Auf die Beschwerde des Beschwerdeführers wird der Beschluss des Sozialgerichts Düsseldorf vom 22.08.2013 abgeändert. Der Antrag des Beschwerdegegners wird abgelehnt. Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 8.775,42 EUR festgesetzt.
Gründe:
I.
Die Beteiligten streiten um die Rechtsmäßigkeit eines Regresses wegen Überschreitung der Arzneimittel-Richtgrößen im Jahre 2010.
Der Antragsteller ist als hausärztlich tätiger Facharzt für Innere Medizin in U niedergelassen und zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen. Wegen Überschreitens der Arzneimittelrichtgrößen setzte die Prüfungsstelle für die Quartale I/2010 bis IV/2010 einen Regress in Höhe von 87.754,20 EUR fest (Bescheid vom 04.12.2012). Der dagegen eingelegte Widerspruch blieb erfolglos (Bescheid vom 01.07.2013). Hiergegen hat der Antragsteller die unter dem Aktenzeichen S 33 KA 267/13 bei dem Sozialgericht (SG) Düsseldorf anhängige Klage erhoben. Das von ihm zeitgleich beim Antragsgegner angebrachte Ersuchen, die sofortige Vollziehung des Bescheides bis zum Abschluss des Klageverfahrens auszusetzen, lehnte dieser unter dem 22.07.2013 ab.
Hierauf hat der Antragsteller mit Schriftsatz vom 23.07.2013 (Eingang 25.07.2013) das SG zwecks Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes angerufen. Die aufschiebende Wirkung sei anzuordnen, da sein Interesse das behördliche Interesse an der sofortigen Vollziehung überwiege. Der Bescheid des Antragsgegners sei offensichtlich rechtswidrig und verletze ihn in seinen subjektiven Rechten. Die Regressfestsetzung verstoße gegen den Grundsatz "Beratung vor Regress". Da in keinem der vorangegangenen Richtgrößenprüfverfahren die gesetzlich geforderte individuelle Beratung erfolgt sei, könne der angefochtene Bescheid wegen Verstoßes gegen die Vorgaben des § 106 Abs. 5e Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) keinen Bestand haben. Der Regress erschüttere seine finanziellen Kapazitäten nachhaltig. Auch im Übrigen sei der Bescheid rechtswidrig. Er habe fehlerhaft nicht berücksichtigte Praxisbesonderheiten dargelegt. Die Prüfgremien hätten den hierdurch verursachten Bedarf fälschlich nicht bzw. nicht hinreichend anerkannt. Er betreue ein besonderes Patientengut mit gastroenterologischen und psychosomatischen Krankheitsbildern sowie eine hohe Zahl Diabetiker.
Der Antragsteller hat beantragt,
die aufschiebende Wirkung der Klage vom 11.07.2013, Eingang beim Sozialgericht am 15.07.2013, Az. S 33 KA 267/13, gegen den Beschluss des Beschwerdeausschusses vom 01.07.2013 gemäß § 86b Abs. 1 Nr. 2 SGG anzuordnen.
Der Antragsgegner hat beantragt,
den Antrag auf Feststellung der aufschiebenden Wirkung zurückzuweisen.
Er hat geltend gemacht: Es handele sich nicht um eine erstmalige Überschreitung. Der Antragsteller habe bereits in den Prüfungsjahren 2006 und 2009 die Richtgrößensummen für Arzneimittel um mehr als 25 v.H. überschritten. Der in § 106 Abs. 5e SGB V normierte Grundsatz "Beratung vor Regress" greife schon deswegen nicht, weil der Antragsteller das Richtgrößenvolumen in 2010 nicht "erstmalig" überschritten habe.
Das SG hat mit Beschluss vom 22.08.2013 die aufschiebende Wirkung der Klage gegen den Bescheid vom 01.07.2013 hergestellt. Der Grundsatz "Beratung vor Regress" sei auf die Bescheidung vom 01.07.2013 anzuwenden. Dies folge aus der Ergänzung des § 106 Abs. 5e SGB V um einen Satz 7 mit Wirkung zum 26.10.2012. Nach dieser Bestimmung gelte § 106 Abs. 5e SGB V "auch für Verfahren, die am 31.12.2012 noch nicht abgeschlossen waren". Dabei handele es sich um eine nachträglich rückwirkende Änderung, die auch für Verfahren in der Zeit zwischen dem Wirksamwerden des § 106 Abs. 5e SGB V (01.01.2012) und dem Inkrafttreten der Ergänzung dieser Bestimmung zum 26.10.2012 anzuwenden sei. Zudem sei als erstmalige Überschreitung des Richtgrößenvolumens im Sinne des § 106 Abs. 5e Satz 1 SGB V diejenige Überschreitung anzusehen, auf die erstmals die in der genannten Vorschrift geforderte Beratung stattfinde. Frühere Regressverfahren, soweit sie nicht mit einer den Anforderungen der individuellen Beratung im Sinne des § 106 Abs. 1a SGB V genügenden Beratung endeten, seien unbeachtlich.
Diese Entscheidung greift der Antragsgegner fristgerecht mit der Beschwerde an. Er meint: Der zum 01.01.2012 in Kraft getretene § 106 Abs. 5e SGB V biete weder nach Wortlaut, noch nach Gesetzesbegründung, noch Systematik Anhaltspunkte dafür, dass der für Wirtschaftlichkeitsprüfungen bei Gesetzesänderungen geltende Grundsatz durchbrochen werde, demzufolge die im jeweiligen Prüfungszeitraum geltende Regelung zur Anwendung gelange. Daher sei die erst zum 01.01.2012 in Kraft getretene Regelung des § 106 Abs. 5e SGB V auf den Prüfzeitraum 2010 nicht anwendbar. Die Ergänzung dieser Bestimmung um einen Satz 7 sei erst zum 26.10.2012 in Kraft getreten. Richtig sei zwar, dass § 106 Abs. 5e Satz 7 SGB V für alle am 31.12.2012 nicht abgeschlossene Verfahren gelte. Vordergründig seien damit auch Verfahren erfasst , die – wie vorliegend – in der Zeit vom 01.01.2012 bis zum 26.10.2012 "abgeschlossen" worden seien. Ausweislich der Gesetzesbegründung gelte die Neufassung von § 106 Abs. 5e Satz 7 SGB V aber nur für Verfahren, in denen das Widerspruchsverfahren zum Zeitpunkt des Inkrafttretens (26.10.2012) noch nicht abgeschlossen sei. Dies entspreche auch den allgemeinen verwaltungsrechtlichen Grundsätzen, wonach maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage im Rahmen von Anfechtungsverfahren der Zeitpunkt der letzten Verwaltungsentscheidung sei. Wenn der Gesetzgeber in Kenntnis dessen die Ergänzung des § 106 Abs. 5e SGB V um einen Satz 7 erst am 26.10.2012 in Kraft treten lasse, so sei dies nicht gleichbedeutend damit, dass die in der Zwischenzeit (01.01.2012 bis 26.10.2012) abgeschlossenen Widerspruchsverfahren nachträglich rechtswidrig würden. Hierzu hätte es einer rückwirkenden Regelung bedurft. Bis zum Inkrafttreten des Satzes 7 am 26.10.2012 habe § 106 Abs. 5e SGB V nur für Prüfungszeiträume ab dem 01.01.2012 Wirkung entfaltet. Dem SG könne auch hinsichtlich der Interpretation der "erstmaligen Überschreitung" des Richtgrößenvolumens um mehr als 25 v.H. nicht gefolgt werde. Mit § 106 Abs. 5e Satz 1 SGB V habe die Wirtschaftlichkeitsprüfung nach Richtgrößen nicht gleichsam insgesamt auf "Null" gestellt werden sollen; vielmehr sei es darum gegangen, die numerisch erstmalige (aufgegriffene) Überschreitung des Richtgrößenvolumens um 25 v.H. mit dem Ziel der Verhaltensteuerung abzufedern, indem bei erstmaliger Überschreitung eine individuelle Beratung verpflichtend sei. Das Tatbestandsmerkmal "erstmalige Überschreitung" sei vom Wortlaut eindeutig und werden auch nicht durch § 106 Abs. 5e Satz 2 SGB V in Frage gestellt. Hiernach könne ein Erstattungsbetrag bei künftiger Überschreitung erstmals zu einem Prüfungszeitraum nach der Beratung festgesetzt werden, womit nichts zu der Frage gesagt werde, was eine "erstmalige" Überschreitung des Richtgrößenvolumens um mehr als 25 v.H. sei. Diese werde vielmehr vorausgesetzt ("bei künftiger Überschreitung erstmals"). Sinngemäß finde sich die "erstmalige Überschreitung" in § 106 Abs. 5c Satz 7 SGB V wieder. Zu dieser bereits vor Inkrafttreten des Abs. 5e mit dem des GKV-VStG geltenden Bestimmung habe es nie Zweifel gegeben, dass "erstmals" auch numerisch erstmals bedeute. Im Übrigen gehe es um die Festsetzung für Ärzte, "die erstmals das Richtgrößenvolumen um mehr als 25 % überschreiten". Die Nichtberücksichtigung von abgeschlossenen Verfahren bei Bestimmung einer "erstmaligen" Überschreitung des Richtgrößenvolumens sei unter dem Gesichtspunkt der Verhaltenssteuerung nicht zwingend. Auch der Regress im Wege der Richtgrößenprüfung diene der Verhaltenssteuerung. Als gegenüber der individuellen Beratung einschneidendere Sanktion sei beim Regress kaum von einer schwächeren Lenkungsfunktion auszugehen. Die Nichtberücksichtigung von abgeschlossenen Überschreitungsverfahren entspreche vor diesem Hintergrund eher einer "Amnestie" als einer wirksamen Verhaltenssteuerung. Die Richtgrößenprüfung ohne Berücksichtigung abgeschlossener Fälle auf "Null" zu stellen, führe zu erheblichen Prüfungslücken.
Der Antragsgegner und Beschwerdeführer beantragt,
den Beschluss des Sozialgerichts Düsseldorf vom 22.08.2013 abzuändern und den erstinstanzlichen Antrag des Beschwerdegegners abzulehnen.
