Die Rev. d.Kl. wird zurückgewiesen
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 28.09.2015 wird zurückgewiesen. Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist die Bemessung der Beiträge der Klägerin zur freiwilligen gesetzlichen Krankenversicherung im Zeitraum vom 01.03.2010 bis 31.12.2013.
Die 1980 geborene Klägerin, die im streitigen Zeitraum bei der Beklagten freiwillig krankenversichert war, schloss am 26.01.2007 bei der T eine Rentenversicherung ab. Sie leistete eine einmalige Kapitalzahlung in Höhe von 419.996,53 EUR, die eine lebenslange monatliche Rente in Höhe von 1.050,79 EUR ab dem 01.01.2007 garantiert. Tatsächlich erhielt die Klägerin im streitigen Zeitraum monatlich einen Betrag von 1.310,00 EUR aus dieser Versicherung.
Bei der B Lebensversicherungs AG schloss die Klägerin am 02.02.2007 eine weitere Rentenversicherung ab. Aus einer einmaligen Kapitaleinzahlung von 445.000,00 EUR resultiert seit dem 01.02.2007 eine (garantierte) lebenslange Rente von 1.137,59 EUR monatlich. Tatsächlich erhielt die Klägerin im streitigen Zeitraum monatlich 1.541,00 EUR aus dieser Versicherung.
Nachdem die Klägerin im Rahmen einer Einkommensanfrage im März 2010 angegeben hatte, von ihrem Vater mit einem Betrag von 400,00 EUR monatlich unterstützt zu werden, sonst aber über keine Einkünfte zu verfügen, setzte die Beklagte mit Bescheid vom 30.03.2010 auf Basis der Mindestbemessungsgrundlage in Höhe von 851,67 EUR einen Beitrag von monatlich 148,53 EUR fest.
Im Januar 2012 gab die Klägerin anlässlich einer neuerlichen Einkommensanfrage der Beklagten erstmals ihre Einkünfte aus den genannten Rentenversicherungen an. Zudem übe sie seit September 2010 eine geringfügige Beschäftigung aus und habe daraus monatlich Einkünfte in Höhe von 400,00 EUR.
Mit Anhörungsschreiben vom 23.02.2012 teilte die Beklagte der Klägerin mit, dass beabsichtigt sei, die Beitragseinstufung u.a. ab 01.03.2010 zu ändern. Hintergrund seien die Zahlungen der B Lebensversicherungs AG und der T. Über ihren Steuerberater teilte die Klägerin mit, dass sie bisher davon ausgegangen sei, dass die Versicherungen keinen Einfluss auf die Höhe der Beiträge hätten.
Mit Bescheiden vom 10.04.2012 setzte die Beklagte die Beiträge ausgehend von monatlichen Einnahmen in Höhe von 2.188,38 EUR neu fest und zwar ab 01.03.2010 auf 312,94 EUR und ab 01.01.2011 auf 326,07 EUR.
Zur Begründung der gegen die Bescheide vom 10.04.2012 eingelegten Widersprüche führte die Klägerin aus, Bemessungsgrundlage für die Kranken- und Pflegeversicherung könne allein der Ertragsanteil der Rentenzahlungen sein. Aus den Steuerbescheiden für die Jahre 2009 und 2010 ergebe sich, dass die Rentenzahlungen lediglich mit einem Ertragsanteil i.H.v. 47 % der Einkommensbesteuerung unterworfen worden seien. Auch bei Einkünften aus Vermietung und Verpachtung werde im Rahmen der Beitragspflicht nicht auf die Mieteinnahmen abgestellt, sondern nach Abzug der Werbungskosten auf den verbleibenden steuerlichen Überschuss. Hier gehe es um die Vermögensumschichtung erheblicher Kapitalbeträge. Der Kapitalstamm unterliege nicht der Beitragspflicht. Eine klassische Lebensversicherung liege nicht vor. Hätte sie die Beträge auf ein Bankkonto gelegt und sich daraus monatlich die gleichen Zahlungen bewilligt, wie sie durch die Versicherungen geleistet würden, wäre keine Beitragsverpflichtung entstanden. Lediglich etwaige Zinsen würden verbeitragt.
Aus dem von der Klägerin u.a. vorgelegten Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2010 vom 26.04.2012 ergeben sich Gesamteinkünfte von 15.977 EUR.
Mit Widerspruchsbescheid vom 13.02.2013 wies die Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück. Die Beiträge seien mit Bescheid vom 30.03.2010 zunächst zu Unrecht lediglich auf Basis der Mindestbemessungsgrundlage festgesetzt worden. Auch der Zahlbetrag aus den beiden Rentenversicherungen sei beitragsrechtlich zu berücksichtigen. Dies ergebe sich aus § 240 SGB V und den dazu erlassenen Beitragsbemessungsgrundlagen. Die Rente stehe der Klägerin zur Bestreitung ihres Lebensunterhaltes zur Verfügung. Durch sie werde ihre wirtschaftliche Leistungsfähigkeit geprägt. Damit gehöre sie unstreitig zu den beitragspflichtigen Einnahmen. Rechtsgrundlage für die Rücknahme des Bescheides vom 30.03.2010 sei § 45 SGB X. Schutzwürdiges Vertrauen bestehe nicht. Eine Abwägung öffentlicher Interessen und der Interessen der Klägerin gehe im Übrigen zu deren Lasten aus.
