Die Beklagte trägt die erstattungsfähigen außergerichtlichen Kosten des Klägers im Berufungsverfahren. Der Antrag der Beklagten auf Aufhebung der ihr gegenüber im Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 25.03.2014 verhängten Verschuldenskosten nach § 192 Sozialgerichtsgesetz wird abgelehnt.
Gründe:
Nach Erledigung der in der Hauptsache umstrittenen Rückforderung von Rentenleistungen ist auf Antrag des Klägers noch über die Kosten des Berufungsverfahrens und auf Antrag der Beklagten über die Aufhebung ihr vom Sozialgericht auferlegter Verschuldenskosten nach § 192 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zu entscheiden.
Dem Kläger wurde mit Bescheid vom 21.12.1994 Große Witwerrente nach seiner verstorbenen Ehefrau V vom 07.10.1994 bis 31.01.1995 gewährt. Mit Änderungsbescheid vom 10.03.1995 erfolgte die Anerkennung der Rente ab 07.10.1994 unbefristet.
Wegen unterschiedlichem anzurechnenden Einkommens des Klägers aus Erwerbstätigkeit ergingen in den folgenden Jahren weitere Änderungsbescheide (u. a. Bescheid vom 19.10.2000 für den Zeitraum ab 01.07.2000). Der Kläger teilte regelmäßig seine Einkünfte mit und erstattete Überzahlungen stets. Ab Mai 2004 bezog er von der Beklagten eine Erwerbsunfähigkeitsrente. Deren Bewilligung wurde hausintern der für die Witwenrente zuständigen Abteilung mitgeteilt, von letzterer ein Überzahlbetrag errechnet und vom Kläger nach Anhörung erstattet.
Mit Schreiben vom 28.09.2004 teilte die Maschinenbau- und Metall-Berufsgenossenschaft (BG) der Beklagten mit, dass dem Kläger für die Folgen eines Versicherungsfalls vom 28.11.2000 eine Rente aus der gesetzlichen Unfallversicherung bewilligt werde. Die Beklagte antwortete hierauf mit Schreiben vom 25.10.2004, dass ein Erstattungsanspruch nicht geltend gemacht werde.
Im Rahmen einer Überprüfung im Mai 2008 stellte die Beklagte fest, dass die vom Kläger bezogenen Unfallrenten fälschlich nicht auf seine Witwerrente angerechnet worden seien. Mit Schreiben vom 24.07.2008 hörte sie ihn zur beabsichtigten Rückforderung von 4.509,54 Euro an. Der Kläger teilte hierzu mit, dass die BG nach seinen Unterlagen die Beklagte über den Leistungsanspruch informiert habe mit der Frage, ob eventuell ein Konflikt mit den laufenden Renten bestehe. Da die Beklagte keine Bedenken erhoben habe, sei es zur Auszahlung gekommen. Er sei sich keiner Schuld bewusst.