Der Antragsteller und Beschwerdegegner beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Er räumt ein, dass der Gesetzgeber nicht ausdrücklich ein rückwirkendes Inkrafttreten des § 106 Abs. 5e Satz 7 SGB V angeordnet habe. Aus einer Zusammenschau der ursprünglichen Regelung, der Gesetzesbegründung zu § 106 Abs. 5e Satz 7 SGB V und dem Fehlen der Anordnung eines rückwirkenden Inkrafttretens, ergebe sich, dass der Gesetzgeber von Anfang an davon ausgegangen sei, dass der Grundsatz "Beratung vor Regress" auch auf laufende Verfahren anzuwenden sei, mithin seit dem 01.01.2012 umfassende Wirkung entfalte. Wie aus den Gesetzesmaterialien hervorgehe, habe der Gesetzgeber mit § 106 Abs. 5e Satz 7 SGB V (nur) klarstellen wollen, dass der in § 106 Abs. 5e SGB V für die Richtgrößenprüfung verankerte Grundsatz "Beratung vor Regress" entgegen der bisherigen Rechtsprechung auch für bei Inkrafttreten des § 106 Abs. 5e SGB V zum 01.01.2012 noch nicht abgeschlossene Richtgrößenprüfungen gelte. Dies verdeutliche auch, warum er keine gesonderte Inkrafttretens-Regelung für § 106 Abs. 5e Satz 7 SGB V für notwendig gehalten habe. Er sei bereits von einer Geltung des Grundsatzes "Beratung vor Regress" für seit dem 01.01.2012 laufende Verfahren ausgegangen und habe lediglich einer anderen Interpretationsmöglichkeit mittels Klarstellung den Boden entziehen wollen. Krankenkassen entgingen zwar Regressierungen, doch seien sie als mittelbare Staatsverwaltung nicht Grundrechtsträger. Auch in praktischer Hinsicht sei es den Prüfgremien zumutbar, statt eines Erstattungsbetrages eine Beratung festzusetzen. Die Erhebung und Zusammenstellung der Daten werde in beiden Fällen als Vorbereitung der auszusprechenden Maßnahme identisch ablaufen, so dass es organisatorisch zumutbar sei, bei einer Änderung der Gesetzeslage während eines laufenden Verfahrens zum Abschluss der Daten- und Praxisstrukturaufbereitung die neue Maßnahme, d.h. eine Beratung, festzulegen. Sowohl der Wortlaut als auch der aus den jeweiligen Gesetzesbegründungen erkennbare gesetzgeberische Wille zeigten eindeutig, dass auch für den Zeitraum zwischen dem 01.01.2012 und dem 26.10.2012 der Grundsatz "Beratung vor Regress" gelten solle, mithin auch von dem Antragsgegner hätte angewandt werden müssen. Unzutreffend sei dessen Ansicht, der Grundsatz "Beratung vor Regress" gelte nur, wenn gegenüber dem Arzt noch zu keinem Zeitpunkt zuvor ein Erstattungsbetrag festgesetzt worden sei. Bei einer erstmaligen Überschreitung des Richtgrößenvolumens um mehr als 25 v.H. sei eine individuelle Beratung nach § 106 Abs. 5a Satz 1 SGB V durchzuführen. Sodann heiße es: "Ein Erstattungsbetrag kann bei künftiger Überschreitung erstmals für den Prüfzeitraum nach der Beratung festgesetzt werden. ( …) Dieser Absatz gilt auch für Verfahren, die am 31. Dezember 2011 noch nicht abgeschlossen waren." Die Beratung in diesem Sinne habe nicht nur Warnfunktion, sie solle vielmehr das ärztliche Verordnungsverhalten steuern und dafür sorgen, dass der Arzt künftig wirtschaftlich handele und Regressierungen vermeide. Daher habe der Gesetzgeber ausdrücklich betont, dass der Grundsatz "Beratung vor Regress" ab dem 01.01.2012 für alle laufenden Verfahren der Prüfgremien gelte. Diese könnten daher keine Regresse festsetzen, wenn nicht zu dem früheren Prüfzeitraum die gesetzlich vorgeschriebene individuelle Beratung des Vertragsarztes erfolgt sei. Zudem könne kein Regress für Prüfzeiträume festgesetzt werden, die vor der tatsächlichen individuellen Beratung lägen. Zweck der Vorschrift sei es, einer wiederholten Überschreitung des Richtgrößenvolumens durch individuelle Beratung vorzubeugen, was nur mit der Möglichkeit zur Anpassung des Verordnungsverhaltens in den nachfolgenden Prüfzeiträumen erreicht werden könne. Diesen ausdrücklichen Willen des Gesetzgebers habe zuletzt der Gesundheitsminister anlässlich einer Veranstaltung bei der Kassenärztlichen Vereinigung (KV) Bayern am 03.07.2013 erneut betont. In der Pressemitteilung vom 05.07.2013 heiße es: "Daher ist es nicht zielführend und somit nicht im Sinne des Gesetzes, den betreffenden Ärzten lediglich durch einen Brief die Überschreitung der sogenannten Richtgrößen zu attestieren. Die Kolleginnen und Kollegen haben vielmehr einen gesetzlichen Anspruch auf eine echte Beratung. ( …) Diesen Beratungsanspruch hatte Bundesgesundheitsminister Daniel Bahr bei einem Treffen der Münchner Fachärzte am 3. Juli 2013 nochmals bekräftigt. ( …)"
Gemessen an diesen Vorgaben habe das SG zu Recht die aufschiebende Wirkung der Klage angeordnet, weil davon auszugehen sei, dass der angefochtene Bescheid wegen Verstoßes gegen § 106 Abs. 5e SGB V keinen Bestand haben werde. Er – der Antragsteller – sei in keinem vorangegangenen Richtgrößenprüfverfahren beraten worden; die gesetzlich geforderte individuelle Beratung habe schon gar nicht stattgefunden. Das Prüfverfahren 2006 sei mittels eines Vergleichs abgeschlossen worden, in welchem der Regress gegen Verzicht auf die Kostentragung durch den Antragsgegner aufgehoben worden sei. Das Prüfverfahren 2007 sei eingestellt worden. Im Hinblick darauf hätte er – der Antragsteller – wegen der für 2009 festgestellten Überschreitung des Richtgrößenvolumens darüber beraten werden müssen, wie er sein Arzneimittelverordnungsverhalten wirtschaftlich hätte gestalten können. Ein Regress komme erst in Betracht, wenn er nach einer solchen Beratung künftig das Richtgrößenvolumen erneut um mehr als 25 v.H. überschreite. Soweit der Antragsgegner eine "Nullstellung" der Richtgrößenprüfung durch die konsequente Anwendung des Grundsatzes "Beratung vor Regress" befürchte, sei festzuhalten, dass die Einführung dieses Prinzips nach dem Willen des Gesetzgebers auch eine grundsätzliche Wende und ein eindeutiges Signal an die Ärzte darstellen solle.
Der Beigeladene zu 6) schließt sich dem Antrag des Antragsgegners an.
Hinsichtlich des Sach- und Streitstandes im Übrigen wird Bezug genommen auf die Gerichtsakte und die Streitakte L 11 KA 49/13 (betreffend das Berufungsverfahren Richtgrößenprüfung 2009) sowie die Verwaltungsvorgänge des Antragsgegners.
II.
Die statthafte und im Übrigen zulässige Beschwerde des Antragsgegners ist begründet. Die Voraussetzungen für den Erlass einer einstweiligen Anordnung sind entgegen der Auffassung des SG nicht gegeben. Zwar kann sich der Antragsteller auf ein Rechtsschutzbedürfnis berufen (nachfolgend 1)), indessen erweist sich Bescheid des Antragsgegners vom 01.07.2013 nach summarischer Prüfung als rechtmäßig (nachfolgend 2)).
1. Grundvoraussetzung für den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung ist ein Rechtsschutzbedürfnis (hierzu ausführlich Senat, Beschluss vom 27.05.2013 – L 11 KA 16/13 B ER -; Frehse, in: Jansen, SGG, 4. Auflage, 2012, § 86b Rdn. 6, 12, 26; vgl. auch Keller, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, 10. Auflage, 2012, vor § 51 Rdn. 16a). Dieses ist erst dann gegeben, wenn ein vorrangig beim Antragsgegner zu stellender Antrag, die Vollziehung auszusetzen (§ 86a Abs. 3 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG)), erkennbar aussichtslos ist (std. Rechtsprechung des Senats, vgl. Beschluss vom 31.08.2011 – L 11 KA 24/11 B ER -; Frehse, in: Jansen, a.a.O., § 86b Rdn. 6; siehe auch Sodan, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 3. Auflage, 2010, § 42 Rdn. 349; a.A. Keller, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, 10. Auflage, § 86b Rdn. 7a). Ein solcher Antrag ist gestellt worden. Der Antragsteller hat mit Schriftsatz vom 11.07.2013 beantragt, die sofortige Vollziehung des Widerspruchsbescheides vom 01.07.2013 bis zum Abschluss des nachfolgenden Klageverfahrens auszusetzen. Hierauf hat der Antragsgegner am 17.07.2013 beschlossen: "In dem Widerspruchsverfahren ( ) betreffend Überprüfung der Arzneiverordnungstätigkeit nach Maßgabe des Prüfverfahrens bei Überschreiten der Richtgrößen in den Quartalen 1/2010 bis 4/2010 wird die aufschiebende Wirkung der Klage nicht angeordnet." Der Beschlusstenor ist insoweit unzutreffend, als der Antragsgegner nicht befugt ist, über die aufschiebende Wirkung der Klage zu befinden, denn dies ist dem Gericht vorbehalten (§ 86b Abs. 1 SGG). Der Antragsgegner ist insoweit nur kompetent, über die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs zu entscheiden (§ 86a Abs. 3 SGG). Letztlich kann dies dahin stehen, denn diese Unschärfe im Ausspruch des Antragsgegners berührt nicht das infolge der negativen Entscheidung zu bejahende Rechtsschutzinteresse des Antragstellers.
2. Gemäß § 86a Abs. 1 Satz 1 SGG in der Fassung des Sechsten Gesetzes zur Änderung des Sozialgerichtsgesetzes (6. SGG-ÄndG) vom 17.08.2001 (BGBI. l 2001, 2144) haben Widerspruch und Anfechtungsklage aufschiebende Wirkung. Nach § 86a Abs. 2 SGG entfällt die aufschiebende Wirkung jedoch in den – hier nicht in Betracht kommenden – Fällen der Nrn. 1 bis 3 und 5 sowie nach Nr. 4 in durch Bundesgesetz vorgeschriebenen Fällen. Eine derartige bundesgesetzliche Regelung ergibt sich aus § 106 Abs. 5a Satz 11 SGB V. Danach hat eine Klage gegen die Entscheidung des Beschwerdeausschusses keine aufschiebende Wirkung. Nach § 86b Abs. 1 Nr. 2 SGG kann jedoch das Gericht der Hauptsache auf Antrag in den Fällen, in denen Widerspruch oder Anfechtungsklage keine aufschiebende Wirkung haben, die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anordnen, um Rechtsbeeinträchtigungen abwehren zu können, die durch den Vollzug eines noch nicht bestandskräftigen Verwaltungsaktes drohen.
