Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 26.03.2012 geändert. Die Klage wird abgewiesen. Außergerichtliche Kosten des Klägers werden nicht erstattet. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Erstattung von Kosten im Widerspruchsverfahren.
Der durch seine Bevollmächtigten vertretene Kläger wandte sich jeweils mit dem Rechtsbehelf des Widerspruchs erfolgreich gegen zwei nach dem SGB II ergangene Leistungsbescheide vom 02.09.2008. Mit den an den Bevollmächtigten gerichteten Abhilfebescheiden vom 30.01.2009 (Az. W 3757/08 und W 3758/08) hob der Beklagte die angefochtenen Bescheide auf und führte aus, die im Widerspruchsverfahren entstandenen Kosten auf Antrag zu erstatten, soweit sie notwendig gewesen und nachgewiesen seien.
Der Bevollmächtigte reichte daraufhin mit Datum vom 26.01.2011 die jeweiligen Kostenrechnungen namens und in Vollmacht des Klägers bei dem Beklagten ein. Mit Schreiben vom gleichen Tage reichte der Beklagte die Kostenrechnungen an den Bevollmächtigten zurück und führte aus, im Oktober 2010 sei der Bevollmächtigte über die Grundsätze bei der Einreichung von Kostennoten in Widerspruchs-/Klageverfahren gegen die ARGE L informiert worden. Die Anträge vom 26.01.2011 entsprechen nicht diesen Grundsätzen, weil er den Erstattungsanspruch im eigenen Namen geltend machte. Durch die begehrte behördliche Festsetzung werde die dem Widerspruchsführer gegenüber zu erteilende Berechnung nur faktisch betroffen, hieraus resultiere kein Anspruch aus eigenem Recht. Der Kostenantrag werde mit der Bitte zurückgesandt, die Kostenfestsetzung im Namen des Mandanten geltend zu machen oder aber als Zessionar (mit Nachweis der Abtretung). Weiter hieß es:" Wenn Sie weiter als Bevollmächtigter Ihres Mandanten auftreten, reichen Sie bitte die an ihren Mandanten gerichtete Kostenrechnung mit dem Antrag auf Kostenfestsetzung bei mir ein".
Mit Schreiben vom 21. 03. 2011 erinnerte der Bevollmächtigte an den Ausgleich der Kostennoten.
Daraufhin erließ der Beklagte den Kostenbescheid vom 29.03.2011, in dem er ausführte, die geltend gemachten Kosten könnten in beiden Verfahren nicht erstattet werden, da sie nicht nachgewiesen seien. Die Kostenrechnungen hätte gegenüber dem Mandanten und nicht gegenüber dem Jobcenter L erteilt werden müssen. Darüber hinaus enthielt der Bescheid folgenden Hinweis: "Die ARGE L ist bereit, bei einer ordnungsgemäßen Rechnungsstellung gegenüber ihrem Mandanten, die Kosten in Höhe von 2 x 309,40 EUR zu übernehmen".
Den dagegen gerichteten Widerspruch vom 21.04.2011 wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 20.07.2011 aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung zurück.
Hiergegen richtete sich die am 22.08.2011 erhobene Klage, mit der der Kläger sein Begehren auf Kostenerstattung weiterverfolgt. Dem Beklagten sei die Abrechnungspraxis in Sozialleistungsangelegenheiten nicht bekannt.
Der Kläger hat schriftsätzlich beantragt,
den Beklagten unter Abänderung des Bescheides vom 29.03.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20.07.2011 zu verurteilen, ihm die Kosten für die Widerspruchsverfahren zu dem Geschäftszeichen des Beklagten W 000 und W 001 in Höhe von jeweils 309,40 EUR, insgesamt also 618,80 EUR zu erstatten.
Der Beklagte hat schriftsätzlich beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Voraussetzungen für einen Kostenerstattungsanspruch lägen nicht vor.
Mit Urteil vom 26.03.2012 hat das Sozialgericht den Beklagten antragsgemäß verurteilt. Darüber hinaus hat es ihm Verschuldenskosten in Höhe von 618,80 EUR auferlegt, nachdem es zuvor mit Schreiben vom 20.3.2012 darauf hingewiesen hatte, es halte seine Rechtsverteidigung für rechtsmissbräuchlich. Auf die Gründe im Einzelnen wird Bezug genommen. Das Sozialgericht hat die Berufung nicht zugelassen.
Gegen das ihm am 20.08.2012 zugestellte Urteil hat der Beklagte am 27.08.2012 Nichtzulassungsbeschwerde eingelegt, der der Senat mit Beschluss vom 28.01.2013 stattgegeben hat.
