Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Sozialgerichts Münster vom 07.02.2011 abgeändert. Der Beschluss des Beklagten vom 25.11.2009 (Bescheid vom 10.02.2010) wird aufgehoben. Der Beklagte wird verurteilt, über die Beschwerde gegen den Beschluss der Prüfungsstelle betreffend Quartal I/2005 – IV/2005 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats neu zu entscheiden. Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist, ob eine Wirtschaftlichkeitsprüfung für Röntgenaufnahmen der Hand – Ziffer Ä 928 des Bewertungsmaßstabes zahnärztlicher Leistungen (BEMA) – aufgrund der Genehmigung kieferorthopädischer Behandlungspläne durch die Krankenkasse ausgeschlossen ist.
Der Beigeladene zu 7) ist als Fachzahnarzt für Kieferorthopädie mit dem Praxissitz in P zur vertragszahnärztlichen Versorgung zugelassen. In den Quartalen I/2005 bis IV/2005 überschritten seine Abrechnungswerte bei der Ziffer Ä 928 BEMA die maßgeblichen Durchschnittswerte um 650,0 % bis 914,3 %. Er führte zwischen 4,8 und 7,1 Handaufnahmen pro 100 Behandlungsfällen durch, während der Durchschnittswert im Bereich der Beigeladenen zu 1) in diesem Zeitraum zwischen 0,6 und 0,8 Handaufnahmen pro 100 Behandlungsfällen lag.
Die Klägerin beantragte am 28.11.2007 "für die gesetzlichen Krankenkassen in Westfalen-Lippe" die Überprüfung der Wirtschaftlichkeit der Abrechnung des Beigeladenen zu 7) hinsichtlich der nach der Ziffer Ä 928 BEMA abgerechneten Leistungen. In seiner Stellungnahme wies der Beigeladene zu 7) u. a. darauf hin, dass die beanstandeten Leistungen von den Krankenkassen genehmigt worden seien und daher nicht geprüft werden dürften.
Mit Beschluss vom 16.07.2008 entschied die PrüfungssteIle bei der Beigeladenen zu 1), dass das Verfahren ohne Maßnahme beendet werde. Die beanstandeten Leistungen unterlägen wegen der Genehmigung des Behandlungsplans nicht mehr der Prüfung auf Notwendigkeit und Wirtschaftlichkeit.
Gegen die Entscheidung der Prüfungsstelle legte die Klägerin Beschwerde ein und verwies zur Zulässigkeit der nachträglichen Wirtschaftlichkeitsprüfung auf das Urteil des Bundessozialgerichts (BSG) vom 08.09.1993 – 14a Rka 9/92 -, nach dem es sich bei der im Rahmen der Aufstellung des Behandlungsplans vorgenommenen Schätzung angesichts der u.U. jahrelangen Dauer kieferorthopädischer Behandlungen nur um Annäherungswerte handeln könne, die nicht mehr als eine Plausibilitätsprüfung zulasse, und der Umfang der kieferorthopädischen Behandlung unter Beachtung des Grundsatzes der Notwendigkeit und Wirtschaftlichkeit nicht auf den im genehmigten Behandlungsplan genannten Betrag begrenzt sei. Zudem könne nach dem Urteil des Landessozialgerichts (LSG) Nordrhein-Westfalen vom 17.02.1993 – L 11 Ka 98/91 – die Beachtung des gesetzlichen Wirtschaftlichkeitsgebots bei Ausführung der Behandlung keinesfalls vertraglich ausgeschlossen werden. Es sei ihr im Übrigen nicht bekannt, wann die beanstandeten Leistungen erbracht worden seien. Sollte dies jeweils vor der Aufstellung des Behandlungsplans der Fall gewesen sein, stelle sich die Frage, ob diese überhaupt Bestandteil der Kostenzusage gewesen seien.
Der Beklagte wies die Beschwerde mit Beschluss vom 25.11.2009 (Bescheid vom 10.02.2010) zurück. Gemäß § 2 Abs. 3 der Vereinbarung zum Gutachterverfahren bei kieferorthopädischen Maßnahmen (Anlage 6 zum Bundesmantelvertrag-Zahnärtze (BMV-Z)) bzw. § 9 Abs. 4 des Ersatzkassenvertrags-Zahnärzte (EKV-Z) unterlägen genehmigte Behandlungen grundsätzlich nicht mehr der Wirtschaftlichkeitsprüfung. Die nach der Rechtsprechung erforderlichen zwingenden Bedingungen für die Wirtschaftlichkeitsprüfung genehmigter Leistungen seien im vorliegenden Verfahren nicht erfüllt. Es lägen keine Abweichungen vom ursprünglich genehmigten Rahmen vor.
Mit ihrer am 11.03.2010 erhobenen Klage hat die Klägerin ihr Begehren weiter verfolgt. Die beanstandeten Leistungen seien nicht der Wirtschaftlichkeitsprüfung entzogen. Diese sei dann möglich, wenn im Prüfantrag konkrete Unwirtschaftlichkeitsmerkmale benannt würden. Die erheblichen Mehraufwendungen für die Ziffer Ä 928 BEMA seien bei der Genehmigung nicht erkennbar gewesen. Die hohen Überschreitungswerte seien Indiz für eine Unwirtschaftlichkeit. Unabhängig davon sei weiter ungeklärt und streitig, ob die Handaufnahmen vor oder nach der Genehmigung durch die Krankenkasse erbracht worden seien.
Die Klägerin hat beantragt,
den Beschluss des Beklagten vom 25.11.2009 (Bescheid vom 10.02.2010) aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, über die Beschwerden gegen die Beschlüsse der Prüfungsstelle vom 16.07.2008 und 06.08.2008 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu entscheiden.
Der Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er ist bei seiner Auffassung geblieben, dass die Kostenzusage die Überprüfung der Leistungen im Rahmen einer Wirtschaftlichkeitsprüfung ausschließe. Eine Prüfung könne nur im Rahmen einer strengen Einzelfallprüfung erfolgen, die die Klägerin nicht begehre.
