Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Dortmund vom 27.11.2012 abgeändert und die Klage abgewiesen. Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist die Verpflichtung des Beklagten, die vom Kläger im Quartal I/2008 erbrachten pädiatrischen Leistungen nach den Gebührenordnungspositionen (GOP) 01310 und 01311 des Einheitlichen Bewertungsmaßstabes (EBM) 2008 nach Neubewertung durch den Bewertungsausschuss nachzuvergüten.
Der Kläger ist Facharzt für Kinder- und Jugendmedizin, Schwerpunkt Neuropädiatrie, und war bis ins Jahr 2010 als Direktor der Klinik für Kinder- und Jugendmedizin am Klinikum M tätig.
Mit Folgeermächtigung vom 15.08.2007 wurde der Kläger für die Zeit bis 31.12.2008 zur Erbringung folgender Leistungen ermächtigt:
1. auf Überweisung von zugelassenen Fachärzten für Kinder- und Jugendmedizin
1.1 Durchführung besonderer Untersuchungs- und Behandlungsmethoden im Rahmen der Kinder- und Jugendmedizin, abrechnungsfähig sind in diesem Zusammenhang die Leistungen nach den Geb.-Nrn. 01310, 01311, 04120, 04311, 04312 mit Ausnahme:
– Behandlung von Kindern mit Diabetes mellitus;
– Behandlung im Rahmen der Pneumonologie bis zum 16. Lebensjahr;
– Behandlung von hämato-onkologischen Erkrankungen bei Kindern bis zum vollendeten 15. Lebensjahr und der Weiterbehandlung dieser Patienten bis zur Vollendung des 18. Lebensjahr;
– Leistungen im Rahmen der Neuropädiatrie
– Durchführung der kardiologischen Funktionsdiagnostik
1.2 Durchführung von Leistungen im Rahmen der Neuropädiatrie; abrechnungsfähig sind in diesem Zusammenhang Leistungen nach den Geb.-Nrn. 04210, 04313, 04350, 04351, 04352, 04353, 04354, 16310, 16311,
– mit einer Fallzahlbegrenzung von 30 Fälle pro Quartal –
2. Auf Überweisung von zugelassenen Fachärzten für Kinder- und Jugendmedizin, Allgemeinmediziner und Hausärztliche Internisten:
Diagnostik und Therapie von Patienten mit Neurofibromatose Typ 1,
– mit einer Fallzahlbegrenzung von 150 Fällen pro Quartal -."
Mit Schreiben vom 15.08.2008 legte der Kläger Widerspruch ein gegen den Abrechnungsbescheid vom 18.07.2008 für das Quartal I/2008 hinsichtlich des Ansatzes der Grundpauschale für ermächtigte Ärzte (GOP 01310, 01311 EBM) anstelle der Versichertenpauschale bei Überweisung durch einen Vertragsarzt (GOP 04120, 04121 EBM) einschließlich des in der Präambel EBM 2008 (4.1.4) vorgesehenen Zuschlags von 40% auf die Versichertenpauschale für den Fall, dass ein Facharzt für Kinder- und Jugendmedizin mit Schwerpunkt oder Zusatzweiterbildung tätig wird. Zur Begründung trug er vor, es verstoße gegen das Gleichheitsgebot aus Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz (GG), dass er als ermächtigter Facharzt für Kinder- und Jugendmedizin eine sehr viel geringere Vergütung erhalte als ein Vertragsarzt. Dies sei eine missbräuchliche Ausnutzung des Gestaltungsspielraums bei der Gestaltung des EBM 2008. Er bitte die Abrechnung zu korrigieren.
Mit Widerspruchsbescheid vom 25.11.2008 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Gemäß Punkt 2.3 des EBM 2008 sei die Berechnung einer Gebührenposition durch einen ermächtigen Arzt bzw. durch ermächtigte Krankenhäuser oder ermächtigte Institute an das Fachgebiet und den Ermächtigungsumfang gebunden. Entspreche der Ermächtigungsumfang dem eines zugelassenen Vertragsarztes könne anstelle der GOP 01310 bis 01312 die Berechnung einer in den arztgruppenspezifischen Kapiteln genannten Pauschale durch den Zulassungsausschuss ermöglicht werden. Die derzeit gültige Ermächtigung des Klägers ermögliche hingegen nicht die Abrechnung der Versichertenpauschale des arztgruppenspezifischen Kapitels 4 des EBM.
