NZB als unzulässig verworfen
Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Düsseldorf vom 06.06.2012 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Im Streit steht die Erfüllung der allgemeinen Wartezeit für die Gewährung einer Altersrente.
Die am 00.00.1936 in U, Usbekistan, geborene und dort wohnhafte Klägerin hat nie in der Bundesrepublik Deutschland (BRD) gelebt bzw. gearbeitet. Sie ist Witwe des am 00.00.1939 geborenen und am 00.01.1991 in U, Usbekistan, verstorbenen W T. Ihr am 00.00.1966 in U, Usbekistan, geborener Sohn ist Ehegatte einer Spätaussiedlerin im Sinne des § 4 des Gesetzes über die Angelegenheiten der Vertriebenen und Flüchtlinge – Bundesvertriebenengesetz (BVFG) und deutscher Staatsangehöriger. Er lebt seit Oktober 2001 in der BRD und ist der Bevollmächtigte der Klägerin, Vollmacht vom 15.09.2009.
Die Klägerin stellte am 30.10.2009, vertreten durch ihren Bevollmächtigten, einen Antrag auf Gewährung von Regelaltersrente bei der Beklagten. Im dem Vordruck V 711 – Fragebogen über zurückgelegte Beschäftigungs-, Versicherungs-, Anrechnungs- und Militärdienstzeiten auf dem Staatsgebiet der ehemaligen Sowjetunion und deren Nachfolgestaaten – gab die Klägerin an, dass sie "nach § 20 WGSVG nach § 13 StaG" deutsche Staatsangehörige sei. Ihre Eltern seien J M und B M gewesen. Sie habe einen Antrag auf Anerkennung als Vertriebene oder Spätaussiedlerin im Sinne des BVFG gestellt. Sie sei vertriebene Verfolgte und gehöre dem deutschen Sprach- und Kulturkreis an. Auf die Frage, wann sie ihr Herkunftsland verlassen habe, gab die Klägerin an: "in 1941 wegen Kriegs und war in Assiedlungsgebiet Kreis T übersiedelt/flüchten". Seit dem 01.04.1996 beziehe sie eine Altersrente in Usbekistan. In Deutschland habe sie keine Beschäftigung oder Tätigkeit ausgeübt. Von 1954 bis 1995 habe sie "außerhalb der ehemaligen Sowjetunion" eine Beschäftigung ausgeübt, nämlich als Ärztin in Usbekistan. Hierfür seien Beiträge zur Rentenversicherung des Beschäftigungslandes gezahlt worden. Sie sei "zusammen mit Mutter von Usbekistan nach Wolgadeutsche Republik von 1941 bis 1948" "flüchtig" gewesen. Unter der Rubrik "Ist ein Elternteil in der ehemaligen Sowjetunion interniert oder verschleppt worden" gab die Klägerin an: "Ja, Vater und Mutter", und zwar "Weißrussland/Polen in 1918-1922, Wolgadeutsche Republik 1932 nach Usbekistan, von Usbekistan nach Wolgadeutsche Republik 1941, von Wolgadeutsche Republik nach Usbekistan 1948". Weiter gab die Klägerin an, sie habe von 1944 bis 1948 eine allgemeinbildende Schule in Kreis T, Wolgadeutsche Republik, und von 1948 bis 1954 die Mittelschule in U, Usbekistan, besucht. Anschließend habe sie am medizinischen Institut der Hochschule Stadt U vom 01.09.1954 bis 30.06.1960 erfolgreich Kinderheilkunde studiert. Seit dem 10.08.1960 bis zum Eintritt in die Altersrente im April 1996 sei sie anschließend als Ärztin tätig geworden. Zusätzlich habe sie von 1981 bis 1983 ihre Mutter gepflegt. Von 1945 bis 1947 habe sie zusammen mit der Mutter in einem Kolchos "Pflichtarbeit in der Zeit Krieges" verrichtet.
