Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 11.11.2011 wird zurückgewiesen. Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen
Tatbestand:
Streitig ist, ob der Kläger von der Beklagten aufgrund eines am 20.12.2006 erlittenen Arbeitsunfalls Rente beanspruchen kann.
Der Kläger wurde während seiner Tätigkeit als Ordnungsamtssachbearbeiter für den ruhenden Straßenverkehr am 20.12.2006 von einem PKW angefahren. Ausweislich des Polizeiberichts vom 20.12.2007 hatte der Kläger sich um 11:27 Uhr telefonisch bei der Polizei gemeldet, weil der Fahrer eines PKW "gerade dabei sei, ihn über den Haufen zu fahren". Nachdem er seinen Standort genannt habe, sei das Telefonat abrupt beendet worden. Laut der Unfallanzeige der Stadt S vom 15.01.2007 hatte der Kläger nach eigenen Angaben eine Verwarnung für ein vor einem Behindertenparkplatz parkendes Fahrzeug ausgestellt und war dabei, ein Foto anzufertigen, als der Fahrer des Fahrzeugs zurückkehrte und es zum Streit kam. In dessen Verlauf sei der PKW-Fahrer in sein Fahrzeug gestiegen, habe mit voll eingeschlagener Lenkung zurückgesetzt und dabei den auf dem Gehweg stehenden Kläger mit dem rechten Kotflügel am rechten Knie getroffen. Der Kläger sei infolge des Anpralls nach vorne auf die Haube des PKW gestürzt. Er habe einen Riss in der Kniescheibe, starke Schmerzen beim Beugen des Knies und beim Gehen sowie Albträume und Angstzustände, denn er habe einen Fall rücklings auf die stark befahrene Hauptstraße nur mit Mühe vermeiden können.
Der H-Arzt Dr. N diagnostizierte am 20.12.2006 eine Knieprellung rechts. Die Allgemeinärztin Dr. M erstattete anlässlich einer Untersuchung des Klägers am 27.12.2006 eine Unfallmeldung. Danach bestand eine Schwellung und deutliche Bewegungseinschränkung des rechten Knies bei Kniegelenksprellung rechts und posttraumatischer Belastungsstörung (PTBS). Der Kläger sei psychisch noch sehr erregt. Der am 08.01.2007 aufgesuchten Unfallchirurgin und Durchgangsärztin Dr. W1 berichtete der Kläger über Schmerzen im rechten Knie. Mangels sichtbarer knöcherner Verletzung im Röntgenbild diagnostizierte sie eine Distorsion des rechten Knies. Eine von ihr veranlasste Kernspinuntersuchung ergab dann jedoch eine Patellafraktur mit begleitendem Knorpelschaden und Zerrung/Dehnung des äußeren Kollateralbandes. Aufgrund eines kleinen Begleitergusses konnte ein außerdem vorgefundener Längsriss des Innenmeniskushinterhorns bei deutlich vorgeschädigtem Meniskus nicht ausgeschlossen werden. Dr. W1 wertete in ihrem Bericht vom 08.03.2007 die Patellafraktur und den "winzigen Längsriss" im Innenmeniskushinterhorn bei deutlicher degenerativer Vorschädigung als traumabedingt. Eine Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) werde über die 26. Woche nach dem Unfall hinaus nicht verbleiben. Die Beklagte zahlte Verletztengeld für die Zeit vom 20.12.2006 bis zum Ende der Arbeitsunfähigkeit am 11.02.2007.
Am 24.01.2007 wandte sich der Kläger an die Beklagte, weil er psychotherapeutische Behandlung benötige. Die Beklagte zog ein Vorerkrankungsverzeichnis der Krankenkasse bei, aus dem sich keine Arbeitsunfähigkeitszeiten in der Vergangenheit wegen Erkrankungen des Knies oder der Psyche ergaben. Die von ihm auf Vorschlag der Beklagten aufgesuchte psychologische Psychotherapeutin Dr. E fasste das Ergebnis fünf probatorischer Sitzungen am 05.03.2007 dahingehend zusammen, dass bei dem Kläger eine PTBS (ICD 10 F 43.1: Typ I – kurzdauernde traumatische Ereignisse leichter Ausprägung) mit leichter spezifischer Phobie und Vermeidungsverhalten in der Unfallfolge bestehe. Eine psychologische Testung habe unauffällige Werte im Hinblick auf Angst, Depression oder Verfälschungstendenzen ergeben. Der Kläger vermeide trotz wiedererlangter Arbeitsfähigkeit am 12.02.2007 den Außendienst mit Feststellung von falschem Parken. Eine Besserung zeichne sich nach Konfrontationen zum Abbau von Phobien ab, weitere Behandlung sei aber erforderlich. Der Kläger werde nach eigenen Angaben die Vorstellung nicht los, er habe vielleicht auch nach rückwärts in den fließenden Verkehr fallen können. Diese Vorstellung tauche manchmal nachts in seinen Albträumen auf, in denen er sich immer wieder in den fließenden Verkehr fallen sehe.
Bei anhaltenden Kniebeschwerden wurde am 21.08.2007 eine weitere Kernspintomographie durchgeführt. Neben der von ihr nicht als Unfallfolge gewerteten degenerativen Innenmeniskusläsion erkannte Dr. W1 eine Knorpelschädigung mit diskret beginnender Retropatellararthrose, die aufgrund ihrer Lage dem Unfall zuzurechnen sei. Eine Funktionsbeeinträchtigung bestehe nicht, damit auch keine MdE. Nach vorzeitigem Abschluss einer Kurzzeittherapie berichtete Dr. E am 28.10.2007, dass der Kläger nicht mehr an Angstzuständen leide und auch sonstige relevante vegetative oder Trauma-Symptome nicht mehr aufträten. Das Schlafverhalten sei noch nicht vollständig, aber weitgehend normalisiert.
Am 29.11.2007 teilte der seit dem 26.11.2007 wieder arbeitsunfähige Kläger der Beklagten mit, dass er sich entgegen Dr. E nicht in der Lage sehe, seinen Beruf als Verkehrsüberwacher weiter auszuüben. Am 27.11.2007 wurde sein Arbeitsverhältnis betriebsbedingt zum 31.03.2008 gekündigt.
Vom 07.12.2007 bis 11.12.2007 befand sich der Kläger in stationärer Behandlung im N-Krankenhaus C wegen eines Grand-mal-Anfalls, den der Kläger zu Hause während des Essens gehabt habe. Nach dem Entlassungsbericht sei von einem Gelegenheitsanfall auf der Grundlage eines beim Kläger bestehenden Diabetes auszugehen. Der Beklagten teilte der Kläger am 13.02.2008 mit, er führe alle seine Beschwerden auf den Unfall zurück. Zwar sei es ihm zwischenzeitlich besser gegangen, nun aber wieder schlechter. Am 30.11.2007 sei gegen den Unfallverursacher verhandelt worden, der sei aber in Berufung gegangen. Die Unstimmigkeiten mit dem Unfallverursacher und dem Arbeitgeber machten ihn krank und hätten auch den Anfall verursacht.
