Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts Köln vom 06.03.2014 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten der Antragstellerin sind auch im Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Die am 00.00.1963 geborene Antragstellerin bewohnt zusammen mit ihrem am 00.00.1947 geborenen Ehemann eine 71,3 m² große Eigentumswohnung. Im Jahr 2011 hatte das Ehepaar die Wohnung aus Eigenmitteln zu einem Preis von 110.500,00 EUR erworben. Die Eigentumswohnung ist lastenfrei.
Der Ehemann der Antragstellerin war mit der Firma "B" von 1972 bis 2012 selbständig tätig. Im Jahr 2012 gab er die Firma wegen Insolvenz auf. Seit dem 01.01.2013 bezieht der Ehemann der Antragstellerin eine Regelaltersrente von 272,10 EUR monatlich. Er erhält darlehensweise Leistungen nach dem SGB XII im Hinblick auf das Vermögen seiner Ehefrau.
Die Antragstellerin war nach einer Ausbildung zur Werbefachwirtin und einem Studium zur Kommunikationswirtin in der Zeit von 1987 bis 2001 als freie/selbständige Mitarbeiterin tätig. Anschließend war sie im Betrieb ihres Ehemannes ab August 2001 angestellt.
Im Dezember 1986 schloss die Antragstellerin bei der B Lebensversicherung AG eine bis zum 01.01.2017 laufende kapitalbildende Lebensversicherung ab. Bis zur Beitragsfreistellung der Lebensversicherung mit Wirkung zum 01.07.2012 zahlte die Antragstellerin Beiträge i.H.v. insgesamt 129.328,74 EUR ein. Nach einer Auskunft der B Lebensversicherung AG belief sich der vorläufige Rückkaufwert zum 01.07.2012 auf 151.323,46 EUR sowie zum 01.04.2014 auf 168.844,56 EUR. Die Antragstellerin kann bei weiterer Freistellung von Beitragszahlungen bis zum 01.01.2017 eine beitragsfreie Gesamtleistung i.H.v. insgesamt 212.358,37 EUR bei Vertragsende erzielen. Nach einer Renteninformation der Deutschen Rentenversicherung Bund aus dem Jahr 2010 hatte die Antragstellerin zu diesem Zeitpunkt eine Regelaltersrente i.H.v. monatlich 190,62 EUR zu erwarten.
Die Antragstellerin bezog in der Zeit vom 01.04.2012 bis zum 31.03.2013 Arbeitslosengeld, zuletzt i.H.v. 951,00 EUR monatlich. In der Zeit vom 01.06.2013 bis zum 30.11.2013 war die Antragstellerin erwerbstätig.
Durch Bescheid vom 13.05.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14.02.2014 lehnte der Antragsgegner die Bewilligung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts wegen fehlender Hilfebedürftigkeit ab. Die Antragstellerin verfüge über verwertbares Vermögen. Die Verwertung der Lebensversicherung stelle keine besondere Härte i.S.v. § 12 Abs. 3 S. 1 Nr. 6 SGB II dar. Die Antragstellerin habe auch keinen Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts als Darlehen ab. Hiergegen erhob die Antragstellerin am 07.03.2014 Klage (S 22 AS 922/14).
Am 10.02.2014 hat die Antragstellerin beim Sozialgericht Köln einstweiligen Rechtschutz beantragt. Sie hat die Auffassung vertreten, im Hinblick auf den bei einer vorzeitigen Verwertung der Lebensversicherung eintretenden Verlust von mehr als 40.000,00 EUR sei eine besondere Härte gegeben. Die Lebensversicherung sei für die Dauer von 30 Jahren abgeschlossen worden, wobei im Jahr 2011 mehr als 2/3 der Beiträge eingezahlt gewesen seien und nur noch fünf Jahre bis zum Ablauf im Erlebensfall zu warten seien. Die Lebensversicherung diene zu ihrer Alterssicherung.
Die Antragstellerin hat beantragt,
den Antragsgegner zu verpflichten, ihr Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts in gesetzlicher Höhe zu gewähren, hilfsweise als Darlehen.
