Die Beschwerden der Antragstellerinnen gegen den Beschluss des Sozialgerichts Gelsenkirchen vom 05.12.2013 werden zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch im Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Die Antragsteller begehren im Rahmen eines Verfahrens auf den Erlass einer einstweiligen Verfügung, den Antragsgegner zu verpflichten, ihnen höhere Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts und zur Deckung ihrer Bedarfe für Unterkunft und Heizung nach dem SGB II zu gewähren.
Die 1966 geborene Antragstellerin zu 1) ist die Mutter der 1998 geborenen Antragstellerin zu 2). Sie bewohnen gemeinsam mit zwei volljährigen Töchtern der Antragstellerin zu 1) eine Mietwohnung in E.
Auf ihren Antrag bewilligte der Antragsgegner (zum Teil vorläufig) den Antragstellern mit Bescheid vom 09.10.2013 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts und Kosten für Unterkunft und Heizung für die Zeit von Oktober 2013 bis einschließlich März 2014. Aus dem Bescheid ergaben sich monatliche Zahlungsansprüche zwischen 818,59 EUR (für Oktober 2013) und 729,13 EUR (z.B. für Dezember 2013).
Die Ermittlung der individuellen Bedarfe der Antragsteller für Unterkunft und Heizung erfolgte unter Anwendung des sogenannten Kopfteilprinzips. Für die Zeit ab November 2013 wurde in die Berechnung der Kopfteile eine Kürzung in Höhe von 89,46 EUR eingestellt. Der Antragsgegner ging davon aus, dass die tatsächlichen Unterkunftskosten in dieser Höhe die angemessenen Kosten überschritten.
Der Regelbedarf der Antragstellerin zu 1) wurde in den einzelnen Monaten darüber hinaus um Beträge i. H. v. etwa 86,- EUR bis 100,- EUR gekürzt. Dabei handelt es sich um die anteilige Anrechnung von Einkommen der im Haushalt lebenden volljährigen Töchter der Antragstellerin zu 1), welches deren jeweilige individuelle Bedarfe überstieg. Der Bedarf der Antragstellerin zu 2) wurde um entsprechendes überschießendes Einkommen ihrer volljährigen Schwestern zuzüglich des Kindergeldes gekürzt.
Gegen den Bescheid vom 09.10.2013 legten die Antragsteller Widerspruch ein. Mit Änderungsbescheid vom 06.11.2013 wurden aufgrund der Regelsatzänderung zum 01.01.2014 der ursprüngliche Bewilligungsbescheid für die Zeit ab Januar 2014 geändert und (vorläufig) geringfügig höhere Leistungen gewährt. Auch gegen diesen Bescheid haben die Antragsteller Widerspruch erhoben.
Parallel dazu haben sie am 18.11.2013 einen Antrag auf Gewährung einstweiligen Rechtschutzes gestellt. Sie begehren die Auskehrung höherer Leistungen. Sie beanstanden sinngemäß die Berechnung ihrer Bedarfe für Unterkunft und Leistung nach dem Kopfteilprinzip sowie die Kürzung der tatsächlich entstehenden Unterkunftskosten auf den von dem Antragsgegner für angemessen erachteten Betrag. Im Übrigen wenden sie sich gegen die Berücksichtigung von Einkommen der weiteren im Haushalt lebenden Töchter der Antragstellerin zu 1) bei der Berechnung ihrer Ansprüche auf die Gewährung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts.
Mit Beschluss vom 03.12.2013 hat das Sozialgericht das Begehren der Antragsteller abgelehnt. Die Berechnungen des Antragsgegners seien nicht zu beanstanden.
Gegen den ihnen am 09.12.2013 zugestellten Beschluss haben die Antragsteller am 12.12.2013 Beschwerde eingelegt. Die Dringlichkeit der Angelegenheit habe sich erhöht. Wegen bestehender Mietrückstände sei den Antragstellern die von ihnen bewohnte Wohnung fristlos gekündigt worden.
Dem ist der Antragsgegner entgegengetreten. Die vorgenommenen Berechnungen zur Leistungshöhe seien nicht zu beanstanden.
II.
Die zulässige Beschwerde ist unbegründet.
