NZB verworfen
Die Berufung der Kläger gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Düsseldorf vom 16.05.2012 wird zurückgewiesen. Die Beklagte hat den Klägern in beiden Rechtszügen ein Viertel der notwendigen außergerichtlichen Kosten zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten, ob die den Klägern im Zeitraum vom 01.03.2007 bis 31.08.2007 darlehensweise erbrachten Leistungen nach dem Vierten Kapitel des SGB XII als Zuschuss zu gewähren sind.
Die 1935 geborene Klägerin zu 1 und ihr Ehemann, der 1928 geborene Kläger zu 2, bewohnen das Hausgrundstück B-straße 00 in N, das im Alleineigentum der Klägerin steht. Sie beziehen jeweils eine Altersrente, deren monatliche Auszahlungsbeträge sich im streitigen Zeitraum bei der Klägerin auf 182,84 EUR und bei dem Kläger auf 266,43 EUR beliefen.
Die Klägerin und ihre Mutter als damalige Eigentümerin des Grundstücks B-straße 00 hatten bereits im Jahr 1980 einen Erbvertrag geschlossen (Urkunde des Notars Dr. T vom 08.09.1980). Darin wurde die Klägerin zur (alleinigen) befreiten Vorerbin nach ihrer Mutter berufen; Nacherben sind die sechs gemeinsamen Kinder der Kläger. Der Kläger wurde für den Fall eines Versterbens der Klägerin vor ihrer Mutter zum nicht befreiten Ersatzerben berufen. Außerdem vermachte die Mutter dem Kläger bei Eintritt der Nacherbfolge ein Nießbrauchsrecht an dem Grundstück. Die Mutter der Klägerin verstarb im Jahr 1989, worauf die Klägerin am 07.12.1989 als Alleineigentümerin ins Grundbuch eingetragen wurde.
Die Kläger bezogen bereits vor 2003 Leistungen nach dem BSHG, die ihnen im Hinblick auf die Immobilie als Darlehen gewährt wurden. Zugunsten der Beklagten wurde als Sicherheit insoweit eine Grundschuld über 15.000 DM zzgl. Zinsen im Grundbuch eingetragen. Ab dem 01.01.2005 gewährte die Beklagte den Klägern Leistungen der Grundsicherung nach dem Vierten Kapitel des SGB XII.
Die Weitergewährung der Leistungen ab Juli 2006 lehnte die Beklagte unter Verweis auf verwertbares Vermögen in Form des Hausgrundstücks zunächst ab. Im Rahmen eines hierauf angestrengten Eilverfahrens vor dem SG Düsseldorf (S 43 SO 20/06 ER), in dem die Kläger angaben, die noch bestehenden Belastungen des Hauses übernehme mit 230 EUR monatlich faktisch die Tochter Q als Mieterin, erklärte sich die Beklagte ohne Anerkennung einer Rechtspflicht bereit, den Klägern bis Ende September 2006 Leistungen als Darlehen zu gewähren (Bescheid vom 01.09.2006). In einem weiteren Eilverfahren (S 43 SO 30/06 ER) erklärte sich die Beklagte wiederum ohne Anerkennung einer Rechtspflicht bereit, den Klägern weiter bis Ende November 2006 Leistungen als Darlehen zu gewähren. Zugleich forderte die Beklagte die Kläger auf, detaillierte Angaben zu dem Objekt und den Einnahmen durch eine Vermietung an die Tochter zu machen. Nachdem weitere Unterlagen hierzu auch nach Erinnerung und Anhörung zu einer Leistungseinstellung nicht vorgelegt worden waren, stellte die Beklagte die Leistungen ab Dezember 2006 vorläufig ein (Bescheid vom 22.11.2006).
Einen von ihr ausgefüllten Fragebogen zu der Immobilie legte die Klägerin am 29.01.2007 bei der Beklagten vor. Darin gab sie an, die Gesamtwohnfläche des Hauses liege bei 138,25 qm, wovon die selbst bewohnte Wohnung eine Fläche von 69,55 qm habe. Eine weitere Wohnung mit einer Fläche von 49,39 qm sei an die Tochter Q vermietet; die Miete betrage jährlich ohne Nebenkosten 3.060 EUR. Mietzahlungen seien allerdings erst nach der Sanierung zu leisten; derzeit sei die Wohnung ohne Heizung. Außerdem sei noch ein "Leerzimmer" mit 19,31 qm für die Übernachtung der Kinder vorhanden. Die Belastungen für die Immobilie beliefen sich auf ca. 40.000 EUR; dafür seien pro Jahr 2.760 EUR an Zinsen an die Sparkasse zu zahlen. Weiter ergab sich aus den Angaben und beigefügten Unterlagen ein Beitrag zur Wohngebäudeversicherung von jährlich 346,10 EUR, Grundbesitzabgaben (Grundsteuer, Müllabfuhr, Straßenreinigung) für 2007 von 501,28 EUR, Wassergebühren für 2007 von monatlich 62,00 EUR sowie ein Abschlag für Gas von monatlich 131,00 EUR.