Das Sozialgericht (SG) Münster hat die Akte S 12 Ka 6/85 beigezogen und die Klage mit Urteil vom 07.02.2011 abgewiesen. Der Beklagte sei zu Recht davon ausgegangen, dass die beanstandeten Leistungen aufgrund der Genehmigung der kieferorthopädischen Behandlungspläne der Wirtschaftlichkeitsprüfung entzogen seien. Nach § 2 Abs. 3 der Anlage 6 BMV-Z unterlägen Behandlungen, für die die Krankenkasse aufgrund eines Behandlungsplans die Kosten übernommen oder einen Zuschuss gewährt habe, nicht mehr der Prüfung auf Notwendigkeit und Wirtschaftlichkeit, es sei denn, die abgerechneten Leistungen gingen über den Umfang der genehmigten Leistungen hinaus. Eine entsprechende Regelung enthalte § 14 Abs. 6 EKV-Z. Diese vertraglichen Regelungen schlössen die nachträgliche Wirtschaftlichkeitsprüfung hinsichtlich der geplanten Behandlungsmaßnahme aus. Nur soweit eine tatsächlich ausgeführte Maßnahme vom Behandlungsplan abweiche, unterliege sie der Wirtschaftlichkeitsprüfung. Es bestünden keine Anhaltspunkte dafür, dass der Beigeladene zu 7) bei der Erbringung der Leistungen nach der Ziffer Ä 928 BEMA von den genehmigten kieferorthopädischen Behandlungsplänen abgewichen sei. Vielmehr habe er bestätigt, die streitigen Leistungen entsprechend den erteilten Genehmigungen erbracht zu haben. Dies entspreche auch den Angaben in der Stellungnahme des Beigeladenen zu 4) gegenüber dem Beklagten. Da die genehmigten Leistungen nach der Ziffer Ä 928 BEMA der Wirtschaftlichkeitsprüfung entzogen seien und keine Anhaltspunkte dafür bestünden, dass der Beigeladene zu 7) unter Abweichung von den genehmigten Leistungen weitere Leistungen nach der Ziffer Ä 928 BEMA erbracht und abgerechnet habe, sei eine Wirtschaftlichkeitsprüfung nicht zulässig.
Gegen das ihr am 10.02.2011 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 08.03.2011 Berufung eingelegt. Sie hat vorgetragen, dass sich die Sperrwirkung des § 2 Abs. 3 der Anlage 6 zum BMV-Z lediglich auf Behandlungen bezöge, für die die Krankenkasse aufgrund eines Behandlungsplanes die Kosten übernommen oder einen Zuschuss gewährt habe. Eine Kostenübernahme liege bezüglich der im Vorfeld einer Planerstellung eigenverantwortlich erbrachten diagnostischen Maßnahmen jedoch nicht vor. Damit seien diese Leistungen, wie alle anderen von Zahnärzten im Rahmen des Sachleistungsprinzips erbrachten Grundleistungen, auf Wirtschaftlichkeit zu prüfen. Bereits im Verwaltungsverfahren hätten die Krankenkassen zur Feststellung des konkreten Zeitpunktes der Leistungserbringung auf die Notwendigkeit einer repräsentativen Einzelfallprüfung hingewiesen. Der Beklagte habe keine Veranlassung gesehen, in die konkrete Prüfung von Einzelfällen einzutreten, und habe unter Berücksichtigung der Stellungnahme des Beigeladenen zu 7) unterstellt, dass die Leistungen genehmigt seien und keine Abweichungen vom ursprünglich genehmigten Rahmen vorlägen. Soweit die Handaufnahmen jedoch, wie im Erörterungstermin vom 30.01.2013 vorgetragen, regelmäßig vor der Planerstellung angefertigt worden seien, läge der Verwaltungsentscheidung ein nicht richtig ermittelter Sachverhalt zugrunde mit der Folge, dass sie aufzuheben sei. Darüber hinaus sei sie der Auffassung, dass auch die im Rahmen einer genehmigten kieferorthopädischen Behandlung erbrachten Leistungen nachträglich auf ihre Wirtschaftlichkeit hin überprüfbar seien.
Die Klägerin beantragt,
den Beschluss des Beklagten vom 25.11.2009 (Bescheid vom 10.02.2010) unter Abänderung des Urteils des Sozialgerichts Münster vom 07.02.2011 aufzuheben und den Beklagten zu verurteilten, über die Beschwerde gegen den Beschluss der Prüfungsstelle betreffend Quartale I/2005 bis IV/2005 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu entscheiden.
Der Beklagte beantragt schriftsätzlich,
die Berufung zurückzuweisen.
Er hält an seiner Entscheidung fest. Die Sperrwirkung des § 2 Abs. 3 der Anlage 6 zum BMV-Z schließe eine weitere Wirtschaftlichkeitsprüfung aus. Auch habe der Beigeladene zu 7) die Leistungen nach Ä 928 BEMA trotz der Regelung des § 2 Abs. 2 der Anlage 6 vor Rücksendung des Behandlungsplans erbringen dürfen. Dieser Einwand stelle ein venire contra factum proprium dar. Die Leistungen seien im Behandlungsplan enthalten gewesen und die Klägerin habe sie genehmigt. Hiervon könne sich die Klägerin nicht mehr lösen, sie könne im Verhältnis zum Versicherten entgegen §§ 45, 47 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) ihre Entscheidung auch nicht verändern. Zudem sei das Erstellen und Auswerten einer Handröntgenaufnahme keine Behandlung im Sinne des § 2 Abs. 2 der Anlage 6. Sie sei als diagnostische Maßnahme zur Planung der durchzuführenden Therapie erfolgt und daher keine therapeutische Maßnahme. Die Richtigkeit dieser Erwägung folge aus § 1 Abs. 1 Satz 1 der Anlage 6. Danach habe der Zahnarzt vor Beginn der Behandlung den Behandlungsplan anhand der erforderlichen diagnostischen Unterlagen zu erstellen. Wenn er aber nach seiner medizinischen Einschätzung gehalten sei, eine Handröntgenaufnahme anzufertigen, dann dürfe er sie anfertigen ohne gegen § 2 Abs. 2 der Anlage 6 zu verstoßen. Ohnehin sei diese Regelung nur eine Soll-Vorschrift. Die Klägerin könne sich auch nicht auf die Senatsurteile vom 09.05.1990 – L 11 Ka 98/86 – und 17.02.1993 – L 11 Ka 98/91 – berufen. Beide Entscheidungen beruhten auf dem Grundsatz, dass jede erbrachte Leistung im Hinblick auf ihre Wirtschaftlichkeit überprüfbar sein müsse. Entsprechende Fallkonstellationen seien eine Überprüfung hinsichtlich der Frage, ob eine Leistung entsprechend der Genehmigung durchgeführt worden sei oder die Fallkonstellation, dass die Bewilligungsentscheidung keinen abschließend vorgegebenen Sachverhalt erfasse. Im vorliegenden Fall sei jedoch kein prüfungsfreier Raum ersichtlich. Dabei sei es unerheblich, ob ein routinemäßiger Leistungsansatz vorgelegen habe. Ein solcher hätte im Verfahren nach der Anlage 6 überprüft werden müssen. Zudem treffe es nicht zu, dass der Sachverhalt nicht hinreichend aufgeklärt worden sei. Denn der Beklagte habe im Rahmen der von ihm durchzuführenden Einzelfallprüfung keinen Anlass, in die konkrete Prüfung von Einzelfällen einzutreten. Bei der Überprüfung wäre, insoweit sei er dem glaubhaften und unbestritten gebliebenen Vorbringen des Beigeladenen zu 7) gefolgt, dass die kassenseitig beanstandeten Aufnahmen sämtlich im Behandlungsplan genehmigt gewesen seien, zu Tage getreten, dass von der Genehmigung nicht abgewichen worden sei. Eine unstreitig durchgeführte Behandlung entsprechend der Genehmigung gebe den Gremien der Wirtschaftlichkeitsprüfung keinen Anlass, in eine Prüfung einzutreten. Die Verpflichtung des Beklagten zur Prüfung von Amts wegen unterscheide sich insoweit von der Untersuchungsmaxime, als sie konkrete Anhaltspunkte für unwirtschaftliches Vorgehen erfordere. Solche Anhaltspunkte seien im Verwaltungs- und später im Gerichtsverfahren nicht vorgetragen worden.
