat (und wie unter aa.) ausgeführt wurde), liegt in der früheren restriktiven Auslegungspraxis des ZRBG durch die Beklagte schon deshalb keine fehlerhafte Auskunft oder Beratung, weil sich die Beklagte hierbei auf die damalige – höchstrichterliche Rechtsprechung gestützt hat. Zudem hat die Beklagte hierdurch nicht gegenüber der Klägerin gehandelt, weil sich die Verwaltungspraxis nur auf beschiedene Parallelfälle anderer Antragsteller mit allenfalls ähnlicher Fallgestaltung bezogen hat und daher nur zwischen diesen Inter – Partes – Wirkung entfaltet. Zudem wäre, wie das Sozialgericht ebenfalls zutreffend ausgeführt hat, auch kein kausaler Nachteil zu einer unterstellten Pflichtverletzung zu erkennen, weil zahlreiche andere Antragsteller, die ebenfalls Beitragszeiten nach dem ZRBG geltend gemacht haben, durch das Erfordernis eines versicherungspflichtigen Entgelts und einer "freiwilligen" Beschäftigungsaufnahme auch in der Zeit bis 2009 nicht davon abgehalten worden sind, ihren Rentenantrag zu stellen und dessen Ablehnung gegebenenfalls gerichtlich überprüfen zu lassen.
Der Beklagten ist weiter nicht vorzuwerfen, dass sie eine Beratung oder Auskunft gegenüber der Klägerin pflichtwidrig nicht vorgenommen hat. Eine solche Verpflichtung der Beklagten bestand nicht.
Voraussetzung für das Entstehen einer Beratungspflicht nach § 14 SGB I ist ein Beratungsbegehren oder zumindest ein konkreter Anlass zur Beratung (BSG, Urteile vom 21.03.1990, 7 RAr 36/88, BSGE 66, 258, vom 16.12.1993, 13 RJ 19/92, a.a.O. und vom 16.06.1994, 13 RJ 25/93, SozR 3-1200 § 14 Nr. 15). Für eine Auskunftspflicht im Sinne des § 15 SGB I ist es ebenfalls erforderlich, dass ein entsprechender Informationsbedarf der Versicherten für den zuständigen Versicherungsträger oder eine andere auskunftspflichtige Stelle offen zu Tage tritt (BSG, Urteil vom 28.09.1976, 3 RK 7/76, BSGE 42, 224). Im Rahmen ihrer Beratungspflicht nach § 14 SGB I beziehungsweise ihrer Auskunftspflicht nach den §§ 14 und 15 SGB I hat die Beklagte nicht die Pflicht, all diejenigen möglicherweise Anspruchsberechtigten erst noch zu ermitteln, die in absehbarer Zeit Anspruch auf Rente haben könnten, um sie über die Voraussetzungen der Rentengewährung zu informieren.
Im vorliegenden Fall scheidet nach diesen Maßgaben das Entstehen einer Beratungspflicht aus. Vor dem Neuantrag am 11.10.2009 (und damit auch vor der Rücknahme des Erstantrags am 05.03.2004) war für die Beklagte aufgrund der fehlenden Angaben der Klägerin über ihre Internierung im Ghetto (Ort des Ghettos, ausgeführte Arbeit etc.) trotz entsprechender Aufforderung der Beklagten nämlich nicht einmal erkennbar, in welcher Weise ein diesbezüglicher Informationsbedarf der Klägerin entstehen konnte.
Anhaltspunkte für einen der Beklagten zuzurechnenden Beratungsfehler des israelischen Sozialversicherungsträgers bestehen nicht (zu den entsprechenden Voraussetzungen Landessozialgericht Berlin, Urteil vom 15.07.1986, L 2 An 135/85 in juris und BSG, Urteil vom 22.02.1989, 5 RJ 42/88 SozR 6961 § 7 Nr. 2; anders BSG, Urteile vom 21.06.1990, 12 RK 27/88, BSGE 67, 90 und vom 23.05.1996, B 13 RJ 17/95, SozR 3 5750 Artikel 2 § 6 Nr. 15, wenn der deutsche Rentenversicherungsträger die ausländische Verbindungsstelle unzutreffend informiert hat und diese dann ihrerseits den Versicherten unrichtig informiert).
cc.)
