Die Beschwerde der Antragsteller gegen den Beschluss des Sozialgerichts Duisburg vom 28.11.2014 wird zurückgewiesen. Kosten sind auch für das Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten. Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren wird abgelehnt.
Gründe:
Die zulässige Beschwerde ist unbegründet.
Streitig ist zwischen den Beteiligten seit dem 07.04.2015 lediglich noch die vorläufige Gewährung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch – Grundsicherung für Arbeitsuchende – (SGB II) für die Zeit vom 31.10.2014 (Tag des Eingangs des Eilantrags beim Sozialgericht Duisburg) bis zum 01.02.2015. Denn am 07.04.2015 hat der Antragsgegner im Beschwerdeverfahren den Bewilligungsbescheid vom 18.03.2015 vorgelegt, mit dem den Antragstellern für die Zeit vom 02.02.2015 bis zum 31.03.2015 Leistungen nach dem SGB II in Gestalt von Arbeitslosengeld II im Sinne des § 19 Abs. 1 Satz 1 SGB II bzw. Sozialgeld im Sinne des § 19 Abs. 1 Satz 2 SGB II bewilligt worden sind. Mit Schriftsatz vom 07.04.2015 haben die Antragsteller sodann zunächst das "Teilanerkenntnis vom 07.04.2015" angenommen. Des Weiteren haben sie dem Senat gegenüber mitgeteilt, ab dem 01.04.2015 sei ihr "Rechtsschutzbedürfnis entfallen", da ein Weiterbewilligungsantrag gestellt werden könne. Sie begehrten nunmehr lediglich noch eine vorläufige Gewährung von Leistungen nach dem SGB II für die Zeit vom 31.10.2014 bis zum 01.02.2015.
Das Sozialgericht hat jedoch – zumindest für die Zeit vom 31.10.2014 bis zum 01.02.2015 – zu Recht mit dem angefochtenen Beschluss die vorläufige Gewährung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach SGB II abgelehnt.
Gemäß § 86 b Abs. 2 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) sind einstweilige Anordnungen zur Regelung eines vorläufigen Zustandes im Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes setzt mithin neben einem Anordnungsanspruch – im Sinne eines materiellrechtlichen Anspruches auf die beantragte Leistung – einen Anordnungsgrund – im Sinne einer besonderen Eilbedürftigkeit der vom Gericht zu treffenden Regelung – voraus. Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund sind glaubhaft zu machen (§ 86 b Abs. 2 Satz 4 SGG in Verbindung mit § 920 Abs. 2 Zivilprozessordnung [ZPO]).
Diese Voraussetzungen sind hier für die Zeit vom 31.10.2014 bis zum 01.02.2015 nicht gegeben. Bereits das Vorliegen eines Anordnungsanspruchs im o.g. Sinne im Hinblick auf § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB II haben die Antragsteller für diesen Zeitraum nicht glaubhaft gemacht. Dabei kann dahin stehen, ob sie hilfebedürftig gemäß § 9 Abs. 1 SGB II waren, weil ein möglicher Anspruch auf Arbeitslosengeld II nach § 19 Abs. 1 Satz 1 SGB II auch bei bestehender Hilfebedürftigkeit gemäß § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II ausgeschlossen war. Ausgenommen von Leistungen nach dem SGB II sind nach dieser Vorschrift Ausländer, deren Aufenthaltsrecht sich allein aus dem Zweck der Arbeitsuche ergibt. Diese Regelung findet auf die Antragsteller Anwendung. Ein anderes Aufenthaltsrecht als das zum Zweck der Arbeitsuche ist weder ersichtlich noch von den Antragstellern vorgetragen.
Die Antragsteller sind rumänische Staatsangehörige. Der Antragsteller zu 1), geboren am 00.00.1991, und die Antragstellerin zu 2), geboren am 00.00.1995, sind die in einer Bedarfsgemeinschaft gemäß § 7 Abs. 3 Nr. 3 c) SGB II lebenden Eltern des Antragstellers zu 3), geboren am 00.00.2011, und des Antragstellers zu 4), geboren am 00.00.2014. Die Antragsteller reisten nach eigenen Angaben (erstmalig) am 01.03.2014 in die Bundesrepublik Deutschland (BRD) ein. Weder der Antragsteller zu 1) noch die Antragstellerin zu 2) haben zwischen dem 01.03.2014 und dem 02.02.2015 eine Erwerbstätigkeit in der BRD ausgeübt.
