Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Duisburg vom 11.02.2014 wird zurückgewiesen. Kosten sind nicht zu erstatten. Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren wird abgelehnt.
Gründe:
I.
Der Antragsteller begehrt die Anordnung der aufschiebenden Wirkung einer Klage gegen einen Verwaltungsakt nach § 15 Abs. 1 S. 6 SGB II.
Der am 00.00.1963 geborene Antragsteller ist Fachinformatiker Anwendungsentwicklung. Er bezieht Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts.
Bei einer persönlichen Vorsprache am 16.12.2013 wurde dem Antragsteller der Text einer Eingliederungsvereinbarung unterbreitet. Dem Antragsteller wurde eine Frist zur Stellungnahme bis zum 03.01.2014 eingeräumt. Der Antragsteller sandte den Entwurf der Eingliederungsvereinbarung ohne Unterschrift zurück. Bei einer Vorsprache am 15.01.2014 erklärte der Antragsteller, er verweigere den Abschluss einer Eingliederungsvereinbarung. Eine Eingliederungsvereinbarung sowie ein diese ersetzender Verwaltungsakt widersprächen der Menschenwürde und dem Grundgesetz.
Unter dem 15.01.2014 erließ der Antragsgegner einen Verwaltungsakt mit der Überschrift "Ersatz der Eingliederungsvereinbarung per Verwaltungsakt" unter Berufung auf § 15 SGB II. Eine Eingliederungsvereinbarung mit dem Antragsteller über die zur beruflichen Eingliederung erforderlichen Leistungen sei nicht zustande gekommen. Deshalb würden die Inhalte nach § 15 Abs. 1 SGB II als Verwaltungsakt erlassen. Der Antragsgegner legte die Geltungsdauer für die Zeit vom 15.01.2014 bis zum 14.07.2014 (soweit zwischenzeitlich nichts anderes vereinbart werde), längstens jedoch bis zum Ende des Leistungsanspruchs, fest. Ein Anspruch auf Leistungen aus dem Bescheid bestehe nur, sofern ein Zahlungsanspruch auf SGB II-Leistungen bestehe. Zur Aufnahme einer Beschäftigung auf dem ersten Arbeitsmarkt solle das "Teilziel Bewerbungsoptimierung" verfolgt werden. Hierzu wurde der Antragsteller verpflichtet, monatlich mindestens vier Bewerbungsbemühungen um sozialversicherungspflichtige und/oder geringfügige Beschäftigungsverhältnisse unter Einbezug auch von befristeten Arbeitsstellen und Angeboten von Zeitarbeitsfirmen zu unternehmen und entsprechende Nachweise vorzulegen sowie sich zeitnah, d.h. spätestens am dritten Tag nach Erhalt, auf einen Vermittlungsvorschlag zu bewerben. Der Antragsgegner verpflichtete sich, die Bewerbungsaktivitäten durch die Übernahme von Kosten für schriftliche Bewerbungen auf vorherige Antragstellung und schriftlichen Nachweis nach Maßgabe nach § 16 Abs. 1 SGB II i.V.m. §§ 45 ff. SGB III (Höchstbetrag maximal 260,00 EUR jährlich) und von Fahrtkosten zu Vorstellungsgesprächen auf vorherige Antragstellung und schriftlichen Nachweis zu unterstützen. Er verpflichtete sich, eine Arbeitsaufnahme durch die Gewährung eines Eingliederungszuschusses an den Arbeitgeber bei Erfüllung der gesetzlichen Voraussetzungen und vorheriger Antragstellung durch den Arbeitgeber zu fördern und die Arbeitsuche durch die Aushändigung eines Aktivierungs- und Vermittlungsgutscheins für eine Maßnahme bei einer privaten Arbeitsvermittlung i.H.v. 2.000,00 EUR nach Maßgabe des § 16 Abs. 1 SGB II i.V.m. § 45 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 SGB III bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen zu unterstützen. Zur Aufnahme einer Beschäftigung auf dem ersten Arbeitsmarkt werde das "Teilziel Vermittlungsunterstützung" verfolgt. Hierzu bot der Antragsgegner dem Antragsteller Beratungsleistungen und Unterstützung durch den Arbeitsvermittler am Standort sowie im Rahmen des "Projekts L" (Bundesinitiative Perspektive 50plus – Beschäftigungspakt für Ältere in den Regionen) allgemeine Vermittlungsunterstützung an. Der Antragsteller wurde verpflichtet, auf Einladung ggf. an den Angeboten der allgemeinen Vermittlungsunterstützung im "Projekt L" teilzunehmen. Der Bescheid enthielt eine Belehrung über die Rechtsfolgen eines Verstoßes gegen die festgelegten Pflichten sowie einen Hinweis auf die Verpflichtung des Antragstellers, sich innerhalb des zeit- und ortsnahen Bereichs aufzuhalten.