Die Beklagte leitete den Antrag zunächst an die Deutsche Rentenversicherung Mitteldeutschland weiter, die den Vorgang unter Hinweis darauf, dass die Versicherte nie in Deutschland gewohnt bzw. gearbeitet habe und auch kein Sozialversicherungsabkommen bestehe, wieder an die Beklagte abgab. Mit Bescheid vom 16.07.2010 lehnte die Beklagte den Antrag der Klägerin auf Gewährung von Regelaltersrente nach § 35 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch – Gesetzliche Rentenversicherung (SGB VI) ab. Die Klägerin habe die allgemeine Wartezeit von fünf Jahren nicht erfüllt. Es sei kein anrechnungsfähiger Monat vorhanden. Ein Fall der vorzeitigen Wartezeiterfüllung liege ebenfalls nicht vor.
Der Bevollmächtigte der Klägerin erhob am 13.08.2010 gegen den Bescheid vom 21.07.2010 – gemeint ist der Bescheid vom 16.07.2010 – Widerspruch. Zur Begründung führte er aus, dass die Klägerin die Voraussetzungen für die Anerkennung als Vertriebene und als Hinterbliebene von Kriegsbeschädigten im Sinne des § 1 lit a und e Fremdrentengesetz (FRG), sowie §§ 1, 25 des Gesetzes über die Versorgung der Opfer des Krieges – Bundesversorgungsgesetz (BVG) erfülle. Sie mache nach § 4 FRG geltend, dass sie als Waisenkind und Hinterbliebene der mehrfach Vertriebenen und zwischenzeitlich verstorbenen Eltern (Mutter: B M, geboren 00.07.1906, Vater J M, geboren 00.11.1901) den vorgenannten Status nach §§ 1, 2 BVFG, § 20 des Gesetzes zur Regelung der Wiedergutmachung nationalsozialistischen Unrechts in der Sozialversicherung (WGSVG), § 1 BVG, § 1 des Bundesgesetzes zur Entschädigung für Opfer der nationalsozialistischen Verfolgung – Bundesentschädigungsgesetz (BEG), § 13 FRG, sowie aufgrund des Umstands beanspruchen könne, dass sie selbst in der Zeit von 1941 bis 1947 flüchtig gewesen sei. Die Klägerin sei auch geschiedene Witwe des bei einem Arbeitsunfall verstorbenen Ehemanns W T und habe Anspruch auf Witwenrente nach § 246 SGB VI.
Die Beklagte ermittelte sodann zu der Frage, ob die Klägerin dem deutschen Sprach- und Kulturkreis angehört. In dem entsprechenden Fragebogen gab die Klägerin an, seit ihrer Geburt die "deutsch-polnisch-russische" Staatsangehörigkeit "wegen Eltern" besessen zu haben, ab 1958 sodann die russische Staatsangehörigkeit "wegen russische Großmutter" und ab 1992 die usbekische Staatsangehörigkeit "nach ((Wände)) und Wohnsitz in U". Sie sei "als Heimatvertriebene seit 1941/1947 mit Flucht in Wolgadeutsche Republik, Kreis T, Dorf T Q", zusammen mit der Mutter B und zweier Geschwister von Verfolgungsmaßnahmen betroffen gewesen. Im Herkunftsgebiet sei sie deutscher Volkszugehörigkeit gewesen "gem. Vater". Auf die Frage, welche Sprache sie ihrem Heimatgebiet bis zum Jahre 1940 in Wort und Schrift beherrschte, gab die Klägerin an: "deutsch, polnisch und russisch". Die weiteren Angaben im Fragebogen lauteten wie folgt: Welche Sprachen beherrschten Sie im Herkunftsland bis zur Auswanderung in Wort und Schrift? "russisch, latin" Welche Sprache haben Sie im Herkunftsgebiet vor der Auswanderung im persönlichen Lebensbereich (in der Familie) überwiegend benutzt? Ab 1933: "1936 deutsch-polnisch-russisch". Ab 1945: "1947, polnisch/russisch, seit 1986/2001 