Mit seiner am 12.12.2008 erhobenen Klage hat der Kläger zunächst beantragt, in Abänderung der angegriffenen Bescheide die Beklagte zu verurteilen, die von ihm erbrachten pädiatrischen Leistungen nach den GOP 01310/01311 EBM 2008 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts höher zu vergüten. Seit Einführung des EBM 2008 könne er für die von ihm erbrachten pädiatrischen Leistungen nur noch die Grundpauschale für ermächtigte Arzte, die GOP 01310 EBM bzw. GOP 01311 EBM mit 205 bzw. 175 Punkten abrechnen. Erbringe ein zur vertragsärztlicher Versorgung zugelassener Kinder- und Jugendarzt dieselben Leistungen auf Überweisung, könne er die Versichertenpauschale der GOP 04120 oder 04121 EBM 2008 mit 500 bzw. 450 Punkten zur Abrechnung bringen. Erbringe ein Facharzt für Kinder- und Jugendmedizin mit Schwerpunkt- oder Zusatzweiterbildung auf Überweisung die ausschließlich fachärztlichen Leistungen des Abschnitts 4.4 EBM 2008 (GOP der schwerpunktorientierten Kinder- und Jugendärzte) oder des Abschnitts 4.5 EBM 2008 (pädiatrische GOP mit Zusatzweiterbildung), seien gemäß 4.1 Präambel Nr. 4 Satz 2 EBM die Versichertenpauschalen der GOP 04110 und 04111 EBM 2008 mit einem Aufschlag in Höhe von 40 % der jeweiligen Punktzahl berechnungsfähig. Es könnten damit insgesamt 1.400 bzw. 1.260 Punkte abrechnet werden. Im streitgegenständlichen Quartal I/2008 habe er für die von ihm auf der Grundlage seiner Ermächtigung erbrachten pädiatrischen Leistungen die pädiatrische Versichertenpauschale nach den GOP 04110 und 04111 EBM 2008 abgerechnet. Die Beklagte habe diese GOP im Wege der sachlich-rechnerischen Richtigstellung in die GOP 01310 bzw. 01311 EBM 2008 abgeändert. Die unzureichende Vergütung verstoße gegen den verfassungsrechtlichen Grundsatz des Art. 3 Abs. 1 GG. Zum einen sei die Bewertung der Grundpauschale für die ermächtigten Ärzte mit 175 bzw. 205 Punkten zu niedrig angesetzt und benachteilige ihn im Vergleich zu den auf Überweisung ausschließlich fachärztlich tätigen, die gleichen Leistungen erbringenden zugelassenen Vertragsärzten, die die pädiatrische Versichertenpauschale zzgl. 40 % abrechnen könnten. Zum anderen sei er auch dadurch benachteiligt, dass andere ermächtigte Leistungserbringer ebenfalls die gleiche Grundpauschale für ermächtigte Ärzte abrechnen dürften, obwohl sie Leistungen erbrächten, die einen erheblich niedrigeren zeitlichen und sachlichen Aufwand mit sich brächten. Dies stelle einen Verstoß gegen die Honorarverteilungsgerechtigkeit dar. Ein sachlicher Grund, aus dem von einer gleichen Vergütung für gleiche Leistungen abgewichen werden dürfe, liege nicht vor. Insbesondere sei die Kostenbelastung der ermächtigten Ärzte nicht geringer – wie der Gesetzgeber ab 2009 ausweislich § 120 Abs. 1a Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) erkannt habe. Der Erweiterte Bewertungsausschuss scheine auch die Problematik der undifferenzierten Vergütung der Leistungen ermächtigter Ärzte erkannt zu haben, wenn er im EBM 2009 immerhin zwei unterschiedliche Grundpauschalen (GOP 01320 mit 260 Punkten und GOP 01321 mit 450 Punkten) vorsehe. Im Gegensatz zu zugelassenen Leistungserbringern erbringe er in nahezu jedem Behandlungsfall sämtliche mit der Grundpauschale abgebildeten Leistungen. Er habe keine sog. Verdünnerfälle. An die ermächtigten Pädiater würden vorwiegend diejenigen Patienten überwiesen, die besonders komplexe und schwierige Krankheitsfälle hätten. Bei diesen werde in der Regel der Leistungsumfang der Ermächtigung komplett ausgeschöpft. Die streitige Bewertung der Grundpauschale für die Ermächtigten sei berufspolitisch sehr früh (mit Schreiben vom 19.06.2008 und 23.07.2008) thematisiert worden. Zwar sei mit der Änderung des EBM mit Wirkung zum 01.01.2009 die schwerwiegende eingetretene rechtswidrige Gleichbehandlung aller ermächtigten Ärzte abgemildert worden. Indes bestehe im streitbefangenen Quartal I/2008 jene nicht gerechtfertigte schwerwiegende Gleichbehandlung aller ermächtigten Ärzte noch immer.
Der Kläger hat beantragt,
die Beklagte unter teilweiser Abänderung des Honorarbescheides für das Quartal I/2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15.10.2008 zu verpflichten, nach Neuregelung durch den Bewertungsausschuss über die Bewertung der Grundpauschale für ermächtigte Ärzte neu zu entscheiden.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat auf Nachfrage des SG mitgeteilt, dass es für das Quartal I/2008 keinen Bescheid über eine sachlich-rechnerische Richtigstellung der begehrten GOP 01420 und 01421 EBM gebe, weil der Kläger diese GOP nicht abgerechnet habe.
Der Beigeladene zu 1) hat vorgetragen, der EBM 2008 sehe in Umsetzung der gesetzlichen Vorgaben aus § 87 Abs. 2b und 2c SGB V vor, dass die im EBM aufgeführten Leistungen der hausärztlichen Versorgung als Versichertenpauschale und die Leistungen der fachärztlichen Versorgung arztgruppenspezifisch als Grund- und Zusatzleistungen abgebildet würden. Auch die Regelung, wonach für ermächtigte Ärzte grundsätzlich nicht die jeweiligen arztgruppenspezifischen Versicherten- bzw. Grundpauschalen abrechenbar seien, sondern die im Kapitel 1.3 aufgeführten altersbezogenen Organisationskomplexe, stünde mit den rechtlichen Vorgaben, insbesondere dem Gleichheitsgrundsatz im Einklang. Die hiermit vorgenommene Differenzierung zwischen ermächtigten und zugelassenen Ärzten berücksichtige, dass ein ermächtigter Arzt nicht alle Leistungen seines Fachgebietes erbringen könne, weil eine Ermächtigung regelmäßig auf einzelne Leistungen beschränkt werde. Mit den Grundpauschalen würden hingegen nach § 87 Abs. 2c Satz 2 SGB V die üblicherweise von der Arztgruppe in jedem Behandlungsfall erbrachten Leistungen vergütet. Entspreche der Ermächtigungsumfang dem eines zugelassenen Vertragsarztes, könne die Berechnung der arztgruppenspezifischen Versicherten-, Grund- oder Konsiliarpauschale genehmigt werden, so dass sichergestellt sei, dass wesentlich Gleiches gleich und wesentlich Ungleiches ungleich behandelt werde.