Mit Bescheid vom 05.08.2008 hob die Beklagte den Bescheid vom 12.12.1994 über die Bewilligung von Hinterbliebenenrente für die Zeit vom 01.05.2001 bis 30.04.2004 gem. § 48 Abs. 1 S. 2 Nrn. 2 und 3 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) i.V.m. § 97 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) hinsichtlich der Rentenhöhe auf und forderte eine Überzahlung in Höhe von 2685,76 Euro gem. § 50 SGB X vom Kläger zurück. Eine Änderung i.S.v. § 48 SGB X sei mit dem Bezug von zwei Renten der BG wegen Berufskrankheiten seit November 2011 eingetreten. Der Kläger sei darüber informiert gewesen, dass er Einkommen mitteilen müsse, so dass die Voraussetzungen für eine rückwirkende Aufhebung gem. § 48 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 SGB X vorlägen. Darüber hinaus könne eine rückwirkende Aufhebung auch auf § 48 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 SGB X gestützt werden, da nach Erlass des Bewilligungsbescheides vom 12.12.1994 Einkommen erzielt worden sei. Auf Bösgläubigkeit oder Verschulden komme es hier nicht an. Der Versicherungsträger habe gem. § 48 Abs. 1 S. 2 SGB X eine Ermessensabwägung vorzunehmen und insbesondere atypische Fälle, d.h. ein Mitverschulden der Deutschen Rentenversicherung zu berücksichtigen. Eine solche atypische Fallgestaltung liege vor, da der Kläger seit Mai 2004 eine Rente aus eigener Versicherung beziehe, bei der die Unfallrenten von Anfang an berücksichtigt worden seien. Bei der Antragstellung zur Versichertenrente habe er den Bezug der Witwerrente angegeben, so dass ab dem 01.05.2004 ein Abgleich möglich gewesen sei. Insofern treffe die DRV ein Mitverschulden. Für die Zeit vor Mai 2004 allerdings müsse der Kläger gegen sich gelten lassen, dass er den Bezug des Einkommens wie ihm bekannt hätte mitteilen müssen. Es werde daher nur die bis zum 30.04.2004 entstandene Überzahlung von 2.658,76 Euro zurückgefordert.
Den Widerspruch des Klägers vom 25.08.2008, mit dem dieser darauf hinwies, dass die Beklagte ausweislich des Schreibens der BG vom 28.09.2004 und des Antwortschreibens der Beklagten vom 25.10.2004 über die Zahlung der Unfallrente informiert und eine erneute Information nicht nötig gewesen sei, wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 05.08.2008 zurück. Zusätzliche zu berücksichtigende Umstände, die gegen eine Rücknahme des Bescheides vom 12.12.1994 sprechen würden, lägen nicht vor.
Der Kläger hat am 12.02.2009 Klage beim Sozialgericht (SG) Düsseldorf erhoben. In Ergänzung zu seinem vorigen Vorbringen hat er darauf hingewiesen, nach der Erlangung der Unfallrente aufgrund eines Urteils des SG Düsseldorfs persönlich bei der Beklagten vorgesprochen und nachgefragt zu haben, ob eine Verrechnung stattfinde und etwas zu veranlassen sei. Dies habe man bei der Beklagten nach telefonischer Rücksprache mit einer anderen Abteilung verneint.
Auf die Nachfrage des SG, welcher Bescheid habe aufgehoben werden sollen, da sich in den Akten kein Bescheid vom 12.12.1994 finde und die Aufhebung des Bescheides vom 21.12.1994 keinen Sinn mache, hat die Beklagte am 30.04.2009 einen weiteren Bescheid erlassen und den bisherigen Bescheid vom 05.08.2008 dahingehend "ergänzt", dass der Bescheid vom 19.10.2000 anstelle des Bescheides vom 21.12.1994 aufgehoben werden solle. Nach eingehender Prüfung solle der überzahlte Betrag nunmehr auch nicht nach § 48 Abs. 1 S. 2 Nrn. 2 und 3 SGB X, sondern lediglich nach § 48 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 SGB X zurückgefordert werden.
Das SG hat der Beklagten mit ausführlichem Schreiben vom 07.11.2013 mitgeteilt, dass es sich aufdränge, auf die Rückforderung vollständig zu verzichten. Auch die Beklagte stelle inzwischen nicht mehr auf Verschulden des Klägers, sondern lediglich auf die Einkommenserzielung ab. Gleichwohl berücksichtige sie bei der Ermessensausübung fehlendes Verschulden des Klägers lediglich für den Zeitraum ab Mai 2004. Hinzu komme, dass den Kläger nicht nur keine Schuld an der Überzahlung treffe, sondern zusätzlich die Beklagte durch das Schreiben vom 25.10.2004 bei ihm den berechtigten Eindruck erweckt habe, die Nachzahlung aus der Unfallrente behalten zu können. Insgesamt gehe das Gericht davon aus, dass das Ermessen vorliegend unzureichend ausgeübt worden sei. Ein Bescheid müsse auch dann aufgehoben werden, wenn die Behörde zwar grundsätzlich erkannt habe, dass Ermessen auszuüben sei, nicht jedoch den vollständigen Umfang des Ermessens. Dies sei hier der Fall. Die Beklagte habe die Rückforderung in zwei Zeiträume aufteilt, jedoch nur für einen Zeitraum eigenes Verschulden erkannt und damit nicht alle wesentlichen Umstände berücksichtigt. Dies gelte auch für die Wirkung des Schreibens vom 25.10.2004.