Unter welchen Voraussetzungen die aufschiebende Wirkung anzuordnen ist, lässt das Gesetz offen. Demzufolge ist zu klären, welcher Maßstab für die richterliche Eilentscheidung entscheidend ist (Krodel, Eilverfahren, B Rdn. 185). Hierzu werden unterschiedliche Auffassungen vertreten (Nachweise bei Frehse in: Jansen, a.a.O., § 86b Rdn. 34). Der Senat hat als Eingangskriterium festgelegt, dass die öffentlichen und privaten Interessen abzuwägen sind (Senat, Beschlüsse vom 17.07.2013 – L 11 KA 101/12 B ER – und 23.12.2010 – L 11 KA 71/10 B ER -; vgl. auch Keller in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, a.a.O., § 86b Rdn. 12e ff.; Frehse, in: Jansen, a.a.O., § 86b Rdn. 34 ff.; Kopp/Schenke, VwGO, 19. Auflage, 2013, § 123 Rdn. 26). Dabei steht eine Prüfung der Erfolgsaussichten zunächst im Vordergrund (Senat, Beschluss vom 16.03.2011 – L 11 KA 96/10 B ER -). Auch wenn das Gesetz keine materiellen Kriterien für die Entscheidung nennt, kann als Richtschnur für die Entscheidung davon ausgegangen werden, dass das Gericht dann die aufschiebende Wirkung anordnet bzw. wiederherstellt, wenn der angefochtene Verwaltungsakt offenbar rechtswidrig ist und der Betroffene durch ihn in subjektiven Rechten verletzt wird. Am Vollzug eines offensichtlich rechtswidrigen Verwaltungsaktes besteht kein öffentliches Interesse (Senat, Beschluss vom 10.11.2010 – L 11 KA 87/10 B ER -; hierzu auch Krodel, NZS 2001, 449, 452 ff.; Kummer, SGb 2001, 705, 714 m.w.N.). Sind die Erfolgsaussichten nicht offensichtlich, müssen die für und gegen eine sofortige Vollziehung sprechenden Gesichtspunkte gegeneinander abgewogen werden. Dabei ist die Regelung des § 86a Abs. 3 Satz 2 SGG zu beachten, dass in den Fällen des § 86a Abs. 2 Nr. 1 SGG (Entscheidung über Versicherungs-, Beitrags- und Umlagepflichten sowie der Anforderung von Beiträgen, Umlagen und sonstigen öffentlichen Abgaben) die Vollziehung nur ausgesetzt werden soll, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsakts bestehen oder die Vollziehung für den Antragsteller eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte. Auch über diese ausdrückliche Regelung hinaus ist das aus den Regelungen des § 86a SGG hervorgehende gesetzliche Regel-Ausnahmeverhältnis zu beachten. In den Fallgruppen des § 86a Abs. 2 Nr. 2 bis 4 SGG ist maßgebend, dass der Gesetzgeber einen grundsätzlichen Vorrang des Vollziehungsinteresses angeordnet hat und es deshalb besonderer Umstände bedarf, um eine davon abweichende Entscheidung zu rechtfertigen (Bundesverfassungsgericht (BVerfG), Beschluss vom 10.10.2003 – 1 BvR 2025/03 -). Das Gericht hat insbesondere zu berücksichtigen, wie schwerwiegend die Beeinträchtigung durch die aufschiebende Wirkung gerade im grundrechtsrelevanten Bereich ist (vgl. BVerfG, Beschlüsse vom 28.08.2007 – 1 BvR 2157/07 – und 11.02.2005 – 1 BvR 276/05 -). Im Rahmen der Abwägung ist die Entscheidung des Gesetzgebers zu berücksichtigen, der die aufschiebende Wirkung der Anfechtungsklage gegen die Festsetzung eines Regresses durch den Beschwerdeausschuss nach Durchführung einer Richtgrößenprüfung in § 106 Abs. 5a Satz 11 SGB V ausdrücklich ausgeschlossen und damit das besondere öffentliche Interesse an der effektiven Umsetzung der vereinbarten Richtgrößen zur Begrenzung der Arzneimittelausgaben der Krankenkassen betont hat (vgl. Begründung zum Entwurf des Gesundheits-Strukturgesetzes, BT-Drucks. 12/3608, S. 100). Um eine davon abweichende Entscheidung zu rechtfertigen, bedarf es besonderer Umstände des Einzelfalles (vgl. BVerfG, Beschlüsse vom 27.10.2009 – 1 BvR 1876/09 – und 10.10.2003 – 1 BvR 2025/03 – zu § 80 Abs. 2 Nrn. 1 bis 3 VwGO). Angesichts dessen kommt die Anordnung der aufschiebenden Wirkung nur in Betracht, wenn ernsthafte Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides bestehen oder wenn die Vollziehung des angefochtenen Bescheides zu einer unbilligen Härte für den Antragsteller führen würde (vgl. Senat, Beschlüsse vom 12.07.2012 – L 11 KA 39/12 B ER -, 17.06.2009 – L 11 B 6/09 KA ER -, 01.07.2009 – L 11 B 8/09 KA ER -, 20.05.2009 – L 11 B 5/09 KA ER – und 19.03.2009 – L 11 B 20/08 KA ER -).
Ausgehend hiervon ergibt sich: Aufschiebende Wirkung kann nicht hergestellt werden, denn die Festsetzung des Regresses durch Bescheid vom 01.07.2013 verstößt nicht gegen § 106 Abs. 5e SGB V (nachfolgend 3.) und erscheint nach summarischer Prüfung auch im Übrigen als rechtmäßig (nachfolgend 4.).
3. Die Sperrwirkung des § 106 Abs. 5e SGB V greift nicht.
a) Die Festsetzung des Regresses für die Quartale I bis IV/2010 beruht auf § 84 Abs. 6 SGB V i.V.m. § 106 Abs. 5a SGB V.
Nach § 84 Abs. 6 SGB V vereinbaren die Gesamtvertragspartner bis zum 15.11. für das jeweils folgende Kalenderjahr zur Sicherstellung der vertragsärztlichen Versorgung für das auf das Kalenderjahr bezogene Volumen der je Arzt verordneten Arznei- und Verbandmittel (Richtgrößenvolumen) arztgruppenspezifische fallbezogene Richtgrößen als Durchschnittswerte unter Berücksichtigung der nach Abs. 1 getroffenen Arzneimittelvereinbarung. Zusätzlich sollen die Vertragspartner die Richtgrößen nach altersgemäß gegliederten Patientengruppen und darüber hinaus auch nach Krankheitsarten bestimmen. Richtgrößen sind Durchschnittsgrößen für die Obergrenze von Arzneimittelausgaben je Patient und Kalenderjahr. Sie stellen für den Vertragsarzt keine absolute Ausgabengrenze für das laufende Jahr dar. Richtgrößen sind keine begrenzenden Beträge für die Versorgung einzelner Patienten, sondern ein überdurchschnittlicher Verbrauch bei einem Patienten kann durch unterdurchschnittlichen Verbrauch bei einem anderen Patienten ausgeglichen werden (hierzu Hencke/Degener-Hencke, in: Peters, SGB V, Stand 01.01.2013, § 84 Rdn. 18). Die Richtgrößen leiten den Vertragsarzt bei seinen Entscheidungen über die Verordnung von Arzneimitteln nach dem Wirtschaftlichkeitsgebot. Die Überschreitung des Richtgrößenvolumens löst eine Wirtschaftlichkeitsprüfung nach § 106 Abs. 5a SGB V unter den dort genannten Voraussetzungen aus. Auf der Grundlage des § 84 Abs. 6 SGB V haben die nordrheinischen Vertragspartner der Arzneimittelvereinbarung mit Wirkung zum 01.01.2010 die "Vereinbarung über Richtgrößen für Arznei- und Verbandmittel und Verfahren der Wirtschaftlichkeitsprüfung bei Überschreiten der Richtgrößen" (Rheinisches Ärzteblatt 1/2010, S. 62 ff.) abgeschlossen. Mittels § 84 Abs. 7 SGB V werden die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) und der Spitzenverband Bund der Krankenkassen verpflichtet, bis zum 30. September des jeweils laufenden Jahres für das jeweils folgende Kalenderjahr Rahmenvorgaben für die in § 84 Abs. 1 SGB V vorgegebenen Inhalte der Arzneimittelvereinbarung zu schließen. Die Modalitäten für die Vereinbarung von Richtgrößen im Einzelnen regelt § 84 Abs. 6 Satz 2 SGB V.
Nach § 106 Abs. 5a Satz 3 SGB V (in der ab dem 01.01.2004 geltenden und seither – nahezu – unveränderten Fassung des GKV-Modernisierungsgesetzes (GMG) vom 14.11.2003, BGBl I 2190) hat der Vertragsarzt bei einer Überschreitung des Richtgrößenvolumens um mehr als 25 v.H. nach Feststellung durch den Prüfungsausschuss (ab 01.01.2008: die Prüfungsstelle) den sich daraus ergebenden Mehraufwand den Krankenkassen zu erstatten, soweit dieser nicht durch Praxisbesonderheiten begründet ist. Abweichend von § 106 Abs. 5a Satz 3 SGB V wird ein zu erstattender Mehraufwand nicht festgesetzt, soweit der Prüfungsausschuss (jetzt: die Prüfungsstelle) mit dem Arzt eine individuelle Richtgröße vereinbart, die eine wirtschaftliche Verordnungsweise des Arztes unter Berücksichtigung von Praxisbesonderheiten gewährleistet (§ 106 Abs. 5d Satz 1 SGB V i.d.F. des GMG). In dieser Vereinbarung muss sich der Arzt verpflichten, ab dem Quartal, das auf die Vereinbarung folgt, den Krankenkassen jeweils den sich aus einer Überschreitung dieser Richtgröße ergebenden Mehraufwand zu erstatten (§ 106 Abs. 5d Satz 2 SGB V). Die Prüfungsstelle soll vor ihren Entscheidungen und Festsetzungen auf eine Vereinbarung mit dem Vertragsarzt hinwirken, die eine Minderung des Erstattungsbetrags um bis zu einem Fünftel zum Inhalt haben kann (§ 106 Abs. 5a Satz 4 SGB V). Die Vertragspartner bestimmen in Vereinbarungen nach § 106 Abs. 3 SGB V die Maßstäbe zur Prüfung der Berücksichtigung von Praxisbesonderheiten (§ 106 Abs. 5a Satz 5 SGB V). Das ist mit der Vereinbarung zwischen den Landesverbänden der Krankenkassen und der Ersatzkassen sowie der KV Nordrhein vom 01.01.2008 (Rheinisches Ärzteblatt 12/2007, S. 62 ff.) i.V.m. mit der Vereinbarung über Richtgrößen für Arznei- und Verbandmittel 2010 (Rheinisches Ärzteblatt 1/2010, S. 62 ff.) geschehen.
b) Der Rechtmäßigkeit des Bescheides steht § 106 Abs. 5e SGB V nicht entgegen.
Nach § 106 Abs. 5e Satz 1 SGB V erfolgt abweichend von § 106 Abs. 5a Satz 3 SGB V bei einer erstmaligen Überschreitung des Richtgrößenvolumens um mehr als 25 v.H. eine individuelle Beratung nach § 106 Abs. 5a Satz 1 SGB V. Ein Erstattungsbetrag kann bei künftiger Überschreitung erstmals für den Prüfzeitraum nach der Beratung festgesetzt werden (§ 106 Abs. 5e Satz 2 SGB V). Diese durch das Gesetz zur Verbesserung der Versorgungsstrukturen in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-Versorgungsstrukturgesetz – GKV-VStG) vom 22.12.2011 (BGBl I 2983) mit Wirkung ab 01.01.2012 in das Gesetz eingefügte Regelungen entfalten im vorliegenden Fall keine Sperrwirkung, wie sich aus Wortlaut und Gesetzesmaterialien ergibt (vertiefend zu den Auslegungsmethoden siehe unter II. 3. b) ff.) (2) (b)).
aa) Dem Wortlaut des § 106 Abs. 5e Satz 1 und Satz 2 SGB V i.d.F. des GKV-VStG ist nicht zu entnehmen, ob diese Regelung auf schon abgeschlossene Prüfzeiträume oder laufende Prüfverfahren anzuwenden ist. Art. 15 GKV-VStG bestimmt lediglich den Zeitpunkt des Inkrafttretens. Eine Übergangsregelung fehlt.
bb) Die Gesetzesmaterialien führen nicht weiter. Der Gesetzentwurf der Bundesregierung zum GKV-VStG führt hierzu aus (BR-Drucks. 456/11 vom 12.08.2011, S. 117):
"Bei erstmaliger Überschreitung des Richtgrößenvolumens um mehr als 25 v. H. soll kein Regress festgesetzt werden, bevor den betroffenen Vertragsärztinnen und -ärzten daraufhin nicht zumindest eine einmalige Beratung angeboten wurde. Damit das wirtschaftliche Risiko infolge einer Überschreitung des Richtgrößenvolumens kalkulierbar bleibt und insoweit Rechtssicherheit besteht, wird ihnen dabei zudem die Möglichkeit eingeräumt, in begründeten Fällen bereits im Rahmen dieser Beratung eine Feststellung der Prüfungsstelle über die Anerkennung von Praxisbesonderheiten zu beantragen. Ein Feststellungsinteresse kann beispielsweise bestehen für geltend gemachte Praxisbesonderheiten, die nicht vorab anerkannt oder bereits Gegenstand von Prüfungsverfahren gewesen sind. Die Beantragung soll auch möglich sein, wenn zu einem späteren Zeitpunkt auf Grund einer nachweislich absehbaren erneuten Überschreitung des Richtgrößenvolumens die Festsetzung eines Erstattungsbetrages droht. Die Umsetzung der Regelungen erfordert eine weitere Konkretisierung auf untergesetzlicher Ebene. Den Vertragspartnern nach Absatz 2 Satz 4 wird daher aufgegeben, das Nähere zu regeln."