Mit Schreiben vom 27.01.2014 legte der Antragsteller Widerspruch ein. Der Verwaltungsakt sei hinsichtlich seiner Art und Geltungsdauer inhaltlich unbestimmt. Aus dem Begriff "Bewerbungsbemühungen" ergebe sich nicht, welche Aktivitäten er entfalten müsse. Die Festlegung, er müsse sich auch um eine geringfügige Beschäftigung bemühen, verstoße gegen § 1 Abs. 1 S. 1 und 2 SGB II. Die Aufnahme einer geringfügigen Beschäftigung widerspreche dem Ziel des SGB II, seinen Lebensunterhalt aus eigenen Mitteln und Kräften bestreiten zu können, da er dann weiterhin auf aufstockende Leistungen angewiesen sei. Die Bestimmung, wonach er bei den Bewerbungsbemühungen auch befristete Stellenangebote und Angebote von Zeitarbeitsfirmen einzubeziehen habe, verstoße gegen Art. 12 GG. Hiernach dürfe niemand zu einer bestimmten Arbeit gezwungen werden, außer im Rahmen einer herkömmlichen, allgemeinen, für alle gleichen öffentlichen Dienstleistungspflicht. Zwar sei in § 10 Abs. 1 SGB II geregelt, dass jeder anspruchsberechtigten Person jegliche Arbeit zumutbar sei. Jedoch sei die Berufsfreiheit höher einzuschätzen. Bei Zeitarbeitsfirmen seien unzulässige Arbeitsbedingungen üblich. Die Rechtsfolgenbelehrung müsse individuell gestaltet sein und unterliege sehr strengen Anforderungen. Eine standardisierte Rechtsfolgenbelehrung sei unwirksam. Es sei umstritten, ob die Regelungen zur Ortsabwesenheit in einem eine Eingliederungsvereinbarung ersetzenden Verwaltungsakt aufgenommen werden dürfen.
Der Antragsgegner wies den Widerspruch durch Widerspruchsbescheid vom 18.02.2014 zurück. Hiergegen erhob der Antragsteller am 26.02.2014 Klage (S 35 AS 790/14).
Am 31.01.2014 hat der Antragsteller die Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruches beantragt. Durch Beschluss vom 11.02.2014 hat das Sozialgericht Duisburg den Antrag abgelehnt. Auf die Gründe wird Bezug genommen.
Gegen den am 13.02.2014 zugestellten Beschluss hat der Antragsteller am 05.03.2014 eine als "Nichtzulassungsbeschwerde" bezeichnete Beschwerde mit dem Antrag eingelegt, die Berufung zuzulassen. "Hilfsweise" hat er beantragt, die aufschiebende Wirkung der Klage gegen den Widerspruchsbescheid vom 18.02.2014 anzuordnen. Er vertritt die Auffassung, dass der Bescheid vom 15.01.2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18.02.2014 rechtswidrig ist.
Durch Bescheid vom 19.03.2014 hat der Antragsgegner den angefochtenen Verwaltungsakt für die Zeit vom 15.01.2014 bis 20.01.2014 aufgehoben.
II.
Der Senat legt die vom (unvertretenen) Antragsteller erhobene "Nichtzulassungsbeschwerde" im Wege des Meistbegünstigungsgrundsatzes als Beschwerde gegen die Ablehnung der Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs aus. In Hinblick auf den nach der Zustellung des Beschlusses ergangenen Widerspruchsbescheid vom 18.02.2014 und die am 26.02.2014 erhobene Klage begehrt der Antragsteller nunmehr die Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage. Die Vorschriften der §§ 86a Abs. 1, 86b Abs. 1 S. 1 Nr. 2 SGG unterscheiden entsprechend der Regelung des § 80 Abs. 5 VwGO nicht zwischen der aufschiebenden Wirkung eines Widerspruchs und der einer Klage. Es bedarf daher nach Klageerhebung keiner Prüfung und Entscheidung über die aufschiebende Wirkung der Anfechtungsklage in einem weiteren Verfahren (so auch LSG Berlin-Brandenburg Beschluss vom 20.04.2006 – L 3 B 1138/05 U ER). Das gilt auch, wenn bei Erhebung der Klage über den Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs noch nicht erstinstanzlich entschieden oder wenn – wie im vorliegenden Fall – die erstinstanzliche Entscheidung über die Ablehnung der Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs mit der Beschwerde angefochten wird. In diesen Fällen wird ein anhängiges Verfahren mit dem geänderten Antrag, die aufschiebende Wirkung der Klage anzuordnen, fortgesetzt (Beschluss des Senats vom 04.03.2014 – L 19 AS 183/14 B ER, L 19 AS 184/14 B).