russisch und deutsch wegen Zusammenleben mit deutscher Schwiegertochter N C". Im Zeitpunkt der Auswanderung aus dem Herkunftsgebiet: "russisch, wenig deutsch". Welche Sprache wurde im Herkunftsland außerhalb der Familie überwiegend benutzt? Ab 1933 "1936 – russisch, polnisch". Ab 1945: "polnisch-russisch". Im Zeitpunkt der Auswanderung aus dem Herkunftsgebiet: "russisch". Lektüre im persönlichen Lebensbereich: Welche deutschsprachigen Bücher, Zeitungen und Zeitschriften haben Sie damals gelesen? "Bücher von Geschichte, Bücher von Küchen und Rezepten" Weiter hat die Klägerin ausgeführt, dass sie zu anderen Volksdeutschen in früheren Wohnorten keinen Kontakt gehabt habe. Ihre Angehörigen seien schon verstorben. Sie stütze ihre Zugehörigkeit zum deutschen Sprach- und Kulturkreis auf ihren Vater J M und auf das Zusammenleben mit ihrer deutschen Schwiegertochter N C [geboren 00.00.1966 in P, deutsche Staatsangehörige] in der Zeit von 1986 bis 2001. Ihren am 18.01.1939 ebenfalls in Usbekistan geborenen Ehemann habe sie am 00.12.1965 in U geheiratet. Die Ehe sei am 00.05.1968 in U wieder geschieden worden. Der Ehemann sei vertriebener Russe aus der Ukraine gewesen und habe russisch und ungarisch gesprochen. Der Ehemann sei am 00.01.1991 aufgrund eines Arbeitsunfalls und einer Berufserkrankung verstorben. Die Mutter des Ehemannes sei von 1926 bis 1932 vertrieben worden und sei "damit Deutsche". Ihr Vater sei am 10.11.1901 in der Wolgadeutschen Republik, Kreis T, Dorf T Q geboren (laut Taufbescheinigung damalige Bezeichnung des Ortes: Dorf T Q, Landkreis Nikolajevskij Gouvernement Samara). Er sei deutscher Staats- und Volkszugehöriger gewesen und habe Deutsch und Russisch beherrscht. Der Vater sei "Baher" gewesen. Im persönlichen Lebensbereich habe der Vater deutsch und russisch gesprochen, ebenso wie außerhalb des persönlichen Lebensbereichs und im beruflichen Lebensbereich. Der Vater habe von 1909 bis 1913 im Dorf T Q eine deutsche Schule bzw. Schule mit deutscher Unterrichtssprache besucht. Vom 31.08.1941 bis zum 31.12.1946 habe er Kriegsdienst als Soldat geleistet [laut Bescheinigung vom 09.10.1941: "Rotarmist M, I.I." habe "tatsächlich seit dem 30.08.1941 zum Kader der RKKA (Roten Armee) gehört".]. Er sei am 28.05.1948 "wegen Tuberkulose und Verletzung bei 2. Weltkrieg" in der Stadt U verstorben. Die Mutter sei am 00.06.1905 in "Polen-Weißrussland" geboren. Sie sei "Polnerin, Russe" gewesen. Die Volkszugehörigkeit sei "Polnerin gem. seiner Vater" gewesen. Die Mutter habe polnisch, russisch und deutsch gesprochen. Die Mutter habe im persönlichen Lebensbereich "polnisch, russisch, wenig deutsch", außerhalb des persönlichen Lebensbereichs polnisch und russisch und im beruflichen Bereich russisch gesprochen. Die Mutter habe von 1913 bis 1917 "in Polen-Weißrussland" eine deutsche Schule bzw. Schule mit deutscher Unterrichtssprache (Grundschule im Dorf D besucht. Bei der Volkszählung im Jahre 1930 habe sie als Nationalität bzw. Volksgruppe angegeben: "bis 1924 polnisch, 1924 bis 1940 Deutsche-Russe". Als Muttersprache sei bei der Zählung polnisch und russisch angegeben worden. Die Mutter sei am 05.01.1982 in U an einer Krebserkrankung verstorben.