Im Termin des SG zur mündlichen Verhandlung am 25.03.2014 hat die Vorsitzende Richterin der Vertreterin der Beklagten die Fehlerhaftigkeit der Ermessensausübung in dem angefochtenen Bescheid erneut ausführlich erläutert und sie darauf hingewiesen, dass die Verhängung von Verschuldenskosten gem. § 192 SGG beabsichtigt sei. Die Vertreterin der Beklagten hat dennoch auf einer Entscheidung bestanden. Das SG hat die Klage abgewiesen und der Beklagten Verschuldenskosten in Höhe von 150,00 Euro auferlegt. Die Entscheidungsgründe entsprechen im Wesentlichen dem vorigen schriftlichen Hinweis und der mündlichen Erläuterung der Kammervorsitzenden.
Gegen das ihr am 03.04.2014 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 16.04.2014 Berufung eingelegt. Ihrer Auffassung nach sei eine Ermessensabwägung in den angefochtenen Bescheiden erfolgt. Sie sehe es dabei nicht als Ermessensfehlgebrauch an, im Rahmen der Ermessensausübung kein alleiniges eigenes Verschulden für den Gesamtzeitraum angenommen zu haben. Dies gelte auch trotz der Tatsache, dass sie die Aufhebung im Klageverfahren selbst nur noch auf den Tatbestand des § 48 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 und nicht mehr auf Nr. 2 SGB X gestützt habe. Dass sie den Kläger nicht mehr als grob fahrlässig i.S.v. Nr. 2 ansehe, bedeute nicht, dass er die Überzahlung nicht mit verursacht habe. Es sei seine Pflicht gewesen, die Beklagte über die Rentenbewilligung der BG zu informieren. Ihr eigenes, an die BG adressierte Schreiben darüber, dass kein Erstattungsanspruch geltend gemacht werde, habe gegenüber dem Kläger keine Außenwirkung entfaltet. Zudem sei dieses von der für die Versichertenrente zuständigen Sachbearbeitung versandt worden. Die für die Witwerrente zuständige Sachbearbeitung habe kein Schreiben der BG erhalten und demzufolge auch kein entsprechendes Schreiben versandt. Dass der Kläger habe annehmen können, die Verletztenrente werde nicht auf die Witwerrente angerechnet, entbinde ihn nicht von seinen Mitteilungspflichten gegenüber der Beklagten. Die Verschuldenskosten seien zu Unrecht auferlegt worden, weil diese nur bei eindeutiger Sach- und Gesetzeslage in Betracht kämen, nicht aber, wenn der Beteiligte sich – wie hier – auf eine juristisch vertretbare Auffassung berufe.
Auf den Hinweis der Berichterstatterin, dass Bescheid und Widerspruchsbescheid im Hinblick auf die Ermessensausübung erheblichen Bedenken begegnen würden und zudem das Bestehen eines Erstattungsanspruchs bereits grundsätzlich eine Inanspruchnahme des Versicherten ausschließe, hat die Beklagte die Berufung in der Hauptsache mit Schreiben vom 04.11.2014 zurückgenommen und im Übrigen beantragt,
die Entscheidung des Sozialgerichts Düsseldorf vom 25.03.2014, ihr Verschuldenskosten nach § 192 SGG in Höhe von 150,00 Euro aufzuerlegen, nach § 192 Abs. 3 S. 2 SGG aufzuheben.