Der Senat hat das Verfahren getrennt. Hinsichtlich der Quartale I-IV/2004 wird das Verfahren unter dem Az.: L 11 KA 21/11 weitergeführt, hinsichtlich der Quartale I-IV/2005 unter dem Az. L 11 KA 18/11 und hinsichtlich der Quartale I-IV/2006 unter dem Az. L 11 KA 19/13.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten sowie der Verwaltungsvorgänge des Beklagten Bezug genommen. Diese waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige, insbesondere gemäß §§ 143, 144, 151 SGG frist- und formgerecht eingelegte Berufung ist begründet. Der Beschluss des Beklagten vom 25.11.2009 (Bescheid vom 10.02.2010) ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten. Der Beklagte hat die Beschwerden der Klägerin gegen die Beschlüsse der Prüfungsstelle zu Unrecht zurückgewiesen.
1. Als Prüfarten benennt § 106 Abs. 2 Satz 1 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) in der hier maßgeblichen Fassung des Gesetzes zur Modernisierung der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-Modernisierungsgesetz – GMG) vom 14.11.2003 (BGBl I 2190) die Auffälligkeitsprüfung (Nr. 1) und die Zufälligkeitsprüfung (Nr. 2). Ungeachtet dessen können die Landesverbände der Krankenkassen und Ersatzkassen gemeinsam und einheitlich mit den Kassen(zahn)ärztlichen Vereinigungen fakultativ zusätzlich zur Prüfung ärztlicher und ärztlich verordneter Leistungen weitere Prüfmethoden vereinbaren (§ 106 Abs. 2 Satz 4 SGB V), wie – bis zum 31.12.2003 noch verbindlich (§ 106 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 SGB V a.F.) – nach Durchschnittswerten oder nach anderen arztbezogenen Prüfungsarten (Einzelfallprüfung, Mischformen). Hieran haben die m.W.v. 01.01.2004 neu eingeführten Regelprüfmethoden nichts geändert (BSG, Urteil vom 09.04.2008 – B 6 KA 34/07 R -; Hencke, in: Peters, Handbuch der Krankenversicherung – SGB V, Stand 01.04.2010, § 106 Rdn. 9). Ausgehend hiervon ist die Prüfung nach Durchschnittswerten weiterhin zulässig.
Die Landesverbände der Krankenkassen haben mit der Kassenzahnärztlichen Vereinigung (KZV) die Prüfung nach Durchschnittswerten wirksam vereinbart (§ 6 Abs. 1 der Prüfvereinbarung vom 20.11.2007; hierzu Senat, Urteil vom 12.08.2009 – L 11 KA 52/07 -). Danach wird die Wirtschaftlichkeit der Versorgung nach Durchschnittswerten beurteilt, es sei denn, dass eine sachgerechte Prüfung nicht möglich oder dass die Feststellung eines sonstigen Schadens im Einzelfall Prüfgegenstand ist. Die statistische Vergleichsprüfung ist demzufolge weiterhin die Regelprüfmethode (vgl. BSG, Urteile vom 09.09.1998 – B 6 KA 50/97 R -, 09.06.1999 – B 6 KA 21/98 R -, 06.09.2000 – B 6 KA 46/99 R -, 2.12.2001 – B 6 KA 7/01 R – und vom 16.07.2003 – B 6 KA 45/02 R -). Rechtliche, insbesondere verfassungsrechtliche Bedenken dagegen bestehen nicht (vgl. BSG, Urteil vom 16.07.2003 – B 6 KA 45/02 R -; Senat, Urteil vom 12.08.2009 – L 11 KA 52/07 -).
Die klagende Krankenkasse hat bei Vorliegen der Voraussetzungen grundsätzlich einen Anspruch darauf, dass die Prüfungsinstanzen eine Wirtschaftlichkeitsprüfung durchführen. Dies folgt aus der den Krankenkassen und den Kassen(zahn)ärztlichen Vereinigungen gemäß § 106 Abs. 1 SGB V zugewiesenen Pflicht, die Wirtschaftlichkeit der vertrags(zahn)ärztlichen Versorgung zu überwachen. Werden Wirtschaftlichkeitsprüfungen nicht in dem vorgesehenen Umfang oder nicht entsprechend den für ihre Durchführung geltenden Vorgaben durchgeführt, haften die zuständigen Vorstandsmitglieder der Krankenkassenverbände und Kassenärztlichen Vereinigungen für eine ordnungsgemäße Umsetzung dieser Regelung (§ 106 Abs. 4b Satz 1 SGB V).
2. Abweichend von diesen Grundsätzen sehen die gesamtvertraglichen Regelungen von BMV-Z und EKV-Z ein "Gutachterverfahren bei kieferorthopädischen Maßnahmen" vor (Anlage 6 BMV-Z). Hierzu bestimmt § 2 Abs. 3 der Anlage 6 BMV-Z, dass Behandlungen, für die die Krankenkasse auf Grund eines Behandlungsplanes die Kosten übernommen oder einen Zuschuss gewährt hat, nicht mehr der Prüfung auf Notwendigkeit und Wirtschaftlichkeit unterliegen. Im Ergebnis handelt es sich hierbei um eine vorweggenommene Wirtschaftlichkeitsprüfung.