Im Gesetzentwurf der Bundesregierung vom 05.09.2011 (BT-Drucks. 17/6906, S. 79) findet sich diese Passage wortgleich wieder. Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Gesundheit (14. Ausschuss) sehen keine Änderungen vor (BT-Drucks. 17/8005 vom 30.11.2011, S. 38). Der stenografische Bericht aus der 886. Sitzung des Bundesrates ist unergiebig (Plenarprotokoll 886 vom 23.09.2011, Nr. 39, S. 384 C ff.). Die Regelung des §106 Abs. 5e SGB V ("Beratung vor Regress") ist nicht thematisiert worden. Im stenografischen Bericht aus der 128. Sitzung des Bundestages betreffend die erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs des GKV-VStG (Plenarptotokoll 17/128 vom 23.09.2011, Nr. 28, S. 15059 C ff.) finden sich zwar auf diesen Problemkreis beziehende Diskussionsbeiträge. Die Frage des zeitlichen Geltungsbereichs wird indes nicht ausdrücklich angesprochen. Die Äußerung des seinerzeitigen Bundesministers Bahr (a.a.O, S. 15060 f.)
"Wir erlauben Zuschläge, die gewährt werden können, um jungen Medizinern einen Anreiz zu geben, sich in der Fläche niederzulassen. Wir stärken den Grundsatz "Beratung vor Regress", weil es nicht sein darf, dass ein Mediziner, der in der Fläche mehr Patienten betreut, doppelt bestraft wird, weil er möglicherweise mehr Arzneimittel verschreiben muss."
hat allerdings einen tendenziell zukunftsbezogen Ansatz. Sie enthält keinerlei Hinweise darauf, dass auch abgeschlossene Quartale oder laufende Verwaltungsverfahren dem Regime des neuen § 106 Abs. 5e SGB V unterworfen werden sollen. Die Stellungnahme des Abgeordneten Spahn (CDU/CSU) liegt auf dieser Linie (a.a.O., S. 15074 f.):
"Auch das Thema Regress beschäftigt die Menschen. Dabei geht es nicht nur um die Ärzte. Vielmehr haben die Patienten Angst, dass ihnen ihr Arzt aus Angst vor Regressforderungen nicht die Medikamente verschreibt, die er wirklich braucht. Mit dieser Angst der Patienten müssen wir umgehen. Wir können doch nicht nur mit den Achseln zucken, sondern wir müssen darauf reagieren. Wir wollen den Ärzten die Angst vor dem Regress nehmen, sie aber trotzdem zu wirtschaftlichem Verordnen anhalten; denn es soll nichts verschwendet werden. Deswegen muss das Prinzip "Beratung vor Regress" und "Beratung vor Bestrafung" gelten, damit der Arzt keine Angst haben muss, wenn er Medikamente verschreibt, und vor allem der Patient sicher sein kann, dass er das bekommt, was er braucht. Wir tun mit vielen Einzelmaßnahmen etwas für die Patienten. Diese Beispiele machen das sehr deutlich."
Wiederum fehlt jeder Hinweis darauf, dass abgeschlossene Quartale einbezogen werden sollen. Vielmehr wird neuerlich der Eindruck vermittelt, dass den Ärzten zukünftig, d.h. mit dem Inkrafttreten des GKV-VStG, "die Angst vor dem Regress genommen" werden soll.
Dem stenografischen Bericht des Bundestages (146. Sitzung vom 01.12.2011, Plenarprotokoll 17/146) betreffend die zweite und dritte Beratung des GKV-VStG ist nichts anderes zu entnehmen. Der Abgeordnete Zöller (CDU/CSU) äußert (a.a.O., S. 17321):
"Insbesondere wird die Anerkennung von Praxisbesonderheiten vereinheitlicht und erleichtert. Vertragsärzte sollen die medizinisch notwendigen Leistungen verordnen können, ohne befürchten zu müssen, hierfür in Regress genommen zu werden."
Die Wortfolge "sollen verordnen können" ist gegenwarts- bzw. zukunftsbezogen. Aus dem Beitrag von Bundesminister Bahr (a.a.O., S. 17327)
"Wir schaffen die Residenzpflicht ab. Wir lockern die Regelungen zu Zweitpraxen. Wir geben die Möglichkeit einer Eigeneinrichtung dort, wo sich kein Arzt findet, und wir bauen die Sorgen vor Regressforderungen ab, damit der Arzt, der viele Patienten zu betreuen hat, keine Angst haben muss, für zu viele Arzneimittelverschreibungen in Haftung genommen zu werden. Auch das ist ein wichtiger Bereich."
folgt nichts anderes. Wiederum fehlt jeglicher Hinweis darauf, dass und inwieweit die beabsichtigte Regelung rückwirken soll.
Schließlich erklärt Bundesminister Bahr ausweislich des stenographischen Berichts vom 16.12.2011 (891. Sitzung des Bundesrates, Plenarprotokoll 891, S. 609) zur fraglichen Problematik:
"Wir nehmen jungen Medizinern, die in die Fläche gehen, die Sorge, für Arzneimittelverschreibungen in Regress genommen zu werden. Wir stärken den Grundsatz "Beratung vor Regress". Künftig kann kein Regress mehr vollzogen werden, wenn nicht vorher beraten worden ist. Eine Sorge wird von Patientinnen und Patienten immer wieder geäußert: Erhalte ich das notwendige Medikament, oder ist das Verschreibungsverhalten von anderen Interessen geprägt? – Das Gesetz leistet einen Beitrag dazu, dass diese Sorge genommen wird."
Satz 1 hat Zukunftsbezug. Satz 2 soll Satz 1 illustrieren. Satz 3 bestätigt den Zukunftsbezug mit dem Adjektiv "künftig". Der letzte Satz bekräftigt dies mit der Wortfolge "dass diese Sorge genommen wird".
Hieraus folgt: Die Gesetzesbegründung äußert sich zum zeitlichen Geltungsbereich des § 106 Abs. 5e SGB V nicht ausdrücklich. Allerdings ist den Stellungnahmen des seinerzeitigen Bundesministers Bahr sowie der Abgeordneten Spahn und Zöller – losgelöst von der rechtlichen Relevanz norminterpretierender Wortäußerungen von Vertretern der Exekutive oder einzelner Abgeordneter – tendenziell zu entnehmen, dass diese davon ausgingen, der Grundsatz "Beratung vor Regress" gelte für Verordnungsquartale ab dem Zeitpunkt des Inkrafttretens des GKV-VStG.
cc) Auch die prozessuale Rechtslage steht der Auffassung des Antragstellers entgegen, seine Überschreitung der Richtgrößenvolumens im Jahr 2010 dürfe nicht regressiert werden. In der Hauptsache hat der Antragsteller eine Anfechtungsklage erhoben (§ 54 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 SGG). Maßgebender Zeitpunkt für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage ist dann grundsätzlich der Zeitpunkt der letzten Verwaltungsentscheidung, das wäre hier der Zeitpunkt des Widerspruchsbescheides vom 01.07.2013 (Jung, in: Jansen, a.a.O., § 54 Rdn. 36; Wolff, in: Sodan/Ziekow, a.a.O., § 113 Rdn. 97 ff.). Zu diesem Zeitpunkt war § 106 Abs. 5e SGB V infolge des GKV-VStG mit Wirkung ab 01.01.2012 bereits in Kraft getreten. Allerdings wird die maßgebende Rechtslage nicht allein durch die Klageart bestimmt. Einen allgemeinen Grundsatz, wonach für die Beurteilung von Anfechtungsklagen die zum Zeitpunkt der Verwaltungsentscheidung und für Verpflichtungsklagen die zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung geltende Rechtslage maßgebend ist, lässt sich dem geltenden Recht nicht entnehmen. Es besteht lediglich eine entsprechende Faustregel, die zu praktisch einleuchtenden Ergebnissen führt, wenn Verwaltungsakte mit Dauerwirkung im Streit sind, die laufende Leistungen betreffen und somit bei Bescheiderteilung in der Zukunft liegende Bewilligungszeiträume erfassen (BSG, Urteil vom 13.03.1997 – 11 RAr 51/96 – und Urteil vom 27.08.2008 – B 11 AL 11/07 R – m.w.N.; vgl. auch Jung, in: Jansen, a.a.O., § 54 Rdn. 36). Vielmehr bestimmt sich der zeitliche Anwendungsbereich einer Regelung nach den allgemeinen für das intertemporale Recht geltenden Grundsätzen, sofern ein Gesetz keine ausdrückliche Übergangsregelung enthält. Eine Regelung ist danach nur auf solche Sachverhalte anwendbar, die sich vollständig nach Inkrafttreten des neuen Rechts verwirklicht haben (BSG, Urteil vom 22.06.2010 – B 1 KR 29/09 R-; vgl. auch Leitherer, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, a.a.O., vor § 143 Rdn. 10e m.w.N.). Spätere Änderungen eines Rechtssatzes sind für die Beurteilung von vor seinem Inkrafttreten entstandenen Lebensverhältnissen unerheblich, es sei denn, dass das Gesetz seine zeitliche Geltung auf solche Verhältnisse erstreckt (vgl. Wolff, in: Sodan/Ziekow, a.a.O., § 113 Rdn. 108; Frehse, in Jansen, a.a.O., § 157a SGG Rdn. 19). Dementsprechend geht das BSG in ständiger Rechtsprechung davon aus, dass sich die Entstehung und der Fortbestand sozialrechtlicher Ansprüche bzw. Rechtsverhältnisse grundsätzlich nach dem Recht beurteilen, das zur Zeit der anspruchsbegründenden Ereignisse oder Umstände gegolten hat (hierzu BSG, Urteil vom 04.09.2013 – B 10 EG 11/12 R -; Urteil vom 02.12.2010 – B 9 SB 3/09 R -; Urteil vom 22.06.2010 – B 1 KR 29/09 R -; Urteil vom 24.03.2009 – B 8 SO 34/07 R -; Urteil vom 27.08.2008 – B 11 AL 11/07 R -; Urteil vom 23.01.2008 – B 10 EG 5/07 R -; Urteil vom 29.10.1992 – 9b RAr 7/92 -; Urteil vom 26.11.1991 – 1/3 RK 25/90 -). Dann aber gilt: Änderungen der materiell-rechtlichen Vorgaben der Wirtschaftlichkeitsprüfung erfassen grundsätzlich nur Quartale nach dem Inkrafttreten der Neuregelung. Nach welchen Grundsätzen die Wirtschaftlichkeitsprüfung stattfindet und was ihr Gegenstand ist, richtet sich daher nach den Vorschriften, die im jeweils geprüften Zeitraum gegolten haben. Etwas anderes kommt nur dann in Betracht, wenn es gesetzlich ausdrücklich angeordnet ist (BSG, Urteil vom 09.04.2008 – B 6 KA 34/07 R – m.w.N.). Eine gesetzliche Vorgabe, die Wirtschaftlichkeitsprüfung (Richtgrößenprüfung) auch für Quartale aus der Zeit bis zum Ende des Jahres 2011 nach den neuen materiell-rechtlichen Regelungen des § 106 Abs. 5e SGB V durchzuführen, besteht nicht. Den Gesetzgebungsmaterialien ist insofern – wie dargestellt – gleichermaßen nichts zu entnehmen.
dd) Die Stellungnahme des seinerzeitigen Bundesgesundheitsministers Bahr in der Ärztezeitung vom 24.04.2012 (S. 1) vermag hieran nichts zu ändern. Abgesehen davon, dass ministeriell-exekutive Auslegungen einer Gesetzesvorschrift für die Gerichte ohnehin nicht verbindlich sind (dazu unten), versteht auch das Ministerium die Bestimmung jedenfalls dahin, dass in der Vergangenheit liegende Sachverhalte, die durch einen Bescheid der Prüfungsstelle eine Regelung erfahren haben, nicht von der gesetzlichen Neuregelung erfasst werden (zutreffend SG Düsseldorf, Beschluss vom 27.06.2012 – S 2 KA 318/12 ER -). Zwar datiert bereits der Bescheid der Prüfungsstelle (erst) vom 04.12.2012 und folgt damit dem Inkrafttreten des § 106 Abs. 5e SGB V ab 01.01.2012 nach. Dies ändert aber nichts an der vorbefindlichen Rechtslage, die der Senat – wie dargestellt – dahin fixiert, dass die Neuregelung nicht auf abgeschlossene Verordnungsquartale einwirkt. Nachgängige Interpretationen von Vertretern der Exekutive vermögen hieran nichts zu ändern (vertiefend unten).
ee) Das Auslegungsergebnis des Senats entspricht überdies der Auffassung des BSG (Urteil vom 15.08.2012 – B 6 KA 45/11 R -):
"Soweit in § 106 Abs 5e Satz 2 SGB V in der ab dem 1.1.2012 geltenden Fassung des GKV-VStG vom 22.12.2011 (BGBl I 2983) bestimmt ist, die Festsetzung von Erstattungsbeträgen bei Überschreitung des Richtgrößenvolumens (§ 106 Abs 5a Satz 3 SGB V) könne erst für Zeiträume nach einer individuellen Beratung erfolgen, findet diese Regelung hier aus sachlichen und zeitlichen Gründen keine Anwendung. (.) Im Übrigen wäre die Regelung über die regressausschließende Beratung hier auch dann nicht anwendbar, wenn eine Richtgrößenprüfung durchgeführt worden wäre. Diese Vorschrift gilt nur für Prüfverfahren, die Zeiträume ab ihrem Inkrafttreten (1.1.2012) betreffen (vgl allg zu den für die Wirtschaftlichkeitsprüfung maßgeblichen gesetzlichen Bestimmungen bei Gesetzesänderungen: BSG SozR 4-2500 § 106 Nr 18 RdNr 15 f)."