Die Antragsteller zu 1) und 2) waren damit in der Zeit vom 31.10.2014 bis zum 01.02.2015 weder als Arbeitnehmer nach § 2 Abs. 2 Nr. 1 Var. 1 Gesetz über die allgemeine Freizügigkeit von Unionsbürgern (Freizügigkeitsgesetz/EU – FreizügG/EU) in der bis zum 08.12.2014 geltenden Fassung bzw. nach § 2 Abs. 2 Nr. 1 Alt. 1 FreizügG/EU in der ab dem 09.12.2014 geltenden Fassung noch als Selbständige nach § 2 Abs. 2 Nr. 2 FreizügG/EU freizügigkeitsberechtigt gewesen. Sie sind in diesem Zeitraum auch nicht als Nicht-Erwerbstätige nach § 2 Abs. 2 Nr. 5 FreizügG/EU in Verbindung mit § 4 Satz 1 FreizügG/EU freizügigkeitsberechtigt gewesen, weil es ihnen – unabhängig vom Vorliegen eines ausreichenden Krankenversicherungsschutzes – bereits an ausreichenden Existenzmitteln im Sinne der Norm fehlte.
Das Aufenthaltsrecht der Antragsteller zu 1) und 2), von welchem sich gemäß §§ 3, 4 FreizügG/EU auch das Aufenthaltsrecht der Antragsteller zu 3) und zu 4) ableitet, konnte sich daher allenfalls aus einer Arbeitsuche im Sinne des § 2 Abs. 2 Nr. 1 Var. 2 FreizügG/EU in der bis zum 08.12.2014 geltenden Fassung bzw. nach § 2 Abs. 2 Nr. 1 a) FreizügG/EU in der ab dem 09.12.2014 geltenden Fassung ergeben. Gemäß § 2 Abs. 2 Nr. 1 Var. 2 FreizügG/EU in der bis zum 08.12.2014 geltenden Fassung waren Unionsbürger unionsrechtlich freizügigkeitsberechtigt, die sich zur Arbeitsuche aufhalten wollen. Gemäß § 2 Abs. 2 Nr. 1 a) FreizügG/EU in der ab dem 09.12.2014 geltenden Fassung sind unionsrechtlich freizügigkeitsberechtigt Unionsbürger, die sich zur Arbeitsuche aufhalten, für bis zu sechs Monate und darüber hinaus nur, solange sie nachweisen können, dass sie weiterhin Arbeit suchen und begründete Aussicht haben, eingestellt zu werden.
Eine aktive Arbeitssuche im Sinne der o.g. Vorschriften in der Zeit ab März 2014 bis Februar 2015 haben die Antragsteller zu 1) und 2) jedoch nicht glaubhaft gemacht. Sie haben dazu zunächst lediglich vorgetragen, dass sie bei der Bundesagentur für Arbeit als arbeitsuchend gemeldet seien. Konkrete Bewerbungsbemühungen für den genannten Zeitraum haben sie trotz gerichtlicher Aufforderung nicht dokumentiert. Die mit Schriftsatz vom 16.12.2014 vorgelegte Liste mit den "Bewerbungsbemühungen" des Antragstellers zu 1) kann eine aktive Beschäftigungssuche ebenfalls nicht belegen. Zunächst finden sich in dem vorgelegten Email-Verkehr nicht einmal die Namen der Antragsteller. Des Weiteren handelt es sich lediglich um allgemein gehaltene Aussagen zu den Einstellungsvoraussetzungen bei Zeitarbeitsfirmen. Der Senat sieht es daher als nicht glaubhaft an, dass von den Antragstellern bzw. konkret vom Antragsteller zu 1) eine ernsthafte und aktive Arbeitsuche seit ihrer Einreise ins Bundesgebiet betrieben wurde. Eine solche begann Anfang Februar 2015 bzw. – frühestens – Ende Januar 2015. Aus diesem Grund hat der Antragsgegner auch Leistungen nach dem SGB II erst für die Zeit ab Anfang Februar 2015 gewährt.
Der Leistungsausschluss des § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II ist ferner auf EU-Bürger anwendbar, die sich ohne materielles Aufenthaltsrecht in Deutschland aufhalten. Der Senat verbleibt insoweit bei seiner Auffassung, die er in den Beschlüssen vom 03.12.2014 zum Az. L 2 AS 1623/14 B ER (bei juris Rn. 5 ff.), vom 04.02.2015 zum Az. L 2 AS 2224/14 B ER (bei juris Rn. 13) sowie vom 25.02.2015 zum Az. L 2 AS 113/15 B ER (bei juris Rn. 5 ff.) dargelegt hat. Mithin ist der Leistungsausschluss des § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II auf die Antragsteller anzuwenden, weil er auch Ausländer bzw. EU-Bürger erfasst, die – wie der Antragsteller – wirtschaftlich inaktiv sind, ohne über ausreichenden Krankenversicherungsschutz und ausreichende Existenzmittel (im Sinne des § 4 Satz 1 FreizügG/EU) zu verfügen.
