Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 17.09.2014 abgeändert und der Beklagte unter Abänderung seines Bescheides vom 16.05.2012 verurteilt, über den Zulassungsantrag der Beigeladene zu 7) unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats neu zu entscheiden. Im Übrigen wird die Berufung der Klägerin zurückgewiesen Der Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Rechtmäßigkeit der der Beigeladenen zu 7) erteilten Sonderbedarfszulassung.
Die Beigeladene zu 7) ist als privatärztliche Internistin mit dem Schwerpunkt Gastroenterologie in E niedergelassen.
Ihren im November 2005 gestellten Antrag, im Rahmen des Sonderbedarfs zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen zu werden, lehnten Zulassungsausschuss und Beklagter mit Beschlüssen vom 29.06.2006 bzw. 10.01.2007 mit der Begründung ab, dass kein dauerhafter Versorgungsbedarf bestehe. Auf die Klage der Beigeladenen zu 7) hob das Sozialgericht (SG) Düsseldorf (Urteil vom 28.01.2009 – S 14 KA 37/07 -) den Bescheid des Beklagten auf und verurteilte diesen zur Neubescheidung unter Beachtung der sozialgerichtlichen Rechtsauffassung: Der Beklagte habe den Sachverhalt unvollständig ermittelt. Die Klägerin habe dargelegt, dass sich ihr Zulassungsbegehren auf die gesamte Breite des Versorgungsbereichs des Schwerpunktes Gastroenterologie erstrecke und nicht nur auf die Erbringung der kurativen Koloskopie und der Vorsorgekoloskopie beschränke. Der Feststellung des Beklagten, dass angesichts der Zahl der niedergelassenen Fachärzte keine Versorgungslücke bestehe, fehle die Grundlage. Insbesondere habe der Beklagte die im Planungsbereich erteilten Ermächtigungen von Prof. Dr. M und Prof. Dr. F, die keinen wesentlichen Begrenzungen im Überweiserkreis unterlägen, nicht ausreichend bewertet. Im Ergebnis sei der Beklagte gehalten, den Sachverhalt weiter aufzuklären und z.B. die Frequenztabellen der ermächtigten und der niedergelassenen Gastroenterologen auszuwerten, deren Kapazitäten zu ermitteln und ggf. zu hinterfragen, in welchem Umfang von den Ermächtigungen tatsächlich Gebrauch gemacht werde. In die Ermittlungen seien die fachärztlich tätigen Internisten und Chirurgen, die auch gastroenterologische Leistungen erbringen, einzubeziehen.
Mit Beschluss vom 26.05.2010 wies der Beklagte den Widerspruch der Beigeladenen zu 7) gegen den Beschluss des Zulassungsausschusses vom 29.06.2006 erneut zurück; aus den Verhältniszahlen und Daten sowie den Leistungsübersichten sei ein dauerhafter Versorgungsbedarf nicht festzustellen. Unzumutbare Wartezeiten bestünden nicht. Die Ermächtigungen von Krankenhausärzten fielen vom Umfang her nicht ins Gewicht; es ginge aufgrund der Spezialisierung nicht um eine Versorgungslücke, sondern eine Nutzbarmachung besonderer Kompetenz. Das SG Düsseldorf (Urteil vom 23.11.2011 – S 14 KA 343/10 -) hob den Beschluss des Beklagten vom 26.05.2010 auf und verurteilte den Beklagten zur Neubescheidung unter Beachtung der in dem Urteil dargelegten Rechtsauffassung: Der Sachverhalt sei nicht ausreichend ermittelt, die Vorgaben des Urteils vom 28.01.2009 seien nicht vollständig umgesetzt, die auf der Grundlage des § 73 Abs. 1a Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) erteilten Ausnahmegenehmigungen seien nicht hinreichend berücksichtigt worden. Bei den sieben zugelassenen Fachärzten für Innere Medizin mit dem Schwerpunkt Gastroenterologie sei zu hinterfragen, welcher Durchschnittsbedarf gegeben sei und wie die Kapazitäten der niedergelassenen Vertragsärzte zu bewerten seien. Dabei sei insbesondere zu berücksichtigen, dass neben den ermächtigten Ärzten in nicht unerheblichem Umfang Vertragsärzte mit einer Genehmigung nach § 73 Abs. 1a SGB V gastroenterologische Leistungen erbracht hätten. Diese seien als nicht gleichrangige Leistungen bei der Bedarfsermittlung zu berücksichtigen. Auch bei den Ermächtigungen bestehe ein solcher Nachrang; dies gelte insbesondere für Prof. Dr. M, bei dem seitens der Zulassungsgremien ein quantitativer und kein qualitativer Versorgungsbedarf gesehen werde.
