Die Beschwerde der Antragsteller gegen den Beschluss des Sozialgerichts Duisburg vom 05.05.2014 wird zurückgewiesen. Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten. Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren wird abgelehnt.
Gründe:
Die zulässige Beschwerde ist nicht begründet. Das Sozialgericht hat den Antragsgegner zu Recht nicht zur vorläufigen Zahlung höherer Leistungen verpflichtet und auch den Antrag auf Übernahme von Zahlungsrückständen aus Strom- und Gaslieferverträgen zutreffend abgelehnt.
Die Antragsteller können nicht die vorläufige Gewährung höherer laufender Leistungen zum Lebensunterhalt nach dem Sozialgesetzbuch 2. Buch (SGB II) verlangen, weil es dafür jedenfalls an einem Anordnungsgrund fehlt. Gemäß § 86b Abs. 2 S. 2 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) sind einstweilige Anordnungen zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis nur dann zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Dies ist in Bezug auf die von den Antragstellern verlangten Mehrleistungen nicht der Fall, denn aufgrund der Entscheidung des Sozialgerichts ist gewährleistet, dass ihnen in einem längstens bis zum 16.10.2014 andauernden Übergangszeitraum die nach dem SGB II vorgesehene Regelleistungen bzw. das Sozialgeld zustehen. Es ist nichts dafür ersichtlich, dass ihnen schwere und unzumutbare sowie nachträglich nicht wiedergutzumachende Nachteile entstehen, wenn bis zu einer abschließenden Klärung der Rechtslage während eines beschränkten Zeitraumes das dem Antragsteller zu 2) gewährte Pflegegeld der Pflegestufe I und das ihm gleichfalls gewährte Gehörlosengeld als den Bedarf minderndes Einkommen berücksichtigt werden.
Die Beschwerdeführer weisen zwar zutreffend darauf hin, dass gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 4 der Arbeitslosengeld II/Sozialgeld-Verordnung die nichtsteuerpflichtigen Einnahmen einer Pflegeperson für Leistungen der Grundpflege und der hauswirtschaftlichen Versorgung nicht als Einkommen (beim Anspruchsberechtigten) zu berücksichtigen sind. Es ist jedoch zu berücksichtigen, dass der Antragsteller zu 2) keine Aufwendungen für eine Pflegeperson hat, weil seine erwerbslose Mutter die erforderliche Pflege übernimmt. Auch wegen der Anrechnung des ohnehin nicht bundesweit gewährten Gehörlosengeldes sind keine schwerwiegenden Nachteile ersichtlich, die bis zum Abschluss des Hauptsacheverfahrens eine vorläufige Regelung erfordern. Ein jetzt konkret abzudeckender Mehrbedarf wegen der Gehörlosigkeit des Antragstellers zu 2) wurde weder geltend gemacht noch ist ein solcher ersichtlich.
Die Beschwerdeführer verkennen, dass ihnen eine Leistung bisher lediglich aufgrund einer Interessenabwägung und nicht aufgrund eines Rechtsanspruchs gewährt wird. Es ist deshalb legitim, bei der vorzunehmenden Interessenabwägung auch die Realisierbarkeit eines Rückzahlungsanspruchs zu Gunsten des Antragsgegners bei seiner vorläufigen Verpflichtung zur Leistungsgewährung zu berücksichtigen. Schließlich sollte es auch im Interesse der Antragsteller liegen, nicht möglicherweise mit größeren als unbedingt erforderlichen Rückzahlungsansprüchen belastet zu werden. Unter Berücksichtigung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Rechtssache C-333/13 beim EuGH sieht es der Senat als durchaus fraglich an, dass der Antragstellerin zu 2), die sich zwar seit 2010 im Bundesgebiet aufhält, die bislang aber keine Beschäftigung oder sonstige Tätigkeit ausgeübt hat, Leistungen zustehen.
