Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 05.10.2011 wird zurückgewiesen. Die Klägerin trägt auch die Kosten des Berufungsverfahrens. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Klägerin, die als praktische Ärztin in F zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen ist, wendet sich gegen Arzneimittelregresse wegen Überschreitung der Arzneimittel-Richtgrößen im Jahr 2007.
Die Beigeladene zu 7) sandte der Klägerin in Zusammenarbeit mit den Verbänden der Krankenkassen in Nordrhein – den Beigeladenen zu 1) bis 6) – im September 2007, im Januar und im April 2008 die Quartalsbilanzen der Arzneiverordnungen/Richtgößensummen für die Quartale I bis III/2007 zu. Im Mai 2009 teilte die Prüfungsstelle der Ärzte und Krankenkassen Nordrhein (Prüfungsstelle) der Klägerin mit, dass sie die Wirtschaftlichkeit ihrer Verordnungsweise von Arzneimitteln nach Richtgrößen im Jahr 2007 von Amts wegen prüfe und die Klägerin Gelegenheit habe, Praxisbesonderheiten darzulegen, die noch nicht durch die Symbolziffern der Richtgrößen-Vereinbarung erfasst seien. Zu diesem Zweck übersandte die Prüfungsstelle die Prüfunterlagen auf einer CD-ROM: die Quartals-Bilanz IV/2007, die Arzneimittelstatistik-Praxisbesonderheiten 2007, die WP 05-Liste (Indikationen nach ATC 2007), die WP 08-Liste (Verordnete Arzneimittel 2007), die WP 09-Liste (Arzneipatiententabelle 2007) sowie eine Erläuterung der Prüfunterlagen. Die Klägerin nahm dazu mit Schreiben vom 15.06.2009 Stellung. Aufgrund der typischen Patientenstruktur ihrer Praxis, die aus vielen Rentnern mit mehreren Erkrankungen bestehe, komme es immer wieder zu plötzlich auftretenden Beschwerden, die sie mit Medikamenten behandeln müsse. Sie habe "stets die absolut notwendigen und wenn möglich billigsten Medikamente" verordnet. In der Regel habe sie zu einem sehr hohen Prozentsatz Schmerzmedikamente, Neuroleptika, Cholesterin und Blutdrucktabletten verordnet. Auch mache sie viele Hausbesuche und verordne in diesem Zusammenhang Medikamente, die in einer statistischen Vergleichsgruppe nicht anfielen, da dort "nicht die intensive häusliche Behandlung der Patienten" stattfinde. Dadurch habe sie den Krankenkassen mehrere 100.000 EUR durch vermiedene stationäre Behandlungen erspart. Alle Krankenkassen hätten immer alle Rezepte bezahlt. Das Abrechnungsformular sei ihr in seinem Aufbau und in der jeweiligen Bedeutung der Unterpunkte nicht nachvollziehbar.
Mit Bescheid vom 15.07.2009 setzte die Prüfungsstelle wegen Überschreitung der Arzneimittel-Richtgrößen in den Quartalen I/2007 bis IV/2007 einen Regress in Höhe von (i.H.v.) insgesamt 59.823,03 EUR fest.
Diesem Bescheid widersprach die Klägerin. Sie habe weder durch Beschwerden der Krankenkassen noch durch Hinweise der Kassenärztlichen Vereinigung (KV) – der Beigeladenen zu 7) – von Überschreitungen der Richtwerte gewusst. Da Fachärzte nur langfristig auf Termin arbeiteten und teilweise auch dann keine Rezepte ausstellten, sei es ihre Pflicht gewesen, in akuten Fällen mit Medikamenten ihren Patienten zu helfen. Hauptsächlich seien dies Schmerz-, Neuroleptika-, Cholesterin- und Blutdrucktabletten gewesen. Anderenfalls hätte sie einen Großteil ihrer Patienten umgehend in die Notaufnahme bzw. in ein Krankenhaus einweisen müssen. Durch ihr Handeln habe sie den Krankenkassen Kosten in Höhe von mehreren 100.000 EUR erspart.
