Auf Rev. d.Kl. wird Urteil des LSG aufgehoben und zur erneuten Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen.
Neues Az. = L 20 SO 617/16 ZVW
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Duisburg vom 02.12.2012 geändert. Die Klage wird abgewiesen. Kosten sind nicht zu erstatten. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um die Höhe der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach dem Vierten Kapitel des SGB XII. Im Anschluss an einen Teilunterwerfungsvergleichs stehen nur mehr Leistungen für März 2012 im Streit.
Der 1922 geborene, verwitwete Kläger zu 1 ist der Cousin der 1935 geborenen, ebenfalls verwitweten Klägerin zu 2. Beide sind russische Staatsangehörige. Sie reisten im Mai 2000 in das Bundesgebiet ein und sind seither als sog. jüdische Kontingentflüchtlinge im Besitz einer Aufenthaltserlaubnis aus humanitären Gründen nach § 23 Abs. 2 AufenthG. Seit Dezember 2002 erhalten sie Leistungen nach dem Vierten Kapitel des SGB XII. Außerdem gewährt die Beklagte ihnen Hilfe zur Pflege nach dem Siebten Kapitel des SGB XII. Die Pflege der Kläger wird durch einen ambulanten Pflegedienst sichergestellt; bis zum Eintritt ihrer eigenen Pflegebedürftigkeit hatte die Klägerin zu 2 die Pflege des Klägers zu 1 übernommen. Der Kläger zu 1 ist schwerbehindert mit einem Grad der Behinderung von 80, die Klägerin zu 2 mit einem Grad der Behinderung von 100. Für beide ist das Merkzeichen "G" festgestellt. Die Kläger bewohnten bis März 2012 zusammen eine 58 m² große Zweieinhalb-Zimmer-Wohnung in E, für die 266,80 EUR Miete, 114,44 EUR Betriebskosten und 60,94 EUR Heizkosten anfielen (Gesamtkosten: 442,18 EUR). Das Warmwasser wurde in dieser Wohnung dezentral erzeugt. Im April erfolgte ein gemeinsamer Umzug in eine andere Wohnung in E (Gesamtkosten dort: 406,54 EUR). Vermögen besaßen die Kläger im streitbefangenen Zeitraum nicht; sie unterhielten in dieser Zeit auch keine Versicherungsverträge (i.S.d. § 82 Abs. 2 Nr. 3 SGB XII).
Im Februar 2011 forderte die Beklagte die Kläger auf, einen Nachweis über die Höhe einer ihnen ggf. bereits gewährten russischen Rente vorzulegen und einen Antrag beim zuständigen russischen Rentenversicherungsträger auf Auszahlung nach Deutschland bzw. auf Rentenzahlung zu stellen (Schreiben vom 01.02.2011). Die Kläger teilten mit, sie hätten vor ihrer Zuwanderung nach Deutschland eine Rente in Russland bezogen. Diese werde nunmehr an Bekannte in Russland gezahlt zur Grabpflege verstorbener Angehöriger. Seit ihrer Zuwanderung hätten sie selbst nichts von dieser Rente erhalten (Schreiben vom 14.02.2011). Der Bevollmächtigte der Kläger führte ergänzend aus, die russische Rente sei auf die gewährten Leistungen nach dem SGB XII nicht anrechenbar, weil es sich um eine Kompensation für Leiden im Zweiten Weltkrieg (Kriegsteilnahme bzw. Leben unter der Blockade Leningrads durch die deutsche Wehrmacht) handele (Schreiben vom 11.05.2011).
Zum Nachweis der Rentenhöhe legten die Kläger Bescheinigungen des russischen Rentenversicherungsträgers vor. Danach erhält die Klägerin zu 2 seit dem 15.02.1990 eine Altersrente sowie eine staatliche Rente wegen Invalidität, die im Monat Dezember 2010 insgesamt 13.504,76 Rubel betrug, sowie zusätzlich eine zusätzliche materielle Unterstützung (sog. DEMO-Leistung) i.H.v. monatlich 500,00 Rubel. Bei der letztgenannten Leistung handelt es sich um Zahlungen, die vom russischen Staat unter anderem an die Teilnehmer des Großen Vaterländischen Krieges und an Träger des Zeichens "Überlebender der Leningrader Blockade" ohne weitere Voraussetzungen gezahlt werden. Nach der Bescheinigung betreffend den Kläger zu 1 betrug dessen Rente zum 10.08.1982 120 Rubel monatlich. Im April 2011 erhielt er monatlich eine Altersrente i.H.v. 14.308,51 Rubel, eine Staatsrente wegen Invalidität i.H.v. 10.622,81 Rubel sowie eine DEMO-Leistung i.H.v. 1.000,00 Rubel.
Die Beklagte änderte daraufhin mit Bescheid vom 20.07.2011 die mit Bescheid vom 20.06.2011 erfolgte Leistungsbewilligung für den Zeitraum Juli bis September 2011 ab, bewilligte Leistungen auch für die Zeit bis einschließlich Juni 2012 und berücksichtigte ab August 2011 ein anrechenbares, monatliches Renteneinkommen für den Kläger zu 1 i.H.v. 274,25 EUR und für die Klägerin zu 2 i.H.v. 333,66 EUR. Dabei ergab sich der bei dem Kläger zu 1 berücksichtigte Betrag allein aus der Höhe der Invalidenrente (10.622,00 Rubel) zu dem am 29.04.2010 gültigen Wechselkurs. Bei der Klägerin zu 2 berücksichtigte die Beklagte sowohl die Alters- als auch die Invalidenrente (13.504,00 Rubel) zu dem am 30.12.2010 gültigen Wechselkurs, nicht aber die DEMO-Leistung.
Hiergegen erhoben die Kläger unter dem 03.08.2011 Widerspruch, weil ihnen die Renten noch gar nicht zur Verfügung stünden. Mit weiterem Widerspruch vom 12.10.2011 wandten sie sich gegen einen weiteren (Änderungs-)Bescheid vom 21.09.2011 und monierten die Anrechnung von Rentenbestandteilen auf die ihnen gewährten Leistungen, die im Zusammenhang mit dem Zweiten Weltkrieg stünden. Am selben Tag beantragten sie außerdem die Überprüfung des (Änderungs-)Bescheides vom 22.08.2011.
Ausweislich der eingereichten Kontoauszüge erhielten die Kläger am 20.09.2011 durch eine Überweisung des russischen Rentenversicherungsträgers die Renten für das dritte Quartal 2011 i.H.v. 737,17 EUR (Klägerin zu 2) bzw. 1.253,44 EUR (Kläger zu 1) ausgezahlt. Ergänzend legten sie weitere Bescheinigungen des russischen Rentenversicherungsträgers vor. Danach wurden die Altersrenten zum 01.08.2011 wieder aktiviert. Bis zu diesem Tag habe der Kläger zu 1 auf dem Territorium der russischen Föderation eine Altersrente von insgesamt 14.308,53 Rubel, die Klägerin zu 2 von 9.988,99 Rubel erhalten. Für den Kläger zu 1 sei zudem die Zahlung der Invalidenrente aus der staatlichen Rentenversicherung als Invalide des Großen Vaterländischen Krieges zum selben Datum i.H.v. 10.622,68 Rubel wieder aktiviert worden. Die Klägerin zu 2 erhalte ab diesem Zeitpunkt wieder eine Zahlung der Invalidenrente aus der staatlichen Rentenversicherung als Person, die mit dem Abzeichen "Einwohner der Blockadestadt Leningrad" geehrt wurde, i.H.v. 4.767,81 Rubel. Darüber hinaus erhalte der Kläger zu 1 eine DEMO-Leistung von 1.000,00 Rubel, die Klägerin zu 2 von 500,00 Rubel ab dem genannten Datum, die nach dem Erlass des Präsidenten der Russischen Föderation vom 30.03.2005 "Über Maßnahmen zur Verbesserung der materiellen Situation einiger Kategorien von Bürgern der russischen Föderation im Zusammenhang mit dem 60. Jahrestag des Sieges im Großen Vaterländischen Krieg 1941 bis 1945" gewährt würden. Die Klägerin zu 2 legte außerdem eine Bescheinigung des russischen Rentenversicherungsträgers vor, wonach ihr am 05.09.2011 ein Gesamtbetrag von 30.513,60 Rubel überwiesen worden war, was bei einem Wechselkurs von 41,3762 Rubel je 1 EUR einem Betrag von 737,47 EUR entsprach.