a) Vor Beginn der Behandlung hat der Zahnarzt anhand der erforderlichen diagnostischen Unterlagen einen Behandlungsplan nach Maßgabe der Anlage 8 BMV-Z zu erstellen (§ 1 Abs. 1 Satz 1 Anlage 6 BMV-Z):
Durch den Behandlungsplan soll der Krankenkasse ermöglicht werden, sich einen Überblick über die insgesamt notwendigen Aufwendungen zu verschaffen. Hierzu kann sie den Behandlungsplan nach den Maßgaben des § 3 Anlage 6 BMV-Z einem Gutachter zuleiten. Im Behandlungsplan sind die Diagnose, nämlich das kieferorthopädische Krankheitsbild und die Therapie, nämlich die vorgesehenen Maßnahmen unter Angabe der vorgesehenen Apparate, sowie die geschätzten Material- und Laborkosten anzugeben (Anlage 8 BMV-Z). Von der Krankenkasse aufgrund des Behandlungsplanes übernommene Kosten unterliegen nicht mehr der Prüfung auf Notwendigkeit und Wirtschaftlichkeit (§ 2 Abs. 3 Anlage 6 BMV-Z). Diese Vorschrift ist als Schutzvorschrift für den Vertragszahnarzt anzusehen, der für die KFO-Behandlung, die anders als die sonstige zahnärztliche Tätigkeit eine Langzeitbehandlung ist, ein gewisses Maß an Sicherheit benötigt, dass die von ihm erbrachten Leistungen später auch honoriert werden (hierzu BSG, Urteil vom 20.03.2013 – B 6 KA 56/12 B -). Daneben trägt diese Konzeption auch den Bedürfnissen der Krankenkassen Rechnung, die vor Behandlungsbeginn prüfen können, ob und inwieweit die Behandlung notwendig ist (§ 12 Abs. 1 SGB V). Der Behandlungsplan sieht eine "Entscheidung der Krankenkasse" vor, die mit Datum und Stempel versehen ist. Dem liegt zugrunde (BSG, Urteil vom 25.03.2003 – B 1 KR 29/02 R -):
Abweichend vom Regelfall der Krankenbehandlung müssen zahnprothetische Versorgungen (wie auch kieferorthopädische Leistungen und die Behandlung von Parodontopathien) vor ihrer Realisierung von der Krankenkasse genehmigt werden. ( ) Das Genehmigungserfordernis rechtfertigt sich daraus, dass einerseits die Notwendigkeit und Wirtschaftlichkeit einer Zahnersatzversorgung anhand von Röntgenaufnahmen und Voruntersuchungen (Vitalitätsprüfung, Parodontalzustand usw) gut vorab beurteilt werden kann, andererseits eine nachträgliche Prüfung nach Eingliederung des fertigen Zahnersatzes auf besondere Schwierigkeiten stoßen würde."
b) Nach Sinn und Zweck der Anlage 6 BMV-Z sind der nachträglichen Wirtschaftlichkeitsprüfung (§ 106 SGB V) nur die kieferorthopädischen Tätigkeiten entzogen, die Gegenstand der Entscheidung der Krankenkasse, also Teil der vorweggenommen Wirtschaftlichkeitsprüfung waren. Die Genehmigung eines kieferorthopädischen Behandlungsplans führt nur in bestimmtem Umfang zum Ausschluss der Wirtschaftlichkeitsprüfung, und zwar für Maßnahmen der Planung, soweit die eingereichten Unterlagen die Überprüfung der Planung ermöglichen, und für Ausführungsmaßnahmen, soweit diese sowohl entsprechend dem genehmigten Plan als auch gemäß dem Stand der medizinischen Erkenntnisse durchgeführt wurden (BSG, Urteil vom 19.07.2006 – B 6 KA 5/06 B – zum Heil- und Kostenplan nach § 87 Abs. 1a Satz 3 SGB V). Die Genehmigung des Heil- und Kostenplans bzw. kieferorthopädischen Behandlungsplans schließt es nicht aus, die Ausführung des Planes als mangelhaft anzusehen. Die Genehmigung bewirkt lediglich, dass die genehmigte Behandlung nachträglich nicht mehr als unwirtschaftlich bewertet werden kann. Ob die Planung fachlich in Ordnung war, bleibt ebenso wie die Ausführung des Planes weiterhin zu prüfen (BSG, Urteil vom 20.05.1992 – 14a/6 RKa 9/90 -). Soweit der Vertragszahnarzt sich an die im genehmigten Behandlungsplan angegebenen Behandlungsmaßnahmen hält und der genehmigte Schätzbetrag für Material- und Laborkosten nur unwesentlich überschritten wird, ist eine Prüfung durch die sonst zuständigen Prüfinstanzen ausgeschlossen (zum Ganzen siehe auch Senat, Urteil vom 09.09.1990 – L 11 Ka 98/86 -). Das findet sich in § 2 Abs. 3 Anlage 6 BMV-Z mit den Worten wieder: "Behandlungen, für die die Krankenkasse auf Grund eines Behandlungsplanes die Kosten übernommen hat oder einen Zuschuss gewährt hat, unterliegen nicht mehr der Prüfung auf Notwendigkeit und Wirtschaftlichkeit."
c) Die Reichweite der Genehmigung entscheidet darüber, inwieweit eine nachträgliche Wirtschaftlichkeitsprüfung ausgeschlossen ist (BSG, Urteil vom 19.07.2006 – B 6 KA 5/06 B -). Wesentlich sind hiernach zwei Rechtsfragen, nämlich was sachlicher Gehalt der Entscheidung (Entscheidungsgegenstand) der Krankenkasse ist (nachfolgend aa)) und wann die kieferorthopädische Behandlung beginnt (nachfolgend bb)).
