Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Köln vom 02.02.2017 wird zurückgewiesen. Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Streitig ist eine behauptete Untätigkeit der Beklagten zu 1) und 2).
Der 1971 geborene Kläger ist im örtlichen Zuständigkeitsbereich der Beklagten zu 1) wohnhaft, nachdem er zuvor im Zuständigkeitsbereich der Beklagten zu 2) wohnte.
Die Beklagte zu 2) beschied zuletzt am 08.11.2007 einen Antrag des Klägers. Die gegen diesen Bescheid gerichtete Klage (S 15 SB 442/07, Sozialgericht (SG) Gelsenkirchen), nahm der Kläger im April 2009 zurück. Die Beklagte zu 1) stellte letztmalig mit Bescheid vom 16.04.2014 bei dem Kläger einen Grad der Behinderung (GdB) von 40 fest und lehnte es zugleich ab, die Voraussetzungen für die Zuerkennung eines Merkzeichens anzuerkennen. Der hiergegen erhobene Widerspruch wurde mit Bescheid vom 08.09.2014 zurückgewiesen. Gegen diese Bescheide richtete sich das bis zum 05.05.2017 vor dem SG Köln anhängige und auf Feststellung eines GdB von mindestens 50 sowie eines Merkzeichens gerichtete Klageverfahren S 27 SB 1574/14, in dem zwischenzeitlich die Klage mit Urteil vom 05.05.2017 abgewiesen wurde. Gegen dieses Urteil ist das Berufungsverfahren L 10 SB 170/17, Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen – LSG NRW – anhängig.
Am 09.03.2016 hat der Kläger gegen die Beklagte zu 1) Klage zum SG Köln erhoben und begehrt, Anträge aus 2002, 2003, 2007, 2010 ua zu bescheiden. Diese Klage hat er schriftsätzlich auf die Beklagte zu 2) mit dem Begehren erweitert, Anträge seit dem Jahr 2002 sowie einen Widerspruch vom 18.09.2007 zu bescheiden.
Während des laufenden Klageverfahrens hat der Kläger am 12.09.2016 erneut einen Antrag auf Feststellung eines höheren GdB bei der Beklagten zu 1) gestellt. Diese hat schriftsätzlich darauf hingewiesen, eine Bearbeitung dieses Änderungsantrages sei während des laufenden Klageverfahrens nicht möglich; der Kläger möge mitteilen, ob er eine vorrangige Bearbeitung des Änderungsantrages und eine Aussetzung des Klageverfahrens oder eine vorrangige Weiterführung des Klageverfahrens wünsche. Hierauf hat der Kläger nicht reagiert.
Mit Gerichtsbescheid vom 02.02.2017 hat das SG die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, soweit die Klage sich gegen die Beklagte zu 2) richte, sei diese für den Kläger nicht mehr zuständig. Ihr könne mithin eine Untätigkeit nicht angelastet werden. Gegenüber der Beklagten zu 1) sei die Klage unbegründet, weil eine Untätigkeit nicht ersichtlich sei. Sei ein Antrag auf Vornahme eines Verwaltungsakts ohne zureichenden Grund in angemessener Frist sachlich nicht beschieden worden, sei die Klage nicht vor Ablauf von 6 Monaten seit dem Antrag auf Vornahme des Verwaltungsakts zulässig (§ 88 Abs 1 S 1 Sozialgerichtsgesetz – SGG -). Soweit der Kläger überhaupt ausreichend konkret Anträge benannt habe, welche nach seiner Auffassung noch nicht beschieden seien, sei insbesondere über den Verschlimmerungsantrag des Klägers von April 2007 bereits mit Bescheid vom 08.11.2007 entschieden worden. Bezüglich des während des Verfahrens im September 2016 gestellten Verschlimmerungsantrags sei die Frist des § 88 Abs 1 SGG noch nicht abgelaufen.
Der Kläger hat gegen den ihm am 06.02.2007 zugestellten Gerichtsbescheid am 07.02.2017 Berufung eingelegt. Er führt aus, bezüglich des im September 2016 gestellten Verschlimmerungsantrags laufe die Frist des § 88 Abs 1 SGG bis März 2017. Das weitere Vorbringen des Klägers erschöpft sich im Wesentlichen in der Behauptung, die Beklagte habe Fristen sowohl des § 88 Abs 1 als auch Abs 2 SGG nicht eingehalten, ohne ausdrücklich darzulegen, welche Anträge neben demjenigen von September 2016 noch zu bescheiden wären.
