Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 08.03.2012 geändert und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 30.12.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 17.2.2009 verurteilt, den Kläger von den ihm für den Zeitraum vom 01.01.2009 bis 31.3.2009 entstandenen Kosten für die häusliche Krankenpflege i.H.v. 1.892,70 Euro freizustellen. Die Beklagte trägt die außergerichtlichen Kosten des Klägers in beiden Rechtszügen.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt die Freistellung von den ihm für den Zeitraum vom 1.1.2009 bis 31.3.2009 für die häusliche Krankenpflege entstandenen Kosten in Höhe von 1.892,70 Euro.
Der 1924 geborene, bei der Beklagten bis zum 31.3.2009 krankenversicherte Kläger leidet unter anderem an einem insulinpflichtigen Diabetes mellitus und einer Demenz. Im Rahmen der gesetzlichen Pflegeversicherung erhält er seit dem 1.5.2006 Pflegesachleistungen nach der Pflegestufe I gemäß § 36 Sozialgesetzbuch Elftes Buch (SGB XI).
Der Kläger zog am 8.9.2007 aus seiner Wohnung in die Einrichtung B-Str. 00in S, in der damals ca. 13 Personen lebten. Die Einrichtung wird von der Zeugin P, der damaligen Ehefrau des Inhabers des den Kläger versorgenden Pflegedienstes "Häusliche Krankenpflege P" betrieben. Der Kläger hatte bereits im Jahr 2006 mit der "Häuslichen Krankenpflege P", einer gemäß § 72 SGB XI zugelassenen ambulanten Pflegeeinrichtung, mit der ein Versorgungsvertrag nach § 132a Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) besteht, einen Vertrag zur Erbringung häuslicher Pflege abgeschlossen (Pflegevertrag vom 10.5.2006 in der Fassung vom 1.3.2008). Als Leistungen waren im streitgegenständlichen Zeitraum neben der Medikamenten- und Injektionsgabe tägliche Hausbesuche und die Hilfe bei der selbstständigen Nahrungsaufnahme vereinbart. Der Pflegevertrag enthält unter Anderem folgende formularmäßige Vereinbarung:
§ 4 Vergütung
"(3) Der Leistungsempfänger verpflichtet sich zur Übernahme der Kosten, soweit diese nach Maßgabe der jeweils gültigen gesetzlichen Regelung nicht von einem Sozialleistungsträger übernommen werden. Der Leistungserbringer rechnet diese Leistungen unter Zugrundelegung der üblichen Vergütungen gegenüber dem Leistungsempfänger ab."
Mit der Zeugin P, die mit den Eigentümern des Objekts B-Str. 00ihrerseits einen Mietvertrag abgeschlossen hatte, schloss der Kläger ab dem 8.9.2007 einen Untermietvertrag über eine Einzimmerwohnung mit Bad (ohne Kochgelegenheit). Nach § 1 des Untermietvertrages war der Kläger berechtigt, sämtliche weiteren im Gebäude befindlichen Gemeinschaftsräume und Einrichtungen, den Garten und sonstige Bodenflächen jederzeit zu nutzen. Die Wohnfläche betrug ca. 50 m² inklusive der oben genannten gemeinschaftlichen Räumlichkeiten. In dem monatlichen Mietzins von 430 EUR zuzüglich einer Betriebskostenpauschale von 100 EUR waren unter anderem die Hausnotrufanlage, Hausmeistertätigkeiten, Gartenpflege, Strom, Wasser, Öl, Grundabgaben wie Grundsteuer, Schmutzwasser, Niederschlagswasser, Gebäude- und Hausratversicherung, Straßenreinigungskosten, Rest- und Biomülltonne sowie Schornsteinfegerkosten enthalten (§ 2 des Untermietvertrages). Auf Wunsch der Bewohner der Einrichtung wurde im Jahr 2005 von Frau P eine Köchin eingestellt, die täglich ein Mittagessen nach den Wünschen der Bewohner bereitet. Hierfür zahlte der Kläger (wie auch die anderen teilnehmenden Bewohner) 4,10 EUR pro Tag. Im Preis ist das Gehalt der Köchin inbegriffen. Frühstück, Nachmittagskaffee, Abendessen und Getränke (Kosten pro Person: 3 Euro zzgl. 0,50 Euro als Pauschale für Haushaltsgegenstände täglich) werden auf einem großen Tisch im Gemeinschaftsraum bereitgestellt und wurden auch im streitgegenständlichen Zeitraum für den Kläger von den Mitarbeitern des Pflegedienstes zubereitet.
Die Einrichtung wurde von der Stadt S gemäß § 1 Abs. 1 des Heimgesetzes (HeimG) als stationäre Pflegeeinrichtung eingestuft (Bescheid vom 2.6.2005; Widerspruchsbescheid vom 6.9.2005); die gegen diese Einstufung vor dem Verwaltungsgericht (VG) Düsseldorf erhobene Klage (26 K 4416/05) wurde 2007 zurückgenommen. Der Feststellungsbescheid vom 2.6.2005 wurde später dahingehend korrigiert, das das Objekt als ein Heim nach § 1 Abs. 1 HeimG anerkannt wurde, welches dem Zweck diene, ältere Menschen oder pflegebedürftige behinderte Volljährige aufzunehmen, ihnen Wohnraum zu überlassen oder vorzuhalten (Bescheid der Stadt S vom 13.11.2008).
Die Beklagte gewährte dem Kläger von April 2006 bis zum 31.12.2008 Leistungen der häuslichen Krankenpflege in Form einer 3 x täglichen Insulin- und einer 2 x täglichen Medikamentengabe, jeweils sieben Tag die Woche. Der Internist N verordnete dem Kläger auch für die Zeit vom 1.1. bis 31.3.2009 diese häusliche Krankenpflege (Verordnung vom 15.12.2008).
