Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichtes Dortmund vom 23.5.2013 wird zurückgewiesen. Kosten sind auch im zweiten Rechtszug nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist Regelaltersrente.
Der 1930 geborene Kläger ist marokkanischer Staatsangehöriger. Er war vom 15.1.1965 bis zum ein 30.12.1974 versicherungspflichtig in verschiedenen Unternehmen in der Bundesrepublik Deutschland beschäftigt. Anschließend kehrte er nach Marokko zurück.
Ab Anfang 2002 beantragte der Kläger von dort mehrfach Altersrente aus der deutschen gesetzlichen Rentenversicherung. Diese Anträge lehnte die Beklagte allesamt ab (Bescheide vom 9.4.2002, 11.8.2005 und 5.7.2006). Der Kläger erfülle die für die Gewährung der begehrten Rente notwendige Wartezeit von 5 Jahren (60 Monaten) nicht. Auf diese Zeit anrechenbare Zeiten seien nicht (mehr) vorhanden, da der Kläger sich die von ihm entrichteten Beiträge zur deutschen Rentenversicherung 1976 habe auszahlen lassen. Einen vom Kläger im März 2007 erneut gestellten Rentenantrag wies die Beklagte aus demselben Grund zurück (Bescheid vom 21.3.2007; Widerspruchsbescheid vom 6.8.2007). Die dagegen zum Sozialgericht (SG) Dortmund (Az. S 6 KN 292/06) erhobene Klage blieb erfolglos (Gerichtsbescheid vom 4.3.2008). Rechtsmittel legte der Kläger nicht ein.
Mit Antrag vom 3.8.2011 begehrte er stattdessen erneut Gewährung von Regelaltersrente und überreichte unter anderem eine Kopie des Bescheides der Bundesbahn-Versicherungsanstalt vom 30.11.1976, nach der ihm auf seinen Antrag vom 27.7.1976 hin Rentenversicherungsbeiträge in Höhe von 11.241,50 DM für die Zeit vom 15.1.1965 bis zum 3.5.1969 (knappschaftliche Beiträge) sowie vom 8.5.1969 bis zum ein 30.12.1974 (Beiträge zur Rentenversicherung der Arbeiter) erstattet worden sind. Die Beklagte lehnte die Gewährung der Altersrente ab (Bescheid vom 12.9.2011). Nach der vom Kläger selbst belegten Erstattung von Rentenversicherungsbeiträgen bestünden keine zu berücksichtigenden rentenrechtlichen Zeiten in der deutschen gesetzlichen Rentenversicherung mehr.
Im sich anschließenden Widerspruchsverfahren reichte der Kläger unter anderem Kopien zweier Schreiben vom 27. und 28.7.1976 zu den Akten, abgesandt unter dem Namen "B B I B", wohnhaft "Rue T Nr. 00 (U), El ZAIO/O/MAROKKO", gerichtet jeweils an die Bundesbahn-Versicherungsanstalt. Darin beantragte der Absender die Erstattung der von ihm geleisteten Rentenversicherungsbeiträge von der Bundesbahn-Versicherungsanstalt "Abteilung B", der "Bundesknappschaft, der LVA Rheinprovinz und der Deutschen Bahn". Weiterhin übersandte er die Kopie eines weiteren Beitragserstattungsbescheides der Bundesbahn-Versicherungsanstalt (ohne erkennbares Datum), durch den ihm 90 % der aus eigenen Mitteln geleisteten Beiträge zur "Zusatzversicherung" erstattet worden sind, insgesamt 484,80 DM. Die Beklagte wies den Widerspruch zurück (Widerspruchsbescheid vom 17.1.2012). Trotz der in Deutschland zurückgelegten Beitragszeiten seien keine für die begehrte Rente notwendigen Versicherungszeiten mehr vorhanden, denn dem Kläger seien auf seinen Antrag hin mit Bescheid vom 30.11.1976 die von ihm gezahlten Rentenversicherungsbeiträge erstattet worden. Versicherungszeiten bis zum 30.11.1976 könnten aufgrund der Erstattung der Beiträge nicht (mehr) berücksichtigt werden. In der Zeit nach der Erstattung seien keine rentenrechtlichen Zeiten vom Kläger mehr in Deutschland zurückgelegt worden. Ein Anspruch auf Regelaltersrente bestehe daher nicht.