In der Folgezeit erließ die Beklagte diverse (Änderungs-)Bescheide. Mit Bescheiden vom 22.08.2011, 21.10.2011 und 21.11.2011 wurden Leistungen in unveränderter Höhe bewilligt. Mit Bescheid vom 19.12.2011 wurden die Regelsätze und die in Abhängigkeit hiervon gewährten Mehrbedarfe für die Zeit ab Januar 2012 an die dann geltenden Werte angepasst. Mit Änderungsbescheid vom 21.01.2012 wurden die russischen Renten in veränderter Höhe ab Februar 2012 berücksichtigt, und zwar für den Kläger zu 1 i.H.v. 365,22 EUR und für die Klägerin zu 2 i.H.v. 620,74 EUR. Die Kläger wandten sich nach Erhalt dieses Bescheides an die Beklagte und machten diese darauf aufmerksam, dass sie ihre jeweiligen Renten offensichtlich vertauscht und beim jeweils anderen angerechnet habe. Mit Bescheid vom 22.02.2012 wurden gleichwohl erneut Leistungen in unveränderter Höhe ab Februar 2012 bis Juni 2012 gewährt. Mit Bescheid 23.03.2012 korrigierte die Beklagte schließlich ihren Irrtum und berücksichtigte ab Februar 2012 bei dem Kläger zu 1 Renteneinkommen i.H.v. 620,74 EUR und bei der Klägerin zu 2 i.H.v. 365,22 EUR zuzüglich eines Überschusses des Klägers zu 1 i.H.v. 15,43 EUR. Allerdings wurden bei dieser Entscheidung die Bedarfe der Kläger des Monats April 2012 zu Grunde gelegt; hierbei blieb unberücksichtigt, dass sich die Unterkunftskosten durch einen Umzug der Kläger erst ab dem Monat April 2012 geändert hatten (Gesamtkosten dort nur mehr 406,54 EUR statt bis März 2012 442,18 EUR). Abzüglich des Renteneinkommens ergab sich danach ein Zahlbetrag für den Kläger zu 1 für Leistungen nach dem Vierten Kapitel des SGB XII von 0,00 EUR und für die Klägerin zu 2 von 224,66 EUR.
Nach Beteiligung sozial erfahrener Personen wies die Beklagte die Widersprüche der Kläger vom 03.08. und 12.10.2011 als unbegründet zurück (Widerspruchsbescheid vom 02.12.2011). Die Renten seien nach § 82 SGB XII als Einkommen zu berücksichtigen. Welche Beträge vom Einkommen abzusetzen seien, gehe aus Abs. 2 und 3 der Vorschrift hervor; weitere Absetzungen sehe das SGB XII nicht vor. Bei den Klägern ergäben sich keinerlei Absetzbeträge; dass bestimmte Anteile der den Klägern gezahlten russischen Renten anrechnungsfrei bleiben müssten, sei nicht ersichtlich.
Am 09.12.2011 haben die Kläger Klage erhoben. Es sei schon nicht nachvollziehbar, warum die Beklagte bei der Klägerin zu 2 einen Wechselkurs für das Jahr 2010 zu Grunde lege, wenn die Anrechnung der Rente im Jahr 2012 erfolge; der Wechselkurs für den Anrechnungszeitraum wäre wesentlich günstiger gewesen. Darüber hinaus seien einige Bestandteile der russischen Renten nicht auf die Leistungen nach dem SGB XII anrechenbar. Die für die Klägerin zu 2 (in der Bescheinigung des russischen Rentenversicherungsträgers in der vierten Spalte) ausgewiesene staatliche Rente von 4.232,76 Rubel dürfe nicht berücksichtigt werden. Dies gelte auch für den Erhöhungsbetrag des Versicherungsteils der russischen Rente i.H.v. 788,62 Rubel. Diese Beträge stellten Entschädigungsleistungen für Leiden während des Zweiten Weltkrieges dar. Die überwiegende Mehrheit der Kommunen – nicht nur in Nordrhein-Westfalen – rechne die vorliegend streitigen russischen Leistungen nicht an.
Zur Bekräftigung ihrer Rechtsansicht haben die Kläger ein Gutachten des Instituts für Ostrechts München vom 31.01.2011 vorgelegt, welches in einem vergleichbaren Verfahren vom Sozialgericht Nürnberg (S 19 SO 100/10) eingeholt worden war.
Sie haben beantragt,
die Beklagte unter Änderung der Bescheide vom 20.07.2011, 22.08.2011, 21.09.2011, 21.10.2011 und 21.11.2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 02.12.2011 sowie der Änderungsbescheide vom 19.12.2011, 20.01.2012, 22.02.2012, 23.03.2012 und 20.04.2012 zu verurteilen, ihnen für die Zeit vom 01.08.2011 bis 31.08.2011 weitere Leistungen nach dem Vierten Kapitel des SGB XII nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen ohne Anrechnung russischer Renten als Einkommen und für die Zeit vom 01.09.2011 bis 30.06.2012 ohne Anrechnung der auf die Leiden der Kläger im Zweiten Weltkrieg bezogenen Rentenanteile zu gewähren.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie ist bei ihrer Auffassung verblieben, die in § 82 Abs. 1 S. 1 SGB XII benannten Ausnahmetatbestände für die Anrechnung von anderweitigen Leistungen als Einkommen seien vorliegend nicht erfüllt. Für eine Gleichstellung der hier in Rede stehenden russischen Renten mit den Renten nach dem Bundesversorgungsgesetz (BVG) fehle eine gesetzliche Grundlage. Auch eine analoge Anwendung der Anrechnungsausnahmereglungen in § 82 Abs. 1 S. 1 SGB XII komme nicht in Betracht.
Mit Urteil vom 18.06.2012 hat das Sozialgericht dem Begehren der Kläger in vollem Umfang entsprochen. Zwar seien ausländische Renten grundsätzlich anrechenbares Einkommen im Sinne des § 82 Abs. 1 SGB XII. Dies gelte jedoch nicht für die den Klägern wegen Leiden während des Zweiten Weltkrieges gewährten Rentenbestandteile, also für die russische Invalidenrente, für den Erhöhungsbetrag des Versicherungsanteils und für die DEMO-Leistung. Diese seien in § 82 Abs. 1 SGB XII zwar nicht als Ausnahmen bei der Einkommensanrechnung aufgeführt. Es komme jedoch darauf an, ob Leistungsbestandteile, würden sie auf deutschem Recht beruhen, anrechnungsfrei blieben. Insofern bestehe eine Vergleichbarkeit nach Grund und Höhe mit Grundrenten nach dem BVG. Im August 2011 sei die Anrechnung überdies schon deswegen rechtswidrig gewesen, weil die erstmals im September 2011 ausgezahlten russischen Renten noch nicht als bereite Mittel zur Verfügung gestanden hätten. Schließlich sei auch der von der Beklagten herangezogene Wechselkurs nicht nachvollziehbar.