Vom 27.02. bis 09.04.2008 befand sich der Kläger stationär in der Abteilung Psychosomatik/Psychotherapie der X-Klinik Bad X. Im dortigen Entlassungsbericht heißt es, der Kläger habe sich durch das Verhalten des Unfallverursachers extrem bedroht und sehr hilflos gefühlt; hieraus resultiere die aktuell noch bestehende posttraumatische Symptomatik, die aufgrund der daraus resultierenden Arbeitslosigkeit zu einer weiteren Destabilisierung und Herabsetzung des Selbstwertgefühls geführt habe. Private Belastungen, wie die zweimalige Operation der Ehefrau nach einem Hirntumor vor vier Jahren und der Einsatz für einen 19 Monate alten schwerbehinderten Enkel habe er nach eigenen Angaben gut verkraftet. Als eigenes Anliegen habe der Kläger den Umgang mit Depressionen und möglichen Zusammenhängen zu belastenden Erlebnissen und der Lebensgeschichte beschrieben. Der Kläger wurde mit den Diagnosen PTBS, Adipositas (140 kg / 186 cm), Diabetes mellitus, div. Allergien, Psoriasis vulgaris arbeitsunfähig und auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt nicht vollschichtig leistungsfähig entlassen.
Die Beklagte zog die Ermittlungsakten der Staatsanwaltschaft L bei und holte ein Aktenlagegutachten des Neurologen und Psychiaters Dr. C vom 12.05.2008 ein. Dr. C hielt das Unfallereignis für geeignet, eine PTBS auszulösen, die allerdings nur noch in einer leichten Teilsymptomatik vorliege. Es sei schwierig zu beurteilen, inwieweit der Unfall an der aktuellen psychischen Symptomatik noch einen Anteil habe. Es bestehe weiterhin unfallbedingte Behandlungsbedürftigkeit für voraussichtlich insgesamt 78 Wochen, im Anschluss daran werde keine rentenberechtigende MdE verbleiben, da eine PTBS in der Regel in ein bis zwei Jahren überwunden werde.
Die Beklagte zahlte Verletztengeld ab 07.01.2008 bis zum Beginn einer von der gesetzlichen Rentenversicherung rückwirkend ab 01.06.2008 gezahlten Erwerbsminderungsrente am 12.08.2008.
Die Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapie G behandelte den Kläger am 25.06.2008 und diagnostizierte Angst und Depression gemischt mit Schlafstörungen, Angst- und Panikattacken (F 41.2). Die Stimmung sei deutlich ängstlich getönt, der Patient aggravierend. Eine ambulante Behandlung über 50 Stunden zur Reduktion der ängstlich-depressiven Symptome sei angezeigt.
Am 08.09.2008 erlitt der Kläger beim Sturz von einem Fahrradergometer ein Schädel-Hirn-Trauma Grad III mit Schädelbasisfraktur und multiplen Mittelgesichtsfrakturen. Ab 29.09.2008 war der Kläger bei der Ärztin für Psychiatrie K in Behandlung, die auf ihrem Fachgebiet die Diagnosen PTBS (F 43.1), rez. z.Zt. schwere dekompensierte agitierte depressive Störung (F 32.3), Angst und depressive Störung gemischt (F 41.2), generalisierte Angsterkrankung (F 41.1), depressive Störung mit somatischen Symptomen (F 33.11), psychogene Umkehr des Tag-/Nacht-Rhythmus (F 51.2), Organphobie (Herzangst) mit Panikattacken (F 41.0), nicht organische Insomnie (F 51.0), Erschöpfungssyndrom (F 48.0), sowie hirnorganisches Anfallsleiden, einmalig Grand mal (G 40.6) stellte. Der Kläger sei weiterhin nicht arbeitsfähig.
Die Beklagte holte ein nervenärztliches Gutachten des Facharztes für Nervenheilkunde, Physikalische und Rehabilitative Medizin Dr. Dr. X (vom 07.12.2009) mit klinisch-psychologischem Zusatzgutachten vom 06.11.2009 der Dipl. Psychologin S ein. Letztere kam zu dem Ergebnis, dass der Kläger nach dem Unfall vom 20.12.2006 eine Anpassungsstörung entwickelt habe, dass aber die aktuell beklagten Symptome eher nicht mehr im Rahmen dieser Anpassungsstörung und damit unfallabhängig zu interpretieren seien, sondern es vielmehr zu einer Verschiebung der Wesensgrundlage auf der Basis vorbestehender finanzieller Probleme mit Privatinsolvenz 2006, sowie unbefriedigender beruflicher und persönlicher Situation gekommen sei, in deren Rahmen das Unfallgeschehen inzwischen funktionalisiert werde. Dr. Dr. X stellte bei dem Kläger eine unfallunabhängige Agoraphobie mit Panikstörung, einen Z.n. (Zustand nach) Grand-mal-Anfall und Schädel-Hirn-Trauma Grad III mit Schädelbasisfrakturen und multiplen Mittelgesichtsfrakturen und nachfolgend aufgetretenen kognitiven Leistungseinschränkungen, eine Übergewichtigkeit, einen Diabetes mellitus, einen Z.n. Divertikulitis-Operation 2002, einen Z.n. Schilddrüsenentfernung 2009 sowie eine zurückgebildete Anpassungsstörung fest. Folgen des Unfalls vom 20.12.2006 lägen nach zwischenzeitlicher Rückbildung der Anpassungsstörung nicht vor. Die MdE liege unter 10 v.H. Wegen des Ergebnisses der Begutachtung im Übrigen wird auf die beiden genannten Gutachten Bezug genommen.
Die Beklagte erkannte mit Bescheid vom 01.03.2010 den Unfall des Klägers vom 20.12.2006 als Arbeitsunfall und als dessen Folge einen folgenlos ausgeheilten Riss der Kniescheibe rechts und eine vollständig zurückgebildete Anpassungsstörung an. Unfallbedingte Behandlungsbedürftigkeit und Arbeitsunfähigkeit habe bis zum 17.06.2008 bestanden. Eine MdE in rentenberechtigendem Grade habe nicht über die 26. Woche nach dem Unfall hinaus bestanden.
Hiergegen legte der Kläger am 08.03.2010 Widerspruch ein. Der kausale Zusammenhang zwischen dem Unfall und der daraus entstandenen Arbeitssituation (Mobbing) sei den Daten eindeutig zu entnehmen. Am 30.11.2007 sei das verkehrsrechtliche Urteil gegen den Verursacher gesprochen worden, die Einspruchsfrist sei bis 07.12.2007 gelaufen. Aufgrund seiner Vermutung, der Verursacher werde den Widerspruch einlegen und seiner damals schon bestehenden Depression habe er am Abend des 07.12.2007 einen totalen Zusammenbruch erlitten, der letztlich zum Aufenthalt in der X-Klinik und zur Berentung geführt habe. Im Schwerbehindertenverfahren sei ihm von dem neur./psych. Sachverständigen des Sozialgerichts Köln ein Grad der Behinderung (GdB) von 40 attestiert worden. Offenbar sei das Gutachten von Dr. Dr. X nicht neutral. Es enthalte auch zahlreiche Fehler.
Am 09.03.2010 wandte sich die behandelnde Psychiaterin K nach Beendigung der Heilbehandlung durch die Beklagte an diese. Der Ablehnungsbescheid der Beklagten habe den Kläger in eine akute suizidale Krise geführt, die sie nur durch eine ausführliche telefonische Intervention und Verordnung von Tavor® habe stabilisieren können. Die Behandlung seit dem 29.09.2008 sei durch laufende Verwaltungs- und Gerichtsverfahren erschwert worden, weshalb weder der gewünschte Therapieerfolg erzielt, noch ein schriftlicher Bericht über die Behandlung habe erstellt werden können. Wegen der Notwendigkeit der Fortführung der Medikation und des zu ihr bestehenden Vertrauensverhältnisses sei ein Behandlungsabbruch kontraproduktiv, zumal durch die Verordnung eines Therapiehundes eine Stimmungsverbesserung gelungen sei.
