Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts Dortmund vom 07.05.2014 wird zurückgewiesen. Kosten sind auch im Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten. Der Antrag der Antragstellerin auf Gewährung von Prozesskostenhilfe und Beiordnung eines Rechtsanwalts wird abgelehnt.
Gründe:
I.
Die Antragstellerin begehrt im Rahmen eines Verfahrens auf die Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes, die Antragsgegnerin zu verpflichten, ihr Regelleistungen im Rahmen der Grundsicherung im Alter und Leistungen zur Deckung ihrer Bedarfe für Unterkunft und Heizung zu gewähren.
Die am 00.00.1928 geborene Antragstellerin ist estnische Staatsangehörige. Ihren Antrag auf Gewährung von Leistungen der Grundsicherung lehnte die Antragsgegnerin mit Bescheid vom 30.01.2014 ab. Die Antragstellerin habe ihre Bedürftigkeit nicht nachgewiesen. Sie hätte zwar angegebenen lediglich über eine Rente des estnischen Versicherungsträgers i.H.v. ca. 260,00 EUR im Monat zu verfügen. Ehemaliges Grundeigentum in Estland sei verkauft worden. Hierzu fehlten aber aussagekräftige Belege. Es sei ferner fraglich, wo die Antragstellerin auf Dauer lebe. Zumindest in der Vergangenheit habe sie sich häufig für längere Zeit auch in Estland aufgehalten. Es sei ferner unklar, wie sie die Reisen nach Estland finanziert habe und wie sie überhaupt zurückliegend mit der geringen Rente von lediglich 260,00 EUR ihren Lebensunterhalt habe finanzieren können.
Gegen den Bescheid legte die Antragstellerin Widerspruch ein. Im Februar 2014 suchte sie auch um einstweiligen gerichtlichen Rechtsschutz nach. Die Angelegenheit sei dringend. Mittlerweile würde sie von dem Vermieter auf Räumung in Anspruch genommen.
In der Folge hat das Sozialgericht versucht den Sachverhalt weiter aufzuklären, die Antragstellerin hat sich auch weiter eingelassen und ergänzende Unterlagen vorgelegt. Das Sozialgericht hat jedoch mit Beschluss vom 07.05.2014 den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung abgelehnt. Die Leistung sei rechtlich ausgeschlossen, da davon auszugehen sei, dass die Antragstellerin in Deutschland Wohnung genommen habe, um Sozialhilfe zu erlangen.
Gegen den ihr am 08.05.2014 zugestellten Beschluss hat die Antragstellerin am 21.05.2014 Beschwerde eingelegt und die Gewährung von Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren beantragt. Sie widerspricht den Schlussfolgerungen des Sozialgerichts. Die Wohnsitzname in Deutschland sei nicht zur Erlangung von Sozialhilfe erfolgt. Aufgrund eigener Pflegebedürftigkeit sei eine Wohnsitzname in der Nähe des Sohnes, der dasselbe Haus bewohne wie sie, nötig. Im Übrigen sei sie bedürftig. Aktuell drohe die Einstellung der Versorgung mit Gas und Elektrizität.
Die Antragsgegnerin ist dem entgegengetreten. Sie hält den angefochtenen Beschluss für zutreffend. Sie sieht im Weiteren die Bedürftigkeit der Antragstellerin nicht für glaubhaft gemacht an. Die bisher aufgezeigten Aspekte ergänzend macht sie darauf aufmerksam, dass die Antragstellerin nach den vorgelegten Kontoauszügen immer noch monatlich regelmäßige Zahlungen an einen estnischen Energieversorger vornehme.
II.
Die zulässige Beschwerde der Antragstellerin ist unbegründet. Zutreffend hat das Sozialgericht die Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes versagt.