Die Beklagte holte ein Gutachten der Städtischen Bewertungsstelle (Dipl.-Architektin N) ein, das am 07.02.2007 bei ihr einging. Danach beträgt die Grundstücksgröße 626 qm (Flurstück 000: 592 qm, Flurstück 001: 34 qm); der Wert belaufe sich auf 88.994,00 EUR. Das Gebäude sei ein 1957 erbautes Reihenhaus mit zwei abgeschlossenen Wohnungen im Obergeschoss (OG) und Dachgeschoss (DG). Im Erdgeschoss (EG) befänden sich der Eingang sowie zwei Garagen. Die Wohnfläche der OG-Wohnung betrage 69,80 qm, die der DG-Wohnung 65,30 qm (Gesamtwohnfläche 135,10 qm). Der Allgemeinzustand sei einfach und renovierungsbedürftig; u.a. seien starke Feuchtigkeitsschäden vorhanden, insbesondere an der Putzfassade der Rückseite mit Abplatzungen sowie in der DG-Wohnung in den Gauben an der Rückseite mit Schimmelbildung. Die Zentralheizung sei überaltert und weise nicht mehr zulässige Abgaswerte auf; ein im DG vorhandener Gasofen sei vom Schornsteinfeger nicht mehr abgenommen worden. Das Bad im OG weise nach Reparatur eines Rohrbruchs Löcher in der Wand auf. Das Bad im DG sei nach einem Rohrbruch nicht repariert worden, so dass sich dort weiterhin ein großer Mauerdurchbruch befinde. Die Fenster im EG und DG seien einfachverglast und schlössen nicht mehr richtig. Der Herstellungswert belaufe sich auf 170.480,00 EUR; davon seien Abschläge aufgrund des Alters von 73.647,00 EUR und aufgrund der Bauschäden von 40.000,00 EUR zu machen, so dass sich unter Berücksichtigung eines Zuschlages von 3.000,00 EUR für den Balkon und die Stahlbetontreppe zum Garten ein Zeitwert von 59.833,00 EUR ergebe. Einschließlich des Zeitwertes der Gartenanlagen (3.500 EUR) und des Bodenwertes des Grundstücks ergebe sich ein Sachwert von insgesamt 152.327,00 EUR. Hiervon sei aufgrund der unzeitgemäßen und unfunktionalen Raumaufteilung sowie der Ausstattung beider Wohnungen und der Marktlage ein Abschlag von ca. 20% vorzunehmen, so dass sich der Verkehrswert auf 120.000,00 EUR belaufe.
In einem weiteren Eilverfahren vor dem SG Düsseldorf (S 24 SO 5/07 ER) erklärte sich die Beklagte bereit, den Klägern ab dem 01.02.2007 Leistungen der Grundsicherung als Darlehen gegen dingliche Sicherung zu gewähren. Dies setzte sie mit Bescheid vom 02.03.2007 um und bewilligte den Klägern für den Zeitraum von Februar bis einschließlich August 2007 darlehensweise Leistungen i.H.v. insgesamt 295,77 EUR monatlich. Dabei ging sie unter Ansatz der Regelbedarfe, Kosten der Unterkunft (153,48 EUR) und Heizkosten (67,68 EUR) unter Abzug einer Pauschale für Warmwasser (12,18 EUR) von einem monatlichen Bedarf in Höhe von 830,98 EUR aus; hierauf rechnete sie die Altersrenten sowie Mieteinkünfte von monatlich 85,94 EUR als Einkommen an. Da die Immobilie nicht geschützt sei, bestehe lediglich ein Anspruch auf ein Darlehen. Als Nebenbestimmung wurde geregelt, dass das Darlehen mit 2 Prozent über dem am 31.12. des Vorjahres geltenden Basiszinssatz der EZB zu verzinsen sei; außerdem sei zur Sicherung des Darlehens eine Grundschuld von 3.550,00 EUR einzutragen. Im Übrigen werde erwartet, dass sich die Kläger ernsthaft und nachweislich um die Verwertung des Objekts bemühten; hierzu werde eine Frist von sechs Monaten, beginnend ab März 2007, eingeräumt.
Gegen den Bescheid vom 02.03.2007 legten die Kläger am 19.03.2007 Widerspruch ein mit der Begründung, ihr Grundvermögen sei geschützt. Der Notar lehne die Eintragung einer Grundschuld ab, bis der Erbvertrag dem Willen der Erblasserin entspreche.
In der Folgezeit ergingen für die einzelnen Monate von April bis Juni 2007 mehrere Bescheide, mit denen jeweils Leistungen in Höhe von 295,77 EUR gewährt wurden. Für den Monat Juli 2007 bewilligte die Beklagte zunächst einen Betrag von 221,18 EUR; mit Bescheid vom 20.07.2007 wurden sodann Leistungen für den Zeitraum von Juli 2007 bis Juni 2008 als Darlehen in Höhe von monatlich 284,35 EUR gewährt.
Nach Beteiligung sozial erfahrener Personen half die Beklagte dem Widerspruch gegen den Bescheid vom 02.03.2007 mit Widerspruchsbescheid vom 16.03.2010 insoweit ab, als sie für den Monat Februar 2007 die Leistungen als Zuschuss bewilligte, weil die rückwirkende Gewährung eines Darlehens nicht zulässig sei. Im Übrigen wies sie den Widerspruch zurück, da hinsichtlich des Zeitraums März bis August 2007 nur ein Anspruch auf ein Darlehen bestehe. Die Immobilie sei kein Schonvermögen, da sie als Zweifamilienhaus generell nicht geschützt sei. Darüber hinaus sei auch das Grundstück unangemessen groß. Der am 16.03.2010 von der Beklagten abgesandte Widerspruchsbescheid ging den Kläger am 17.03.2010 zu.
Mit einem am 19.04.2010 (Montag) beim Sozialamt der Stadt E eingegangenen Schreiben haben die Kläger Klage erhoben. Das Sozialamt hat das Schreiben der Kläger an das Sozialgericht Düsseldorf weitergeleitet, wo es am 21.04.2010 eingegangen ist.
Die Kläger haben ihre Klage damit begründet, sie hätten für die Zeit von März bis August 2007 Anspruch auf Leistungen als Zuschuss. Die Wohnung im DG sei nicht zu berücksichtigen, da sie nicht renoviert und daher nicht bewohnbar sei; die Tochter Q habe dort auch zu keiner Zeit gewohnt. Die von ihnen bewohnte Wohnung habe lediglich eine Wohnfläche von 69,80 qm und sei daher angemessen, zumal die Klägerin schwerbehindert sei. Die Größe des Grundstücks sei unschädlich, da es sich um Gartenfläche handele. Das Hausgrundstück sei somit Schonvermögen i.S.d. § 90 Abs. 2 Nr. 8 SGB XII. Die Immobilie sei ohnehin wegen erheblicher Sanierungsbedürftigkeit allenfalls 100.000 EUR wert; davon entfielen 30.000 EUR auf die nicht nutzbare DG-Wohnung. In gleicher Höhe bestünden Verbindlichkeiten bei der Sparkasse, so dass eine wirtschaftliche Unverwertbarkeit vorliege. Eine Verwertung würde für die Kläger zudem eine Härte bedeuten, denn die Klägerin sei lediglich Vorerbin vor ihren Kindern, auf die die Immobilie als Familienbesitz übergehen solle. Für den Kläger sei bei Eintritt der Nacherbfolge ein Nießbrauchsrecht vereinbart worden.