In der in Bezug genommenen Entscheidung (Urteil vom 09.04.2008 – B 6 KA 34/07 R -) heißt es hierzu:
"Zwar ist die Neufassung des § 106 SGB V ohne Übergangsbestimmungen zum 1.1.2004 in Kraft getreten; doch sind für die Wirtschaftlichkeitsprüfung von Quartalen, die vor Inkrafttreten der Neufassung abgeschlossen waren, die zum früheren Zeitpunkt geltenden Rechtsvorschriften maßgeblich. Etwas anderes kommt nach der Rechtsprechung des Senats lediglich in Betracht, wenn der Normgeber ohne Erlass von Übergangsbestimmungen die Vorschriften über die Zusammensetzung der für die Wirtschaftlichkeitsprüfung zuständigen Verwaltungsstelle (BSGE 92, 283 = SozR 4-2500 § 106 Nr 5, jeweils RdNr 9) oder andere Vorschriften über das formelle Verfahren ändert."
Zu erwägen wäre, § 106 Abs. 5e Satz 1 und 2 SGB V als "Vorschrift über das formelle Verfahren" zu verstehen. Das kann dahinstehen. Dies wäre allenfalls ein Annex. Im Vordergrund steht, dass die Beratung den Regress verdrängt, was eindeutig einen materiellen Bezug hat.
Angesichts dieser vorgegebenen Rechtslage und in Kenntnis der Rechtsprechung des BSG hätte der Gesetzgeber ausdrücklich eine Übergangsregelung schaffen müssen, derzufolge auch in der Vergangenheit abgeschlossene Quartale, der Neuregelung unterfallen. Das ist – wie ausgeführt – nicht geschehen. Demzufolge finden § 106 Abs. 5e Satz 1 und 2 SGB V ("Beratung vor Regress") keine Anwendung. Am 01.01.2012 waren die Quartale I bis IV/2010 abgeschlossen.
ff) Vorgenanntem Auslegungsergebnis wäre allerdings die Grundlage entzogen, wenn und soweit später in Kraft gesetztes Recht ausdrücklich oder sinngemäß etwas anderes bestimmt. Dann kommt der Grundsatz der sofortigen Anwendung des neuen Rechts auch auf nach altem Recht entstandene Rechte und Rechtsverhältnisse zum Tragen (vgl. BSG, Urteil vom 04.09.2013 – B 10 EG 11/12 R -; Urteil vom 17.06.2008 – B 8/9b AY 1/07 R -; Urteil vom 27.08.1998 – B 10 AL 7/97 R -).
(1) Der Gesetzgeber hat versucht, mit einer Ergänzung des § 106 Abs. 5e SGB V um einen durch das Zweite Gesetz zur Änderung arzneimittelrechtlicher und anderer Vorschriften vom 19.10.2012 (BGBl I 2102) mit Wirkung zum 26.10.2012 angefügten Satz 7
"Dieser Absatz gilt auch für Verfahren, die am 31.12.2011 noch nicht abgeschlossen waren."
nachzubessern. "Verfahren" i.S.d. Satz 7 ist das Verwaltungsverfahren. Darunter ist auch das Verfahren vor dem Beschwerdeausschuss und nicht nur vor der Prüfungsstelle zu verstehen (LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 19.02.2013 – L 5 KA 222/13 ER-B -). Auf anhängige gerichtliche Verfahren findet die Regelung nach der Gesetzesbegründung keine Anwendung (BT-Drucks. 17/10156, S. 95).
Die Neuregelung greift. Das Verfahren war am 31.12.2011 noch nicht abgeschlossen. Der Bescheid der Prüfungsstelle datiert vom 04.12.2012, jener des Antragsgegners vom 01.07.2013. Das Verfahren ist damit erst nach Inkrafttreten des § 106 Abs. 5e Satz 7 SGB V zum 26.10.2012 abgeschlossen worden, unterfällt mithin dessen Wirkmacht.
(2) Der Antragsteller hat das Richtgrößenvolumen (nachfolgend (a)) nicht erstmalig i.S.d. § 106 Abs. 5e Satz 1 SGB V (nachfolgend (b)) überschritten.
Die "Tatbestandsvoraussetzungen" des § 106e Abs. 1 Satz 1 SGB V sind "erstmalige Überschreitung des Richtgrößenvolumens um 25 v.H.". Die daran geknüpfte Rechtsfolge lautet " Abweichend von Absatz 5a Satz 3 erfolgt eine individuelle Beratung nach Absatz 5 Satz 1". Als weitere Rechtsfolge formuliert § 106 Abs. 5e Satz 2 SGB V: "Ein Erstattungsbetrag kann bei künftiger Überschreitung erstmals für den Prüfzeitraum nach der Beratung festgesetzt werden."
(a) Das Richtgrößenvolumen ist von der Richtgrößensumme zu unterscheiden. Hierzu bestimmt Anlage 2 zur Prüfvereinbarung mit Wirkung vom 01.01.2010 (Rheinisches Ärzteblatt 1/2010, S. 62):
(1) Zur Ermittlung des Richtgrößenvolumens 2010 wird das Richtgrößenvolumen 2009 gemäß der Rahmenvorgabe der Kassenärztlichen Bundesvereinigung und der Spitzenverbände der Krankenkassen nach § 84 Abs. 7 SGB V (Arzneimittel für das Jahr 2009 vom 30.09.2009) unter Berücksichtigung einer bedarfsgerechten, zweckmäßigen und wirtschaftlichen Versorgung angepasst. (2) Die Berechnungsergebnisse bilden die Richtgrößen gemäß Anlage B.
Die Richtgrößensumme definiert § 3 Abs. 2 der Anlage 2 wie folgt:
Die Richtgrößensumme des einzelnen Arztes ergibt sich aus der Addition der Richtgrößenvolumina des AKV- und des KVdR-Bereiches. Die Richtgrößenvolumina des AKV- und KVdR-Bereiches resultieren aus der vorangegangenen Multiplikation der jeweiligen Richtgröße mit der jeweiligen Fallzahl des Arztes im AKV- bzw. KVdR-Bereich. Die Richtgrößensumme wird unter Zugrundelegung der Fallzahlen des Arztes im betreffenden Quartal ermittelt; dabei werden Überweisungen zur Auftragsleistung (Zielaufträge) sowie zur Konsiliaruntersuchung nicht mitberücksichtigt.
Ausweislich des eindeutigen Wortlautes des § 106 Abs. 5e Satz 1 SGB V greift dessen Sperrwirkung nur dann, wenn das Richtgrößenvolumen erstmalig um mehr als 25 v.H. überschritten wird.
Schon im Jahr 2006 wurde eine Richtgrößenprüfung durchgeführt. Die damalige Ausgangsüberschreitung lag bei 48,71 v.H … Zwar hat der Antragsgegner den von der Prüfungsstelle seinerzeit festgesetzten Regress von 25.387,33 EUR nach dem unwidersprochenen Vorbringen des Antragstellers im Rahmen eines Vergleichs aufgehoben. Dies ändert aber nichts daran, dass der Antragsteller bereits im Prüfungsjahr 2006 das Richtgrößenvolumen für Arzneimittel um mehr als 25 v.H. überschritten hat. Letztlich kann dies dahinstehen, denn er hat das Richtgrößenvolumen auch im Jahr 2009 um mehr als 25 v.H. überschritten. Auf das Urteil des Senats vom 20.11.2013 in der gemeinsam mit dem vorliegenden Verfahren verhandelten und entschiedenen Rechtssache L 11 KA 49/13 sowie die dort beigezogenen Verwaltungsvorgänge wird verwiesen.
(b) Der Kläger hat das Richtgrößenvolumen 2010 nicht "erstmalig" sondern "zweitmalig" (wegen 2009) bzw. "drittmalig" (wegen 2006) überschritten. Infolgedessen greift die Sperrwirkung des § 106 Abs. 5e Satz 1 SGB V mit der Rechtsfolge des § 106 Abs. 5e Satz 2 SGB V nicht. Es verbleibt bei der Grundregel des § 106 Abs. 5a Satz 3 SGB V.
Soweit die Verfahrensbeteiligten um die entscheidungserhebliche Auslegung des Tatbestandsmerkmals "erstmalig" streiten, ist festzuhalten:
(aa) Primäres Auslegungskriterium für die Norminterpretation ist der Wortlaut (Kramer, Juristische Methodenlehre, 2. Auflage, 2005, S. 69). Die Grenze des möglichen Wortsinns ist auch die Grenze der Auslegung (Zippelius, Juristische Methodenlehre, 10. Auflage, 2006, § 9 II a); hierzu auch BVerfG, Beschluss vom 20.10.1992 – 1 BvR 698/89 -; Senat, Urteil vom 15.05.2013 – L 11 KA 45/12 -; Beschlüsse vom 27.02.2013 – L 11 KA 8/13 B ER, 24.09.2012 – L 11 U 416/12 B -, 22.06.2012 – L 11 KR 124/12 KL – und 04.05.2011 – L 11 KA 120/10 B ER -). Ein eindeutiger, ggf. durch Auslegung zu ermittelnder Wortlaut ist bindend (Senat, Urteile vom 15.05.2013 – L 11 KA 45/12, 20.03.1996 – L 11 Ka 132/95 – und 25.10.1995 – L 11 Ka 75/95 – ). Bleibt der identifizierte Wortsinn unklar, können weitere Auslegungsmethoden herangezogen werden, deren Ergebnisse wiederum nur in den Grenzen des Wortsinns liegen dürfen. Die Gesetzesbegründung als Argument für die Auslegung eines Gesetzes in einem bestimmten Sinn hat allenfalls dann eine gewisse Berichtigung, wenn sie im Gesetzestext selbst irgendwie zum Ausdruck gelangt (Ossenbühl, DVBl. 2012, 857, 860; in diesem Sinne auch die Empfehlungen des Rechtsausschusses, des Finanzausschusses und des Ausschusses für Innere Angelegenheiten zum Entwurf des § 198 Abs. 3 Satz 2 Gerichtsverfassungsgesetz (GVG-E) vom 05.10.2010, BT-Drucks. 540/1/10, S. 6, 7 zu Nr. 6 sowie die nachfolgende Stellungnahme des Bundesrates vom 15.10.2010, BT-Drucks. 540/10, S. 6 zu Nr. 5 = BT-Drucks. 17/3802, S. 35). Für die Auslegung einer Gesetzesbestimmung ist sonach der in dieser zum Ausdruck kommende objektivierte Wille des Gesetzgebers maßgebend, so wie er sich aus dem Wortlaut des Gesetzes und dem Sinnzusammenhang ergibt, in den diese hineingestellt ist. Der Entstehungsgeschichte einer Vorschrift kommt für deren Auslegung nur insofern Bedeutung zu, als sie die Richtigkeit einer nach den angegebenen Grundsätzen ermittelten Auslegung bestätigt oder Zweifel behebt, die auf dem angegebenen Weg allein nicht ausgeräumt werden können. Der Wille des Gesetzgebers kann bei der Auslegung nur insoweit berücksichtigt werden, als er in dem Gesetz selbst einen hinreichend bestimmten Ausdruck gefunden hat (BVerfG, Beschlüsse vom 20.10.1992 – 1 BvR 698/89 -, vom 23.10.1985 – 1 BvR 1053/82 -; vom 16.12.1981 – 1 BvR 898/79, 1 BvR 1132/79, 1 BvR 1150/79, 1 BvR 1333/79, 1 BvR 1181/79 -) oder konkreter: Die Motive und Vorstellungen der Mitglieder der gesetzgebende Körperschaften können bei der Gesetzesauslegung nur dann berücksichtigt werden, wenn sie im Gesetz einen ausreichenden Niederschlag gefunden haben (so Bundesfinanzhof, Urteil vom 23.09.1003 – IV R 56/98 – ). Das BVerfG fasst dies wie folgt zusammen (Entscheidung vom 17.05.1960 – 2 BvL 11/59, 2 BvL 11/60 -; vgl. auch Zippelius, a.a.O., § 4 II):
"Während die "subjektive" Theorie auf den historischen Willen des "Gesetzgebers" = Gesetzesverfassers, auf dessen Motive zu ihrem geschichtlichen Zusammenhang abstellt, ist nach der "objektiven" Theorie, die in Rechtsprechung und Lehre immer stärkere Anerkennung gefunden hat, Gegenstand der Auslegung das Gesetz selbst, der im Gesetz objektivierte Wille des Gesetzgebers. Diesem Auslegungsziel dienen die Auslegung aus dem Wortlaut der Norm (grammatische Auslegung), aus ihrem Zusammenhang (systematische Auslegung), aus ihrem Zweck (teleologische Auslegung) und aus den Gesetzesmaterialien und der Entstehungsgeschichte (historische Auslegung). Um den objektiven Willen des Gesetzgebers zu erfassen, sind alle diese Auslegungsmethoden erlaubt. Sie schließen einander nicht aus, sondern ergänzen sich gegenseitig. Das gilt auch für die Heranziehung der Gesetzesmaterialien, soweit sie auf den objektiven Gesetzesinhalt schließen lassen."
