Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Duisburg vom 10.12.20013 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch im Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Der am 00.00.1951 geborene Antragsteller bezieht Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II.
Mit maschinell erstelltem Schreiben vom 05.09.2013 legte der Antragsgegner dem Antragsteller auf, eine "aktuelle Rentenauskunft seines Rentenversicherungsträgers nach § 109 Abs. 1 S. 2 und 3 SGB VI über den Zeitpunkt des Beginns und der Höhe des Anspruchs auf eine geminderte/ungeminderte Altersrente" bis zum 10.10.2013 vorzulegen. Der Antragsteller sei nach § 12a S. 2 Nr. 1 SGB II verpflichtet, bei Vorliegen der sonstigen Voraussetzungen mit Vollendung des 63. Lebensjahres eine Rente wegen Alters vorzeitig in Anspruch zu nehmen. Um feststellen zu können, ob und inwieweit ein Anspruch auf Leistungen für den Antragsteller bestehe, sei die Einreichung einer Rentenauskunft erforderlich. Für den Bezug von Leistungen sei es erforderlich, dass der Antragsteller alle Tatsachen angibt, die für den Leistungsanspruch entscheidend seien und die notwendigen Nachweise vorlege oder ihrer Vorlage zustimme (§ 60 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 SGB I). Dem Schreiben war der Hinweis beigefügt, dass Geldleistungen entzogen werden könnten, wenn der Antragsteller bis zum genannten Termin nicht reagiert oder die erforderlichen Unterlagen nicht eingereicht habe (§§ 60, 66, 67 SGB I). Dies bedeute, dass der Antragsteller dann keine Leistungen erhalte.
Am 30.09.2013 hat der Antragsteller einstweiligen Rechtsschutz gegen das Schreiben vom 05.09.2013 begehrt.
Durch Beschluss vom 10.12.2013 hat das Sozialgericht Duisburg den Antrag abgelehnt. Auf die Gründe wird Bezug genommen.
Gegen den am 13.12.2013 zugestellten Beschluss hat der Antragsteller am 10.01.2014 Beschwerde eingelegt. Er macht geltend, der Antragsgegner sei nicht berechtigt, die Vorlage einer aktuellen Rentenauskunft zu fordern. Die Pflicht, vorrangige Sozialleistungen in Anspruch zu nehmen, sei nicht sanktionsbewehrt. Außerdem sei die Aufforderung nicht wirksam, da das Schreiben weder den Namen eines Verfassers noch eine Unterschrift trage.
II.
Die zulässige Beschwerde ist unbegründet.
Der Antrag ist im Wege des Meistbegünstigensgrundsatzes dahingehend auszulegen, dass der Antragsteller die vorläufige Feststellung begehrt, dass die Aufforderung des Antragstellers vom 05.09.2013 rechtswidrig ist. Denn aus den Einlassungen des Antragstellers ist erkennbar, dass er sich nicht nur – wie das Sozialgericht angenommen hat – gegen die Form des Schreibens – maschinelle Erstellung ohne Unterschrift -, sondern auch gegen dessen Inhalt wendet. Ein solcher Feststellungsantrag ist in einem einstweiligen Rechtschutzverfahren möglich (vgl. LSG Bayern Beschluss v. 22.04.2013 – L 16 AS 158/13 B m.w.N., siehe auch BSG Urteil vom 28.03.2013 – B 4 AS 42/12 R, Rn. 12 zur Zulässigkeit einer Feststellungsklage zur Klärung des Umfangs der Mitwirkungspflichten i.S.v. § 60 SGB I). Die Beschwerde gegen die Ablehnung eines Feststellungsantrags ist nach §§ 172 Abs. 1, 173 SGG statthaft und nicht nach §§ 172 Abs. 3 Nr. 1, 144 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGG ausgeschlossen.
Nach § 86b Abs. 2 S. 2 SGG kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag eine einstweilige Anordnung zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis treffen, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile notwendig erscheint. Der Erlass einer einstweiligen Anordnung setzt das Bestehen eines Anordnungsanspruchs (d. h. eines materiellen Anspruchs, für den vorläufiger Rechtsschutz begehrt wird) sowie das Vorliegen des Anordnungsgrundes (Unzumutbarkeit, bei Abwägung aller betroffenen Interessen die Entscheidung in der Hauptsache abzuwarten) voraus. Das Vorliegen eines Anordnungsanspruchs und eines Anordnungsgrundes sind auch erforderlich, wenn die begehrte Regelung in einer vorläufigen Feststellung liegt. Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund sind glaubhaft zu machen (§ 86 Abs. 2 S. 4 SGG i.V.m. § 920 Abs. 2 ZPO).
Der Antragsteller hat keinen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht, soweit er zur Vorlage einer Rentenauskunft aufgefordert wird (unten 1). Ein Anordnungsanspruch ist lediglich glaubhaft gemacht, soweit der Antragsgegner den Antragsteller auf die Möglichkeit einer Leistungsversagung nach §§ 60, 66, 67 SGB I hinweist, denn dieser Hinweis ist rechtswidrig (unten 2).