Die Beklagte wies den Widerspruch des Klägers unter Bezugnahme auf die von ihr eingeholten Gutachten zurück (Bescheid vom 21.05.2010). Der im Schwerbehindertenverfahren von dem Neurologen und Psychiater Dr. H festgestellte GdB von 40 sei nicht auf die unfallrechtliche MdE übertragbar.
Hiergegen hat der Kläger am 28.05.2010 Klage erhoben.
Der Kläger hat vorgetragen, in dem Gutachten von Dr. H sei der kausale Zusammenhang klar dargelegt. Er hat einen Entlassungsbericht der X-Klinik aus einem erneuten Heilverfahren dort vom 26.05.2010 bis 23.06.2010 vorgelegt, wo er mit den Diagnosen PTBS, kombinierte narzisstisch-anankastische Persönlichkeitsstörung, insulinpflichtiger Diabetes, Adipositas, Hypothyreose und Strumektomie als auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt arbeitsunfähig entlassen worden war. Testpsychologisch hatten sich auffällige Werte in der Depressionsskala und ADS-K und der Borderline Symptom Checkliste BSL ergeben. Der Kläger leide nach eigenen Angaben stark unter Intrusionen, allgemein auf Italien bezogen, weil der Täter Italiener gewesen sei und versuche, sich durch ausgeprägtes Vermeidungsverhalten zu stabilisieren. Er habe sich in der Unfallsituation extrem bedroht und hilflos gefühlt. Hieraus resultiere die aktuell noch bestehende posttraumatische Symptomatik, die aufgrund der bestehenden Arbeitslosigkeit zu einer weiteren Destabilisierung und Herabsetzung des Selbstwertgefühles geführt habe. Hinzu komme die instabile und narzisstische Persönlichkeit. Die andauernden Verfahren trügen zur Aufrechterhaltung der Symptomatik bei, gleichzeitig sei der starke Wunsch des Patienten nach Gerechtigkeit und Wiedergutmachung nachvollziehbar.
Das Sozialgericht hat Beweis erhoben durch Beiziehung der Klageakten des SG Köln (S 31 SB 137/08) im Schwerbehindertenverfahren mit den darin enthaltenen Gutachten des Orthopäden Dr. U vom 12.02.2009, des Neurologen, Psychiaters und Psychotherapeuten Dr. H vom 24.03.2009 und des Facharztes für Innere Medizin – Geriatrie, Rheumatologie, Psychotherapie – Dr. L. Auf den Inhalt der genannten Gutachten wird Bezug genommen. Bei Dr. H, dessen Auftrag keine Kausalitätsfragen umfasste, gab der Kläger an, er sei in der Unfallsituation emotional eher ruhig geblieben, seine Probleme seien erst im Anschluss daran in sich steigernder Form aufgetreten. Auf der Erlebnis- und Bewertungsebene zeige sich, so Dr. H, ein sehr komplexes, sehr schwierig in herkömmlichen Rastern zu fassendes Bild. Der sehr geradlinige, mit sehr hohem Gerechtigkeitsanspruch ausgestattete Kläger sei durch das Ereignis im Dezember 2006 erheblich in seiner sozialen Integrität gestört worden. Es zeigten sich inzwischen zusätzlich deutliche Zeichen einer Verbitterung aufgrund zusätzlicher Traumatisierung durch das als inadäquat empfundene Verhalten des Arbeitgebers. Bei dem Kläger bestehe eine Reaktion auf schwere Belastung (ICD 10 F 43.8) mit diffusen, zum Teil zentrierten Ängsten, Labilisierung der Affektlage, sozialem Rückzug und ausgeprägten Schlafstörungen. Der GdB betrage insoweit 40. Eine PTBS liege in Ermangelung des sog. "A-Kriteriums" nicht vor. Der einmalige hirnorganische Anfall lasse ein Dauerleiden nicht erwarten und verursache keinen GdB.
Das Sozialgericht hat sodann ein Sachverständigengutachten eingeholt von Dr. W, Arzt für Neurologie und Psychiatrie im St. F-Krankenhaus in W, vom 13.04.2011. Auf den Inhalt des Gutachtens wird Bezug genommen. Dr. W sah die Eingangskriterien für eine PTBS in keiner Weise als erfüllt an. Weder habe sich der Kläger bei dem Unfall ernst oder gar lebensbedrohlich verletzt, noch habe er sich im Zustand der Hilflosigkeit befunden. Bezüglich auch den Unfall einbeziehender Albträume sei die Symptomatik einer PTBS nicht erfüllt. Die nachfolgenden affektiven Auslenkungen seien ganz wesentlich auf die rechtlichen Auseinandersetzungen mit dem Arbeitgeber und dem Unfallgegner zurückzuführen. Zwar gebe es keinen Anhalt für eine vorbestehende psychische Erkrankung des Klägers. Es sei allerdings spätestens im Jahre 2008 zu einer mittlerweile rezidivierend und phasenhaft verlaufenden, zeitweilig schwergradigen, aber unfallunabhängigen depressiven Störung gekommen.
Der Kläger hat gegen das Gutachten eingewandt, ob man seine Erkrankung PTBS oder anders nenne, sei für die Klage nicht erheblich. Der Zusammenhang ergebe sich ohne weiteres aus dem Zeitablauf (Ereignis am 20.12.2006, Erkrankung daraus bis Februar 2007, danach auftretende Lügen des Unfallverursachers, Mobbing und massive Drohungen seitens des Arbeitgebers, psychische Überlastung mit Grand-mal-Anfall im Zusammenhang mit dem verkehrsrechtlichen Verfahren gegen den Verursacher, Kündigung durch den Arbeitgeber, spätestens ab 2008 schwergradige depressive Störungen, wie von Dr. W bestätigt).
Der Kläger hat erstinstanzlich beantragt,
die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 01.03.2010 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21.05.2010 zu verurteilen, ihm eine Verletztenrente aus der gesetzlichen Unfallversicherung zu gewähren.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat sich auf das Gutachten von Dr. Dr. X bezogen. Es sei nach Abklingen der Anpassungsstörung zu einer Verschiebung der Wesensgrundlage insoweit gekommen, als die Erkrankung des Klägers durch unfallunabhängige Belastungsfaktoren – anhaltende Arbeitslosigkeit, Zukunftsängste, laufende Privatinsolvenz, Belastungen im familiären Umfeld, Schädelbasisfraktur mit neurochirurgischer Operation 2008 – aufrecht erhalten werde.
Das Sozialgericht hat die Klage mit Urteil vom 11.11.2011, dem Kläger zugestellt am 18.11.2011, abgewiesen und ist in seiner Begründung im Wesentlichen Dr. W gefolgt. Auf die Entscheidungsgründe des sozialgerichtlichen Urteils wird verwiesen.
Mit seiner am 13.12.2011 eingegangenen Berufung trägt der Kläger vor, es habe bei dem Unfall durchaus die Möglichkeit einer lebensbedrohlichen Verletzung gegeben, wenn er nämlich nicht nach vorne auf die Motorhaube, sondern nach hinten mit dem Kopf in den fließenden Verkehr auf der vorbeiführenden Straße gefallen wäre. Diese Möglichkeit der Fallrichtung habe in einem verkehrsrechtlichen Verfahren ein anderes Gutachten anhand einer Rekonstruktion des Unfalls mit Fotodokumentation bestätigt. Ab Oktober 2007 hätten seine schon zuvor vorhandenen Albträume, in denen er in den fließenden Verkehr falle, wieder zugenommen. Die PTBS sei nach März 2007 nicht weggefallen, sondern durch verschiedene berufliche Vorgänge nur vorübergehend unterdrückt worden. Der Verlauf der Erkrankung sei dann durch Mobbing im Beruf und die anstehenden Verhandlungen wieder sehr verstärkt worden und habe sich dann am 07.12.2007 in seinem körperlichen Zusammenbruch entladen. Das Gutachten sei nicht verwertbar, da er unter Medikamenten gestanden habe.