Die Kläger haben beantragt,
die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 02.03.2007 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16.03.2010 zu verurteilen, ihnen Grundsicherung in Form einer nicht rückzahlbaren Hilfe für die Zeit vom 01.03.2007 bis 31.08.2007 zu gewähren.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat die angefochtenen Bescheide verteidigt. Das Hausgrundstück unterfalle angesichts seiner Größe nicht dem Schonvermögen. § 90 Abs. 2 Nr. 8 SGB XII schütze nur das Grundbedürfnis Wohnen, nicht aber die Immobilie als Bestand. Die tatsächliche Wohnfläche übersteige den für zwei Personen angemessenen Wert von 90 qm um 50 Prozent; denn zu berücksichtigen sei die Gesamtfläche des Hauses. Es gebe keine konkreten Anhaltspunkte dafür, dass der Wert des Hausgrundstücks nur noch bei 100.000 EUR liege. Unabhängig davon verbleibe bei einem Verkauf auch bei Abzug der Belastungen noch ein Wert von 70.000 EUR, so dass keine wirtschaftliche Unverwertbarkeit vorliege. Aus dem Erbvertrag und der Stellung der Klägerin als befreite Vorerbin folge keine unbillige Härte; vielmehr erlaube der notarielle Erbvertrag gerade Verfügungen der Klägerin über das Grundstück. Die Argumentation der Klägerin laufe auf einen Schutz des Nachlasses für die Erben hinaus; dass widerspräche jedoch sozialhilferechtlichen Grundsätzen.
Mit Gerichtsbescheid vom 16.05.2012 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Die Kläger hätten im Zeitraum März bis August 2007 lediglich Anspruch auf ein Darlehen. Sie verfügten über vorrangig einzusetzendes Vermögen, und zwar in Form der DG-Wohnung, die nicht von ihnen selbst bewohnt werde und daher auch nicht nach § 90 Abs. 2 Nr. 8 SGB XII geschützt sei. Die DG-Wohnung lasse sich auch einzeln veräußern. Denn sie sei eine abgeschlossene Wohnung, für die eine Teilungsgenehmigung eingeholt und die anschließend als Etagenwohnung verkauft werden könne. Eine wirtschaftliche Unverwertbarkeit bestehe nicht. Denn der zu erwartende Verkaufserlös für die DG-Wohnung überschreite die Verbindlichkeiten bei weitem; außerdem seien die Kläger verpflichtet, nach Veräußerung der DG-Wohnung mit der Sparkasse neu über die Grundschulden zu verhandeln. Die Verwertung stelle für die Kläger auch keine Härte dar. Der Schutz des Familienfriedens wegen faktischer Enterbung der Kinder sei kein anerkennenswerter Grund. Auch verbleibe den Klägern bei einer separaten Verwertung der DG-Wohnung noch ihre eigene Wohnung. Schließlich sei auch davon auszugehen, dass sich die DG-Wohnung innerhalb eines angemessenen Zeitraums veräußern lasse. Etwas anderes könnte nur dann gelten, wenn Verkaufsbemühungen über einen längeren Zeitraum ohne Erfolg blieben. Die Kläger hätten jedoch bislang keine Versuche unternommen, die DG-Wohnung zu veräußern. Auch die Nebenbestimmungen seien nicht aufzuheben, denn die Leistungserbringung könne davon abhängig gemacht werden, dass der Anspruch auf Rückzahlung dinglich oder in anderer Weise gesichert werde.
Gegen den am 21.05.2012 zugestellten Gerichtsbescheid haben die Kläger am 20.06.2012 Berufung eingelegt. Sie tragen vor, die DG-Wohnung lasse sich praktisch nicht getrennt veräußern. Sie sei erheblich sanierungsbedürftig. Die Gesamtkosten einer Sanierung seien auf 30.000 EUR zu schätzen, wovon der Großteil auf die DG-Wohnung entfalle. Es sei gänzlich ausgeschlossen, dass sich ein Käufer für eine derartige Wohnung finde; Immobilien dieser Art würden entweder in Gänze oder gar nicht erworben. Darüber hinaus verliere die Immobilie durch eine Teilung weiter an Wert und sei nicht mehr am Markt verwertbar. Aus diesem Grund sei auch davon auszugehen, dass die Sparkasse als Gläubigerin der Grundschuld einer Teilung des Eigentums nicht zustimmen werde. Darüber hinaus wäre eine Verwertung für die Kläger eine besondere Härte. Denn das Haus sei das elterliche Haus der Klägerin, das sich seit Jahrzehnten in Familienbesitz befinde. Die Kläger seien früher selbständig und gut situiert gewesen; nur aufgrund einer unglücklichen betriebswirtschaftlichen Entwicklung seien sie jetzt auf Leistungen der Grundsicherung angewiesen. Die Immobilie sei alles, was ihnen noch geblieben sei, da sie ansonsten in ärmsten Verhältnissen lebten.
Zu einem vom Senat eingeholten Gutachten des Sachverständigen F haben die Kläger ausgeführt, es erstaune, wenn der Wert des Hausgrundstückes ohne Besichtigung durch den Gutachter habe ermittelt werden können. Der Gutachter stelle letztlich nur Vermutungen an. Insbesondere die Sanierungskosten seien tatsächlich höher als von ihm angegeben. Aus Vergleichsangeboten anderer Immobilien in N sei zu schließen, dass er den Verkaufswert viel zu hoch angesetzt habe.