Mit Beschluss vom 16.05.2012 ließ der Beklagte die Beigeladene zu 7) "mit einer halben Sonderbedarfszulassung als Fachärztin für Innere Medizin – Schwerpunkt Gastroenterologie – für den Vertragsarztsitz G-straße 00, E, zur vertragsärztlichen Versorgung" zu. Zur Begründung führte der Beklagte im Wesentlichen aus, er habe eine Auskunft der Klägerin zu den erteilten Ermächtigungen eingeholt und sich die Häufigkeitstabellen zu den Leistungsziffern 13400 bis 13439, 01741 und 01742 des Einheitlichen Bewertungsmaßstabes (EBM) in den Quartalen IV/2010 bis III/2011 vorlegen lassen. Er habe die Frequenztabellen der niedergelassenen Gastroenterologen und ermächtigten Ärzte beigezogen und stichprobenartig Allgemeinmediziner zum Sonderbedarf und zu den Wartezeiten befragt. Darüber hinaus seien die gastroenterologisch tätigen Fachärzte für Chirurgie sowie die Fachärzte für Innere Medizin mit dem Schwerpunkt Gastroenterologie angeschrieben worden, um den Sonderbedarf bzw. die Wartezeiten zu ermitteln. Im Ergebnis ergebe sich kein Sonderbedarf für gastroenterologische Leistungen; die Wartezeiten bewegten sich in einem zumutbaren Rahmen. Die ermittelten Angaben zu Kapazitäten und Wartezeiten seien jedoch hinsichtlich der Fallzahlen der nach § 73 Abs. 1a SGB V gastroenterologisch tätigen Ärzte sowie der Fallzahlen der ermächtigten Ärzte (Prof. Dr. M und Prof. Dr. F) zu relativieren, zu deren Berücksichtigung er durch das Urteil des SG gehalten sei. Unter Zugrundelegung der Ausnahmegenehmigungen mit einer Fallzahl von rund 375 für die Quartale IV/2010 bis III/2011 und unter Berücksichtigung der Fallzahlen der ermächtigten Ärzte von durchschnittlich 183 (120 bzw. 63) bestehe zumindest ein halber Versorgungsbedarf. Nach den von der Klägerin ermittelten durchschnittlichen Zahlen ergebe sich ein Regelleistungsvolumen im Quartal I/2012 von 766,65 Fällen und im Quartal II/2012 von 739,64 Fällen. In der Praxis A würden pro Arzt 540 bzw. 525 Patienten je Quartal, in den anderen Praxen durchschnittlich ca. 890 Patienten behandelt. Dr. B habe ein rückläufiges gastroenterologisches Aufkommen und freie Kapazitäten bekundet. Bei einem vom SG angenommenen Versorgungsauftrag von rd. 750 Patienten und einem von ihm, dem Beklagten, ermitteltem Regelleistungsvolumen von rd. 760 Fällen könnten die Praxis A, die eine unterdurchschnittliche Fallzahl aufweise, sowie die Praxis B, bei der freie Kapazitäten bestünden, einen Teil der zu berücksichtigenden Fälle auffangen, so dass ein halber Versorgungsauftrag zugesprochen werden könne. Der darüber hinausgehende Antrag auf Zulassung zu einem vollen Versorgungsauftrag sei dagegen zurückzuweisen.