Der Kläger beantragt schriftlich sinngemäß,
das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 11.11.2011 zu ändern und nach seinem erstinstanzlich gestellten Antrag zu entscheiden.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält insbesondere die Gutachten der Sachverständigen Dr. W und Dr. Dr. X für überzeugend.
Der Senat hat eine ergänzende Stellungnahme von Dr. W vom 15.05.2012 eingeholt. Dieser hat ausgeführt, der Unfall des Klägers sei nicht mit der Möglichkeit einer lebensbedrohlichen Verletzung einhergegangen. Die vom Kläger beschriebenen Albträume seien nicht mit der Symptomatik einer PTBS in Einklang zu bringen. Bei der bei dem Kläger aufgetretenen Depression handele es sich um eine schicksalhaft aufgetretene Erkrankung, wie sie nach epidemiologischen Erkenntnissen bei 10 bis 15% der Bevölkerung auftrete.
Auf Antrag des Klägers nach § 109 SGG hat der Senat sodann ein Gutachten der weiterhin behandelnden Psychiaterin K eingeholt. Auf den Inhalt des Gutachtens vom 04.03.2013 wird Bezug genommen. Frau K ist zusammenfassend zu dem Ergebnis gekommen, dass Dr. W die beschreibenden Texte zur PTBS im ICD 10 und im DSM-IV falsch interpretiere, da schon alleine die – von ihr hier bejahte – Möglichkeit einer todbringenden Verletzung die Kausalität begründen könne. Da ihrer Ansicht nach die Kausalität bewiesen sei, der Kläger die Symptome einer PTBS in voller Ausprägung aufweise und keine anderen traumatischen Ereignisse in dieser Zeit erlitten habe, die geeignet gewesen wären, eine PTBS auszulösen, sei die Auffassung von Dr. W widerlegt. Der Grad der MdE liege in Anwendung der GdB-Tabelle bei 60% (entsprechend der Einschätzung einer Teilerwerbsfähigkeit in der Reha) bis einschließlich Juni 2010, danach bei 100% (volle Erwerbsminderung im zweiten Reha-Bericht der X-Klinik). Die Beklagte hat sich von Neurologin und Psychiaterin Dr. X1 beraten lassen, die die Auffassung vertreten hat, dass das Gutachten der Sachverständigen K wissenschaftlichen Ansprüchen nicht genüge, wesentliche formale Inhalte – wie etwa eine Anamnese – vermissen lasse und eher ein Plädoyer für den Kläger und für ihre als behandelnde Ärztin seit 2008 gestellte Diagnose einer PTBS darstelle. Auch die Ermittlung des Grades der MdE lasse mangelnde Erfahrung der Sachverständigen in der Beurteilung von Unfallfolgen erkennen. Bei dem Kläger sei als Unfallfolge eine abgeklungene Anpassungsstörung nach Kniegelenksverletzung rechts vorhanden, die – in Übereinstimmung mit Dr. Dr. X und Dr. W – keine MdE bedinge.
In einer ergänzenden Stellungnahme vom 31.07.2013 hat die Sachverständige K mitgeteilt, sie habe bisher noch keine Erfahrung mit Gutachten für Sozialgerichte und hat eine Anamnese nachgereicht. Die Bezeichnung ihres Gutachtens als Plädoyer für den Versicherten und Begründung ihrer Diagnose empfinde sie als unangemessen, da sie den Kläger wegen dieser Diagnose behandele und dementsprechend auch alle entsprechenden Symptome aufführen müsse. Hingegen hätten die übrigen Sachverständigen den Kläger jeweils nur wenige Stunden gesehen, in denen er zudem hochdosiert unter Beruhigungsmitteln gestanden habe. Das Argument, dass für den Kläger keine lebensbedrohende Situation bestanden habe, sei nicht haltbar, da er für Sekundenbruchteile tatsächlich in Gefahr gewesen sei, rückwärts unter den rollenden Verkehr zu geraten. Die Todesangst dieses Moments wiederhole sich seither in allen Flashbacks und Albträumen des Klägers. Der sei weiterhin nicht in der Lage, den Ortsteil aufzusuchen, in dem er dem Verursacher begegnen könnte und leide weiterhin unter im Einzelnen näher beschriebenen anhaltenden Symptomen erhöhter psychischer Sensitivität und Erregung. Dies seien eindeutig Kriterien einer PTBS. Die Kausalität sei gegeben, da der Kläger vor dem Unfall nie psychisch auffällig war und "alle Beschwerden sich eindeutig auf diesen Vorfall ziehen und somit als Unfallfolge anzusehen" seien.
Auch Dr. W hat unter dem 26.09.2013 ergänzend Stellung genommen und kritisiert, dass die Sachverständige K mögliche konkurrierende Ursachen gar nicht diskutiere. Ihre Bewertung der Symptomatik teile er nicht. Die von ihr nachgereichte Anamnese enthalte keine Hinweise auf körperliche oder nervenärztliche Gesundheitsstörungen.
In seinen Stellungnahmen zum Beweisergebnis vertritt der Kläger die Auffassung, die Sachverständige K kenne ihn als behandelnde Ärztin am besten und sei deshalb besonders geeignet, ein Gutachten über ihn zu erstatten. Er legt ein Strafurteil des Amtsgerichts C vom 30.11.2007 vor, das den Unfallverursacher wegen fahrlässiger Körperverletzung und Unfallflucht zu einer Geldstrafe verurteilt hat.
Außerdem hat der Kläger ein in seinem Zivilverfahren gegen den Verursacher erstattetes psychiatrisches Gutachten von Dr. L, Direktor der Klinik und Poliklinik für Psychiatrie und Psychotherapie der Uniklinik L vom 20.08.2013 mit testpsychologischem Zusatzgutachten von Prof. Dr. T vom 23.04.2013 vorgelegt. Prof. Dr. T hat ausgeführt, im Rahmen der Persönlichkeitsdiagnostik zeige der Kläger eine Tendenz, Items wahllos mit "Richtig" zu beantworten. Es ergäben sich Hinweise darauf, dass er ungünstige Aspekte seines Erlebens und Verhaltens dissimuliere. Hohe Werte auf den sog. Seltenheitsskalen wiesen auf eine auffällig übertreibende Darstellung von Symptomen hin. Der Kläger übertreibe seine Beschwerden und seine psychopathologischen Symptome in extremem Maße. Die Beschreibung seines Selbsterlebens falle allenthalben zufällig und unplausibel aus. Auch in der Kontrollskalenauswertung im MMPI ("Minnesota Multiphasic Personality Inventory", einer der weltweit am häufigsten verwendeten Persönlichkeitstests in der klinischen Psychologie und Psychiatrie) ergebe sich eine hohe Wahrscheinlichkeit, dass der Kläger sein Leiden übertreibe. Auf der FBS-Skala, deren Sensitivität für die Übertreibung neurokognitiver und somatischer Beschwerden im MMPI im Rahmen von Gerichtsverfahren in einer beachtlichen Anzahl von Veröffentlichungen beschrieben werde, erreiche der Kläger einen höheren Wert als alle 2600 Teilnehmer der angelsächsischen Normstichprobe. Der Rohwert des Klägers sei so hoch, dass eine Vergleichbarkeit mit klinischen Stichproben wie Depression, Psychose oder PTBS praktisch ausgeschlossen sei. In der sog. Ds-Skala produziere der Kläger eine Antworttendenz, die durch stereotype Vorstellungen über psychiatrische Erkrankungen geleitet sei. In allen psychopathologischen Skalen zeige sich eine extrem große Diskrepanz zwischen deren "offensichtlichen" und "subtilen" Anteilen zugunsten der ersteren, so dass der Verdacht erheblicher, motivierter Aggravation unübersehbar sei. Inhaltlich sei nicht davon auszugehen, dass die Angaben des Klägers seinem wahren Erlebnishintergrund entsprächen. Im Persönlichkeits-Pathologie-Fragebogen (DAPP-BQ) nach Livesley erreiche der Kläger auf der sog. "Lügen-Skala" einen hohen Wert – von 95% der Altersgruppe wären in diesem Verfahren ehrlichere Antworten zu erwarten. Der Befund weise außerdem auf starke Tendenzen, die eigenen psychopathologischen Symptome zu übertreiben und soziale Auffälligkeiten zu dissimulieren. Zusammenfassend zeige der Kläger in der psychologischen Testung bei überdurchschnittlicher Primärintelligenz hochgradige Unplausibilitäten bei der Beschreibung seiner subjektiven Erlebnisse. Er habe in den Fragebogen in untypischer Weise somatische, emotional-instabile, paranoide, affektive und psychotische Beschwerden dargestellt, so dass sich in klinisch unplausibler Weise generalisiert in fast allen psychopathologischen Diagnosekategorien extrem auffällige Normabweichungen beobachten ließen, die nur schwer auf einem realen Erlebnishintergrund erklärbar seien.