Die Beschwerde ist statthaft und auch im Übrigen zulässig. Der Beschwerdeausschluss des § 172 Abs. 3 Nr. 1 SGG greift nicht ein, da die Berufung gegen einen Eingliederungsverwaltungsakt nicht beschränkt ist.
Die Beschwerde ist unbegründet. Nach § 86b Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGG kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag in den Fällen, in denen der Widerspruch oder die Anfechtungsklage keine aufschiebende Wirkung haben, die aufschiebende Wirkung anordnen. Die Klage hat nach § 39 Nr. 1 SGB II keine aufschiebende Wirkung, da durch den angefochtenen Bescheid als sog. Eingliederungsverwaltungsakt i.S.v. § 15 Abs. 1 S. 6 SGB II die Leistungen des Antragsgegners zur Eingliederung in Arbeit und die entsprechenden Pflichten des Antragsstellers geregelt werden (vgl. zur verfassungsrechtlichen Unbedenklichkeit der Regelung des § 39 SGB II in Bezug auf einen eine Eingliederungsvereinbarung ersetzenden Verwaltungsakt BVerfG Beschluss vom 30.10.2009 – 1 BvR 2395/09).
Bei der Entscheidung über die Anordnung der aufschiebenden Wirkung hat das Gericht eine Abwägung des Interesses des Antragstellers, die Wirkung des angefochtenen Bescheides (zunächst) zu unterbinden (Aussetzungsinteresse), mit dem Vollzugsinteresse vorzunehmen. Die aufschiebende Wirkung ist anzuordnen, wenn das Aussetzungsinteresse das Vollzugsinteresse überwiegt. Bei der Interessenabwägung ist zu berücksichtigen, dass der Gesetzgeber in der vorliegenden Fallgestaltung ein Regel-/Ausnahmeverhältnis angeordnet hat. In der Regel überwiegt das Vollzugsinteresse, wenn der Gesetzgeber die aufschiebende Wirkung von Rechtsbehelfen ausgeschlossen hat (vgl. BSG Beschluss vom 29.08.2011 – B 6 KA 18/11 R, Rn. 12).
Vorliegend überwiegt das Vollzugsinteresse das Aussetzungsinteresse des Antragsstellers. Der angefochtene Bescheid ist nach der im einstweiligen Rechtschutzverfahren möglichen Prüfungsdichte rechtmäßig.
Der Antragsgegner ist berechtigt gewesen, einen Eingliederungsverwaltungsakt nach § 15 Abs. 1 S. 6 SGB II zu erlassen. Nach dieser Vorschrift kann der Leistungsträger, wenn eine Eingliederungsvereinbarung nach § 15 Abs. 1 S. 2 SGB II nicht zu Stande kommt, die Regelungen durch Verwaltungsakt vornehmen. Auch nach der neueren Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG Urteil vom 14.02.2013 – B 14 AS 195/11 R), wonach es sich bei der Vorschrift des § 15 Abs. 1 S. 6 SGB II um eine auf atypische Konstellationen beschränkte, subsidiäre und im gebundenen Ermessen der Verwaltung stehende Handlungsmöglichkeit handelt, ist der Erlass eines Eingliederungsverwaltungsakts nach Ablehnung des Abschlusses einer Eingliederungsvereinbarung durch den erwerbsfähigen Leistungsberechtigten zulässig. Ein Verwaltungsakt i.S.v. § 15 Abs. 1 S. 6 SGB II kann ergehen, wenn nach einer Verhandlungsphase keine Einigung über den Abschluss oder den Inhalt einer Eingliederungsvereinbarung zu Stande gekommen ist, wobei der Grund für das Scheitern der Vertragsverhandlungen unerheblich ist (vgl. Berlit in LPK-SGB II, 5 Aufl., § 15 Rn. 43 m.w.N.; Müller in Hauck/Noftz, SGB II, § 15 Rn. 24, 31; Kador in Eicher, SGB II, 3 Aufl., § 15 Rn. 63; vgl. zum Vorliegen eines atypischen Falls bei beharrlicher Weigerung, eine Eingliederungsvereinbarung abzuschließen, Urteil des Senats vom 17.02.2014 – L 19 AS 749/13).