Schließlich haben die Kläger unter Bezugnahme auf das Urteil des Senats vom 05.05.2014 – L 20 SO 58/13 und die hierauf ergangene Entscheidung des BSG vom 24.03.2015 – B 8 SO 12/14 R die Frage der Angemessenheit des Hausgrundstücks im Hinblick auf die sog. "Kombinationstheorie" aufgeworfen. Stelle man im Sinne dieser Entscheidungen nicht auf starre Wertgrenzen, sondern auf eine Gesamtbetrachtung aller in § 90 Abs. 2 Nr. 8 SGB XII aufgeführten personen-, sach- und wertbezogenen Kriterien ab, könne die Überschreitung der Angemessenheit bei der Wohnfläche nicht entscheidungsrelevant sein. Denn das Haus verfüge nur über zwei kleine Wohnungen in zudem schlechten Zustand; die Wohnung im DG sei renovierungsbedürftig und nicht vermietbar. Es bestehe dann kein Unterschied zu einem Einfamilienhaus-Grundstück mit einer Wohnfläche von 119 qm, das (wie im den genannten Entscheidungen zugrundeliegenden Fall) von ein oder zwei Personen selbst genutzt werde. Die DG-Wohnung habe seinerzeit vermietet werden sollen. Wegen der nicht durchgeführten Renovierung sei dies aber nicht umgesetzt worden; dieser Teil des Hauses werde nicht genutzt und könne auch nicht genutzt werden. Sie – die Kläger – seien nicht schlechter zu stellen als Hauseigentümer, die einen Teil des Hauses durch Vermietung verwerten könnten und bei denen infolgedessen nur auf den bewohnten Anteil des Hauses abzustellen sei (Bezugnahme auf SG Stade S 17 AS 230/06).
In einer ersten mündlichen Verhandlung vor dem Senat vom 22.10.2013 hat die Beklagte die einzelnen Bescheide, die im Anschluss an den Bescheid vom 02.03.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 16.03.2010 noch für die Monate März bis Juli 2007 ergangen sind, aufgehoben. In der weiteren mündlichen Verhandlung vom 11.07.2016 hat der Prozessbevollmächtigte der Kläger erklärt, im vorliegenden Verfahren werde einzig um die Leistungsform (Zuschuss statt Darlehen) gestritten; sonstige Leistungsmodalitäten stünden nicht im Streit. Die Beklagte hat in der Verhandlung die Nebenbestimmungen im angefochtenen Bescheid (Zinsen und dingliche Sicherung) aufgehoben; die Kläger haben dieses Teilanerkenntnis angenommen.
Die Kläger beantragen,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Düsseldorf vom 16.05.2012 aufzuheben und die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 02.03.2007 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16.03.2010 zu verurteilen, die ihnen für die Zeit vom 01.03. bis 31.08.2007 gezahlten Grundsicherungsleistungen als verlorenen Zuschuss anstelle eines Darlehens zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung der Kläger zurückzuweisen.
Die Beklagte hält die angefochtenen Bescheide weiterhin für rechtmäßig hält und bezieht sich zudem auf den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts. Es gehe insbesondere um ein Mehrfamilienhaus, das dem Schutz des § 90 Abs. 2 Nr. 8 SGB XII nicht unterfalle. Die darauf lastenden Grundschulden minderten zwar den Verkehrswert, schlössen jedoch eine Verwertung nicht aus. Es sei auf die Gesamtfläche des Hauses abzustellen, nicht nur auf den von den Klägern bewohnten Teil; dies folge aus der Stellung der Klägerin als Alleineigentümerin des Hauses. Dass sich die Immobilie seit Jahrzehnten im Familienbesitz befinde, rechtfertige nicht die Annahme eines Härtefalles.
Der Gutachterausschuss für Grundstückswerte in der Stadt N hat auf Anfrage des Senats mitgeteilt, es sei davon auszugehen, dass der Grundbesitz der Kläger bei ausreichenden Bemühungen über einen absehbaren Zeitraum zu dem ermittelten Preis von 120.000 EUR auf dem freien Immobilienmarkt verkäuflich sei (Schreiben vom 23.01.2014).
Der Senat hat ein Gutachten des Sachverständigen für die Bewertung bebauter und unbebauter Grundstücke F vom 14.04.2014 eingeholt. Darin ist ausgeführt, unter den nach Aktenlage erkennbaren Parametern sei im Sachwertverfahren ein Wert von 125.000 EUR und im nachrichtlichen Ertragswertverfahren ein Wert von 110.000 EUR zu ermitteln. Beide Werte streuten somit plausibel um den von der Städtischen Bewertungsstelle ermittelten Verkehrswert von 120.000 EUR. Bei aktiven Bemühungen wäre ein Verkauf zu diesem Wert innerhalb von zwölf Monaten seit März 2007 möglich gewesen. Wohnimmobilien hätten – egal in welchem baulichen Zustand – bei marktkonformem Preis in N eine durchschnittliche Vermarktungszeit von sechs bis neun Monaten; die Dauer sei abhängig von der Jahreszeit. Seit 2007 habe sich der Immobilienmarkt nicht so verändert, dass seinerzeit eine Verwertung innerhalb von zwölf Monaten nicht möglich gewesen wäre. Auf Einwände der Kläger hat der Sachverständige mit Schreiben vom 26.08.2014 weiter mitgeteilt, eine Besichtigung des Objekts könne nicht klarstellen, in welchem Zustand es sich im Jahr 2007 befunden habe. Insoweit könne nur vom Vorgutachten und den darin enthaltenen Texten, Fotos und Bewertungssätzen ausgegangen werden.