Demgegenüber hat Prof. Dr. L im Hauptgutachten zusammenfassend die Schilderung des Klägers als glaubhaft gewertet und eine erhebliche Funktionseinschränkung im Berufsleben und im gesamten Lebensbereich mit ausgeprägtem Vermeidungsverhalten, sozialem Rückzug, Interessenverlust und Schlafstörungen als gegeben angesehen. Der Kläger hatte dort angegeben, am Tag nach dem Unfall habe sich bei ihm die Vorstellung entwickelt, er habe auch nach hinten in den fließenden Verkehr fallen können. Zwar liege mangels eines ausreichend schwerwiegenden Unfallereignisses keine PTBS bei dem Kläger vor, jedoch seien die Diagnosekriterien einer Anpassungsstörung erfüllt, wobei die lange Dauer der Erkrankung eine Änderung der klassifikatorischen Einordnung des Syndroms als "mittelschwer agitierte Depression, depressive Störung mit somatischen Symptomen" entsprechend der Vordiagnose durch die behandelnde Psychiaterin erforderlich mache. Ein Zusammenhang mit dem Unfall müsse angenommen werden, so dass bei dem Kläger Gesundheitsstörungen bestünden, die ursächlich im Sinne der Entstehung auf das Unfallgeschehen zurückzuführen seien und durch berufliche, finanzielle und andere belastende psychosoziale Belastungsfaktoren wie laufende Prozessverfahren aufrechterhalten würden. Letztere seien nicht verursachend, trügen aber zur Chronifizierung bei.
Vom Senat erneut um ergänzende Stellungnahme gebeten, hat Dr. W unter dem 29.03.2014 dem Gutachten von Prof. Dr. L eine detaillierte Würdigung vermeintlich traumatisierender Folgen des Ereignisses vom 20.12.2006 nicht entnehmen können. Den Ergebnissen der Zusatzbegutachtung werde kaum Beachtung geschenkt.
Schließlich hat der Kläger ein Gutachten zur Unfallrekonstruktion für das Landgericht Köln durch Dipl.-Ing. N vom 26.07.2011 vorgelegt, aus dem sich ergibt, dass bei der vom Kläger beschriebenen Rückwärtsfahrt seines Unfallgegners die erlittene Knieverletzung zwanglos möglich war. Nach den der Rekonstruktion beigefügten Lichtbildern erfolgte der Anstoß in paralleler Richtung zur noch durch einen 3 Meter breiten Fahrradweg von der Fahrbahn getrennten Hauptstraße. Da der Anstoß des Fahrzeuges unterhalb des Körperschwerpunktes des Klägers erfolgt sei, sei der Kläger auf die Motorhaube des Fahrzeugs "aufgeladen" worden.
Dazu angehört, dass nach dem Gutachten die Fallrichtung nur nach vorne auf die Motorhaube gerichtet sein konnte, hat der Kläger eingewandt, er habe, wenn er sich nur eine Zehntelsekunde früher bewegt hätte, nach hinten in den fließenden Verkehr fallen können.
Mit vom Kläger vorgelegtem Urteil vom 11.02.2014 hat das Landgericht Köln den Unfallgegner des Klägers verurteilt, diesem für erlittene Unfallschäden Schadenersatz zu leisten. Dabei hat es nach mündlicher Anhörung des Sachverständigen Prof. Dr. L zu den Unfallfolgen auch die beim Kläger bestehende Depression gezählt. Ausweislich seiner in dem landgerichtlichen Urteil, das insoweit in Bezug genommen wird, wiedergegebenen mündlichen Angaben hat sich Prof. Dr. L dahingehend eingelassen, dass das testpsychologische Gutachten von Dr. T trotz der festgestellten Simulationstendenzen seine Einschätzung nicht widerlege. Der Kläger sei bereits zweimal zuvor testpsychologisch untersucht worden. Während Ende 2007 Dr. E valide Testergebnisse erhoben habe, hätten sich bei der Befragung im Heilverfahren in der X-Klinik 2010 bereits auffällige Ergebnisse gezeigt. Insoweit sei es plausibel, dass der Kläger aufgrund des lange dauernden Prozesses ein Bedürfnis gehabt habe, seinen Leidensdruck massiv zu dokumentieren und seine Beschwerden übertrieben darzustellen. Die klinischen Schilderungen seien für sich betrachtet immer stimmig gewesen, so dass aus dem Gutachten von Prof. Dr. T nicht auf Übertreibungen und Simulationen auch in der Vergangenheit geschlossen werden könne. Dies könne zwar nicht ausgeschlossen werden, da aber sämtliche dokumentierten Vorgänge und klinischen Umstände in sich stimmig seien, komme er zu dem Ergebnis, dass bei dem Kläger aufgrund des Unfalls die geschilderten psychologischen Folgen aufgetreten seien und nicht lediglich simuliert würden.
Entscheidungsgründe:
Der Senat kann über die Berufung entscheiden, obwohl die Beteiligten in der mündlichen Verhandlung nicht anwesend und nicht vertreten waren, da sie in der Ladung auf diese Möglichkeit hingewiesen worden waren.
Die gemäß §§ 143 und 144 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte, nach § 151 SGG frist- sowie formgerecht eingelegte und auch im Übrigen zulässige Berufung des Klägers ist unbegründet. Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen.
Der Kläger, dessen Erwerbsfähigkeit aus keinem anderen Arbeitsunfall oder wegen Berufskrankheit um wenigstens 10 v.H. gemindert ist, hat keinen Anspruch auf Verletztenrente wegen der Folgen des anerkannten Arbeitsunfalls vom 20.12.2006. Der diesen Anspruch ablehnende Bescheid der Beklagten vom 01.03.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21.05.2010 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Bei dem Kläger sind als Unfallfolgen eine ausgeheilte Kniegelenksverletzung rechts und eine abgeklungene Anpassungsstörung vorhanden, die über die 26. Woche nach dem Unfall hinaus keine MdE um wenigstens 20 v.H. verursacht haben. Der Senat hat sich nicht davon überzeugen können, dass daneben weitere Erkrankungen des Klägers auf neurologisch/psychiatrischem Fachgebiet mit Wahrscheinlichkeit auf das Ereignis vom 20.12.2006 zurückzuführen sind. Zu Recht hat die Beklagte deshalb einen rentenberechtigenden Grad der MdE verneint.
