Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Dortmund vom 29.07.2011 wird zurückgewiesen. Die Klägerin trägt auch die Kosten des Berufungsverfahrens. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Klägerin wendet sich im Rahmen einer Fortsetzungsfeststellungsklage gegen die Beendigung ihrer Zulassung zum 30.06.2007 wegen Vollendung des 68. Lebensjahres.
Die am 00.00.1939 geborene Klägerin war seit dem 01.04.1974 in I als selbständige Zahnärztin zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen. Im April 2007 hat sie ihr 68. Lebensjahr vollendet.
Zu Beginn des Jahres 2007 wandte sie sich an den Zulassungsausschuss der Kassenärztlichen Vereinigung Westfalen Lippe (ZA), um eine Verlängerung ihrer Zulassung zu vertragsärztlichen Tätigkeit zu erreichen.
Gegen dessen ablehnende Entscheidung vom 25.04.2007 legte die Klägerin am 02.05.2007 Widerspruch ein und beantragte, sie über den 30.06.2007 hinaus zur vertragszahnärztlichen Versorgung zuzulassen. Bei der Richtlinie 2000/78/EG und demgemäß bei dem hierauf beruhenden Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG) handele es sich um höherrangiges Recht, das dem nationalen Recht vorgehe und nach der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes (EuGH) vom 20.11.2005 (Mangold) zur Unanwendbarkeit diskriminierender Normen führe. Im Übrigen verstoße § 95 Abs. 7 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) aber auch gegen Art. 14 des Grundgesetzes (GG): Da etwa 90 % der Bevölkerung gesetzlich krankenversichert sei, seien die niedergelassenen Zahn-/Ärzte zur Ausübung ihres Berufes regelmäßig auf die Zulassung zur vertragsärztlichen Versorgung angewiesen, so dass die Zulassung als geschütztes Eigentum anzusehen sei.
Am 07.05.2007 stellte die Klägerin beim Sozialgericht (SG) Dortmund den Antrag, den Beklagten im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes zu verpflichten, sie zumindest für zwei weitere Jahre zur vertragszahnärztlichen Versorgung zuzulassen (S 16 KA 77/07 ER). Mit Beschluss vom 06.06.2007 wurde der Antrag abgelehnt. Die hiergegen gerichtete Beschwerde blieb ebenfalls erfolglos (Beschluss des erkennenden Senates vom 18.09.2007 – L 11 B 17/07 KA ER -).
Mit Beschluss vom 30.05.2007 wies der Beklagte den Widerspruch der Klägerin zurück. Selbst wenn § 95 Abs. 7 Satz 3 SGB V gegen das europarechtliche Verbot einer Altersdiskriminierung verstoßen sollte, müsse der Beklagte diese Vorschrift anwenden, weil er keine Verwerfungskompetenz habe und nur Gerichte eine Vorlage an den EuGH richten könnten. Im Übrigen habe das Bundessozialgericht (BSG) aber auch schon entschieden, dass die Altersgrenze des § 95 Abs. 7 SGB V europarechtskonform sei.
Hiergegen hat sich die am 20.07.2007 erhobene Klage gerichtet, mit der die Klägerin weiterhin die Zulassung über den 30.06.2007 begehrt und im Wesentlichen vorgetragen hat, dass das nationale Recht nicht angewendet werden dürfe, wenn es gegen höherrangiges Europarecht verstoße. Zudem sei § 95 Abs. 7 Satz 3 SGB V schon deshalb nichtig, weil die Vorschrift eine enteignende Wirkung habe und eine entsprechende Entschädigungsregel fehle.
In dem vom SG eingeleiteten Vorabentscheidungsverfahren gemäß Art. 234 Vertrag zur Gründung der Europäischen Union (EGV – jetzt Art. 267 Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV)) hat der EuGH in seinem Urteil vom 12.01.2010 – C-341/08 – auf den Vorlagebeschluss hin für Recht erkannt:
Tenor:
"1. Art. 2 Abs. 5 der Richtlinie 2000/78/EG ist dahin auszulegen, dass er einer nationalen Maßnahme wie der im Ausgangsverfahren fraglichen, mit der für die Ausübung des Berufs eines Vertragszahnarztes eine Höchstaltersgrenze festgelegt wird, entgegensteht, wenn diese Maßnahme nur das Ziel hat, die Gesundheit der Patienten vor dem Nachlassen der Leistungsfähigkeit von Vertragszahnärzten, die dieses Alter überschritten haben, zu schützen, da diese Altergrenze nicht für Zahnärzte außerhalb des Vertragszahnarztsystems gilt.