Gegen dieses Urteil hat die Beklagte am 04.07.2012 Berufung eingelegt, soweit es den Zeitraum vom 01.09.2011 bis 30.06.2012 betrifft. Das Sozialgericht mache keinerlei Ausführungen dazu, aus welchem Grund die für Invaliden des Großen Vaterländischen Krieges gewährten Renten einer Entschädigungsleistung nach § 82 Abs. 1 S. 1 SGB XII vergleichbar sein sollten. Weder das beigebrachte Gutachten des Instituts für Ostrecht noch die vom Sozialgericht in Bezug genommene Entscheidung des Sozialgerichts Augsburg vom 22.12.2011 hätten diese Frage zum Gegenstand. Zudem setze weder die Rente für Invaliden des Großen Vaterländischen Krieges noch diejenige für Blockadeopfer aus Leningrad die nach dem BVG erforderliche Kausalität zwischen Invalidität und dem potenziell gefährdenden Ereignis voraus. Die russischen Leistungen seien daher nicht mit Renten nach dem BVG vergleichbar. Dies gelte auch für die DEMO-Leistungen, welche voraussetzungslos gewährt würden.
Während des Berufungsverfahrens haben die Beteiligten durch Abschluss eines Teilunterwerfungsvergleichs den streitbefangenen Zeitraum auf den Monat März 2012 beschränkt.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Duisburg aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Kläger beantragen,
die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.
Sie halten die angegriffene Entscheidung für zutreffend. Eine Vergleichbarkeit mit nach dem BVG gezahlten Renten bestehe durchaus. Außerdem sei zu berücksichtigen, dass auch andere Entschädigungsleistungen an Personen jüdischen Glaubens nicht als Einkommen angerechnet würden, so etwa Leistungen der Jewish Claims Conference sowie solche auf Grund von Vertreibung während des Zweiten Weltkrieges. Zudem bestehe eine Weisungslage des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales aus Oktober 2011, wonach die in § 82 Abs. 1 S. 1 SGB XII auf das deutsche Entschädigungsrecht bezogene Regelung auch bei gleichgerichteten Entschädigungsleistungen ausländischer Sozialleistungsträger entsprechend anzuwenden sei. Viele Kommunen würden überdies die hier in Rede stehenden russischen Rentenzahlungen nicht anrechnen, so dass das Vorgehen der Beklagten gegen Art. 3 GG verstoße.
Der Senat hat Beweis erhoben durch Einholung eines Sachverständigengutachtens vom 26.06.2014 der wissenschaftlichen Referentin am Institut für Ostrecht München Antje Himmelrecht zur Frage der rechtlichen Grundlagen, der Anspruchsvoraussetzungen und des Zwecks der von den Klägern bezogenen Renten. Die Sachverständige gelangt zu dem Ergebnis, Voraussetzung für die von den Klägern bezogenen Invalidenrenten sei die Zugehörigkeit zum Personenkreis der Teilnehmer des Großen Vaterländischen Krieges bzw. der Träger des Zeichens "Überlebender der Leningrader Blockade" sowie zusätzlich das Bestehen einer Invalidität der Gruppe I, II, oder III. Eine Kausalität zwischen der Invalidität und dem "schädigenden Ereignis" sei nicht erforderlich. Der Bezug von DEMO-Leistungen setze eine Zugehörigkeit zu einer der genannten Personengruppen, nicht aber zusätzlich eine Invalidität voraus. Schließlich enthalte auch die den Klägern gewährte Altersarbeitsrente einen Betrag, der – wie die Invalidenrenten und die DEMO-Leistungen – vom russischen Staat als zusätzliche materielle Entschädigung für während des Zweiten Weltkrieges erlittene Leiden gezahlt werde. Dieser Betrag habe im März 2012 bei beiden Klägern jeweils 843,58 Rubel betragen. Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt des Sachverständigengutachtens verwiesen.
Während des Berufungsverfahrens haben die Kläger bei der Beklagten Kontoauszüge für den Monat März 2012 sowie Bescheinigungen des russischen Rentenversicherungsträgers vorgelegt. Danach wurde dem Kläger zu 1 am 22.03.2012 ein Gesamtbetrag von 2.053,75 EUR, der Klägerin zu 2 von 1.213,99 EUR ausgezahlt. Diese Beträge setzen sich ausweislich der Bescheinigung des russischen Rentenversicherungsträgers zusammen aus einer Altersrente aus Erwerbstätigkeit für den Kläger zu 1 i.H.v. 1.156,34 EUR (= 44.928,79 Rubel) und für die Klägerin zu 2 i.H.v. 807,25 EUR (= 31.365,41 Rubel), einer Invalidenrente für den Kläger zu 1 i.H.v. 820,19 EUR (= 31.868,04 Rubel) und für die Klägerin zu 2 i.H.v. 368,13 EUR (= 14.303,43 Rubel) sowie den DEMO-Leistungen für den Kläger zu 1 i.H.v. 77,22 EUR (= 3000,00 Rubel) und die Klägerin zu 2 i.H.v. 38,61 EUR (1.500,00 Rubel). Die Zahlungen erfolgten für das erste Quartal 2012. Die nächste Zahlung für das zweite Quartal erfolgte am 29.05.2012.
In der mündlichen Verhandlung vor dem Senat hat sich die Beklagte durch angenommene Teilanerkenntnisse verpflichtet, für den Monat März 2012 an den Kläger zu 1 weitere 257,91 EUR und an die Klägerin zu 2 weitere 37,95 EUR zu zahlen. Die Beteiligten haben sich außerdem im Wege eines Teilvergleichs darauf verständigt, dass im März 2012 bei den Klägern jeweils Leistungen für Unterkunfts- und Heizkosten i.H.v. 221,09 EUR sowie Leistungen nach der Regelbedarfsstufe 1 zu berücksichtigen waren.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird Bezug genommen auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsakte der Beklagten. Der Inhalt war Gegenstand der mündlichen Verhandlung.
Entscheidungsgründe:
Die nach § 144 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGG statthafte und auch im Übrigen zulässige Berufung der Beklagten ist im Anschluss an ihre in der mündlichen Verhandlung abgegebenen, von den Klägern angenommenen Teilanerkenntnisse vollumfänglich begründet.
1. Gegenstand des Verfahrens ist nur mehr der Bescheid vom 20.07.2011 in der Fassung der Änderungsbescheide vom 22.08.2011, 21.09.2011, 21.10.2011 und 21.11.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 02.12.2011 in der Fassung der Änderungsbescheide vom 19.12.2011, 20.01.2012, 22.02.2012 und 23.03.2012, soweit diese die Leistungsbewilligung nach dem Vierten Kapitel des SGB XII für den Monat März 2012 betreffen. Nicht Gegenstand des Verfahrens sind nach einer ausdrücklichen Erklärung des Bevollmächtigten der Kläger in der mündlichen Verhandlung vor dem Sozialgericht die Leistungen nach dem Siebten Kapitel des SGB XII. Diese Beschränkung ist zulässig, weil es sich bei den Leistungen nach dem Vierten Kapitel um einen von den Leistungen nach dem Siebten Kapitel rechtlich abtrennbaren Streitgegenstand handelt.