ad aa) Der Krankenkasse wird der "Kieferorthopädische Behandlungsplan" (Anlage 8 BMV-Z) vorgelegt. Unklar ist der Entscheidungsgegenstand. So könnte sich die im Vordruck mit Datum, Stempel und Unterschrift vorgesehene Entscheidung der Krankenkasse auf den gesamten Inhalt des Behandlungsplanes beziehen. Ein solches Verständnis findet sich in der landläufigen Formulierung wieder, der Behandlungsplan werde "genehmigt". Hierfür könnte zwar sprechen, dass die im Vordruck fixierte Entscheidung der Krankenkasse räumlich den gesamten Behandlungsplan erfasst. Andererseits könnten die im kieferorthopädischen Behandlungsplan mitgeteilten Daten lediglich Mittel zum Zweck sein. Die Krankenkasse genehmigt nicht die avisierte Behandlung als solche, sondern entscheidet nur darüber, ob diese auf der Grundlage der ihr übermittelten Informationen notwendig ist. Letzteres ist der Fall, was sich wie folgt ergibt:
(1) Der Behandlungsplan besteht aus den Rubriken "Anamnese", "Diagnose", "Therapie", "Verwendete Geräte" und schließt mit "Diagnostik- und Behandlungsmaßnahmen". Unter "Anamnese" und "Diagnose" vermittelt der Kieferorthopäde der Krankenkasse den entscheidungserheblichen Sachverhalt. Dieser selbst ist aus logischen Gründen nicht genehmigungsfähig. Die Abteilungen "Therapie" und "Verwendete Geräte" sind gleichermaßen nicht Gegenstand der Entscheidung. Wiederum handelt es sich um von der Krankenkasse benötigte Sachverhaltsinformationen ohne die eine sinnvolle Entscheidung nicht möglich ist. Bestätigt wird dies durch das vereinbarte Gutachterverfahren (§ 3 BMV-Z). Den Auftrag zur Begutachtung erteilt die Krankenkasse unter Verwendung der Anlage 13a BMV-Z (§ 3 Abs. 1 Satz 6 Anlage 6 BMV-Z). Danach wird der Auftrag mit den Worten eingeleitet: "Wir bitten um Begutachtung der vorgesehenen kieferorthopädischen Behandlung nach dem Behandlungsplan vom ". Sodann bestimmt § 3 Abs. 4 Satz 7 Anlage 6 BMV-Z: "Der Gutachter erstellt das Gutachten unter Verwendung des Vordrucks "Gutachten" (Anlage 13c)". Gegenstand der Begutachtung ist hiernach, ob der KFO-Behandlungsplan befürwortet, mit Einschränkungen befürwortet oder nicht befürwortet wird. Ausgehend hiervon trifft die Krankenkasse eine Entscheidung, die schwerlich als "Genehmigung" der Therapie verstanden werden kann.
(2) Hinzu kommt: Die Therapie und die hierzu verwendeten Geräte sind zentrale Elemente der Therapiefreiheit des Patienten und der hiermit korrespondierenden Therapieverantwortung des Arztes (hierzu Senat, Urteil vom 11.03.2009 – L 11 KA 28/08 -; Frehse, in: Peters, SGB V, § 28 Rdn. 34 f.). Die solchermaßen verstandene Behandlungsfreiheit wird normativ und durch Vertragsrecht "eingeengt" (Frehse, a.a.O., § 28 Rdn. 34a). Hierzu rechnen § 12 SGB V (Wirtschaftlichkeitsgebot) und die dies flankierenden Vorgaben des § 106 SGB V (Wirtschaftlichkeitsprüfung) mit den hieraus abgeleiteten gesamtvertraglichen, gleichwohl normativ wirkenden Regelungen des BMV-Z. Dem ist zu entnehmen, dass sich die Entscheidung der Krankenkasse nach Anlage 6 BMV-Z nur auf die Wirtschaftlichkeit der geplanten Behandlung und nicht auf die vom Versicherten im Zusammenwirken mit dem Vertragszahnarzt getroffene Therapie als solche bezieht (hierzu Liebold/Zalewski, Kassenarztrecht, Stand Juli 2008, § 87 Anm. C 87-10 zum Heil- und Kostenplan, wonach die Krankenkasse die Notwendigkeit der Leistungen überprüft ). Dies schließt nicht aus, gebietet es ggf. gar, dass die Krankenkasse den Befund, die Versorgungsnotwendigkeit und die geplante tatsächliche Versorgung begutachten lässt (Henke, in: Peters, SGB V, § 87 Rdn. 4). Damit in Einklang steht der Text des § 2 Abs. 3 Anlage 6 BMV-Z. Hiernach wird die Wirtschaftlichkeitsprüfung für Behandlungen ausgeschlossen, für die die Krankenkasse aufgrund des Behandlungsplanes die Kosten übernommen oder einen Zuschuss gewährt hat. Das findet sich im Vordruck "Kieferorthopädischer Behandlungsplan" (Anlage 8 BMV-Z) wieder. Danach ist der "Entscheidung der Krankenkasse" der Text zugeordnet "Der Zuschuss zu den aufgeführten Leistungen (Honorar- und Mat. – und Laborkosten) beträgt %" und "Anspruch besteht ab Quartal ". Demnach ist dem BSG (Urteil vom 25.03.2003 – B 1 KR 29/02 R -) zuzustimmen, wenn es zum Heil- und Kostenplan nach § 87 Abs. 1a Satz 2 SGB V ausführt:
"Der Heil- und Kostenplan ( …) soll der Krankenkasse Gelegenheit geben, die vorgesehene Versorgung mit Zahnersatz vorab auf ihre Notwendigkeit, Zweckmäßigkeit und Wirtschaftlichkeit hin zu überprüfen und gegebenenfalls begutachten zu lassen, um auf diesem Wege die Inanspruchnahme der in aller Regel mit hohen Kosten verbundenen Zahnersatzleistungen steuern zu können (Engelhard in: Hauck/Noftz, SGB V, Stand: 2002, K § 30 RdNr 88; Schmidt in: Peters, Handbuch der Krankenversicherung, Stand: 2000, § 30 SGB V RdNr 106)."
(3) Die Krankenkasse entscheidet mithin (nur) über die prozentuale Zuschussquote (§ 29 SGB V) und deren Beginn. Sie gewährt den Zuschuss (durch Verwaltungsakt), wenn der Plan eine Behandlung beschreibt, die sich in das Leistungsrecht des SGB V einordnen lässt, fachlich in Ordnung ist (Schmidt, in: Peters, SGB V, § 29 Rdn. 41 m.w.N.) und sich als wirtschaftlich (§ 12 Abs. 1 SGB V) erweist. Sie entscheidet nicht über Anamnese, Diagnose, Therapie, verwendete Geräte und Diagnostik- und Behandlungsmaßnahmen. Dies sind vielmehr die wesentlichen Sachverhaltselemente, die ihrer Entscheidung zugrunde liegen (müssen). Ändern sich diese Bedingungen, ist ggf. ein neuer Behandlungsplan zu erstellen und der Krankenkasse als "KFO-Therapieänderung" nach Anlage 8 BMV-Z zur Entscheidung vorzulegen.
ad bb) Ist sonach geklärt, worüber die Krankenkasse (inhaltlich) entscheidet, bedarf es der Prüfung, ob die vom Beigeladenen zu 7) gefertigten Handaufnahmen (Ä 928 BEMA) in zeitlicher Hinsicht Gegenstand der Entscheidung waren. Sie müssten dann Bestandteil des genehmigungsfähigen kieferorthopädischen Behandlungsplans gewesen sein. Wäre das der Fall, wären sie der nachträglichen Wirtschaftlichkeitsprüfung entzogen. Die vom Beigeladenen zu 7) gefertigten Handaufnahmen sind indessen nicht Entscheidungsgegenstand geworden, weil sie als vorbereitende Maßnahme nicht integraler Teil des Behandlungs"planes" waren und auch nicht (mehr) werden konnten. Demzufolge sind sie der nachträglichen Wirtschaftlichkeitsprüfung zuzuführen.