Ein Anspruch auf Übernahme von Zahlungsrückständen für Energielieferungen gemäß § 22 Abs. 8 SGB II besteht ebenfalls nicht.
Ein Anordnungsgrund für eine Wiederherstellung der Gasversorgung zur Beheizung der Wohnung ist außerhalb der Heizperiode aufgrund der derzeitigen und noch für mehrere Monate zu erwartenden Außentemperaturen, die eine Wohnungsbeheizung nicht erfordern, nicht gegeben.
Auch eine Übernahme von Stromschulden durch Gewährung eines entsprechenden Darlehens durch den Antragsgegner kommt nicht in Betracht, weil zumutbare Selbsthilfemöglichkeiten von den Antragstellern noch nicht ausgeschöpft worden sind. Der Senat schließt sich nach eigener Prüfung der Rechtsprechung des 12. Senats des LSG NRW an, der in einem Beschluss vom 08.10.2012 zum Az. L 12 AS 1442/12 B ER (zur Rn. 20 der Wiedergabe bei juris), ausgeführt hat, vor dem Hintergrund der Regelung in § 2 Abs. 1 SGB II, wonach die leistungsberechtigte Person zur umfassenden Selbsthilfe verpflichtet ist, seien zunächst sämtliche zur Verfügung stehenden Mittel und Möglichkeiten einzusetzen, bevor öffentliche Leistungen zur Schuldentilgung in Anspruch genommen werden dürften. Dies müsse in besonderem Maße für die Übernahme rückständiger Energiekosten gelten, da der Leistungsträger sonst zum Ausfallbürgen der Energieversorgungsunternehmen würde. Das Risiko des Energieversorger, die von ihm an seinen Kunden erbrachten Leistungen auch abgegolten zu erhalten, müsse in dem zu Grunde liegenden rein zivilrechtlichen Rechtsverhältnis vorrangig geklärt werden, bevor ein etwaiger Einstand des Leistungsträgers und damit eine Risikoüberleitung auf den Steuerzahler in Betracht komme (siehe auch Beschluss des erkennenden Senates vom 13.05.2013, Az.: L 2 AS 313/13 B ER, Rn. 48 bei juris). Vor diesem Hintergrund ist es zumutbar, sich im Zivilrechtsweg gegen eine angekündigte oder schon erfolgte Stromsperre zu wenden oder sich um einen Wechsel des Stromversorgers zu bemühen. Ein Lieferantenwechsel ist auch ein durchaus geeignetes Mittel, um durch eine zumutbare Selbsthilfe eine baldige Wiederaufnahme der Stromversorgung zu erreichen. Es ist gerichtsbekannt, dass viele Stromanbieter auf eine Bonitätsprüfung ihrer Neukunden verzichten oder jedenfalls bei Zahlung eines Vorschusses den Abschluss eines Stromliefervertrages vornehmen. Der Netzbetreiber ist dann gemäß § 14 Abs. 4 der Verordnung über den Zugang zu Elektrizitätsversorgungsnetzen (Stromnetzzugangsverordnung) verpflichtet, eine Stromdurchleitung zum Letztverbraucher unverzüglich wiederherzustelle, und kann dies nicht vom Ausgleich von Zahlungsrückständen gegenüber dem bisherigen Stromanbieter abhängig machen. Das Vorbringen der Beschwerdeführer, die Aufforderung den Stromanbieter zu wechseln, stelle zugleich eine Aufforderung dar, einen Eingehungsbetrug zu begehen, ist nicht nachvollziehbar, denn die Beschwerdeführer können aus der ihnen gewährten Regelleistung die Kosten für Haushaltsenergie aufbringen.
Die Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren kam mangels hinreichender Erfolgsaussichten nicht in Betracht.
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung von § 193 SGG.
Dieser Beschluss ist nicht mit einer Beschwerde an das Bundessozialgericht anfechtbar (§ 177 SGG).
Erstellt am: 26.06.2014
Zuletzt verändert am: 26.06.2014