Aktenkundig ist weiter eine Archivbescheinigung vom 29.05.1958 über eine Tätigkeit der Mutter in den Jahren 1945 bis 1947 in der Maschinen- und Traktorenstation T Q und die Geburtsurkunde des Ehemannes der Klägerin. Ausweislich letzterer Urkunde waren die Eltern des Ehemannes der Klägerin, B T und O T1, zum Zeitpunkt der Geburt des Ehemanns am 16.02.1939 russische Staatsangehörige und wohnhaft in der Stadt I, Stadt V, Usbekistan.
Mit Widerspruchsbescheid vom 24.11.2011 wies die Beklagte den Widerspruch der Klägerin gegen den Bescheid vom 16.07.2010 zurück. Die Berücksichtigung der von der Klägerin im Herkunftsland Usbekistan zurückgelegten rentenrechtlichen Zeiten sei zutreffend abgelehnt worden. Die Berücksichtigung von Zeiten im Herkunftsgebiet komme grundsätzlich nur dann in Betracht, wenn der Betreffende die persönlichen Voraussetzungen des § 1 FRG erfülle. Die Klägerin sei keinem der dort bezeichneten Personengruppen zuzuordnen.
Hiergegen hat der Bevollmächtigte am 23.12.2011 Klage bei dem Sozialgericht Düsseldorf erhoben. Zur Begründung hat er im Wesentlichen ausgeführt, dass die Klägerin hinterbliebene Angehörige und Witwe von Verfolgten sei, nämlich ihrer Eltern und ihres Ehemannes. Die Mutter der Klägerin habe ihre Abstammung von polnischen verstorbenen Eltern und sei wegen drohender Verfolgungsmaßnahmen des 1. Weltkriegs "1914 bis 1922" in die Wolgadeutsche Republik übergesiedelt, von dort dann 1932 nach U/UdSSR. Der Vater der Klägerin sei ehemaliger Deutscher im Sinne der Art. 116, 131 GG. Er sei " in deutsche Dorf Kreis T erwachsen" und habe zum deutschen Kulturkreis gehört. Er sei im August 1941 zum militärischen Dienst eingezogen worden und habe "1944/1945 eine Fußverletzung im Betriebsgebiet Deutschland" erlitten. Der Ehemann der Klägerin habe "Abstammung von vertriebene Mutter aus der Ukraine". Diese Umstände seien ebenso wenig berücksichtigt worden wie der Umstand, dass der Sohn der Klägererin, also er selbst, deutscher Staatsangehöriger sei. Weiter hat der Bevollmächtigte ausgeführt: "Die Klägerin begehrt somit die Berücksichtigung der Ruhens- und Anrechnungsvorschriften gemäß § 54, 55 BeamtVG sowie §§ 97, 243 SGB VI i.V.m. § 25 BVG, §§ 103, 116 SGB X, § 1 BEG. Zudem begehrt die Klägerin die Feststellung des Sozialversicherungsstatus nach § 7 a SGB IV und Zuordnung nach § 127 SGB VI. Vorliegend finden die §§ 2 FRG, 48 (5), 97, 243 SGB VI, §§ 318, 319b SGB VI hinsichtlich des Todes des Vaters sowie des Ehemanns der Klägerin vor dem 31.12.1991 Anwendung." Es bestünden Ansprüche der Klägerin und ihres Sohnes auf Leistung von "Hinterbliebenenrente/Waisengeld" wegen der mehrfach vertriebenen "Eltern/Großeltern" sowie wegen des bei einem Arbeitsunfall verstorbenen "Ehegatten/Vater" nach einer "fiktiven FRG-Rente". Die Beklagte möge verpflichtet werden, eine "sofortige Sprintprüfung nach § 44 SGB X zu machen", nach § 127 SGB VI den Hinterbliebenen- und Versichertenstatus festzulegen, sowie "nach §§ 103, 116 SGB X" entsprechende Leistungen zu erbringen. Auch sei die örtliche Zuständigkeit des Rentenversicherungsträgers zu klären.