Die Verhandlungen zwischen dem Antragsteller und dem Antragsgegner sind gescheitert. Der Antragsteller hat den vom Antragsgegner vorlegten Entwurf einer Eingliederungsvereinbarung nicht unterzeichnet und erklärt, dass er aus grundsätzlichen Erwägungen den Abschluss einer Eingliederungsvereinbarung ablehne. Soweit der Antragsteller geltend macht, ihm sei keine Möglichkeit zum Führen von Verhandlungen geboten worden, wertet der Senat dies als Schutzbehauptung. Zu einem hat nach dem Vermerk des Antragsgegners das Gespräch am 16.12.2013 45 Minuten gedauert. Zum andern lehnt der Antragsteller – wie sich aus den internen Vermerken des Antragsgegners und den Einlassungen des Antragstellers im Widerspruchsverfahren und einstweiligen Rechtschutzverfahren ergibt – den Abschluss einer Eingliederungsvereinbarung aus grundsätzlichen Erwägungen ab. Der Erlass eines Eingliederungsverwaltungsakts stellt nach dem Scheitern von Vertragsverhandlungen den Regelfall dar. Des bestehenden Ermessens ist sich der Beklagte bewusst gewesen, da er das Vorliegen dieses Regelfalls durch den Vorspann in dem angefochtenen Verwaltungsakt dargelegt hat. Gründe, von dem Erlass eines Verwaltungsakts ausnahmsweise abzusehen, sind nicht ersichtlich.
Die inhaltlichen Regelungen des angefochtenen Bescheides sind nicht zu beanstanden. Der zulässige Regelungsinhalt bestimmt sich nach § 15 Abs. 1 S. 2 SGB II. Danach soll die Eingliederungsvereinbarung, mit der die für die Eingliederung des erwerbsfähigen Hilfebedürftigen erforderlichen Leistungen vereinbart werden, insbesondere bestimmen, 1. welche Leistungen der erwerbsfähige Hilfebedürftige zur Eingliederung in Arbeit erhält, 2. welche Bemühungen der erwerbsfähige Hilfebedürftige in welcher Häufigkeit zur Eingliederung in Arbeit mindestens unternehmen muss und in welcher Form er die Bemühungen nachzuweisen hat, und 3. welche Leistungen Dritter, insbesondere Träger anderer Sozialleistungen, der erwerbsfähige Hilfebedürftige zu beantragen hat. Die Eingliederungsvereinbarung soll für sechs Monate geschlossen werden (§ 15 Abs. 1 S. 3 SGB II). Eine Eingliederungsvereinbarung soll nach systematischer Stellung des § 15 SGB II insbesondere die in § 16 SGB II aufgeführten Eingliederungsleistungen möglichst verbindlich konkretisieren. Diesen Vorgaben entspricht der angefochtene Bescheid.
Gegen die in Ziffer 1 und 2 des Eingliederungsverwaltungsakts festgelegten Pflichten des Antragstellers bestehen keine rechtlichen Bedenken. Es handelt sich um eine Konkretisierung der in § 2 Abs. 1 S. 1 SGB II geregelten Selbsthilfeobliegenheiten. Der erwerbsfähige Hilfebedürftige ist hiernach verpflichtet, eine ihm zumutbare Erwerbstätigkeit zur Verringerung der Hilfebedürftigkeit fortzuführen bzw. jede zumutbare Tätigkeit i.S.v. § 10 SGB II anzunehmen. Die Bewerbung um ein Beschäftigungsverhältnis stellt dabei den ersten Schritt zur Eingliederung in den Arbeitsmarkt und zur Beseitigung der Hilfebedürftigkeit dar (vgl. zum Umfang der Obliegenheit zur Beschäftigungssuche als Teil der Selbsthilfeobliegenheit Berlit, a.a.O., § 2 Rn. 25 f). Art, Umfang und Intensität der zumutbar abzuverlangenden Eigenbemühungen bestimmen sich nach dem Einzelfall. Grundsätzlich ist zur Abwendung der Hilfebedürftigkeit die Aufnahme jeder Arbeit, unabhängig von schulischer und beruflicher Bildung, zumutbar, die ein erwerbsfähiger Leistungsberechtigter im Hinblick auf seine Fähigkeiten und Leistungsvoraussetzungen erfüllen kann und darf (BSG Urteil vom 15.12.2010 – B 14 AS 92/09 R). Vorstellungen, Neigungen und Ansprüche der Leistungsberechtigten sind nur im Rahmen der Zumutbarkeitskriterien des § 10 SGB II zu berücksichtigen (Urteil des Senats vom 17.02.2014 – L 19 AS 749/13; Beschluss des Senats vom 27.08.2007 – L 19 B 38/07 AS ER; LSG Sachsen Urteil vom 18.06.2009 – L 5 AS 79/08). Die Einlassungen des Antragstellers, die Begriffe der Erwerbsfähigkeit und der Zumutbarkeit der Arbeit im SGB II seien nicht geklärt, weshalb auf die im Rentenversicherungsrecht geltenden Grundsätze der Zumutbarkeit einer Tätigkeit im Rahmen des Berufsunfähigkeitsschutzes zurückzugreifen sind, sind nicht zutreffend. Der Begriff der Erwerbsfähigkeit ist in § 8 Abs. 1 SGB II (BSG Urteil vom 21.12.2009 – B 14 AS 42/08 R) sowie der Begriff der "zumutbaren Arbeit" in § 10 SGB II (BSG Urteil vom 15.12.2010 – B 14 AS 92/09 R) definiert. Abgesehen davon gelten die Grundsätze des Berufsunfähigkeitsrechts in der gesetzlichen Rentenversicherung nur noch für Versicherte, die vor dem 02.01.1961 geboren sind (§ 240 SGB VI). Hierzu gehört der Antragsteller nicht.