Mit Schreiben vom 11.08.2001 teilte der Beklagte der Klägerin mit, das Verfahren sei angesetzt für die Sitzung voraussichtlich am 15.09.2009. Über den Widerspruch werde vorbehaltlich eines Antrags auf mündliche Verhandlung im schriftlichen Verfahren entschieden. Sollte die Klägerin die mündliche Verhandlung wünschen, werde sie um Mitteilung bis zum 25.08.2009 gebeten. Darauf hat die Klägerin nach Aktenlage nicht reagiert.
Der Beklagte wies den Widerspruch der Klägerin mit Bescheid vom 21.01.2010 (Sitzung vom 09.12.2009) zurück. Ausgehend von der Zuordnung der Klägerin zur Fachgruppe der Allgemeinmediziner/praktischen Ärzte nach Anlage B der Richtgrößen-Vereinbarung (RgV) 2007 ermittelte der Beklagte für die Praxis der Klägerin in den einzelnen Quartalen Abweichungen gegenüber der Vergleichsgruppe bei den im Rentnern von -12,62 %, -14,11 %, -11,62 % und -11,07 %, bei den Notfällen von -100 %, 23,97 %, 535,06 % und -100 % sowie bei den Überweisungen von -45,5 %, 20,57 %, 83,17 % und -20,5 %. Die Sprechstundenbedarfs- (SSB-)Statistik ergebe in den Quartalen I, II und III/2007 Überschreitungen von 28,16 %, 27,35 % und 66,07 % und in dem Quartal IV/07 eine Unterschreitung von -48 %. Die Quartalsbilanzen-Heilmittel wiesen unter Außerachtlassung von Überweisungen zu Auftragsleistungen und Konsiliaruntersuchungen Abweichungen zur Richtgrößensumme von durchschnittlich – 3,48 % auf. Bei den Arzneiverordnungskosten ermittelte der Beklagte in der Summe von Allgemeinversicherten (AV) und Rentnern (RV) im Jahre 2006 eine Abweichung zur Richtgrößensumme (266.422,66 EUR) von 84,06 % (+223.952,44 EUR). Zugunsten der Klägerin zog der Beklagte von den Arzneiverordnungskosten (490.375,10 EUR) Verordnungen für Nichtarzneimittel (3.744,78 EUR) ab und brachte Arzneimitteltherapien nach den Symbolnummern 90909, 90910, 90912 und 90913 zu 100 % in Abzug (1.169,66 EUR). Weiterhin berücksichtigte er Mehrkosten gegenüber der Vergleichsgruppe bei den Praxisbesonderheiten nach den Symbolnummern 90911, 90915, 90916, 90918, 90924, 90925, 90926, 90927, 90928 und 90929 im Gesamtumfang von 33.498,59 EUR. Zudem berücksichtigte er als weitere Praxisbesonderheit Arzneimittelverordnungskosten im Rahmen der oralen und parenteralen Chemotherapie bei Tumorpatienten (Misteltherapie und Antiemetika) sowie Mehrkosten gegenüber der Vergleichsgruppe wegen obstruktiven Atemwegserkrankungen i.H.v. 37.163,60 EUR sowie Verordnungskosten, zu denen keine Angaben vorlagen und die nicht abschließend aufgeklärt werden konnten i.H.v. 88,86 EUR (insgesamt 76.410,98 EUR). Zur weiteren Begründung der Regressierung führte der Beklagte aus: Die Klägerin sei durch Veröffentlichung der RgV 2007 informiert worden und habe durch die ihr überlassenen Quartalsbilanzen ihrer Praxis Kenntnis von den Abweichungen zur Richtgrößensumme absolut und prozentual erlangt. Soweit die Klägerin mit ihrem Widerspruch geltend gemacht habe, in akuten Fällen Schmerz-, Neuroleptika-, Cholsterin- und Blutdrucktabletten rezeptiert zu haben, halte er fest, dass die Mehrkosten der Behandlung der Schizophrenie mit atypischen Neuroleptika (90915) und der Schmerztherapie mit Opioiden (90916) berücksichtigt worden seien. Wegen fehlender substantiierter Darlegungen könnten Praxisbesonderheiten nach § 5 Abs. 5 RgV 2007 sowie auch (kompensatorische) Einsparungen wegen der von der Klägerin vorgetragenen Vermeidungen stationärer Behandlungen nicht berücksichtigt werden. Er weiche im Übrigen von seiner Entscheidung in dem Verfahren Richtgrößen Arzneimittel 2006 (Berücksichtigung von Verordnungen der Indikationsgruppen N02B, M01, A02 sowie der additiven Scherztherapie) bewusst ab, da die Klägerin nicht nachgewiesen habe, dass sie der Art und Anzahl nach insbesondere von der Arztgruppentypik abweichende Erkrankungen im Bereich Schmerztherapie behandelt habe. Unter Berücksichtigung aller o.a. Abzüge und Feststellungen errechnete der Beklagte bereinigte Arzneiverordnungskosten i.H.v. (490.375,10 EUR – 76.410,98 EUR =) 410.219,34 EUR und eine Abweichung gegenüber der Richtgrößensumme von 53,97 %. Den über 25 % hinausgehenden Betrag regressierte der Beklagte unter Abzug des Apothekenrabattes und der Patientenzuzahlungen; insoweit sei die Unwirtschaftlichkeit bewiesen.
Hiergegen hat sich die am 05.02.2010 erhobene Klage gerichtet, zu deren Begründung die Klägerin vorgetragen hat: Die Regressforderung beruhe auf rein statistischen Vergleichen mit einer Vergleichsgruppe. Ihre Patientenstruktur weiche aber erheblich von denen der Vergleichsgruppe ab. Einem Großteil ihrer Patienten müssten aufgrund des hohen Alters und/oder der vorhandenen Multimorbidität deutlich mehr und teurere Arzneien verordnet werden. Auch müssten ihre Patienten quantitativ und qualitativ intensiver hausärztlich betreut werden. Zum Nachweis hat die Klägerin eine Patientenliste unter Angabe von Namen, Geburtsdatum und Krankenkasse, wegen derer Einzelheiten auf Blatt 6 bis 9 der Gerichtsakte verwiesen wird, vorgelegt. Diese Praxisbesonderheit werde in dem angefochtenen Bescheid nicht ausreichend gewürdigt. Auch fehle es an einer "Mitwirkung" des Beklagten. Dieser sei ihrer Bitte um persönliche Vorladung nicht gefolgt. Dies wiege um so schwerer als ihm die Besonderheiten ihrer Praxis hätte bekannt sein müssen. Zudem werde durch die Regressforderung der Weiterbetrieb ihrer Praxis wirtschaftlich unmöglich gemacht. Dies verstoße gegen das Grundgesetz. Darüber hinaus sei nicht einsehbar, wieso der Beklagte von einer Entscheidung im Verfahren Richtgröße 2006 "plötzlich" abweiche. Ihre Patienten und die Notwendigkeit der Verordnungen hätten sich seither nur unwesentlich verändert. Das Abweichen von der damaligen Entscheidung sei unbegründet und unwillkürlich. Die Klägerin hat darüber hinaus als rechtswidrig moniert, dass Dr. C, der an der Sitzung vom 09.12.2009 bzw. dem Bescheid vom 21.01.2010 als Vorsitzender des Beklagten mitgewirkt hat, zugleich Mitglied der Rechtsanwaltskanzlei Dr. C und Partner ist, die den Beklagten im Klageverfahren vertritt.
Die Klägerin, die in der mündlichen Verhandlung des Sozialgerichts (SG) Düsseldorf nicht anwesend war, hat schriftsätzlich mit Klageerhebung beantragt,
den Widerspruchsbescheid aufzuheben und der Beigeladenen zu 7) zu untersagen, aufgrund des ergangenen Bescheides ihr Honorar zu kürzen.