Das Sozialgericht hat die Beteiligten zu einer Entscheidung durch Gerichtsbescheid angehört. Mit Gerichtsbescheid vom 06.06.2012 hat das Sozialgericht sodann die Klage abgewiesen und sich hierbei im Wesentlichen der Begründung der angefochtenen Bescheide angeschlossen.
Gegen das dem Bevollmächtigten am 16.06.2012 zugestellte Urteil hat dieser am 05.07.2012 Berufung eingelegt.
Zur Begründung hat der Bevollmächtigte im Wesentlichen ausgeführt, dass er eine Überprüfung "nach § 44 SGB X mit Umrechnung ausländischer Unfallrenten, Kriegsopferversorgung an Hinterbliebene und Rentenberechnung nach dem bis zum 31.12.1991 geltenden Recht" begehre. Das geltende Recht, namentlich "§ 17 a SGB IV bzw. Art. 107 VO (EWG) Nr. 574/72, § 1 lit e, 16 FRG, FANG, BEG, BVG, § 60 SGB I, §§ 46, 48, 93, 97, 304 SGB VI i.V.m. §§ 54, 55 BeamtVG und Richtlinie 2000/78/EG und den Gleichbehandlungsgrundsatz des Art. 3 Abs. 1, Art. 6, Art 116 Abs. 1 und 2 GG", sei unzutreffend angewandt und die "Einkommensanrechnung i.S. § 25 Abs. 2 Nr. 5 SGB X behindert" worden. Ansprüche könnten auch nach dem Tod des Berechtigten geltend gemacht werden. Das FRG sei dabei nach Art. 6 § 4 Abs. 2, 4 des Fremdrenten- und Auslandsrenten-Neuregelungsgesetzes (FANG) in der bis 31.12.1991 geltenden Fassung anzuwenden, wenn vor dem 01.07.1990 ein Anspruch auf Zahlung einer Rente bestehe. § 1 lit e FRG gelte auch für Hinterbliebene eines Verfolgten i.S.d. Bundesentschädigungsgesetzes und nach § 20 WGSVG. Hinterbliebene könnten im Übrigen nach der bis 31.12.2001 geltenden Rechtslage die Zugangsvoraussetzungen zum FRG, wenn der Verstorbene nicht selbst FRG-Berechtigter war, auch in eigener Person erfüllen. Der Vater der Klägerin sei in Deutschland im militärischen Einsatz verletzt und "tödlich geimpft" worden. Er habe "seine kriegsbeschädigte ehemalige deutsche Staatsangehörigkeit i.S. Art. 116 GG und 131 GG erworben". Der Bevollmächtigte sei unterhaltsberechtigter Enkel der Mutter der Klägerin und damit "Waise i.S.d. § 56 Abs. 2 SGB I, § 48 Abs 5 SGB 6 und § 1 lit e FRG, § 14 a FRG i.V.m. Art. 6 § 4 Abs. 2, 4 FANG". Die Klägerin sei zudem Witwe und der Bevollmächtigte Waise des geschiedenen Ehemanns bzw. Vaters W T "i.S.d. § 48 Abs. 5 SGB 6, § 243 SGB 6, § 93 SGB 6 und § 1 lit e FRG, § 14 a FRG i.V.m. Art. 6 § 4 Abs. 2, 4 FANG". Sowohl die Mutter der Klägerin als auch der Ehemann der Klägerin hätten die allgemeine Wartezeit erfüllt. Bei der Klägerin selbst seien zudem die Kindererziehungszeiten nach § 28 a FRG nicht berücksichtigt worden.