Die Beklagte lehnte die Kostenübernahme ab. Der Kläger lebe in einer vollstationären Einrichtung, in der ihm Unterkunft, Verpflegung und Betreuung aus den Händen des Ehepaars P gewährt werde. Da sein Aufenthalt auf der Grundlage eines Heimvertrags im Sinne von § 5 HeimG zustande gekommen und das Heim Leistungen der Behandlungspflege als Pflichtleistungen zur Verfügung stellen müsse, sei eine eigenverantwortliche Lebens- und Wirtschaftsführung zu verneinen (Bescheid vom 30.12.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17.2.2009).
Am 18.3.2009 hat der Kläger Klage vor dem Sozialgericht (SG) Düsseldorf erhoben und vorgetragen, die Beklagte sei die einzige Krankenkasse, die die Gewährung häuslicher Krankenpflege Bewohnern seiner Einrichtung verweigere. Mit der Neufassung des § 37 SGB V zum 1.4.2007 habe der Gesetzgeber eine vorsichtige Erweiterung des Haushaltsbegriffs angestrebt, um neue Wohnformen, Wohngemeinschaften und betreutes Wohnen hinsichtlich der Erbringung von häuslicher Krankenpflege gegenüber konventionellen Haushalten nicht zu benachteiligen. Er sei Mitglied einer solchen Wohngemeinschaft und lebe nicht in einer vollstationären Pflegeeinrichtung. Die Anwendung des Heimgesetzes impliziere nicht, dass es sich um eine vollstationäre Einrichtung im Sinne von § 43 SGB XI handele. Dies werde auch daran deutlich, dass die Pflegekasse nach wie vor Leistungen der häuslichen Pflege gemäß § 36 SGB XI gewähre. Eine vollstationäre Pflegeeinrichtung entstehe nur durch einen Vertragsschluss mit dem zuständigen Kostenträger über die Erbringung stationärer Pflegeleistungen gem. §§ 71 SGB XI. Der Gesetzgeber habe mit Blick auf seine Seniorenwohngemeinschaft, die ordnungsrechtlich eine Betreuungseinrichtung i.S.d. Gesetzes über das Wohnen mit Assistenz und Pflege in Einrichtungen in Nordrhein-Westfalen (Wohn – und Teilhabegesetz (WTG) vom 18.11.2008, in Kraft getreten zum 10.12.2008) sei, klarstellend formuliert, dass die Anwendung des WTG keinerlei Hinweise darauf gebe, ob Ansprüche auf ambulante Versorgungsleistungen nach den bestehenden Sozialgesetzen bestünden oder nicht. Der Kläger hat die Rechnungen des Krankenpflegedienstes P für die Monate Januar bis März 2009 zu den Akten gereicht und vorgetragen, dass ihm der Rechnungsbetrag gestundet worden sei.
Der Kläger hat beantragt,
die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 30.12.2008 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17.2.2009 zu verurteilen, ihn von den im Zeitraum vom 1.1.2009 bis 31.3.2009 entstandenen Kosten für die häusliche Krankenpflege in Höhe von 1.892,70 Euro freizustellen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat auf ihr Vorbringen im Verwaltungsverfahren Bezug genommen.
Das Sozialgericht hat die Klage abgewiesen (Urteil ohne mündliche Verhandlung vom 8.3.2012): Die Voraussetzungen des § 37 Abs. 2 S. 1 SGB V seien nicht erfüllt, da es sich bei der Seniorengemeinschaft nicht um einen "sonstigen geeigneten Ort" zur Erbringung häuslicher Krankenpflege handele. Es sei grundsätzlich davon auszugehen, dass Heime im Sinne des Heimgesetzes von dieser Regelung nicht erfasst seien. Häusliche Krankenpflege könne nur bewilligt werden, wenn dem Versicherten die Führung eines eigenen Haushalts möglich sei. Dies sei in einer vollstationären Pflegeeinrichtung ausgeschlossen, in der unabhängig von der vertraglichen Ausgestaltung Anspruch auf medizinische Behandlungspflege bestehe. Nach den tatsächlichen Gegebenheiten habe der Kläger von Januar bis März 2009 in der Seniorengemeinschaft keinen eigenen Haushalt geführt, da er gegen Entgelt Wohnraum, Verpflegung, hauswirtschaftliche Versorgung und umfängliche Betreuungsleistungen erhalten habe. Durch die bereitgestellten Angebote (Köchin, Reinigung) sei für alles gesorgt worden. Auch die räumliche Situation (eigenes Zimmer mit gemeinschaftlicher Nutzung von Sanitär- und Gemeinschaftsräumen) spreche gegen eine eigenverantwortliche Wirtschaftsführung.