Der Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er hat Bezug auf den angefochtenen Bescheid genommen und vorgetragen: Die Klägerin verkenne den Charakter der für das Jahr 2007 durchgeführten Verfahren, das nicht auf einem statistischen Vergleich mit einer Vergleichsgruppe beruhe, sondern nach Maßgabe der RgV 2007 erfolgt sei. Die Abweichung von seiner vorhergehenden Entscheidung für das Jahr 2006 beruhe darauf, dass diese – für die Klägerin günstigere – Handhabung im Widerspruch zu den Anforderungen des § 5 Abs. 5 RgV 2006 und 2007 stehe. Seine Vorgehensweise sei daher weder willkürlich noch begründe sie schutzwürdiges Vertrauen der Klägerin, da es keine Anspruch auf Wiederholung rechtswidriger Begünstigungen gebe.
Das SG hat die Klage mit Urteil vom 05.10.2011 zurückgewiesen. Der angefochtene Bescheid sei weder formell noch materiell zu beanstanden. Unter Bezugnahme auf eine Entscheidung des Senats in einem früheren Verfahren der Klägerin (Urteil vom 24.11.2010 – L 11 KA 4/09 -) hat das SG die Auffassung vertreten, der Ausschussvorsitzende sei weder gesetzlich ausgeschlossen noch befangen. Auch habe die Klägerin nach Aktenlage keinen Antrag auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung gestellt. In der Sache habe der angefochtene Bescheid den Maßgaben der RgV 2007 entsprochen. Soweit die Klägerin rüge, die Regressforderung beruhe auf rein statistischen Vergleichen mit einer Vergleichsgruppe, treffe dies nicht zu. Statistisch sei im Zusammenhang mit der vorliegenden Richtgrößenprüfung allein die Gesamtbetrachtung, die sich auf die Abweichungen der Fallzahlen sowie der Anteile der Rentner, Notfälle, Vertreterfälle, Zu- und Überweisungen sowie der Falldurchschnitte bei SSB beschränke. Diese Darstellung vermittle einen Gesamtüberblick über die Praxis der Klägerin und erhelle damit den Hintergrund der Überschreitungen der Arzneimittel-Richtgrößen. Der Beklagte habe rechtsfehlerfrei den Regressbetrag ermittelt. Er sei nicht verpflichtet, weitere Praxisbesonderheiten anzuerkennen, da es insofern an einer der Klägerin obliegenden schlüssigen Darlegung sowohl dem Grunde als auch der Höhe nach fehle. Auch die im Klageverfahren nachgereichte Patientenliste gebe mit dem bloßen Hinweis auf Alter und Multimorbidität der Patienten keinen Aufschluss auf Abweichungen von der Arztgruppentypik und einen daraus entstehenden Mehraufwand. Das Alter der Patienten finde im Übrigen bereits Berücksichtigung bei der Höhe der Arzneimittel-Richtgrößen. In diesem Zusammenhang sei auch die Abweichung von der Handhabung des Beklagten im Vorjahr – die damalige Anerkennung der Verordnungskosten in den Indikationsgruppen A02BC, N02B, M01 und A04AA01 sowie der additiven Schmerztherapie als Praxisbesonderheit – nicht zu beanstanden. Einen Anspruch, diese Begünstigung auch für das Jahr 2007 zu erhalten und damit auf Gleichbehandlung im Unrecht, habe die Klägerin nicht. Diese habe im weiteren nicht die von ihr geltend gemacht kompensatorischen Einsparungen schlüssig dargelegt, so dass dies nach dem Grundsatz der objektiven Beweislast zu ihren Lasten gehe.