Die vom Antragsteller abverlangten Eigenbemühungen sind hinreichend bestimmt. Aus der Tatsache, dass der Antragsgegner weder die Form der Bewerbungen – schriftlich, persönlich, telefonisch, per E-mail – noch die zu nutzenden Medien für die Stellensuche näher konkretisiert hat, folgt nicht, dass die festgelegte Pflicht – Bewerbung um eine Arbeitsstelle – unbestimmt ist. Vielmehr kann der Antragsteller selbst bestimmen, wie er dieser Pflicht genügt. Falls dem Vorbringen des Antragstellers entnommen werden soll, dass er nicht in Lage ist, Bewerbungen um eine Arbeitstelle in Eigenverantwortung selbst zu organisieren, kann er die in Ziffer 2 des Eingliederungsverwaltungsaktes angebotene Beratung und Unterstützung seines Arbeitsvermittlers in Anspruch nehmen. Zur Beseitigung etwaiger Defizite dient auch die Teilnahme an den Angeboten des "Projekts L".
Es ergeben sich weder aus der Akte noch aus dem Vortrag des Antragstellers Anhaltspunkte, aus welchem Grund ihm die auferlegten Eigenbemühungen nicht zumutbar sein sollen. Zumutbar sind auch die Aufnahme einer Tätigkeit, die unterhalb der erworbenen Qualifikationen und Erfahrungen liegt (§ 10 Abs. 2 Nr. 1, 2 SGB II), einer geringfügigen oder befristeten Beschäftigung sowie bei einer Zeitarbeitsfirma (§ 10 Abs. 2 Nr. 4 SGB II). Auch das Entgelt aus einer geringfügigen oder befristeten Beschäftigung verringert die Hilfebedürftigkeit eines Leistungsberechtigten, so dass auch das Bemühen um eine solche Beschäftigung bzw. die Aufnahme einer solchen Beschäftigung dem in § 2 Abs. 1 S. 1 SGB II statuierten Selbsthilfegrundsatz entspricht. Ein Verstoß gegen das in § 1 Abs. 2 S. 1 und S. 2 SGB II festgelegte Konzept des "Forderns und Förderns" ist unter keinem Gesichtspunkt erkennbar. Das dem SGB II zugrundliegende Konzept des Forderns zeichnet sich gerade dadurch aus, dass die erwerbsfähige leistungsberechtigte Person alle Möglichkeiten zur Beendigung oder Verringerung der Hilfebedürftigkeit ausschöpfen muss (§ 2 Abs. 1 S. 1 SGB II), bevor sie die Hilfe der Allgemeinheit in Anspruch nimmt (BT-Drucks. 15/1516, S. 50). Hieraus folgt die Obliegenheit, bei der Inanspruchnahme von Leistungen nach dem SGB II grundsätzlich jede Arbeit anzunehmen und auszuüben, die die leistungsberechtigte Person annehmen und ausüben kann und darf, um den Zustand der Arbeitslosigkeit und Hilfebedürftigkeit zu beenden bzw. zu verringern (BSG Urteil vom 15.12.2010 – B 14 AS 92/09 R).