Der Kläger hat mit Schriftsatz vom 11.11.2014 beantragt,
der Beklagten die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen.
Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der Verwaltungsakten der Beklagten verwiesen.
II.
Über die Kosten des Verfahrens einschließlich eines Antrags auf Aufhebung von verhängten Verschuldenskosten (vgl. hierzu BSG Urt. v. 12.12.2013 – B 4 AS 17/13 R – juris Rn. 24) entscheidet gem. § 155 Abs. 4 SGG i. V. m. Abs. 2 S. 1 Nr. 5 SGG die Berichterstatterin.
1. Die Kosten des Berufungsverfahrens sind der Beklagten aufzuerlegen.
Gemäß §§ 156 Abs. 3 S. 2, 193 Abs. 1 S. 3 SGG hat das Gericht, wenn das Verfahren durch Rücknahme der Berufung endet, auf Antrag durch Beschluss zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Diese Entscheidung ist eine nach sachgemäßem Ermessen zu treffende Billigkeitsentscheidung, bei der der bisherige Sach- und Streitstand zu berücksichtigen ist. In der Regel entspricht es der Billigkeit, dass derjenige die Kosten zu erstatten hat, der im Prozess – voraussichtlich – unterlegen wäre. Nach diesen Grundsätzen ist es gerechtfertigt, der Beklagten die erstattungsfähigen außergerichtlichen Kosten des Klägers auch im Berufungsverfahren aufzuerlegen. Die Berufung hatte keine Aussicht auf Erfolg. Zu Recht hat das Sozialgericht den Bescheid vom 05.08.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 03.02.2009 und des Änderungsbescheides vom 30.04.2009 aufgehoben. Die streitigen Bescheide sind rechtswidrig. Auf die zutreffende Begründung im angefochtenen Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 25.03.2014 wird zur Vermeidung von Wiederholungen verwiesen.
Darüber hinaus sind die Bescheide auch deshalb rechtswidrig, weil – worauf die Berichterstatterin bereits hingewiesen hat – das Bestehen eines Erstattungsanspruchs grundsätzlich die Inanspruchnahme des Versicherten ausschließt (vgl. zB BSG Urt. v. 26.04.2005 – B 5 RJ 36/04 R – juris Rn. 13; Urt. v. 22.05.2002 – B 8 KN 11/00 R – juris Rn. 17 mwN). Allein die Tatsache, dass die Beklagte versäumt hat, einen Erstattungsanspruch gegenüber der BG geltend zu machen, berechtigt sie nicht dazu, ein Rückforderungsverfahren gegenüber dem Kläger zu betreiben. Hat ein Leistungsträger Sozialleistungen erbracht (hier die Witwerrente durch die Beklagte) und ist der Anspruch auf diese nachträglich ganz oder teilweise entfallen (hier durch den vom Kläger 2004 erstrittenen Anspruch auf Verletztenrente der BG), ist der für die entsprechende Leistung zuständige Leistungsträger (hier die BG) gem. § 103 Abs. 1 SGB X erstattungspflichtig. Soweit der Erstattungsanspruch besteht, gilt der Anspruch des Berechtigten (hier des Klägers) gegen den zur Leistung verpflichteten Leistungsträger (hier die BG) gem. § 107 Abs. 1 SGB X als erfüllt (sog. Erfüllungsfiktion). Die Rechtmäßigkeit einer vom erstleistenden Leistungsträger (hier der Beklagten) dem Versicherten (hier dem Kläger) bewilligten Leistung (hier die Witwerrente) wird somit von einer Leistungsverpflichtung eines weiteren Leistungsträgers (hier der BG) nicht berührt. Entsprechend ist der leistungsbewilligende Bescheid der Beklagten vom 19.10.2000 rechtmäßig und konnte daher nicht – wie mit den angefochtenen Bescheiden erfolgt – gem. § 48 SGB X aufgehoben werden.