Durch Beschluss vom 06.03.2014 hat das Sozialgericht Köln den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung abgelehnt. Auf die Gründe wird Bezug genommen.
Gegen den am 07.03.2014 zugestellten Beschluss hat die Antragstellerin am 01.04.2014 Beschwerde eingelegt. Die vorzeitige Verwertung der Lebensversicherung sei unwirtschaftlich bzw. stelle eine besondere Härte dar. Wenn eine beitragsfreie Garantieleistung am 01.01.2017 i.H.v. 212.358,37 EUR zur Auszahlung komme, könne durch eine anschließende Verrentung dieses Betrages eine Alterssicherung erreicht werden. Der mit einer vorzeitigen Kündigung des Lebensversicherungsvertrages verbundene Schaden von ca. 42.000,00 EUR begründe eine besondere Härte. Sie sei bereit, falls der Antragsgegner die Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts darlehensweise gewähre, bis zur Höhe der empfangenen Leistungen die Ansprüche gegenüber dem Lebensversicherungsträger abzutreten sowie das Darlehen zu verzinsen.
II.
Die zulässige Beschwerde ist unbegründet.
Nach § 86b Abs. 2 S. 2 SGG kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag eine einstweilige Anordnung zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis treffen, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile notwendig erscheint. Der Erlass einer einstweiligen Anordnung setzt das Bestehen eines Anordnungsanspruchs (d.h. eines materiellen Anspruchs, für den vorläufiger Rechtsschutz begehrt wird) sowie eines Anordnungsgrundes (Unzumutbarkeit, bei Abwägung aller betroffenen Interessen die Entscheidung in der Hauptsache abzuwarten) voraus. Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund bzw. die besondere Eilbedürftigkeit sind glaubhaft zu machen (§ 86 Abs. 2 S. 4 SGG i.V.m. § 920 Abs. 2 ZPO).
Die Antragsstellerin hat keinen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht. Das Sozialgericht hat zutreffend einen Anspruch auf Leistungen zu Sicherung des Lebensunterhalts verneint. Die Antragstellerin ist nicht hilfebedürftig i.S.v. § 7 Abs. 1 S. 1 Nr. 3, 9 Abs. 1 SGB II. Sie verfügt über zu berücksichtigendes Vermögen in Form einer Kapitallebensversicherung, das ihren Hilfebedarf deckt. Die Kapitallebensversicherung ist verwertbar. Tatsächliche oder rechtliche Hindernisse, die eine Verwertbarkeit – durch vorzeitige Vertragsauflösung, Beleihung oder Teilverkauf an einen Dritten – unmöglich machen, sind nicht ersichtlich und werden von der Antragstellerin nicht geltend gemacht (vgl. zum Begriff der Verwertbarkeit eines Vermögens BSG Urteil vom 20.02.2014 – B 14 AS 10/13 R Rn. 22 m.w.N.).
Der Wert der Kapitallebensversicherung in Form des Rückkaufwertes, einschließlich der Überschussbeteiligung übersteigt die Freibeträge nach § 12 Abs. 2 Nrn. 1, 4 SGB II, die das Sozialgericht zutreffend auf insgesamt 42.800,00 EUR festgesetzt hat, um mehr als das Vierfache. Weitere Freibeträge i.S.v. § 12 Abs. 2 SGB II sind nicht zu berücksichtigen. Die Versicherung der Antragstellerin erfüllt nicht die Voraussetzungen des § 12 Abs. 2 Nr. 2 und 3 SGB II. Es handelt sich weder um bundesrechtlich gefördertes Altersvorsorgevermögen i.S.d. § 12 Abs. 2 Nr. 2 SGB II noch um eine Versicherung mit einem vereinbarten Verwertungsausschluss i.S.d. § 12 Abs. 2 Nr. 3 SGB II. Auf die Gründe, warum ein Verwertungsausschluss nicht vereinbart worden ist, kommt es nicht an (vgl. BSG Urteil vom 20.02.2014 – B 14 AS 10/13 R, Rn. 22 m.w.N).