Mit der hiergegen gerichteten Klage hat der Kläger sein Begehren weiterverfolgt. Er habe bis heute keinen "Nachzahlungsbetrag der seinen Rentenversicherung erhalten" und auch "keien Gestellte Antrag Zweeks zustehenden Bearbeitung gesandt habe". Er bat um genaue Prüfung von Daten, Personen und Unterschriften.
Die Beklagte hat die Abweisung der Klage begehrt und zur Begründung auf den angefochtenen Bescheid und Widerspruchsbescheid Bezug genommen. Das SG hat die Klage abgewiesen (Gerichtsbescheid vom 23.5.2013). Die erfolgte Beitragserstattung führe von Gesetzes wegen zur Auflösung des bis dahin bestehenden Versicherungsverhältnisses und schließe damit den strittigen Rentenanspruch aus.
Mit der dagegen am 22.7.2013 (Eingang bei Gericht) in französischer Sprache erhobenen "Réclamation" begehrt der Kläger weiter Regelaltersrente. Er sei im Anschluss an seinen Urlaub 1975 in Marokko gezwungen gewesen, zwei Jahre lang für die Armee im Westsahara-Krieg zu kämpfen. Am 28.1.1976 sei ihm seine Rente an die Banque Popoulaire in O überweisen worden. Die Bank habe ihn jedoch damals darüber nicht informiert; das sei erst jetzt geschehen. Er habe sich daraufhin an das königliche Schiedsgericht in Rabat gewandt, jedoch ohne Erfolg. Da er die Rentenauszahlung bis heute nicht erhalten habe, sei ihm die beantragte Regelaltersrente zu gewähren. Es sei nicht belegt, an welche Bank das Geld gezahlt worden sei. Sein Name sei im Übrigen B B und nicht B I.
Der Kläger ist zum Termin zur mündlichen Verhandlung mit dem Hinweis geladen worden, dass auch im Falle seines Ausbleibens verhandelt und entschieden werden kann. Die Ladung ist ihm ausweislich des Rückscheins vor dem 2.10.2014 (Tag des Eingangs des Rückscheins bei Gericht) zugegangen. Am Sonntag, den 26.10.2014 um 22:45 Uhr, hat sich jemand unter der E-Mail-Adresse eines Herrn N I (c 1106@hotmail.com) in französischer Sprache an das Gericht gewandt, behauptet, der Kläger zu sein, und den Wunsch nach Verlegung des Termins vom 28.10.2014 ("Demande d’annulation rendez-vous") geäußert. Das Gericht hat den Absender per Rückmail in deutscher Sprache (am Montag, den 27.10.2014 um 11:54 Uhr) und französischer Übersetzung (um 13:16 Uhr) darauf hingewiesen, dass dem Verlegungsantrag (noch) nicht stattgegeben werden könne. Der Antrag per (einfacher) E-Mail und seine Begründung genügten nicht. Bleibe es beim Verlegungsantrag, so könne dies per vom Kläger unterschriebenen Fax mitgeteilt werden, dabei sei anzugeben, aufgrund welcher (akuten) Erkrankung er nicht reise- und/oder verhandlungsfähig sei und ob er an einen späteren Termin teilnehmen wolle. Zudem solle ein ärztliches Attest vorgelegt werden. Hierauf ist keine Reaktion erfolgt.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die Entscheidung erster Instanz für zutreffend.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte, die beigezogene Akte S 6 KN 222/06 des SG Dortmund sowie die Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen. Sie waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.
