Die Beschwerde der Klägerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts Detmold vom 16.09.2013 wird zurückgewiesen.
Gründe:
I.
Die Klägerin wendet sich gegen die Ablehnung ihres Antrages auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für ein Klageverfahren, in dem um die Höhe der für ein Widerspruchsverfahren nach § 63 SGB X zu erstattenden Gebühren für anwaltliche Tätigkeit gestritten wird.
Mit Schreiben vom 25.06.2012 mahnte die Beklagte eine Forderung des Leistungsträgers nach dem SGB II i.H.v. 79,79 EUR an und setzte Mahngebühren gem. § 19 Abs. 2 VwVG i.H.v. 0,80 EUR fest. Die Mahnung enthält die Rechtsbehelfsbelehrung, wonach gegen die Festsetzung der Mahngebühren der Widerspruch zulässig sei. Mit Schreiben vom 03.07.2012 legte die anwaltlich vertretene Klägerin gegen den Mahngebührenbescheid Widerspruch unter Hinweis auf die aufschiebende Wirkung eines gegen den zugrundeliegenden Bescheid des SGB II-Leistungsträgers eingelegten Widerspruchs ein. Die Beklagte hob die Festsetzung der Mahngebühr mit Bescheid vom 06.07.2012 auf. Die im Widerspruchsverfahren entstandenen notwendigen Aufwendungen würden auf Antrag erstattet. Die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten werde nicht als notwendig anerkannt. Der Bescheid enthält die Rechtsbehelfsbelehrung, wonach er mit dem Widerspruch anfechtbar sei.
Gegen den Bescheid vom 06.07.2012 legte die anwaltlich vertretene Klägerin mit Schreiben vom 19.07.2012 Widerspruch mit der Begründung ein, zu Unrecht habe die Beklagte die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten als nicht notwendig angesehen. Die Beklagte half dem Widerspruch mit Bescheid vom 03.12.2012 unter Aufhebung des Bescheides vom 06.07.2012 und Anerkennung der Notwendigkeit der Hinzuziehung eines Bevollmächtigten ab. Die im Widerspruchsverfahren entstandenen notwendigen Aufwendungen würden auf Antrag erstattet.
Mit Schreiben vom 07.12.2012 übersandten die Prozessbevollmächtigten der Klägerin eine Vergütungsrechnung eines von ihnen beauftragten Unternehmens vom 10.12.2012 mit der Bitte um Erstattung. Sie machten für das Widerspruchsverfahren eine Geschäftsgebühr von 240,00 EUR (2400 VV RVG), eine Pauschale von 20,00 EUR (7002 VV RVG) sowie Umsatzsteuer, insgesamt 309,40 EUR, geltend.
Mit Bescheid vom 17.12.2012 setzte die Beklagte erstattungsfähige Kosten 195,16 EUR fest. Den hiergegen eingelegten Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 28.02.2013 zurück. Eine hälftig unter dem Mittelwert liegende Gebühr sei als angemessen anzusehen.
Am 28.03.2013 hat die Klägerin Klage gegen die Gebührenfestsetzung für das Widerspruchsverfahren erhoben und beantragt,
die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 17.12.2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28.02.2013 zu verurteilen, die Kosten des Widerspruchsverfahrens vom 19.07.2013 gegen den Bescheid vom 06.07.2012 i.H.v. 309,40 EUR abzgl. der bereits gezahlten 195,16 EUR zu tragen.
Mit Beschluss vom 16.09.2013 hat das Sozialgericht den für dieses Verfahren gestellten Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe wegen fehlender hinreichender Erfolgsaussicht abgelehnt. Auf die Begründung des am 26.09.2013 zugestellten und mit der Beschwerde vom 24.10.2013 angefochtenen Beschlusses wird Bezug genommen; hinsichtlich der Einzelheiten auf den Akteninhalt im Übrigen.
II.
Die zulässige Beschwerde ist unbegründet.
Prozesskostenhilfe steht der Klägerin nicht zu, weil die beabsichtigte Rechtsverfolgung keine hinreichende Erfolgsaussicht i.S.v. § 73a Abs. 1 S. 1 SGG, 114 ZPO aufweist. Höhere als die mit Bescheid vom 17.12.2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28.02.2013 für das Widerspruchsverfahren festgesetzte Gebühren stehen nicht zu.