Die Klägerin hat gegen das ihr am 12.10.2011 zugestellte Urteil am 08.11.2011 und unter teilweiser Wiederholung ihrer Einwände ausgeführt, die Gründe für das Urteil seien inhaltlich für sie nicht nachvollziehbar. Insbesondere seien ihr die vom SG angeführten Indikationsgruppen A02BC, N02B, M01 und A04AA01, deren fehlende Anerkennung als Praxisbesonderheiten den Regress begründe, nicht bekannt. Zur Begründung hat die Klägerin im Übrigen weitere Patientenlisten vorgelegt, worin sie bezogen auf 10 namentlich genannte Patienten (unter Angabe von Geburtsdatum, Krankenkasse und Versicherungsnummer) die verordneten Arzneimittel sowie Kosten auflistet und rügt, weiterhin seien Praxisbesonderheiten nicht anerkannt worden. Jedenfalls habe sie im streitigen Zeitraum 2007 davon ausgehen müssen, dass die "im materiellen Bereich (ihres) Erachtens völlig unstrittigen Verordnungen nach gutem Glauben auch für 2007 anerkannt werden". Die von ihr im Verwaltungsverfahren vorgelegte Liste sei offenbar nicht zur Kenntnis genommen worden. Die von ihr verordneten Medikamente seien als "Kernbereich ärztlicher Tätigkeit" absolut notwendig und unverzichtbar. Die Regressierung verstoße gegen Art. 12 Grundgesetz (GG). Die Freiheit der Berufsausübung beinhalte auch die Freiheit, zum Wohle der anvertrauten Patienten eine geeignete Therapieform zu wählen. Das Vorgehen der Gegenseite mache ein Handeln nach dem hergebrachten Berufsbild des Arztes unmöglich.
Die Klägerin beantragt schriftsätzlich sinngemäß,
das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 05.10.2011 abzuändern und nach ihrem Klageantrag zu entscheiden.
Der Beklagte beantragt schriftsätzlich,
die Berufung zurückzuweisen.
Er verweist auf den angefochtenen Bescheid und seinen erstinstanzlichen Vortrag. Ergänzend führt er im Wesentlichen aus: Gemäß § 73 Abs. 8 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) gebe das Deutsche Institut für Medizinische Dokumentation und Informationen (DIMDI) im Auftrag des Bundesministeriums für Gesundheit die amtliche deutsche Fassung der Anatomischen-Therapeutischen-Chemischen (ATC) Klassifikation mit definierten Tagesdosen heraus und veröffentliche die jeweils gültige Fassung unter www.dimdi.de im Netz. Die im Urteil des SG angegebenen Klassifikationen fänden sich auf Seite 11 der Veröffentlichung für das streitgegenständliche Jahr 2007. Es erstaune, dass die Klägerin als langjährige Vertragsärztin die ATC-Klassifizierung nicht kenne.
Der Senat hat die Beteiligten auf seine Absicht hingewiesen, die Berufung der Klägerin ohne mündliche Verhandlung durch Beschluss gemäß § 153 Abs. 4 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zurückzuweisen, und ihnen Gelegenheit zur Stellungnahme eingeräumt.
Wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte und die Verwaltungsvorgänge des Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Der Senat kann über die Berufung der Klägerin nach § 153 Abs. 4 SGG durch Beschluss entscheiden, weil er die Berufung einstimmig für unbegründet hält und eine mündliche Verhandlung entbehrlich ist. Der Senat hat die Beteiligten hierzu angehört.
Die zulässige Berufung der Klägerin ist nicht begründet.
Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen, denn der Bescheid des Beklagten vom 21.01.2010 ist rechtmäßig und beschwert die Klägerin nicht (§ 54 Abs. 2 Satz 1 SGG). Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Aufhebung des Regressbescheides bzw. Neubescheidung. Hierzu verweist der Senat auf die zutreffenden Gründe des angefochtenen Urteils, die er sich nach Prüfung der Sach- und Rechtslage zu eigen macht (§§ 136 Abs. 3, 153 Abs. 2 SGG) und die in Übereinstimmung mit dem Urteil des Senats vom 14.12.2011 – L 11 KA 75/10 -, betreffend der Überschreitung der Richtgrößen 2006, auf das der Senat zu weiteren Begründung ebenfalls verweist, stehen.
Die Berufungsbegründung der Klägerin gibt keinen Anlass zu einer anderen Entscheidung.