Der Kläger beantragt schriftsätzlich sinngemäß,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Köln vom 02.02.2017 aufzuheben und 1. die Beklagte zu 1) zu verurteilen, noch offene Anträge seit 2002 und insbesondere seinen Änderungsantrag vom 12.09.2016 zu bescheiden; 2. die Beklagte zu 2) zu verurteilen, noch offene Anträge bis zum Jahre 2007 zu bescheiden.
Die Beklagten zu 1) beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält den angefochtenen Gerichtsbescheid für zutreffend.
Die Beklagte zu 2) beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie weist darauf hin, dass sie für die Feststellung eines GdB oder der Voraussetzungen für Merkzeichen wegen des Wohnortes des Klägers nicht zuständig sei.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der Verwaltungsakte der Beklagten zu 1) verwiesen, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist.
Entscheidungsgründe:
Der Senat konnte aufgrund mündlicher Verhandlung ohne Anwesenheit des Klägers entscheiden, nachdem dieser ordnungsgemäß durch Zustellurkunde vom 08.05.2017 vom Termin benachrichtigt worden war und ein zureichender Grund für die von ihm beantragte Verlegung der Terminsstunde nicht vorliegt, worauf der Kläger auch ausdrücklich mit Schreiben des Vorsitzenden vom 09.06.2017 hingewiesen wurde.
Die zulässige Berufung ist nicht begründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Soweit diese sich gegen die Beklagte zu 2) richtet, ist sie insgesamt unzulässig, soweit sie sich gegen die Beklagte zu 1) richtet, im Wesentlichen unzulässig, iü unbegründet.
Zur Begründung nimmt der Senat zunächst nach § 153 Abs 2 SGG auf die Gründe der angefochtenen Entscheidung Bezug und sieht insoweit von einer weiteren Darstellung ab.
Ergänzend ist darauf hinzuweisen, dass eine zulässige Untätigkeitsklage nach § 88 Abs 1 S 1 SGG voraussetzt, dass ein Antrag auf Vornahme eines Verwaltungsakts vorliegt und dieser in angemessener Frist sachlich noch nicht beschieden ist (hM, vgl B. Schmidt in in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 12. Auflage 2017, § 88 Rn 4 ff). Sämtliche Anträge des Klägers auf Feststellung eines GdB bzw eines höheren GdB oder eines Merkzeichens aus der Zeit bis 2014 wurden aber spätestens mit dem Bescheid der Beklagten zu 1) vom 16.04.2014 und dem Widerspruchsbescheid vom 08.09.2014 in der Sache beschieden. Noch offene, nicht beschiedene Anträge bis September 2014 sind weder erkennbar, noch vom Kläger substantiiert dargelegt worden. Sie wären iü, jedenfalls die Höhe des GdB betreffend, mit den Bescheiden vom 16.04.2014/08.09.2014 erledigt.
Bezüglich des noch während des laufenden Klageverfahrens gestellten erneuten Änderungsantrages des Klägers vom 12.09.2016 ist die Klage nunmehr zulässig, nachdem die 6-Monats-Frist des § 88 Abs 1 S 1 SGG zwischenzeitlich verstrichen ist. Sie ist jedoch unbegründet. Es liegt ein zureichender Grund für die Untätigkeit der Beklagten zu 1) vor. Die mit dem Antrag begehrte Feststellung eines höheren GdB ist Gegenstand des anhängigen Berufungsverfahrens L 10 SB 170/17, LSG NRW, welches die Beklagte zu 1) abwarten darf. Eine Untätigkeit der Beklagten zu 2) liegt bereits deshalb nicht vor, weil diese für die Entscheidung über den Antrag wegen des Wohnsitzes des Klägers nicht zuständig ist. Nach Art. 1, Abschnitt I, §§ 1 und 2 des Zweiten Gesetzes zur Straffung der Behördenstruktur in Nordrhein-Westfalen vom 30.10.2007 (GV.NRW S. 482) sind seit 01.01.2008 die den Versorgungsämtern nach §§ 69 und 145 SGB IX übertragenen Aufgaben auf die Kreise und kreisfreien Städte übertragen, die damit für die bei ihnen lebenden Antagsteller zuständig sind.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision (§ 160 SGG) sind nicht gegeben.
Erstellt am: 15.08.2017
Zuletzt verändert am: 15.08.2017