Die Berufung der Beklagte gegen das Urteil des Sozialgerichts Gelsenkirchen vom 15.05.2012 wird zurückgewiesen. Die Beklagte hat Gerichtskosten gemäß § 192 SGG in Höhe von 225 Euro sowie die außergerichtlichen Kosten des Klägers im Berufungsverfahren zu tragen. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist die Anerkennung eines Ereignisses vom 12.07.2010 als Arbeitsunfall.
Der 1967 geborene Kläger war zu diesem Zeitpunkt als leitender Angestellter bei der E AG beschäftigt. Am 12.07.2010 nahm er auf Veranlassung seines Arbeitgebers an einem Meeting des Führungskreises II HP 3 – 4 im B Hotel in I teil. Die für zwei Tage vorgesehene Veranstaltung richtete sich an Teamleiter und Mitarbeiter in Führungspostionen und diente u. a. der Verschmelzung von Führungskräftegruppen. Das Programm der Veranstaltung, genannt Agenda, sah neben verschiedenen Themen bzw. Workshops am 12.07.2010 auch den Programmpunkt 09 "Sportliche Abendveranstaltung (Volleyballturnier – Mannschaften à 4 Spieler, siehe anl. Spielplan)" vor. Der Teilnehmerkreis dieses Führungskräfteseminars umfasste ca. 50 – 60 Personen.
Der Kläger nahm am ersten Tag im Anschluss an die Programmpunkte 01 – 08 der Agenda auch als Spieler an dem unter Punkt 09 aufgeführten Volleyballturnier in der Zeit ab 18:00 Uhr teil. Während des Spielgeschehens knickte er bei einer Vorwärtsbewegung um und zog sich eine Weber B – C Fraktur im rechten Fuß zu, die operativ versorgt werden musste.
Mit Bescheid vom 09.09.2010 lehnte es die Beklagte ab, das Ereignis vom 12.07.2010 als Arbeitsunfall anzuerkennen. Zur Begründung führte sie aus, bei der sportlichen Abendveranstaltung habe es sich um eine dem privaten Bereich zuzuordnende Freizeitaktivität gehandelt, die unversichert sei. Der offizielle Teil des Führungskräfteseminars sei um 18:00 Uhr beendet gewesen. Die Teilnahme an der sportlichen Abendveranstaltung habe nicht unmittelbar betrieblichen Belangen gedient.
Hiergegen legte der Kläger mit Schreiben vom 23.08.2010 Widerspruch ein und führte zur Begründung aus, es liege ein Arbeitsunfall vor. Der offizielle Teil des ersten Tages des Führungskräfteseminars sei erst im Anschluss an die sportliche Abendveranstaltung beendet gewesen. Bei der sportlichen Abendveranstaltung habe es sich nicht um eine Freizeitveranstaltung gehandelt. Hierzu legte der Kläger eine Stellungnahme seines Vorgesetzten Herr P vom 29.11.2010 vor. Dieser gab an, das Volleyballturnier sei offizieller Bestandteil der Agenda gewesen und habe dem Zweck der Verschmelzung von bisher zwei Führungskräftegruppen gedient.
Mit Widerspruchsbescheid vom 12.01.2011 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Zur Begründung führte sie aus, dass die Teilnahme am Volleyballturnier, trotz evtl. günstiger Auswirkungen auf die Arbeit im Unternehmen, dem unversicherten persönlichen Lebensbereich zuzurechnen sei, da Freizeit und Unterhaltung bei dieser sportlichen Abendveranstaltung eindeutig im Vordergrund gestanden hätten.
Dagegen hat der Kläger am 07.02.2011 vor dem Sozialgericht Gelsenkirchen (SG) Klage erhoben. Er hat weiter die Auffassung vertreten, das Ereignis vom 12.07.2010 sei als Arbeitsunfall anzuerkennen. Das Volleyballturnier sei sehr wohl Bestandteil der dienstlichen Veranstaltung gewesen, was sich daraus ergebe, dass nach der Agenda der erste Veranstaltungstag erst nach diesem Programmpunkt beendet worden sei. Es bestehe ein innerer Zusammenhang zwischen der Durchführung des Volleyballturniers und der verrichteten Tätigkeit.