Auf eine Verletzung der Hinweispflicht nach § 115 Absatz 6 Satz 1 SGB VI kann die Klägerin ihren Herstellungsanspruch ebenfalls nicht stützen. Ein sozialrechtlicher Herstellungsanspruch ist zwar nicht auf die Verletzung der Pflichten aus §§ 14, 15 SGB I beschränkt, sondern kommt auch bei andersartiger Fehl- oder Nichtinformation der Versicherten in Betracht (BSG, Urteil vom 08.11.1995, 13 RJ 5/95, SozR 3 2600 § 300 Nr. 5). Als Pflicht, deren Verletzung grundsätzlich geeignet ist, einen sozialrechtlichen Herstellungsanspruch zu begründen, kommt insofern auch die aus § 115 Absatz 6 Satz 1 SGB VI resultierende Hinweispflicht in Betracht. Nach dieser Vorschrift sollen die Träger der Rentenversicherung die Berechtigten in geeigneten Fällen darauf hinweisen, dass sie eine Leistung erhalten können, wenn sie diese beantragen. Die Rentenversicherungsträger können dabei in gemeinsamen Richtlinien bestimmen, unter welchen Voraussetzungen solche Hinweise erfolgen sollen (Satz 2 a.a.O). Sinn und Zweck des § 115 Absatz 6 SGB VI ist es, die nicht ausreichend Informierten vor Nachteilen aus dem Antragsprinzip zu bewahren (Hauck/Haines, SGB VI-Kommentar, § 115, RdNr. 12; Gemeinschaftskommentar-SGB VI / Meyer, § 115, RdNr. 4). Die Vorschrift wurde durch das Rentenreformgesetz 1992 zugleich mit § 99 SGB VI eingeführt, in dem die Auswirkung des Antragszeitpunktes auf den Rentenbeginn bestimmt wird. Da durch § 99 SGB VI gravierendere Folgen an die Antragstellung beziehungsweise deren Zeitpunkt geknüpft werden als nach dem altem Recht der RVO, ist als Korrektiv hierfür die Regelung des § 115 Absatz 6 SGB VI vorgesehen.
Die Beklagte war im vorliegenden Fall aber nicht verpflichtet, der Klägerin einen Hinweis auf die Möglichkeit des Bezugs einer Altersrente und auf den bei Überschreitung der Frist des § 99 Absatz 1 Satz 1 SGB VI eintretenden Anspruchsverlust zu erteilen. Die Verpflichtung der Beklagten zur Hinweiserteilung scheidet dabei zwar nicht bereits deshalb aus, weil die Klägerin sich nicht rechtzeitig rat- oder auskunftsuchend an die Beklagte gewandt hätte, denn für das Entstehen einer Verpflichtung des Versicherungsträgers zur Erteilung eines Hinweises ist eine Anfrage der Versicherten nicht erforderlich (BSG, Urteil vom 22.10.1996, 13 RJ 23/95, BSGE 79, 168). Die Adressaten derartiger Hinweise (anders als etwa bei § 13 SGB I) müssen für den Versicherungsträger aber konkret bestimmbar sein, weil die Regelung den Schutz der Einzelnen bezweckt; nur so kann davon ausgegangen werden, dass diesen auch ein subjektives Recht auf Erteilung eines Hinweises zustehen soll (Hauck/Haines, SGB VI-Kommentar, § 115, RdNr. 13).
Unter Berücksichtigung der Ausführungen zu bb.) konnte eine entsprechende Hinweispflicht der Beklagten jedoch bereits deshalb nicht bestehen, weil der Beklagten aufgrund der vor dem Jahr 2009 völlig fehlenden Informationen über die Natur des Aufenthalts der Klägerin im Ghetto überhaupt nicht erkennbar war, worauf die Klägerin gegebenenfalls hinzuweisen war. Dies gilt unabhängig davon, dass die Rechtsauffassung der Beklagten aus der Ex-Post-Perspektive jedenfalls nicht unrichtig war.
b.)