(bb) Der Wortlaut ist fast immer mehrdeutig, ausgenommen sind Zahlen und Eigennamen (Cirsovius, Die Sozialversicherung, 2003, 90 ff. (90)). Das aus der Zahl "Eins" abgeleitete Adjektiv "erstmalig" ist eindeutig. Es meint nach seinem Wortsinn "zum ersten Mal geschehend" (http://www.duden.de/rechtschreibung/erstmalig). Hätte der Gesetzgeber anderes gewollt, hätte er dies unmissverständlich zum Ausdruck bringen müssen, etwa durch Wendungen wie
"(5e) Abweichend von Absatz 5a Satz 3 erfolgt bei einer erstmaligen Überschreitung des Richtgrößenvolumens um mehr als 25 Prozent seit 01.01.2012 (o.ä.) eine individuelle Beratung nach Absatz 5a Satz 1."
oder präzisierend:
"Als erstmalige Überschreitung des Richtgrößenvolumens ist diejenige Überschreitung anzusehen, auf die erstmals die § 105 Abs. 5e Satz 1 SGB V geforderte Beratung stattfindet."
Das ist nicht geschehen. Insofern verbleibt es beim als eindeutig identifizierten Wortlaut.
(cc) Die systematische Auslegung, derzufolge die zu analysierende Norm aus dem Regel- und Bedeutungszusammenhang verschiedener Normen auszulegen ist, führt zu keinem anderen Ergebnis. Die dem Wortlaut nach ermittelte Eindeutigkeit wird nicht in Frage gestellt.
Nach § 106 Abs. 5e Satz 2 SGB V kann ein Erstattungsbetrag bei künftiger Überschreitung erstmals für einen Prüfungszeitraum nach der Beratung festgesetzt werden. Das beantwortet indes nicht die Frage, was eine "erstmalige" Überschreitung des Richtgrößenvolumens um mehr als 25 v.H. ist, setzt dies vielmehr voraus ("bei künftiger Überschreitung erstmals"). § 106 Abs. 5e Satz 2 SGB V präzisiert mithin nicht die Tatbestandsvoraussetzungen des § 106 Abs. 5e Satz 1 SGB V, sondern die Rechtsfolge. Wenngleich nicht nach dem Wortlaut, sondern nur sinngleich, findet sich die die Begriffsfolge "erstmalige Überschreitung" auch in § 106 Abs. 5c Satz 7 SGB V. Diese Norm ist durch das Gesetz zur Neuordnung des Arzneimittelmarktes in der gesetzlichen Krankenversicherung (Arzneimittelmarktneuordungsgesetz – AMNOG) vom 22.12.2010 mit Wirkung zum 01.01.2011 in Kraft getreten (BGBl I 2010, 2262). Hiernach gilt:
"Abweichend von Satz 1 setzt die Prüfungsstelle für Ärzte, die erstmals das Richtgrößenvolumen um mehr als 25 Prozent überschreiten, für die Erstattung der Mehrkosten einen Betrag von insgesamt nicht mehr als 25 000 Euro für die ersten beiden Jahre einer Festsetzung eines Betrags nach Satz 1 fest."
Die Gesetzesbegründung merkt hierzu an (BT-Drucks. 17/2413, S. 29):
"Die Ärzte, die erstmalig einen sich aus der Überschreitung des Richtgrößenvolumens ergebenden Mehraufwand zu erstatten haben, zahlen in den ersten beiden Jahren einer Überschreitung nicht die festgestellten Mehrkosten zurück, sondern lediglich einen pauschalen Betrag. Die Prüfungsstelle setzt erstmals im dritten Jahr den zu erstattenden Mehraufwand nach Absatz 5a fest. Die Regelung ist sachgerecht, weil damit insbesondere Ärzte, die ihre Tätigkeit in der vertragsärztlichen Versorgung aufnehmen oder die neue Versorgungsaufgaben übernehmen, mehr Zeit erhalten, sich auf die spezifischen Anforderung des Fünften Buches Sozialgesetzbuch an die Notwendigkeit, Zweckmäßigkeit und Wirtschaftlichkeit der Verordnungen einzustellen. Ein Grenzwert in Höhe höchstens von 25 000 Euro entspricht rd. 80 Prozent der durchschnittlich festgestellten Erstattungssumme pro Regressbescheid der Prüfungsstellen im Jahr 2007 und ist damit als Anreiz ausreichend, unwirtschaftliche Verordnungen zu vermeiden. Jedoch werden damit zugleich sehr hohe Erstattungsbeträge in den ersten zwei Jahren vermieden."
Dem ist zu entnehmen, dass das Adjektiv "erstmalig" auch genau dieses – numerisch – bedeutet. Um diese Regelung nicht leerlaufen zu lassen, hat der Gesetzgeber § 106 Abs. 5c Satz 7 SGB V mittels des GKV-VStG an § 106 Abs. 5e SGB V anpassen müssen (so BT-Drucks. 17/6906, S. 79), indem er den Text wie vorbezeichnet geändert hat.
Demnach kann auch die erstmalige Überschreitung nach § 106 Abs. 5e SGB V i.d.F. des GKV-VStG nichts anderes meinen als eine numerisch erste Überschreitung. Die Deckelung nach § 106 Abs. 5c Satz 7 SGB V ("nicht mehr als 25 000 Euro") wird danach für die ersten beiden Jahre einer "Festsetzung eines Betrags nach Satz 1" vorgesehen. Im Übrigen bleibt es dabei, dass es um die Festsetzung für Ärzte geht, "die erstmals das Richtgrößenvolumen um mehr als 25 v.H. überschreiten". Würde § 106 Abs. 5e SGB V hingegen so verstanden, dass die Klausel "Beratung vor Regress" auch Altfälle erfasst, wäre § 106 Abs. 5c Satz 7 SGB V nicht mehr verständlich. Die Gesetzesbegründung zu § 106 Abs. 5c Satz 7 i.d.F. des AMNOG bestätigt dies, wenn es heißt (BT-Drucks. 17/2413, S. 29 zu Doppelbuchstabe bb), diese Regelung "ist sachgerecht, weil damit insbesondere junge Ärzte, die ihre Tätigkeit in der vertragsärztlichen Versorgung aufnehmen oder neue Versorgungsformen übernehmen, mehr Zeit haben, sich auf die spezifischen Anforderungen des Fünften Buches Sozialgesetzbuch an die Notwendigkeit, Zweckmäßigkeit und Wirtschaftlichkeit der Verordnungen einzustellen". Normzweck des § 106 Abs. 5c Satz 7 i.d.F. des AMNOG ist es hiernach, junge Ärzte zur Niederlassung zu motivieren (Scholz, in: Becker/Kingreen, SGB V, 3. Auflage, § 106 Rdn. 33). Die Norm greift angesichts ihres materiellen Regelungscharakters nicht rückwirkend für laufende Prüfverfahren vergangener Jahre (Scholz, a.a.O., § 106 Rdn. 33; a.A. Wehebrink, in: BeckOK-SGB V, § 106 Rdn. 4).
Hinzu kommt: Die Notwendigkeit der Wirtschaftlichkeitsprüfung als Folge der Strukturentscheidung des Gesetzgebers, die gesetzliche Krankenversicherung mit dem Sachleistungsprinzip auszustatten, ist anerkannt. Die zur Deckung der Kosten der gesetzlichen Krankenversicherung zur Verfügung stehenden Mittel durch die Beiträge der Versicherten sind begrenzt. Es bedarf gesetzlicher Vorschriften zur Aufrechterhaltung der Funktions- und Leistungsfähigkeit des Systems der Krankenversicherung, wozu auch die Wirtschaftlichkeitsprüfung zu zählen ist, die auf sachgerechten und vernünftigen Erwägungen des Gemeinwohls beruht (BVerfG, Beschlüsse vom 29.05.1978 – 1 BvR 951/77 – und 24.02.1978 – 1 BvR 935/77 -; Peikert, in: Schnapp/Wigge, Handbuch des Vertragsarztrechts, 2. Auflage, 2006, § 20 Rdn. 5; Henke, in: Peters, a.a.O., § 106 Rdn. 10). Dem Wirtschaftlichkeitsgebot und dem Rechtsinstitut der Wirtschaftlichkeitsprüfung insgesamt kommt ein hoher Stellenwert zu (std. Rspr. des BSG, vgl. Urteil vom 14.12.2011 – B 6 KA 29/10 R -; Urteil vom 19.10.2011 – B 6 KA 38/10 R -; Urteil vom 09.04.2008 – B 6 KA 34/07 R -). Daraus resultiert eine Pflicht zu effektiven Wirtschaftlichkeitsprüfungen. Diese sind unverzichtbar; vom Grundsatz her darf kein Arzt von ihnen ausgenommen bleiben (BSG, Urteil vom 19.10.2011 – B 6 KA 38/10 R -; Urteil vom 09.04.2008 – B 6 KA 34/07 R -; Urteil vom 02.11.2005 – B 6 KA 63/04 R -). Dem Wirtschaftlichkeitsgebot muss in jedem einzelnen Bereich Rechnung getragen werden; es wird nicht nur eine "Gesamtwirtschaftlichkeit" gefordert (BSG, Urteil vom 19.10.2011 – B 6 KA 38/10 R -; Urteil vom 09.04.2008 – B 6 KA 34/07 R -; Urteil vom 27.06.2007 – B 6 KA 44/06 R -; Urteil vom 28.04.2004 – B 6 KA 24/03 R -; siehe auch Clemens, in: jurisPK-SGB V, § 106 Rdn. 20). Mit diesen seit jeher anerkannten Prinzipien kollidiert die "Nullstellung" infolge des zum 01.01.2012 eingeführten § 106 Abs. 5e SGB V (dazu unten). Zwar werden Richtgrößenprüfungen durchgeführt, deren Rechtsfolgen sind aber – wie ausgeführt – über mehrere Jahre auf eine Beratung amputiert. Sie sind infolge Regressierungssperre nicht "effektiv". Hierarchisch geht es dabei nicht um eine Kollision einer Norm mit der vorbefindlichen Rechtsprechung des BSG, dann würde naturgemäß die rechtsändernde Norm durchdringen. Die Rechtsprechung des BSG konkretisiert den Gehalt des § 106 SGB V. Dieser Vorschrift sind die soeben dargestellten und vom BSG präzisierten Grundsätze als judikativ ausformuliertes Gesetzesrecht zu entnehmen. Demzufolge kollidieren zwei Entscheidungen des Gesetzgebers, nämlich kein Arzt darf von (effektiven) Wirtschaftlichkeitsprüfungen ausgenommen werden (einerseits) und Richtgrößenprüfungen werden nach Maßgabe des § 106 Abs. 5e SGB V auf Null gestellt (andererseits). Die Kollisionslage ist nicht nach dem Grundsatz "Lex posterior derogat legi priori" aufzulösen. Das würde voraussetzen, dass ein späteres Gesetz (§ 106 Abs. 5e SGBV) dieselbe Rechtsfrage abweichend von einem früheren Gesetz (§ 106 Abs. 1 bis 5 SGB V) regelt, ohne dieses formell aufzuheben (hierzu Kramer, a.a.O., S. 101 f.; hierzu auch Senat, Beschluss vom 14.06.2010 – L 11 KR 199/10 KL -). Dies greift schon deswegen nicht, weil § 106 Abs. 5e SGB V für einen umrissenen Bereich eine Sonderregelung trifft, ohne die Grundsätze der Wirtschaftlichkeitsprüfung aufheben zu wollen. Demzufolge handelt es sich um einen Ausnahmetatbestand, der mit Blick auf das mit der Grundregel verfolgte Ziel auszulegen und nach den üblichen Auslegungsregeln eng zu verstehen ist (statt vieler: Oberverwaltungsgericht Mecklenburg-Vorpommern, Urteil vom 02.11.2011 – 1 L 161/09 -). Dann aber ist vom Antragsteller vertretene (weite) Auffassung nicht tragfähig.