Art. 6 Abs. 1 der Richtlinie 2000/78 ist dahin auszulegen, dass er einer solchen Maßnahme nicht entgegensteht, wenn diese die Verteilung der Berufschancen zwischen den Generationen innerhalb der Berufsgruppe der Vertragszahnärzte zum Ziel hat und wenn sie unter Berücksichtigung der Situation auf dem betreffenden Arbeitsmarkt zur Erreichung dieses Ziels angemessen und erforderlich ist.
Es ist Sache des vorlegenden Gerichts, festzustellen, welches Ziel mit der Maßnahme zur Festlegung dieser Altersgrenze verfolgt wird, indem es den Grund für ihre Aufrechterhaltung ermittelt.
2. Wenn eine Regelung wie die im Ausgangsverfahren streitige unter Berücksichtigung des mit ihr verfolgten Ziels gegen die Richtlinie 2000/78 verstößt, muss das nationale Gericht, bei dem ein Rechtsstreit zwischen einem Einzelnen und einem Verwaltungsorgan wie dem Berufungsausschuss anhängig ist, diese Regelung selbst dann unangewendet lassen, wenn sie vor dem Inkrafttreten der Richtlinien erlassen wurden und das nationale Recht die Nichtanwendung einer solchen Regelung nicht vorsieht."
Auf dieser Grundlage hat die Klägerin ausgeführt, dass sich die Altergrenze mit dem Argument des Gesundheitsschutzes nicht rechtfertigen lasse. Den Gesichtspunkt der Generationengerechtigkeit habe schon das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) als nicht tragfähig erachtet. Obwohl sie den Mietvertrag über die Praxisräume bis heute fortgeführt habe, sehe sie keine realistische Chance mehr, ihren zum 01.07.2007 eingestellten Praxisbetrieb wieder aufzunehmen. Den entstandenen Schaden wolle sie ersetzt verlangen.
Die Klägerin hat beantragt,
im Wege der Fortsetzungsfeststellungsklage festzustellen, dass der Beschluss des Beklagte vom 30.05.2007 rechtswidrig war.
Der Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er hat die Auffassung vertreten, das der EuGH sowohl den Schutz des finanziellen Gleichgewichts des innerstaatlichen Gesundheitssystems als auch die gerechte Verteilung der Berufschancen zwischen den Generationen als grundsätzlich legitime Ziele der in Streit stehenden Altersgrenze anerkannt habe. Ob die Altergrenze insoweit erforderlich gewesen sei, unterliege der Prüfung des nationalen Gerichts.
Die Beigeladenen zu 1), 3) und 7) haben ebenfalls beantragt,
die Klage abzuweisen.
Mit seinem Urteil vom 29.07.2011 hat das SG die Klage abgewiesen. Die Fortsetzungsklage sei zulässig. Der Klägerin sei ein berechtigtes Interesse an der Feststellung der Rechtswidrigkeit zuzubilligen, da sie auf der Grundlage einer solchen Feststellung Schadensersatz einklagen wolle. Der in Streit stehende Beschluss sei jedoch nicht rechtswidrig. Die Vorschrift des § 95 Abs. 7 Satz 3 SGB V in der bis zum 31.12.2008 gültigen Fassung sei nicht wegen Verstoßes gegen höherrangiges Recht unwirksam. Die Sicherung der Finanzierbarkeit der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) und das Ziel, innerhalb der Berufsgruppe der Vertrags(zahn)ärzte die Berufschancen zwischen den Generationen gerecht zu verteilen, seien in dem Urteil des EuGH ausdrücklich als billigenswerte Gründe für die Altersgrenze anerkannt worden. Die bis Ende 2008 andauernde Beibehaltung der Altergrenze für Vertragszahnärzte erscheine nach der Entwicklung der Zahl der Vertragszahnärzte und Zahnarztdichte plausibel. Dem Gesetzgeber sei im Rahmen des ihm zustehenden Gestaltungsspielraums zuzugestehen, dass er die Regelung über die Altergrenze nicht automatisch an die Bedarfsplanung gekoppelt, sondern zunächst die Zulassungsbeschränkungen für Zahnärzte und dann erst in einem nächsten Schritt, nach einer weiteren Beobachtungsphase, sowohl für Vertragszahnärzte als auch für Vertragsärzte die Altergrenze aufgehoben habe. Anhand der einzelnen Rechtsänderungen in diesem Bereich lasse sich das Bestreben des Gesetzgebers nachvollziehen, die Anforderungen und Zielkonflikte, die sich aus Veränderungen der demographischen Situation und der vertrags(zahn)ärztlichen Versorgungslage sowie aus der Notwendigkeit eines finanziell stabilen Systems der GKV ergeben, immer wieder neu auszutarieren.