Zutreffend hat das Sozialgericht den Erlass einer einstweiligen Anordnung auf Gewährung höherer Leistungen nach dem SGB II abgelehnt.
Gemäß § 86b Abs. 2 S. 1 SGG kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustandes die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Dies ist dann der Fall, wenn dem Antragsteller ohne eine solche Anordnung schwere, unzumutbare und nicht anders abwendbare Nachteile entstehen, zu deren Beseitigung eine Entscheidung in der Hauptsache nicht mehr in der Lage wäre (BVerfG, Beschluss vom 25.10.1988, 2 BvR 174/88). Der Erlass einer einstweiligen Anordnung setzt voraus, dass der geltend gemachte Anspruch (Anordnungsanspruch) und die besonderen Gründe für die Notwendigkeit der Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes (Anordnungsgrund) von dem jeweiligen Antragsteller glaubhaft gemacht werden, § 86b SGG i. V. m. §§ 920 Abs. 2, 294 ZPO. Eine Tatsache ist dann glaubhaft gemacht, wenn ihr Vorliegen überwiegend wahrscheinlich ist. Die bloße Möglichkeit des Bestehens einer Tatsache reicht noch nicht aus, um die Beweisanforderungen zu erfüllen. Es genügt jedoch, dass diese Möglichkeit unter mehreren relativ am wahrscheinlichsten ist, weil nach der Gesamtwürdigung aller Umstände besonders viel für diese Möglichkeit spricht (BSG, Beschluss vom 28.08.2001, B 9 RV 23 / 01 BGB). Die mit einer einstweiligen Anordnung auf die Durchführung einer Maßnahme in der Regel zugleich verbundene Vorwegnahme der Entscheidung in der Hauptsache erfordert darüber hinaus erhöhte Anforderungen an die Glaubhaftmachung des Anordnungsanspruchs und des Grundes, da der einstweilige Rechtsschutz trotz des berechtigten Interesses des Rechtsuchenden an unaufschiebbaren gerichtlichen Entscheidungen nicht zu einer Verlagerung in das Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes führen kann. Erforderlich ist mithin das Vorliegen einer gegenwärtigen und dringenden Notlage, die eine sofortige Entscheidung unumgänglich macht. Soweit es um die Sicherung einer menschenwürdigen Existenz geht, müssen die Gerichte die Sach- und Rechtslage abschließend prüfen bzw. wenn dies nicht möglich ist, auf der Basis einer Folgenabwägung auf Grundlage der bei summarischer Prüfung bekannten Sachlage entscheiden (BVerfG, Beschluss vom 12.05.2005, 1 BvR 569/05, Breithaupt 2005, 830ff mit weiteren Nachweisen, Keller in Mayer Ladewig u.a., SGG, 10. Auflage, § 86b Rn. 29a). Maßgebender Zeitpunkt für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage ist dabei der Zeitpunkt der Entscheidung des Gerichts über den einschlägigen Antrag (vgl z.B. Keller in Meyer-Ladewig u.a., 10. Aufl., § 86b Rn 42).
Ein Anordnungsanspruch ist vorliegend nicht hinreichend glaubhaft gemacht, soweit die Antragsteller sinngemäß die Anwendung des Kopfteilprinzips und die Berücksichtigung überschießenden Einkommens der im Haushalt lebenden weiteren Töchter bei der Berechnung der Ansprüche der Antragsteller auf Gewährung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts monieren.