Gegen das ihm am 23.3.2012 zugestellte Urteil hat der Kläger am 23.4.2012 Berufung eingelegt und sein Begehren weiterverfolgt. Er bekräftigt, während der streitigen Zeit nicht in einer vollstationären Einrichtung gelebt zu haben. Gegenüber der Zeugin P als Vermieterin habe kein Anspruch auf Behandlungspflege bestanden, weshalb er seinen ambulanten Pflegedienst weiterhin beauftragt habe. Eine Verpflichtung, sich ausschließlich durch den Pflegedienst P pflegen zu lassen, habe weder für ihn noch für die anderen Bewohner der Einrichtung bestanden. Für die Beurteilung, ob es sich um einen "geeigneten Ort" im Sinne des §§ 37 Abs. 2 SGB V handele, komme es allein darauf an, ob dem jeweiligen Bewohner Anspruch auf Behandlungspflege gegen den Leistungsanbieter der Einrichtung zustehe oder nicht. Unerheblich sei demgegenüber die Anerkennung als "Heim" im Sinne des HeimG bzw. des WTG. Die Beantwortung der Frage, ob eine Einrichtung in den Anwendungsbereich des jeweiligen Landesheimgesetzes (hier des WTG NRW) falle, könne nicht dazu führen, dass in einem Bundesland ein Anspruch nach § 37 Abs. 2 SGB V bestehe und in einem anderen nicht. Zudem hätten das HeimG und die Landesheimgesetze nicht den Zweck, sozialleistungsrechtliche Leistungsansprüche zu definieren. Unerheblich sei auch, ob er einen eigenen Haushalt führe, da diese Voraussetzung bei der Beurteilung des "geeigneten Orts" weder dem Gesetzeswortlaut noch der -begründung zu entnehmen sei. Denn auch Menschen mit schwereren Behinderungen müsse es ermöglicht werden, in ambulant betreuten Wohnformen zu leben. Dass er keinen eigenen Haushalt mehr führe, sei unstreitig. Er sei nur noch in der Lage, sich selbst wirtschaftlich zu versorgen und mache dies auch öfters mit Unterstützung seiner Tochter, die sich um ihn und gemeinschaftliche Belange der Wohngemeinschaft kümmere. Auch könne er in der Wohngemeinschaft seinen Alltag selbst bestimmen und eigene Entscheidungen zur Essensversorgung treffen. Weder nach der Gesetzesbegründung nach noch nach den Häusliche Krankenpflege-Richtlinien (HKP-Richtlinien) des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA) sei ambulante Krankenpflege in Wohngemeinschaften ausgeschlossen. Vielmehr habe eine Erweiterung des Haushaltsbegriffs bewirken sollen, dass beispielsweise in Seniorenwohngemeinschaften ein Anspruch nach § 37 Abs. 2 SGB V möglich sei. Er habe keinen Anspruch auf die Erbringung von Behandlungspflege durch die Einrichtung gehabt, da Gegenstand des Mietvertrags ausschließlich die Untervermietung der Räume sowie die Leistungen einer Notrufanlage, Hausmeistertätigkeiten etc. gewesen sei. Das Gedankenkonstrukt, es könne sich in ambulant betreuten Wohngemeinschaften um verdeckte vollstationäre Einrichtungen nach dem SGB XI handeln, sei grund- und haltlos, da es im sozialleistungsrechtlichen Sinne nur entweder eine ambulante oder eine stationäre Versorgung gebe, je nachdem, ob der Kostenträger einen Versorgungsvertrag über eine stationäre oder eine ambulante Versorgung abgeschlossen habe. Daher sei eine Umgehung der gesetzgeberischen Intention schlichtweg unmöglich. Der Kläger hat u.a. die Pflegeverträge, den Untermietvertrag, Fotos der von ihm angemieteten Räumlichkeiten, eine Stellungnahme seiner Tochter sowie eine Rechnung für hauswirtschaftliche Dienstleistungen überreicht.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 8.3.2012 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 30.12.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17.2.2009 zu verurteilen, ihn von den im Zeitraum vom 1.1.2009 bis 31.3.2009 entstandenen Kosten für die häusliche Krankenpflege in Höhe von 1.892,70 Euro freizustellen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend und trägt ergänzend vor, für den geltend gemachten Anspruch fehle es an dem erforderlichen Tatbestandserfordernis des eigenen Haushalts; dies gelte auch unter Berücksichtigung der Neufassung des § 37 Abs. 2 SGB V. Dessen ungeachtet seien Heime im Sinne des HeimG von der Regelung des § 37 Abs. 2 SGB V nicht erfasst. Soweit das HeimG Ende 2008 durch das WTG abgelöst worden sei, sei dies für den Heimcharakter des Hauses und die hieran anknüpfenden Rechtsfolgen ohne Bedeutung. Darüber hinaus bestehe ein Kostenerstattungsanspruch nach § 13 Abs. 3 S. 1 SGB V nur dann, wenn eine rechtswirksame Zahlungsverpflichtung des Versicherten begründet worden sei. Daran fehle es vorliegend. Da der Pflegedienst P die Selbstzahlerabrede in § 4 des Pflegevertrags zum Gegenstand einheitlicher Musterverträge gemacht und diese formularmäßig verwendet habe, handele es sich um Allgemeine Geschäftsbedingungen im Sinne des § 305 Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB). Die Einbindung der Leistungserbringer nach § 132 Abs. 2 SGB V in das System öffentlich rechtlicher Verträge, welches das Vergütungsverhältnis abschließend regele, lasse für abweichende privatrechtliche Absprachen keinen Raum. Denn Krankenkassen stellten ihren Versicherten nach § 2 Abs. 1 und Abs. 2 SGB V die im Dritten Kapitel des Gesetzes genannten Leistungen, zu denen die häusliche Krankenpflege gehöre, als Sachleistung kostenfrei zur Verfügung. Der Vergütungsanspruch des Leistungserbringers richte sich folglich nicht gegen den Versicherten sondern gegen die Krankenkasse. Vor diesem Hintergrund benachteiligen Selbstzahlerabreden die Versicherten unangemessen und seien daher unwirksam, wie das Hessische Landessozialgericht (Urteil vom 9.6.2011 -L 1 KR 313/09-) bereits entschieden habe.
Der Senat hat die Zeugin P im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 21.8.2014 vernommen. Hierzu wird auf das Sitzungsprotokoll verwiesen.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die Verwaltungsakte der Beklagten und die Gerichtsakten S 34 KR 85/08 ER und L 5 KR 232/12, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung ist zulässig und begründet.