Die Verwertung der Lebensversicherung ist nach der im einstweiligen Rechtschutzverfahren möglichen Prüfungsdichte in absehbarer und angemessener Zeit möglich, so dass der Antragstellerin bereite Mittel zur Bestreitung ihres Lebensunterhalts zur Verfügung stehen (vgl. zum Erfordernis der Feststellung der zeitlichen Dimension, in der eine Lebensversicherung verwertet werden kann: BSG Urteil vom 20.02.2014 – B 14 AS 10/13 R, Rn. 32 und 25.08.2011 – B 8 SO 19/10 R, Rn 14). Die Antragstellerin ist dem Vortrag des Antragsgegners im Verfahren S 22 AS 922/14, wonach nach den vorliegenden Unterlagen der Lebensversicherungsvertrag nach § 12 VVG monatlich kündbar und damit die Versicherung innerhalb von einem Monat verwertbar sei, weder im Verfahren S 22 AS 922/14 noch im einstweiligen Rechtschutzverfahren entgegengetreten.
Bei der Kapitallebensversicherung handelt es sich nicht um Schonvermögen i.S.v. § 12 Abs. 3 SGB II.
§ 12 Abs. 3 S. 1 Nr. 6 Alt. 1 SGB II greift zu Gunsten der Antragstellerin nicht ein. Entgegen der Auffassung der Antragstellerin ist die Verwertung der Kapitallebensversicherung nicht offensichtlich unwirtschaftlich. Eine offensichtliche Unwirtschaftlichkeit der Verwertung einer Lebensversicherung liegt vor, wenn der bei ihrer vorzeitigen Auflösung zu erzielende Gegenwert in einem deutlichen Missverhältnis zum wirklichen Wert steht. Das Verhältnis zwischen beiden Werten kommt nach der gefestigten Rechtsprechung des BSG zum Ausdruck in der Verlustquote bei einem Vergleich zwischen dem gegenwärtigen Verkehrswert (Rückkaufswert der Versicherung, einschließlich der Überschussbeteiligung abzüglich Kosten der Verwertung) und dem Substanzwert, der sich aus der Summe der auf den Versicherungsvertrag eingezahlten Beiträge beläuft. Dieser auf die Verlustquote abstellende Maßstab ist für die Beteiligten praktikabel und entspricht einem allgemein üblichen ökonomischen Kalkül (vgl. hierzu BSG Urteil vom 20.02.2014 – B 14 As 10/13 R, Rn 36 m.w.N.). Danach ist der sich aus der vorzeitigen Auflösung des Versicherungsvertrages ergebende Verlust im Hinblick auf die prognostizierten Beträge bei regulärem Vertragsende nicht relevant (BSG Urteil vom 11.12.2012 – B 4 AS 29/12 R, Rn 29 m.w.N.). Nach den Angaben der B Lebensversicherung ist der Rückkaufwert der Kapitallebensversicherung höher als die eingezahlten Beträge.
Die Voraussetzungen des des § 12 Abs. 3 S. 1 Nr. 6 Alt. 2 SGB II sind ebenfalls nicht erfüllt. Danach sind Sachen oder Rechte als Vermögen nicht zu berücksichtigen, soweit ihre Verwertung für den Betroffenen eine besondere Härte bedeuten würde. Bei dem Begriff der besonderen Härte handelt es sich um einen unbestimmten Rechtsbegriff, der der vollen gerichtlichen Überprüfung unterliegt. Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG richtet es sich nach den Umständen des Einzelfalls, ob von einer besonderen Härte auszugehen ist. Maßgebend sind dabei nur außergewöhnliche Umstände, die nicht durch die ausdrücklichen Freistellungen über das Schonvermögen (§ 12 Abs. 3 S. 1 SGB II) und die Absetzbeträge nach § 12 Abs. 2 SGB II erfasst werden. § 12 Abs. 3 S. 1 Nr. 6 Alt. 2 SGB II setzt daher voraus, dass die Umstände dem Betroffenen ein deutlich größeres Opfer abverlangen als eine einfache Härte und erst recht als die mit der Vermögensverwertung stets verbundenen Einschnitte (BSG Urteil vom 11.12.2012 – B 4 AS 29/12 R, Rn. 25 m.w.N.). Insoweit begründet der mit einer vorzeitigen Vertragsauflösung verbundene Verlust allein keine besondere Härte.