Das SG hat in einem Erörterungstermin den Kläger informatorisch angehört und Beweis erhoben durch Vernehmung des Herrn P als Zeugen. Wegen der Angaben im Einzelnen wird auf die Sitzungsniederschrift vom 20.09.2011 (Bl. 27 ff. der Gerichtsakte) Bezug genommen.
Durch Urteil vom 15.05.2012, das im Einvernehmen mit dem Beteiligten ohne mündliche Verhandlung ergangen ist, hat das SG den angefochtenen Bescheid aufgehoben und festgestellt, dass es sich bei dem Unfallgeschehen vom 12.07.2010 um einen Arbeitsunfall gehandelt hat. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, die Teilnahme des Klägers am Volleyballturnier habe in einem inneren Zusammenhang mit seiner Beschäftigung gestanden. Entgegen der Auffassung der Beklagten stelle die Teilnahme keine dem privaten Lebensbereich zuzurechnende Freizeitgestaltung dar. Sie sei Teil des vom Beschäftigungsunternehmen organisierten Führungskräfteseminars gewesen und habe nach den Angaben des Zeugen dem Ziel der Vernetzung der Beteiligten gedient. Der Tagesordnungspunkt sei wegen der Förderung der Teamfähigkeit bzw. Teamfindung in das Programm aufgenommen worden. Der überwiegende Teil der Seminarteilnehmer habe aktiv am Volleyballturnier teilgenommen. Der Kläger habe die sportliche Abendveranstaltung als Teil des Führungskräfteseminars angesehen und nur aus diesem Grund daran teilgenommen. Die im Rahmen des Volleyballspiels während einer Vorwärtsbewegung erlittene Verletzung des Klägers stelle mithin einen Arbeitsunfall dar.
Gegen das ihr am 02.11.2012 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 27.11.2012 Berufung eingelegt. Zur Begründung trägt sie vor, es könne entgegen der Auffassung des SG für sich genommen nicht zu einem inneren Zusammenhang führen, dass das Volleyballspiel zusammen mit dem Abendessen in der Agenda des Seminars enthalten gewesen sei. Vielmehr sei eine klare Trennung zwischen den geschäftlichen Programmpunkten und einer eigenwirtschaftlichen Tätigkeit (Volleyballspiel und Abendessen) zu erkennen. Der rein formale Umstand der Aufnahme eines Programmpunkts führe nicht zu einer Herstellung des inneren Zusammenhanges. Andernfalls würde man es uneingeschränkt in die Hand des Unternehmens legen, den Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung auf sonst unversicherte Tätigkeiten und Aktivitäten auszuweiten. Der Kläger sei arbeitsvertraglich nicht verpflichtet gewesen, aktiv an der Sportveranstaltung teilzunehmen. Allein die Erwartungshaltung bzw. der Wunsch oder die Weisung des Arbeitgebers könne nicht maßgebend sein für die Frage des Versicherungsschutzes. Auch die Erwartung, ein besseres Betriebsklima zu schaffen oder Teambildung zu fördern, könne Versicherungsschutz nicht begründen.
Im Hinblick auf ein Urteil des BSG vom 01.07.1997 trägt die Beklagte darüber hinaus vor, zwar sollten sich die Mitglieder der Abteilungen, die zusammen gelegt wurden, kennen lernen. Es habe jedoch kein dienstlicher Auftrag bestanden, die andere Abteilung zu umwerben oder für die eigenen Zwecke zu beeindrucken. Keine der Abteilungen habe sich dem Willen der anderen unterordnen müssen, um eine Geschäftsbeziehung zu fördern.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Gelsenkirchen zum 15.05.2012 zu ändern und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er hält das Urteil des SG für zutreffend. Ergänzend trägt er vor, das Führungskräfteseminar sei im Hinblick auf die Zusammenlegung der Abteilungen in Recklinghausen und Bielefeld erforderlich gewesen. Der Arbeitgeber habe ein Kennenlernen sowie eine Vernetzung der Standorte untereinander ermöglichen wollen, einschließlich der Förderung der Teamfähigkeit bzw. Teamfindung. Sportliche Veranstaltungen seien offenkundig geeignet, eine Teamfindung sowie Vernetzung der Beteiligten untereinander deutlich zu fördern.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichts- und Verwaltungsakten Bezug genommen. Diese Akten haben vorgelegen und sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung der Beklagten ist zulässig aber unbegründet.