Zudem hat sich der Bevollmächtigte auf eine Weitergeltung von völkerrechtlichen Verträgen zwischen der ehemaligen DDR und der ehemaligen UdSSR berufen. Die Klägerin habe einen Versorgungsanspruch aus einem Versorgungssystem im Sinne der Anlage 1 zum Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetz (AAÜG). Die "Anwendung FRG, SGB VI" sei "hier nicht zulässig". Schließlich hat der Bevollmächtigte umfänglich zu seinem eigenen Vertreibungsschicksal sowie seinem beruflichen und gesundheitlichen Werdegang vorgetragen.
Die Klägerin beantragt schriftsätzlich sinngemäß,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Düsseldorf vom 06.06.2012 abzuändern und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 16.07.2010 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24.11.2011 zu verurteilen, ihr unter Zugrundelegung ihres Antrags vom 30.10.2009 Regelaltersrente nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die erstinstanzliche Entscheidung für zutreffend und verweist insbesondere darauf, dass insbesondere Hinterbliebenenansprüche nicht Gegenstand des Verfahrens seien.
Der Bevollmächtigte hat am 20.03.2015 mitgeteilt, dass zu dem am 23.03.2015 angesetzten Termin zur mündlichen Verhandlung "wegen Dienst- u. Arbeitsunfähigkeit" nicht erscheinen werde. Es werde um Terminierung und um Feststellung des zuständigen Gerichts "gemäß § 68 SGB X, § 51 Abs. 1 SGG" gebeten. Der Bevollmächtigte hat eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung seines behandelnden Orthopäden vom 19.03.2015 (Erstbescheinigung) für die Zeit vom 19.03.2015 bis zum 27.03.2015 sowie eine Verordnung über sechs krankengymnastische Einzelbehandlungen bei Schwäche der Rumpfmuskulatur und lumbalem Bandscheibenvorfall vorgelegt. Wie angekündigt ist der Bevollmächtigte zum Termin nicht erschienen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Prozessakte sowie der die Klägerin betreffende Verwaltungsakte der Beklagten (Az: 09 270236 L 555 R 5763) verwiesen, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist.
Entscheidungsgründe:
Der Senat konnte trotz des Nichterscheinens des Bevollmächtigten zu dem Termin zur mündlichen Verhandlung entscheiden, da dieser in der Ladung auf die entsprechende Möglichkeit hingewiesen worden war. Der Bevollmächtigte hat in seiner Mitteilung vom 20.03.2015 um die Durchführung des Termins trotz seiner Abwesenheit gebeten. Darüber hinaus ist nicht ersichtlich, dass ihn die bescheinigte Erkrankung an der Wahrnehmung des Termins gehindert hat. Die Bescheinigung einer Arbeitsunfähigkeit ist nicht gleichzusetzen mit der Unfähigkeit zur Teilnahme an einer mündlichen Verhandlung.
Im Streit steht vorliegend alleine, ob die Beklagte es zu Unrecht abgelehnt hat, der Klägerin Regelaltersrente aus eigener Versicherung zu gewähren. Nur hierüber hat die Beklagte in dem Bescheid vom 16.07.2010 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24.11.2011 befunden und nur hierüber hat das Sozialgericht in dem angefochtenen Gerichtsbescheid vom 06.06.2012 geurteilt. Sämtliche sonstigen von dem Bevollmächtigten für die Klägerin, sich selbst und seine sonstigen Angehörigen geltend gemachten Ansprüche sind nicht Streitgegenstand des vorliegenden Verfahrens. Für den geltend gemachten Anspruch auf Leistungen aus der deutschen gesetzlichen Rentenversicherung ist nach § 51 Abs. 1 Nr. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) der Rechtsweg zu den Sozialgerichten eröffnet.