Streitgegenstand ist ein Anspruch des Klägers auf Freistellung von Kosten für häusliche Krankenpflege im Zeitraum vom Januar bis März 2009 i.H.v. 1.892,70 Euro. Die Klage ist als Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs. 4 Sozialgerichtsgesetz (SGG)) zulässig. Der bezifferte Anspruch des Klägers ist zulässigerweise auf Freistellung von Kosten für eine selbst beschaffte Leistung gerichtet, weil er die Leistung erhalten, aber den in Rechnung gestellten Betrag noch nicht bezahlt hat.
Das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 8.3.2012 war zu ändern, da der Bescheid vom 30.12.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 17.2.2009 den Kläger in seinen Rechten nach § 54 Abs. 2 SGG verletzt. Der Kläger hat Anspruch auf Freistellung der ihm vom 1.1.2009 bis 31.3.2009 entstandenen Kosten für die selbstbeschaffte häusliche Krankenpflege.
Hat die Krankenkasse eine Leistung zu Unrecht abgelehnt und sind dadurch dem Versicherten für die selbstbeschaffte Leistung Kosten entstanden, sind diese von der Krankenkasse in der entstandenen Höhe zu erstatten, soweit die Leistung notwendig war (§ 13 Abs. 2 Satz 1 2. Alt. SGB V). Diese Voraussetzungen sind gegeben:
Der Kostenfreistellungsanspruch scheitert nicht bereits daran, dass der Kläger keiner rechtswirksamen Forderung ausgesetzt ist. Der Kläger hat sich nach Erhalt des ablehnenden Bescheids vom 30.12.2008 im streitgegenständlichen Zeitraum Leistungen der ambulanten Krankenpflege durch den ambulanten Krankenpflegedienst P selbst beschafft. Da die Beklagte die hierfür angefallenen Kosten nicht übernommen hat, hat der Krankenpflegedienst P dem Kläger nach § 4 Abs. 2 des Pflegevertrags (sog. Selbstzahlerklausel) die Kosten privat in Rechnung gestellt und die Forderung gestundet. Anhaltspunkte dafür, dass diese Vereinbarung gem. § 32 SGB I (Erstes Buch Sozialgesetzbuch) wegen einer vom Sozialgesetzbuch zum Nachteil des Versicherten abweichenden Regelung nichtig ist, sind für den Senat nicht ersichtlich. Der zwischen dem Kläger und dem Pflegedienst P geschlossene Pflegevertrag war nach seinem gesamten Inhalt darauf ausgerichtet, dass vertragsärztlich verordnete Behandlungspflegemaßnahmen (§ 37 SGB V) als Sachleistungsanspruch nach § 2 Abs. 1 SGB V zu Lasten der Beklagten erbracht werden sollten. Die Kosten sollten dem Kläger nach dem Vertrag nur dann privat in Rechnung gestellt werden, wenn sie von dem Sozialleistungsträger nicht übernommen werden. Die (nachrangige) Haftung des Klägers sollte folglich nur unter der aufschiebenden Bedingung (§ 158 Abs. 1 BGB) eintreten, dass der Sozialleistungsträger die Sachleistung nicht erbringt bzw. die entstandenen Kosten nicht erstattet. Die Selbstzahlerklausel dient dem berechtigten wirtschaftlichen Interesse eines nichtärztlichen Leistungserbringers, seine Vergütung auch dann sicherzustellen, wenn die beantragte Sachleistung durch die Sozialleistungsträger abgelehnt wird. Ob im Einzelfall alle sachlichen und persönlichen Voraussetzungen eines Sozialleistungsanspruchs gegeben sind, kann vom Leistungserbringer in der Regel auch gar nicht vollständig beurteilt werden und ist der Risikosphäre des Leistungsempfängers zuzurechnen. Das Bundesozialgericht (Urteil vom 3.8.2006 – B 3 KR 24/05 R -) sieht den Schutzzweck des § 32 SGB I erst dann berührt, wenn ein Leistungserbringer bei einem Sachleistungsverhältnis auch dann vertraglich auf den Versicherten zurückgreifen wollte, wenn die Krankenkasse die Vergütung einer von ihr schon genehmigten Leistung aus Gründen verweigert, die in die Risikosphäre des Leistungserbringers fallen und von ihm zu vertreten sind (z.B. Leistung auf Grund einer nicht mehr gültigen Verordnung). Ein solcher Fall liegt hier ersichtlich nicht vor und wird auch von der Beklagten, die die höchstrichterliche Rechtsprechung zu den Selbstzahlerklauseln ignoriert, nicht vorgetragen. In der Praxis wird die fortlaufende -oft lebensnotwendige- Versorgung der Versicherten mit ambulanter Krankenpflege gerade durch die Selbstzahlerklauseln sichergestellt. Denn auf diese Weise sieht der Leistungserbringer seine Vergütung z.B. auch nach einer ablehnenden (und wie hier rechtswidrigen) Entscheidung der Krankenkasse gesichert und hat keine Veranlassung, den Versicherten sich selbst zu überlassen.
Der Anspruch nach § 13 Abs. 3 Satz 1 2. Alt. SGB V reicht nicht weiter als ein entsprechender Sachleistungsanspruch des Versicherten gegen seine Krankenkasse. Er setzt daher im Regelfall voraus, dass die selbstbeschaffte Leistung zu den Leistungen gehört, welche die Krankenkassen allgemein in Natur als Sach- oder Dienstleistung (§ 2 Abs. 2 Satz 1 SGB V) zu erbringen haben (ständige Rechtsprechung des BSG; vgl. z.B. BSG, Urteil vom 24.9.1996 – 1 RK 33/95 – SozR 3 2500 § 13 Nr. 11; Urteil vom 14.12.2006 – B 1 KR 8/06 R – SozR 4-2500 § 13 Nr. 12; Urteil vom 26.9.2009 -B 1 KR 3/06 R-). Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt.