1)Nach § 60 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGB I hat derjenige, der Sozialleistungen beantragt oder erhält, alle Tatsachen anzugeben, die für die Leistung erheblich sind, und auf Verlangen des zuständigen Leistungsträgers der Erteilung der erforderlichen Auskünfte durch Dritte zuzustimmen. Die Mitwirkungsobliegenheiten des SGB I finden auch im Rahmen der Grundsicherung für Arbeitsuchende Anwendung, soweit keine bereichsspezifischen Regelungen gelten. Bei den dem Antragsteller abverlangten Angaben zu Beginn und Höhe des Anspruchs auf eine Altersrente durch Vorlage einer Auskunft des Rentenversicherungsträgers handelt es sich um Tatsachen i.S.v. § 60 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGB I. Zu den für die Bewilligung von Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende zu klärenden Umständen gehört die Frage, ob der Antragsteller nach Vollendung des 63. Lebensjahres verpflichtet ist, einen Antrag auf Altersrente nach § 12a SGB II zu stellen. Nach dieser Vorschrift sind Leistungsberechtigte verpflichtet, Sozialleistungen anderer Träger in Anspruch zu nehmen und die dafür erforderlichen Anträge zu stellen, sofern dies zur Vermeidung, Beseitigung, Verkürzung oder Verminderung der Hilfebedürftigkeit erforderlich ist. Nach Vollendung des 63. Lebensjahres muss eine Rente ausnahmsweise nicht vorzeitig in Anspruch genommen werden, wenn dies nach der auf Grundlage von § 13 Abs. 2 SGB II mit Wirkung ab dem 01.01.2008 erlassenen Unbilligkeitsverordnung (BGBl I S 734 – UnbilligkeitsV) unbillig wäre. Nach der gesetzlichen Konzeption stellen die Verpflichtung zur Inanspruchnahme einer vorzeitigen Altersrente den Grundsatz und die fehlende Pflicht bis zur Vollendung des 63. Lebensjahres bzw. bei Unbilligkeit die Ausnahmen dar (Beschluss des Senats vom 17.07.2013 – L 19 AS 1045/13 B ER m.w.N.; BT-Drs 16/7460 S 12 zu § 13). Falls ein Leistungsberechtigter einen Rentenantrag trotz Aufforderung des Leistungsträgers mit Fristsetzung nicht selbst stellt, kann der Leistungsträger nach § 5 Abs. 3 S. 1 SGB II den Antrag stellen. Der Aufforderung zur Stellung eines Rentenantrags sowie die Antragstellung durch den Leistungsträger stehen im Ermessen des Leistungsträgers (Beschluss des Senats vom 17.07.2013 – L 19 AS 1045/13 B ER m.w.N.).
Der Antragsteller hat 03.01.2014 das 63. Lebensjahr vollendet. Zur Abklärung der Frage, ob er nach § 12a SGB II nach Vollendung des 63. Lebensjahres zur vorzeitigen Rentenantragsstellung verpflichtet ist bzw. eine Antragstellung nach § 3 UnbilligkeitsV unbillig ist, sind der Beginn und die Höhe des Anspruchs auf eine Altersrente von Bedeutung. Nach § 3 UnbilligkeitsV ist die Inanspruchnahme einer vorzeitigen Altersrente unbillig, wenn ein Hilfebedürftiger in nächster Zukunft die Altersrente abschlagsfrei in Anspruch nehmen kann. Daher hat der Antragsgegner den Antragsteller zu Recht zur Vorlage der aktuellen Rentenauskunft aufgefordert.
Gegen die Form des Schreibens bestehen keine Bedenken. Da es sich bei einem Aufforderungsschreiben i.S.v. § 60 Abs. 1 SGB I nicht um einen Verwaltungsakt i.S.v. § 31 SGB X handelt, sind eine Unterschrift oder eine Namenswiedergabe des Behördenleiters, seines Vertreters oder seines Beauftragten nach § 33 Abs. 2 S. 1 SGB X für die Wirksamkeit nicht erforderlich.
2) Jedoch ist der Antragsgegner nicht berechtigt, bei Nichtvorlage der Rentenauskunft Leistungen zu versagen bzw. zu entziehen. Denn dem Antragsgegner steht die Möglichkeit offen, den Antragsteller unter Fristsetzung zur Rentenantragstellung nach § 5 Abs. 3 S. 1 SGB II aufzufordern und bei Unterlassen der Antragstellung innerhalb der Frist selbst einen Antrag zu stellen (vgl. LSG Berlin-Brandenburg Beschluss vom 29.04.2011 – L 5 AS 525/11 B ER, Knickrehm/Hahn in Eicher, SGB II, 3. Aufl., § 12a Rn. 9). Insoweit entspricht der dem Schreiben vom 05.08.2013 beigefügten Hinweis auf die Möglichkeit der Leistungsentziehung oder – versagung bei fehlender Mitwirkung nach § 66 Abs. 3 SGB I nicht der Rechtslage.
Jedoch hat der Antragsteller insoweit keinen Anordnungsgrund glaubhaft gemacht. Ein solcher kann nur bejaht werden, wenn dem Antragsteller schwere und unzumutbare Nachteile drohen, die durch eine Entscheidung in der Hauptsache nicht mehr revidiert werden können. Zwar ist ein Hinweis nach § 66 Abs. 3 SGB I Voraussetzung für eine Leistungsentziehung oder – versagung nach § 66 SGB I. Es sind jedoch keine Anhaltspunkte dafür dargelegt oder ersichtlich, dass der Antragsgegner ein Verfahren nach § 66 SGB I eingeleitet hat. Auch steht dem Antragsteller die Möglichkeit der Inanspruchnahme einstweiligen Rechtschutzes nach bei Erlass eines Bescheides nach § 66 SGB I zur Verfügung. Insoweit ist dem Antragsteller ein Abwarten bezüglich der weiteren Vorgehensweise des Antragsgegners zumutbar.
Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung von § 193 SGG.
Dieser Beschluss kann nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht angefochten werden (§ 177 SGG).
Erstellt am: 06.03.2014
Zuletzt verändert am: 06.03.2014