Der Senat hat anschließend die Bauakte im Original zum Grundstück B-straße 00 beim Bauamt der Beklagten beigezogen und beim Sachverständigen eine ergänzende Stellungnahme vom 30.06.2015 unter Berücksichtigung dieser Unterlagen eingeholt. Danach beträgt die Brutto-Grundfläche des Hauses nicht, wie vorher in Ansatz gebracht, 279 qm, sondern insgesamt 333 qm. Bezüglich der Wohnfläche entspreche eine Berücksichtigung des "separaten Dachraums hinten rechts" nicht dem baurechtlichen Genehmigungsstatus; denn dieser Raum sei nur als Trockenraum genehmigt. Dies sei im Ertragswertverfahren mit einem auf 3 EUR/qm gekürzten Mietansatz für die betreffende Fläche zu würdigen; eine baurechtliche Nutzungsänderung sei aber ohne Probleme zu erwirken. Dies führe im wertprägenden Sachwertverfahren zu einem Ergebnis von 140.000 EUR und im nachrichtlichen Ertragswertverfahren zu einem Wert von 105.000 EUR. Diese Werte streuten plausibel um das von der städtischen Bewertungsstelle ermittelte Ergebnis von 120.000 EUR. Ein im Grundbuch vorhandener Reichsheimstätten-Vermerk sowie der Vorerbschaftsvermerk wirkten sich nicht wertmindernd aus.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen Verwaltungsakten der Beklagten Bezug genommen. Der Inhalt dieser Akten ist Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.
Entscheidungsgründe:
A. Streitgegenstand ist der Bescheid vom 02.03.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16.03.2010. Die für die jeweiligen Monate ab März 2007 einzeln ergangenen weiteren Bescheide hat die Beklagte in der mündlichen Verhandlung vom 22.10.2013 ausdrücklich aufgehoben. Darüber hinaus haben die Kläger nach ihrem ausdrücklichen Antrag den streitigen Zeitraum auf die Zeit vom 01.03. bis 31.08.2007 beschränkt, so dass nur die Leistungsgewährung für diesen Zeitraum im Streit steht und eine ggf. mögliche Einbeziehung von Bewilligungsbescheiden für nachfolgende Zeiträume bis zum Erlass des Widerspruchsbescheides analog § 86 SGG nicht in Betracht kommt.
Unter Berücksichtigung der ausdrücklichen Erklärung des Prozessbevollmächtigten der Kläger in der mündlichen Verhandlung vom 11.07.2016 steht deshalb (bei nicht angegriffener Leistungshöhe) allein die Frage zur gerichtlichen Klärung, ob die den Klägern vom 01.03.2007 bis 31.08.2007 erbrachten Leistungen statt als Darlehen als Zuschuss zu gewähren sind.
B. Die Berufung ist zulässig. Insbesondere ist sie gem. § 144 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGG statthaft, da es um monatliche Grundsicherungsleistungen in Höhe von 295,77 EUR als Zuschuss über einen Zeitraum von sechs Monaten geht und daher der Mindestbeschwerdewert von 750,01 EUR nicht unterschritten wird. Sie ist auch fristgerecht erhoben worden (§ 151 Abs. 1 SGG).
C. Die Berufung ist jedoch – nachdem die Beklagte in der mündlichen Verhandlung die Nebenbestimmungen im angefochtenen Bescheid (Zinsen und dingliche Sicherung) aufgehoben hat – unbegründet.
I. Die Klage ist zwar zulässig.
Statthafte Klageart ist die kombinierte Anfechtungs- und Verpflichtungsklage (§§ 54 Abs. 1 S. 1, 56 SGG). Die Beklagte, die bereits gezahlt hat, kann nicht erneut zur Zahlung verurteilt werden; lediglich der Rechtsgrund der Zahlung muss ggf. verändert werden (Zuschuss statt Darlehen; vgl. BSG, Urteil vom 19. Mai 2009 – B 8 SO 7/08 R Rn. 10).
Die Klage ist auch innerhalb der Monatsfrist des § 87 Abs. 1 SGG erhoben worden. Der Widerspruchsbescheid ging den Klägern am 17.04.2010 zu. Da dies ein Samstag war, lief die Klagefrist bis Montag, den 19.04.2010 (vgl. § 64 Abs. 2 und 3 SGG). An diesem Tag ging die Klage beim Sozialamt der Stadt E ein, was nach § 91 Abs. 1 SGG für die Einhaltung der Klagefrist genügte.
II. Die Klage ist jedoch unbegründet. Jedenfalls nach Aufhebung der Nebenbestimmungen (Zinsen und dingliche Sicherung) sind die angefochtenen Bescheide in ihrem gesamten verbliebenen Regelungsgehalt rechtmäßig und verletzen die Kläger nicht in ihren Rechten (§ 54 Abs. 2 S. 1 SGG).
1. Die Kläger haben im streitigen Zeitraum vom 01.03.2007 bis 31.08.2007 keinen Anspruch auf die Umwandlung der darlehensweise gewährten Leistungen in einen verlorenen Zuschuss.
Nach § 41 Abs. 1 S. 1 und Abs. 2 S. 1 SGB XII in der bis zum 31.12.2010 geltenden Fassung haben Personen mit gewöhnlichem Aufenthalt im Inland, die das 65. Lebensjahr vollendet haben, soweit sie ihren Lebensunterhalt nicht aus ihrem Einkommen und Vermögen gemäß §§ 82 bis 84 und 90 SGB XII beschaffen können, einen Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes im Alter und bei dauerhafter Erwerbsminderung. Die Sozialhilfe soll nach § 91 Abs. 1 SGB XII als Darlehen geleistet werden, soweit nach § 90 SGB XII für den Bedarf der nachfragenden Person Vermögen einzusetzen ist, jedoch der sofortige Verbrauch oder die sofortige Verwertung des Vermögens nicht möglich ist oder für die Person, die es einzusetzen hat, eine Härte bedeuten würde.
a) Beide Kläger hatten im Jahr 2007 das 65. Lebensjahr vollendet und ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Inland.
b) Sie konnten ihren Bedarf im streitigen Zeitraum auch nicht aus ihrem Einkommen decken. Der Regelbedarf für Ehegatten betrug im Jahr 2007 311,00 EUR bzw. ab 01.07.2007 312,00 EUR pro Person. Unabhängig von der Höhe der Unterkunftskosten deckten die Renten der Kläger in Höhe von 182,84 EUR und 266,43 EUR (bzw. ab 01.07.2007 i.H.v. 183,82 EUR und 267,86 EUR) bereits diesen Bedarf nicht vollständig; es verblieb somit ein Restbedarf.