Als Rechtsgrundlage für einen Anspruch des Klägers auf Rente kommen §§ 7, 8 und 56 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII) in Betracht. Danach sind Versicherungsfälle der gesetzlichen Unfallversicherung Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten (§ 7 Abs. 1 SGB VII). Arbeitsunfälle sind Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach den §§ 2, 3 oder 6 SGB VII begründenden Tätigkeit (§ 8 Abs. 1 Satz 1 SGB VII). Unfälle sind zeitlich begrenzte, von außen auf den Körper einwirkende Ereignisse, die zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führen (§ 8 Abs. 1 Satz 2 SGB VII). Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit infolge eines Versicherungsfalls über die 26. Woche hinaus um wenigstens 20 v. H. gemindert ist, haben Anspruch auf eine Rente (§ 56 Abs. 1 Satz 1 SGB VII). Der Grad der Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) richtet sich nach dem Umfang der sich aus der Beeinträchtigung des körperlichen oder geistigen Leistungsvermögens ergebenden verminderten Arbeitsmöglichkeiten auf dem gesamten Gebiet des Erwerbslebens (§ 56 Abs. 2 Satz 1 SGB VII), also auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt.
Für die Feststellung eines Arbeitsunfalls ist erforderlich, dass die Verrichtung des Versicherten zur Zeit des Unfalls der versicherten Tätigkeit zuzurechnen ist (innerer beziehungsweise sachlicher Zusammenhang), dass diese Verrichtung zu dem Unfallereignis als einem zeitlich begrenzten, von außen auf den Körper einwirkenden Ereignis geführt hat (Unfallkausalität) und dass das Unfallereignis einen Gesundheitserstschaden oder den Tod des Versicherten verursacht hat (haftungsbegründende Kausalität). Für die Gewährung von Verletztenrente ist erforderlich, dass länger andauernde Unfallfolgen aufgrund des Gesundheitserstschadens entstanden sind (haftungsausfüllende Kausalität) und eine hierdurch bedingte MdE um mindestens 20 v. H. erreicht wird.
Dabei müssen die versicherte Tätigkeit, die Art und das Ausmaß des Unfallereignisses, der Gesundheitserstschaden und die hierdurch verursachten länger andauernden Unfallfolgen mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nachgewiesen werden. Lässt sich ein Nachweis nicht führen, so geht dies nach dem im sozialgerichtlichen Verfahren geltenden Grundsatz der materiellen Beweislast zu Lasten des Versicherten.
Für die haftungsbegründende und die haftungsausfüllende Kausalität, welche nach der auch sonst im Sozialrecht geltenden Lehre von der wesentlichen Bedingung zu bestimmen sind, ist grundsätzlich die hinreichende Wahrscheinlichkeit, nicht allerdings die bloße Möglichkeit, ausreichend, aber auch erforderlich. Diese liegt vor, wenn mehr für als gegen den Ursachenzusammenhang spricht, so dass auf diesen Grad der Wahrscheinlichkeit vernünftigerweise die Entscheidung gestützt werden kann und ernste Zweifel ausscheiden. Die Kausalitätsbeurteilung hat auf der Basis des aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisstandes über die Möglichkeit von Ursachenzusammenhängen zwischen bestimmten Ereignissen und der Entstehung bestimmter Krankheiten zu erfolgen. Dies schließt eine Prüfung ein, ob ein Ereignis nach wissenschaftlichen Maßstäben überhaupt geeignet ist, eine bestimmte körperliche oder seelische Störung hervorzurufen.
Nach der Theorie der wesentlichen Bedingung werden als kausal und rechtserheblich nur solche Ursachen angesehen, die wegen ihrer besonderen Beziehung zum Erfolg zu dessen Eintritt wesentlich mitgewirkt haben. Welche Ursache wesentlich ist und welche nicht, muss aus der Auffassung des praktischen Lebens über die besondere Beziehung der Ursache zum Eintritt des Erfolgs beziehungsweise Gesundheitsschadens abgeleitet werden. Wenn es mehrere rechtlich wesentliche Mitursachen gibt, ist sozialrechtlich allein relevant, ob das Unfallereignis wesentlich war. Ob eine konkurrierende Ursache es auch war, ist unerheblich. "Wesentlich" ist nicht gleichzusetzen mit "gleichwertig" oder "annähernd gleichwertig". Auch eine nicht annähernd gleichwertige, sondern rechnerisch verhältnismäßig niedriger zu bewertende Ursache kann für den Erfolg rechtlich wesentlich sein, solange keine andere Ursache eine überragende Bedeutung hat. Ist jedoch eine Ursache oder sind mehrere Ursachen gemeinsam gegenüber einer anderen von überragender Bedeutung, so ist oder sind nur diese Ursache/n "wesentlich" und damit Ursachen im Sinne des Sozialrechts.
Gesichtspunkte für die Beurteilung der besonderen Beziehung einer versicherten Ursache zum Erfolg sind neben der versicherten Ursache beziehungsweise dem Ereignis als solchem, einschließlich der Art und des Ausmaßes der Einwirkung, die evtl. konkurrierende Ursache unter Berücksichtigung ihrer Art und ihres Ausmaßes, der zeitliche Ablauf des Geschehens, ferner das Verhalten des Verletzten nach dem Unfall, die Befunde und Diagnosen des erstbehandelnden Arztes sowie die gesamte Krankengeschichte. Ergänzend kann der Schutzzweck der Norm heranzuziehen sein.
Beweisrechtlich ist zu beachten, dass der Ursachenzusammenhang zwischen dem Unfallereignis und den Unfallfolgen als anspruchsbegründende Voraussetzung positiv festgestellt werden muss. Es gibt keine Beweisregel des Inhalts, dass bei fehlender Alternativursache das angeschuldigte Ereignis die Ursache ist oder dass die mit hinreichender Wahrscheinlichkeit festgestellte versicherte Ursache im naturwissenschaftlichen Sinn automatisch auch eine wesentliche Ursache ist, weil dies bei komplexem Krankheitsgeschehen zu einer Beweislastumkehr führen würde.
Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze (vgl. zum Vorstehenden BSG, Urteil vom 09.05.2006 – B 2 U 1/05 R; BSG, Urteil vom 24.07.2012 – B 2 U 9/11 R) hat der zum Unfallzeitpunkt unter Versicherungsschutz stehende Kläger aufgrund des anerkannten Arbeitsunfalls vom 20.12.2006 keinen Anspruch auf die Gewährung von Verletztenrente.
Zwischen den Beteiligten steht aufgrund des Bescheides der Beklagten vom 01.03.2010 fest, dass der Kläger am 20.12.2006 bei versicherter Tätigkeit einen in die Verbandszuständigkeit der Beklagten fallenden Arbeitsunfall und als dessen Folge (mindestens) einen folgenlos ausgeheilten Riss der Kniescheibe rechts und eine vollständig zurückgebildete Anpassungsstörung erlitten hat. Diese Gesundheitsschäden bedingen über die 26. Woche nach dem Arbeitsunfall hinaus keine rentenberechtigende MdE um wenigstens 20 v.H. Weitere Unfallfolgen, die in der Gesamtschau zu einer solchen MdE führen, sind nicht festzustellen.