Die Klägerin hat gegen das ihr am 05.09.2011 zugestellte Urteil am 05.10.2011 Berufung eingelegt. Das BVerfG habe mit der vom EuGH verworfenen Begründung die Altergrenze für gerechtfertigt erachtet. Da keinem jüngeren Arzt der Zugang nach dem GKV-Wettbewerbsstärungsgesetz spätestens ab 01.04.2007 zum Markt der gesetzlichen Krankenversicherung verwehrt gewesen sei, habe es ein die Generationengerechtigkeit betreffendes Ziel spätestens zu diesem Zeitpunkt im Zahnarztbereich nicht mehr gegeben. Der dem Gesetzgeber zustehende breite Entscheidungsspielraum decke nicht die Verletzung europäischen Rechts. Darüber hinaus habe der EuGH dem SG Dortmund aufgegeben, konkret zu ermitteln, welches Ziel mit der Maßnahme vom Gesetzgeber verfolgt worden sei. Dieser Aufgabe sei das SG nicht nachgekommen.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Dortmund vom 29.07.2011 abzuändern und im Wege der Forstsetzungsfeststellungsklage festzustellen, dass der Beschluss des Beklagten vom 30.05.2007 rechtswidrig war.
Der Beklagte, die Beigeladene zu 1) und der Beigeladene zu 7) beantragen,
die Berufung der Klägerin zurückzuweisen.
Die Beklagte verweist darauf, dass der EuGH in seinem Urteil vom 12.01.2010 – C 341/08 – ausdrücklich die Sicherung der Finanzierbarkeit der GKV und die Verteilungsgerechtigkeit als billigenswerte Gründe für die Altersgrenze anerkannt habe. Auch nach dem Wegefall der Zulassungsbeschränkung im Bereich des Vertragszahnarztrechtes am 01.04.2007 sei der Gesetzgeber im Rahmen des ihm zustehenden Gestaltungsspielraums berechtigt gewesen, erst nach einer weiteren Beobachtungsphase der Veränderungen der vertragszahnärztlichen Versorgungslage und demographischen Struktur unter Berücksichtigung eines finanziell stabilen Systems der GKV über die Aufhebung der Altergrenze zu entscheiden und musste nicht zwangsläufig mit den Zulassungsbeschränkungen auch die Altersgrenze für Zahnärzte sofort aufheben.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der Verwaltungsvorgänge der Beklagten Bezug genommen. Diese waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung
Entscheidungsgründe:
Die zulässige, insbesondere gemäß §§ 143, 144, 151 Sozialgerichtsgesetz (SGG) frist- und formgerecht eingelegte Berufung des Klägers ist unbegründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen.
Das erforderliche Feststellungsinteresse ist gegeben. Nach § 113 Abs. 1 Satz 3 SGG spricht das Gericht für den Fall, dass sich der angegriffene Verwaltungsakt erledigt hat, auf Antrag durch Urteil aus, dass der Verwaltungsakt rechtswidrig war, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat. Die Fortsetzungsfeststellungsklage ist auch dann grundsätzlich zulässig, wenn sich ein Verpflichtungsbegehren erledigt hat (Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Auflage, 2012, § 131 Rdn. 7c m.w.N.). Zulässig ist eine Fortsetzungsfeststellungsklage, wenn (erstens) die ursprüngliche Verpflichtungsklage zulässig gewesen ist, (zweitens) ein erledigendes Ereignis eingetreten ist, (drittens) ein klärungsfähiges Rechtsverhältnis besteht und (viertens) ein Feststellungsinteresse vorliegt.