Die Beigeladene zu 2) hat darauf hingewiesen, dass die eigenständigen GOP für die schwerpunktorientierte Kinder- und Jugendmedizin sowie für die möglichen Zusatzbezeichnungen in den Abschnitten 4.4 und 4.5 des EBM zum 01.01.2008 geschaffen worden seien. Sie hat die Auffassung vertreten, die Ausführungen des Klägers seien insofern missverständlich, als er den Eindruck erwecke, er könne hinsichtlich der neuropädiatrischen Leistungen nur noch die Grundpauschale für ermächtigte Ärzte abrechnen. Vielmehr könne er entsprechend seines Ermächtigungsumfangs in neuropädiatrischen Fällen u.a. sowohl die GOP 04430 (Neuropädiatrisches Gespräch; Behandlung, Beratung, Erörterung und/oder Abklärung), 04431 (Ausführliche neurologisch-motoskopische Untersuchung bei einem Säugling, Kleinkind, Kind oder Jugendlichen), 04433 (Zusatzpauschale Koordination der neuropädiatrischen Betreuung bei der fortgesetzten Betreuung von Patienten), 04434 (Elekroenzephalographische Untersuchung) bzw. 04435 (Pädiatrische Schlaf-EEG-Untersuchung) und 16311 (Langzeitelektroenzephalographische Untersuchung) abrechnen. Soweit der Kläger unter der Geltung des EBM 2000plus unter anderem zur "Beratung, Erörterung, Abklärung" ermächtigt gewesen sei, seien diese Leistungen im EBM 2008 für die neuropädiatrischen Leistungen spezifisch in Abschnitt 4.4.2 in der GOP 04430 (Neuropädiatrisches Gespräch, Behandlung, Beratung, Erörterung und/oder Abklärung) abgebildet. Im Vergleich zur Abrechnungssituation des Klägers könne ein zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassener Kinder- und Jugendarzt ohne Schwerpunkt oder Zusatzweiterbildung keine Leistungen der Neuropädiatrie des Abschnitts 4.4.2 erbringen. Der Kläger könne im Rahmen seiner Ermächtigung zur Neuropädiatrie ein vielfaches Punktzahlvolumen im Vergleich zu einem zugelassenen Vertragsarzt ohne Schwerpunkt oder Zusatzweiterbildung erbringen. Soweit die Ermächtigung eines Arztes nicht dem Umfang der Zulassung eines Vertragsarztes entspreche, müsse die Grundpauschale für ermächtigte Ärzte sachlogisch geringer bewertet werden als die Versicherten- bzw. Grundpauschale für zugelassene Vertragsärzte. Der Versorgungsauftrag zwischen zugelassenen und ermächtigten Ärzten unterscheide sich grundlegend, da der ermächtigte Arzt vornehmlich spezifische Leistungen erbringen solle, die durch gesonderte Gebührenpositionen ausgewiesen seien. Die Grundpauschale für ermächtigte Ärzte korreliere dementsprechend nicht mit den Grundpauschalen der zugelassenen Ärzte. Die Differenzierung der Versichertenpauschale zwischen ermächtigten und zugelassenen Ärzten könne auch nicht dadurch in Frage gestellt werden, dass sich die Behandlung eines Versicherten im Rahmen einer Ermächtigung als besonders schwierig darstelle. Die Versichertenpauschale bilde die Leistungen in der vertragsärztlichen Versorgung ab, die üblicherweise im Rahmen der hausärztlichen Versorgung eines Versicherten anfielen. Soweit der ermächtigte Arzt eine schwierige ärztliche Behandlung erbringe, würden diese ärztlichen Leistungen durch die spezifischen Gebührenordnungspositionen ausreichend und angemessen abgebildet, hier Kapitel 4.4.2 des EBM.
Mit Urteil vom 27.11.2012 hat das Sozialgericht (SG) Dortmund die Beklagte unter teilweiser Aufhebung des angefochtenen Honorarbescheides verpflichtet, über die Bewertung der vom Kläger erbrachten pädiatrischen Leistungen nach den GOP 01310 und 01311 EBM 2008 nach Neuregelung durch den Bewertungsausschuss über die Bewertung der Grundpauschale für Ermächtigte erneut zu entscheiden. Zur Begründung hat es ausgeführt, die der Abrechnung zugrunde liegenden Vorgaben des EBM für die Honorierung auf Überweisung tätiger ermächtigter Fachärzte für Kinder- und Jugendmedizin seien mit höherrangigem Recht nicht vereinbar. Durch die dem angefochtenen Honorarbescheid zugrunde liegende punktzahlmäßige Bewertung der Grundpauschale für ermächtigte Ärzte nach GOP 01310 und 01311 des EBM 2008 in Verbindung mit dem Ausschluss der Berechnungsfähigkeit bestimmter anderer GOP seien auf Überweisung tätige ermächtigte Kinder- und Jugendärzte wie der Kläger im Vergleich zu anderen Arztgruppen sachwidrig benachteiligt worden. Die Unzulänglichkeit der im Jahr 2008 neu eingeführten Vergütungsregelung habe wegen offensichtlicher Systemwidrigkeit auf einem von Anfang an erkennbaren strukturellen Fehler beruht. Denn der Vergleich mit den Vergütungsregelungen nach Maßgabe des bis zum 31.12.2007 geltenden EBM 2000plus ergebe, dass die zum 01.01.2008 vorgenommenen Pauschalierungen der Leistungsvergütung und ihre punktzahlmäßige Bewertung bei den GOP 01310 bis 01312 ohne nachvollziehbaren Grund von der Systematik im Übrigen abwichen und dass hierdurch die ermächtigten Krankenhausärzte im Bereich der Kinder- und Jugendmedizin benachteiligt würden. Eine Vielzahl von Einzelleistungen und Leistungskomplexen, die vor Inkrafttreten des EBM 2008 noch gesondert hättet vergütet werden können, seien nun in der Versichertenpauschale bzw. der Grundpauschale enthalten und daneben im Behandlungsfall nicht mehr gesondert abrechenbar. Der weitgehende Wegfall der im EBM 2000plus noch vorgesehenen Honorierung von