Entscheidungsgründe:
Trotz Ausbleibens des Klägers im Termin zur mündlichen Verhandlung kann aufgrund einseitiger mündlicher Verhandlung entschieden werden, denn der Kläger ist in der ordnungsgemäß erfolgten Ladung (§§ 63 Abs. 1 und 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG), 175 Zivilprozessordnung iVm Art 31 Abs. 1 Satz 3 des Deutsch-Marokkanischen Sozialversicherungsabkommens (DMSVA) vom 25.03.1981, in Kraft seit dem 01.08.1986, BGBl II 1986; 550 ff, 562, 772) auf diese Möglichkeit hingewiesen worden. Dem erst 1,5 Tage vor dem Termin bei Gericht mittels E-Mail gestellten Verlegungsantrag muss das Gericht nicht stattgeben. Der E-Mail kann die Person, die sie abgesandt hat, nicht zuverlässig entnommen werden, auch wenn eine Kopie der Ladung als Bild der E-Mail beigefügt war; es ist nicht sichergestellt, dass die in ihr enthaltenen Erklärungen mit Wissen und Wollen des Klägers dem Gericht zugeleitet worden sind (Anwaltsgerichtshof Celle Beschl. v. 15.09.2008 – AGH 22/08; LSG NW Beschluss vom 15.02.2008 – L 10 SB 53/06; Beschluss des Senats v. 12.12.2007 – L 19 B 126/07; LSG NRW, Beschluss vom 26.10.2009 – L 19 B 302/09 AS ER -). Der Kläger hatte sich bis zum Eingang der E-Mail noch nie an das Gericht oder die Beklagte auf diesem Kommunikationsweg gewandt. Die E-Mail stammt laut Header nicht vom Kläger, sondern von einem Herrn N I. Dieser ist dem Gericht unbekannt, für ihn liegt keine Vertretungsvollmacht des Klägers vor. Zudem hat der Kläger bzw der Absender der E-Mail die Gründe für die begehrte Verlegung nicht glaubhaft gemacht, bspw durch ärztliches Attest, oder zumindest dargelegt, aus welchen konkreten Gründen er nicht reise- und/oder verhandlungsfähig ist (BSG, Urteil vom 28.4.99 – B 6 KA 40/98 R -; 12.2.03 – B 9 SB 5/02 R -; 25.3.03 – B 7 AL 76/02 R -; 21.7.05 – B 11a/11 AL 261/04 B -; 17.2.10 – B 1 KR 112/09 B -; 17.12.13 – B 11 AL 5/13 B -; zum erforderlichen Inhalt einer ärztlichen Bescheinigung vgl. BSG 13.10.10 – B 6 KA 2/10 B – SozR 4-1500 § 110 Nr. 1; zu den Anforderungen an Darlegung der Gründe, falls ärztliches Attest nicht rechtzeitig vorliegt oder nicht aussagekräftig: BFH 19.11.09 – IX B 160/09 -; 31.3.10 – VII B 233/09 -). Das Gericht hat den Kläger bzw den Absender der E-Mail auch rechtzeitig in deutscher Sprache und französischer Übersetzung über die Ablehnung des Verlegungsantrags informiert und ihm Möglichkeiten einer wirksamen und ggf erfolgreichen Antragstellung dargelegt. Ein anderer als der hierfür gewählte Weg per Rückmail stand mangels Erreichbarkeit des Klägers per Fax oder Telefon nicht zur Verfügung. Das rechtliche Gehör ist gewahrt.
Bei der "Réclamation" des Klägers handelt es sich erkennbar um ein Rechtsmittel gegen den Gerichtsbescheid vom 23.5.2013, mit dem er seinen Anspruch auf Altersrente aus Deutschland weiterverfolgt. Trotz der anderslautenden Formulierung handelt es sich in der Sache um eine Berufung, weil nur dieses allein statthafte Rechtsmittel die vom Kläger gewünschte materielle Prüfung ermöglicht.
Die Berufung ist zulässig, insbesondere ist sie fristgerecht und wirksam eingelegt worden. Der Gerichtsbescheid vom 23.5.20130 wurde dem Kläger ausweislich der Akten nicht vor dem 12.7.2013 zugestellt (genaues Datum auf Rückschein nicht vermerkt). Die Frist zur Einlegung der Berufung beträgt drei Monate seit der Zustellung, §§ 153 Abs 1 iVm § 87 Abs 1 S 2, 151 SGG (allgemeine Meinung, vgl BSG SozR Nr. 11 zu § 151 SGG). Die Berufung des Klägers ist innerhalb dieser Frist eingegangen.