Die Berufung ist zulässig, aber unbegründet. Das Sozialgericht hat zu Recht die Klage abgewiesen. Der angefochtene Bescheid vom 16.07.2010 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24.11.2011 ist rechtmäßig. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Gewährung von Regelaltersrente durch die Beklagte.
Nach § 35 Satz 1 SGB VI haben Versicherte Anspruch auf Regelaltersrente, wenn sie die Regelaltersgrenze erreicht und die allgemeine Wartezeit erfüllt haben. Die allgemeine Wartezeit beträgt nach § 50 Abs 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI fünf Jahre. Auf die Erfüllung der allgemeinen Wartezeit werden nach § 51 Abs 1 SGB VI Kalendermonate mit Beitragszeiten angerechnet. Nach § 55 Abs 1 SGB VI sind Beitragszeiten diejenigen Zeiten, für die nach Bundesrecht Pflichtbeiträge (Pflichtbeitragszeiten) oder freiwillige Beiträge gezahlt worden sind. Pflichtbeitragszeiten sind auch Zeiten, für die Pflichtbeiträge nach besonderen Vorschriften als gezahlt gelten.
Die Klägerin hat keine anrechenbaren Beitragszeiten zurückgelegt. Pflichtbeiträge oder freiwillige Beiträge nach Bundesrecht hat die Klägerin nicht geleistet. Ebenso wenig sind Zeiten anrechenbar, für die Pflichtbeiträge nach besonderen Vorschriften als gezahlt gelten. In Betracht kommt hier allein die Anrechnung von in der ehemaligen Sowjetunion bzw. in der Republik Usbekistan zurückgelegten Zeiten nach §§ 15, 16 FRG. Nach § 15 Abs. 1 Satz 1 FRG stehen Beitragszeiten, die bei einem nichtdeutschen Träger der gesetzlichen Rentenversicherungen zurückgelegt sind, den nach Bundesrecht zurückgelegten Beitragszeiten gleich. § 16 Abs 1 FRG erstreckt diese Gleichstellung auf bestimmte Beschäftigungszeiten.
Eine Berücksichtigung von Beitrags- bzw. Beschäftigungszeiten nach dem FRG kommt schon allein deshalb nicht in Betracht, weil die Klägerin ihren Wohnsitz bzw. gewöhnlichen Aufenthalt bislang nicht in der BRD genommen bzw. begründet hat. Leistungen nach dem FRG beruhen auf dem Gedanken der Eingliederung. Anwartschaften und Ansprüche auf diese Leistungen können daher nicht vor der Aufenthaltnahme im Bundesgebiet begründet werden (siehe BSG Urteil v. 23.06.1999 – B 5 RJ 44/98 R – unter Bezugnahme auf BVerfG Beschluss v. 26.1.1977 – 1 BvL 17/73 – und BSG Beschluss v. 6.12.1979 – GS 1/79 -).
Dem steht das Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) vom 18.12.2007 – C-396/05, C-419/05, C-450/05 – nicht entgegen. Der EuGH hat entschieden, dass die Gewährung einer Rente aus der deutschen gesetzlichen Rentenversicherung auf der Grundlage von Versicherungszeiten nach dem FRG an den Angehörigen eines Staates, in dem die Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 anzuwenden ist, nicht für den Fall ausgeschlossen werden kann, dass der Versicherte nicht in der BRD, sondern in einem anderen Mitgliedstaat seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat. Die Klägerin hat nicht in einem Mitgliedstaat der Euro-päischen Union (EU) bzw. des Europäischen Wirtschaftsraums (EWR) ihren gewöhnlichen Aufenthalt.