Einzelleistungen und Leistungskomplexen sei bei der punktzahlmäßigen Bewertung der mit dem EBM 2008 eingeführten Pauschalen zu berücksichtigen gewesen, wie es bei den hausärztlichen und pädiatrischen Versichertenpauschalen, aber bei den fachärztlichen Grundpauschalen tatsächlich auch geschehen sei. Die Bewertung der Grundpauschale für Ermächtigte entspreche den Grundsätzen der Bewertung von Versicherten- und Grundpauschalen nicht, so dass wegen dieser Inkonsequenz von einem als Verstoß gegen Art. 3 GG anzusehenden Wertungswiderspruch auszugehen sei. Die gegenüber der Bewertung im EBM 2000plus eingetretene Erhöhung der Punktzahl bei den GOP 01310 bis 01312 sei nach Mitteilung der Beigeladenen zu 2) im Wesentlichen auf die Erhöhung des Kostenansatzes für die ärztliche Leistung zurückzuführen. Die Einbeziehung von Leistungen, die zuvor neben dem Ordinationskomplex nach GOP 01310 bis 01312 hätten abgerechnet werden können, habe sich dagegen in der Bewertung der entsprechenden Grundpauschalen im EBM 2008 nicht niedergeschlagen. Dementsprechend seien im Anhang 3 sowohl die Kalkulationszeit als auch die Prüfzeit mit derselben Minutenzahl ausgewiesen wie im EBM 2000plus. Zwar treffe der Hinweis der Beigeladenen zu 2) zu, dass der ermächtigte Arzt regelmäßig weniger Leistungen bezogen auf den Inhalt der Versichertenpauschale erbringen dürfe als ein zugelassener Vertragsarzt, so dass die Bewertung der Grundpauschale für Ermächtigte niedriger ausfallen müsse als die Versichertenpauschale und wohl auch als einige der Grundpauschalen für zugelassene Vertragsärzte. Da zumindest ein Teil der in der GOP 01310 bis 01312 aufgegangenen Leistungen bei den meisten ermächtigten Ärzten regelmäßig anfielen, sei aber kein Grund ersichtlich, weshalb dieser Umstand bei der Bewertung der Grundpauschale für Ermächtigte gänzlich unberücksichtigt geblieben sei.
Gegen das ihr am 08.01.2013 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 11.01.2013 Berufung eingelegt. Das SG Dortmund habe die vom Kläger aufgeworfene Frage unterschiedlich beantwortet. In dem Verfahren S 9 KA 132/08 habe die 9. Kammer des SG Dortmund die für alle Fachgruppen einheitlich bewerteten Grundpauschalen der ermächtigten Ärzte unter dem Gesichtspunkt einer Beobachtungs- und Reaktionszeit des Normgebers bei unstreitig zulässigen typisierenden und pauschalierenden Regelungen nicht beanstandet.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Dortmund vom 27.11.2012 abzuändern und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.
Er wiederholt und vertieft seinen erstinstanzlichen Vortrag. Den Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz habe er auch nicht deswegen hinnehmen müssen, weil dem Bewertungsausschuss für die Änderung einer Leistungsbewertung Ermittlungs-, Erprobungs- und Umsetzungsspielräume zustünden. Nach der Rechtsprechung des BSG könne auch der Gesichtspunkt der Erprobungsregelung nicht zur Rechtmäßigkeit einer Norm führen, wenn von vornherein feststehe, dass ein vom Normgeber für die Regelung der konkreten Materie gewähltes Differenzierungskriterium systemfremd sei und ihm keine sachliche Rechtfertigung innewohne. Die streitige Bewertung der Grundpauschale für die Ermächtigten sei berufspolitisch sehr früh – nämlich mit Schreiben von Berufsverbänden vom 19.06.2008 und 23.07.2008 – thematisiert worden. Mithin hätten die ermächtigten Pädiater mit dem Beginn des Verfahrens zur Umgestaltung des EBM mit Wirkung zum 01.01.2008 auf die nicht zu rechtfertigende Gleichbehandlung ungleicher Sachverhalte hingewiesen. Der Bewertungsausschuss habe sich diesen Hinweisen verschlossen. Vor diesem Hintergrund könne sich der Bewertungsausschuss nicht auf die Rechtmäßigkeit der nicht gerechtfertigen Gleichbehandlung ungleicher Sachverhalte unter dem Gesichtspunkt einer Erprobung der neuen Regelung berufen. Der Bewertungsausschuss habe für die Vergütung der zugelassenen Kinderärzte besondere Regelungen getroffen, wenn Kinderärzte rein fachärztlich auf Überweisung tätig würden und über eine Schwerpunkt- oder Zusatzbezeichnung verfügten. Sie könnten dann erheblich mehr Punkte abrechnen als die rein hausärztlich tätigen Kinderärzte. Dies könne nur darauf zurückzuführen sein, dass dem Bewertungsausschuss bewusst gewesen sei, dass in diesen Fällen die zugelassenen Kinderärzte nicht lediglich den obligaten Leistungsinhalt erfüllten, sondern eine Vielzahl der in Anhang 1 zum EBM aufgeführten Leistungen erbrächten. Die ermächtigten Pädiater erbrächten aber dieselben, teilweise sogar mehr der fakultativen Leistungsinhalte als die auf Überweisung eines Arztes tätig werdenden zugelassenen Kinderärzte mit Schwerpunkt- oder Zusatzbezeichnung. Es gebe keinen sachlichen Grund dafür, dies nicht durch die gleiche Bewertung der Leistungen abzubilden. Eine Differenzierung, die allein darauf zurückzuführen sei, ob der Leistungserbringer ein ermächtigter Krankenhausarzt oder ein zugelassener Vertragsarzt sei, verstoße gegen den Grundsatz der leistungsproportionalen Vergütung. Die Leistungslegende der Grundpauschale der Ermächtigten entspreche den Leistungslegenden der Grund- bzw. Versichertenpauschalen der Zugelassenen.