Gesundheitserstschäden, also abgrenzbare Gesundheitsschäden, die unmittelbar durch die versicherte Verrichtung objektiv und rechtlich wesentlich verursacht sind (BSG, Urteil vom 24.07.2012 – B 2 U 9/11 R) liegen beim Kläger über die Kniescheibenverletzung und die abgelaufene Anpassungsstörung hinaus nicht vor, insbesondere keine Gesundheitsschäden auf neurologisch/psychiatrischem Fachgebiet.
Voraussetzung für die Anerkennung von psychischen Gesundheitsstörungen als Unfallfolge ist zunächst die Feststellung der konkreten Gesundheitsstörungen, die bei dem Verletzten vorliegen und seine Erwerbsfähigkeit mindern und zwar aufgrund eines der üblichen Diagnosesysteme und unter Verwendung der dortigen Schlüssel und Bezeichnungen, damit die Feststellung nachvollziehbar ist (BSG, Urteile vom 09.05.2006 – B 2 U 40/05 R, B 2 U 1/05 R, B 2 U 26/04 R).
Bei Anwendung dieser Grundsätze hat sich der Senat nicht davon überzeugen können, dass bei dem Kläger eine PTBS vorliegt, wie dies insbesondere Dr. K in ihren Befundberichten und in ihrem Gutachten, aber auch die Hausärztin Dr. M, die Ärzte der X-Klinik und die behandelnde Psychologin Dr. E vertreten haben. Dr. Dr. X, Dr. W, Dr. H und Prof. Dr. L haben diese Diagnose verneint, weil es an dem sog. "A-" bzw. "A1-Kriterium" fehle. Dies überzeugt den Senat, weil sich die Sachverständigen für ihre Auffassung auf die einschlägigen Diagnosemanuale stützen können. Hierbei ist nach gegenwärtigem Stand der Wissenschaft noch auf die Internationale statistische Klassifikation der Krankheiten und verwandter Gesundheitsprobleme – 10. Revision – (ICD 10) und das Diagnostische und Statistische Manual psychischer Störungen – Textrevision – (DSM-IV-TR) zurückzugreifen. Auch das zwischenzeitlich seit Mai 2013 als Nachfolger des DSM-IV-TR in englischer Sprache vorliegende diagnostische und statistische Manual 5. Auflage (DSM-5) stützt aber dieses Ergebnis.
Bei der posttraumatischen Belastungsstörung handelt es sich – soweit Diagnosesysteme in deutscher Sprache vorliegen – um eine Gesundheitsstörung nach ICD-10 F 43.1 beziehungsweise DSM-IV-TR 309.81 (zum DSM-5 siehe unten). Nach ICD-10 F 43.1 besagt das sog. Traumakriterium (A-Kriterium) folgendes: Die posttraumatische Belastungsstörung entsteht als eine verzögerte oder protrahierte Reaktion auf ein belastendes Ereignis oder eine Situation kürzerer oder längerer Dauer, mit außergewöhnlicher Bedrohung oder katastrophenartigem Ausmaß, die bei fast jedem eine tiefe Verzweiflung hervorrufen würde. Nach DSM-IV-TR 309.81 gilt hinsichtlich des A-Kriteriums: Das Hauptmerkmal der posttraumatischen Belastungsstörung ist die Entwicklung charakteristischer Symptome nach der Konfrontation mit einem extrem traumatischen Ereignis. Das traumatische Ereignis beinhaltet unter anderem das direkte persönliche Erleben einer Situation, die mit dem Tod oder der Androhung des Todes, einer schweren Verletzung oder einer anderen Bedrohung der körperlichen Unversehrtheit zu tun hat (Kriterium A1). Die Reaktion der Person auf das Ereignis muss intensive Angst, Hilflosigkeit oder Entsetzen umfassen (Kriterium A2). Diese Voraussetzungen sind hier nicht gegeben.
Zwar zog der Arbeitsunfall mit der Verletzung des rechten Knies eine Beeinträchtigung der körperlichen Unversehrtheit des Klägers nach sich. Die vergleichsweise wenig beeinträchtigende Knieverletzung des Klägers kann aber einer außergewöhnlichen Bedrohung katastrophenartigen Ausmaßes im Sinne des ICD-10 nicht gleichgesetzt werden. Es handelte sich auch nicht um das Erleben einer Situation, die mit der Androhung des Todes, einer schweren Verletzung oder einer anderen Bedrohung der körperlichen Unversehrtheit zu tun gehabt hat, so dass auch das Kriterium A1 nach DSM-IV-TR nicht erfüllt ist. Denn nicht jede erlebte Körperverletzung genügt, um dieses Kriterium zu erfüllen. Vielmehr muss es sich – wie es zum DSM-IV-TR 309.81 unter dem Stichwort "Differentialdiagnose" heißt – um ein Ereignis extremer, z.B. lebensbedrohlicher Natur handeln. Die Knieverletzung des Klägers erfüllte dieses Ausmaß der Verletzung oder Bedrohung bei weitem nicht. Bei dem Kläger bestand ausweislich der Unfallrekonstruktion durch Dipl.-Ing. N auch zu keinem Zeitpunkt die Gefahr, nach hinten über die verbleibende Breite des Radwegs hinaus in den fließenden Verkehr zu fallen. Denn aufgrund der Anstoßhöhe und -richtung kam nach dessen für den Senat gut nachvollziehbarer und überzeugender Darstellung nur eine Fallrichtung nach vorne auf die Motorhaube des rückwärtsfahrenden PKW des Unfallverursachers in Frage, also in von der Straße abgewandter Richtung. Der Kläger hatte nach eigenen Angaben auch im Zeitpunkt des Unfalls noch nicht – wie von der behandelnden Psychiaterin K unterstellt – die panische Sorge, nach hinten auf die Straße zu fallen, sondern die – unter Berücksichtigung der Unfallrekonstruktion realitätsferne – Vorstellung der Möglichkeit eines solchen Unfallverlaufs entwickelte sich bei ihm erst im Laufe des folgenden Tages.
Eine andere Einschätzung ergibt sich auch nicht aufgrund des bisher erst in englischer Sprache vorliegenden Diagnosesystems DSM-5. Dazu kann vorliegend offen bleiben, ob dieses Manual mangels einer autorisierten deutschen Übersetzung schon hinreichende Grundlage für gutachtliche Empfehlungen und wissenschaftlich begründete Gutachten sein kann (verneinend: Stevens/Fabra, Die Begutachtung der Posttraumatischen Belastungsstörung, VersMed 2013, 191 ff.). Denn auch nach DSM-5 (sinngemäß nach den nicht autorisierten Übersetzungen bei Dressing/Foerster, Der Nervenarzt 2014, 279, 283; Stevens/Fabra, VersMed 2013, 191, 193) erfordert das A-Kriterium, dass der Betroffene tatsächlich ausgesetzt ist – oder bedroht wird durch – Tod, schwerwiegende Verletzung oder sexuelle Gewalt im Wege des direkten Erlebens eines dieser traumatischen Ereignisse (bzw. – hier nicht einschlägig – unter bestimmten Voraussetzungen als Ersthelfer, Augenzeuge oder Empfänger der Nachricht), eine Voraussetzung, die bei der zunächst als bloße Prellung missdeuteten und dann alsbald verheilten Fraktur der Kniescheibe des Klägers nicht in der erforderlichen Schwere gegeben ist.
Allerdings hat der Kläger aufgrund des Arbeitsunfalls eine Anpassungsstörung erlitten, die sich jedoch im Laufe der deshalb sogar vorzeitig beendeten Behandlung durch Dr. E kontinuierlich gebessert hatte und schließlich abgeklungen war. Ausweislich des Berichts von Dr. E vom 28.10.2007 litt der Kläger nicht mehr an Angstzuständen und auch sonstige relevante vegetative oder Trauma-Symptome traten nicht mehr auf. Es ist deshalb für den Senat überzeugend, wenn Dr. Dr. X und Dr. W eine rentenberechtigende MdE über die 26. Woche nach dem Unfall hinaus verneinen.