(dd) Die teleologische Auslegung des § 106 Abs. 5e SGB V bestätigt das bislang gewonnene Ergebnis. Dabei wird – wie oben dargelegt – nicht auf den Willen des (historischen) Gesetzgebers abgestellt, sondern auf den objektiv in der Norm zum Ausdruck kommenden Zweck (vgl. auch Kramer, a.a.O., S. 130 ff.; Zippelius, a.a.O., § 4 II, § 10 II). Zu klären ist demnach, welches Ziel mit § 106 Abs. 5e SGB V erreicht werden soll. Die Gesetzesbegründung zu § 106 Abs. 5e SGB V i.d.F. des GKV-VStG gibt Hinweise. Dem ist zu entnehmen, dass der Gesetzgeber sich von der Motivation hat inspirieren lassen, das wirtschaftliche Risiko für Vertragsärzte bei Überschreitung des Richtgrößenvolumens müsse kalkulierbar bleiben, zudem müsse Rechtssicherheit bestehen (BT-Drucks. 17/6906, S. 79 zu Buchstabe d, Absatz 2). Wenngleich diese Textpassage in die in Absatz 2 (a.a.O.) angesprochene Möglichkeit eingebettet ist, Praxisbesonderheiten auf Antrag anerkennen zu lassen, dürfte der Aspekt "Reduzierung des wirtschaftlichen Risikos" – übergreifend – auch den Komplex "Beratung vor Regress" betreffen, der allerdings nur in Absatz 1 (a.a.O., zu Buchstabe d) thematisiert wird.
Diese Erkenntnis führt indessen nicht weiter. Die Norminterpretation durch einerseits den Antragsteller und andererseits den Antragsgegner wird jeweils von dem der Gesetzesbegründung zu entnehmenden Ziel getragen, das wirtschaftliche Risiko kalkulierbar zu halten. In Anwendung beider Auffassungen wird das wirtschaftliche Risiko des Vertragsarztes verringert, in der Interpretation des Antragstellers mehr, in der Interpretation des Antragsgegners weniger. Die Gesetzesbegründung des GKV-VStG im Übrigen ist unergiebig. Sie verhält sich hierzu nicht weiter. Auch die Plenarprotokolle geben keinen Aufschluss. Aus den Äußerungen des seinerzeit zuständigen Bundesministers Bahr sowie der Abgeordneten Spahn und Zöller (jeweils CDU/CSU) im Gesetzgebungsverfahren (vgl. Plenarprotokolle a.a.O.) lässt sich nichts dazu herleiten, wie das Adjektiv "erstmalig" nach deren Vorstellungen zu interpretieren ist. Wäre es anders, bliebe allerdings zu beachten, dass eine verbal artikulierte oder eine verschriftlichte Norminterpretation durch Vertreter der Exekutive rechtlich grundsätzlich irrelevant ist (vgl. BVerwG, Beschluss vom 21.07.2000 – 2 B 22/00 – zu Verwaltungsvorschriften der Exekutive). Meinungsäußerungen eines einzelnen Abgeordneten können ohnehin nicht zum "Willen des Gesetzgebers" überhöht werden (zur Wertigkeit von persönlichen Ansichten eines Abgeordneten im Zusammenhang mit der Normauslegung vgl. auch Zippelius, a.a.O, § 4 II c)). Sie können allenfalls dezente Hinweise darauf geben, was der Gesetzgeber gemeint haben könnte. Indessen fehlt es auch daran.
Zu fragen bleibt, welchen Adressatenkreis der Gesetzgeber privilegieren wollte. Die Begründung zu § 106 Abs. 5d Satz 7 i.d.F. des AMNOG verweist auf junge Ärzte (BT-Drucks. 17/2413, S. 29 zu Doppelbuchstabe bb). Eine derartige Eingrenzung findet sich in der Begründung zu § 106 Abs. 5e SGB V i.d.F. des GKV-VStG nicht (BT-Drucks. 17/6906, S. 79 zu Doppelbuchstabe d). Den vom Gesetzgeber in der Begründung zu § 106 Abs. 5d Satz 7 i.d.F. des AMNOG angesprochenen "jungen Ärzten" mag eine gewisse Schutzbedürftigkeit infolge der dort genannten Begründung nicht abgesprochen werden können. Die Schutzbedürftigkeit eines jeden Vertragsarztes erschließt sich indessen nicht ohne weiteres; die Gesetzesbegründung enthält sich hierzu. Jede Wirtschaftlichkeitsprüfung, gleich welches Ergebnis sie bringt, entfaltet eine Warnfunktion, Vorregresse umso mehr. Der insoweit betroffene Vertragsarzt kann sein Verordnungsverhalten ändern und/oder eine Beratung einfordern (zu den Einzelheiten Scholz, in: Becker/Kingreen, a.a.O., § 106 Rdn. 5). Im Übrigen erscheint die pädagogische Wirkung eines jeden Vorregresses größer als jede Beratung. Das kann dahinstehen; es ist nicht entscheidungserheblich.
Wird mit der Gesetzesbegründung angenommen, dass der Gesetzgeber das wirtschaftliche Risiko der Vertragsarztes infolge einer Überschreitung des Richtgrößenvolumens kalkulierbar machen wollte (BT-Drucks. 17/6906, S. 79), ergibt sich allerdings ein der Auffassung des Antragstellers durchaus entgegenstehender Hinweis. Zufolge seiner Auffassung, wonach der Grundsatz "Beratung vor Regress" ab dem 01.01.2012 für alle laufenden Prüfverfahren mit der Folge gelten soll, dass weder die Prüfungsstelle noch der Beschwerdeausschuss Regresse festsetzen können, wenn nicht zu einem früheren Zeitraum ein individuelle Beratung durchgeführt worden ist, ergäbe sich eine "Nullstellung" für Wirtschaftlichkeitsprüfungsverfahrens nach Richtgrößen. Wird als erstmalige Überschreitung des Richtgrößenvolumens i.S.d. § 106 Abs. 5e Satz 1 SGB V diejenige Überschreitung angesehen, auf die erstmals die in der genannten Vorschrift geforderte Beratung stattfindet (so LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 19.02.2013 – L 5 KA 222/13 ER -), käme das dem Neuanfang der Wirtschaftlichkeitsprüfung nach Richtgrößen gleich ("Nullstellung"). Altverfahren blieben außer Betracht, obwohl es diese im Bereich der KV Nordrhein für den Bereich der Arznei- und Verbandmittel regelmäßig seit 2005 gegeben hat. Sind Arzneirichtgrößenprüfungen noch ab 2010 offen (so die Erklärung des Bevollmächtigten des Antragsgegners in der mündlichen Verhandlung vom 20.11.2013), könnten insoweit nur noch Beratungen erteilt und müssten vorliegende Regressbescheide in solche umgewandelt werden. Regresse könnten dann frühestens für das Jahr 2015 festgesetzt werden, allerdings zeitversetzt erst in 2016 oder 2017, weil die Krankenkassen den Prüfgremien die maßgebenden Daten – gerichtsbekannt – erst mit Zeitverzug übermitteln (können). Die Situation würde umso befremdlicher, wenn bei Beschwerdeausschüssen noch Richtgrößenprüfungen für Zeiträume vor 2010 anhängig sein sollten. Dem braucht hier nicht weiter nachgegangen zu werden. All diese Verfahren würden auf Null gestellt. Indessen sind auch diese Verfahren mit der Zielsetzung durchgeführt worden, dass Verordnungsverhalten der Vertragsärzte im Sinne des Wirtschaftlichkeitsgebotes zu steuern. Dass der Gesetzgeber das bisher zweistufige Vorgehen (Stufe 1: bis zu 15 v.H. Überschreitung des Richtgrößenvolumens = Beratung; Stufe 2: Überschreitung um mehr als 25 v.H. = Regress) als gescheitert ansieht, lässt sich den Materialien und insbesondere der Gesetzesbegründung nicht ansatzweise entnehmen. Das Gegenteil ist der Fall. Das Prüfungssystem soll ohne Bruch fortgesetzt und nur in dem Punkt modifiziert werden, dass eine erstmalige Überschreitung des Richtgrößenvolumens um 25 v.H. nicht schon zum Regress, sondern zu einer individuellen Beratung führt. Genau dieses Verständnis deckt sich mit der Gesetzesbegründung. Es geht nicht darum, den Vertragsärzten das wirtschaftliche Risiko für mehrere Jahre infolge Nullstellung zu nehmen. Ausweislich der Gesetzesbegründung soll das wirtschaftliche Risiko infolge einer erstmaligen Überschreitung des Richtgrößenvolumens (lediglich) "kalkulierbar bleiben", was der Nullstellungsoption nun deutlich entgegensteht. Demzufolge kann der Auffassung des Antragstellers nicht beigetreten werden.
cc) Nach alledem verbleibt es dabei, dass "erstmalig" im Wortverständnis als "das erste Mal" auszulegen ist. Ist es in der Vergangenheit – wie hier – schon zur Überschreitung des Richtgrößenvolumens gekommen, greift die Sperrwirkung des § 106 Abs. 5e SGB V nicht. Demnach ist der angegriffene Bescheid nicht schon deswegen rechtswidrig, weil keine Beratung durchgeführt wurde.