Nach § 37 Abs. 2 SGB V erhalten Versicherte in ihrem Haushalt, ihrer Familie oder sonst an einem geeigneten Ort, insbesondere in betreuten Wohnformen, Schulen und Kindergärten, bei besonders hohem Pflegebedarf auch in Werkstätten für behinderte Menschen als häusliche Krankenpflege Behandlungspflege, wenn diese zur Sicherung des Ziels der ärztlichen Behandlung erforderlich ist; der Anspruch umfasst verrichtungsbezogene krankheitsspezifische Pflegemaßnahmen auch in den Fällen, in denen dieser Hilfebedarf bei der Feststellung der Pflegebedürftigkeit nach den §§ 14 und 15 des Elften Buches zu berücksichtigen ist (§ 37 Abs. 2 Satz 1 SGB V neu gefasst durch das Gesetz zur Stärkung des Wettbewerbs in der gesetzlichen Krankenversicherung -GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetz – GKV-WSG vom 26.3.2007). Nach § 37 Abs. 3 SGB V besteht der Anspruch auf häusliche Krankenpflege nur, soweit eine im Haushalt lebende Person den Kranken in dem erforderlichen Umfang nicht pflegen und versorgen kann. Gemäß § 37 Abs. 6 SGB V legt der G-BA in Richtlinien nach § 92 fest, an welchen Orten und in welchen Fällen Leistungen nach den Abs. 1 und 2 auch außerhalb des Haushalts und der Familie des Versicherten erbracht werden können. Er bestimmt darüber hinaus, dass Nähere über Art und Inhalt der verrichtungsbezogenen krankheitsspezifischen Pflegemaßnahmen nach Abs. 2 S. 1.
Die Notwendigkeit und Erforderlichkeit der vom Internisten N verordneten Insulin- und Medikamentenvergabe steht außer Frage. Die Beklagte hatte diese bereits von 2006 an bis zum 31.12.2008 als Leistungen der häuslichen Krankenpflege gewährt. Die Behandlungssicherungspflege wurde entgegen der Auffassung der Beklagten auch an einem von § 37 Abs. 2 SGB V umfassten Leistungs- und Erbringungsort erbracht.
Bis zur Änderung des § 37 SGB V durch das GKV-WSG zum 1.4.2007 (BGBl. I S. 378) war der Anspruch auf den eigenen Haushalt des Versicherten und den seiner Familie beschränkt. Zur Vermeidung vorschneller stationärer Einweisungen nahm der Gesetzgeber mit der Neuregelung des § 37 Abs. 1 S. 1 SGB V eine vorsichtige Erweiterung des Haushaltsbegriffs und damit der Leistungsunterbringungsorte für die häusliche Krankenpflege vor: Neue Wohnformen, Wohngemeinschaften und betreutes Wohnen seien hinsichtlich der Erbringung von häuslicher Krankenpflege mit konventionellen Haushalten gleichzustellen. Betreute Wohnformen, deren Bewohner ambulante Leistungen der gesetzlichen Pflegeversicherung erhalten, sollten verbesserte Angebote für ambulant Pflegebedürftige darstellen. Ein "geeigneter Ort" für die Leistung der häuslichen Krankenpflege durch die gesetzliche Krankenversicherung sei jedenfalls dann nicht gegeben, wenn sich der Versicherte in einer Einrichtung befinde, in der er nach den gesetzlichen Bestimmungen Anspruch auf die Erbringung medizinischer Behandlungspflege durch die Einrichtung habe. Um die notwendige Flexibilität bei der Bestimmung der geeigneten Erbringungsorte zu wahren, werde auf eine gesetzliche Festlegung verzichtet und die Definition dem G-BA übertragen (Bundestags-Drucksache (BT-Drs.) 16/3100 S. 104). Die HKP-Richtlinien sind daraufhin mit Beschlüssen vom 17.01.2008 und 10.04.2008 (Bundesanzeiger (BAnz) Nr. 84 S. 2028 vom 10.06.2008) geändert worden. Nach I. Nr. 2 S. 2 der o. g. Richtlinien besteht Anspruch auf häusliche Krankenpflege auch an sonstigen geeigneten Orten, an denen sich der Versicherte regelmäßig wiederkehrend aufhält und an denen die verordnete Maßnahme zuverlässig durchgeführt werden kann und für die Erbringung der einzelnen Maßnahmen geeignete räumliche Verhältnisse vorliegen (z. B. im Hinblick auf hygienische Voraussetzungen, Wahrung der Intimsphäre, Beleuchtung), wenn die Leistung aus medizinisch-pflegerischen Gründen während des Aufenthaltes an diesem Ort notwendig ist. Orte im Sinne des Satzes 2 können insbesondere Schulen, Kindergärten, betreute Wohnformen oder Arbeitsstätten sein. Für die Zeit des Aufenthalts in Einrichtungen, in denen nach den gesetzlichen Bestimmungen Anspruch auf die Erbringung von Behandlungspflege durch die Einrichtungen besteht (z.B. Krankenhäuser, Rehabilitationseinrichtungen, Hospize, Pflegeheime), kann häusliche Krankenpflege nicht verordnet werden (I Nr. 6 S.1).