Zu einem anderen Ergebnis gelangt man auch nicht unter Berücksichtigung der vom Prozessbevollmächtigten der Klägerin angeführten Entscheidungen des BSG (BSG, Urteile vom 15.12.1983, 12 RK 6/83 – juris- ; vom 21.06.1990, 12 RK 27/88, BSGE 67, 90; vom 08.11.1995, 13 RJ 5/95, SozR 3 2600 § 300 Nr. 5), ohne dass es insoweit auf ein Verschulden der Beklagten ankomme (BSG, Urteile vom 12.10.1979, 12 RK 47/77, BSGE 49, 76; vom 09.05.1979, 9 RV 20/87, SozR 3100, § 44 Nr. 11; vom 15.12.1983, 12 RK 6/83- juris- ; vom 28.02.1984, 12 RK 31/83, SozR 1200 § 14 Nr. 16; vom 24.10.1985, 12 RK 48/84, SozR 5070 § 10 a Nr. 13).
Diese Entscheidungen haben nicht den ihnen vom Bevollmächtigten zugesprochenen Inhalt. Sie sind insbesondere auf den vorliegenden Fall nicht dahingehend übertragbar -, dass das für einen sozialrechtlichen Herstellungsanspruch erforderliche Fehlverhalten eines Versicherungsträgers darin liegen kann, dass dieser bis zum Zeitpunkt geänderter höchstrichterlicher Rechtsprechung in größerer Zahl negative Bescheidungen erlassen hat, die aus der Ex- Post- Sicht der geänderten höchstrichterlichen Rechtsprechung seitdem nicht mehr haltbar erscheinen, und aufgrund derer Berechtigte von einer Antragstellung abgehalten worden sind oder sein könnten. Vielmehr fordern (auch) die vom Bevollmächtigten genannten Entscheidungen des 12. Senats des BSG für einen Herstellungsanspruch, dass das gerügte Verhalten – etwa eine fehlerhafte Gesetzesanwendung – bereits im Zeitpunkt der Ausübung fehlerhaft gewesen sein muss, wozu die spätere Erkenntnis der Fehlerhaftigkeit aus der Rückschau nicht ausreicht. Dass diese Anforderungen an den sozialrechtlichen Herstellungsanspruch zu stellen sind, ist nicht nur den vom Bevollmächtigten angeführten Entscheidungen des 12. Senats des BSG zu entnehmen. Dies entspricht auch der Rechtsprechung weiterer Senate des BSG, so zum Beispiel der Rechtsprechung des 7. Senats (Urteil vom 25.01.1996, 7 RAr 60/94, SozR 3 3200 § 86 a Nr. 2), der ausgeführt hat, dass der Leistungsträger, wenn seine – negative – Auskunft über eventuelle Leistungsansprüche im Zeitpunkt ihrer Erteilung der Gesetzeslage und dem Stand des eingeleiteten Gesetzgebungsverfahrens entsprach, bei einer späteren, im Zeitpunkt der Auskunftserteilung nicht erkennbaren Gesetzesänderung zugunsten des Betroffenen nicht verpflichtet ist, den durch eine verspätete Antragstellung bedingten Nachteil im Wege des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs auszugleichen. Dies entspricht auch der Rechtsprechung des heute für das Recht der Rentenversicherung zuständigen 13. Senats des BSG (Urteil vom 08.11.1995,13 RJ 5/95, SozR 3 2600 § 300 Nr. 5), der ausgeführt hat, dass ein Herstellungsanspruch nicht in Betracht kommt, wenn die dem Versicherten günstigen Voraussetzungen erst später bekannt wurden oder nachgewiesen werden konnten.