2. Gegen diesen Bescheid wenden sich die Kläger mit der zulässigen Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs. 1 S. 1 und Abs. 4 i.V.m. § 56 SGG). Für die von den Klägern geltend gemachten Leistungen nach §§ 41 ff. SGB XII ist die Beklagte sachlich und örtlich zuständiger Leistungsträger (§ 3 Abs. 1 und 2, § 97 Abs. 1 SGB XII i.V.m. § 2 Abs. 1 lit. a AG-SGB XII NRW und § 2 AV-SGB XII NRW bzw. § 98 Abs. 1 S. 1 SGB XII und § 1 Abs. 3 S. 1 AG-SGB XII NRW).
3. Anspruchsgrundlage für die von den Klägern begehrten Leistungen sind die §§ 19 Abs. 2, 41 ff. SGB XII (jeweils in der ab 01.01.2011 geltenden Fassung). Danach ist älteren und dauerhaft voll erwerbsgeminderten Personen mit gewöhnlichem Aufenthalt im Inland, die ihren notwendigen Lebensunterhalt nicht aus eigenem Einkommen und Vermögen nach den §§ 82, bis 84 und 90 SGB XII bestreiten können, auf Antrag Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung zu leisten.
a) Die 1922 und 1935 geborenen Kläger waren im März 2012 89 bzw. 77 Jahre alt und hatten damit die für sie geltende Altersgrenze von 65 Jahren nach § 41 Abs. 2 S. 1 und 2 SGB XII überschritten. Als sog. jüdische Kontingentflüchtlinge (vgl. zum Status dieses Personenkreises BayLSG, Urteil vom 20.10.2011 – L 18 SO 79/19 Rn. 20) und Inhaber einer Aufenthaltserlaubnis nach § 23 Abs. 2 AufenthG gehörten sie auch nicht zum leistungsberechtigten Personenkreis gemäß § 1 AsylbLG, so dass sie auch nicht nach § 23 Abs. 2 SGB XII von Leistungen der Sozialhilfe ausgeschlossen waren.
b) Vermögen, welches einer Leistungsgewährung nach § 90 SGB XII entgegengestanden hätte, besaßen die Kläger im streitbefangenen Zeitraum nicht.
c) Die Kläger erzielten jedoch Einkommen in Form von Rentenleistungen des russischen Rentenversicherungsträgers, das nach § 82 Abs. 1 SGB XII einzusetzen und damit anspruchsmindernd in Abzug zu bringen ist. Nach dieser Vorschrift gehören zum Einkommen alle Einkünfte in Geld oder Geldeswert mit Ausnahme der Leistungen nach dem SGB XII, der Grundrente nach dem BVG und nach den Gesetzen, die eine entsprechende Anwendung des BVG vorsehen und der Renten oder Beihilfen nach dem Bundesentschädigungsgesetz für Schäden an Körper oder Gesundheit, bis zur Höhe der vergleichbaren Grundrente nach dem Bundesversorgungsgesetz. Nach dem insoweit eindeutigen Wortlaut der Vorschrift, der nicht nach der Herkunft der Einkünfte unterscheidet, werden auch ausländische Leistungen als Einkommen angesehen. Die von den Klägern erzielten russischen Renten unterfallen zudem keiner der enumerativ aufgelisteten Ausnahmen.
Die russischen Renten sind auch nicht in der Weise mit den in § 82 Abs. 1 S. 1 SGB XII genannten Ausnahmen vergleichbar, dass eine analoge Anwendung in Betracht käme. Eine Analogie, also die Übertragung einer gesetzlichen Regelung auf einen Sachverhalt, der von ihr nicht erfasst wird, ist nur geboten, wenn dieser ungeregelte mit dem geregelten Sachverhalt vergleichbar ist und nach dem Grundgedanken der gesetzlichen Norm und nach dem mit ihr verfolgten Zweck dieselbe rechtliche Bewertung erfordert. Daneben muss eine (unbewusste) planwidrige Regelungslücke vorliegen (vgl. dazu zuletzt BSG, Urteil vom 27.05.2014 – B 8 SO 1/13 R Rn. 21 m.w.N.).
aa) Grundsätzlich ist bei Versorgungsrenten, die an inländische Leistungsempfänger nach ausländischem Recht gezahlt werden, stets eine analoge Anwendung der in § 82 Abs. 1 SGB XII aufgelisteten Ausnahmen in Betracht zu ziehen.
In diesem Sinne hat etwa die Bundesregierung im Jahre 2008 auf eine Kleine Anfrage im Bundestag zur Anrechenbarkeit russischer Renten darauf hingewiesen, dass für die Leistungsgewährung nach dem SGB XII der in § 9 SGB XII enthaltene Grundsatz "Sozialhilfe nach den Besonderheiten des Einzelfalles" gelte. Dies bedeute, dass sich Art, Form und Maß der Leistung nach dem Einzelfall zu richten hätten. Der Sozialhilfeträger habe deshalb die in der Person liegenden Besonderheiten von Leistungsberechtigten zu berücksichtigen. Im Einzelfall sei deshalb vom zuständigen Sozialhilfeträger zu fragen, ob eine russische Altersrente auch nicht anzurechnende Bestandteile umfasse. Dabei sei in analoger Anwendung von § 82 Abs. 1 S. 1 SGB XII zu prüfen, ob Leistungsbestandteile, würden sie auf deutschem Recht beruhen, nicht anzurechnen wären (BT-Drs. 16/9950, S. 2).
Dementsprechend hat das Bundessozialgericht für die vergleichbare Vorschrift des § 11 SGB II betont, dass eine britische Kriegsopferrente aus Gründen der Gleichbehandlung den Regelungen des BVG gleichgestellt werden könne und müsse, wenn sie nach Grund und Höhe einer anrechnungsfreien Grundrente vergleichbar sei (BSG, Urteil vom 05.09.2007 – B 11b AS 49/06 R Rn. 24). Erforderlich sei dabei eine rechtsvergleichende Betrachtung von Funktion und Struktur der beiden Leistungsarten.
bb) Zwar schließt sich der Senat dieser Rechtsansicht der Bundesregierung und des Bundessozialgerichts an. Indes führt dies nicht dazu, dass die fraglichen Anteile aus den von den Klägern bezogenen russischen Leistungen bei der Grundsicherung im Alter nach dem SGB XII nicht als anrechnungspflichtiges Einkommen zu berücksichtigen wären. Denn im vorliegenden Fall sind die Voraussetzungen für eine analoge Anwendung der Anrechnungsausnahmetatbestände in § 82 Abs. 1 S. 1 SGB XII nicht erfüllt. Es fehlt eine Vergleichbarkeit der Leistungsvoraussetzungen der hier in Rede stehenden russischen Leistungen mit denjenigen von Renten, welche nach dem BVG gewährt werden.
Nach § 1 Abs. 1 BVG erhält, wer durch eine militärische oder militärähnliche Dienstverrichtung oder durch einen Unfall während der Ausübung des militärischen oder militärähnlichen Dienstes oder durch die diesem Dienst eigentümlichen Verhältnisse eine gesundheitliche Schädigung erlitten hat, wegen der gesundheitlichen und wirtschaftlichen Folgen der Schädigung auf Antrag Versorgung. Nach Abs. 2 lit. a werden Schädigungen, die durch unmittelbare Kriegseinwirkungen herbeigeführt worden sind, den Schädigungen nach Abs. 1 gleichgestellt. Als solche gelten nach § 5 Abs. 1 lit. d BVG, wenn sie im Zusammenhang mit einem der beiden Weltkriege stehen, auch schädigende Vorgänge, die in Folge einer mit der militärischen Besetzung deutschen oder ehemals deutsch besetzten Gebietes oder mit der zwangsweisen Umsiedlung oder Verschleppung zusammenhängenden besonderen Gefahr eingetreten sind. Diesen Tatbestand sah das Bundessozialgericht etwa dann als erfüllt an, wenn kriegerische Vorgänge, insbesondere allgemeine Maßnahmen von Besatzungsmächten, eine Mangelversorgung der Bevölkerung verursacht haben und damit eine über die allgemeine Verknappung von Lebensmitteln während des Krieges weit hinausgehende Gefahr der Erkrankung durch Unterernährung oder des Hungertodes geschaffen haben (vgl. BSG, Urteil vom 06.12.1955 – 9 RV 142/54 Rn. 25).