Die geltend gemachte Gebühr von 240,00 EUR für das Tätigwerden im Widerspruchsverfahren ist im Hinblick auf den Umfang und die Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit, die Bedeutung der Angelegenheit und die Einkommens- und Vermögensverhältnisses des Auftragsgebers i.S.v. § 14 RVG unbillig. Der sich aus Nr. 2400 VV RVG in der Fassung bis zum 31.07.2013 (a.F.) ergebende Gebührenrahmen beträgt 40,00 EUR bis 520,00 EUR. Innerhalb dieses Rahmens bestimmt der Prozessbevollmächtigte nach § 14 Abs. 1 RVG die Höhe der Geschäftsgebühr unter Berücksichtigung aller Umstände, insbesondere der Bedeutung der Angelegenheit, des Umfangs und der Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit, der Vermögens- und Einkommensverhältnisse des Auftraggebers und ihres besonderen Haftungsrisikos (§ 14 Abs. 1 S. 3 RVG). Bei der Bestimmung der Betragsrahmengebühr im konkreten Einzelfall ist von der Mittelgebühr auszugehen, die bei einem Normal-/Durchschnittsfall als billige Gebühr zu Grunde zu legen ist. Unter einem "Normalfall" ist ein Fall zu verstehen, in dem sich die Tätigkeit des Rechtsanwalts unter Beachtung der Kriterien des § 14 Abs. 1 RVG nicht nach oben oder unten vom Durchschnitt aller sozialrechtlichen Fälle abhebt (BSG Urteil vom 01.07.2009 – B 4 AS 21/09 R, Rn. 24). Ob ein Durchschnittsfall vorliegt, ergibt sich aus dem Vergleich mit den sonstigen bei den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit anhängigen Streitsachen. Die Mittelgebühr beträgt 280,00 EUR, die Schwellengebühr beläuft sich auf 240,00 EUR. Bei Abweichungen von einem Durchschnittsfall kann der Rechtsanwalt nach § 14 Abs. 1 S. 1 RVG eine geringere oder höhere Gebühr bis zur Grenze des vorgegebenen Rahmens ansetzen. Hinsichtlich der Überprüfung der Billigkeit einer solchen angesetzten Gebühr billigt die Rechtsprechung dem Rechtsanwalt einen Toleranzrahmen von bis zu 20 % zu (BSG Urteil vom 01.07.2009 – B 4 AS 21/09 R, Rn. 19 m.w.N). Entgegen der Auffassung der Bevollmächtigten der Klägerin stehen die in § 14 Abs. 1 RVG aufgezählten fünf Bemessungskriterien selbständig und gleichwertig nebeneinander. Sämtliche Kriterien sind geeignet, ein Abweichen von der Mittelgebühr nach oben und unten zu begründen. Zudem kann das Abweichen eines Bemessungskriteriums von jedem anderen Bemessungskriterium kompensiert werden (BSG Urteil vom 01.07.2009 – B 4 AS 21/09 R, Rn 38). Eine unterschiedliche Gewichtung der Kriterien findet im Gesetz keine Stütze.
Bei wertender Gesamtbetrachtung ist die von dem Prozessbevollmächtigten geltend gemachte Geschäftsgebühr von 240,00 EUR bei weitem überhöht, der Ansatz der Beklagten von 120,00 EUR, das Dreifache der Mindestgebühr von 40,00 EUR, erscheint nicht als zu niedrig. Es handelt sich um einen weit unterdurchschnittlichen Fall.
Die Bedeutung der Angelegenheit für die Klägerin war unterdurchschnittlich. Bei der Beurteilung der Bedeutung der Angelegenheit ist auf die unmittelbare tatsächliche, ideelle, gesellschaftliche, wirtschaftliche oder rechtliche Bedeutung für den Auftraggeber, nicht aber für die Allgemeinheit abzustellen (vgl. BSG Urteil vom 01.07.2009 – B 4 AS 21/09 R, Rn. 37). Gegenstand des Widerspruchsverfahrens war keine Leistung, die das soziokulturelle Existenzminimum der Klägerin sichert, sondern die Feststellung der Notwendigkeit der Hinzuziehung eines Rechtsanwalts zum Widerspruchsverfahren nach § 63 Abs. 2 SGB X als Voraussetzung für die Erstattungsfähigkeit von anwaltlichen Gebühren nach § 63 Abs. 3 SGB X ist. Bei Kosten der Inanspruchnahme eines Rechtsanwalts handelt es sich nicht um einen Bedarf, der von den Regelungen des SGB II gedeckt ist (vgl. hierzu BSG Beschluss vom 27.09.2010 – B 4 AS 98/10 B). Im Hinblick auf die Höhe des in Rede stehenden Gebührenanspruchs ist die Bedeutung im Vergleich mit den sonstigen bei den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit anhängigen Streitsachen sogar als weit unterdurchschnittlich zu bewerten.