Der Beigeladene zu 1) vertritt die Auffassung, dass das SG in der angefochtenen Entscheidung zu Unrecht angenommen habe, dass die GOP 01310 bis 01312 EBM 2008 systemwidrig zu niedrig bewertet seien und nimmt auf den erstinstanzlichen Vortrag sowie die Entscheidung der 9. Kammer des SG Dortmund Bezug. Ermächtigte Ärzte könnten regelmäßig weniger Leistungen bezogen auf den Inhalt der Grundpauschale erbringen als ein zugelassener Vertragsarzt. Vor diesem Hintergrund treffe es nicht zu, dass eine erhebliche Ungleichbehandlung gleicher Sachverhalte vorliege. Für den Fall, dass der Ermächtigungsumfang dem eines zugelassenen Vertragsarztes entspreche, könne die Berechnung der in den arztgruppenspezifischen Kapiteln genannten Versicherten-, Grund- oder Konsiliarpauschalen genehmigt werden. Für den Fall, dass der Kläger alle Leistungen des Inhalts der Grundpauschale hätte erbringen können, hätte es nahe gelegen, im Rahmen des Ermächtigungsverfahrens eine Ermächtigung zur Abrechnung der GOP 04110 und 04111 EBM anzustreben. Der Kläger habe jedoch die Ermächtigung lediglich für die GOP 01310 und 01311 EBM akzeptiert.
Die Beigeladene zu 2) schließt sich dem Vortrag der Beigeladenen zu 1) an.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten, und der Verwaltungsvorgänge der Beklagten Bezug genommen. Sie waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige, insbesondere gemäß §§ 143, 144, 151 Sozialgerichtsgesetz (SGG) frist- und formgerecht eingelegte Berufung der Beklagte ist begründet. Das SG hat der Klage zu Unrecht stattgegeben, denn der angefochtene Bescheid der Beklagten vom 18.07.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 25.11.2008 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 54 Abs. 2 SGG).
Die Klage war zulässig. Zwar wollte der Kläger formal im Widerspruchsverfahren die Abrechnung anderer GOP erreichen, im Klageverfahren hingegen die Höherbewertung der abgerechneten GOP. Gegenstand einer Anfechtungs- und Leistungsklage kann aber in zulässiger Weise nur sein, was bereits Gegenstand des Verwaltungsverfahrens war. Dies ist die behördliche Regelung, die im Hinblick auf einen konkreten Lebenssachverhalt angestrebt wird (BSG, Urteil vom 09.12.2004 – B 6 KA 44/03 R -). Allerdings hat der Kläger sowohl im Widerspruchs- als auch im Klageverfahren einen Anspruch auf Zahlung eines höheren Honorars für die Versichertenpauschale geltend gemacht (vgl. auch zur Klage des Krankenhausträgers auf Zahlung eines höheren Honorars für ambulante Notfallbehandlungen: BSG, Urteil vom 17.09.2008 – B 6 KA 46/07R -). Er strebte damit zwar mit unterschiedlicher Begründung aber im Ergebnis jeweils das gleiche Ziel an.
Indes ist die Klage unbegründet. Dabei kann dahinstehen, ob die Honorarnachforderung des Klägers schon nach § 3 Abs. 4 der Abrechnungs-Richtlinien der Beklagten in der Fassung vom 21.02.2004 ausgeschlossen ist. Danach ist eine nachträgliche Berichtigung bzw. Ergänzung durch den abrechnenden Vertragsarzt von bereits eingereichten Behandlungsfällen ausgeschlossen. Der Kläger hatte mit seiner Abrechnung für das Quartal I/2008 lediglich eine Vergütung nach den GOP 01310 bzw. 01311 EBM 2008 – ohne Höherbewertung – gefordert und erst mit seinem Widerspruch ein höheres Honorar geltend gemacht.
Jedenfalls hat die Beklagte die Vergütungsregelungen des ab 01.01.2008 geltenden EBM in zutreffender Weise angewandt.
Für die Auslegung vertragsärztlicher Vergütungsbestimmungen ist nach der ständigen Rechtsprechung des BSG und des Senats in erster Linie der Wortlaut der Regelungen maßgeblich. Dies gründet sich zum einen darauf, dass das vertragliche Regelwerk dem Ausgleich der unterschiedlichen Interessen von Ärzten und Krankenkassen dient und es vorrangig Aufgabe des Normgebers des EBM ist, Unklarheiten zu beseitigen. Zum anderen folgt die primäre Bindung an den Wortlaut aus dem Gesamtkonzept des EBM als einer abschließenden Regelung, die keine Ergänzung oder Lückenfüllung durch Rückgriff auf andere Leistungsverzeichnisse bzw. Gebührenordnungen oder durch analoge Anwendung zulässt. Soweit indessen der Wortlaut eines Leistungstatbestandes zweifelhaft ist und es seiner Klarstellung dient, ist Raum für eine systematische Interpretation im Sinne einer Gesamtschau der in innerem Zusammenhang stehenden vergleichbaren oder ähnlichen Leistungstatbestände. Eine entstehungsgeschichtliche Auslegung kommt bei unklaren oder mehrdeutigen Regelungen ebenfalls in Betracht. Sie kann allerdings nur anhand von Dokumenten erfolgen, in denen die Urheber der Bestimmungen diese in der Zeit ihrer Entstehung selbst erläutert haben. Leistungsbeschreibungen dürfen weder ausdehnend ausgelegt noch analog angewendet werden (vgl. BSG, Urteil vom 18.08.2010 – B 6 KA 23/09 R – m.w.N.; Urteil des Senats vom 29.06.2011 – L 11 KA 66/08 -).