Danach käme zwar die Situation von während des Zweiten Weltkrieges in Leningrad eingeschlossenen Bewohnern – wie der Klägerin zu 2 – grundsätzlich als vergleichbar in Betracht mit einem Tatbestand, für den Rentenleistungen nach dem BVG gewährt werden. Entsprechendes gilt auch für den Kläger zu 1, der nach eigenen Angaben in der mündlichen Verhandlung während seiner Teilnahme am Zweiten Weltkrieg eine Schürfwunde am Kopf sowie eine Gehirnerschütterung durch eine Bombe erlitten hat. Gleichwohl kann der Senat die Frage, ob Umstände während des Zweiten Weltkrieges, die zu einer Bewilligung der hier fraglichen russischen Leistungen für die Kläger geführt haben, einem entschädigungswürdigen Tatbestand nach dem BVG entsprechen, letztlich offen lassen.
Denn nach Funktion und Struktur sind die fraglichen, von den Klägern bezogenen russischen Leistungen nicht mit einer Grundrente nach dem BVG vergleichbar:
Ein Anspruch nach § 1 BVG setzt stets eine doppelte Kausalität voraus: zum einen einen Ursachenzusammenhang zwischen beispielsweise dem militärischen Dienst und dem schädigenden Vorgang, zum anderen einen Ursachenzusammenhang zwischen der erlittenen Schädigung und deren Folgen in gesundheitlicher und wirtschaftlicher Hinsicht (vgl. hierzu Rohr/Sträßer/Dahm, BVG, § 1, S. 56, Stand: Januar 2014). Zweck der Grundrenten nach dem BVG ist der Ausgleich eines im öffentlichen Interesse erlittenen Sonderopfers (vgl. dazu Rohr/Sträßer/Dahm, BVG, § 1, S. 3, Stand: Oktober 2007).
Insofern aber sind die von den Klägern bezogenen russischen Rentenleistungen nach ihren Anspruchsvoraussetzungen mit Rentenleistungen nach dem BVG gerade nicht vergleichbar. Der Senat entnimmt dies dem von ihm eingeholten Gutachten der Sachverständigen Himmelreich, dem er sich anschließt. Danach erhalten die Kläger jeweils drei unterschiedliche Leistungen des russischen Rententrägers: Der Kläger zu 1 bezieht eine Altersarbeitsrente, eine Invalidenrente auf Grund seiner Zugehörigkeit zum Personenkreis der Invaliden des Großen Vaterländischen Krieges sowie eine DEMO-Leistung; die Klägerin zu 2 bezieht eine Altersarbeitsrente, eine Invalidenrente als Trägerin des Zeichens "Überlebender der Leningrader Blockade" sowie eine DEMO-Leistung.
(1) Die gezahlten Altersarbeitsrenten sind – mit Ausnahme eines in ihnen enthaltenen Erhöhungsbetrages (dazu noch unter (4)) – nach den Ausführungen der Sachverständigen allein eine Versicherungsleistung, die nach Erreichen der Altersgrenze (Frauen: 55 Jahre, Männer: 60 Jahre) gezahlt wird, sofern mindestens fünf Jahre eine versicherte Beschäftigung ausgeübt worden ist. Nach ihrer Funktion und Struktur sind sie daher mit deutschen Altersrenten nach dem SGB VI vergleichbar, nicht aber mit Renten nach dem BVG. Ein Grund, diese Renten von der Berücksichtigung als Einkommen nach § 82 SSGB XII auszunehmen, besteht deshalb nicht.
(2) Die Invalidenrenten der Kläger setzen nach den Ausführungen der Sachverständigen eine Teilnahme am Großen Vaterländischen Krieg (Kläger zu 1) bzw. das Tragen des Zeichens als "Überlebender der Leningrader Blockade" (Klägerin zu 2) voraus. Weitere Voraussetzung ist eine Invalidität der Gruppe I, II oder III. Letztere liegt vor, wenn eine gesundheitliche Beeinträchtigung zu einer dauerhaften Störung der Funktionen des Organismus geführt hat, die durch eine Erkrankung oder die Folgen von Traumata oder Defekten hervorgerufen wurde. Die gesundheitliche Störung muss dabei die Lebensfunktionen der Person einschränken und sozialen Schutz erforderlich machen. Eine Kriegsverletzung ist dann Ursache einer Invalidität, wenn die Invalidität als Folge einer Verletzung (Verwundung, Traumata, Verstümmelung) oder einer Erkrankung eintritt, die bei der Verteidigung der Heimat, darunter während des Aufenthalts an der Front, der Ausübung des Militärdienstes auf dem Gebiet anderer Staaten, in denen Kampfhandlungen geführt wurden, oder bei der Erfüllung anderer Pflichten des Militärdienstes erlitten wurde. Eine Kriegsverletzung als Folge der Invalidität wird sowohl bei direkten Folgen der genannten Verletzungen oder Erkrankungen als auch bei davon zu trennenden Komplikationen und Folgen dieser Verletzungen oder Erkrankungen, die zeitlich entfernt von diesen auftreten können, sowie unabhängig vom Zeitpunkt, zu dem sich der Betroffene an eine föderale staatliche Einrichtung der medizinisch-sozialen Begutachtung wendet, bestimmt. Eine Kriegsverletzung bleibt auch dann als Ursache für die Invalidität bestehen, wenn zum Zeitpunkt der wiederholten Untersuchung die Folgen der Verletzungen oder Erkrankungen, die in Folge der Kriegsverletzung eingetreten sind, nicht zu einer Einschränkung der Lebensfunktion führen und die Festlegung der Gruppe der Invalidität durch neu eingetretene Verletzungen oder Erkrankungen bedingt ist. Der Anspruch auf eine staatliche Invalidenrente besteht nach den Ausführungen der Sachverständigen, denen sich der Senat anschließt, unabhängig von der Ursache der Invalidität.