Das SG hat zu Recht der als Anfechtungs- und Feststellungsklage zulässigen Klage stattgegeben, denn der Bescheid vom 09.09.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.01.2011 beschwert den Kläger in seinen Rechten (§ 54 Abs. 2 Satz 1 Sozialgesetzbuch – SGG), weil er rechtswidrig ist. Es besteht ein Anspruch des Klägers auf die Feststellung, dass es sich bei dem Unfallgeschehen vom 12.07.2010 um einen Arbeitsunfall gehandelt hat.
Nach § 8 Abs. 1 Satz 1 SGB VII sind Arbeitsunfälle Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach §§ 2, 3 oder 6 SGB VII begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit). Unfälle sind nach § 8 Abs. 1 Satz 2 SGB VII zeitlich begrenzte, von außen auf den Körper einwirkende Ereignisse, die zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führen. Ein Arbeitsunfall setzt daher voraus, dass der Verletzte durch eine Verrichtung vor dem fraglichen Unfallereignis den gesetzlichen Tatbestand einer versicherten Tätigkeit erfüllt hat und deshalb "Versicherter" ist. Die Verrichtung muss ein zeitlich begrenztes, von außen auf den Körper einwirkendes Ereignis und dadurch einen Gesundheitserstschaden oder den Tod des Versicherten objektiv und rechtlich wesentlich verursacht haben (Unfallkausalität und haftungsbegründende Kausalität; vgl. zuletzt BSG v. 14.03.2013 – B 2 U 15/12 R; BSG v. 04.07.2013 – B 2 U 3/13 R). Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt.
Die Verrichtung zur Zeit des Unfallereignisses – das Volleyballspielen – hat ein Stolpern bzw. einen Sturz und damit einen Unfall und dieser hat einen Fußbruch und folglich einen Gesundheitserstschaden rechtlich wesentlich verursacht. Dieser Unfall ist auch im Zusammenhang und damit "infolge" einer versicherten Tätigkeit des Klägers als Beschäftigter (leitender Angestellter der Telekom) i. S. des § 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII eingetreten.
Der innere (sachliche) Zusammenhang zwischen der versicherten Tätigkeit und der Verrichtung zur Zeit des schädigenden Ereignisses ist wertend zu ermitteln, indem untersucht wird, ob die jeweilige Verrichtung innerhalb der Grenzen liegt, bis zu deren der Versicherungsschutz reicht. Maßstab für die vorzunehmende Wertung ist die im Wege der Normauslegung zu ermittelnde Reichweite des unfallversicherungsrechtlichen Versicherungsschutzes. Da auf dieser Stufe das konkrete Handeln des Versicherten zu bewerten ist, kommt hierbei subjektiven Momenten eine entscheidende Bedeutung zu. Anknüpfungspunkt der Prüfung ist deshalb die "finale Handlungstendenz" des Versicherten zur Zeit der Schädigung, soweit diese durch objektive Umstände des Einzelfalls bestätigt wird (vgl. nur BSG v. 12.04.2005 – B 2 U 11/04 R; BSG v. 09.11.2010 – B 2 U 14/10 R; BSG v. 27.03.2012 – B 2 U 7/11 R; zusammenfassend G. Wagner in jurisPK-SGB VII, 2. Aufl. 2014, § 7 Rn. 27 und § 8 Rn. 28 ff. jeweils m. w. N.).