Soweit die Klägerin geltend macht, der Beklagte habe zu Unrecht die Anerkennung weiterer Praxisbesonderheiten abgelehnt, und insofern eine neue Patientenliste vorgelegt hat, vermag dies ihr Begehren nicht zu unterstützen. Als Praxisbesonderheiten des geprüften Arztes kommen nur solche Umstände in Betracht, die sich auf das Behandlungs- oder Verordnungsverhalten des Arztes auswirken und in den Praxen der Vergleichsgruppe typischerweise nicht oder nicht in derselben Häufigkeit anzutreffen sind. Für die Anerkennung einer Praxisbesonderheit ist es deshalb nicht ausreichend, dass bestimmte Leistungen in der Praxis eines Arztes erbracht werden. Vielmehr muss substantiiert dargetan werden, inwiefern sich die Praxis gerade von den anderen Praxen der Fachgruppe unterscheidet. Die betroffene Praxis muss sich nach der Zusammensetzung der Patienten und hinsichtlich der schwerpunktmäßig zu behandelnden Gesundheitsstörungen vom typischen Zuschnitt einer Praxis der Vergleichsgruppe unterscheiden, und diese Abweichung muss sich gerade auf die überdurchschnittlich häufig erbrachten Leistungen auswirken. Die Regelungen des § 5 Abs. 6 und 7 RGV ändern diese von der Rechtsprechung bei Durchschnittsprüfungen entwickelte Rechtskonkretisierung zu Praxisbesonderheiten im Übrigen nicht ab, sondern wiederholen diese nur bzw. erläutern diese (vgl. Clemens in Juris PK-SGB V, 1. Auflage, § 106 Rdnr. 175), in dem sie u.a. vorgeben:
"Andere Praxisbesonderheiten sind – soweit objektivierbar – zu berücksichtigen, wenn der Arzt nachweist, dass er der Art und der Anzahl nach besondere von der Arztgruppentypik abweichende Erkrankungen behandelt hat und hierdurch notwendige Mehrkosten entstanden. Die Anerkennung als Praxisbesonderheit ist auf die Höhe der hierdurch bedingten Mehrkosten begrenzt. Die schlüssige Darlegung dieser Praxisbesonderheiten sowohl dem Grunde als auch der Höhe nach obliegt dem zu prüfenden Arzt. (§ 5 Abs. 6 RgV 2006)."
"Für vom Arzt gesehene Praxisbesonderheiten im Sinne des Absatzes 6 hat der betreffende Arzt darzulegen, aufgrund welcher besonderen, der Art und der Anzahl nach von der Typik in der Arztgruppe abweichenden Erkrankungen, er welche Arzneitherapien mit welchen (ggf. geschätzten) Mehrkosten je Behandlungsfall veranlasst hat. (§ 5 Abs. 7 Satz 3 RgV 2006)."
Diesen Anforderungen genügt das Vorbringen der Klägerin nicht ansatzweise. Zudem ist die Klägerin gehalten, ihr Vorbringen im Verwaltungsverfahren zu substantiieren. Neuer Vortrag im Klageverfahren ist rechtlich nicht erheblich. Losgelöst hiervon ist keine der von ihr vorgelegten Unterlagen geeignet, eine vom typischen Zuschnitt einer Praxis der Vergleichsgruppe abweichende Patientenstruktur und damit Verordnungsnotwendigkeit zu dokumentieren.