Zwar ist bei beiden Klägern durch russische Stellen eine Invalidität der Gruppe II anerkannt. Über die Ursachen der Invalidität ist indes nichts bekannt. Da der Kläger zu 1 als Invalide des Großen Vaterländischen Krieges eine entsprechende Rente bezieht, hält die Sachverständige eine Kriegsverletzung als Ursache für die Invalidität allerdings für wahrscheinlich. Der Senat muss nicht entscheiden, ob er sich auch dieser letzteren Annahme der Sachverständigen anschließt, auch wenn der Kläger zu 1 in der mündlichen Verhandlung als im Krieg erlittene Verletzung einzig eine Schürfwunde am Kopf sowie eine Gehirnerschütterung durch eine Bombe angegeben hat, bei denen die jetzige Invalidität gerade als deren Spätfolge jedenfalls nicht unmittelbar nahe liegt. Denn unbeschadet der durch russische Stellen bei beiden Klägern anerkannten Invalidität setzt die russische Invalidenrente lediglich voraus, dass der Leistungsempfänger einerseits zum besonders benannten Personenkreis (Kriegsteilnehmer bzw. Blockadeopfer) gehört und andererseits bei ihm eine Invalidität anerkannt ist. Nicht Voraussetzung ist hingegen, dass die Invalidität gerade durch die benannten Ereignisse im Zweiten Weltkrieg verursacht wurde, oder dass sie eine Einschränkung der Lebensfunktionen mit sich bringt. Insofern besteht zwar durchaus die (vom Senat nicht weiter aufzuklärende) Möglichkeit, dass der Kläger zu 1 durch eine militärische Dienstverrichtung, welche mit einer solchen nach § 1 Abs. 1 BVG vergleichbar ist, eine Schädigung erlitten hat. Auch bei der Klägerin zu 2 ist nicht ausgeschlossen, dass deren Invalidität darauf beruht, dass sie als Kind Opfer der Leningrader Blockade wurde und dadurch eine Mangelversorgung erlitt. Denn nach den Ausführungen der Sachverständigen Himmelreich ist die Zahl der Invaliden unter den ehemaligen Blockadeopfern der Stadt Leningrad im Vergleich zur sonstigen Bevölkerung überdurchschnittlich hoch, so dass für sie typischerweise ein hohes Risiko für den Eintritt einer Invalidität besteht. Dieser Sachverhalt mag auch vergleichbar sein mit solchen, die den Tatbestand des § 5 Abs. 1 lit. d BVG erfüllen (s.o.).
Gleichwohl fehlt den Leistungsvoraussetzungen für eine Invalidenrente nach russischem Recht das nach deutschem Recht zwingende Erfordernis eines doppelten Kausalzusammenhangs zwischen erlittener Schädigung und Invalidität einerseits sowie zwischen Schädigung und gesundheitlichen und wirtschaftlichen Folgen andererseits. Eine im Zweiten Weltkrieg erlittene Schädigung wird für den benannten Personenkreis vielmehr bereits auf Grund einer typisierenden Betrachtung und wegen eines erhöhten Risikos von Invalidität generell entschädigt. So würde nach russischem Recht eine Invalidenrente etwa auch dann gezahlt, wenn die erlittene Schädigung im Zweiten Weltkrieg folgenlos ausgeheilt und eine Invalidität erst später hinzugetreten wäre. Dann aber fehlt es nach Funktion und Struktur an einer Vergleichbarkeit zwischen der russischen und der deutschen Rente; denn das deutsche Recht schränkt, anders als das russische, durch strengere Anforderungen an die Kausalität den Kreis der Anspruchsberechtigten erheblich weiter ein als das russische.
Bestätigt wird dieses Ergebnis durch das weitere Gutachten des Instituts für Ostrecht vom 31.01.2011, welches die Kläger bereits erstinstanzlich in den Rechtsstreit eingeführt hatten. Dieses Gutachten benennt als vorrangigen Zweck der russischen Invalidenrente, Teilnehmern des Großen Vaterländischen Krieges, die zugleich Invaliden sind, für ihre besonderen Verdienste gegenüber dem Staat während des Zweiten Weltkrieges eine zusätzliche soziale Unterstützung zukommen zu lassen. Der Rentenanspruch werde also nicht in erster Linie durch die Invalidität begründet, sondern durch die Tatsache der Teilnahme an den Kriegshandlungen zum Schutz des Vaterlandes im Zweiten Weltkrieg. Bei den Blockadeopfern Leningrads habe der Gesetzgeber durch eine staatliche Invalidenrente diese Personengruppe auszeichnen wollen; angeknüpft werde an den Status als Blockadeopfer, ohne im Einzelnen auf die Ursachen der Invalidität abzustellen. Die russische Invalidenrente bezwecke daher weniger eine Entschädigung für ein erbrachtes Sonderopfer, sondern vielmehr eine Gratifikation durch den Staat. Dies macht deutlich, dass eine Vergleichbarkeit mit der Zielrichtung des BVG, eine Entschädigung für im öffentlichen Interesse erlittene Nachteile zu gewähren, fehlt.
(3) Nach den instruktiven Ausführungen der Sachverständigen Himmelreich werden die DEMO-Leistungen unter anderem an Invaliden des Großen Vaterländischen Krieges, aber auch an dessen (nicht invalide) Teilnehmer, sowie an ehemalige minderjährige Insassen von Konzentrationslagern, Ghettos und anderen Zwangslagern, die von den Faschisten und ihren Verbündeten während des Zweiten Weltkriegs errichtet wurden, und an Träger des Zeichens "Überlebender der Leningrader Blockade" gezahlt. Weitere Anspruchsvoraussetzungen existieren von vornherein nicht; insbesondere wird keine Invalidität vorausgesetzt. Ist aber nicht einmal eine erfolgte Schädigung tatbestandliche Voraussetzung für die Gewährung, so kann für die DEMO-Leistungen erst recht nichts anderes gelten als für die russischen Invalidenrenten: Auch diese Leistungen sind mit Renten nach dem BVG, die ausnahmslos auch eine fortwirkende, kausale Schädigung voraussetzen, nach Funktion und Struktur nicht vergleichbar.
(4) Schließlich enthalten auch die russischen Altersarbeitsrenten der Kläger nach den Ausführungen der Sachverständigen jeweils einen Erhöhungsbetrag, welcher Teilnehmern des Großen Vaterländischen Krieges und den Trägern des Zeichens "Überlebender der Blockade Leningrads" gewährt wird, und der im streitigen Zeitraum je Kläger 843,58 Rubel monatlich betrug. Dies entspricht nach dem maßgeblichen Wechselkurs zum Zeitpunkt der Auszahlung einem Betrag von 21,71 EUR. Weitere Anspruchsvoraussetzungen neben der Zugehörigkeit zu einer der anspruchsberechtigten Personengruppen existieren wiederum nicht. Wird dieser Erhöhungsbetrag somit ebenfalls unabhängig von weiteren Voraussetzungen gewährt, fehlt auch diesbezüglich von vornherein eine Vergleichbarkeit mit den Renten nach dem BVG.
d) Die von den Klägern bezogenen russischen Rentenleistungen stellen schließlich auch keine zweckbestimmten Einnahmen dar, die nach § 83 Abs. 1 SGB XII nicht als Einkommen zu berücksichtigen wären. Nach dieser Vorschrift sind Leistungen, die auf Grund öffentlich-rechtlicher Vorschriften zu einem ausdrücklich genannten Zweck erbracht werden, nur so weit als Einkommen zu berücksichtigen, als die Sozialhilfe im Einzelfall demselben Zweck dient. Der Senat kann insoweit offen lassen, ob § 83 Abs. 1 SGB XII überhaupt zu einer Anrechnungsfreistellung führen kann, wenn die fraglichen Leistungen von einem anderen Staat aufgrund von dessen öffentlich-rechtlichen Vorschriften erbracht werden.