Die Versagung der vertragsärztlichen Zulassung über den 30.06.2007 hinaus hat sich im Sinne des § 39 Abs. 2 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) auf andere Art erledigt. Zum einen kann die Klägerin auf Grund des Zeitablaufs den Praxisbetrieb nicht auf wirtschaftlich sinnvolle Art und Weise wiederaufnehmen. Zum anderen wurde die Altersgrenze durch die zum 01.01.2009 in Kraft getretene Gesetzesänderung abgeschafft. Das gemäß § 131 Abs. 1 Satz 3 SGG erforderliche Feststellungsinteresse ist unter dem Gesichtspunkt der Präjustiziabilität gegeben, da ein Schadensersatzprozess mit gewisser Wahrscheinlichkeit zu erwarten ist (vgl. Keller a.a.O. § 131 Rdn. 10a, 10 d.)
Der Beschluss des Beklagten vom 30.05.2007 ist rechtmäßig, da er der damals geltenden Rechtslage entsprach. Ein Verstoß gegen europarechtliche Normen liegt nicht vor.
Die Tatbestandsvoraussetzungen des § 95 Abs. 7 Satz 3 SGB V a.F. sind erfüllt. Hierüber besteht zwischen den Parteien auch kein Streit.
Nach der Rechtsprechung des BVerfG (Beschluss des BVerfG (Kammer) vom 31.03.1998 – 1 BvR 2167/93 – und 1 BvR 2198/93 – sowie Nichtannahmebeschluss vom 07.08.2007 – 1 BvR 1941/07 -) und des BSG (Urteile vom 09.04.2008 – B 6 KA 44/07 R – und vom 06.02.2008 – B 6 KA 41/06 R -) ist die Altersgrenze für die Beendigung der vertragsärztlichen Tätigkeit mit Vollendung des 68. Lebensjahres gemäß § 95 Abs. 7 Satz 3 SGB V (idF des GMG vom 14.11.2003, BGBl I 2190) mit dem Grundgesetz (GG) vereinbar.
Das BSG hat hierzu in Kenntnis der im vorliegenden Verfahren ergangenen Entscheidung des EuGH mit Beschluss vom 18.08.2010 – B 6 KA 18/10 B – in seinem Nichtannahmebeschluss ausgeführt:
"Dabei hat der Senat auch entschieden, dass sich diese Bewertung nicht durch die Einschränkung der Geltung der Altersgrenze für den Fall bestehender oder bevorstehender Unterversorgung durch das Vertragsarztrechtsänderungsgesetz zum 1.1.2007 ändert, die Altersgrenze vielmehr gerechtfertigt ist, solange noch in den meisten Planungsbereichen und in den meisten ärztlichen Fachgebieten eine Überversorgung besteht (BSGE 100, 43 = SozR 4-2500 § 95 Nr 14 RdNr 12). Einer verfassungsrechtlichen Neubewertung bedarf es auch nicht deshalb, weil der Gesetzgeber die Altersgrenze für Vertragsärzte durch das Gesetz zur Weiterentwicklung der Organisationsstrukturen in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-OrgWG vom 15.12.2008, BGBl I 2426) zum 1.10.2008 aufgehoben hat. Dem Gesetzgeber kommt grundsätzlich ein weiter Einschätzungs- und Prognosespielraum zu (vgl zuletzt zu objektiven Berufszugangsvoraussetzungen BVerfG, Beschluss vom 8.6.2010 – 1 BvR 2011/07 und 1 BvR 2959/07 mwN DVBl 2010, 1035). Nach der Begründung für die Neufassung des § 95 Abs 7 SGB V (Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Gesundheit zu dem Gesetzentwurf der Bundesregierung, BT-Drucks 16/10609 S 55 f) wurde die Altersgrenze aufgehoben, weil die Erfahrungen mit Leistungserbringern, die über das 68. Lebensjahr hinaus etwa in Bezirken mit Unterversorgung Patientinnen und Patienten behandelten, dies rechtfertigten und zugleich Versorgungsprobleme bei nicht gesicherter Nachfolge vermieden werden könnten. Daraus wird zwar deutlich, dass der Gesetzgeber aufgrund der in der Zwischenzeit gewonnenen Erfahrungen und der geänderten Versorgungsverhältnisse die tatsächlichen Bedingungen für eine gesetzliche Altersgrenze für Vertragsärzte mittlerweile anders einschätzt. Das bedeutet jedoch nicht, dass die gesetzgeberische Einschätzung für den hier streitigen Zeitraum den verfassungsrechtlich vorgegebenen Spielraum überschritten hat. Die Begründung zeigt vielmehr, dass der Gesetzgeber die Regelung auf ihre Tauglichkeit und Angemessenheit beobachtet und im Hinblick auf die dabei gewonnenen Erkenntnisse anders beurteilt hat (vgl zur Beobachtungspflicht des Gesetzgebers BVerfGE 123, 186, 266; 111, 10, 42).