c) Die Kläger verfügten jedoch über verwertbares Vermögen, zu dessen Einsatz sie verpflichtet waren und das deswegen einem Anspruch auf Gewährung von Leistungen entgegenstand (§ 90 Abs. 1 SGB XII).
aa) Der Begriff des Vermögens wird nicht gesetzlich definiert; hierunter fallen grundsätzlich alle beweglichen und unbeweglichen Güter und Rechte in Geld oder Geldeswert (vgl. BSG, Urteil vom 18.03.2008 – B 8/9b SO 9/06 R Rn. 15). Als Vermögensgegenstand ist insoweit das Hausgrundstück B-straße 00 zu berücksichtigen, das im Alleineigentum der Klägerin steht.
bb) Das Hausgrundstück B-straße 00 ist verwertbares Vermögen i.S.d. § 90 Abs. 1 SGB XII.
Grundsätzlich kann die Verwertung eines Vermögensgegenstandes durch Eigenverbrauch, Veräußerung oder Belastung des Vermögensgegenstandes erfolgen, z.B. durch Beleihung unter Bestellung eines Pfand- oder Grundpfandrechts. Auch Vermietung oder Verpachtung kommen in Betracht, wenn ein Verkauf nicht möglich oder zumutbar ist oder die hieraus erzielten Einnahmen den Hilfebedarf decken. Grundsätzlich steht es dem Hilfesuchenden frei, zwischen mehreren möglichen Verwertungsarten zu wählen; jedoch folgt aus der Selbsthilfeverpflichtung des § 2 Abs. 1 SGB XII, dass er grundsätzlich die Verwertungsart zu wählen hat, die den höchsten Deckungsbeitrag erbringt. Sind mehrere Verwertungsarten geeignet, den Bedarf voll zu decken, oder erbringen mehrere Verwertungsarten in etwa denselben Deckungsbeitrag, kann die nachfragende Person unter diesen wählen (vgl. Mecke in Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB XII, 2. Auflage 2014, § 90 Rn. 38)
Es kann nach dieser Maßgabe dahinstehen, ob die Veräußerung nur eines Teils des Gebäudes und/oder Grundstücks – wie sie das Sozialgericht für möglich erachtet hat – in Anbetracht der Bauschäden überhaupt möglich wäre. Denn jedenfalls konnte die Immobilie der Klägerin als Ganzes veräußert werden. Ein tatsächlicher oder rechtlicher Ausschluss der Verwertbarkeit ist nicht zu erkennen. Nach den Ausführungen des Sachverständigen F gab es für Immobilien wie das Hausgrundstück der Klägerin einen Markt, auf dem ein Verkauf unabhängig vom tatsächlichen baulichen Zustand innerhalb von sechs bis neun Monaten möglich gewesen wäre. Eine Verwertung war der Klägerin auch ohne Weiteres möglich. Denn nach dem Erbvertrag ist sie befreite Vorerbin; sie konnte daher gem. § 2136 BGB ohne die in § 2113 Abs. 1 BGB geregelten Beschränkungen frei über das Grundstück verfügen. Das in dem Vertrag für den Kläger ggf. vorgesehene Nießbrauchsrecht stand einer Verwertung ebenfalls nicht entgegen, da es tatsächlich keine Rolle spielte; denn es wäre nur im Falle des Vorversterbens der Klägerin entstanden.
cc) Das Hausgrundstück fällt nicht unter das geschützte Vermögen gemäß § 90 Abs. 2 Nr. 8 SGB XII. Danach darf die Sozialhilfe nicht abhängig gemacht werden von der Verwertung eines angemessenen Hausgrundstücks, das von der nachfragenden Person oder einer anderen in den § 19 Abs. 1 bis 3 SGB XII genannten Person allein oder zusammen mit Angehörigen ganz oder teilweise bewohnt wird und nach ihrem Tod von ihren Angehörigen bewohnt werden soll.
Die "Angemessenheit" bestimmt sich nach der Zahl der Bewohner, dem Wohnbedarf (zum Beispiel behinderter, blinder oder pflegebedürftiger Menschen), der Grundstücksgröße, der Hausgröße, dem Zuschnitt und der Ausstattung des Wohngebäudes sowie dem Wert des Grundstücks einschließlich des Wohngebäudes. Mit der Formulierung hat der Gesetzgeber die vom Bundesverwaltungsgericht angewandte sog. "Kombinationstheorie" aufgegriffen, wonach sich die Eigenschaft eines Hausgrundstücks als "klein" nach personenbezogenen Kriterien (Zahl der Bewohner und deren besondere Bedürfnisse) sowie nach sachbezogenen und wertbezogenen Kriterien (Größe, Zuschnitt und Ausstattung der Baulichkeit; Größe des Grundstücks; Wert des Grundstücks einschließlich der Baulichkeit) richten soll (vgl. BVerwG, Urteile vom 17.10.1974 – V C 50.73 und vom 17.01.1980 – 5 C 48/78). Das Bundessozialgericht hat sich dieser Kombinationstheorie des BVerwG angeschlossen. Danach ist die Angemessenheit nach Maßgabe und Würdigung aller in § 88 Abs. 2 Nr. 7 BSHG (jetzt § 90 Abs. 2 Nr. 8 SGB XII) bezeichneten personen-, sach- und wertbezogenen Kriterien zu beurteilen; soweit ein einzelnes Kriterium unangemessen ist, führt dies also nicht automatisch zur Unangemessenheit des Hausgrundstücks (vgl. BSG, Urteile vom 24.03.2015 – B 8 SO 12/14 R und vom 19.05.2009 – B 8 SO 7/08 R).