2. Der Antrag der Beklagten auf Aufhebung der gegen sie verhängten Verschuldenskosten gem. § 192 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 SGG ist zulässig aber nicht begründet.
a. Der Zulässigkeit des Antrags auf Aufhebung der Kosten gem. § 192 SGG steht nicht entgegen, dass mit der Rücknahme des Rechtsmittels grundsätzlich die Entscheidung der Vorinstanz einschließlich der Kostenentscheidung nach § 192 SGG rechtskräftig wird. Zugunsten der Beklagten ist insoweit die Vorschrift des § 192 Abs. 3 S. 2 SGG, nach der die Entscheidung über die Verhängung von Mutwillenskosten im Rechtsmittelverfahren aufgehoben werden kann, entsprechend anzuwenden. Da sich § 192 Abs. 3 SGG von seiner Systematik allein auf die Fallgestaltungen bezieht, in denen das erstinstanzliche Gericht einer Klägerin bzw. einem Kläger Verschuldenskosten auferlegt hat, besteht für eine Kostenauferlegung gegenüber einem beklagten Sozialleistungsträger eine Regelungslücke. Dieser Lücke, die nicht erkennbar einem gesetzgeberischen Willen entspricht, ist wegen der Vergleichbarkeit der Sachverhalte durch eine entsprechende Anwendung des § 192 Abs. 3 S. 2 SGG Rechnung zu tragen.
b. Der Antrag auf Aufhebung der verhängten Kosten ist nicht begründet.
Nach der Vorschrift des § 192 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 SGG kann das Gericht einem Beteiligten ganz oder teilweise die Kosten auferlegen, die dadurch verursacht werden, dass er den Rechtsstreit fortführt, obwohl ihm vom Vorsitzenden die Missbräuchlichkeit der Rechtsverfolgung oder der Rechtsverteidigung dargelegt und er auf die Möglichkeit der Kostenauferlegung bei Fortführung des Rechtsstreits hingewiesen worden ist.
Diese Voraussetzungen liegen hier vor. Die Beklagte ist in der mündlichen Verhandlung vom 25.03.2014 von der Vorsitzenden Richterin am SG – nach zuvorigem schriftlichen Hinweis erneut – auf die Rechtswidrigkeit der angefochtenen Bescheide und die Missbräuchlichkeit der weiteren Rechtsverteidigung sowie auf die Möglichkeit der Kostenauferlegung bei Fortführung des Rechtsstreits hingewiesen worden. Sie hat den Rechtsstreit dennoch weiter fortgeführt und mit diesem Verhalten objektiv missbräuchlich gehandelt.
Ungeachtet dessen, dass die Beklagte im Verwaltungsverfahren zunächst einen (nicht existenten) "Bescheid vom 12.12.1994" aufgehoben und dies und auch die Rechtsgrundlage der Aufhebung erst im Klageverfahren korrigiert hat sowie ungeachtet der Tatsache, dass ein Rückforderungsverfahren gegen den Kläger – wie ausgeführt – schon grundsätzlich unzulässig war, leiden die angefochtenen Bescheide zusätzlich an einem offensichtlichen Ermessensfehlgebrauch, auf den das SG auch mehrfach ausdrücklich hingewiesen hat. Diesem Hinweis hat die Beklagte jedoch keine Rechnung getragen.