Bei der Tätigkeit bei einer Zeitarbeitsfirma handelt es sich um eine rechtlich zulässige Form der Gestaltung von Arbeitsverhältnissen. Die pauschale Einlassung des Antragstellers, wonach Zeitarbeitsfirmen rechtlichen Vorgaben hinsichtlich der Bezahlung von geleisteten Arbeitsstunden bzw. tarifliche Bestimmungen in der Regel nicht beachten würden und damit eine solche Arbeitsaufnahme unzumutbar sei, ist nicht geeignet, die Unzumutbarkeit von Bewerbungen um Tätigkeiten bei Zeitarbeitsfirmen zu belegen. Der Antragsteller ist nicht verpflichtet, ein Beschäftigungsverhältnis, dessen Inhalt gegen rechtliche oder tarifliche Vorgaben zur Gestaltung der Arbeitsverhältnisse verstößt, aufzunehmen. Dies berechtigt ihn aber nicht, aus grundsätzlichen Erwägungen bestimmte Arbeitgeber von seinen Bewerbungsbemühungen auszuschließen. Er ist verpflichtet, jedes Stellenangebot unvoreingenommen zu prüfen und sich ggf. zu bewerben.
Individuelle Gründe, die gegen die Zumutbarkeit der Aufnahme der im angefochtenen Verwaltungsakt beschriebenen Tätigkeitsfelder i.S.v. § 10 Abs. 1 SGB II sprechen, ergeben sich weder aus dem Akteninhalt noch aus dem Vortrag des Antragstellers.
Die Frequenz der abverlangten Bewerbungsbemühungen – mindestens vier Bewerbungen monatlich – ist nicht zu beanstanden (Urteil des Senats vom 17.02.2014 – L 19 AS 749/13 m.w.N., LSG Bayern Beschluss vom 22.01.2013 – L 16 AS 381/11; BSG Urteil vom 20.10.2005 – B 7a AL 18/05 R, wonach zwei Bewerbungen pro Woche unter jedem denkbaren Gesichtspunkt zumutbar sind).
Dem Antragsteller ist zumutbar, sich zeitnah auf vom Antragsgegner übersandte Vermittlungsvorschläge zu bewerben. Dies gilt auch für die Pflicht, auf Einladung des Antragsgegners an den Angeboten der allgemeinen Vermittlungsunterstützung des "Projekts L" teilzunehmen. Soweit der Antragsteller geltend macht, er werde durch diese ggf. sanktionsbewehrte Verpflichtung allein aufgrund seines Alters gegenüber Personen unter 50 Jahren diskriminiert, was gegen § 2 Abs. 1 AGG verstoße, ist anzumerken, dass nach § 2 Abs. 2 AGG für Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch – § 33c SGB II einschlägig ist. Diese Vorschrift verbietet bei der Inanspruchnahme sozialer Rechte nur Differenzierungen nach der Rasse, der ethnischen Herkunft oder einer Behinderung, nicht aber Differenzierungen aufgrund des Alters (zur Vereinbarkeit des § 33c SGB I mit europarechtlichen Vorgaben BSG Urteil vom 25.06.2009 – B 3 KR 7/08). Abgesehen davon ist ohnehin nicht ersichtlich, aus welchem Grund das Angebot zur Teilnahme an einem Projekt, das auf die Bedarfe von über 50 jährigen Arbeitssuchenden zugeschnitten ist (vgl. Homepage des Projekts L F: www.L-F.de), den Antragsteller gegenüber jüngeren Arbeitslosen diskriminieren soll, auch wenn der Antragsteller nach einer Einladung zur Teilnahme verpflichtet ist.
Die vom Antragsgegner in Ziffer 1 übernommenen Verpflichtungen zur Unterstützung der Bewerbungsaktivitäten stehen in einem ausgewogenen Verhältnis zu den Obliegenheiten des Antragstellers. Es ist nicht zu beanstanden, dass die Pflichten des Antragsgegners weniger konkret formuliert sind, als die des Antragstellers. Zwar sind die Leistungen, die der Hilfebedürftige nach § 16 SGB II zur Eingliederung vom Träger erhalten soll, möglichst verbindlich und konkret zu bezeichnen. Jedoch ist zu beachten, dass zum Zeitpunkt des Abschlusses die weitere Entwicklung für die nächsten sechs Monate noch nicht in allen Einzelheiten überblickt werden kann. Daher besteht ein Bedürfnis, die Förderungsmaßnahmen zunächst allgemeiner zu formulieren. Dies ist auch nach den gesetzlichen Vorgaben (§ 15 Abs. 1 S. 2 SGB II) so vorgesehen. Nach dieser Vorschrift sind nicht nur die Eigenbemühungen des Leistungsberechtigten zu vereinbaren, sondern auch deren Häufigkeit und in welcher Form der Nachweis zu erbringen ist. Die Leistungspflicht des Leistungsträgers wird dagegen nur allgemein beschrieben (vgl. LSG Sachsen-Anhalt Urteil vom 18.04.2013 – L 5 AS 91/12 m.w.N.).