Es kann offen bleiben, ob der Kläger bereits mit dem am 22.7.2013 eingegangenen, in französischer Sprache verfassten Schreiben vom 7.7.2013 wirksam Berufung eingelegt hat. Die Gerichtssprache ist die deutsche Sprache, § 61 SGG iVm § 184 Gerichtsverfassungsgesetz (GVG). Eine in einer anderen Sprache eingelegte Berufung wahrt (vorbehaltlich zwischenstaatlicher Sonderreglungen) die Rechtsmittelfrist grundsätzlich nicht. Diese Regelung ist zwingend und von Amts wegen zu beachten (BSG, SozR 1500 § 61 Nr 1; LSG Berlin, Urt. vom 22.3.2001, Aktenzeichen (Az) L 3 U 23/00). Der Senat kann hier dahinstehen lassen, ob die Einlegung der Berufung in französischer Sprache ausnahmsweise – nämlich nach Art 31 Abs 2 des Sozialversicherungsabkommens zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Königreich Marokko und der tatsächlichen Handhabung der jeweiligen Verbindungsstellen – zulässig ist, weil sie wie eine Amtssprache Marokkos im Rechtsverkehr mit dem (europäischen) Ausland anzusehen ist – wofür Vieles spricht und wohin der Senat auch tendiert – oder dem Kläger Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren wäre (vgl dazu auch: Urteile des Senats vom 15. November 2011, Az L 18 KN 30/10, vom 29.4.2013, Az L 18 KN 83/12, beide in juris und zuletzt vom 6.5.2014, Az L 18 KN 210/11). Das Gericht hat nämlich das Berufungsschreiben ins Deutsche übersetzen lassen; die deutsche Übersetzung lag dem Gericht am 15.8.2013 und damit innerhalb der dreimonatigen Berufungsfrist vor. Zwar ist das Gericht zur Übersetzung der in einer Fremdsprache abgefassten Berufungsschrift nicht verpflichtet (Keller in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Auflage 2012, § 61 Rdnr 7e mwN); die Berufung samt deutscher Übersetzung sind vom Gericht jedoch zu beachten, wenn sie vorliegen (vgl BSG, Urteil vom 22.10.1986, Az 9a RV 43/85).
Die Berufung, über die der Berichterstatter zusammen mit den ehrenamtlichen Richtern gemäß § 153 Abs 5 SGG entscheiden kann, ist unbegründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen.
Die Klage ist als kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs 4 SGG) gegen den Bescheid vom 12.9.2011 (in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 17.1.2012, vgl § 95 SGG) statthaft und auch im Übrigen zulässig, insbesondere schriftlich erhoben, § 90 SGG. Dazu genügt, dass aus dem Schriftstück der Inhalt der Erklärung sowie die Person, von der sie ausgeht, hinreichend sicher bestimmt werden können (Wolff-Dellen in Breitkreutz-Fichte. SGG. 2. Auflage 2014, § 90 Rdnr 5). Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt.
Die Klage ist unbegründet. Der Kläger wird durch den Bescheid vom 12.9.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17.1.20012 nicht beschwert, §§ 54 Abs 2 Satz 1 SGG. Er hat entgegen seiner Auffassung keinen Anspruch auf (Regel)Altersrente nach der hier noch maßgeblichen Vorschrift des § 35 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI).
Nach § 35 SGB VI aF erhält Regelaltersrente, wer das 65. Lebensjahr vollendet und die allgemeine Wartezeit erfüllt hat. Zwar hat der Kläger das 65. Lebensjahr (bereits 2004) vollendet, er hat indes nicht die allgemeine Wartezeit erfüllt. Die allgemeine Wartezeit beträgt für die Regelaltersrente fünf Jahre, § 50 Abs 1 SGB VI. Die vom Kläger in der Bundesrepublik Deutschland zurückgelegten Versicherungszeiten können insoweit nicht (mehr) auf die Wartezeit angerechnet werden. Deshalb liegen beim Kläger für die Erfüllung der Wartezeit keine anrechenbare Beitragszeiten mehr vor, §§ 51 Abs 1 und 4, 54 f SGB VI (vgl dazu BSG, Beschluss vom 07.04.2008, Az 5b KN 1/08 BH mwN).