Ebenso weit unterdurchschnittlich war der Umfang der anwaltlichen Tätigkeit im Widerspruchsverfahren. Bei der Beurteilung des Umfangs der anwaltlichen Tätigkeit sind der Arbeits- und Zeitaufwand, den der Rechtsanwalt tatsächlich in der Sache betrieben hat und den er objektiv auch auf die Sache verwenden musste, zu würdigen (vgl. hierzu BSG Urteil vom 01.07.2009 – B 4 AS 21/09 R, Rn. 26). Die Prozessbevollmächtigten haben im Widerspruchsverfahren zwei Schriftsätze gefertigt, mit denen sie den Widerspruch eingelegt und begründet haben. Zeitintensive Tätigkeiten – wie etwa das Lesen und Auswerten von medizinischen Gutachten, das Verfassen von Schriftsätzen, die sich mit komplexen tatsächlichen oder rechtlichen Fragen auseinandersetzen, die Sichtung und Auswertung von Rechtsprechung, die Einsicht in Akten – sind nach Aktenlage nicht angefallen und auch nicht vorgetragen worden.
Die Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit kann gerade noch vertretbar als durchschnittlich im Sinne der Bearbeitung eines Routinefalles bewertet werden (zu diesem Maßstab BSG Urteil vom 01.07.2009 – B 4 AS 21/09 R, Rn. 35). Als Routinefall auf dem Gebiet des Sozialrechts ist die Darlegung eines Anspruchs auf Leistungen mittels Subsumtion unter die Tatbestandsmerkmale der einschlägigen Rechtsvorschriften, aber ohne umfangreichere Beweiswürdigung und eingehende Auseinandersetzung mit Rechtsprechung und Literatur zu werten. Es sind keine Gesichtspunkte erkennbar, die für eine überdurchschnittliche Schwierigkeit sprechen. Es hat sich bei der im Widerspruchsverfahren maßgeblichen Rechtsfrage – Notwendigkeit der Hinzuziehung eines Rechtsanwalts – um eine überschaubare Rechtsfrage gehandelt, zu der schon eine höchstrichterliche Rechtsprechung bestanden hat.
Hinzu treten die erheblich unterdurchschnittlichen Einkommensverhältnisse der Klägerin, die während des Widerspruchsverfahrens und noch gegenwärtig auf den Bezug von Leistungen nach dem SGB II angewiesen ist. Ein besonderes Haftungsrisiko des Prozessbevollmächtigten ist nicht erkennbar.
Unter Abwägung aller Kriterien des § 14 RVG, die überwiegend als weit unterdurchschnittlich zu bewerten sind, und vor dem Hintergrund, dass bereits unterdurchschnittliche Einkommens- und Vermögensverhältnisse die Unterschreitung der Mittelgebühr rechtfertigen können (vgl. BSG Urteil vom 01.07.2009 – B 4 AS 21/09 R, Rn 38), kommt dem Widerspruchsverfahren daher insgesamt eine weit unterdurchschnittliche Bedeutung zu, so dass der Ansatz einer Gebühr von 120,00 EUR durch die Beklagte nicht zu beanstanden ist. Damit hat der Prozessbevollmächtigte die Toleranzgrenze von bis zu 20% beim Ansatz einer Gebühr von 240,00 EUR (20% von 120,00 EUR = 24,00 EUR) bei weitem überschritten und ist der Ansatz einer Gebühr von 240,00 EUR unbillig.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht erstattungsfähig (§ 73a Abs. 1 S. 1 SGG i.V.m. § 127 Abs. 4 ZPO).
Dieser Beschluss kann nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht angefochten werden (§ 177 SGG).
Erstellt am: 22.05.2014
Zuletzt verändert am: 22.05.2014