Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Gelsenkirchen vom 17.06.2015 wird zurückgewiesen. Kosten sind nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe:
I.
Die Beteiligten streiten im Überprüfungsverfahren um einen Anspruch der Klägerin auf Leistungen zur Wohnungserstausstattung.
Die am 00.00.1990 geborene Klägerin besuchte von 2009 bis 2011 die Fachschule für Sozialpädagogik und absolvierte von 01.08.2012 bis zum 31.07.2014 das Anerkennungsjahr im Rahmen ihrer Ausbildung zur Erzieherin, welches sich wegen der halbschichtigen Ableistung auf 24 Monate erstreckte. Sie erhielt eine Ausbildungsvergütung von ca. 530,00 EUR netto sowie Kindergeld von 184,00 EUR; wegen der Höhe der Ausbildungsvergütung jedoch kein BAföG. Seit August 2014 ist die Klägerin staatlich anerkannte Erzieherin.
Die Klägerin beantragte am 16.05.2013 bei dem Beklagten Grundsicherung sowie Leistungen für eine Wohnungserstausstattung als Zuschuss. Dabei gab sie an, diverse Einrichtungsgegenstände und Haushaltsgeräte für die von ihr zum Juni 2013 angemietete eigene Wohnung in H zu benötigen, nachdem sie sich von ihrem Freund, in dessen Wohnung sie zuvor gewohnt und dessen ausschließlich in seinem Eigentum stehende Einrichtung sie mitbenutzt hatte, getrennt habe.
Mit Bescheid vom 19.09.2013 lehnte der Beklagte den Antrag ab. Die Klägerin sei als Auszubildende vom Leistungsbezug nach § 7 Abs. 5 SGB II ausgeschlossen. Ein Anspruch folge nicht aus § 27 SGB II. Die Erstausstattung der Wohnung werde davon nicht umfasst. Der Bescheid wurde bestandskräftig.
Mit Schreiben vom 12.05.2014 beantragte die Klägerin die Überprüfung des Bescheides vom 19.09.2013. Der Beklagte lehnte diesen Antrag mit Bescheid vom 03.06.2014 ab. Die Voraussetzungen des § 44 SGB X lägen nicht vor. Der Leistungskatalog für Auszubildende sei abschließend und die begehrte Wohnungserstausstattung werde nicht umfasst.
Im Widerspruchsverfahren bemängelte die Klägerin, § 27 SGB II sei ein Ausschluss und eine Beschränkung nicht zu entnehmen. Der Widerspruch blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 25.06.2014). Über den der Klägerin nach § 27 Abs. 3 SGB II gewährten Zuschuss zu den angemessenen Aufwendungen für Unterkunft und Heizung (Bescheid vom 22.04.2014) hinaus bestehe kein Anspruch, insbesondere nicht auf Gewährung der Wohnungserstausstattung. Der Gesetzgeber habe von § 24 Abs. 3 SGB II ausschließlich die Leistungen für Erstausstattung für Bekleidung und Erstausstattung bei Schwangerschaft und Geburt für Auszubildende als mögliche Sonderbedarfe genannt. Ein Spielraum bestehe insoweit nicht. Auch eine darlehensweise Gewährung der Erstausstattung komme nicht in Betracht, da kein besonderer Härtefall vorliege.
Am 18.07.2014 hat die Klägerin Klage erhoben. Die Ablehnung des Mehrbedarfs für die Erstausstattung ihrer Wohnung unter Verweis auf ihr Ausbildungsverhältnis sei nicht gesetzeskonform, da die Kosten für die Erstausstattung der Wohnung zu den Unterkunftskosten zählten.
Die Klägerin hat beantragt,
den Beklagten unter Aufhebung seines Bescheids vom 03.06.2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 25.06.2014 zu verpflichten, den Bescheid vom 19.09.2014 abzuändern und ihr Leistungen für die begehrte Erstausstattung nach dem SGB II nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen zu gewähren.
Der Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Der Beklagte hat auf den Widerspruchsbescheid Bezug genommen.