Im Hinblick darauf, dass dem Antragsteller nicht die Pflicht von kostenträchtigen Bewerbungsmaßnahmen auferlegt wird, ein erwerbsfähiger Leistungsberechtigter die Kosten einer Beschäftigungssuche grundsätzlich selbst zu tragen hat (Berlit, a.a.O., § 2 Rn. 27), der Antragsgegner hinsichtlich der Übernahme von Bewerbungskosten als Leistungen aus dem Vermittlungsbudget ein Entschließungs- und Auswahlermessen hat, die Bedingungen für die Erstattung von Kosten – vorherige Antragstellung, Erstattung auf Nachweis – sowie die Höhe der erstattungsfähigen Kosten in dem angefochtenen Bescheid hinreichend konkretisiert sind, sind die Regelungen zur Übernahme von Bewerbungskosten nicht zu beanstanden.
Ebenso ist die Verpflichtung des Antragsgegners zur Gewährung eines Eingliederungszuschusses an den Arbeitgeber und zur Erteilung eines Aktivierungs- und Vermittlungsgutscheins unter dem Vorbehalt der Erfüllung der gesetzlichen Vorgaben und eines Antrags des Arbeitsgebers nicht zu beanstanden.
Die Rechtsfolgenbelehrung zu den Folgen eines Verstoßes gegen die im Bescheid festgelegten Pflichten entspricht den gesetzlichen Anforderungen.
Die durch den Bescheid vom 19.03.2014 geänderte Geltungsdauer entspricht § 15 Abs. 1 S. 3 SGB II. Der Vorbehalt "soweit zwischenzeitlich nicht anderes vereinbart wird, längstens bis zum Ende des Leistungsanspruchs" ist nicht zu beanstanden. Eine Eingliederungsvereinbarung und ein Eingliederungsverwaltungsakt können jederzeit durch eine einverständliche Vereinbarung geändert werden. Auch kann der Leistungsträger einen Eingliederungsverwaltungsakt zu Gunsten des Antragstellers bzw. unter den Voraussetzungen der §§ 45, 48 SGB X zu Ungunsten des Antragstellers abändern. Da die Gewährung von Leistungen zur Eingliederung in Arbeit nach § 16 SGB II voraussetzt, dass der erwerbsfähige Leistungsberechtigte die Anspruchsvoraussetzungen des § 7 SGB II erfüllt, also berechtigt ist, Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts zu beziehen (BSG Urteil vom 06.09.2007 – B 14/7b AS 36/06 R, Rn 13), ist der Verknüpfung von Ansprüchen aus dem Verwaltungsakt mit einem Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts zulässig. Es handelt sich insoweit um eine zulässige Nebenbestimmung i.S.d. § 32 Abs. 1 SGB X.
Der angefochtene Bescheid beeinträchtigt die Grundrechte des Antragstellers nicht. Das Grundgesetz gebietet nicht die Gewährung voraussetzungsloser Geldleistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts (vgl. z.B. BVerfG Nichtannahmebeschluss vom 07.07.2010 – 1 BvR 2556/09). Das Grundrecht auf ein menschenwürdiges Existenzminimum gewährleistet keinen von Mitwirkungsobliegenheiten und Eigenaktivitäten unabhängigen Anspruch auf Sicherung eines Leistungsniveaus.
Die Regelung des § 15 Abs. 1 S. 3 SGB II als Ermächtigungsgrundlage für den Erlass eines Eingliederungsverwaltungsakts verstößt nicht gegen die in Art. 2 GG garantierte Vertragsfreiheit (zur verfassungsrechtlichen Unbedenklichkeit der Eingliederungsvereinbarung als Instrument zur Förderung der Eingliederung von erwerbsfähigen Leistungsberechtigten in Arbeit Beschluss des Senats vom 20.03.2014 – L 19 AS 373/14 B ER m.w.N.). Ergeht die Eingliederungsvereinbarung als Verwaltungsakt, hat der Antragsteller die Möglichkeit, die getroffenen Regelungen gerichtlich überprüfen zu lassen. Insoweit liegt ein anfechtbarer Verwaltungsakt vor; ein Eingriff in die Vertragsfreiheit des Klägers ist damit nicht verbunden (vgl. LSG Hamburg Urteil vom 15.11.2012 – L 4 AS 73/12; LSG Sachsen-Anhalt Beschluss vom 10.02.2014 – L 5 AS 997/13 B).