Die in größerer Zahl ergangenen negativen Bescheidungen der Beklagten bis zum Jahr 2009 standen aber in Einklang mit der bis zur "Rechtsprechungswende" des BSG zum ZRBG im Jahr 2009 bestehenden damaligen höchstrichterlichen Rechtsprechung, die die unbestimmten Rechtsbegriffe des "Entgelts" und des Beschäftigungsverhältnisses "aus eigenem Willensentschluss" restriktiv ausgelegt hatte (vgl. etwa Urteil vom 07.10.2004, B 13 RJ 59/03, BSGE 93, 214, und Beschluss vom 22.03.2007, B 5 R 16/07 B – juris – ). Dass Erfolgsaussicht für die Durchsetzung ihrer Ansprüche für die Klägerin erst aufgrund der Urteile des BSG von Juni 2009 bestand und vorher nicht, beruht somit nicht auf einem objektiven Fehlverhalten der Beklagten durch etwaige Falschanwendung von Gesetzen beziehungsweise Rechtsprechung im Zeitpunkt der Anwendung. Aus dem gleichen Grund führen auch die vom Bevollmächtigten angeführten Entscheidungen des BSG vom 12.10.1979, 09.05.1979, 15.12.1983, 28.02.1984 und 24.10.1985 (alle a.a.O.) nicht weiter, nach denen ein – hier nicht vorliegendes – im Zeitpunkt der Ausübung bereits objektiv fehlerhaftes Verhalten der Verwaltung, das einen Herstellungsanspruch begründet, nicht subjektiv schuldhaft zu sein braucht. Beim Fehlen eines objektiven Fehlverhaltens kommt es auf die Frage der subjektiven Vorwerfbarkeit nicht mehr an. Deutlich wird dies insbesondere aus der vom Bevollmächtigten angeführten Entscheidung des BSG vom 12.10.1979 (12 RK 47/77), in der das BSG ausgeführt hat, dass der sozialrechtliche Herstellungsanspruch auf Seiten des Versicherungsträgers grundsätzlich kein Verschulden voraussetze, also (auch) bestehe, wenn der Versicherungsträger im Zeitpunkt der Auskunftserteilung eine bereits damals objektiv unrichtige Auskunft erteilt habe, er zu diesem Zeitpunkt aber von der Richtigkeit seiner Rechtsansicht habe ausgehen dürfen.
Zusammenfassend ist festzustellen, dass zum einen wegen der verspäteten Antragstellung eine der notwendigen Anspruchsvoraussetzungen nicht erfüllt ist und zum anderen eine Pflichtverletzung der Beklagten nicht vorliegt, die eine Ersetzung des nicht rechtzeitig gestellten Antrags im Rahmen des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs ermöglichen könnte.
IV.
Die von der Klägerin erstrebte Rechtsanwendung – Gewährung einer Altersrente auf der Grundlage des ZRBG bereits für die Zeit ab dem 01.07.1997 trotz Versäumung der Antragsfrist des § 99 Absatz 1 Satz 1 SGB VI – ist schließlich auch unter Berücksichtigung des sogenannten Wiedergutmachungsgedankens nicht möglich. Denn zugunsten der Klägerin wirkt sich hier auch nicht der vom Bundesgerichtshof (BGH) zum Entschädigungsrecht entwickelte Grundsatz aus, dass eine Gesetzesauslegung, die möglich ist und dem Ziel entspricht, das zugefügte Unrecht so bald und so weit wie irgend möglich wiedergutzumachen, den Vorzug gegenüber jeder anderen Auslegung verdient, die die Wiedergutmachung erschwert oder zunichte macht (Urteile des BGH vom 26.02.1960, IV ZR 255/59, RzW 1960, 262; vom 22.02.2011, IX ZR 113/00, BGH Report 2001, 372). Zwar ist hiervon bei der Auslegung einschlägiger Vorschriften auch das BSG ausgegangen; der Bevollmächtigte der Klägerin hat die einschlägigen Entscheidungen des BSG auch (in anderem Zusammenhang) genannt (Urteile vom 26.10.1976, 12/1 RA 81/75, SozR 5070 § 9 Nr. 1; vom 12.10.1979, 12 RK 15/78, SozR 5070 § 10 a Nr. 2; vom 28.02.1984, 12 RK 50/82, SozR 5070 § 9 Nr. 7). Dennoch führt dies hier nicht zu einem anderen Ergebnis. Der Gesetzgeber hat mit dem ZRBG zur Wiedergutmachung erlittenen Unrechts Rentenzeiten, die mit in einem Ghetto verrichteter Arbeit erworben wurden, unabhängig von weiteren Voraussetzungen (insbesondere nach dem FRG) als Regelaltersrente zahlbar gemacht. Anders als etwa bei der Zuerkennung eines festen Entschädigungsbetrags handelt es sich damit bei den auf der Grundlage des ZRBG gezahlten Leistungen um Renten, die dem Recht der gesetzlichen Rentenversicherung nach dem SGB VI folgen. Die aus dieser Konzeption folgenden Konsequenzen, wie etwa der Verfall von Rentenansprüchen für die Vergangenheit bei Versäumung der Antragsfrist, treten aber bei allen Renten gleichermaßen ein und widersprechen insofern auch nicht dem Wiedergutmachungsgedanken.