Mit Urteil vom 17.06.2015 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Die Voraussetzungen des § 44 SGB X lägen nicht vor. Die Klägerin habe als Auszubildende keinen Anspruch auf Gewährung eines Zuschusses zu einer Erstausstattung für die Wohnung nach § 24 Abs. 3 Nr. 1 SGB II. Von den Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem SGB II sei sie nach § 7 Abs. 5 SGB II ausgeschlossen. Als Anspruchsgrundlage komme für die Klägerin nur § 27 SGB II in Betracht. § 27 Abs. 2 SGB II zähle abschließend einzelne Mehr- bzw. Sonderbedarfe auf, die Auszubildende trotz des Leistungsausschlusses erhalten könnten. Leistungen, welche in der Vorschrift nicht genannt würden, könnten Auszubildende daher nicht beanspruchen. Diese seien von der Sperrwirkung des § 7 Abs. 5 SGB II umfasst. Eine erweiternde Anwendung der Vorschrift auf nicht benannte Bedarfe sei unmöglich. Auch der Verweis auf § 27 Abs. 3 SGB II und die dort genannte Vorschrift des § 22 Abs. 1 S. 1 SGB II gehe fehl. § 27 Abs. 3 SGB II lege fest, unter welchen Voraussetzungen Auszubildende einen Zuschuss zu ihren angemessenen Aufwendungen für Unterkunft und Heizung nach § 22 Abs. 1 SGB II erhalten. Der Bedarf für eine Erstausstattung der Wohnung stelle demgegenüber einen Sonderbedarf dar, der in § 24 Abs. 3 SGB II normiert sei. Leistungen für die Wohnungserstausstattung könnten auch nicht als Darlehen nach § 27 Abs. 4 S. 1 SGB II erbracht werden, da insoweit nur Leistungen für Regelbedarfe, Bedarfe für Unterkunft und Heizung und notwendige Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung erbracht würden, wenn der Leistungsausschluss nach § 7 Abs. 5 SGB II eine besondere Härte bedeute. Ein besonderer Härtefall liege nicht vor.
Gegen dieses am 22.07.2015 zugestellte Urteil richtet sich die am 19.08.2015 erhobene Berufung der Klägerin.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts vom 17.06.2015 zu ändern, den Bescheid vom 03.06.2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 25.06.2014 aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, den Bescheid vom 19.09.2013 zu ändern und ihr die am 16.05.2013 beantragte Erstausstattung als Geldleistung zu bewilligen
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Der Beklagte verweist auf die Entscheidung des Sozialgerichts.
Mit Schreiben vom 12.10.2015 (der Bevollmächtigten der Klägerin zugestellt am 15.10.2015) hat der Senat die Beteiligten darauf hingewiesen, dass eine Entscheidung nach § 153 Abs. 4 SGG beabsichtigt ist.
II.
Die Berufung ist statthaft (§ 144 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGG). Streitgegenstand des Berufungsverfahrens ist der Bescheid vom 03.06.2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 25.06.2014, in dem der Beklagte die Voraussetzungen des § 44 SGB X und damit die Abänderung des Bescheides vom 19.09.2013, d.h. die Gewährung einer Wohnungserstausstattung verneinte. Bei dem Anspruch auf Leistungen für eine Erstausstattung für die Wohnung, einschließlich Haushaltsgegenständen nach § 24 Abs. 3 S. 1 Nr. 1 SGB II handelt es sich um einen eigenständigen, abtrennbaren Streitgegenstand, über den isoliert und unabhängig von den übrigen Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts entscheiden werden kann (BSG, Urteil vom 23.05.2013 – B 4 AS 79/12 R). Der Senat schätzt die Beschwer unter Zugrundelegung des unbezifferten Antrags der Klägerin im Klageverfahren unter Berücksichtigung der im Antrag vom 16.05.2013 gelisteten Gegenstände – u.a. Kühlschrank, Herd, Waschmaschine, Kleiderschrank, Schlafcouch und Fernseher – auf über 750,00 EUR ein (zur Schätzungsbefugnis bei unbeziffertem Berufungsantrag LSG Nordrhein Westfalen, Urteil vom 13.09.2013 – L 19 AS 1477/13). Die Klägerin hat die Berufung form- und fristgerecht eingelegt.