Es ergibt sich auch kein Verstoß gegen Art 3 Abs 1 GG dadurch, dass § 95 Abs 7 Satz 3 SGB V den Vertragsärzten, die im Jahr 2008 das 68. Lebensjahr vollendet haben, eine Weiterführung der Praxis ermöglicht, wenn der Vertragsarztsitz nicht nach § 103 Abs 4 SGB V fortgeführt wird. Dabei handelt es sich um eine Übergangsregelung, für deren Ausgestaltung der Gesetzgeber einen breiten Gestaltungsspielraum hat (vgl BVerfGE 98, 265, 309 f). Diesen Gestaltungsspielraum hat der Gesetzgeber nicht dadurch überschritten, dass er eine Übergangsregelung nur für die Vertragsärzte getroffen hat, die im Jahr des Inkrafttretens der Neuregelung das 68. Lebensjahr vollenden. Der Kläger könnte von dieser Regelung im Übrigen ohnehin nicht profitieren, weil seine Praxis seit dem 1.7.2008 von der Beigeladenen zu 8. fortgeführt wird.
Durch die Rechtsprechung des EuGH ist geklärt, dass die Regelung des § 95 Abs 7 Satz 3 SGB V aF mit europäischem Recht vereinbar ist. Der EuGH hat mit Urteil vom 12.1.2010 (C – 341/08 – Q) entschieden, dass Art 6 Abs 1 der Richtlinie 2000/78 EG des Rates vom 27.11.2000 zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens für die Verwirklichung der Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf dahin auszulegen ist, dass er einer Altersgrenze für Vertragszahnärzte nicht entgegensteht, wenn diese die Verteilung der Berufschancen zwischen den Generationen innerhalb der Berufsgruppe der Vertragszahnärzte zum Ziel hat und wenn sie unter Berücksichtigung der Situation auf dem betreffenden Arbeitsmarkt zur Erreichung dieses Ziels angemessen und erforderlich ist. Dass die Altersgrenze für Vertragsärzte diese Zielrichtung hat, hat der Senat in seiner Rechtsprechung mehrfach ausgeführt (BSGE 83, 135, 141 ff = SozR 3-2500 § 95 Nr 18 S 69 ff; SozR 3-2500 § 95 Nr 32 S 154 ff; BSGE 100, 43 = SozR 4-2500 § 95 Nr 14 RdNr 11, RdNr 18 ff in Bezug auf Art 6 der Richtlinie sowie § 10 AGG). Im System der versorgungsgradabhängigen Bedarfsplanung mit örtlichen Zulassungssperren dient sie der Wahrung der Berufszugangschancen für jüngere, an der Zulassung interessierte Ärzte, die die Möglichkeit haben sollen, eine vertragsärztliche Tätigkeit auch in wegen Überversorgung gesperrten Gebieten aufzunehmen."
Diese für den Bereich des Vertragsarztrechtes getroffene Entscheidung ist auf Vertragszahnärzte übertragbar, weil für beide die gesetzliche Altersgrenzenregelung in § 95 Abs. 7 Satz 3 SGB V in gleicher Weise und mit der gleichen Zielsetzung galt.