3. Der Bescheid vom 01.07.2013 erscheint auch im Übrigen als rechtmäßig. Ausgangspunkt der rechtlichen Prüfung ist insoweit § 106 Abs. 5a Satz 3 SGB V. Hiernach hat der Vertragsarzt bei einer Überschreitung des Richtgrößenvolumens um mehr als 25 v.H. nach Feststellung durch die Prüfungsstelle den sich daraus ergebenden Mehraufwand der Krankenkasse zu erstatten, soweit dieser nicht durch Praxisbesonderheiten begründet ist.
a) Nach § 106 Abs. 5a Satz 4 SGB V gilt: "Die Prüfungsstelle soll vor ihren Entscheidungen und Festsetzungen auf eine entsprechende Vereinbarung mit dem Vertragsarzt hinwirken, die eine Minderung des Erstattungsbetrages um bis zu einem Fünftel zum Inhalt haben kann". Eine solche Beratung hat nach dem unwidersprochenen Vorbringen des Klägers weder in diesem Verfahren noch zuvor stattgefunden. Das ist unschädlich, denn die Festsetzung eines Regresses ist nicht davon abhängig, dass die Prüfgremien den regressierten Vertragsarzt zuvor über die Unwirtschaftlichkeit seiner Verordnungsweise beraten (BSG, Urteil vom 15.08.2012 – B 6 KA 45/11 R -; hierzu auch Wehebrink, in: BeckOK-SGB V, Stand 01.09.2013, § 106 Rdn. 41; Murawski, in: LPK-SGB V, 4. Auflage, 2012, § 106 Rdn. 102 jeweils zu § 106 Abs. 5 Satz 2 SGB V; a.A. Hencke, in: Peters, SGB V, Stand 01.01.2012, § 106 Rdn. 11).
b) Abweichend von § 106 Abs. 5a Satz 3 SGB V wird zudem ein zu erstattender Mehraufwand nicht festgesetzt, soweit der Prüfungsausschuss (jetzt: die Prüfungsstelle) mit dem Arzt eine individuelle Richtgröße (IRV) vereinbart, die eine wirtschaftliche Verordnungsweise des Arztes unter Berücksichtigung von Praxisbesonderheiten gewährleistet (§ 106 Abs. 5d Satz 1 SGB V i.d.F. des GMG). In dieser Vereinbarung muss sich der Arzt verpflichten, ab dem auf die Vereinbarung folgenden Quartal jeweils den sich aus einer Überschreitung dieser Richtgröße ergebenden Mehraufwand den Krankenkassen zu erstatten (§ 106 Abs. 5d Satz 2 SGB V). Eine Verpflichtung der Prüfgremien, auf den Abschluss einer IRV hinzuwirken, ergibt sich hieraus nicht, sofern nicht der Vertragsarzt von sich aus Interesse am Abschluss einer IRV bekundet oder sogar den Abschluss einer IRV beantragt. In diesem Fall sind die Prüfgremien verpflichtet, in Verhandlungen über den Abschluss einer IRV einzutreten und dürfen den Abschluss einer IRV nicht aus sachfremden Gründen vereiteln (BSG, Urteil vom 28.08.2013 – B 6 KA 46/12 R -). Nach Aktenlage ist nicht ersichtlich, dass der Kläger Interesse an einer IRV bekundet hat. Demzufolge sperrt § 106 Abs. 5a Satz 3 SGB V den festgesetzten Regress nicht.
c) Nach § 5 Abs. 1 Satz 1 RGV 2010 sind im Rahmen der Wirtschaftlichkeitsprüfung Praxisbesonderheiten nach Maßgabe der Absätze 2 bis 4 zu berücksichtigten. Abweichend vom üblichen Grundsatz (Absatz 5) obliegt die Beweislast für die Anerkennung von Praxisbesonderheiten bei den in Absatz 3 und 4 genannten Indikationen nicht dem betreffenden Arzt (§ 5 Abs. 2 RGV 2010). Andere Praxisbesonderheiten sind – soweit objektivierbar – zu berücksichtigen, wenn der Arzt nachweist, dass er der Art und der Anzahl nach besondere von der Arztgruppentypik abweichende Erkrankungen behandelt hat und hierdurch notwendige Mehrkosten entstanden. Die Anerkennung als Praxisbesonderheit ist auf die Höhe der hierdurch bedingten Mehrkosten begrenzt. Die schlüssige Darlegung dieser Praxisbesonderheiten sowohl dem Grunde als auch der Höhe nach obliegt dem zu prüfenden Arzt (§ 5 Abs. 5 RGV 2010).
Davon ausgehend unterliegt der angefochtene Bescheid keiner Beanstandung. Das zugrundeliegende Verordnungsvolumen des Antragstellers beläuft sich auf 643.335,81 EUR. Von diesen Verordnungskosten hat der Antragsgegner für Nichtarzneimittel (Hilfsmittel, Impfstoffe, Porto/Beschaffungskosten) 496,18 EUR abgezogen. Weitere Abzüge betreffen § 5 Abs. 3 RGV (7.210,84 EUR), § 5 Abs. 4 RGV (38.190,32 EUR) sowie nicht aufgeklärte Verordnungen (Rezepturen ohne PZN) über 2,88 EUR. Es verbleiben Arzneikosten in Höhe von 539.340,87 EUR.
Weitere Mehrbedarfe sind nicht nach § 5 Abs. 5 RVG 2010 als Praxisbesonderheit anzuerkennen. Praxisbesonderheiten sind – ebenso nach den RGV wie nach der Konkretisierung durch die Rechtsprechung bei Durchschnittsprüfungen (vgl. Clemens, in: jurisPK-SGB V, a.a.O., § 106 Rdn. 149) – aus der Zusammensetzung der Patienten herrührende Umstände, die sich auf das Behandlungsverhalten des Arztes auswirken und in den Praxen der Vergleichsgruppe nicht in entsprechender Weise anzutreffen sind (BSG, Urteil vom 21.06.1995 – 6 RKa 35/94 -; Senat, Urteil vom 14.12.2011 – L 11 KA 75/10 -). Die betroffene Praxis muss sich nach der Zusammensetzung der Patienten und hinsichtlich der schwerpunktmäßig zu behandelnden Gesundheitsstörungen vom typischen Zuschnitt einer Praxis der Vergleichsgruppe unterscheiden (BSG, Urteil vom 06.09.2000 – B 6 KA 24/99 R -). Dabei ist es grundsätzlich Sache des geprüften Arztes, Praxisbesonderheiten darzulegen und nachzuweisen; ihn trifft die Darlegungslast (BSG Urteil vom 11. 12.2002 – B 6 KA 1/02 R -). Es ist also Angelegenheit des Vertragsarztes – und nicht des Beklagten oder des Gerichts -, entscheidungserhebliche Umstände vorzutragen, die auf eine Abweichung von der Typik der Praxen der Fachgruppe schließen lassen. Der Vertragsarzt ist nicht nur gemäß § 21 Abs. 2 SGB X allgemein gehalten, bei der Ermittlung des Sachverhalts mitzuwirken, insbesondere die ihm bekannten Tatsachen und Beweismittel anzugeben. Im Rahmen der Abrechnung der vertragsärztlichen Leistungen hat er vielmehr eine entsprechende besondere Mitwirkungspflicht aus der Sache selbst, wie sie immer dann besteht, wenn ein Arzt sich auf ihm günstige Tatsachen berufen will und diese Tatsachen allein ihm bekannt oder nur durch seine Mithilfe aufgeklärt werden können (BSG, Urteil vom 15.11.1995 – 6 RKa 58/94 – m.w.N.; Senat, Urteil vom 14.12.2011 – L 11 KA 75/10 -). Die Regelungen des § 5 Abs. 5 und 6 RGV ändern diese von der Rechtsprechung bei Durchschnittsprüfungen entwickelte Rechtskonkretisierung zu Praxisbesonderheiten im Übrigen nicht ab, sondern wiederholen diese nur bzw. erläutern diese (Senat, Urteil vom 14.12.2011 – L 11 KA 75/10 -; vgl. Clemens, a.a.O., § 106 Rdn. 149)
Diesen Vorgaben des § 5 Abs. 5 RGV 2010 genügt das Vorbringen des Antragstellers nicht. Er ist der ihm obliegenden Darlegungspflicht, der grundsätzlich im Verwaltungsverfahren zu genügen ist, nicht hinreichend nachgekommen.
Der Antragsteller hat im Verwaltungsverfahren im Wesentlichen vorgetragen, die Praxis habe einen gastroenterologischen Schwerpunkt und in diesem Zusammenhang fielen erhebliche Medikationskosten an, beispielsweise für die Therapie einer Helibacterradikation. Zudem habe sich aufgrund dieser Praxisbesonderheit ein Patientenkreis eingefunden, der aufgrund von gastroenterologischen Krankheitsbildern der regelmäßigen Verordnung von hochpreisigen Protonenpumpeninihabtoren bedürfe. Demgegenüber hat Antragsteller bereits im Verwaltungsverfahren die Pflicht oblegen, dezidiert zunächst eine besondere Patientenstruktur darzulegen und nachfolgend ggf. auch nachzuweisen. Er hätte konkret (u.a.) zunächst darlegen müssen, bei wie vielen Patienten genau aufgrund welchen Erfordernisses im Einzelnen welche Medikamente für die Therapie einer Helicobatererradikation bzw. eine Protonenumpeninhibator erfolgt ist und aus welchen Gründen sich dann Abweichungen, nämlich eine besondere Patientenstruktur im Vergleich zu den Praxen seiner Fachgruppe, ergeben. Das Vorbringen des Antragstellers gibt weder Erkenntnisse über den Schweregrad der Erkrankung der Patienten und damit die Erforderlichkeit einer medikamentösen Therapie noch über die Anzahl dieser Patienten und den damit verbundenen tatsächlichen Mehraufwand. Die beispielhafte Darlegung der Patienten Kaya, Buecher und Ates genügt diesen Anforderungen nicht. Gleiches gilt für die Behandlung psychosomatischer Patienten und hinsichtlich der Behandlung von Patienten, die lipidsenkender Mittel bedürfen. Zudem hat der Antragsgegner zur Recht bei der Bemessung der Rückforderung nur die tatsächliche Belastung regressiert und insofern Rabatte auf Grund von Vereinbarungen zwischen den Krankenkassen und Pharmaunternehmen (§ 130a Abs. 8 SGB V) ebenso wie Apothekenrabatte (§ 130 SGB V) und Zuzahlungen der Patienten (§ 61 SGB V) herausgerechnet. Die RGV 2010 sah in § 6 Abs. 3 Satz 2 vor, dass von den (Brutto-)Verordnungskosten des Arztes die von den Apotheken gewährten Rabatte sowie die Zuzahlungen der Versicherten subtrahiert werden. Der von dem Beklagten zugrunde gelegte Nettokostenindex beruht auf Angaben der Krankenkassen, an deren Richtigkeit keine Zweifel bestehen (vgl. Senates, Urteil vom 14.12.2011 – L 11 KA 75/19 -). Der Antragsgegner hat schließlich auch den Regressbetrag von 87.754,20 EUR zutreffend berechnet.
Nach alledem musste die Beschwerde Erfolg haben.
III.
Die Entscheidung über den Streitwert beruht auf §§ 52 Abs. 1, 53 Abs. 2 Nr. 4 Gerichtskostengesetz (GKG). Das Interesse des Antragstellers war darauf gerichtet, den Regressbetrag von 87.754,20 EUR behalten zu dürfen. Da in dem auf einstweiligen Rechtsschutz gerichteten Verfahren keine endgültige Zuweisung der geltend gemachten Forderungen erfolgen kann, war das zu berücksichtigende Interesse allein darauf gerichtet, zumindest für die Dauer des Hauptsacheverfahrens über den regressierten Betrag verfügen zu können. Das wirtschaftliche Interesse wird mithin durch den Zeitfaktor "Länge des Verfahrens" und durch das Zinsinteresse bestimmt. Das Zinsinteresse ist vorliegend darauf gerichtet, nicht auf eine etwaige Zwischenfinanzierung angewiesen zu sein. Die Kosten hierfür schätzt der Senat auf 10 % vom regressierten Betrag.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 SGG i.V.m. § 154 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung.
Erstellt am: 05.03.2014
Zuletzt verändert am: 05.03.2014