(1) In Anwendung dieser Grundsätze mag die Ausstattung des Hauses, die in dem Gutachten des Gutachterausschuss für Grundstückswerte in der Stadt N als einfach und erheblich renovierungsbedürftig beschrieben wird, zwar insgesamt angemessen sein. Auch ist der Wert des Hausgrundstücks für sich betrachtet, der vom Gutachterausschuss wie auch vom Sachverständigen F übereinstimmend und nachvollziehbar – zuletzt auch unbestritten – auf etwa 120.000 EUR geschätzt wurde (Sachwert im wertprägenden Sachwertverfahren: 140.000 EUR; Ertragswert im nachrichtlichen Ertragswertverfahren: 105.000 EUR), wohl nicht unangemessen. Hierfür spricht jedenfalls, dass das Grundstück im städtischen Bereich und innerhalb städtischer Bebauung liegt, wo Preise grundsätzlich eher höher liegen dürften.
Ob die Grundstücksfläche von 626 qm angemessen ist, lässt der Senat offen. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts sind die in der Praxis angewandten Grenzwerte von 500 qm für ein freistehendes Haus bzw. für den ländlichen Raum allenfalls Anhaltspunkte, die überschritten werden können, wenn sich die Größe des betroffenen Hausgrundstücks im Rahmen der örtlichen Gegebenheiten hält (vgl. BSG, Urteil vom 19.05.2009 – B 8 SO 7/08 R Rn. 20). Nicht weiter entschieden werden muss dies hier, weil die Immobilie bereits als solche nicht angemessen ist.
Denn bereits die Wohnfläche des Hauses der Kläger ist für sich genommen für zwei Bewohner unangemessen groß. Die vom Bundessozialgericht vorgegebene Angemessenheitsgrenze wird weit überschritten. Soweit es die Beurteilung der angemessenen Hausgröße als solche betrifft, hat sich der 8. Senat des Bundessozialgerichts aus Gründen der Harmonisierung der Rechtsprechung der für die Grundsicherung nach dem SGB II zuständigen Senate zu § 12 Abs. 3 S. 1 Nr. 4 SGB II angeschlossen (vgl. BSG, Urteil vom 19.05.2009 – B 8 SO 7/08 R Rn. 19). Danach ist die angemessene Größe eines selbst genutzten Hausgrundstücks nach den Vorgaben des Zweiten Wohnungsbaugesetzes mit einem Grenzwert von 130 qm für einen Vier-Personen-Haushalt zu bestimmen, der sich für jede weitere Person um 20 qm erhöht; bei weniger Personen verringert sich die Grenze entsprechend. Bei einer Überschreitung der Wohnflächenobergrenze um nicht mehr als 10 v.H. ist mit Rücksicht auf den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz noch von einer angemessenen Wohnfläche auszugehen (vgl. BSG, Urteil vom 07.11.2006 – B 7b AS 2/05 R Rn. 21 ff.).
Das Haus der Kläger hat unter Abzug der Fläche des Trockenbodens, für den eine bauordnungsrechtliche Genehmigung zu Wohnzwecken nicht vorliegt (die aber ohne weiteres eingeholt werden könnte), unter Berücksichtigung beider Wohnungen eine Gesamtwohnfläche von 118,31 qm. Die Angemessenheitsgrenze von 90 qm (130 qm – 2 x 20 qm) wird auch unter Berücksichtigung einer Toleranz von 10 v.H. weiterhin deutlich überschritten. Maßgebend ist dabei nicht etwa nur die von den Klägern selbst bewohnte Wohnung (mit einer Fläche von 69,8 qm); es kommt vielmehr allein darauf an, dass der Vermögensinhaber das Hausgrundstück selbst nutzt und keinen rechtlichen Grenzen einer uneingeschränkten tatsächlichen Nutzung der gesamten Wohnfläche des Hauses unterliegt. Ohne eine Teilung des Eigentums ist ein Hausgrundstück in seiner Gesamtheit zu bewerten; für die Beurteilung der Angemessenheit ist auf die gesamte Wohnfläche und nicht nur auf die selbst bewohnte Fläche abzustellen (vgl. BSG, Urteil vom 12.12.2013 – B 14 AS 90/12 R Rn. 25). Diese Einbeziehung der gesamten Wohnfläche ist gerechtfertigt, weil der Eigentümer kraft seines Eigentums keinen rechtlichen Beschränkungen hinsichtlich dessen tatsächlicher Nutzung unterliegt (vgl. BSG, a.a.O.). Ein besonderer Wohnbedarf der Kläger ist – auch unter Berücksichtigung der Schwerbehinderung – nicht zu erkennen.
Nicht angemessen ist auch der Zuschnitt des Wohnhauses. Denn es hat zwei separate Wohnungen, von denen die Kläger nur eine Wohnung nutzen; die andere steht leer (und verfällt wegen fehlender Mittel zur Renovierung). Damit ist dieser ungenutzte Teil der Immobilie – ungeachtet seines Zustandes – nicht geeignet, die konkreten Wohnbedürfnisse der Kläger zu befriedigen. Nur selbstgenutztes Wohneigentum jedoch kann angemessen und damit geschützt sein.