Hinsichtlich der beim Kläger später neu aufgetretenen Beschwerden fehlt es zur Überzeugung des Senats bereits am naturwissenschaftlichen Zusammenhang mit dem Unfallgeschehen. Dabei kann offen bleiben, aus welcher genauen alternativen Ursache die beim Kläger in der weiteren Folge aufgetretenen psychischen, als Depression und Angststörung diagnostizierten Erkrankungen entstanden sind. Zwar kann grundsätzlich ohne klare Feststellung der naturwissenschaftlichen Ursachenzusammenhänge hinsichtlich der geltend gemachten Gesundheitsstörung keine zuverlässige Ursachenbeurteilung nach der Theorie der wesentlichen Bedingung in Abwägung der verschiedenen Gesichtspunkte für die Beurteilung der Wesentlichkeit einer Ursache erfolgen; andernfalls könnten die Ereignisse und Ursachen nicht zueinander in Verhältnis gesetzt und nicht in die Krankheitsgeschichte des Verletzten eingeordnet werden (BSG, Urteil vom 09.05.2006 – B 2 U 26/04 R). Der Senat entnimmt aber dem insoweit überzeugend und nachvollziehbar begründeten Gutachten von Dr. W, dass die psychische Erkrankung des Klägers nach epidemiologischen Erkenntnissen bei 10 bis 15% der Bevölkerung schicksalhaft, also ohne klare kausale Zuordnung zu einem auslösenden Ereignis auftritt. Der Senat hält schon deshalb – aus den nachstehend erläuterten Gründen – die von Dr. Dr. X in seinem für die Beklagte erstellten Gutachten vom 07.12.2009 vertretene und von Dr. W bestätigte Auffassung für plausibel, dass diese Symptome des Klägers eher nicht mehr im Rahmen der unfallbedingten Anpassungsstörung sondern als unfallunabhängig zu interpretieren seien. Er ist aber darüber hinaus davon überzeugt, dass jedenfalls angesichts des zeitlichen Ablaufs der Erkrankung des Klägers andere konkurrierende Ursachen in den Vordergrund getreten sind, die zumindest im Sinne der von Dr. Dr. X gesehenen "Verschiebung der Wesensgrundlage" nach dem 28.10.2007 die allein wesentlichen Ursachen für die beim Kläger aufgetretenen psychischen Gesundheitsschäden sind. Denn erst mit einigem zeitlichen Abstand nach der wieder eingetretenen Arbeitsfähigkeit des Klägers im Februar 2007 traten von diesem als Mobbing bezeichnete Unstimmigkeiten am Arbeitsplatz auf, die in eine "betriebsbedingte" Kündigung des daraufhin seit dem 26.11.2007 wieder arbeitsunfähigen Klägers am 27.11.2007 mündeten. Zwei Tage später, am 29.11.2007, teilte der Kläger mit, dass er sich entgegen Dr. E nicht in der Lage sehe, seinen Beruf als Verkehrsüberwacher weiter auszuüben. Wieder wenige Tage später, am 07.12.2007, erlitt der Kläger einen Grand-mal-Anfall. Die Annahme von Dr. Dr. X, der insoweit eine Verschiebung der Wesensgrundlage sieht, zu der es auf der Basis zusätzlicher vorbestehender finanzieller Probleme mit Privatinsolvenz nach einer gescheiterten Investition in den neuen Bundesländern 2006, sowie unbefriedigender beruflicher und (auch aufgrund gesundheitlicher Schicksalsschläge bei Familienmitgliedern) persönlicher Situation gekommen sei, in deren Rahmen das Unfallgeschehen funktionalisiert werde, ist vor dem Hintergrund dieses Geschehensablaufs überzeugend. Dr. K, die mögliche alternative Krankheitsursachen beim Kläger bei ihrer Begutachtung völlig ausblendet, kann sich der Senat deshalb nicht anschließen. Auch Prof. Dr. L vermag der Senat nicht zu folgen, soweit dieser bei seiner mündlichen Anhörung vor dem Zivilgericht zwar einerseits zugestanden hat, dass angesichts des testpsychologischen Zusatzgutachtens von Prof. Dr. T Übertreibungen und Simulationen des Klägers auch in der Vergangenheit nicht ausgeschlossen werden könnten und dass der Kläger ein Bedürfnis gehabt habe, seinen Leidensdruck massiv zu dokumentieren und seine Beschwerden übertrieben darzustellen, andererseits aber die klinischen Schilderungen des Klägers für sich betrachtet immer als "stimmig" angesehen hat. Dies mag auf die Krankheitssymptomatik zutreffen, auch wenn entgegen Prof. Dr. L vor der von diesem angeführten psychologischen Testung 2010 in der X-Klinik Psychiaterin G schon am 25.06.2008 Auffälligkeiten in der Beschwerdeschilderung des Klägers feststellte. Dies begründet aber nicht zugleich eine Plausibilität der Kausalitätsvorstellungen des Klägers. Dessen eigene Darstellung des Kausalzusammenhangs anhand des Zeitablaufs ("Ereignis am 20.12.2006, Erkrankung daraus bis Februar 2007, danach auftretende Lügen des Unfallverursachers, Mobbing und massive Drohungen seitens des Arbeitgebers, psychische Überlastung mit Grand-mal-Anfall im Zusammenhang mit dem verkehrsrechtlichen Verfahren gegen den Verursacher, Kündigung durch den Arbeitgeber, spätestens ab 2008 schwergradige depressive Störungen, wie von Dr. W bestätigt") belegt eher, dass die Beschwerden des Klägers, soweit sie erlebnisfundiert sind, nicht auf dem Unfall, sondern auf den für ihn ungünstigen Rahmenbedingungen, nämlich den als Mobbing empfundenen Auseinandersetzungen mit dem Arbeitgeber und dem Unfallverursacher, sowie auf der Verschlechterung seines eigenen Gesundheitszustandes (Grand mal, Trainingsunfall) in der Zeit danach gründen.
Der Grand-mal-Anfall des Klägers im Dezember 2007 steht in keinem Zusammenhang mit dem Arbeitsunfall und wäre auch anderenfalls kein eine MdE verursachendes Dauerleiden, da es sich nach dem Entlassungsbericht des N-Krankenhauses C lediglich um einen "Gelegenheitsanfall" auf der Grundlage des beim Kläger bestehenden Diabetes gehandelt hat.
Daneben sind bei der Bildung der MdE lediglich die auf chirurgischem Fachgebiet vorhandenen Unfallfolgen, also der mit Bescheid vom 01.03.2010 als Unfallfolge festgestellte "folgenlos ausgeheilte Riss der Kniescheibe rechts" zu berücksichtigen. Auch bei zusätzlicher Einbeziehung der von Dr. W1 als traumabedingt angesehenen Knorpelschädigung mit diskret beginnender Retropatellararthrose ergibt sich keine Funktionseinschränkung, die über die 26. Woche nach dem Unfall hinaus eine MdE um mindestens 20 v.H. bedingt, wie sich zur Überzeugung des Senats aus dem chirurgischen Bericht von Dr. W1 ergibt.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.
Die Revision ist nicht zuzulassen, da keiner der Gründe des § 160 Abs. 2 Nr. 1 und 2 SGG gegeben ist.
Erstellt am: 29.10.2014
Zuletzt verändert am: 29.10.2014