Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Köln vom 21.10.2016 wird zurückgewiesen. Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Der 1946 geborene Kläger begehrt die Feststellung eines Grades der Behinderung (GdB) von mindestens 50 sowie der gesundheitlichen Voraussetzungen für die Inanspruchnahme des Nachteilsausgleichs "außergewöhnliche Gehbehinderung" (aG).
Bei dem Kläger war zuletzt mit Bescheid vom 05.10.2001 ein GdB von 40 wegen Störungen der Wirbelsäule wegen Spondylose und Listhese (Einzel-GdB 30), Narben am linken Bein nach Oberschenkel- und Kniescheibenfraktur, Belastungsbeschwerden am linken Bein, Narben am linken Unterarm (Einzel-GdB 20) und eines psycho-vegetativen Syndroms, Migräne und hypotonen Kreislaufregulationsstörungen (Einzel-GdB 10) festgestellt worden.
Am 05.06.2015 ging bei dem Beklagten ein Änderungsantrag des Klägers auf dem hierfür vorgesehenen Formular ein. Der Kläger gibt insofern an, er habe bereits am 27.03.2015 telefonisch und am 14.04.2015 schriftlich einen Antrag gestellt. Mit dem Änderungsantrag beantragte er ua die Feststellung der gesundheitlichen Voraussetzungen für die Nachteilsausgleiche aG sowie "Hilflosigkeit" (H) rückwirkend ab 1984 aus steuerlichen Gründen. Dem Antrag war ein Befundbericht der Radiologischen Praxis MVZ S L, Kopien der durch diese gefertigten Aufnahmen, ein Arztbrief des P team L-I sowie Unterlagen der Techniker Krankenkasse hinsichtlich einer Zweitmeinung bei Wirbelsäulenoperationen beigefügt. Im Folgenden übersandte der Kläger noch einen Bericht des Radiologen Dr. T.
Der Beklagte holte einen Befundbericht der Fachärztin für Innere Medizin Dr. Q vom 16.10.2015 ein.
Mit Bescheid vom 15.12.2015 lehnte der Beklagte den Antrag ab. Eine wesentliche Änderung im Gesundheitszustand des Klägers und ein höherer GdB könnten nicht festgestellt werden. Aus diesem Grunde lägen die Voraussetzungen für den begehrten Nachteilsausgleich ebenfalls nicht vor.
Am 22.12.2015 hat der Kläger Widerspruch eingelegt und zur Begründung vorgetragen, dass seine Gehbehinderung wesentlich schlimmer geworden sei. Er leide unter einer eindeutig erkennbare Verschiebung seiner Wirbelkörper und deutlichen Verschleißerscheinungen in den Kniegelenken. Er müsse deshalb Schmerzmittel einnehmen. Eine Operation seiner Wirbelsäule habe er aufgrund der Empfehlung seines früheren Hausarztes zurückgestellt.
Nachdem in der Folgezeit die seitens des Beklagten beabsichtigte Begutachtung des Klägers durch den Facharzt für Orthopädie T aus C nicht zustande gekommen war, holte der Beklagte eine gutachterliche Stellungnahme von Dr. G vom 20.01.2016 ein. Dieser vertrat die Auffassung, dass sich aus den in der Akte vorgelegten Befunden kein direkter Hinweis auf das Ausmaß des Gehvermögens ergebe. Jedoch könne bei erfolgter Durchführung eines Belastungs-EKG’s in halbsitzender Position auf dem Fahrradergometer und einer dabei durch Pedale-Treten erbrachten Leistung von 100 Watt keine Gehbehinderung von einem solchen Ausmaß angenommen werden, dass die Voraussetzungen für das Merkzeichen aG vorliegen könnten.
Mit Widerspruchsbescheid vom 02.02.2016 wies die Bezirksregierung Münster den Widerspruch als unbegründet zurück.
Hiergegen hat der Kläger am 09.02.2016 Klage beim Sozialgericht Köln (SG) erhoben und vorgetragen, der Widerspruchsbescheid sei sachlich völlig falsch und könne nur als menschenverachtend und zynisch eingestuft werden. Seine behandelnden Ärzte hätten eine sofortige Operation an der Wirbelsäule für erforderlich gehalten. Die Stellungnahme von Dr. G sei völlig unsubstantiiert. Darüber hinaus hat sich der Kläger auf im Wesentlichen unsachliche und polemische Ausführungen beschränkt. Im Folgenden hat er ausgeführt, er sehe angesichts der dem SG vorliegenden Unterlagen und ärztlichen Befunde keinerlei Veranlassung, sich gutachterlich untersuchen zu lassen. Die durch das SG übersandten Fragebogen über ärztliche Behandlungen und Untersuchungen sowie die Schweigepflichtentbindungserklärung hat er nicht zurückgesandt.