Haushalt ist nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG, Urteil vom 1.9.2005 -B 3 KR 19/04 R-, SozR. 4-2500 § 37 Nr. 5) die häusliche wohnungsmäßige familienhafte Wirtschaftsführung. Zur Wirtschaftsführung gehört die hauswirtschaftliche Grundversorgung in Form von Kochen, Waschen, Raumpflege etc … Der Haushalt ist ein "eigener", wenn der Betreffende die Kosten der Lebens- und Wirtschaftsführung im Wesentlichen selbst trägt. Entscheidend ist danach, ob dem Betroffenen noch eine eigenverantwortliche Wirtschaftsführung möglich ist, er sich also wirtschaftlich selbst versorgen kann. Dabei geht es nicht nur um die rein finanzielle Leistungsfähigkeit sondern um auf Eigenständigkeit und Eigenverantwortlichkeit hindeutende Umstände, die den Schluss auf eine häusliche wohnungsmäßige Lebens- und Wirtschaftführung erlauben. Ein eigener Haushalt liegt danach nicht vor, wenn der Versicherte vor allem zur Pflege untergebracht werden soll, weil er nicht mehr in der Lage ist, den Haushalt selbständig zu führen und seinen Grundbedürfnissen Genüge zu tun (BSG Urteil vom 12.05.1998 -B 5/4 RA 6/97 R-, SozR 3-2600 § 249 B Nr. 2).
Eine eigenständige Haushaltsführung des Klägers in o.g Sinne ist im streitigen Zeitraum zweifelhaft. Der Kläger hatte in der B-Str. 00eine Einzimmerwohnung mit Bad angemietet, die weder über einen eigenen Ausgang nach draußen noch über eine Kochnische verfügte. Der Kläger nahm alle Mahlzeiten in den Gemeinschaftsräumen ein. Das Mittagessen wurde von einer Köchin zubereitet, die anderen Mahlzeiten und Getränke werden zur Selbstbedienung in den Gemeinschaftsräumen bereitgestellt. Dafür zahlte der Kläger ebenso wie für das durch die Köchin zubereitete Mittagessen einen Tagespauschalpreis. In der Mittagessenpauschale war der Lohnanteil der Köchin enthalten, die andere Pauschale enthielt auch einen Unkostenbeitrag für Haushaltsgegenstände. Zwar kann eine eigenständige hauswirtschaftliche Versorgung auch bei einem Einzimmerappartement ohne eigene Kochmöglichkeit bejaht werden, wenn die Versorgung über eine Gemeinschaftsküche selbstständig erfolgt (Sommer in Jahn, SGB V, § 37 Rz. 6). Für eine gewisse Selbstbestimmung sprechen im vorliegenden Fall die Mitbestimmungsmöglichkeiten beim Mittagsmenü, die Finanzierung der Köchin durch die Bewohner der Einrichtung sowie der Umstand, dass der Kläger korrespondierend zu seinen Anwesenheitszeiten das Essen buchen oder abbestellen kann, wenn er z.B. mit seiner Tochter auswärts essen geht. Dieses Reglement ist einer stationären Unterbringungsform, wo es an einer Anpassung der Versorgung an die zeitlichen und kulinarischen Wünsche des Individuums fehlt und alle Unterbringungskosten mit einem Fixbetrag abgerechnet werden, fremd. Jedoch war der Kläger weder in seinen eigenen vier Wänden dazu in der Lage, Essen aufzubewahren oder zuzubereiten noch konnte er sich infolge seiner Erkrankung die Mahlzeiten in den Gemeinschafsräumen selbst zusammenstellen. Beim Arrangieren und Einnehmen der Mahlzeiten bedurfte er vielmehr der Hilfe des Pflegedienstes. Gegen eine selbständige und eigenständige Haushaltsführung spricht auch, dass andere wesentliche Elemente der Haushaltsführung, die der Kläger krankheitsbedingt nicht mehr selbst erledigen oder organisieren konnte, ebenfalls von dem Pflegedienst und der regelmäßig anwesenden Tochter verrichtet wurden.
Ob der Kläger einen eigenen Haushalt führt, kann aber letztlich dahinstehen, da die vom Kläger gewählte Form des betreuten Wohnens einen geeigneten Ort gemäß § 37 Abs. 2 Satz 1 SGB V darstellt:
Der Kläger hielt sich regelmäßig in der Einrichtung B-Str. 00auf. Dort kann die ihm verordnete notwendige Krankenpflege im Sinne des Abschnitts I. Nr. 2 der HKP-Richtlinie zuverlässig in dafür geeigneten Räumen durchgeführt werden. Der Anspruch ist auch nicht deshalb ausgeschlossen, weil der Kläger sich in einer Einrichtung aufhielt, in denen nach den gesetzlichen Bestimmungen Anspruch auf die Erbringung von Behandlungspflege durch die Einrichtung (wie z.B. in Pflegeheimen) besteht; Abschnitt I Nr. 6 der HKP-Richtlinie. Ein etwaiger gesetzlicher Anspruch auf Behandlungspflege des Klägers ergibt sich nicht daraus, dass die Einrichtung von der Stadt S gemäß § 1 Abs. 1 HeimG als Heim anerkannt wurde, welches dem Zweck dient, ältere Menschen oder pflegebedürftige behinderte Volljährige aufzunehmen, ihnen Wohnraum zu überlassen oder vorzuhalten (Bescheid vom 2.6.2005 und Widerspruchsbescheid vom 6.9.2005, beide in Gestalt des Bescheids vom 13.11.2008).