Zur Begründung ihrer am 21.02.2013 beim Sozialgericht Düsseldorf erhobenen Klage hat die Klägerin im Wesentlichen auf die bisherigen Ausführungen Bezug genommen. Sie beabsichtige das Verfahren als Musterklage zu betreiben. Die von der Beklagten im Widerspruchsbescheid in Bezug genommene Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (Urteil vom 27.01.2010 – B 12 KR 28/08 R, juris) sei nicht einschlägig. Insoweit gehe es um eine private Rentenversicherung mit einer 14-jährigen Ansparphase.
Im Termin der mündlichen Verhandlung vom 28.09.2015 haben sich die Beteiligten darüber geeinigt, dass die Beiträge zur Pflegeversicherung nicht Gegenstand des Klageverfahrens sind. Die Beklagte hat sich bereit erklärt, die (rechtskräftige) Entscheidung hinsichtlich der Krankenversicherungsbeiträge auf die Beiträge zur Pflegeversicherung zu übertragen.
Die Klägerin hat beantragt,
unter Abänderung der Bescheide vom 10.04.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13.02.2013 wird festgestellt, dass die monatlich an die Klägerin geleisteten Zahlungen aus Lebensversicherung der B Lebensversicherung AG sowie T Lebensversicherungs- und Rentenanstalt Niederlassung für Deutschland nur in Höhe eines Gesamtbetrages von 662,62 EUR der Beitragspflicht in der Kranken- und Pflegeversicherung unterliegen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat im Wesentlichen ihre Ausführungen aus dem Widerspruchsverfahren wiederholt.
Mit Urteil vom 28.09.2015 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Der Beitragsbescheid vom 30.03.2010 sei ursprünglich rechtswidrig gewesen. Die Beklagte hätte die Kapitalzahlungen aus den Sofort-Rentenversicherungen im Rahmen der Beitragsbemessung berücksichtigen müssen. Insoweit handle es sich um Einnahmen im Sinne von § 3 Abs. 1 Beitragsverfahrensgrundsätze Selbstzahler (BeitrfVerfGrsSz). Nach der Rechtsprechung des BSG, welcher sich das Gericht aus eigener Überzeugung anschließe, reiche eine allgemeine, generalklauselartige Regelung aus, um eine Altersrente oder eine Unfallrente aus einem privatrechtlichen Versicherungsvertrag zu erfassen (BSG SozR 3-2500 § 240 Nrn. 40, 41). Die an die Klägerin ausgezahlten Renten seien mit einer privaten Altersrente vergleichbar. Es könne nicht darauf ankommen, ob der Versicherungsnehmer über einen Zeitraum von Jahren oder sogar mehreren Jahrzehnten monatlich Beiträge in eine kapitalbildende Lebensversicherung auf Rentenbasis einzahlt oder ob er sich mit einer einmaligen Einzahlung seines (angesparten) Vermögens eine lebenslange Rentenzahlung "erkauft". Denn eine solche Differenzierung würde die freiwillig Versicherten benachteiligen, die einen Teil ihres Vermögens über Jahre bzw. Jahrzehnte für eine private Altersvorsorge bänden und u.U. auf Zinsgewinne verzichteten und dennoch auf den vollen Zahlbetrag der privaten Rente Beiträge zahlen müssten. Es sei nicht nur der Ertragsanteil der Rentenzahlung zu berücksichtigen. Es gebe keinen Grund, den Wortlaut der BeitrVerfGrsSz bei einer Rente aus einem privaten Versicherungsvertrag, wie sie hier an die Klägerin gezahlt worden sei, einschränkend auszulegen und diese Renten nur mit einem Teil zu Beiträgen heranzuziehen. Der Zahlbetrag der Rente bestimme die gesamte wirtschaftliche Leistungsfähigkeit eines Mitgliedes. Beitragspflichtig seien Renten der gesetzlichen Rentenversicherung und sonstige Versorgungsbezüge bei versicherungspflichtigen und freiwilligen Mitgliedern nach §§ 226, 228, 229 und 240 Abs. 2 SGB V mit dem Zahlbetrag, d.h. auch mit dem Teil, der im Einkommensteuergesetz als Kapitalverzehr gewertet werde. Wenn bei diesen Renten das Mitglied in Höhe des Zahlbetrages als wirtschaftlich leistungsfähig angesehen werde, könne dies bei sonstigen Renten aus privaten Lebensversicherungsverträgen nicht anders sein. Unerheblich sei dabei auch, dass Renten – wie die der Klägerin – in der Regel aus eigenen Mitteln des Versicherten finanziert würden. Auch die Renten der gesetzlichen Rentenversicherung und Renten, die als Versorgungsbezüge gezahlt würden, seien mit dem Zahlbetrag beitragspflichtig, unabhängig davon, ob diese Renten vom Arbeitgeber und Arbeitnehmer gemeinsam oder aber ob sie allein vom Versicherten finanziert worden seien (Verweis auf BSG, Urteil vom 06.09.2001 – B 12 KR 5/01 R, juris). Eine andere Bewertung ergebe sich auch nicht aus dem Umstand, dass Barabhebungen von Sparkonten nicht der Beitragspflicht unterlägen und insoweit lediglich Zinseinkünfte verbeitragt würden. Die Klägerin habe eine Anlageform gewählt, die ihr jeweils eine lebenslange Rente garantiere.