(1) Der kieferorthopädische Behandlungsplan ist vor Beginn der Behandlung zu erstellen (§ 1 Abs. 1 Satz 1 Anlage 6 BMV-Z). Mit der Behandlung soll erst nach Rücksendung des Behandlungsplanes begonnen werden (§ 2 Abs. 2 Anlage 6 BMV-Z). Der Beigeladene zu 7) hat die Handaufnahmen (Ä 928) vor Behandlungsbeginn gefertigt. Sie waren nicht Gegenstand der Entscheidung und wurden daher nicht von der "Genehmigung" der Krankenkasse erfasst.
(a) Die Sitzungsniederschrift (Erörterungstermin vom 30.01.2013) vermerkt hierzu:
"Der Vorsitzende weist darauf hin, dass aus seiner Sicht denknotwendig drei Fallgestaltungen zu unterscheiden sind. Zum einen kann es um den Fall gehen, dass der Kieferorthopäde die Ä928 erbringt und dies nicht in einem der Krankenkasse zuzuleitenden kieferorthopädischen Behandlungsplan einmündet, d. h. die Ä928 wird insoweit isoliert erbracht. Die zweite Fallgestaltung wäre die, dass die Ä928 vor der Genehmigung erbracht wird. Nach Leistungserbringung wird der Behandlungsplan eingereicht und ggf. genehmigt. Die dritte Fallgestaltung wäre die, dass die Ä928 von der Genehmigung unmittelbar erfasst wird, d. h. sie wird erst erbracht, nachdem die Genehmigung dem Kieferorthopäden zugeleitet worden ist."
Auf Befragen hat der Beigeladene zu 7) erklärt:
"Von den skizzierten Fallgestaltungen lag die Zweite vor. Ich brauche die Handaufnahme, um abklären zu können, welche Art von Behandlungsgeräten ich benötige, d. h. ich erbringe die Leistung und reiche dann den Behandlungsplan zur Genehmigung ein. Nach meiner Erinnerung sind die beiden anderen Fallgestaltungen, die soeben skizziert worden sind, in der fraglichen Zeit nicht vorgekommen. Die Handaufnahme habe ich gemacht für Kinder vor der pubertären oder in der pubertären Wachstumsphase. Wenn eine solche Situation gegeben war, habe ich die Handaufnahme regelhaft gemacht. Dies entspricht nach meiner Vorstellung den Richtlinien. Es geht immer nur um eine Aufnahme. Im Laufe der Behandlung wird keine weitere Aufnahme gemacht."
Fest steht danach, dass der Beigeladene zu 7) zuerst die Handaufnahmen (Ä 928 BEMA) gemacht, dann den Behandlungsplan erstellt und der Krankenkasse vorgelegt hat. Nur solche Behandlungen, deren Kosten die Krankenkasse "aufgrund des Behandlungsplanes" übernommen oder für die sie einen Zuschuss gewährt hat, unterfallen nicht mehr der Prüfung auf Notwendigkeit und Wirtschaftlichkeit (§ 2 Abs. 3 Anlage 6 BMV-Z). Folgerichtig soll der Zahnarzt mit der Behandlung erst nach Rücksendung des Behandlungsplanes beginnen (§ 2 Abs. 2 Anlage 6 BMV-Z).
(b) Damit ist der "Behandlungsbeginn" zu bestimmen. Es kommen mehrere Zeitpunkte in Betracht. Hierzu rechnen die erste Kontaktaufnahme mit dem Patienten, die Anamneseerhebung, die Diagnose bzw. Befundung, die Aufstellung des Behandlungsplanes oder der Beginn der hierauf aufbauenden therapeutischen Phase.
(aa) Zufolge des BSG beginnt eine kieferorthopädische Behandlung im Regelfall mit der Aufstellung des Behandlungsplans (BSG, Urteile vom 25.03.2003 – B 1 KR 17/01 R – und 09.12.1997 – 1 RK 11/97 -). Ausgehend hiervon hätte der Beigeladene zu 7) die Handaufnahmen vor Beginn der Behandlung, demzufolge nicht "aufgrund eines Behandlungsplanes" (§ 2 Abs. 3 Anlage 6 BMV-Z) erbracht. Sie wären einer nachträglichen Wirtschaftlichkeitsprüfung zugänglich.
Zwar beziehen sich vorgenannte Entscheidungen des BSG auf die Altersgrenze des § 28 Abs. 2 Satz 6 SGB V, könnten jedoch auf vorliegende Fallgestaltung zu übertragen sein, sofern infolge des Grundsatzes der "Einheit der Rechtsordnung" der Behandlungsbeginn rechtlich auch nur einheitlich fixiert werden kann. Anderes käme nur dann in Betracht, wenn zwingende sachliche Gründe eine abweichende Definition erforderten. Das ist letztlich der Fall.
Den Vertragsparteien des BMV-Z schwebte ein anderer Zeitpunkt vor. Nach § 1 Abs. 1 der Anlage 6 BMV-Z ist der Behandlungsplan vor Beginn der Behandlung zu erstellen. Wird der Behandlungsbeginn mit dem BSG (a.a.O.) auf den Zeitpunkt gelegt, in dem der Behandlungsplan aufgestellt wird, wäre § 1 Abs. 1 Anlage 6 BMV-Z redundant. Das Aufstellen des Behandlungsplanes wäre der Beginn der Behandlung. Infolgedessen könnte dieser niemals "vor Beginn der Behandlung" erstellt werden. Damit bleibt klärungsbedürftig, was die Vertragsparteien des BMV-Z unter "Beginn der Behandlung" verstehen.
(bb) Letztlich geht es darum, dass die Krankenkasse auf der Grundlage eines ihr mit dem Behandlungsplan unterbreiteten Sachverhalts über die Behandlungsnotwendigkeit i.S. d. § 12 Abs. 1 SGB V entscheidet. Eine Bestätigung hierfür findet sich in § 1 Abs. 1 Satz 3 Anlage 6 BMV-Z, wonach eine Therapieänderung eines neuen Planes und damit einer neuen Entscheidung bedarf. Nach Sinn und Zweck kann dies nur bedeuten, dass der Plan vor Behandlungsbeginn aufgestellt und zur Genehmigung eingereicht werden muss. Mit der Behandlung darf der Zahnarzt erst nach Genehmigung beginnen. Behandlungsbeginn i.S.d. § 1 Abs. 1 Satz 3 Anlage 6 BMV-Z und des § 87 Abs. 1 a Satz 2 SGB V meint damit die erste vom Zahnarzt nach und aufgrund der Genehmigung eingeleitete Maßnahme. Dies deckt sich mit in der Literatur vertretenen Ansichten, wonach der Behandlungsbeginn das "Einsetzen der Therapie" ist (Niggehoff, in: Becker/Kingreen, SGB V, 3. Auflage, 2012, § 28 Rdn. 31 Rdn. 33; Frehse, a.a.O., § 28 Rdn. 115).