Die Berufung ist unbegründet. Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der angefochtene Bescheid vom 03.06.2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 25.06.2014 ist nicht rechtswidrig iSd § 54 Abs. 2 S. 1 SGG. Die Klägerin hat keinen Anspruch nach § 44 SGB X auf Rücknahme des Bescheides vom 19.09.2013.
Nach § 44 Abs. 1 Satz 1 SGB X ist ein Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen, soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass dieses Verwaltungsaktes das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht worden sind. Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit bzw. Rechtswidrigkeit des Verwaltungsakts ist der Zeitpunkt seiner Überprüfung. Grundlage der Beurteilung ist die damalige Sach- und Rechtslage, bewertet aus heutiger Sicht.
Der Beklagte hat weder das Recht falsch angewandt noch ist er von einem falschen Sachverhalt ausgegangen. Eine Rechtsgrundlage für den Anspruch auf Erstausstattungen der Wohnung einschließlich Haushaltsgegenständen enthält das Gesetz für die Klägerin, die dem Leistungsausschluss des § 7 Abs. 5 SGB II unterfällt, nicht. Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts, die nicht als Arbeitslosengeld II gelten, kann die Klägerin nur nach § 27 SGB II erhalten. Ein Verweis auf § 24 Abs. 3 S. 1 Nr. 1 SGB II ist in dieser Vorschrift nicht enthalten. § 27 Abs. 2 und 3 oder 4 SGB II normiert ebenso wenig einen Anspruch. Insoweit wird auf die zutreffenden Ausführungen des Sozialgerichts im angefochtenen Urteil verwiesen, die sich der Senat nach Prüfung zu eigen macht (§ 153 Abs. 2 SGG).
Ergänzend weist der Senat darauf hin, dass nach der Gesetzesbegründung (BT-Drucks. 17/3404 S. 103) der Gesetzgeber es nur in bestimmten Fällen als erforderlich angesehen hat, zur Sicherung des Lebensunterhalts und der Ausbildung an Auszubildende ergänzende Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende zu erbringen. In Umsetzung der Rechtsprechung des BSG und des BVerwG zu § 7 Abs. 5 SGB II bzw. § 26 BSHG sollte der Leistungsausschluss für Auszubildende nur für sogenannte ausbildungsgeprägte Bedarfe gelten, d.h. insbesondere für den Lebensunterhalt und die Bedarfe für Unterkunft und Heizung. Die den Auszubildenden ergänzend gewährten Leistungen gelten nicht als Arbeitslosengeld II (§ 27 Abs. 1 S. 2 SGB II). Mit der Regelung in § 27 Abs. 2 SGB II hat der Gesetzgeber erstmals Ansprüche auf Mehrbedarfe für Auszubildende gesetzlich normiert und zwar in Höhe der Mehrbedarfe nach § 21 Abs. 2, 3, 5 und 6 sowie nach § 24 Abs. 3 Nr. 2 SGB II. Dies verdeutlicht, dass nach dem Willen des Gesetzgebers eben gerade kein Anspruch auf Erstausstattungen für die Wohnung erfasst sein sollte. Vielmehr handelt es sich um eine enumerative und abschließende Listung. Der Bedarf nach § 24 Abs. 3 S. 1 Nr. 1 SGB II wird vom Gesetzgeber als ausbildungsgeprägter Bedarf eingestuft (LSG Hamburg, Urteil vom 08.07.2014 – L 4 AS 229/13; LSG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 10.01.2012 – L 2 AS 465/11 B; LSG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 03.03.2011 – L 5 AS 36/09).
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.
Gründe, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor.
Erstellt am: 21.04.2016
Zuletzt verändert am: 21.04.2016