Im vorliegenden Fall ist das Volleyballspielen des Klägers im Rahmen des von ihm besuchten Führungskräfteseminars erfolgt und damit betrieblich veranlasst gewesen. Für den innerer bzw. sachlicher Zusammenhang mit der als Beschäftigung versicherten Tätigkeit sprechen folgende Gesichtspunkte:
Das Turnier ist Gegenstand des als Agenda bezeichneten Programmes einer zweifelsohne dienstlichen Veranstaltung gewesen. Aus dieser Agenda ergeben sich keine Hinweise auf eine Trennung zwischen dienstlichen Programmpunkten und einer Freizeitbeschäftigung. Eine solche Trennung ist nach den Angaben des Zeugen und des Klägers im Rahmen des Verlaufs des Seminars auch nicht vorgenommen worden. Nach der weiteren Aussage des Zeugen war das Seminar nämlich von vornherein bewusst so konzipiert, dass die Sportveranstaltung Teil des offiziellen Programmes sein sollte, mit dem Ziel, zwei Führungskräftegruppen im Sinne der Teambildung enger zu vernetzen. Insoweit besteht ein wesentlicher Unterschied zu den Fallgestaltungen, in denen (allein) in der Führung von gemeinsamen Gesprächen die betriebliche Veranlassung lag, wie etwa in dem Fall der Entscheidung des BSG v. 27.05.1997 (2 RU 29/96), in der die Teilnahme an einem Tennisturnier zu beurteilen war. Zwar dürfte auch während eines Volleyballspiels die Führung von inhaltlichen Gesprächen kaum möglich sein, doch ist es zum näheren Kennenlernen der Spieler im Sinne der Teambildung durchaus geeignet. Zudem konnte der Kläger aufgrund der objektiven Umstände davon ausgehen, dass das Volleyballspiel zum inhaltlichen Teil des Seminars gehörte und keine Freizeitveranstaltung war. Hierfür spricht nicht nur die Aufnahme des Turniers in die Agenda, sondern auch, dass sogar die Mannschafteinteilung schon im Vorfeld durch die Seminarleitung erfolgte. Nach seinen nachvollziehbaren und glaubhaften Angaben ist er subjektiv auch von einer dienstlichen Veranlassung ausgegangen.
Die Berufungsbegründung der Beklagte ist nicht geeignet, diese Beurteilung infrage zu stellen. So ist das Volleyballturnier gerade nicht nur "formal" in das Programm mit aufgenommen worden. Es kann auch nicht die Rede davon sein, dass mit diesem Programmpunkt lediglich – wie die Beklagte wohl meint – eine vage Erwartungshaltung oder ein Wunsch des Arbeitgebers verbunden war. Vielmehr hatte die Programmgestaltung, wie oben bereits dargelegt, einen zielgerichteten konzeptionellen Hintergrund. Ob der Kläger arbeitsvertraglich verpflichtet war, nicht nur allgemein an dem Seminar, sondern auch an der Sportveranstaltung teilzunehmen, ist ohne Bedeutung. Denn jedenfalls rechtfertigt die auch gegenüber dem Kläger kommunizierte Konzeption als objektiver Gesichtspunkt die subjektive Einstellung des Klägers, zur Teilnahme verpflichtet gewesen zu sein. Letzteres ist für die Beurteilung der Handlungstendenz entscheidend.
Auch der Vortrag der Beklagten (im Hinblick auf die Entscheidung des BSG vom 01.07.1997 – Az. 2 RU 36/96), es habe kein dienstlicher Auftrag bestanden, die andere Abteilung zu umwerben oder für die eigenen Zwecke zu beeindrucken, greift zu kurz. Denn Zweck des Seminars war ja ohnehin nicht, Geschäftsbeziehungen aufzubauen, sondern zwei Abteilungen im Sinne der Teambildung zusammenzuführen. Dies ist eine ganz andere Zielrichtung als die Vertiefung von Geschäftsbeziehungen mit Personen die außerhalb des Unternehmens stehen. Aus den genannten Gründen kann sich die Beklagte auch nicht auf die bereits erwähnte Entscheidung des BSG vom 27.05.1997 (2 RU 29/96) stützen, in der die Teilnahme an einem Tennisturnier zu beurteilen war. In dieser Entscheidung ging es nämlich ebenfalls um die Pflege von Geschäftsbeziehungen. Gleiches gilt für die von der Beklagten noch zitierte Entscheidung des LSG Hessen vom 15.03.2011 (L 3 U 64/06). Dieser Fall betraf ein Fußballspiel zwischen Mitarbeitern zweier Firmen, die geschäftliche Beziehungen pflegten.