Wird dieser Bezugspunkt gewählt, ergäbe sich im Ergebnis keine Abweichung zur vom BSG vertretenen Position. Der Beigeladene zu 7) hat die Handaufnahmen gefertigt, um abklären zu können, welche Art von Behandlungsgeräten er benötigte. Das hat mit dem Eintreten in die therapeutische Phase nichts zu tun. Vielmehr handelt es sich um vorbereitende Maßnahmen, die mit der Aufstellung des Behandlungsplanes abgeschlossen sind. Das wird durch das BSG (Urteil vom 07.05.2013 – B 1 KR 5/12 R – zu § 87 Abs. 1a Satz 2 bis 7 SGB V) bestätigt:
Wie der erkennende Senat bereits ausführlich dargelegt hat, ergibt sich aus der Entstehungsgeschichte, dem Sinn und Zweck sowie dem systematischen Zusammenhang der §§ 55, 87 Abs 1a SGB V, dass die Bewilligung des Festzuschusses vor der Behandlung zu erfolgen hat (BSG SozR 4-2500 § 13 Nr 21 RdNr 13 ff mwN). Nach dem Regelungszusammenhang des § 87 Abs 1a S 2 bis 7 SGB V unterscheidet der Gesetzgeber zwischen Maßnahmen, die vor und die nach der Behandlung erfolgen müssen. Nach S 4 der Bestimmung erfolgt die Prüfung des HKP vor der Behandlung, während nach S 7 die Abrechnung der Festzuschüsse nach der Behandlung zu geschehen hat. Systematisch stellt sich die Bewilligung des Festzuschusses als Endpunkt und damit als Teil der Prüfung des HKP dar. Sie hat daher in Anknüpfung an § 87 Abs 1a S 4 SGB V vor der Behandlung zu erfolgen. Dies allein sichert den mit der Genehmigung des HKP verfolgten Zweck – die Einhaltung der Grundsätze der Notwendigkeit, Zweckmäßigkeit und Wirtschaftlichkeit. Der KK soll – anders als bei der ärztlichen Behandlung im Übrigen – Gelegenheit gegeben werden, die vorgesehene Versorgung mit Zahnersatz vorab zu überprüfen und gegebenenfalls begutachten zu lassen, um auf diesem Wege die Inanspruchnahme der in aller Regel mit hohen Kosten verbundenen Zahnersatzleistungen – auch im Interesse des Versicherten – steuern zu können (vgl BSG SozR 4-2500 § 13 Nr 21 RdNr 18).
Auch das Urteil des BSG vom 25.03.2003 – B 1 KR 29/02 R – macht deutlich, dass die Behandlung mit der "Realisierung" des genehmigten Heil- und Kostenplanes beginnt. Für kieferorthopädische Behandlungspläne kann nichts anderes gelten.
Die grammatikalische Auslegung bestätigt dies. Begrifflich kann "Aufstellung eines Behandlungsplanes" nur nur bedeuten, dass dies vor Behandlungsbeginn geschieht (Schmidt, a.a.O., § 29 Rdn. 40 m.w.N.). Das Wort "Behandlungsplan" setzt sich aus zwei Wortteilen zusammen, nämlich den Substantiven "Behandlung" und "Plan". Sprachlich wird hiermit eine "geplante Behandlung" erfasst. Das hat Zukunftsbezug (hierzu auch BSG, Urteil vom 12.12.2013 – B 4 AS 6/13 R – "prognostischer Bedarf"). Vom Wortsinn her kann eine "geplante Behandlung" nur eine solche sein, die noch nicht begonnen und die schon gar nicht abgeschlossen ist. M.a.W.: Die Beschreibung von bereits vollzogenen Behandlungsmaßnahmen hat keinen Plancharakter (zutreffend Schmidt, a.a.O., § 29 Rdn. 40). Infolgedessen sind die vom Beigeladenen zu 7) vor Genehmigung gefertigten Handaufnahmen nicht Teil des Behandlungsplanes und damit auch nicht Gegenstand der Kassenentscheidung gewesen.
Im Übrigen: Bei dem gesamtvertraglich vereinbarten Genehmigungsverfahren handelt es sich um eine vorgezogene Wirtschaftlichkeitsprüfung. Die Krankenkasse soll die Wirtschaftlichkeit der beabsichtigten Behandlung prüfen, bevor die kieferorthopädische Behandlung begonnen und durchgeführt wird. Diese Funktion kann der Behandlungsplan jedoch nur erfüllen, wenn die in ihm notierten Angaben sich auf künftige, und nicht auf bereits erbrachte Leistungen beziehen. Dem entsprechen die Ausführungen des BSG im Urteil vom 25.03.2003 – B 1 KR 29/02 R – zu zahnprothetischen Leistungen:
"Der mit der Vorlage des Behandlungsplans und dem Genehmigungserfordernis verfolgte Zweck entfällt jedoch, wenn die Zahnersatzversorgung bereits durchgeführt wurde. Eine nachträgliche Genehmigung durch die Krankenkasse ergibt dann keinen Sinn mehr."
(b) Dem steht nicht entgegen, dass der Vordruck gem. Anlage 8 zu BMV-Z ("Kieferorthopädischer Behandlungsplan") ausdrücklich die Ä 928 BEMA als eine (mögliche) "Diagnostik- und Behandlungsmaßnahme" nennt. Die gelistete Rubrik "Ä 928" bezieht sich – wie dargelegt – nicht auf schon erbrachte Leistungen. Der Vertragszahnarzt hat die Ä 928 BEMA dann anzukreuzen, wenn er diese Leistung nach Plangenehmigung erbringen will, hingegen nicht, wenn er sie schon erbracht hat.