Der Beklagte ist der Auffassung, zwar werde nach § 8 RVG die Vergütung eines Anwalts fällig, wenn der Auftrag erledigt oder die Angelegenheit beendet sei, jedoch könne der Anwalt nach § 10 RVG die Vergütung nur aufgrund einer von ihm unterzeichneten und dem Auftraggeber mitgeteilten Berechnung anfordern. Die Mitteilung an den Auftraggeber müsse schriftlich erfolgen. Demzufolge sei die gegenüber dem Mandanten erteilte Rechnung Voraussetzung für die außergerichtliche oder gerichtliche Einforderbarkeit der Vergütung. Bis zur Rechnungsstellung seien dem Mandanten keine Aufwendungen für die Rechtsverfolgung entstanden, so dass sie auch nicht vom Beklagten erstattet werden müssen. Daran ändere sich auch durch die Klageerhebung nichts. Insbesondere könne die Klageerhebung nicht als Bekanntgabe der Rechnung nach § 10 RVG angesehen werden. Diese Vorgehensweise erfülle nicht die Voraussetzungen der genannten Vorschrift, da der Mandant selbst immer noch keine an ihn gerichtete Rechnung erhalten habe. Existiere keine solche Rechnung, könne auch keine Erstattung verlangt werden. Insoweit entfalteten die Regelungen des RVG Auswirkungen gegenüber Dritten.
Der Beklagte beantragt nach dem Inhalt seiner Schriftsätze,
das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 26.03.2012 abzuändern und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er ist der Auffassung, einer Abrechnung nach § 10 RVG bedürfe es nicht. Bei der Regelung handele es sich lediglich um eine Schutzvorschrift für den Auftraggeber, die es ihm ermöglichen solle, die Berechnung der Kostennote zu überprüfen. Die Vorschrift finde im Verhältnis zu einem erstattungspflichtigen Dritten keine Anwendung. Selbst im Verhältnis zwischen Rechtsanwalt und Auftraggeber sei die Mitteilung der Berechnung lediglich Voraussetzung für die Zulässigkeit des Einforderns der Vergütung, nicht aber für den anwaltlichen Vergütungsanspruch als solchen. Die Verpflichtung des Auftraggebers, den Vergütungsanspruch auszugleichen, bestehe schon vor der Mitteilung einer Rechnungsstellung nach § 10 RVG. Damit bestehe ein Schaden beim Auftraggeber und deshalb auch ein entsprechender Kostenerstattungsanspruch als spezieller Schadensersatzanspruch. Nach der Rechtsprechung des BGH (Urteil vom 22.03.2011 – VI ZR 63/10 -) könne im Fall eines materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruchs ein Gegner nicht einwenden, dass er nicht zur Zahlung verpflichtet sei, weil ihm keine Berechnung vorgelegt worden sei, die den Anforderungen der § § 10 RVG, 14 Umsatzsteuergesetz (UStG) entspreche. Im übrigen bestehe keine Bindung an das gewünschte Abrechnungsprocedere des Beklagten, der dies als einzige Behörde in der Bundesrepublik verlange. Ferner würde mit Bestimmung der Rahmengebühren durch den Bevollmächtigten die dem Grunde nach bereits gegebenen Kostenerstattungsansprüche auch der Höhe nach beziffert. Die Bestimmung der Rahmengebühren durch den Bevollmächtigten nach § 14 RVG sei nicht zu verwechseln mit der Berechnung nach § 10 RVG. Die Bestimmung nach § 14 RVG könne auch auf andere Art und Weise als nur durch eine Rechnung gegenüber dem Mandanten erfolgen, z.B. durch ein Kostenfestsetzungsantrag oder eine Prozesskostenhilfeabrechnung. In zivilrechtlichen Angelegenheiten erfolge die Bestimmung der Rahmengebühren regelmäßig auch im Anspruchsschreiben an den Gegner, der zusammen mit dem Anspruchsschreiben zur Kostenerstattung aufgefordert werde. Wenn das LSG NRW (Beschluss vom 29.1.2013 – L 2 AS 1227/12 NZB -) die Auffassung vertrete, für Kostenklagen bestehe, da es einen einfacheren Weg zu deren Geltendmachung gebe, angeblich kein Rechtsschutzbedürfnis, sei diese Ansicht nicht akzeptabel. Zwar gebe es einen einfacheren Weg, allerdings bestehe keine Verpflichtung, diesen zu gehen.
Wegen der weiteren Darstellung des Sach-und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichts- und Verwaltungsakten, die der Senat beigezogen und deren Inhalt er seiner Entscheidung zu Grunde gelegt hat, sowie auf den Vortrag der Beteiligten im Übrigen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Der Senat konnte ohne mündliche Verhandlung entscheiden, da sich die Beteiligten damit einverstanden erklärt haben (§ 124 Abs. 2 SGG).
Die Berufung ist zulässig, insbesondere statthaft, da der Senat sie nach § 145 Abs. 4 SGG mit Beschluss vom 28.01.2013 zugelassen hat.
Die Berufung des Beklagten ist auch begründet, denn die Klage ist wegen Fehlens eines Rechtsschutzbedürfnisses unzulässig.