Gemäß § 86b Abs. 2 S. 1 SGG kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustandes die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Dies ist dann der Fall, wenn dem Antragsteller ohne eine solche Anordnung schwere, unzumutbare und nicht anders abwendbare Nachteile entstehen, zu deren Beseitigung eine Entscheidung in der Hauptsache nicht mehr in der Lage wäre (BVerfG, Beschluss vom 25.10.1988, 2 BvR 174/88). Der Erlass einer einstweiligen Anordnung setzt voraus, dass der geltend gemachte Anspruch (Anordnungsanspruch) und die besonderen Gründe für die Notwendigkeit der Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes (Anordnungsgrund) von dem jeweiligen Antragsteller glaubhaft gemacht werden, § 86b SGG i.V.m. §§ 920 Abs. 2, 294 ZPO. Eine Tatsache ist dann glaubhaft gemacht, wenn ihr Vorliegen überwiegend wahrscheinlich ist. Die bloße Möglichkeit des Bestehens einer Tatsache reicht noch nicht aus, um die Beweisanforderungen zu erfüllen. Es genügt jedoch, dass diese Möglichkeit unter mehreren relativ am wahrscheinlichsten ist, weil nach der Gesamtwürdigung aller Umstände besonders viel für diese Möglichkeit spricht (BSG, Beschluss vom 08.08.2001, B 9 V 23/01 B). Die mit einer einstweiligen Anordnung auf die Durchführung einer Maßnahme in der Regel zugleich verbundene Vorwegnahme der Entscheidung in der Hauptsache erfordert darüber hinaus erhöhte Anforderungen an die Glaubhaftmachung des Anordnungsanspruchs und des Grundes, da der einstweilige Rechtsschutz trotz des berechtigten Interesses des Rechtsuchenden an unaufschiebbaren gerichtlichen Entscheidungen nicht zu einer Vorverlagerung der Entscheidung in das Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes führen soll. Erforderlich ist mithin das Vorliegen einer gegenwärtigen und dringenden Notlage, die eine sofortige Entscheidung unumgänglich macht. Soweit es um die Sicherung einer menschenwürdigen Existenz geht, müssen die Gerichte die Sach- und Rechtslage abschließend prüfen bzw. wenn dies nicht möglich ist, auf der Basis einer Folgenabwägung auf Grundlage der bei summarischer Prüfung bekannten Sachlage entscheiden (BVerfG, Beschluss vom 12.05.2005, 1 BvR 569/05, Breithaupt 2005, 830ff mit weiteren Nachweisen, Keller in Mayer Ladewig u.a., SGG, 10. Auflage, § 86b Rn. 29a). Maßgebender Zeitpunkt für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage ist dabei der Zeitpunkt der Entscheidung des Gerichts über den einschlägigen Antrag (vgl z.B. Keller in Meyer-Ladewig u.a., 10.Aufl., § 86b Rn 42).
Weder Anordnungsgrund noch Anordnungsanspruch sind vorliegend glaubhaft gemacht. Insbesondere stellt die Antragstellerin ihre Bedürftigkeit nicht glaubhaft dar. Ihre finanziellen Verhältnisse und Lebensumstände sind undurchsichtig. Im Einzelnen:
Wie die Antragsgegnerin richtig herausgearbeitet hat, ist zunächst nicht zu erklären, wie die Antragstellerin mit angeblichen monatlichen Einnahmen von nur 260,00 EUR ihr zurückliegendes Leben finanzieren konnte, zumal sie in der Zeit von Ende August 2012 bis Oktober 2013 nach eigenen Angaben zumindest viermal zwischen ihrem Heimatland Estland und der Bundesrepublik hin und her gependelt ist. Auch in Estland ist sie von einem Ort zum anderen gereist. Von Einnahmen i.H.v. 260,00 EUR monatlich ist dies nicht möglich. Der Betrag reicht kaum aus, um die nötigsten Anschaffungen an Nahrung und Lebensmitteln und Hygieneartikeln zu tätigen. Die aufgezeigten Umstände legen es nahe, dass die Antragstellerin über weitere Einnahmen oder Vermögen verfügt hat, das sie nicht offenlegt. Sofern die Antragstellerin diesbezüglich angibt, sie sei von Freunden und Bekannten und insbesondere ihrem Sohn auch finanziell unterstützt worden, so lässt der der Senat dahinstehen, ob dies glaubhaft ist. Sollte dies tatsächlich der Fall gewesen sein, so ist kein Grund ersichtlich, warum diese Unterstützung nicht auch bis zum Abschluss der Hauptsache erfolgen kann. Auch insofern wäre dann das Vorliegen eines Anordnungsgrundes zu verneinen.