Nach entsprechender Anhörung der Beteiligten hat das SG die Klage durch Gerichtsbescheid vom 21.10.2016 abgewiesen. Die zulässige Klage sei unbegründet. Der angefochtene Bescheid entspreche nach Aktenlage im Ergebnis der Sach- und Rechtslage und verletze den Kläger nicht in seinen Rechten. Insofern werde zunächst auf den zutreffend begründeten Widerspruchsbescheid vom 02.02.2016 verwiesen, dem die erkennende Kammer in vollem Umfange folge. Die durch den Beklagten eingeholten gutachterlichen ärztlichen Stellungnahmen seien plausibel und entsprächen nach Auswertung der im Vorverfahren vorliegenden Befundberichte der Sach- und Rechtslage. Ob dem Kläger ein GdB von mindestens 50 und das Merkzeichen aG zustehe, könne nur durch Einholung aktueller Befundberichte und ggf anschließender Einholung eines oder mehrerer Sachverständigengutachten geklärt werden. Die Beweislast treffe insoweit den Kläger, der jedoch nicht mitwirken wolle. Damit verbleibe nur eine Entscheidung nach Aktenlage, nach der sich die angefochtenen Bescheide als rechtmäßig darstellen würden.
Gegen das am 04.11.2016 zugestellte Urteil hat der Kläger am 08.11.2016 Berufung eingelegt. Der angefochtene Gerichtsbescheid sei klar rechtswidrig und rechtsbeugend. Die Kammervorsitzende des SG sei weisungsabhängig, willfährig und unfähig und missachte die gesetzlichen Bestimmungen und gestellten Anträge.
Der Kläger beantragt nach seinem schriftsätzlichen Vorbringen sinngemäß ,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Köln vom 21.10.2016 aufzuheben und den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides vom 15.12.2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 02.02.2016 zu verurteilen, bei dem Kläger rückwirkend ab 1984 einen GdB von mindestens 50 sowie die gesundheitlichen Voraussetzungen für den Nachteilsausgleich "außergewöhnliche Gehbehinderung" (aG) festzustellen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.
Auf die Aufforderung des Senats, die behandelnden Ärzte von der Schweigepflicht zu entbinden, hat der Kläger ausgeführt, soweit der Senat konkrete Fragen aus dem Akteninhalt habe, seien ihm diese mitzuteilen. Er werde dann entscheiden, ob der behandelnde Arzt diese beantworten kann und soll. Der Senat hat darauf hingewiesen, dass maßgebend für die Beurteilung des Sachverhalts die aus den vorliegenden Gesundheitsstörungen resultierenden Funktionsbeeinträchtigungen sind. Diese ergäben sich aus den vorliegenden Befundberichten nicht. Zur Aufklärung des Sachverhalts sei es daher erforderlich, die behandelnden Ärzte nochmals zu den Auswirkungen der festgestellten Gesundheitsstörungen auf das Leistungsvermögen des Klägers und insbesondere seine Gehfähigkeit zu befragen. Der Kläger wurde deshalb gebeten, zumindest die behandelnden Orthopäden zu benennen und von der Schweigepflicht zu entbinden, damit gezielte Rückfragen an diese Ärzte zu den konkret vorliegenden Gesundheitsstörungen und den hieraus resultierenden Auswirkungen gestellt werden können. Hierauf hat der Kläger sein vorheriges Vorbringen in polemischer Diktion wiederholt.
Wegen der Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Gerichtsakte sowie den Inhalt der von der Beklagten beigezogenen Verwaltungsakte verwiesen. Diese Akten waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.
Entscheidungsgründe:
Der Senat konnte aufgrund mündlicher Verhandlung entscheiden, obwohl der Kläger zu dem Termin am 01.03.2017 nicht erschienen ist, nachdem dieser ordnungsgemäß durch Zustellungsurkunde vom 28.01.2016 vom Termin benachrichtigt worden war.
Die zulässige Berufung, über die der Berichterstatter nach Übertragung durch den Senat mit Beschluss vom 09.01.2017 gem § 153 Abs 5 Sozialgerichtsgesetz (SGG) mit den ehrenamtlichen Richtern entscheiden kann, ist unbegründet.
Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der Bescheid des Beklagten vom 15.12.2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 02.02.2016 ist rechtmäßig. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Feststellung eines höheren GdB als 40 sowie der gesundheitlichen Voraussetzungen des Nachteilsausgleichs aG.
Zur Begründung nimmt der Senat nach § 153 Abs 2 SGG auf die Gründe der angefochtenen Entscheidung Bezug und sieht im Wesentlichen von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab.
Aus den im Verwaltungsverfahren vorgelegten und eingeholten Befund- und Behandlungsberichten lassen sich kein höherer GdB oder die Voraussetzungen des Nachteilsausgleichs aG herleiten. Die Befundberichte geben lediglich die durch die behandelnden Ärzte erhobenen Befunde und gestellten Diagnosen wieder, ohne die hieraus resultierenden Funktionsbeeinträchtigungen im Einzelnen darzustellen. Maßgebend sind im Verfahren zur Feststellung eines höheren GdB oder des Nachteilsausgleichs aG jedoch die konkreten Funktionsbeeinträchtigungen. Hierzu können anhand der im Verwaltungsverfahren eingeholten Befund- und Behandlungsberichte keine hinreichenden Feststellungen getroffen werden. Dies ergibt sich aus den gutachterlichen Stellungnahmen der beratenden Ärzte des Beklagten Dr. X vom 25.11.2015 und insbesondere Dr. G vom 20.01.2016. Dr. G hat zutreffend darauf hingewiesen, dass sich aus keinem der Befundberichte ein direkter Hinweis auf das Ausmaß des Gehvermögens ergibt. Er hat weiter ausgeführt, dass bei erfolgter Durchführung eines Belastungs-EKG’s in halbsitzender Position auf dem Fahrrad-Ergometer und einer dabei durch Pedale-Treten erbrachten Leistung von 100 Watt keine Gehbehinderung von solchem Ausmaß angenommen werden kann, dass die Voraussetzungen für den Nachteilsausgleich aG angenommen werden können. Die Auswertung der vorliegenden Befund- und Behandlungsberichte durch die beratenden Ärzte des Beklagten ist schlüssig und nachvollziehbar. Die Stellungnahmen sind im Wege des Urkundenbeweises im vorliegenden Verfahren verwertbar. Der Senat sieht insoweit keinen Anlass für weitergehende Ermittlungen von Amts wegen durch Einholung eines Gutachtens nach Aktenlage.
Weitergehende Feststellungen von Amts wegen waren aufgrund mangelnder Mitwirkung durch den Kläger nicht möglich.
Der Kläger hat sich auch im Berufungsverfahren geweigert, im erforderlichen Umfang an der Aufklärung des Sachverhalts mitzuwirken. Auch auf den konkreten Hinweis des Senats vom 21.12.2016, dass gezielt Befundberichte der behandelnden Orthopäden eingeholt und Rückfragen zu den vorliegenden Gesundheitsstörungen und den hieraus resultierenden Funktionsbeeinträchtigungen gestellt werden sollen, hat der Kläger seine Ärzte weder benannt noch von der Schweigepflicht entbunden.
Weitergehende und neue Erkenntnisse zum Gesundheitszustand des Klägers und der sich hieraus ergebenden Funktionsbeeinträchtigung sind daher mangels Mitwirkung durch den Kläger nicht zu erlangen, so dass auch kein Anlass für eine weitergehende Sachaufklärung von Amts wegen besteht. Verletzt ein Beteiligter die zumutbare Mitwirkung, so verstößt das Gericht nicht gegen seine Pflicht aus § 103 SGG zur Sachaufklärung von Amts wegen, wenn es keine weiteren Ermittlungen anstellt. Lehnt der Kläger – wie vorliegend – nach Belehrung über seine Mitwirkungspflicht sowohl die Entbindung seiner behandelnden Ärzte von der Schweigepflicht als auch eine Begutachtung ab, so kann das Gericht auf der Grundlage des bisherigen Ermittlungsergebnisses entscheiden (vgl LSG für das Land Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 16.10.2008 – L 2 KN 66/07 – in juris Rn 27). Nach dem bisherigen Ermittlungsergebnis lassen sich die Voraussetzungen eines höheren GdB oder des Nachteilsausgleichs aG aber nicht feststellen. Die Beweislast für die Nichterweislichkeit trägt der Kläger.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs 2 Nr 1 oder 2 SGG liegen nicht vor.
Erstellt am: 19.06.2017
Zuletzt verändert am: 19.06.2017