Zwar trifft zu, dass der Kläger (mit kurzen Unterbrechungen) von Januar 1965 bis Dezember 1974 in Deutschland gearbeitet und Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung entrichtet hat. Dadurch sind zunächst – eine Rentenanwartschaft begründende – Beitragszeiten vorhanden gewesen. Daraus kann der Kläger jedoch heute keine Rechte mehr herleiten, weil ihm die gezahlten Beiträge 1976 nach der damals maßgeblichen Vorschrift des § 1303 Abs 7 Reichsversicherungsordnung (RVO) erstattet worden sind und die Anwartschaft damit erloschen ist. Durch die Beitragserstattung ist das zuvor bestehende Versicherungsverhältnis aufgelöst worden. Ansprüche aus den bis zur Erstattung zurückgelegten rentenrechtlichen Zeiten bestehen nicht mehr, § 210 Abs 6 S 2 und 3 SGB VI (im Zeitpunkt der Erstattung maßgeblich: § 1303 Abs 7 RVO, gleichlautend § 95 Abs 7 RKG in der vom 01.01.1984 bis 31.12.1991 geltenden Fassung, vgl. dazu BSG SozR 3 – 2200 § 1303 Nr 5). Die Gesetzesregelung ist so konzipiert, dass – und das galt auch schon früher – eine Erstattung nur insgesamt und nicht teilweise beansprucht werden kann, § 210 Abs 6 Satz 1 SGB VI. Kommt es zu einer (immer: vollständigen) Erstattung, wird das Versicherungsverhältnis, das bis zum Erstattungszeitpunkt bestand, gänzlich und unwiederbringlich aufgelöst (§ 210 Abs 6 Satz 2 SGB VI).
Nach dem Gesamtinhalt der Akten steht zur Überzeugung des Senats fest, dass dem Kläger 1977 sämtliche Beiträge (wie gesetzlich vorgesehen: zur Hälfte) rechtswirksam erstattet worden sind. Eine rechtswirksame Beitragserstattung setzt dabei voraus, dass nachweislich (1) ein Erstattungsantrag, (2) ein wirksamer Erstattungsbescheid und (3) eine rechtswirksame, befreiende Bewirkung der Leistung (= Erfüllung des Erstattungsanspruchs entsprechend § 362 des Bürgerlichen Gesetzbuches) vorliegen (vgl dazu und besonders zur Beweislast: BSGE 80, 41 ff = SozR 3 – 2200 § 1303 Nr. 6; vgl auch LSG NRW, Beschluss vom 21.09.2003, Az L 2 KN 19/03 und Urteil vom 16.08.2007, Az L 2 KN 259/06; stRspr des Senats, vgl Urteile vom 13.9.2011, Az L 18 (2) KN 223/07, vom 15.11.2011, Az L 18 KN 30/10, L 18 (2) KN 42/08 und L 18 (2) KN 239/09, vom 24.4.2012, Az L 18 KN 82/10, alle bei juris, und zuletzt Urteile vom 29.4.2014, Az L 18 KN 21/11, L 18 KN 120/12 und vom 6.5.2014, Az L 18 KN 210/11 ). Das ist hier der Fall. Denn für den Senat steht aufgrund der vom Kläger selbst vorgelegten Unterlagen und seiner eigenen Angaben mit an Sicherheit grenzender, vernünftige Zweifel ausschließender Wahrscheinlichkeit (Beweismaßstab des Vollbeweises) fest, dass alle drei Voraussetzungen erfüllt sind.