Streitgegenstand des Verfahrens ist der Bescheid vom 29.03.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20.07.2011, mit dem der Beklagte die Festsetzung von Kosten für die isolierten Widerspruchsverfahren W 3757/08 und W 3758/08 in Höhe von jeweils 309,40 EUR abgelehnt hat. Gegen eine solche Entscheidung ist eine kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage nach § 54 Abs. 2 SGG grundsätzlich statthaft. Die auf diesem Wege angestrebte Rechtsverfolgung setzt ein Rechtsschutzbedürfnis voraus, das regelmäßig dann fehlt, wenn das angestrebte Ergebnis auf einfachere Weise erreicht werden kann. Es besteht der allgemeine Grundsatz, dass niemand die Gerichte unnütz in Anspruch nehmen und ein gesetzlich vorgesehenes Verfahren zur Verfolgung nicht schutzwürdiger Ziele ausnutzen darf (vgl. hierzu Keller in Meyer Ladewig, Kommentar zum SGG, 10. Auflage 2012 vor § 51 Rdz. 16 und 16 a; BSG Urteil vom 28.03.2013 – B 4 AS 42/12 R – Juris Ausdruck Rdz. 23).
Diese Voraussetzungen sieht der Senat vorliegend als gegeben an. Im Bescheid vom 29.03.2011 hat der Beklagte durch den erteilten Hinweis deutlich gemacht, dass er bereit ist, die begehrten Kosten bei einer ordnungsgemäßen Rechnungsstellung auszugleichen. In diesem Hinweis ist eine Zusicherung nach § 34 Abs. 1 SGB X zu sehen, die dem Kläger hinreichend deutlich aufzeigt, auf welchem Wege er zu seinem Recht kommen kann. Damit kann er auf einfacherem Weg als durch die Einleitung eines gerichtlichen Verfahrens eine Freistellung vom Gebührenanspruch seines Prozessbevollmächtigten erreichen. Eine Verurteilung der Beklagten zur Freistellung von diesem Gebührenanspruch ist daher nicht erforderlich. Für den Senat ist auch nicht erkennbar, welche tatsächlichen oder rechtlichen Vorteile für den Kläger hiermit verbunden sind. Das Begehren reduziert sich bei dieser Sachverhaltskonstellation auf die Frage, in welcher Art und Weise abzurechnen ist, ohne dass der Gebührenanspruch als solcher infrage steht. Für die Klärung einer derart abstrakten Rechtsfrage ist die Inanspruchnahme einer vom Steuerzahler finanzierten Gerichtsbarkeit nicht vertretbar.
Die Ansicht des Klägers, es stehe ihm frei, auf welche Weise er seine Rechte verwirkliche, ist zwar zutreffend, jedoch übersieht er dabei, dass das Rechtschutzbedürfnis als eine Prozessvoraussetzung von Amts wegen zu prüfen ist und vorliegen muss, um die Zulässigkeit der Klage zu bejahen.
Soweit der 7. Senat des LSG NRW in seiner Entscheidung vom 17.10.2013 – L7 AS 1139 /12 – die Auffassung vertritt, im Hinblick auf das Gebot der Gewährung effektiven Rechtsschutzes nach Art. 19 Abs. 4 Grundgesetz könne ein Rechtsschutzinteresse nur dann verneint werden, wenn besondere Umstände vorlägen, die das subjektive oder objektive Interesse an der Durchführung des Rechtsstreites entfallen ließen und diese bei der vorliegenden Sachverhaltskonstellation darin zu sehen seien, der Kläger könne als Adressat eines belastenden Verwaltungsaktes in seinen Rechten verletzt sein, so dass ihm ein Rechtsschutzinteresse nicht abgesprochen werden könne, folgt der erkennende Senat dieser Auffassung nicht. Die Frage einer möglichen Rechtsverletzung betrifft allein die Klagebefugnis, während demgegenüber das davon zu unterscheidende Rechtsschutzinteresse, wie eingangs ausgeführt, sich ausschließlich mit der Frage befasst, ob angesichts der besonderen Umstände des Sachverhalts die Klageerhebung nicht erforderlich gewesen ist, weil die Rechte auf einfachere Weise verwirklicht werden können (Keller in Meyer Ladewig a.a.O vor § 51 Rdz. 16a mwN). Daraus ergibt sich, dass die Möglichkeit einer Rechtsverletzung kein besonderer Umstand sein kann, der das subjektive oder objektive Interesse an der Durchführung des Rechtsstreites entfallen lässt, anhand dieses Kriteriums vielmehr nur zu prüfen ist, ob die für die Klagebefugnis erforderliche Beschwer gegeben ist. Andernfalls wäre kein Raum mehr, nach den oben dargestellten Grundsätzen das Rechtsschutzinteresse entfallen zu lassen, da jeder belastende Verwaltungsakt die Möglichkeit einer Rechtsverletzung in sich trägt.
Im Hinblick auf seinen Beschluss vom 28.01.2013 weist der Senat ergänzend und klarstellend, ohne dass es für die Entscheidung darauf jedoch noch ankommt, darauf hin, dass er sich hinsichtlich der Bewertung der materiellen Rechtslage den Ausführungen des 19. Senats des LSG NRW in seinem Urteil vom 04.03.2013 – L 19 AS 85/13 – anschließt. Das Urteil ist ausweislich des Akteninhalts den Beteiligten bekannt.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.
Gründe, die Revision zuzulassen, sind nicht gegeben (§ 160 Abs. 2 SGG).
Erstellt am: 19.02.2014
Zuletzt verändert am: 19.02.2014