Ob vollstationäre Behinderteneinrichtungen bzw. Heime nach dem HeimG in den Anwendungsbereich des §§ 37 Abs. 2 S. 1 SGB V einbezogen werden können, ist umstritten. Einerseits wird dies mit dem Argument ausgeschlossen, der Gesetzgeber habe durch die beispielhaft aufgeführten Orte (betreute Wohnformen, Schulen und Kindergärten) eine Ausweitung auf jeglichen Ort vermeiden wollen und vielmehr eine Vergleichbarkeit mit einem der genannten Orte gefordert. Eine erweiternde Auslegung auf jeden geeigneten Ort finde jedenfalls im Wortlaut des Gesetzes keinen Niederschlag, sodass nach dem HeimG anerkannte Orte nicht zu den sonstigen geeigneten Orten zu zählen seien (LSG Niedersachsen-Bremen, Urteil vom 23.4.2009 – L 8 SO 1/07, die Revision zum BSG (B 8 SO 16/09 R )) erledigte sich durch ein Anerkenntnis des beklagten Sozialhilfeträgers ohne streitige Entscheidung). Andererseits wird die Auffassung vertreten, eine stationäre Wohneinrichtung könne unabhängig von der Anerkennung nach dem HeimG dann ein geeigneter Ort im Sinne von § 37 Abs. 2 Satz 1 SGB V sein, wenn der Versicherte keinen Anspruch gegen die Einrichtung auf Behandlungspflege habe. Die Einbeziehung solcher Einrichtungen schließe auch Lücken zwischen der ambulanten und stationären Versorgung, was der Gesetzgeber des GKV-WSG mit der Erweiterung des § 37 Abs. 2 Satz 1 SGB V ausdrücklich bezweckt habe (so für eine stationäre Wohngruppe für behinderte und psychisch kranke Menschen LSG Hamburg, Urteil vom 24.4.2014, -L 1 KR 24/12- (anhängig beim BSG: B 3 KR 11/14 R) und Beschluss vom 11.1.2010 -L 1 B 1135/08 ER KR- sowie Beschluss vom 12.11.2009 -L 1 B 202/09 ER KR- zu einer stationären Einrichtung der Behindertenhilfe; LSG Berlin-Brandenburg Urteil vom 26.3.2014 -L 9 KR 524/12- zu einer Einrichtung der Eingliederungshilfe nach dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII) und Beschlüsse vom 19.2.2010 – L 9 KR 24/10 B ER -, vom 24.2.2010 – L 9 KR 23/10 B ER – und vom 3.3.2011 – L 9 KR 284/10 B ER -; LSG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 22.11.2011 -L 10 KR 32/11 B ER- zu einer Einrichtung der Eingliederungshilfe; im Ergebnis auch LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 17.12.2013 -L 11 KR 4070/11-; LSG Niedersachsen-Bremen zu einer trägergestützen Wohngemeinschaft, Beschluss vom 20.12.2013 -L 4 KR 354/13 B ER-; Flint in Hauck/Haines, SGB V § 37 Rz. 52 ff.). Das betreute Wohnen sei gesetzlich nicht definiert und die Übergänge von einer Wohngemeinschaft mit Betreuungshilfe zu einer stationären Einrichtung, welche unter die Regelungen des HeimG falle, dürften in Abhängigkeit der Fähigkeiten der Bewohner fließend sein. Auch aus § 1 Abs. 6 Sätze 1 und 2 HKP-RL ergebe sich, dass der Anspruch auf häusliche Krankenpflege maßgeblich davon abhänge, ob der Einrichtungsträger verpflichtet sei, Behandlungspflege zu erbringen (LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 9.7. 2008 – L 16 B 32/08 KR ER -). Aus der Ausschlussregelung ergebe sich, dass eine Einrichtung jedenfalls dann als "geeigneter Ort" angesehen werden könne, wenn die Einrichtung nicht verpflichtet sei, selbst Leistungen der Behandlungspflege zu erbringen. Das bedeute, dass grundsätzlich allein der Aufenthalt in stationären Einrichtungen dem Anspruch nicht entgegenstehe, sondern nur der Umstand, dass ein Anspruch auf Behandlungspflege gegen den Träger der Einrichtung bestehe.
Der Senat schließt sich der letztgenannten Auffassung nach eingehender Prüfung an. Dem Wortlaut des Gesetzes nach sind Heime nach dem HeimG nicht vom Anwendungsbereich des § 37 Abs. 2 Satz 1 SGB V ausgeschlossen, obwohl dies dem Gesetzgeber ja durchaus möglich gewesen wäre. Vielmehr eröffnet die Formulierung "sonst an einem geeigneten Ort" gerade die Möglichkeit, die vielschichtigen Aufenthalts- und Wohnformen behinderter, alter und kranker Menschen -bei Erfüllen der weiteren Voraussetzungen – zu erfassen. Diese Option wird auch nicht durch die genannten Beispiele eingeschränkt, da diese weder abschließend sind ("insbesondere"), noch dem Wortlaut nach eine Vergleichbarkeit mit diesen Beispielen gefordert wird, ja der Begriff des betreuten Wohnens noch nicht einmal gesetzlich definiert ist. Nur auf diese Weise kann auch dem Willen des Gesetzgebers, der durch die demographische Entwicklung und die veränderten Familienstrukturen geprägten Lebenswirklichkeit Rechnung zu tragen, flexibel auf die sich ständig verändernden und weiterentwickelnden Wohnformen zu reagieren und die umfassende Versorgung der Betreuten mit medizinischer Behandlungspflege sicherzustellen, entsprochen werden. Die vom Gesetzgeber beabsichtigte lückenlose Versorgung setzt zwingend das Ineinandergreifen der Ansprüche aus Kranken-, Pflege- und Sozialhilferecht voraus und kann