Davon ausgehend ist der von dem Kläger im Widerspruchsverfahren geforderte Ansatz der GOP 04110 und 04111 EBM unrichtig; denn der Kläger durfte diese Leistungen nach Maßgabe des ab 01.01.2008 geltenden EBM nicht abrechnen. Punkt 2.3 der Allgemeinen Bestimmungen des EBM 2008 sah für die Ausübung der vertragsärztlichen Tätigkeit u.a. durch ermächtigte Ärzte vor, dass die Berechnung einer Gebührenordnungsposition an das Fachgebiet und den Ermächtigungsumfang gebunden ist. Nur dann, wenn der Ermächtigungsumfang dem eines zugelassenen Vertragsarztes entsprach, konnte anstelle der die Grundpauschalen u.a. für ermächtigte Ärzte regelnden GOP 01310 bis 01312 EBM die Berechnung einer in den arztgruppenspezifischen Kapiteln genannten Pauschalen, hier die von dem Kläger in Ansatz gebrachten GOP 04110 und 04111 EBM, durch den Zulassungsausschuss ermöglicht werden. Darüber hinaus konnten auch Ärzte mit einer Ermächtigung nach § 24 Abs. 3 Zulassungsverordnung für Ärzte anstelle der GOP 01310 bis 01312 EBM die Pauschalen der arztgruppenspezifischen Kapitel abrechnen. Da weder der Ermächtigungsumfang des Klägers demjenigen eines zugelassenen Vertragsarztes entsprach noch seine Ermächtigung auf § 24 Abs. 3 Ärzte-ZV beruhte, konnte er nur die GOP 01310 bis 01312 EBM abrechnen.
Diese Regelungen sind bereits vom Wortlaut her eindeutig; die Frage einer Auslegung oder Interpretation (vgl. dazu z.B. BSG, Urteile vom 05.02.1985 – 6 RKa 37/83 -, vom 15.11.1995 – 6 RKa 57/94 -, vom 31.08.2005 – B 6 KA 35/04 R – und vom 18.08.2010 – B 6 KA 23/09 R -) stellt sich damit nicht.
Der Kläger kann sich auch nicht darauf berufen, dass die von der Beklagten somit zutreffend angewandten Bestimmungen des EBM 2008 rechtswidrig seien, weil letztlich die aus dem im EBM vorgegebenen Punkteansatz resultierende Vergütung unangemessen wäre.
Durch das GKV-WSG vom 26.03.2007 wurden dem Bewertungsausschuss u.a. die bis spätestens bis zum 31.10.2007 mit Wirkung zum 01.01.2008 zu erfüllenden Aufgaben gestellt:
"2b) Die im einheitlichen Bewertungsmaßstab für ärztliche Leistungen aufgeführten Leistungen der hausärztlichen Versorgung sind als Versichertenpauschalen abzubilden; für Leistungen, die besonders gefördert werden sollen, können Einzelleistungen oder Leistungskomplexe vorgesehen werden. Mit den Pauschalen nach Satz 1 werden die gesamten im Abrechnungszeitraum üblicherweise im Rahmen der hausärztlichen Versorgung eines Versicherten erbrachten Leistungen einschließlich der anfallenden Betreuungs-, Koordinations- und Dokumentationsleistungen vergütet. [ …]
2c) Die im einheitlichen Bewertungsmaßstab für ärztliche Leistungen aufgeführten Leistungen der fachärztlichen Versorgung sind arztgruppenspezifisch und unter Berücksichtigung der Besonderheiten kooperativer Versorgungsformen als Grund- und Zusatzpauschalen abzubilden; Einzelleistungen können vorgesehen werden, soweit dies medizinisch oder auf Grund von Besonderheiten bei Veranlassung und Ausführung der Leistungserbringung erforderlich ist. Mit den Grundpauschalen nach Satz 1 werden die üblicherweise von der Arztgruppe in jedem Behandlungsfall erbrachten Leistungen vergütet. Mit den Zusatzpauschalen nach Satz 1 wird der besondere Leistungsaufwand vergütet, der sich aus den Leistungs-, Struktur- und Qualitätsmerkmalen des Leistungserbringers und, soweit dazu Veranlassung besteht, in bestimmten Behandlungsfällen ergibt. Abweichend von Satz 3 wird die Behandlung von Versichertengruppen, die mit einem erheblichen therapeutischen Leistungsaufwand und überproportionalen Kosten verbunden ist, mit arztgruppenspezifischen diagnosebezogenen Fallpauschalen vergütet. [ …]"
Dieser Aufgabenstellung ist der Bewertungsausschuss nachgekommen und hat zum 01.01.2008 Versicherten- bzw. Grund-/Konsiliarpauschalen gebildet, von denen (s. dazu Teil IV EBM, Anhang 1) arztgruppentypische Leistungen umfasst wurden. Für ermächtigte Ärzte, Krankenhäuser bzw. Institute wurden die Grundpauschalen in den GOP 01310 bis 01312 EBM geregelt. Gegen diese grundsätzliche Aufteilung bestehen keine Bedenken; die Voraussetzungen für eine gerichtliche Normenkorrektur sind nicht erfüllt.