Mit ihrer Klage vom 26.06.2012 hat die Klägerin vorgetragen, bei ihrer Umfrage bei den Fachärzten für Innere Medizin hätten vier Praxen freie Kapazitäten für im Einzelnen benannte gastroenterologische Leistungen bekundet. Die Wartezeiten seien mit bis maximal vier Wochen angegeben worden. Auch die im März 2012 von ihr befragten Ärzte für Allgemeinmedizin hätten einen Sonderbedarf verneint. Wartezeiten seien mit bis zu vier Wochen und bei planbaren Koloskopien mit bis zu zwei Monaten angegeben worden. Aus den Fallzahlen der nach § 73 Abs. 1a SGB V gastroenterologisch tätigen und der ermächtigten Ärzte sei kein halber Versorgungsbedarf herzuleiten. Der Beklagte habe nicht beachtet, dass sämtliche Genehmigungen nach § 73 Abs. 1a SGB V nur für die Nr. 13400 EBM erteilt worden seien, eine Sonderbedarfszulassung aber u.a. erfordere, dass Bedarf für die gesamte Breite des Schwerpunktes bestehe und dass dadurch eine wirtschaftlich tragfähige Praxis gewährleistet sei. Bei den Ermächtigungen habe ebenfalls nicht auf die Fallzahlen abgestellt werden dürfen, sondern nur auf die erbrachten gastroenterologischen Gebührenordnungspositionen 13400, 13401, 13410, 13421, 13423 und 13421 EBM. Schließlich habe Dr B auf Befragen erklärt, er und seine Praxiskollegen könnten die Fälle der Genehmigung nach § 73 Abs. 1a SGB V und der Ermächtigungen problemlos auffangen.
Die Klägerin hat beantragt,
den Beschluss des Beklagten vom 16.05.2012 aufzuheben.
Der Beklagte hat unter Hinweis auf seinen Beschluss beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beigeladene zu 7) hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat vorgetragen, der Beklagte sei entsprechend der gerichtlichen Vorgaben und in den Grenzen seines Beurteilungsspielraums zutreffend davon ausgegangen, dass sich aufgrund der statusrechtlichen Nachrangigkeit der Leistungserbringer mit einer Ausnahmegenehmigung gemäß § 73 Abs. 1a SGB V sowie auf der Grundlage von Ermächtigungen ein Sonderbedarf jedenfalls für einen hälftigen Versorgungsauftrag ergebe.
Das SG Düsseldorf hat die Klage mit Urteil vom 17.09.2014 abgewiesen. Die der Beigeladenen zu 7) erteilte Sonderbedarfszulassung als Fachärztin für Innere Medizin mit dem Schwerpunkt Gastroenterologie mit hälftigem Versorgungsauftrag sei nicht zu beanstanden. Der Beklagte habe in zutreffender Weise einen Bedarf für einen hälftigen Versorgungsauftrag angenommen. Er sei gehalten gewesen, seine Entscheidung nicht allein auf die Erkenntnisse zu den Kapazitäten und Wartezeiten bei den bereits vorhandenen gastroenterologisch tätigen Vertragsärzte zu stützen, sondern insbesondere die Fallzahlen der ermächtigten Ärzte sowie der auf der Grundlage einer Ausnahmegenehmigung nach § 73 Abs. 1a SGB V gastroenterologisch tätigen Ärzte zu berücksichtigen. Die insoweit angestellten Ermittlungen und die hieraus gezogenen Schlussfolgerungen seien im Rahmen des weiten Beurteilungsspielraums des Beklagten jedenfalls nicht unvertretbar. Das Vorbringen der Klägerin ginge insoweit an den entscheidungserheblichen Fragen vorbei, als ihm nicht entnommen werde könne, inwieweit der Beklagte die Vorgaben der alle Beteiligten bindenden Vorentscheidungen missachtet haben könnte. Bedenken, ob das angenommene Versorgungsdefizit als Grundlage für eine wirtschaftlich tragfähige Vertragsarztpraxis ausreiche, habe die Klägerin nicht substantiiert; auch das Gericht könne keine Anhaltspunkte für die Annahme erkennen, dass ein hälftiger Versorgungsauftrag keine hinreichende wirtschaftliche Grundlage für eine gastroenterologische Vertragsarztpraxis darstellen könne.