nur erfolgen, wenn der Anspruch auf häusliche Krankenpflege gegen den Träger der Krankenversicherung auch in anderen stationären Einrichtungen, z.B. einem nach dem HeimG anerkannten Heim, immer dann einsetzt, wenn ein Anspruch gegen den Einrichtungsträger auf diese Leistung endet oder von vornherein nicht besteht. Diesem Ergebnis steht auch die Anerkennung einer Einrichtung nach dem HeimG in keiner Weise entgegen. Dabei ist im vorliegenden Fall ohnehin zu berücksichtigen, dass das HeimG (bis auf die §§ 5-9) in Nordrhein-Westfalen zum 10.12.2008 und damit bereits vor dem streitigen Zeitraum durch das WTG vom 19.11.2008 ersetzt worden ist (§ 23 Abs. 2 WTG). Das WTG ist nach § 2 auf Einrichtungen anwendbar, die den Zweck haben, ältere Menschen, Volljährige mit Behinderung oder pflegebedürftige Volljährige aufzunehmen, ihnen entgeltlich Wohnraum zu überlassen und damit verbunden Betreuung zur Verfügung zu stellen oder vorzuhalten und rückt damit ohnehin von dem engen Begriff des Heims in § 1 Abs. 1 Satz 2 HeimG ab. Zweck der Gesetze ist es nach § 2 Abs. 1 HeimG und § 1 WTG Würde, Selbständigkeit, Selbstbestimmung, Mitwirkungs- und Informationsrechte der Bewohner zu schützen sowie eine Qualitätssicherung und eine gute Zusammenarbeit zwischen den betroffenen Behörden und Institutionen sicherzustellen. Dementsprechend werden Beratungs- und Überwachungspflichten der Behörden, Anforderungen an Abschluss, Inhalt und Dauer eines Heimvertrages (§§ 5-9 HeimG, die nach § 23 Abs. 2 WTG weiter bis zum 30.09.2009 anwendbar waren), Mitwirkungsrechte der Bewohner, persönliche Voraussetzungen für die Betreibung eines Heims, Anzeige- und Dokumentationspflichten des Trägers und Überwachungs- und Beratungspflichten der Behörden normiert und Verstöße als Ordnungswidrigkeit geahndet. Voraussetzungen für und Ansprüche auf häusliche Krankenpflege in Heimen bzw. Einrichtungen werden weder im HeimG noch im WTG geregelt und mithin erst Recht nicht ausgeschlossen. § 5 Abs. 3 HeimG weist lediglich darauf hin, dass einem Vertrag zwischen Bewohner und Träger die Rechte und Pflichten des Trägers und des Bewohners, insbesondere die Leistungen des Trägers und das von dem Bewohner zu entrichtende Heimentgelt zu definieren sind. Die vom Träger geschuldeten Leistungen, insbesondere Art, Inhalt und Umfang der Unterkunft, Verpflegung und Betreuung sowie weitere Leistungen und deren Entgelte seien gesondert zu beschreiben und anzugeben.
Maßgeblich für die Beurteilung, ob die häusliche Krankenpflege des Versicherten an sonst einem geeigneten Ort erbracht wird, ist somit die im Einzelfall zu prüfende Frage, ob der Versicherte einen gesetzlichen oder vertraglichen Anspruch auf Behandlungspflege hat.
Der Kläger hatte im streitgegenständlichen Zeitraum keinen gesetzlichen Anspruch auf Behandlungspflege. Davon, dass es sich bei der Seniorenwohngemeinschaft um eine stationäre Pflegeinrichtung im Sinne des § 71 Abs. 2 SGB XI oder eine Einrichtung nach § 71 Abs. 4 SGB XI handelte, geht die Beklagte selbst nicht aus. Der Kläger erhielt von der Pflegekasse häusliche Pflegeleistungen nach § 36 SGB XI. Ein Versorgungsvertrag i.S.d. §§ 71 Abs. 2 i.V.m. § 72 SGB XI wurde mit der Einrichtung seitens der Pflegekasse nicht abgeschlossen. Es gibt auch keine tatsächlichen Anhaltspunkte dafür, dass die Zeugin P im streitgegenständlichen Zeitraum die personelle und sachliche Infrastruktur einer stationären Einrichtung bereithielt.
Der Kläger hatte auch keinen vertraglichen Anspruch auf Behandlungspflege gegenüber der Zeugin. Dem Untermietvertrag vom 3.9.2007 ist eine Vereinbarung von Behandlungspflege nicht zu entnehmen. Vielmehr hatte der Kläger bereits 2006, als er noch in seiner früheren Wohnung lebte, mit dem häuslichen Krankenpflegedienst P eine Pflegevertrag abgeschlossen, der mit Wirkung zum 1.3.2008 angepasst wurde. Hierin ist vereinbart, dass Leistungen nach dem SGB V unmittelbar mit dem zuständigen Sozialleistungsträger abzurechnen sind (§ 4 Abs. 9 des Pflegevertrags). Es besteht weder eine zeitliche Verbindung zwischen dem Pflege- und dem Untermietvertrag, noch sind sonstige Umstände für eine konditionale Verknüpfung der Verträge ersichtlich. Auch wenn die Zeugin P mit dem Inhaber des Pflegedienstes verheiratet war, gibt es keinen Anhaltspunkt dafür, dass der Kläger oder andere Bewohner der Einrichtung verpflichtet waren, nur über den häuslichen Krankenpflegedienst P Leistungen in Anspruch zu nehmen oder dieser für die Zeugin verdeckte vollstationäre Pflege erbringen sollte.
Die Höhe des geltend gemachten Freistellungsanspruchs ist nicht umstritten.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Anlass, die Revision zuzulassen, hat der Senat nicht gesehen.
Erstellt am: 26.11.2014
Zuletzt verändert am: 26.11.2014