Des Weiteren ist nach der Entscheidung des Gerichtshofes der Europäischen Union (EuGH) in Sachen Dano (Urteil vom 11.11.2014 – Az.: C-333/13, zitiert nach curia.europa.eu) der Leistungsausschluss nach § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II jedenfalls in Bezug auf Ausländer, bei denen – wie bei den Antragstellern zu 1) und 2) in der Zeit vom 31.10.14 bis zum 01.02.2015 – eine Arbeitsuche nicht festgestellt werden kann, nicht europarechtswidrig. Auch insoweit verbleibt der Senat bei seiner Auffassung, die er in den Beschlüssen vom 03.12.2014 zum Az. L 2 AS 1623/14 B ER (bei juris Rn. 9 ff.), vom 04.02.2015 zum Az. L 2 AS 2224/14 B ER (bei juris Rn. 14) sowie vom 25.02.2015 zum Az. L 2 AS 113/15 B ER (bei juris Rn. 9 ff.) dargelegt hat.
Da die Antragsteller ferner in der Zeit vom 31.10.14 bis zum 01.02.2015 eine Beschäftigungssuche mit dadurch begründeter Verbindung zum Arbeitsmarkt nicht glaubhaft gemacht haben, kommt es auf die vom Bundessozialgericht (BSG) im Vorlagebeschluss vom 12.12.2013 in der Fassung des Beschlusses vom 11.02.2015 (Az.: B 4 AS 9/13 R) aufgeworfene Frage, ob der Leistungsausschluss auch für solche Arbeitsuchende europarechtskonform ist, die eine Verbindung zum Arbeitsmarkt des Aufnahmestaates haben, weil sie – wie im Fall der den Vorlageschluss betreffenden Klägerinnen – bereits kurzfristige Beschäftigungen in Deutschland ausgeübt haben, im vorliegenden Rechtsstreit nicht an. Aus diesem Grund besteht auch kein Anspruch auf eine vorläufige Gewährung von Leistungen nach § 40 Abs. 2 Nr. 1 SGB II in Verbindung mit § 328 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 oder 2 Sozialgesetzbuch Drittes Buch – Arbeitsförderung – (SGB III). Ein den hier vorliegenden Sachverhalt betreffendes Verfahren ist beim EuGH (derzeit) nicht anhängig.
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung von §§ 183, 193 SGG. Dem Antragsgegner waren auch im Hinblick auf den Zeitraum Februar 2015 bis Ende März 2015 keine Kosten aufzuerlegen. Tritt – wie vorliegend – eine Änderung der Sach- oder Rechtslage zugunsten eines Antragstellers ein, ist im Rahmen des § 193 Abs. 1 Satz 1 SGG das Veranlassungsprinzip heranzuziehen. Wenn ein Verwaltungsträger der Veränderung unverzüglich Rechnung trägt, z.B. anerkennt, ist eine Kostenerstattung in der Regel unter Berücksichtigung des Rechtsgedankens des § 93 ZPO nicht angezeigt (siehe nur Leitherer, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, Kommentar zum SGG, 11. Auflage 2014, § 193, Rn. 12 c). Vorliegend hat der Antragsgegner unverzüglich nach Bekanntwerden der Arbeitsaufnahme des Antragstellers zu 1) die (vorläufige) Gewährung von Leistungen nach dem SGB II in Gestalt von Arbeitslosengeld II im Sinne des § 19 Abs. 1 Satz 1 SGB II bzw. Sozialgeld im Sinne des § 19 Abs. 1 Satz 2 SGB II ausgesprochen und damit der Änderung der Sach- und Rechtslage Rechnung getragen. Nur ergänzend sei erwähnt, dass die Antragsteller erst mit Schriftsatz vom 01.04.2015 mitgeteilt haben, dass der Antragsteller zu 1) seit dem 02.02.2015 eine (geringfügige) Beschäftigung ausübt.
Die Bewilligung von Prozesskostenhilfe (§ 73 a Abs. 1 Satz 1 SGG in Verbindung mit §§ 114 ff. ZPO) konnte im Hinblick auf den Zeitraum vom 31.10.2014 bis zum 01.02.2015 wegen fehlender hinreichender Erfolgsaussichten der Beschwerde nicht erfolgen. Aber auch für die Zeit vom 02.02.2015 bis zum 31.03.2015 kommt eine solche nicht in Betracht. Ab der Arbeitsaufnahme des Antragstellers zu 1) am 02.02.2014 bedurfte es nicht mehr eines sozialgerichtlichen Einschreitens im Wege einer einstweiligen Anordnung im Sinne des § 86 b Abs. 2 SGG. Die Gewährung von Leistungen nach dem SGB II in Gestalt von Arbeitslosengeld II im Sinne des § 19 Abs. 1 Satz 1 SGB II bzw. Sozialgeld im Sinne des § 19 Abs. 1 Satz 2 SGB II hätte auf einfacherem Wege, nämlich durch schlichte Anzeige der Arbeitsaufnahme beim Antragsgegner erzielt werden können. Dem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung fehlte insoweit das Rechtsschutzbedürfnis.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar, § 177 SGG.
Erstellt am: 22.04.2015
Zuletzt verändert am: 22.04.2015