Bei der Beantragung hat die Antragstellerin zudem angegeben, im Juni 2013 für 7.200,00 EUR eine Immobilie in Estland verkauft zu haben. Sie ist daraufhin von dem Sozialgericht aufgefordert worden, die Verwendung des Geldes darzustellen. Hierzu hat sie lediglich unter dem 28.03.2014 schriftsätzlich vorgetragen und bestimmte Ausgaben behauptet. Belege sind jedoch nicht vorgelegt worden. Insbesondere ist weder der konkrete Zahlungszufluss dokumentiert noch die behaupteten Ausgaben. Dies wäre aber leicht möglich gewesen, nachdem die Antragstellerin eine Zahlung des Verkaufserlöses auf ihr Konto angibt. Von einer Übersendung aussagekräftiger schriftlicher Unterlagen sieht sie jedoch ab.
Zu Recht weist die Antragsgegnerin sodann darauf hin, nach den vorgelegten Kontoauszügen würden selbst im April 2014, also angeblich fast ein Jahr nach dem behaupteten Verkauf der Immobilie, immer noch Rechnungen eines estnischen Energieversorgers beglichen. Auf diesen konkreten Vorhalt geht die Antragstellerin nicht ein. Der Umstand legt nahe, dass die Antragstellerin weiterhin eine Immobilie in Estland unterhält, deren Eigentümerin sie ist oder die zumindest ihren Lebensmittelpunkt darstellt. Es bestehen daher erhebliche Zweifel an ihrer Vermögenslosigkeit.
Der Antragstellerin droht durch die Nichtgewährung von Grundsicherungsleistungen auch keine Obdachlosigkeit. Nach ihren eigenen Angaben ist die von ihr angemietete Wohnung ohnehin kaum bewohnbar. Sie sei zu großen Teilen verschimmelt. Überdies geht aus den vorgelegten Räumungsklagen hervor, dass die Antragstellerin die Badeinrichtung zu weiten Teilen zerstört hat. Zurückliegend ist die Antragstellerin ferner über große Zeitabschnitte hinweg nicht auf die Wohnung angewiesen gewesen, sondern hat nach eigenen Angaben bei Freunden und Bekannten in Estland gewohnt. Es ist kein Grund ersichtlich, warum ihr dies nicht auch aktuell möglich sein sollte. Zudem zeigt ihr zurückliegendes Verhalten, dass der Erhalt der Wohnmöglichkeit in der M Straße 00 für die Antragstellerin keine große Wichtigkeit hat. Zumindest seit August 2012 hat sie für die Wohnung keine Miete gezahlt und damit die Möglichkeit der zwangsweisen Räumung in Kauf genommen.
Die Zahlungen an einen estnischen Energieversorger legen zudem nahe, dass die Antragstellerin dort noch über ein Objekt verfügt, in das sie einziehen könnte. Zudem bewohnt der Sohn der Klägerin im selben Haus eine Wohnung. Nach ihren Angaben kümmert sich dieser ohnehin um sie und bereitet Mahlzeiten zu. Gegebenenfalls wird sie dort Unterschlupf finden können.
Überdies gibt die Antragstellerin an, auch ihrem im Oktober 2013 verstorbenen Ehemann sei die Hälfte des im Juni 2013 erzielten Verkaufserlöses betreffend die estnische Immobilie zugeflossen. Als mögliche Erbin ihres Ehemannes, ist nicht ausgeschlossen, dass sie insofern über weiteres Vermögen verfügt.
Mangels Erfolgsaussichten der Angelegenheit kommt die Gewährung von Prozesskostenhilfe nicht in Betracht (§ 73a Abs. 1 S. 1 SGG i.V.m. § 114 S. 1 ZPO).
Die Kostenentscheidung beruht auf entsprechender Anwendung von § 193 SGG. Eine Beschwerde gegen diesen Beschluss findet nicht statt (§ 177 SGG).
Erstellt am: 02.07.2014
Zuletzt verändert am: 02.07.2014