Denn dass die russischen Altersrenten der Kläger demselben Zweck wie die Grundsicherung im Alter nach dem SGB XII dienen, ergibt sich bereits daraus, dass sie entsprechend den Ausführungen der Sachverständigen für die Sicherstellung des allgemeinen Lebensunterhalts im Rentenalter bestimmt sind. Im Übrigen zielen auch die Invalidenrenten und die DEMO-Leistungen für die Kläger nach den Ausführungen der Sachverständigen darauf ab, Leistungsberechtigte im Alter materiell besser zu unterstützen bzw. ihnen eine zusätzliche soziale Unterstützung in Form einer zweiten Rente neben der Arbeitsrente zu gewähren. Da sie zudem aus den bereits genannten Gründen nicht den Ausgleich konkret erlittener Schädigungen bezwecken, dienen auch sie letztlich dem allgemeinen Lebensunterhalt und verfolgen daher den gleichen Zweck wie die Grundsicherung nach dem SGB XII.
e) Mangels ursächlichen Zusammenhangs mit einem schädigenden Ereignis scheidet auch eine Privilegierung der russischen Leistungen nach § 83 Abs. 2 SGB XII aus. Denn Schmerzensgeldzahlungen nach deutschem Recht setzen ebenfalls einen Kausalzusammenhang zwischen schädigendem Ereignis und erlittenem Schaden voraus.
f) Soweit die Kläger zu einer Anrechnungsfreiheit der russischen Leistungen auf ihre jüdische Religionszugehörigkeit hinweisen, kann dies von vornherein an der rechtlichen Beurteilung nichts ändern. Denn weder nach dem hier maßgeblichen russischen Leistungsrecht noch nach den deutschen Anrechnungsvorschriften ist die Religionszugehörigkeit von Belang.
g) Entgegen der Ansicht der Kläger verstößt es schließlich nicht gegen Art. 3 GG, wenn die Beklagte die russischen Rentenleistungen im Rahmen des SGB XII als anzurechnendes Einkommen berücksichtigt, andere kommunale Leistungsträger dies (so der Vortrag der Kläger) jedoch nicht tun. Besteht nach dem zuvor Gesagten kein Anspruch darauf, die russischen Leistungen von einer Anrechnung freizustellen, so könnte eine ggf. rechtswidrige Freistellung durch andere Kommunen unter dem Gesichtspunkt des allgemeinen Gleichheitssatzes von vornherein keinen Rechtsanspruch der Kläger auf ebenfalls rechtswidrige Freistellung begründen.
4. Sind nach dem zuvor Gesagten die von den Klägern bezogenen russischen Renten bei der Grundsicherung im Alter nach dem SGB XII in vollem Umfang als Einkommen zu berücksichtigen, so ist der Berufung der Beklagten insgesamt stattzugeben, nachdem sich die Beteiligten in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat über die weiteren Berechnungsgrundlagen verständigt haben und die Beklagte sich zur Nachzahlung einzelner Beträge verpflichtet hat.
a) Die Kläger hatten im März 2012 Anspruch auf Leistungen unter Berücksichtigung der Regelsätze nach der Regelbedarfsstufe 1 an Stelle der von der Beklagten tatsächlich berücksichtigten Regelbedarfsstufe 2. Denn die Beklagte ging irrtümlich davon aus, die Kläger seien Eheleute. Der Kläger zu 1 ist weder Ehemann der Klägerin zu 2 noch ihr Partner in eheähnlicher Gemeinschaft; vielmehr ist er ihr Cousin. Nach § 8 Abs. 1 Nr. 2 RBEG beschränkt sich der Anwendungsbereich der Regelbedarfsstufe 2 jedoch auf erwachsene Leistungsberechtigte, die als Ehegatten, Lebenspartner oder in eheähnlicher oder lebenspartnerschaftsähnlicher Gemeinschaft einen gemeinsamen Haushalt führen. Dass ein solches Verhältnis zwischen den Klägern besteht, ist nicht ersichtlich; das Gegenteil wurde von den Klägern in der mündlichen Verhandlung vielmehr nochmals glaubhaft bekräftigt. Für eine Anwendung der Regelbedarfsstufe 2 reicht es aber nicht aus, dass die Kläger lediglich gemeinsam wirtschaften. Zwar besitzen sie ein gemeinsames Konto, und es besteht eine offensichtliche familiäre Verbundenheit, die sich etwa darin äußert, dass die Klägerin zu 2 bis zum Eintritt eigener Pflegebedürftigkeit die Pflege des Klägers zu 1 übernommen hatte. Ob durch das gemeinsame Wirtschaften eine vergleichbare Haushaltsersparnis (wie vom Gesetzgeber für Paarhaushalte angenommen) eingetreten ist, kann allerdings offen bleiben. Denn Wortlaut und Historie des Gesetzes sprechen dagegen, zwei erwachsene Leistungsberechtigte, die kein "Paar" i.S.d. § 8 Abs. 1 Nr. 2 RBEG bilden, der Regelbedarfsstufe 2 zuzuordnen. Der ursprüngliche Gesetzesentwurf sah für die Regelbedarfsstufe 2 den folgenden Wortlaut vor: "( ) für Ehegatten und Lebenspartner sowie andere erwachsene Leistungsberechtigte, die in einem gemeinsamen Haushalt leben und gemeinsam wirtschaften" (vgl. BT-Drs. 17/3404, S. 6). Einbezogen werden sollten dadurch auch zwei erwachsene Personen, die in einem Haushalt leben und gemeinsam wirtschaften, sich also auch die Kosten des Haushalts teilen; dies könne beispielsweise auf einen Haushalt zutreffen, in dem eine Mutter mit ihrem erwachsenen Sohn lebe (BT-Drs. 17/3404, S. 130). Auf Beschlussempfehlung des Ausschusses für Arbeit und Soziales (vgl. BT-Drs. 17/4032, S. 7) kam es jedoch zu dem heutigen Wortlaut, der nur noch Ehegatten, Lebenspartner sowie ehe- und lebenspartnerschaftsähnliche Gemeinschaften einbezieht. Im Anschluss daran besteht für eine Einbeziehung zweier erwachsener Personen außerhalb der genannten Lebensgemeinschaften in die Regelbedarfsstufe 2 kein Raum. Dementsprechend haben sich die Beteiligten in der mündlichen Verhandlung darauf verständigt, bei den Klägern im streitbefangenen Monat die Regelbedarfsstufe 1 zugrunde zu legen, deren Regelsatz seinerzeit 374,00 EUR betrug. Auch die zu berücksichtigenden Mehrbedarfe bei Erreichen der Altersgrenze und Feststellung des Merkzeichens "G" sowie bei dezentraler Warmwasserbereitung nach § 30 Abs. 1 Nr. 1 und Abs. 7 SGB XII sind wegen ihrer Ermittlung als Prozentsatz des jeweils einschlägigen Regelbedarfs an der Stufe 1 auszurichten. Für die Kläger ergab dies für März 2012 jeweils einen Mehrbedarf nach § 30 Abs. 1 Nr. 1 SGB XII von 63,58 EUR sowie nach § 30 Abs. 7 SGB XII von 8,60 EUR.
b) Für den Kläger zu 1 folgte darüber hinaus ein höherer Leistungsanspruch aus einer rechtwidrigen Leistungsabsenkung für März 2012 durch den Bescheid vom 23.03.2012. Denn die Beklagte hatte mit Änderungsbescheid vom 20.01.2012 niedrigere Leistungen für die Zeit ab Februar 2012 festgesetzt, weil sie von einem höheren als dem bisher bei den Klägern berücksichtigten Renteneinkommen ausging. Dabei berücksichtigte sie bei dem Kläger zu 1 Einkommen i.H.v. 365,22 EUR und bei der Klägerin zu 2 i.H.v. 620,74 EUR. Tatsächlich erzielte aber der Kläger zu 1 das höhere Renteneinkommen, so dass die Beklagte (auf ausdrücklichen Hinweis der Kläger) mit dem Bescheid vom 23.03.2012 rückwirkend eine Korrektur vornahm und nunmehr bei dem Kläger zu 1 ein Einkommen von 620,74 EUR und bei der Klägerin zu 2 von 365,22 EUR berücksichtigte. Bei dieser Korrektur, der die Beklagte eine Berechnung der Leistungsansprüche für den Monat April 2012 zu Grunde legte, übersah sie allerdings, dass im März 2012 (mithin vor dem zum April 2012 erfolgten Umzug) noch die bisherigen, höheren Unterkunfts- und Heizkosten angefallen waren, und berücksichtigte insofern irrtümlich nur (für beide Kläger insgesamt) 406,54 EUR statt der tatsächlichen angefallenen 442,18 EUR. Dem Kläger zu 1 wurden daher an Stelle der zunächst bewilligten 257,91 EUR keine Leistungen nach dem Vierten Kapitel des SGB XII mehr gewährt; die Klägerin zu 2 erhielt an Stelle der zunächst bewilligten 2,39 EUR nunmehr 224,66 EUR.