Mit ihrer gegen das am 06.11.2014 zugestellte Urteil gerichteten Berufung vom 04.12.2014 trägt die Klägerin vor, das SG gehe zu Recht davon aus, das der Beklagte durch das Urteil vom 23.11.2011 gebunden sei. Danach sei der Beklagte gehalten, seine Entscheidung nicht allein auf die Erkenntnisse zu den Kapazitäten und Wartezeiten bei den bereits vorhandenen gastroenterologisch tätigen Vertragsärzten zu stützen, sondern insbesondere die Fallzahlen der ermächtigten Ärzte sowie der auf der Grundlage einer Ausnahmegenehmigung nach § 73 Abs. 1a SGB V gastroenterologisch tätigen Ärzte zu berücksichtigen. Die von dem Beklagten aufgrund seiner Ermittlungen gezogenen Schlussfolgerungen seien entgegen der Auffassung des SG jedoch nicht vertretbar, wie sich bereits aus ihren nochmals wiedergegebenen erstinstanzlichen Ausführungen ergebe.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 17.09.2014 abzuändern und den Bescheid des Beklagten vom 16.05.2012 aufzuheben.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung der Klägerin zurückweisen.
Er ist der Auffassung, die Klägerin verkenne den den Zulassungsgremien eingeräumten Beurteilungsspielraum. Sie setzte ihre Wertung anstelle der des Beklagten; im Übrigen hätte sie in der von ihm geführten Verhandlung dezidiert zur Sachverhaltsermittlung beitragen könne, habe dies aber unterlassen.
Die Beigeladene zu 7) verteidigt das erstinstanzliche Urteil. Die Klägerin gehe von einem richtig und vollständig ermittelten Sachverhalt aus, wolle diesen aber anders beurteilt wissen. Allein eine andere Auffassung über die Beurteilung des ermittelten Sachverhalts reiche für sich gesehen nicht aus, die Beurteilungserwägungen des Beklagten zu erschüttern.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt der Gerichtsakten, der Akten S 14 KA 37/07 und S 14 KA 343/10, beide SG Düsseldorf, sowie der Verwaltungsvorgänge der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung der Klägerin ist begründet.
Das SG hat die Entscheidung des Beklagten in seinem Beschluss vom 16.05.2012 zu Unrecht bestätigt, denn der Beschluss ist rechtswidrig und beeinträchtigt die Klägerin, die aufgrund der ihr übertragenen Verantwortung für eine den gesetzlichen und vertraglichen Erfordernissen entsprechende Durchführung der vertragsärztlichen Versorgung (§ 75 Abs. 1 SGB V) berechtigt ist, die Entscheidungen der Zulassungs- und Berufungsausschüsse anzufechten (Bundessozialgerichts (BSG), Urteil vom 29.09.1999 – B 6 KA 1/99 R -), unmittelbar in eigenen Rechten.