Hinzu kommt, dass selbst wenn mit der Beklagten dem Programmpunkt 09 auch ein gewisser Unterhaltungs- bzw. Freizeitwert zugemessen würde, eine andere Beurteilung nicht gerechtfertigt wäre. Dann würde zwar teilweise eine eigenwirtschaftliche Handlungstendenz zu unterstellen sein. Das Volleyballspielen wäre nach den Grundsätzen einer gemischten Tätigkeit bzw. – so die neuere Diktion – als Tätigkeit mit gespaltener Handlungstendenz zu beurteilen (vgl. dazu G. Wagner in jurisPK-SGB VII, 2. Aufl. 2014, § 8 Rn. 48 ff. m. w. N.). Doch läge der Versicherungsschutz nur dann nicht vor, wenn die eigenwirtschaftliche Motivation für die konkrete Betätigung wesentlich gewesen wäre. Dies beurteilt sich danach, ob der Versicherte die Verrichtung hypothetisch auch ohne die betriebliche Veranlassung vorgenommen hätte (vgl. BSG v. 12.05.2009 – B 2 U 12/08 R; BSG v. 18.06.2013 – B 2 U 7/12 R). Hiervon kann nach den glaubhaften Angaben des Klägers nicht ausgegangen werden.
Die Entscheidung, der Beklagten Gerichtskosten aufzuerlegen, beruht auf § 192 Abs. 1 Nr. 2 SGG. Nach dieser Vorschrift kann das Gericht einem Beteiligten ganz oder teilweise die Kosten auferlegen, die dadurch verursacht werden, dass der Beteiligte den Rechtsstreit fortführt, obwohl ihm vom Vorsitzenden die Missbräuchlichkeit der Rechtsverfolgung oder -verteidigung dargelegt worden und er auf die Möglichkeit der Kostenauferlegung bei Fortführung des Rechtsstreits hingewiesen worden ist. Ein Missbrauch liegt dann vor, wenn die Rechtsverfolgung von jedem Einsichtigen als völlig aussichtslos angesehen werden muss. Das Gericht muss es nicht hinnehmen, an der Erfüllung seiner Aufgaben dadurch gehindert zu werden, dass es sich mit erkennbar aussichtslosen Verfahren befassen muss, wodurch anderen Bürgern der ihnen zukommende Rechtsschutz nur verzögert gewährt werden kann. Eine solche Auslegung entspricht der ständigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zur Missbrauchsgebühr in § 34 Abs. 2 Bundesverfassungsgerichtsgesetz (vgl. nur BVerfG, NJW 1996 S. 1273, 1274; Beschluss v. 19.02.2009 – 2 BvR 191/09; zuletzt BVerfG v. 05.11.2013 – 2 BvR 2132/12). Diese Rechtsprechung des BVerfG ist auch zur Auslegung des § 192 SGG heranzuziehen, denn Wortlaut und Zweck beider Vorschriften stimmen überein.
Die Voraussetzungen des § 192 Abs. 1 Nr. 2 SGG liegen hier vor. Die Beklagtenvertreterin ist in der mündlichen Verhandlung darauf hingewiesen worden, dass die Berufung der Beklagten keine Erfolgsaussicht hat und zu prüfen ist, ob der Beklagten Gerichtskosten aufzuerlegen sind. Die Missbräuchlichkeit ergibt sich hier neben der erkennbaren Aussichtslosigkeit daraus, dass sich die Beklagtenvertreterin aufgrund der sachfremden Erwägung einer entgegenstehenden Weisung nicht in der Lage gesehen hat, sich mit der Rechtslage und mit den in der mündlichen Verhandlung erörterten rechtlichen Gesichtspunkten und den dafür ins Feld geführten Argumenten auseinanderzusetzen. Ein solches Verhalten muss ein Obergericht nicht hinnehmen. Was die Höhe angeht hat sich der Senat auf den Mindestbetrag von 225 EUR (§ 192 Abs. 1 Satz 3 i. V. m. § 184 Abs. 2 SGG) beschränkt.
Die Kostenentscheidung im Übrigen beruht auf den §§ 183, 193 SGG.
Anlass zur Revisionszulassung besteht nicht, da die gemäß § 160 Abs. 2 SGG erforderlichen Voraussetzungen nicht vorliegen.
Erstellt am: 20.06.2014
Zuletzt verändert am: 20.06.2014