Eine solche Rücknahme eines für den Kläger zu 1 begünstigenden Verwaltungsaktes wegen fehlerhafter ursprünglicher Berechnung beurteilt sich nach § 45 SGB X. Dessen Voraussetzungen waren jedoch nicht erfüllt. Denn auch wenn der Kläger zu 1 keinen Vertrauensschutz genoss, weil er den Fehler selbst erkannt und der Beklagten mitgeteilt hat, so hat die Beklagte doch die nach § 45 Abs. 1 S. 1 SGB X erforderliche Ermessensausübung unterlassen. Der Bescheid war deshalb gegenüber dem Kläger zu 1 rechtswidrig, und ihm stand vielmehr weitere Sozialhilfe i.H.v. 257,91 EUR zu. Ein entsprechendes Teilanerkenntnis der Beklagten in der mündlichen Verhandlung hat der Kläger zu 1 angenommen.
Für die Klägerin zu 2 gelten die vorausgegangenen Ausführungen hingegen nicht: Ihr gegenüber stellte sich die Änderung als eine Rücknahme eines rechtswidrigen nicht begünstigenden Verwaltungsaktes im Sinne des § 44 SGB X dar, so dass sie einen Anspruch auf die vorgenommene Korrektur besaß.
c) Entsprechend dem zuvor Gesagten berechnen sich die Ansprüche der Kläger im Monat März 2012 wie folgt:
Der Kläger zu 1 hatte in diesem Monat einen Bedarf von 667,27 EUR. Dem standen anrechenbare Renteneinkünfte in Höhe von 684,58 EUR gegenüber.
Denn die im März zugeflossenen Renteneinkünfte in Höhe von insgesamt 2.053,75 EUR waren ab diesem Zuflussmonat zu berücksichtigen und zugleich auf einen Zeitraum von drei Monaten aufzuteilen. Zwar sind nach § 8 Abs. 1 S. 1 DVO zu § 82 SGB XII andere als die in den §§ 3, 4, 6 und 7 genannten Einkünfte, wenn sie monatlich oder wenn sie nicht monatlich in unterschiedlicher Höhe erzielt werden, als Jahreseinkünfte zu berechnen. Nach Satz 2 gehören insbesondere auch Renten zu den anderen Einkünften. Vorliegend fließen die Renten auf Grund der Auszahlungsmodalitäten des russischen Rententrägers vierteljährlich und wegen des schwankenden Wechselkurses überdies in unterschiedlicher Höhe zu, so dass ihre Anrechnung grundsätzlich nach § 8 DVO zu § 82 SGB XII zu erfolgen hat. Die dort in Absatz 1 Satz 1 enthaltene Regelung unterliegt jedoch (mit Blick auf das Grundrecht auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums) verfassungsrechtlichen Bedenken, weil die Bildung von Durchschnittsbeträgen dazu führen kann, dass in Monaten, in denen ein Einkommen unterhalb des Durchschnittswertes erzielt wird, Leistungen in tatsächlich nicht bedarfsdeckender Höhe gewährt werden. Der gesetzliche Leistungsanspruch muss jedoch so ausgestaltet sein, dass er stets den gesamten existenznotwendigen Bedarf jedes individuellen Grundrechtsträgers deckt (vgl. BVerfG, Urteil vom 09.02.2010 – 1 BvL 1/09, 3/09 und 4/09 Rn. 137). Insofern wird im Schrifttum zu Recht das Zugrundelegen von Jahreseinkünften bei der Bedarfsberechnung kritisiert (vgl. etwa Schmidt in jurisPK-SGB XII, § 8 DVO § 82 SGBXII Rn. 11, Stand: 01.05.2014).
Nach Ansicht des Senats ergibt sich eine sachgerechte und bedarfsdeckende Anrechnung demgegenüber, wenn die Renten entsprechend der Regelung für einmalige Einnahmen in § 8 Abs. 1 S. 3 DVO zu § 82 SGB XII i.V.m. § 3 Abs. 3 S. 2 und 3 DVO zu § 82 SGB XII ab dem Monat des Zuflusses angerechnet und auf einen angemessenen Zeitraum verteilt werden. Auf diese Weise wird sichergestellt, dass nur tatsächlich vorhandenes Einkommen berücksichtigt wird und so der vorhandene Bedarf gedeckt werden kann. Die Zahlungen des russischen Rentenversicherungsträgers an die Kläger erfolgten vierteljährlich; sie erhielten im März 2012 die Leistungen für das erste Quartal 2012 ausgezahlt, und die nächste Zahlung für das zweite Quartal ging im Juni 2012 auf ihrem Konto ein. Eine Aufteilung der im März 2012 zugeflossenen Renteneinkünfte auf die Monate März bis Mai 2012 erscheint daher sachgerecht, angemessen und zudem grundrechtswahrend, ohne dass auf der anderen Seite bei fortdauerndem Hilfebedarf die Gefahr einer zu hohen Leistungsgewährung entsteht.
Absetzbeträge im Sinne des § 82 Abs. 2 SGB XII waren nicht zu berücksichtigen. Für den Kläger zu 1 ergibt sich daher (eigentlich) für März 2012 kein Leistungsanspruch. Da die Beklagte aber zunächst Leistungen i.H.v. 257,91 EUR gewährt hatte und der Rücknahmebescheid vom 23.03.2012 insoweit rechtswidrig war (vgl. dazu die Ausführungen unter 4.b), hat die Beklagte dem Kläger zu 1 durch angenommenes Teilanerkenntnis Leistungen i.H.v. 257,91 EUR gewährt.
Die Klägerin zu 2 hatte im März 2012 ebenfalls einen Bedarf von 667,27 EUR. Dem standen anrechenbare Renteneinkünfte i.H.v. 404,66 EUR gegenüber (1.213,99 EUR: 3). Absetzbeträge waren auch für sie nicht zu berücksichtigen. Daraus ergibt sich ein tatsächlicher Bedarf von 262,61 EUR. Bewilligt wurden mit Bescheid vom 23.03.2012 Leistungen i.H.v. 224,66 EUR. Bestand daher ein weiterer Leistungsanspruch i.H.v. 37,95 EUR, so hat die Beklagte diesem in der mündlichen Verhandlung durch weiteres, angenommenes Teilanerkenntnis bereits entsprochen.
Höhere Leistungen als die bereits zuerkannten kommen nach all dem für den noch streitbefangenen Monat März 2012 nicht mehr in Betracht.
5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 SGG und folgt der Entscheidung in der Hauptsache.
6. Der Senat hat die Revision nach § 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG zugelassen. Die Frage, ob die hier in Rede stehenden russischen Rentenleistungen analog § 82 Abs. 1 S. 1 SGB XII von einer Anrechnung als Einkommen auszunehmen sind, ist höchstrichterlich nicht geklärt; zugleich gibt es zahlreiche vergleichbare Verfahren, die noch nicht abgeschlossen sind.
Erstellt am: 22.11.2016
Zuletzt verändert am: 22.11.2016