Das SG ist bei seinen bisherigen Entscheidungen in Übereinstimmung mit der zu sog. Sonderbedarfszulassungen ergangenen Rechtsprechung (z.B. BSG, Urteile vom 02.09.2009 – B 6 KA 34/08 R – und vom 08.12.2010 – B 6 KA 36/09 R -) zu Recht davon ausgegangen, dass den Zulassungsgremien bei der Beurteilung, ob bzw. inwieweit die bereits zugelassenen Ärzte eine ausreichende Versorgung gewährleisten oder ob in diesem Versorgungsbereich der Versorgungsbedarf nicht gedeckt ist, ein Beurteilungsspielraum zusteht, in den einzugreifen den Gerichten nur in engem Maße gestattet ist. Einen Beurteilungsspielraum haben die Zulassungsgremien zum einen bei der Bewertung, Gewichtung und Abwägung der ermittelten Tatsachen und zum anderen – und vor allem – bei der schlussfolgernden Bewertung, ob und inwieweit der Versorgungsbedarf bereits durch das Leistungsangebot der zugelassenen Ärzte gedeckt ist oder ob noch ein Versorgungsbedarf besteht.
Soweit die Zulassungsgremien z.B. dem Umfang der Leistungserbringung durch die bereits zugelassenen Ärzte entscheidende Bedeutung beimessen, muss ihr Beurteilungsergebnis auf ausreichend fundierte Ermittlungen gegründet sein. Bei der Frage, wie weit sie ihre Ermittlungen erstrecken, haben die Zulassungsgremien keinen Beurteilungsspielraum. Denn der Umfang ihrer Ermittlungen ist durch § 21 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) vorgegeben; die Ermittlung des Sachverhalts muss das nach pflichtgemäßem Ermessen erforderliche Maß ausschöpfen, d.h. so weit gehen, wie sich weitere Ermittlungen als erforderlich aufdrängen (§ 21 Abs. 1 Satz 1 SGB X).
Ferner hat das SG bei seinen Entscheidungen vom 23.11.2011 und 17.09.2014 zutreffend beachtet, dass seine Überprüfungskompetenz für den hier vorliegenden Fall einer bereits rechtskräftigen gerichtlichen Verpflichtung zu erneuter Bescheidung, durch das Prozessrecht zusätzlich eingeschränkt ist. Rechtskräftige Urteile binden gemäß § 141 Abs. 1 Nr. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) die Beteiligten und ihre Rechtsnachfolger, soweit über den Streitgegenstand entschieden worden ist. Im Interesse der Rechtssicherheit und des Rechtsfriedens, zweier Ausprägungen des Rechtsstaatsprinzips, darf eine sachlich abweichende Entscheidung zwischen denselben Beteiligten nicht mehr ergehen. Die Rechtskraft schafft hierzu ein in jeder Verfahrenslage von Amts wegen zu beachtendes Hindernis für eine erneute gerichtliche Nachprüfung des Anspruchs, über den bereits bindend entschieden worden ist. Diese Bindungswirkung gilt nicht nur für die Beteiligten, sondern erfasst auch die Gerichte in einem späteren Prozess dieser Beteiligten über denselben Gegenstand. In dem Sonderfall eines Bescheidungsurteils, wie es bei nicht ordnungsgemäßer Ausübung des Beurteilungsspielraums in entsprechender Anwendung von § 131 Abs. 3 SGG ergeht, bestimmt die in den Entscheidungsgründen des Urteils als maßgeblich zum Ausdruck gebrachte Rechtsauffassung des Gerichts die Reichweite von dessen Rechtskraft. Die Bindungswirkung eines Bescheidungsurteils erfasst dabei nicht allein die Gründe, aus denen das Gericht den angefochtenen Verwaltungsakt als rechtswidrig aufhebt. Die materielle Rechtskraft erstreckt sich vielmehr auch auf alle Rechtsauffassungen, die das Bescheidungsurteil der Behörde bei Erlass des neuen Verwaltungsakts zur Beachtung vorschreibt (u.v.a. BSG, Urteil vom 27.06.2007 – B 6 KA 27/06 R -).