Das Bayerische LSG hat hierzu in seinem Urteil vom 17.10.2012 – L 12 KA 5011/11 – ausgeführt:
"Diese Entscheidung betraf zwar einen Vertragsarzt, sie erfasst der Sache nach aber ebenso Vertragszahnärzte, denn für beide galt die gesetzliche Altersgrenzenregelung in § 95 Abs. 7 Satz 3 SGB V in gleicher Weise mit gleicher Zielsetzung. Besonderheiten folgen auch nicht daraus, dass nur hinsichtlich der Vertragszahnärzte durch das GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetz vom 01.04.2007 Änderungen hinsichtlich der Zulassungsbeschränkungen eingetreten waren. Seit diesem Zeitpunkt unterliegen Vertragszahnärzte anders als Vertragsärzte nicht mehr einer versorgungsabhängigen Bedarfsplanung mit örtlichen Zulassungssperren. Hintergrund war für den Gesetzgeber, dass für den Bereich der vertragszahnärztlichen Versorgung auf die Steuerung durch zwingende Zulassungsbeschränkungen verzichtet werden könne, weil in diesem Leistungsbereich sich zum einen das Problem der Überversorgung nicht in der gleichen Weise wie im Bereich der vertragsärztlichen Versorgung stellte und weil zum anderen auch die Gefahr von Leistungsausweitung und angebotsinduzierter Versorgung nicht gegeben sei wie im Bereich der vertragsärztlichen Versorgung (BT-Drucksache 16/3100, Seite 135 zu Art. 1 Nr. 67). Einer Zulassungssteuerung nach dem 01.04.2007 unterlagen Vertragszahnärzte und unterliegen sie aber immer noch insoweit, als für sie Sicherstellungszuschläge zum Honorar nach § 105 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 2, Abs. 4 SGB V bei Unterversorgung und lokalem Versorgungsbedarf zur Förderung einer flächendeckenden Versorgung möglich bleiben. Aber auch beim Fehlen von Zulassungsbeschränkungen ist eine Altersgrenze nicht sinnentleert. Denn dadurch, dass infolge der Altersgrenze die älteren Zahnärzte ihre Zulassung verlieren, also die Konkurrenz unter den Zahnärzten geringer wird, haben die jüngeren Zahnärzte größere Chancen, nach ihrer Zulassung ein wirtschaftlich tragfähige Praxis aufzubauen (BSG 09.04.2008, B 6 KA 44/07 R, so auch zuletzt LSG Hamburg, Urteil vom 15.Dezember 2011, L 11 KA 23/08).
Außerdem ist der Senat mit dem SG Dortmund der Auffassung , dass § 95 Abs. 7 Satz 2 SGB V a.F. nicht gegen die Richtlinie 2000/78/EG verstößt, da der Gesichtspunkt der Gesundheitsgefährdung nicht die ausschlaggebende Zielsetzung der 68er-Altersgrenze war. Ausschlaggebend war vielmehr die Finanzierbarkeit der gesetzlichen Krankenversicherung sowie eine ausgewogene Lastenverteilung zwischen den Generationen. Dies ergibt sich aus der Gesetzesbegründung zur Einführung der Altersgrenze in § 95 Abs. 7 SGB V (vgl. BTDrs. 12/3608). Die Sicherung der Finanzierbarkeit der GKV sowie die Verteilungsgerechtigkeit sind aber vom EuGH ausdrücklich als billigenswerte Gründe für die Altersgrenze angesehen worden.
Da sowohl das BVerfG als auch das BSG keinen Verstoß der streitigen Vorschrift des § 95 Abs. 7 Satz 3 SGB V a.F. gegen das Europarecht gesehen haben, liegt unter keinem denkbaren Aspekt ein Verstoß gegen europarechtliche Normen vor. Der Beklagte war grundsätzlich gehalten, die zum Entscheidungszeitpunkt geltende Rechtslage anzuwenden."
Mit gleichem Wortlaut hat das Bayerische LSG ebenfalls am 17.10.2012 die Streitsache L 12 KA 5013/11 entschieden. Dem ist nichts hinzuzufügen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 SGG i.V.m. § 154 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung.
Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 160 Abs. 2 SGG).
Erstellt am: 11.02.2014
Zuletzt verändert am: 11.02.2014