Die auf der Grundlage des § 87 SGB V von den Bewertungsausschüssen vereinbarten einheitlichen Bewertungsmaßstäbe sind wegen ihrer spezifischen Struktur und der Art ihres Zustandekommens nur beschränkt der gerichtlichen Überprüfung zugänglich. Durch die personelle Zusammensetzung der paritätisch mit Vertreten der Ärzte bzw. Zahnärzte und Krankenkassen besetzten Bewertungsausschüsse und den vertraglichen Charakter der Bewertungsmaßstäbe soll gewährleistet werden, dass die unterschiedlichen Interessen der an der vertragsärztlichen Versorgung beteiligten Gruppen zum Ausgleich kommen und auf diese Weise eine sachgereichte inhaltliche Umschreibung und Bewertung der ärztlichen Leistungen erreicht wird. Das vom Bewertungsausschuss erarbeitete System autonomer Leistungsbewertung kann seinen Zweck nur erfüllen, wenn Eingriffe von außerhalb unterbleiben. Die gerichtliche Überprüfung ist daher im Wesentlichen darauf beschränkt, ob der Ausschuss den ihm zustehenden Entscheidungsspielraum überschritten oder seine Bewertungskompetenz missbräuchlich ausgenutzt hat. Insoweit kommt auch das Gleichbehandlungsgebot des Art. 3 Abs. 1 GG als Prüfungsmaßstab in Betracht, und zwar dann, wenn eine Regelung des EBM eine Vergütung nur einer Arztgruppe gewährt, obgleich die Leistung auch von anderen Arztgruppe erbracht wird bzw. erbracht werden kann oder wenn die gleiche Leistung zwar für verschiedene medizinische Leistungserbringer dem Grunde nach abrechenbar ist, in Abhängigkeit vom jeweiligen Behandlerstatus aber unterschiedlich bewertet wird (BSG, Urteil vom 12.12.2012 – B 6 KA 3/12 R – m.w.N.). Der Gleichbehandlungsgrundsatz des Art. 3 Abs. 1 GG schreibt unter stetiger Orientierung am Gerechtigkeitsgedanken indes auch vor, wesentlich Gleiches gleich und wesentlich Ungleiches dementsprechend unterschiedlich zu behandeln. Damit ist dem Normgeber nicht jede Differenzierung verwehrt. Er verletzt das Grundrecht somit vielmehr nur, wenn er eine Gruppe von Normadressaten im Vergleich zu anderen Nordadressaten anders behandelt, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterscheide von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie eine ungleiche Behandlung rechtfertigen könnten (BSG, a.a.O. m.w.N.).
Vorliegend bestehen zwischen zugelassenem und ermächtigten Arzt so erhebliche Unterscheide, dass für die ermächtigten Ärzte von den für die zugelassenen Ärzte getroffenen Vorgaben zur Grundpauschale nahezu zwingend abzuweichen war. Die ermächtigten Ärzte weisen in der Regel nur ein im Vergleich zu zugelassenen Ärzten deutlich geringes Leistungsspektrum auf; die zugelassenen Ärzte bieten ihnen gegenüber regelhaft das gesamte Leistungsspektrum ihrer Arztgruppe an. Dementsprechend ist der Schluss, dass bei den zugelassenen Ärzten auch in höherem Maße die von den Grundpauschalen erfassten arztgruppentypischen Leistungen in erhöhtem Umfang anfallen, mehr als naheliegend. In die Versichertenpauschalen sind diverse Leistungen einbezogen worden, die sämtlich regelmäßig nicht im Rahmen einer Ermächtigung erbracht werden sollen. Zur Überzeugung des Senats erbringt auch der Kläger – im Gegensatz zu seinem Vortrag – nicht in jedem Fall alle in der Versichertenpauschale einbezogenen Leistungen (wie allergologische Basisdiagnostik, Prüfung/Verordnung häuslicher Krankenpflege etc.). Die Grundpauschale für ermächtigte Ärzte bildet dementsprechend nicht den Leistungsinhalt der arztgruppenspezifischen Versicherten- bzw. Grundpauschale ab, sondern die typischen Leistungen eines ermächtigten Arztes, dessen Versorgungsauftrag sich grundlegend von dem des zugelassenen Arztes unterscheidet, da der ermächtigte Arzt vornehmlich spezifische Leistungen erbringen soll, die durch gesonderte Gebührenordnungsposition ausgewiesen sind. Wenn der Ermächtigungsumfang eines Arztes dem eines zugelassenen Arztes entspricht, greifen die in den Anmerkungen zu den GOP 01310 bzw. 01311 EBM genannten Ausnahmetatbestände und damit auch die Vergütungsgrundsätze für die zugelassenen Vertragsärzte. Ist diese Voraussetzung nicht erfüllt, so ist das Leistungsspektrum des ermächtigten Arztes eingeschränkt und dementsprechend muss die Pauschale für ermächtigte Ärzte sachlogisch geringer bewertet werden als die Versicherten- bzw. Grundpauschalen für zugelassene Vertragsärzte. Von einem Überschreiten des dem Bewertungsausschuss zustehenden Entscheidungsspielraums oder einer missbräuchlichen Ausnutzung der ihm zustehenden Bewertungskompetenz kann hinsichtlich der grundsätzlichen Differenzierung zwischen zugelassenen und ermächtigten Ärzten nicht die Rede sein.