Die Grundrechte der Klägerin sind durch die von der Beklagten vorgenommene Regressierung nicht verletzt. Insbesondere wird die Klägerin entgegen ihrer Auffassung auch nicht in ihrer Therapieverantwortung tangiert. Der Senat verweist insofern auf seine Entscheidung vom 11.03.2009 – L 11 KA 28/08 -:
Der teilweise als "Therapiefreiheit" postulierte Grundsatz (vgl. BSG, Urteil vom 28.06.2000 – B 6 KA 26/99 R -) existiert in dieser Allgemeinheit allerdings nicht. Maßgebend ist das Bestimmungsrecht des Patienten. Dieses geht grundsätzlich jeglicher Entscheidung des Arztes, welche Therapie anzuwenden ist, vor. Der Arzt hat dem Patienten gegenüber eine dienende Funktion. Demgemäß kann allenfalls von der Therapieverantwortung des Arztes gesprochen werden (LSG NRW vom 03.12.1997 – L 11 Ka 145/96 – sowie Beschluss vom 30.10.1998 – L 11 B 30/98 KA NZB -). Hierzu hat der 10. Senat des LSG NRW im Urteil vom 20.07.2005 – L 10 KA 38/03 – in Anlehnung an die Entscheidung des BSG vom 25.09.2000 – B 1 KR 24/99 R – ausgeführt: "Demgegenüber kann sich die Klägerin nicht auf eine sog. Therapiefreiheit des Arztes berufen. Die Erforderlichkeit von therapeutischen Leistungen kann nicht deshalb ohne nähere Prüfung unterstellt werden, weil Behandlungsentscheidungen in den Verantwortungsbereich des Arztes fallen und wegen dessen "Therapiefreiheit" grundsätzlich hinzunehmen wären. Eine Therapiefreiheit in dem Sinne, dass Untersuchungs- oder Behandlungsmaßnahmen beliebig eingesetzt werden könnten, kennt weder das einfache Recht noch das Verfassungsrecht. Zwar hat jeder Arzt / Vertragsarzt bei der Wahl der ihm geeignet erscheinenden Behandlungsmethoden einen Ermessensspielraum, so dass ihm in Fällen einer medizinisch vertretbaren Therapieentscheidung regelmäßig nicht entgegenhalten werden kann, dass eine andere Vorgehensweise zweckmäßiger gewesen wäre. Seine Entscheidungsfreiheit erfährt jedoch Einschränkungen, die sich aus den Erfordernissen einer beitragsfinanzierten, solidarischen Krankenversicherung und aus dem sie beherrschenden Wirtschaftlichkeitsgebot ergeben (vgl. Bundesverfassungsgericht NZS 2000, 454 = ArztR 2000, 168 m.w.N.)."
Die Therapieverantwortung versteht der Senat also in dem Sinn, dass der Arzt dem Patienten auf der Basis einer umfassenden Erörterung die Vor- und Nachteile bestimmter Behandlungs- oder Verordnungsalternativen darlegt, um dann in Abstimmung mit dem Patienten eine Therapieentscheidung zu treffen. Die hieraus resultierende Therapieverantwortung sowie der gemeinsame Weg von Arzt und Patient zur vorgelagerten Therapieentscheidung ist der aus Art. 12 GG folgenden Berufsausübungsfreiheit zuzuordnen (vgl. auch LSG NRW vom 25.09.1996 – L 11 Ka 156/94 -). Die Freiheit der Berufsausübung kann indessen in zulässiger Weise durch Gesetz oder aufgrund eines Gesetzes geregelt und damit eingeschränkt werden (Art. 12 Abs. 1 Satz 2 GG). Im Übrigen wird dem Vertragsarzt weder auferlegt, ein bestimmtes Präparat in einem bestimmten Fall zu benutzen, noch wird ihm die Nutzung eines solchen Präparates untersagt. Ihm wird lediglich vorgegeben, unter Wirtschaftlichkeitsgesichtspunkten fixierten Quoten (hier Richtgrößen), losgelöst von konkreten Behandlungssituationen, zu erreichen.
Von dieser Entscheidung abzuweichen, gibt es keinen Anlass, so dass auch der von der Klägerin geltend gemachte Grundrechtsverstoß ihrer Berufung nicht zum Erfolg zu verhelfen vermag.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 3 SGG i.V.m. §§ 154 ff. Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO). Danach trägt die Klägerin die Kosten des von ihr erfolglos geführten Rechtsmittels (§ 154 Abs. 2 VwGO).
Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 160 Abs. 2 SGG).
Erstellt am: 03.09.2014
Zuletzt verändert am: 03.09.2014