Es besteht auch kein bilaterales Sozialversicherungsabkommen der BRD mit Usbekistan, welches dem gewöhnlichen Aufenthalt in Usbekistan eine vergleichbare Wirkung zukommen ließe. Nach der Bekanntmachung über die Fortgeltung der deutsch-sowjetischen Ver-träge im Verhältnis zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Usbekistan (BGBl Teil II 1992, S 1128) vom 01.02.1995 sind bestimmte in der Anlage bezeichnete Verträge der BRD mit der ehemaligen Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken (UdSSR) weiter anzuwenden. Der einzig einschlägige Vertrag ist das Abkommen vom 09.11.1990 über die Zusammenarbeit auf dem Gebiet des Arbeits- und Sozialwesens. Dieses enthält jedoch lediglich Absichtserklärungen, die bislang nicht umgesetzt wurden.
Auch aus dem Sozialversicherungsabkommen der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik (DDR) mit der UdSSR lässt sich kein für die Klägerin günstiges Ergebnis ableiten. Es findet auf sie keine Anwendung. Nach Art 12 des Vertrages zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Deutschen Demokratischen Republik über die Herstellung der Einheit Deutschlands (Einigungsvertrag) in der Fassung vom 31.8.1990 sollte die Fortgeltung völkerrechtlicher Verträge der DDR jeweils im Einzelfall erörtert werden, um ihre Fortgeltung, Anpassung oder ihr Erlöschen zu regeln beziehungsweise festzustellen. Dies erfolgte mit der Verordnung über die vorübergehende weitere Anwendung verschiedener völkerrechtlicher Verträge der Deutschen Demokratischen Republik im Bereich der sozialen Sicherheit (WeitergeltungsVO). Diese Verordnung bezieht in Art 1 Abs 1 Nr 4 den Vertrag vom 24.5.1960 zwischen der DDR und der UdSSR über die Zusammenarbeit auf dem Gebiet des Sozialwesens (GBl. 1960 I Nr. 46 S. 453) ein. Dieser Vertrag betraf zum Zeitpunkt seines Abschlusses auch Usbekistan, siehe Art 6 Abs. 1 Nr. 3 b der WeitergeltungsVO. Die WeitergeltungsVO ist allerdings nach Art 7 Abs 2 mit Ablauf des 31. Dezember 1992 außer Kraft getreten. Die in Art 7 Abs. 3 ff WeitergeltungsVO geschaffenen Übergangsregelungen sind für die Klägerin nicht einschlägig. Denn hiernach ist die WeitergeltungsVO nach ihrem Außerkrafttreten nur noch auf Ansprüche anzuwenden, die am 31. Dezember 1992 aufgrund der Verordnung in Verbindung mit den in Artikel 1 genannten Verträgen bestanden haben. Darüber hinaus sind Leistungen nach der Verordnung in Verbindung mit den in Artikel 1 genannten Verträgen auch den Personen zu erbringen, die sich entweder am 2. Oktober 1990 im Beitrittsgebiet gewöhnlich aufgehalten haben oder bis zum Ablauf des 2. Oktober 1990 in das Beitrittsgebiet eingereist sind, wenn sie sich dort seither unbefristet rechtmäßig aufhalten und der Anspruch vor dem 1. Januar 1996 entsteht. Diese Voraussetzungen erfüllt die Klägerin nicht. Ein Anspruch auf Altersrente konnte für die Klägerin frühestens mit dem Monat der Antragstellung, d.h. im Oktober 2009, und damit nach den vorbezeichneten Stichtagen entstehen können. Denn nach § 99 Abs. 1 SGB VI wird eine Rente aus eigener Versicherung von dem Kalendermonat an geleistet, zu dessen Beginn die Anspruchsvoraussetzungen für die Rente erfüllt sind, wenn die Rente bis zum Ende des dritten Kalendermonats nach Ablauf des Monats beantragt wird, in dem die Anspruchsvoraussetzungen erfüllt sind. Bei späterer Antragstellung wird eine Rente aus eigener Versicherung von dem Kalendermonat an geleistet, in dem die Rente beantragt wird.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für eine Zulassung der Revision im Sinne des § 160 Abs 2 Nrn 1 und 2 SGG bestehen nicht.
Erstellt am: 18.08.2015
Zuletzt verändert am: 18.08.2015