Auch wenn die pauschal alle ermächtigten Ärzte, Krankenhäuser und Institute erfassenden Vorgaben der GOP 01310 bis 01312 EBM eine recht grobe und damit ungenaue Differenzierung und Einteilung sind, bedeutet das nicht, dass diese Reglungen rechtswidrig sind bzw. gegen höherrangiges Recht verstoßen. Es kommt schon nicht auf die Frage an, ob der Bewertungsausschuss jeweils die zweckmäßigste, vernünftigste und gerechteste Lösung gefunden hat (BSG, Urteil vom 29.01.1997 – 6 RKa 3/96 -). Vielmehr gehört zu der jedem Normgeber zukommenden weiten Gestaltungsfreiheit insbesondere die Befugnis zur Generalisierung, Pauschalierung, Schematisierung und Typisierung (BSG, Urteil vom 09.04.2008 – B 6 KA 40/07 R -). Bereits daraus folgt, dass die von dem Kläger vorgenommene Einzelbetrachtung seiner behaupteten individuellen Leistungserbringung bei seiner Tätigkeit als ermächtigter Arzt auch nicht weiterführen kann. Darüber hinaus sind die Vorgaben des § 87 Abs. 2 SGB V zu beachten: der EBM bestimmt den Inhalt der abrechnungsfähigen Leistungen und ihr wertmäßiges, in Punkten ausgedrücktes Verhältnis zueinander. Das beinhaltet u.a., dass die Bewertungen der einzelnen Leistungen des EBM nicht isoliert betrachtet werden dürfen. Denn sie sind Bestandteil eines umfassenden und auf Interessenausgleich angelegten Vertragssystems, das den Besonderheiten der jeweils betroffenen Arztgruppe Rechnung tragen will. In diesem Rahmen setzt sich die Bewertung der einzelnen Leistungen des EBM aus einem Bestandteil für die ärztliche Leistung einerseits und einer Kompensation für den zur Leistungserstellung notwendigen Ressourcenaufwand andererseits (technische Leistung) zusammen. Der gesetzliche Auftrag des Bewertungsausschusses erschöpft sich aber nicht in einer Leistungsbewertung nach betriebswirtschaftlichen oder sonstigen kalkulatorischen Gesichtspunkten, sondern schließt die Möglichkeit ein, über die Definition und Bewertung vertragsärztlicher Verrichtungen auch eine Steuerung des Leistungsverhaltens zu bewirken (BSG, Urteil vom 15.5.2002 – B 6 KA 33/01 R -).
Einer abschließenden Entscheidung über die Rechtmäßigkeit der angegriffenen Normen bedarf es jedoch nicht. Die im Quartal I/2008 geltende Regelung ist als Anfangs- und Erprobungsregelung hinzunehmen, zumal der Bewertungsausschuss alsbald, nämlich mit Wirkung ab 01.01.2009 differenzierende Vorgaben eingeführt hat und damit die vorhergehenden Regelungen obsolet sind. Dem Bewertungsausschuss sind seit jeher bei der Neuregelung komplexer Materien wie der vorliegenden Leistungsbewertung erweiterte Ermittlungs-, Erprobungs- und Umsetzungsspielräume zuzugestehen, die bewirken, dass für einen Übergangszeitraum auch an sich rechtlich problematische Regelungen hingenommen werden müssen. Gröbere Typisierungen und geringere Differenzierungen sind in derartigen Fällen vorübergehend unbedenklich, weil sich häufig bei Erlass der Vorschriften deren Auswirkungen nicht in allen Einzelheiten übersehen lassen (std. Rspr., vgl. BSG, Urteil vom 16.05.2001 – B 6 KA 200/00 R – m.w.N.). Das gilt hier um so mehr, als nicht nur die Versicherten- und Grundpauschalen zum 01.01.2008 neu geschaffen wurden, sondern auch die – von der Ermächtigung des Klägers umfassten – Leistungen des Schwerpunkts Kinder- und Jugendmedizin bzw. der Zusatzbezeichnung Kinder- und Jugendmedizin.
Der Bewertungsausschuss hat seinen Entscheidungsspielraum nicht immer schon dann überschritten, wenn sich bei Überprüfung einer Gebührenregelung im Rahmen der ex-post-Betrachtung deren Unzulänglichkeit erweist, sondern nur dann, wenn der Ausschuss seine Bewertungskompetenz zweifelsfrei missbräuchlich, d.h. nicht durch sachgerechte Erwägungen gedeckt, sondern von sachfremden Erwägungen getragen, ausgeübt hat (BSG, Urteil vom 16.05.2001 – B 6 KA 20/00 R -). Nur dann, wenn von vornherein feststeht, dass ein vom Normgeber für die Regelung der konkreten Materie gewähltes Differenzierungskriterium systemfremd ist und ihm keine sachliche Rechtfertigung innewohnt, kann auch der Gesichtspunkt der Erprobungsregelung nicht zur Rechtmäßigkeit der Normgebung führen (BSG, Urteil vom 16.05.2001 a.a.O.).
Dass dies nicht der Fall ist, ergibt sich aus den vorangestellten Ausführungen. Der Hinweis des Klägers, mit dem Beginn des Verfahrens zur Umgestaltung des EBM mit Wirkung zum 01.01.2008 hätten die ermächtigten Pädiater auf die nicht zu rechtfertigende Gleichbehandlung ungleicher Sachverhalte hingewiesen, ist nicht nur angesichts seiner Pauschalität, sondern auch und insbesondere angesichts der vom Kläger vorgelegten Unterlagen nicht nachzuvollziehen. Die Unterlagen stammen nämlich sämtlich aus der Zeit nach dem vorliegend relevanten Quartal I/2008 und geben allenfalls auch nur "Erfahrungen" wieder. Durch die ex post-Betrachtung kann aber – wie vom BSG ausgeführt – eine Überschreitung des Gestaltungsspielraums des Bewertungsausschusses nicht begründet werden.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 SGG i.V.m. § 154 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung.
Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 160 Abs. 2 SGG).
Erstellt am: 21.04.2016
Zuletzt verändert am: 21.04.2016