Aus den aktenkundigen Unterlagen ergibt sich zunächst, dass der Kläger die Erstattung der Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung sowie zur Betriebsrente der Deutschen Bundesbahn beantragt und die diesen Anträgen stattgebenden Bescheide erhalten hat. Er selbst hat Kopien der Erstattungsanträge vom 27. und 28.7.1976 (Datum der Verfassung) im Widerspruchsverfahren zu den Akten gereicht. Soweit diese Anträge nicht unter dem Namen "B B", sondern "B BI" an die Bundesbahn-Versicherungsanstalt gesandt worden sind, ergeben sich daraus keine Zweifel daran, dass sie vom Kläger selbst stammen. Anders ist nicht erklärbar und wird vom Kläger auch nicht erklärt, woher er diese Urkunden hat und wieso er sie in diesem Verfahren zu den Akten reicht. Zudem enthalten die Anträge die zutreffende Versicherungsnummer des Klägers bei der Bundesbahn-Versicherungsanstalt. Anhaltspunkte dafür, Dritte könnten sie unrechtmäßig in Erfahrung gebracht und genutzt haben, gibt es nicht. Weiter besteht vollständige Übereinstimmung bzgl. des Namens(teils) "B B". Aus der im Verwaltungsverfahren zu den Akten gereichten französischen Übersetzung der Heiratsurkunde des Klägers folgt darüber hinaus, dass er der Sohn des "I" und dieser der Sohn des "B" ist". Berücksichtigt man, dass es bei der Transkription arabischer Namen ins Deutsche oder Französische mangels einheitlicher und eindeutiger Transliterationsregeln oft zu mehr oder weniger unterschiedlichen Schreibweisen kommt, erklärt sich der Namensteil "I B" unproblematisch durch die im Arabischen typische Hinzufügung der Namen der Vorfahren zum eigentlichen eigenen Namen.
Der Kläger hat weiter den an ihn unter dem Namen "B B" unter der im Erstattungsantrag angegebenen Anschrift ("Rue T B 00/U EL ZAIO/O MAROKKO") adressierten Bescheid vom 30.11.1976 betreffend die Erstattung der von ihm getragenen Anteile zur (knappschaftlichen) Rentenversicherung (der Arbeiter) in Kopie zu den Akten gereicht. Damit ist bewiesen, dass er den Erstattungsbescheid tatsächlich erhalten hat. Die vom Kläger angeregte genaue Prüfung von Namen und Daten spricht somit nicht gegen, sondern für ein ordnungsgemäß durchgeführtes Erstattungsverfahren.
Wenn auch der Zugang des Erstattungsbetrags (auf dem Konto des Klägers) nicht durch Urkunden belegt ist, ist auch diese Voraussetzung mit an Sicherheit grenzender, vernünftige Zweifel ausschließender Wahrscheinlichkeit erfüllt. Diese Überzeugung leitet der Senat aus einem Beweis des ersten Anscheins her (sog. Prima-Facie-Beweis). Diese Beweisregel gilt auch im sozialgerichtlichen Verfahren (BSGE 8, 245, 247; 12, 242, 246; 19, 52, 54; Leitherer in: Meyer-Ladewig u.a. SGG. Kommentar. 10. Auflage 2010. § 128 Rdnr 9 mwN; Pawlak in: Hennig. SGG. Stand August 2007. § 128 Rdnr 96; Zeihe. Das SGG und seine Anwendung. Stand November 2010. 3.G. vor § 103; st. Rspr des Senats, vgl Urteile vom 13.9.2011, Az L 18 (2) KN 223/07, vom 15.11.2011, Az L 18 KN 30/10, L 18 (2) KN 42/08 und L 18 (2) KN 239/09, vom 24.4.2012, Az L 18 KN 82/10, alle bei juris, und zuletzt Urteile vom 29.4.2014, Az L 18 KN 21/11, L 18 KN 120/12 und vom 6.5.2014, Az L 18 KN 210/11). Sie besagt, dass bei typischen Geschehensabläufen auf eine Tatsache geschlossen werden kann, die nach der allgemeinen Lebenserfahrung regelmäßig Folge eines solchen Geschehensablaufs ist (BSG in: Breithaupt 1999, 357, 362; Leitherer aaO Rdnr 9a). Dabei wird der (Voll-)Beweis einer Tatsache vermutet, so lange nicht Tatsachen erwiesen sind, die den vermuteten typischen Geschehensablauf in Zweifel ziehen (vgl Leitherer. aaO. Rndnr 9e mwN; Pawlak. aaO. Rdnrn 94, 99). Ein durch zugegangenen bewilligenden Bescheid abgeschlossenes Verwaltungsverfahren zur (vollständigen) Beitragserstattung lässt typischerweise den Schluss zu, dass die geschuldete Leistung bewirkt worden ist (stRspr des Senats, vgl Urteile vom 13.9.2011, Az L 18 (2) KN 223/07, vom 15.11.2011, Az L 18 KN 30/10, L 18 (2) KN 42/08 und L 18 (2) KN 239/09, vom 24.4.2012, Az L 18 KN 82/10, alle bei juris, und zuletzt Urteile vom 29.4.2014, Az L 18 KN 21/11, L 18 KN 120/12 und vom 6.5.2014, Az L 18 KN 210/11; LSG NRW, Urteil vom 22.11.2007, Az L 2 KN 140/06; LSG NRW, Urteil vom 03.06.2005, Az L 4 RJ 12/03; LSG Hamburg, Urteil vom 27.04.2006, Az L 6 RJ 89/04 mwN). Dies muss jedenfalls gelten, wenn die Leistungsbewirkung nicht substantiiert bestritten worden ist und sich auch sonst keine Anhaltspunkte dafür ergeben, dass die Leistungserbringung nicht zeitnah erfolgt ist (wie etwa zeitnahe Nachfragen des Versicherten, wo das Geld bleibe, vgl LSG NRW, Urteile vom 17.02.1997, Az L 4 J 16/95, und vom 03.06.2005 aE, Az L 4 RJ 12/03; Bay. LSG, Urteile vom 14.05.2002, Az L 19 RJ 3/02, und 08.12.2004, Az L 19 RJ 203/03).
Hier ist der typische Geschehensablauf erwiesen. Ist nämlich ein Beitragserstattungsverfahren – wie hier – aktenkundig dokumentiert, und besteht kein besonderer, konkreter Anlass zu zweifeln, dass der verfolgte Zweck auch erfüllt worden ist, darf regelmäßig auf ein ordnungsgemäß durch Bewirken der Leistung abgeschlossenes Verfahren geschlossen werden. Es entspricht nämlich der allgemeinen Lebenserfahrung, dass derjenige, der die Erstattung von zur Rentenversicherung entrichteten Beiträgen erwartet, nachfragt, wenn die bewilligte Zahlung nicht erfolgt.
Der Kläger selbst hat darüber hinaus im Berufungsverfahren – zunächst – vorgetragen: Am "28.1.1976" sei ihm seine Rente an die Banque Popoulaire in O überweisen worden. Die Bank habe ihn jedoch damals darüber nicht informiert; das sei erst jetzt geschehen. Er habe sich daraufhin an das königliche Schiedsgericht in Rabat gewandt, jedoch ohne Erfolg. Den erstatten Betrag habe er bis heute nicht erhalten.
Der Kläger hat damit den Eingang des Geldes auf dem von ihm im Erstattungsantrag angegebene Konto bestätigt. Das gilt unabhängig vom Umstand, dass der Eingang des Erstattungsbetrags bereits im Januar 1976 aufgrund des erst ab Juni 1976 durchgeführten Erstattungsverfahrens unwahrscheinlich erscheint. Soweit der Kläger im weiteren Verlauf des Berufungsverfahrens – auf diesen Umstand vom Gericht hingewiesen – den Eingang des Geldes (wieder) bestreitet, ist dies nicht glaubhaft und kann den für die Erstattung sprechenden Prima-Facie-Beweis nicht erschüttern. Dies gilt auch für die Behauptung, während des Erstattungsverfahrens Soldat im Westsahara-Konflikt gewesen zu sein. Selbst wenn dies zuträfe, schlösse das nicht aus, dass der Kläger dennoch das Erstattungsverfahren betrieben hat.
Sonstige Tatbestände, die abgesehen von den Zeiten, für die die Beiträge erstattet worden sind, die Erfüllung der allgemeinen Wartezeit begründen könnten, sind nicht ersichtlich, insbesondere nicht solche der vorzeitigen Wartezeiterfüllung im Sinne von § 53 SGB VI.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 183 Satz 1, 193 Abs 1 S 1 SGG.
Anlass, die Revision zuzulassen, besteht nicht, da die Voraussetzungen des § 160 Abs 1 oder 2 SGG nicht vorliegen. Maßgeblich für die Entscheidung sind nämlich die konkreten Umstände des Einzelfalls.
Erstellt am: 05.03.2015
Zuletzt verändert am: 05.03.2015