Zutreffend hat die Beklagte in den angefochtenen Bescheiden zwar noch festgestellt, dass es sich vorliegend um einen atypischen Fall handelt, bei dem auch im Rahmen der Sollvorschrift des § 48 Abs. 1 S. 2 SGB X Ermessen auszuüben ist. Ebenfalls zutreffend hat sie auch ihr eigenes Mitverschulden am Entstehen der Überzahlung angenommen. Die darüber hinaus vorgenommene Ermessensprüfung ist jedoch offenkundig unzutreffend. Die Beklagte hat die wesentlichen Umstände des Einzelfalls, die in unmittelbarem Bezug zu Vertrauen und Schutzwürdigkeit des Klägers stehen, fehlerhaft bewertet. Die auf dieser Grundlage vorgenommene Abwägung konnte entsprechend den gesetzlichen Anforderungen nicht genügen und war darüber hinaus zusätzlich in ihrer Differenzierung auch nicht überzeugend.
Sowohl im Bescheid vom 05.08.2008 als auch im Widerspruchsbescheid vom 03.02.2009 hat die Beklagte das Unterlassen einer Mitteilung des Klägers über den Bezug der Verletztenrente als grob fahrlässig angesehen. Durch diese unzutreffende rechtliche Würdigung – von der die Beklagte im Klageverfahren auch selbst Abstand genommen hat – ist der Umstand der fehlenden Mitteilung offenkundig mit einem unzutreffend hohen Gewicht versehen worden. Diese Fehlerhaftigkeit wirkt sich in der Abwägung der Beklagten deshalb in besonderem Maß schwer aus, als sie über diesen Umstand hinaus ausdrücklich keine weiteren Tatsachen zulasten des Klägers für berücksichtigungsfähig hielt. Wird aber dem einzigen Umstand, der gegen einen Vertrauensschutz spricht, aufgrund einer fehlerhaften Einschätzung ein zu hohes Gewicht beigemessen, ist die darauf beruhende Abwägung offenkundig ebenfalls fehlerhaft.
Soweit die Beklagte die Rückforderung im Weiteren in einen Zeitraum vom 01.05.2001 bis 30.04.2004 (Rückforderung) einerseits und einen Zeitraum vom 01.05.2004 bis 31.07.2008 (keine Rückforderung) andererseits aufgeteilt hat, ist dies nach dem von ihr in die Abwägung eingestellten Umstand einer Mitteilungspflicht über die Verletztenrente des Klägers nicht überzeugend. Sofern man von einer Pflicht des Klägers ausgeht, den Bezug von Verletztenrente mitzuteilen, ist diese Pflicht im September 2004 entstanden, weil dem Kläger die Rente von der BG (erst) dann (rückwirkend) bewilligt worden ist. Entsprechend ist die Formulierung der Beklagten im angefochtenen Bescheid, der Kläger müsse für die Zeit vor Mai 2004 gegen sich gelten lassen, dass er den Bezug des Einkommens wie ihm bekannt hätte mitteilen müssen, nicht nachvollziehbar.
Der Auferlegung von Verschuldenskosten durch das SG steht die Auffassung der Beklagten, eine Verhängung komme nur bei eindeutiger Sach- und Gesetzeslage in Betracht, nicht entgegen. Insbesondere schließt allein die Tatsache, dass die Beklagte vorliegend Ermessen auszuüben hatte, die Anwendung des § 192 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 SGG nicht aus. Grundsätzlich maßgeblich für die Verhängung von Verschuldenskosten ist allein, ob ein vernünftiger Prozessbeteiligter die Aussichtslosigkeit der Prozessfortführung oder -verteidigung erkennen kann (vgl. hierzu Straßfeld in Jansen, SGG, 4. Aufl. 2012, § 192 Rn. 8; Breitkreuz in Breitkreuz/Fichte, SGG, 2. Aufl. 2014, § 192 Rn. 8, aA Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Aufl. 2014, § 192 Rn. 9a). Dies schließt auch die Frage ein, ob die Fehlerhaftigkeit einer Ermessensausübung erkannt werden kann. Hiervon ist bei der rechtskundigen Beklagten auszugehen.
Die Entscheidung kann nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht angefochten werden (§ 177 SGG).
Erstellt am: 20.01.2015
Zuletzt verändert am: 20.01.2015