Der Eingliederungsverwaltungsakt schränkt die freie Berufswahl bzw. -ausübung (Art. 12 GG) des Antragstellers nicht rechtswidrig ein (vgl. hierzu LSG Hamburg Urteil vom 15.11.2013 – L 4 AS 73/12 m.w.N.; LSG Nordrhein-Westfalen Beschluss vom 14.05.2012 – L 7 AS 557/12 B ER; siehe auch Rixen in Eicher, SGB II, 3 Aufl., § 10 Rn 14 ff zum Verhältnis der Zumutbarkeitsgründe des § 10 SGB II zu Art. 12 GG m.w.N.). Dies gilt sowohl für die in Ziffer 1 des Bescheids enthaltene Obliegenheit, monatlich mindestens vier Bewerbungen nachzuweisen, als auch für die Obliegenheiten, sich zeitnah auf Vermittlungsvorschläge zu bewerben und an Angeboten der allgemeinen Vermittlungsunterstützung des "Projekts L" teilzunehmen und die damit verbundene Sanktionsandrohung. § 2 Abs. 1 SGB II, wonach erwerbsfähige Leistungsberechtigte alle Möglichkeiten zur Beendigung oder Verringerung ihrer Hilfebedürftigkeit ausschöpfen und an allen Maßnahmen zu ihrer Eingliederung aktiv mitzuwirken haben, ist ungeachtet der Frage, ob überhaupt ein Eingriff in den Schutzbereich von Art. 12 GG vorliegt (verneinend LSG Nordrhein-Westfalen Beschluss vom 14.05.2012 – L 7 AS 557/12 B ER; hierzu auch Urteil des Senats vom 17.02.2014 – L 19 AS 749/13) mit dem Gesetzesvorbehalt in Art. 12 GG und dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit vereinbar. Als Kehrseite der aus dem Sozialstaatsprinzip folgenden staatlichen Verpflichtung zur Sicherung des Existenzminimums ist der Gesetzgeber berechtigt, den Leistungsberechtigten auf zumutbare Selbsthilfemöglichkeiten zu verweisen. Der Senat schließt sich insoweit der Auffassung des Bundesverwaltungsgerichts an, das bereits zu den entsprechenden Vorschriften des Bundessozialhilfegesetzes festgestellt hat, dass die Regelungen über gemeinnützige Arbeit in § 19 Abs. 2 BSHG und über den Verlust des Anspruchs auf Sozialhilfe bei Weigerung, zumutbare Arbeit zu leisten, mit höherrangigem Recht vereinbar sind und insbesondere nicht in Widerspruch zu Art. 12 Abs. 2 und 3 GG stehen (vgl. BVerwG Beschluss vom 23.02.1979 – 5 B 114/78; siehe Rixen, a.a.O., § 10 Rn. 23 f).
Die Hinweise zur Obliegenheit des Antragstellers, ortsanwesend zu sein, sind nicht rechtswidrig. Der angefochtene Eingliederungsverwaltungsakt begründet insoweit keine eigenständige Verpflichtung, sondern enthält nur Erläuterungen zu dem in § 7 Abs. 4a SGB II geregelten Leistungsausschluss für erwerbsfähige Leistungsberechtigte, die sich ohne Zustimmung des zuständigen Trägers außerhalb des zeit- und ortsnahen Bereichs aufhalten und deshalb nicht für die Eingliederung zur Verfügung stehen (vgl. hierzu LSG Bayern Beschluss vom 22.01.2013 – L 16 AS 381/11; LSG Schleswig-Holstein Beschluss vom 20.06.2013 – L 6 AS 89/12; LSG Hamburg Urteil vom 15.11.201 – L 4 AS 73/12). Diese Vorschrift, die als Leistungsausschluss konzipiert ist, bezweckt die missbräuchliche Inanspruchnahme von Fürsorgeleistungen zu vermeiden (BT-Drucks 16/1696, S 26) und die Aktivierung des erwerbfähigen Leistungsberechtigten an der Mitarbeit zur Eingliederung (vgl. hierzu BSG Urteil vom16.05.2012 – B 4 AS 166/11 R, Rn 22f).
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.
Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren war abzulehnen. Die Rechtsverfolgung bietet keine hinreichende Erfolgsaussicht i.S.v. § 73a Abs. 1 S. 1 SGG i.V.m. § 114 ZPO.
Dieser Beschluss ist nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht anfechtbar (§ 177 SGG).
Erstellt am: 16.04.2014
Zuletzt verändert am: 16.04.2014