Dahinstehen kann, ob bei der Antragstellerin in Hinblick auf ihre ca. 14-jährige selbständige Tätigkeit eine atypische Erwerbsbiographie besteht, die zu Lücken im Versicherungsverlauf in der gesetzlichen Rentenversicherung geführt hat und die Notwendigkeit der Inanspruchnahme einer Lebensversicherung wegen zu erwartender niedriger Rentenansprüche nach sich zieht. Allein eine atypische Erwerbsbiographie begründet noch keine besondere Härte. Die Privilegierung einer Lebensversicherung im Rahmen des § 12 Abs. 3 S. 1 Nr. 6 Alt. 2 SGB II kommt nur in Betracht, wenn die Lebensversicherung tatsächlich zur Altervorsorge bestimmt ist. Daher ist erforderlich, dass der Leistungsberechtigte das Vermögen nach Eintritt in den Ruhestand zur Bestreitung des Lebensunterhalts für sich verwenden will und eine der Bestimmung entsprechende Vermögensdisposition getroffen hat (BSG Urteil vom 11.12.2012 – B 4 AS 29/12 R, Rn. 26 m.w.N.). Diese Disposition muss sicherstellen, dass der Zugriff auf das Vermögen vor dem Ruhestand erheblich erschwert wird (vgl. BSG Urteile vom 15.08.2008 – B 14/7b AS 68/06 R, Rn. 32 und – B 14 AS 27/07 R, Rn. 46). Weder aus dem Akteninhalt noch aus dem Vortrag der Antragstellerin ergeben sich Anhaltspunkte für eine solche Disposition. Die Tatsache, dass die Lebensversicherung im Jahr 2017, also bei Vollendung des 54. Lebensjahres der Antragstellerin fällig wird, spricht vielmehr gegen eine Zweckbestimmung zur Altervorsorge. Eine Zweckbestimmung zur Altersvorsorge wird in der Rechtsprechung als zweifelhaft angesehen, wenn eine Lebensversicherung bereits erheblich früher als zur üblichen Altersgrenze fällig gestellt ist (vgl. BSG, Urteil vom 15. 04.2008 – B 14 AS 27/07 R, Rn 46 zur Fälligkeit im 54. Lebensjahr und vom 07.05.2009 – B 14 AS 35/08 R, Rn. 25). Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass die Antragstellerin nicht kurz vor dem Ausscheiden aus dem Erwerbsleben steht und noch Chancen auf einen weiteren Aufbau einer Alterssicherung durch Erwerbstätigkeit hat.
Anhaltspunkte für eine kurze Leistungs- bzw Anspruchsdauer, die eine besondere Härte begründen können, wenn bereits bei Antragstellung die konkret begründete Aussicht bestand, dass Leistungen nur für einen kurzen Zeitraum in Anspruch genommen würden, sind nicht ersichtlich (vgl. BSG Urteile vom 20.02.2014 – B 14 As 10/13 R, Rn 47 und 06.05.2010 – B 14 AS 2/09 R, Rn. 26).
Ein Anspruch auf Gewährung eines Darlehens nach § 24 Abs. 5 SGB II ist ebenfalls nicht glaubhaft gemacht. Die Kapitallebensversicherung ist sofort verwertbar. Ihre Verwertung stellt keine besondere Härte dar. Andere Anspruchsgrundlagen für die Gewährung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts als Darlehen sehen die Regelungen des SGB II nicht vor. Das von der Antragstellerin begehrte Gewährung eines verzinslichen Darlehens verbunden mit einer teilweisen Abtretung ihrer Ansprüche aus dem Versicherungsvertrag zu Gunsten des Antragsgegners mag aus ihrer Sicht wirtschaftlich sein, ist jedoch gesetzlich nicht vorgesehen.
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.
Dieser Beschluss ist nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht anfechtbar (§ 177 SGG).
Erstellt am: 22.05.2014
Zuletzt verändert am: 22.05.2014