Aus dem gleichen Grund lässt sich auch kein anderes Ergebnis aus § 2 Absatz 2 Halbsatz 2 SGB I ableiten, wonach bei der Auslegung der Vorschriften des SGB sicherzustellen ist, dass die sozialen Rechte möglichst weitgehend verwirklicht werden.
Nach alledem hat die Klägerin keinen Anspruch auf den Beginn der Regelaltersrente vor dem 01.11.2009 und damit auch nicht auf eine Zahlung von Regelaltersrente für die Zeit vom 01.07.1997 bis zum 30.09.2009. Im Übrigen wirkt es sich zugunsten der Klägerin aus, dass die Beklagte für den Zugangsfaktor (§ 77 Absatz 2 Satz 1 Nr. 2 b SGB VI) davon ausgegangen ist, dass die Klägerin die Altersrente nach Erreichen der Regelaltersgrenze erst zum 01.10.2009 in Anspruch genommen hat, so dass die Beklage insofern die Rente auch nach einem höheren Zugangsfaktor als bei einem (begehrten) Rentenbeginn zum 01.07.1997 berechnet hat (vgl. § 3 Absatz 2 ZRBG). Angesichts des hohen Lebensalters der Klägerin dürfte sich allerdings ihr wirtschaftliches Interesse eher auf eine (größere) Nachzahlung als auf eine laufende höhere Rente richten. Zu dem weiteren Vortrag des Bevollmächtigten , dass die Regelungen der §§ 3 ZRBG und 44 SGB X sowie das Institut des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs je nachdem, ob es sich um ein Überprüfungsverfahren oder eine Erstbescheidung handele, zu sehr unterschiedlichen Folgen für den Rentenbeginn führen würden (Rentenbeginn ab 1997, ab 2005 oder erst ab Rentenantragstellung) und dies den Betroffenen schwierig zu vermitteln sei, ist auf Folgendes hinzuweisen: Überprüfungsanträgen nach Ablehnungsbescheiden, die seit 2009 – fußend auf der "Rechtsprechungswende" des Bundessozialgerichts vom 02.06.2009 und 03.06.2009 zur Auslegung der Rechtsbegriffe des "Entgelts" und des Zustandekommen eines Beschäftigungsverhältnisses "aus eigenem Willensentschluss" – gestellt wurden, kann nach § 44 Absatz 4 SGB X Rückwirkung maximal bis 2005 und nicht bis 1997 zukommen (vgl. allerdings die anhängigen zahlreichen Revisionen im 5. und 13 Senat des BSG zu der Frage: " Kann eine Rente bei Berechtigten des Personenkreises des § 1 ZRBG im Falle eines erstmaligen Rentenantrages noch vor Juli 2003 schon ab dem 01.07.1997 beginnen, wenn bereits eine bestandskräftig gewordene Ablehnung des Rentenantrags vorlag und die Rente erst danach aufgrund eines Überprüfungsverfahrens bewilligt wurde unter Anwendung von § 44 SGB X oder § 100 Absatz 4 SGB VI). Auch Erstbescheidungen aufgrund erstmaliger Antragstellung seit der "Rechtsprechungswende" in 2009 könnte selbst bei Vorliegen eines sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs Rückwirkung nur in Anwendung des § 44 Absatz 4 SGB X (Urteil des erkennenden Senats vom 24.05.2013, L 14 R 432/12 – juris -; dazu anhängig B 13 R 23/13 R) und damit ebenfalls maximal bis 2005 und nicht bis 1997 zukommen. Liegen die Voraussetzungen eines sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs allerdings nicht vor, können Rentenleistungen in Einklang mit § 99 SGB VI erst ab dem Antragsmonat gewährt werden.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Absatz 1 SGG.
Die Revisionszulassung folgt aus § 160 Absatz 2 Nr. 1 SGG, weil die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat.
Erstellt am: 06.11.2014
Zuletzt verändert am: 06.11.2014