(2) Das zuvor gefundene Ergebnis wird durch eine weitere Überlegung gestützt. Die Krankenkasse entscheidet sowohl im Rahmen der prothetischen als auch der kieferorthopädischen Versorgung über einen Zuschuss. Auf die notwendige prothetische Versorgung wird ein Festzuschuss (§ 87 Abs. 1a Satz 6 SGB V) und auf die notwendige kieferorthopädische Versorgung ein prozentualen Zuschuss (§ 29 Abs. 2 SGB V) bewilligt. Zwar fordert § 87 Abs. 1a Satz 6 SGB V nicht ausdrücklich, dass die Bewilligung des Festzuschusses vor der Behandlung zu erfolgen hat. Jedoch ergibt sich dies aus der Entstehungsgeschichte, dem Sinn und Zweck sowie dem systematischen Zusammenhang der Regelung (hierzu unter ausführlicher Darlegung der maßgebenden Auslegungskriterien zutreffend BSG, Urteil vom 30.06.2009 – B 1 KR 19/08 R -). Im Ergebnis soll der Krankenkasse – anders als bei der ärztlichen Behandlung im Übrigen – Gelegenheit gegeben werden, die vorgesehene Versorgung mit Zahnersatz vorab zu überprüfen und gegebenenfalls begutachten zu lassen, um auf diesem Wege die Inanspruchnahme der in aller Regel mit hohen Kosten verbundenen Zahnersatzleistungen – auch im Interesse des Versicherten – steuern zu können. Dieser Zweck würde unterlaufen, wenn nicht auch der Leistungsanspruch des Versicherten von der Genehmigung der Behandlung abhängig wäre (BSG, Urteil vom 30.06.2009 – B 1 KR 19/08 R -). Für den Anspruch auf einen Zuschuss nach § 29 SGB V gilt nichts anderes.
Damit ist Kongruenz zwischen Leistungsrecht und Leistungserbringerrecht hergestellt. Der Leistungsanspruch entsteht erst, wenn die Krankenkasse die Behandlung als notwendig erachtet und deswegen den Zuschuss bewilligt. Der Zahnarzt/Kieferorthopäde darf mit der Behandlung erst beginnen, wenn ihm die Genehmigung vorliegt. Hieraus folgt weiter: Was nicht Gegenstand der Genehmigung ist, kann auch nicht durch den Zuschuss abgegolten sein. Soweit also der Beigeladene zu 7) die Handaufnahmen (Ä 928 BEMA) vor der Genehmigung erbracht hat, werden sie vom Zuschuss nicht erfasst. Sie unterfallen der nachträglichen Wirtschaftlichkeitsprüfung.
(4) Letztlich ist zu Gunsten der Klägerin Vertrauensschutz zu berücksichtigen. Schriftsätzlich und in den Senatsterminen hat sie deutlich gemacht, dass es ihr nicht immer möglich ist zu erkennen, ob eine zahnärztliche bzw. kieferorthopädische Leistung vor Genehmigung erbracht worden ist und damit keinen Plancharakter mehr hat. So liegt es auch hier. Ausgehend hiervon greift Vertrauensschutz. Selbst wenn die Genehmigung auch die bereits zuvor erbrachten Handaufnahmen erfassen würde, könnten der Beigeladene zu 7), die zu 1) beigeladene KZV und der beklagte Beschwerdeausschuss hieraus nichts zu ihren Gunsten herleiten.
Das Verfahren der vorgezogenen Wirtschaftlichkeitsprüfung dient – wie dargestellt – den Interessen des Leistungserbringers wie auch jenen der Krankenkasse. Die Entscheidung über die Genehmigung des aufgestellten Behandlungsplanes erfolgt durch Verwaltungsakt gegenüber dem Versicherten, der durch die Genehmigung einen Anspruch auf den Kassenanteil erhält (BSG, Urteil vom 10.10.1979 – 3 RK 3/78 ). Zwar erzeugt sie indirekt auch eine Bindung der Kasse im Verhältnis zum planenden Zahnarzt; diese ergibt sich aber nicht aus einer Erstreckung der Bindungswirkung nach § 77 SGG, sondern wird als Selbstbindung des Versicherungsträgers gesehen, die es wegen des aus § 242 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) folgenden Verbots des "venire contra factum proprium" ausschließt, dass sich die Krankenkasse auf Planungsfehler beruft, die bereits aus dem Heil- und Kostenplan zu ersehen sind (BSG, Urteil vom 02.12.1992 – 14a/6 RKa 43/91 -). Es geht also letztlich um Vertrauensschutz: Der Vertragszahnarzt darf darauf bauen, dass die Kasse die genehmigte Planung als vertragsgerecht ansieht (BSG, Urteil vom 25.03.2003 – B 1 KR 29/02 R -).
Gegenläufig gilt nichts anderes. Der Vertragszahnarzt darf in den Plan nur nicht erbrachte Leistungen einstellen, anderenfalls er dies kenntlich machen muss. Dies folgt aus der ihm infolge seiner Einbindung in das System der gesetzlichen Krankenversicherung obliegenden Mitwirkungspflicht, ergibt sich im Übrigen aus Sinn und Zweck der vorgezogenen Wirtschaftlichkeitsprüfung. Bleibt ihm diese Erkenntnis verschlossen, kann er sich hierauf nicht berufen. Ein etwaiges Vertrauen ist nicht schutzwürdig. Dass ein zu genehmigender Plan nur geplante Leistungen erfassen kann, ist schon begrifflich zwingend. Alles andere wäre ein Widerspruch in sich. Die Krankenkasse darf daher darauf vertrauen, dass der ihr vorgelegte Plan nur noch nicht erbrachte, also geplante Leistungen enthält. Vorgeschaltete Maßnahmen wie die hier zu diagnostischen Zwecken gefertigten Handaufnahmen sind von der Genehmigung nicht erfasst. Stellt der Vertragszahnarzt dennoch bereits erbrachte Leistungen in den Plan ein, kann er sich auf die Genehmigung nicht berufen, was letztlich auf dem Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB) in seiner Ausprägung als "venire contra factum proprium" beruht.
cc) Zusammenfassend ergibt sich: Der Behandlungsplan hat einen Zukunftsbezug. Genehmigt wird nur die geplante Leistung. Von der Genehmigung nicht erfasst werden Vorbereitungsmaßnahmen und zwar auch dann nicht, wenn sie – wie hier die Ä 928 BEMA – fehlerhaft in den Plan eingestellt worden sind.
d) Bei dieser Rechtslage kann offen bleiben, ob eine geplante Handaufnahme als diagnostische Leistung von der Kassenentscheidung erfasst wäre. § 2 Abs. 3 Anlage 6 BMV-Z stellt nur Behandlungen von der nachträglichen Wirtschaftlichkeitsprüfung frei. So könnte erwogen werden, (nur) die "Therapie" als Behandlung verstehen.
Nach alledem musste die Berufung der Klägerin Erfolg haben.
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 SGG i.V.m. § 154 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung.
Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision liegen vor (§ 160 Abs. 2 SGG).
Erstellt am: 06.05.2015
Zuletzt verändert am: 06.05.2015