(2) Ist deshalb das Hausgrundstück der Kläger unter Beachtung aller Kriterien nach der "Kombinationstheorie" unangemessen, so ergibt sich – entgegen der von den Klägern vertretenen Auffassung – auch nichts anderes aus dem Urteil des Senats vom 05.05.2014 – L 20 SO 58/13. Der dort entschiedene Sachverhalt ist vielmehr mit demjenigen der Kläger nicht vergleichbar. Denn dort handelte es sich um ein Einfamilienhaus, das auf die Gesamtnutzung durch eine Familie mit (maximal) zwei Kindern zugeschnitten war. Das Wohnhaus der Kläger hat demgegenüber zwei separate Wohnungen (wovon die DG-Wohnung wegen Renovierungsbedürftigkeit gar nicht genutzt wird). Wird jedoch von vornherein nur eine der Wohnungen (diejenige im OG) zur Deckung des Grundbedürfnisses Wohnen genutzt, ist die weitere Wohnfläche der DG-Wohnung (die zum Überschreiten der Angemessenheitsgrenze führt) gleichwohl vorhanden und wäre von der Klägerin als Eigentümerin auch (im Rahmen der tatsächlichen Gegebenheiten) nutzbar, ohne dass eine solche Nutzung ihrem eigenen Grundbedürfnis des Wohnens dienen würde. Diese Wohnfläche kann deshalb nicht unter dem Schutz des § 90 Abs. 2 Nr. 8 SGB XII stehen. Dass die Wohnung in ihrem aktuellen Zustand nicht zu Wohnzwecken nutzbar scheint, ist ohne Belang; dies kann sich allein auf den Wert der Immobilie auswirken, nicht jedoch bei der Beurteilung der Angemessenheit der nun einmal vorhandenen Fläche. Anders als in dem von den Klägern herangezogenen Urteil des SG Stade (vom 31.01.2007 – S 17 AS 230/06) wird die DG-Wohnung auch nicht durch Vermietung verwertet, so dass schon deshalb eine Nichtberücksichtigung wegen einer anderweitigen Verwertungsform (als dem Verkauf) von vornherein ausscheidet.
dd) Das Vermögen in Form des Hausgrundstücks ist schließlich auch nicht nach § 90 Abs. 3 SGB XII geschützt. Die Sozialhilfe darf danach nicht vom Einsatz oder von der Verwertung eines Vermögens abhängig gemacht werden, soweit dies für den, der das Vermögen einzusetzen hat, und für seine unterhaltsberechtigten Angehörigen eine Härte bedeuten würde. Diese Härtefallregelung erfasst allein atypische Fälle, bei denen auf Grund besonderer Umstände des Einzelfalls der Vermögensansatz die Betroffenen unbillig belasten und den im Gesetz zum Ausdruck gekommenen Leitvorstellungen des Gesetzgebers nicht gerecht würde (BSG, Urteil vom 19.05.2009 – B 8 SO 7/08 R Rn. 22). Die von den Klägern vorgetragenen Gründe rechtfertigen indes nicht die Annahme eines solchen atypischen Falles, der eine Härte im Sinne des Gesetzes begründen könnte.
Ein früherer, offenbar günstigerer Lebensstandard der Kläger begründet von vornherein keinen besonderen Vermögensschutz. Tritt sozialhilferechtliche Hilfebedürftigkeit ein, bestimmt sich der Einsatz von Einkommen und Vermögen unabhängig von einer vormaligen Leistungsfähigkeit und von einem Verschulden des Leistungsbegehrenden allein nach dessen aktueller Bedürftigkeit. Bei der Beurteilung dieser Bedürftigkeit nach dem SGB XII ist ein Schutz von Hausgrundstücken in § 90 Abs. 2 Nr. 8 SGB XII abschließend geregelt, und das Zweifamilienhaus der Klägerin fällt gerade nicht unter diesen Schutz (s.o.).
Auch andere, aktuell Verhältnisse der Kläger begründen keine Härte im gesetzlichen Sinne. Ihr Alter und gesundheitlicher Zustand stehen in keinem untrennbaren Zusammenhang mit dem Hausgrundstück. Auch der Wille der vormaligen Erblasserin, das Haus im Familienbesitz zu halten, ist von vornherein unbeachtlich. Die Einsatzpflicht von Grundvermögen, das nicht dem Schutz des § 90 Abs. 2 Nr. 8 SGB XII unterfällt, nimmt Rücksicht auf die Interessen der Allgemeinheit, aus deren Steueraufkommen die Sozialhilfe finanziert werden muss. Diese Interessen können durch den Willen eines Erblassers zum Erhalt eines Vermögensgegenstandes für die Erben nicht unterlaufen werden.
Schließlich ist auch keine offensichtliche Unwirtschaftlichkeit der Verwertung erkennbar. Eine offensichtliche Unwirtschaftlichkeit liegt vor, wenn der mit der Verwertung zu erzielende Gegenwert in einem deutlichen Missverhältnis zum wirklichen Wert des Vermögensgegenstandes steht. Umgekehrt ist eine Verwertung dann nicht offensichtliche unwirtschaftlich, wenn das Ergebnis der Verwertung vom wirklichen Wert nur geringfügig abweicht (vgl. Mecke a.a.O., Rn. 108). Der Sachverständige F hat insoweit nachvollziehbar dargelegt, dass eine Vermarktung der Immobilie der Klägerin auch unter Berücksichtigung ihres baulichen Zustandes bei aktiven Bemühungen zu dem ermittelten Wert von 120.000 EUR innerhalb von zwölf Monaten ab März 2007 möglich gewesen wäre. Eine Unwirtschaftlichkeit kann bei einer möglichen marktpreisgerechten Vermarktung aber von vornherein nicht vorliegen.
ee) Ist das Hausgrundstück somit nicht geschütztes Vermögen i.S.d. § 90 Abs. 2 Nr. 8, Abs. 3 SGB XII, ist ein Anspruch auf Leistungen nach dem SGB XII gem. § 41 Abs. 2 SGB XII a.F. grundsätzlich ausgeschlossen. Nach § 90 Abs. 1 SGB XII ist vielmehr das Vermögen zur Deckung des Bedarfs einzusetzen, bevor es zu Leistungen der Sozialhilfe kommen kann.
d) Ob die Beklagte in Anbetracht dessen Leistungen nach § 91 S. 1 SGB XII in Form eines Darlehens zu Recht erbracht hat, kann der Senat offen lassen, weil die Kläger durch diese Leistungserbringung jedenfalls nicht beschwert sind.
D. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 SGG und folgt der Entscheidung in der Hauptsache. Dabei ist es wegen der im Termin aufgehobenen rechtswidrigen Nebenbestimmungen gerechtfertigt, der Beklagten einen Teil der außergerichtlichen Kosten aufzuerlegen; der Senat hält insoweit eine Quote von einem Viertel für angemessen.
E. Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 Nr. 1 und 2 SGG bestehen nicht.
Erstellt am: 10.05.2017
Zuletzt verändert am: 10.05.2017