Davon ausgehend, hat sich das SG im Ansatz zu Recht sinngemäß auf die Prüfung beschränkt, ob der Beklagte insbesondere unter Berücksichtigung der Leistungen der ermächtigten Ärzte und der Vertragsärzte, die aufgrund einer Genehmigung nach § 73 Abs. 1a SGB V gastroenterologische Leistungen erbringen, den Sachverhalt hinreichend ermittelt und darauf beruhend vertretbar auf einen einen hälftigen Versorgungsauftrag rechtfertigenden Sonderbedarf geschlossen hat.
Dem vom SG gewonnenen Ergebnis dieser Prüfung ist nicht beizutreten; vielmehr besteht weiterhin ein Ermittlungsdefizit. Der Beklagte wird weiter zu ermitteln haben, inwieweit die niedergelassenen Ärzte die von den ermächtigten Ärzten und den aufgrund einer Genehmigung nach § 73 Abs. 1a SGB V tätigen Vertragsärzten erbrachten gastroenterologische Leistungen auffangen können. Es bieten sich u.a. insbesondere die Fragen an: Ist Dr. A hinsichtlich der gastroenterologischen Leistungen zu einer Anpassung seines Leistungsvolumens an den Durchschnitt oder darüber hinaus bereit bzw. in der Lage? Wie groß genau ist die von Dr. B und Dr. N für ihre Praxis für möglich erachtete Steigerung der gastroenterologischen Leistungen? Sind die Ärzte, insbesondere Dr. N, zu dieser Leistungssteigerung bereit?
Der Beklagte hat, was auch unstreitig ist, festgestellt, dass insbesondere aufgrund der Angaben zu Kapazitäten und Wartezeiten im Bereich der niedergelassenen Vertragsärzte kein Bedarf an weiteren, gastroenterologische Leistungen erbringenden Ärzten besteht. Unter Zugrundelegung der durchschnittlichen Fallzahlen in der Arztgruppe Innere Medizin/Gastroenterologie von 739 bis 766 ergäben sich bei Dr. A, der im Durchschnitt 540 bzw. 525 Patienten behandele, und bei den Dres. B und N, für die Dr. B eine problemlose Befriedigung einer höheren Nachfrage bekundet habe, freie Kapazitäten. Zu berücksichtigen seien aber die rund 375 Fälle der nach § 73 Abs. 1a SGB V gastroenterologische Leistungen erbringenden Ärzte und die durchschnittlich 183 Fälle der ermächtigten Ärzte Prof. Dr. F und Prof. Dr. M, mithin 558 Fälle, von denen die Praxis Dr. A und Dr. B pp einen Teil auffangen könnten, so dass ein halber Versorgungsauftrag verbleibe.
Hinsichtlich der letztgenannten Schlussfolgerungen fehlen die tragenden Tatsachenfeststellungen. Dr. B hat nach den Ausführungen des Beklagten für die Praxis der Dres. B und N die Erbringung von drei weiteren Koloskopien am Vormittag für möglich erachtet; das entspricht mehr als 180 Koloskopien im Quartal. Dementsprechend hat Dr. B bei seiner Befragung eine mögliche Steigerung um 200 Koloskopien durch Dr. N angegeben. Bei einer Gleichsetzung mit Fallzahlen reduziert sich der von dem Beklagten zugrunde gelegte Überhang von 558 Fällen mithin auf 358 Fälle. Inwieweit eine weitere Reduzierung dieser Fallzahlen aufgrund der Angaben des Dr. B "Auch die endoskopischen Leistungen könnte ich ausweiten" in Betracht kommt, ist ebenso ungeklärt wie die Frage, ob Dr. N überhaupt bereit ist, mehr als ein "halbes Programm" zu machen. Die von dem Beklagten angeführten offenen Kapazitäten des Dr. A belaufen sich im Vergleich zum Durchschnitt auf ca. 220 Fälle (540 + 525 = 1.065: 2 = 532,5 zu 739 + 766 = 1.505: 2 = 752,5). Werden diese Fälle von den vorgenannten 358 Fällen in Abzug gebracht, verblieben bereits ungeachtet einer noch möglichen Leistungssteigerung von Dr. B (s.o.) lediglich 138 Fälle, die bei durchschnittlichen Fallzahlen von 752,5 einen halben Versorgungsauftrag nicht rechtfertigen können. Ungeklärt ist aber die schon vorgenannte Frage, ob Dr. A hinsichtlich der gastroenterologischen Leistungen zu einer Anpassung seines Leistungsvolumens an den Durchschnitt oder darüber hinaus bereit bzw. in der Lage ist.