Es ist zunächst nicht zu beanstanden, dass der Antragsgegner bei der Berechnung der individuellen Bedarfe für die Kosten von Unterkunft und Heizung auf das so genannte Kopfteilprinzip abgestellt hat. Danach sind die Aufwendungen für Unterkunft und Heizung nach gefestigter Rechtsprechung des BSG im Regelfall unabhängig von Alter und Nutzungsintensität anteilig pro Kopf aufzuteilen, wenn Hilfebedürftige – wie hier – eine Unterkunft gemeinsam mit anderen Personen nutzen (vergleiche z.B. BSG vom 23.11.2006, B 11b AS 1/06 R; BSG vom 22.08.2013 B 14 AS 85/12 R). Bei der Aufteilung ist es ohne Belang, wer den Mietzins schuldet und wer welchen Teil der Wohnung tatsächlich nutzt. Vorliegend bedeutet dies, dass in die Berechnung der individuellen Bedarfe der Antragsteller jeweils nur ein Viertel der Gesamtkosten für Unterkunft und Heizung – wie von dem Antragsgegner vorgenommen – einzustellen ist. Einen Ersatz der auf die beiden übrigen Töchter der Antragstellerin zu 1) entfallenden Anteile können die Antragstellerinnen daher grundsätzlich nicht verlangen; die auf die volljährigen Töchter entfallenden Anteile werden, auch wenn sie nicht Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft sind, bei den Mitgliedern nicht bedarfserhöhend berücksichtigt. Anhaltspunkte dafür, dass das Kopfteilprinzip nach den von dem BSG hierzu entwickelten Kriterien ausnahmsweise nicht anzuwenden wäre, ergeben sich weder aus den vorliegenden Unterlagen noch werden solche von den Antragstellern dargetan.
Ebenso wenig ist nach summarischer Prüfung zu beanstanden, dass bei der Berechnung der individuellen Leistungsansprüche der Antragstellerinnen Einkommen der beiden im Haushalt lebenden weiteren Töchter der Antragstellerin zu 1) Berücksichtigung gefunden hat. Die Anrechnung erfolgt nach § 9 Abs. 5 SGB II und ist nach summarischer Prüfung rechnerisch zutreffend vorgenommen worden. Insofern wird sie von den Antragstellerinnen auch nicht moniert.
In der Konsequenz führt die dargestellte Rechtsprechung zum Kopfteilprinzip im Einzelfall, mehr jedoch die Normierung in § 9 Abs. 5 SGB II – wie der Bevollmächtigte Antragsteller zutreffend feststellt – dazu, dass die Antragsteller zur Bedarfsdeckung auf die Unterstützung der im Haushalt lebenden volljährigen Töchter angewiesen sind, obwohl für diese – möglicherweise – eine unterhaltrechtliche Verpflichtung hierzu nicht besteht. Die Konsequenz ist aber auch von dem BSG bei der Entwicklung der Rechtsprechung und auch von dem Gesetzgeber bei der Normierung bewusst in Kauf genommen worden.
Soweit sinngemäß für die Zeit ab November 2013 gerügt wird, dass in die individuelle Bedarfsberechnung nicht mehr die tatsächlichen, sondern nur noch die für angemessen erachteten Wohnkosten eingestellt werden, ist zunächst darauf hinzuweisen, dass sich die entsprechende Kürzung von insgesamt etwa 90,- EUR bei den Antragstellerinnen aufgrund des Kopfteilprinzips jeweils nur anteilig zu einem Viertel, d.h. in Höhe eines Betrages von etwas mehr als 20,- EUR monatlich auswirkt. Da aber die Antragstellerin zu 1) nicht angerechnetes Einkommen von 80 EUR im Monat erzielt, scheint es ausgeschlossen zu sein, dass durch eine mögliche Unterdeckung von nur etwa 40 EUR im Monat eine so erhebliche Notlage entsteht, dass es einer vorläufigen gerichtlichen Regelung zu Gunsten der Antragstellerinnen bedürfte. Im Übrigen führt das Sozialgericht diesbezüglich zu Recht aus, dass eine Eilbedürftigkeit bezüglich der Kosten der Unterkunft regelmäßig nur angenommen wird, wenn der Verlust des Wohnraums unmittelbar droht. Hierzu genügt es nicht, dass der Wohnraum gekündigt wurde. Gefordert wird regelmäßig, dass eine Räumungsklage anhängig ist.
Die Kostenentscheidung beruht auf entsprechender Anwendung von § 193 SGG.
Zu Recht hat das Sozialgericht den Antragstellern auch die Gewährung von Prozesskostenhilfe und Beiordnung eines Rechtsanwalts verwehrt, da ihr Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung keine Aussicht auf Erfolg bot (§ 73a Abs. 1 S. 1 SGG i. V. m. § 114 S. 1 ZPO).
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 177 SGG).
Erstellt am: 27.02.2014
Zuletzt verändert am: 27.02.2014