Im Übrigen unterliegt der Beschluss des Beklagten keiner Beanstandung.
Nach dem alle Beteiligten bindenden Urteil des SG Düsseldorf vom 23.11.2011 sind "Ausnahmegenehmigungen gem. § 73 Abs. 1a Satz 3 SGB V" "mit der Folge der Bedarfsdeckung zu bewerten", mithin alle Leistungen aufgrund der Ausnahmegenehmigungen ohne Differenzierung zu berücksichtigen. Im Übrigen geht der sinngemäße Hinweis der Klägerin auf einen einseitigen und nicht die gesamte Breite des Schwerpunkts ausfüllenden Bedarf schon deshalb fehl, weil die Beklagte insoweit allein auf die Vertragsärzte abstellt, die aufgrund der Ausnahmegenehmigung tätig sind, und die ermächtigten Ärzte außer Betracht lässt, die vorliegend selbst nach den Angaben der Klägerin weitere zu berücksichtigende gastroenterologische Leistungen erbringen. Der Hinweis der Klägerin, eine nach ihrer Auffassung bestehende hohe Spezialisierung der ermächtigten Ärzte sei nicht berücksichtigt worden und es dürften überhaupt allenfalls die von ihr im Einzelnen benannten Leistungsziffern einbezogen werden, führt ebenfalls nicht weiter. In seinen beiden Entscheidungen vom 28.01.2009 und 23.11.2011 hat sich das SG Düsseldorf mit dem im Wesentlichen weiterhin gleichen Leistungsumfang der ermächtigten Ärzte umfassend beschäftigt und keinen Zweifel daran gelassen, dass deren "Leistungen dennoch in die zusammenfassende Gesamtbetrachtung des Versorgungsbedarfs mit einzubeziehen" sind (s. Urteil vom 23.11.2011 ausdrücklich zu Prof. Dr. M). Im Übrigen erschließt sich aber auch ansonsten nicht, aus welchem Grund nicht sämtliche Leistungen, die die ermächtigten Ärzte im Rahmen ihrer Ermächtigung erbringen, Berücksichtigung finden sollten.
Die Frage einer wirtschaftlich tragfähigen Praxis hat der Beklagte mit seinen Feststellungen zumindest inzidenter zutreffend beantwortet. Da der Beklagte davon ausgeht, dass aufgrund der durchschnittlichen Fallzahlen in der Arztgruppe Innere Medizin/Gastroenterologie die nicht abgedeckten Fallzahlen einen hälftigen Versorgungsauftrag rechtfertigen, also ein Bedarf in etwa der Hälfte der durchschnittlichen Fallzahlen besteht, liegt darin bereits inzidenter die Feststellung der wirtschaftlich tragfähigen Praxis, denn ansonsten müsste die gesamte Arztgruppe Innere Medizin/Gastroenterologie eine nicht wirtschaftlich tragfähigen Praxis betreiben. Konkreter Feststellungen bedurfte es bereits mangels jeglichen entgegenstehenden Vortrags der Klägerin nicht.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 Satz 1 Teilsatz 3 SGG i.V.m. § 154 Abs. 1 und 2 Verwaltungsgerichtsordnung.
Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 160 Abs. 2 SGG).
Erstellt am: 07.06.2016
Zuletzt verändert am: 07.06.2016