Die Beklagte habe die Beitragsfestsetzung zu Recht mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen. Die Voraussetzungen des § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 SGB X lägen vor, da die Klägerin zumindest grob fahrlässig Angaben unvollständig gemacht habe, als sie in den Einkommensanfragen 2010 und 2011 jeweils nicht angegeben habe, dass sie "Sofort-Renten" beziehe. Die Beklagte habe im Rahmen des Widerspruchsbescheides auch das ihr zustehende Ermessen ordnungsgemäß ausgeübt.
Gegen das der Klägerin am 08.10.2015 zugestellte Urteil richtet sich deren Berufung vom 12.10.2015. Das Verfahren diene dazu, die bislang höchstrichterlich nicht entschiedenen Rechtsfragen zur Beurteilung der Beitragspflicht in der freiwilligen Krankenversicherung bei Zahlbeträgen aus Sofort-Versicherungsverträgen klären zu lassen. Sie bleibe bei ihrer Rechtsauffassung, dass lediglich die erwirtschafteten Gewinne aus beiden Versicherungsverträgen der Beitragspflicht unterlägen, mithin lediglich ein Betrag von monatlich 662,62 EUR. Hinsichtlich des eingezahlten Kapitals ergebe sich keine Beitragspflicht, da es sich um Kapitalverzehr handele, der auch in anderen Anlageformen nicht krankenversicherungsbeitragspflichtig wäre. Ohnehin stelle die freiwillige Krankenversicherung die Mitglieder beitragsmäßig schlechter als Pflichtversicherte. Denn auch Erträge aus privaten Versicherungsverträgen würden der Beitragspflicht unterworfen. Es handele sich angesichts ihres Lebensalters auch nicht um einen klassischen Versorgungsbezug. Sie habe schlicht und einfach ihren derzeitigen und künftigen Lebensstandard damit finanziert. Zwischenzeitlich sei sie pflichtversichert, so dass die Beitragspflicht aus den "Sofort-Renten" geendet habe. Es handele sich auch nicht um einmalige Einzahlungen aus angesparten Vermögen. Dies unterscheide die in Rede stehenden Versicherungsverträge von den üblichen Lebensversicherungsverträgen, die der Alterssicherung dienten. Die von den beiden Lebensversicherungen in den Verträgen verwendete Terminologie (Renten) sei irreführend. Der Begriff "Sofort-Rente" besage nur, dass es sich um wiederkehrende Zahlungen handele. Um Alterssicherung gehe es nicht. Eine Vergleichbarkeit mit Pflichtversicherten bestehe nicht. Private Versicherungsverträge begründeten ohnehin keine Beitragspflicht. Es handele sich auch nicht um eine Rente oder eine vergleichbare Einnahme im sozialversicherungsrechtlichen Sinne des SGB VI. Es gehe nicht um Erwerbsersatzeinkommen. Es liege schlicht die Situation vor, dass ein Kapitalbetrag investiert worden sei. Insoweit bestehe kein besonderer Unterschied zu anderen Kapitalanlagekonstellation. Soweit das Sozialgericht darauf hinweise, dass ein Sparguthaben sich nach einer gewissen Zeit aufbrauche, ihr aber bis an ihr Lebensende laufende Rentenzahlungen garantiert seien, überzeuge dies nicht. Aus Sparguthaben ließe sich heute nur ein minimaler Gewinn erwirtschaften. Würden allerdings hohe Zinsen – wie etwa in den 1970er Jahren – erzielt werden können, wären beide Produkte finanzmathematisch identisch.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 28.09.2015 zu ändern und die Bescheide der Beklagten vom 10.04.2012, beide in Gestalt des Widerspruchsbescheides 13.02.2013 insoweit aufzuheben, als ein Gesamtbetrag von mehr als 662,62 EUR der Beitragsbemessung zugrunde gelegt worden ist.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das sozialgerichtliche Urteil für zutreffend. Sie hält weiterhin die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts vom 27.01.2010 (a.a.O.) für einschlägig. Danach sei bei freiwillig Krankenversicherten bedeutungslos, ob die private Rente durch private Einzahlungen erwirtschaftet worden sei. Es könne keinen Unterschied machen, ob der private Rentenanspruch durch eine Einmalzahlung oder durch mehrere Jahre andauernde laufende Zahlungen erworben worden sei.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt des Verwaltungsvorgangs der Beklagten sowie der Prozessakte Bezug genommen, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung der Klägerin ist statthaft und auch im Übrigen zulässig. Sie ist jedoch unbegründet.
Das Sozialgericht hat die als (isolierte Teil-)Anfechtungsklage statthafte Klage gegen die Bescheide der Beklagten vom 10.04.2012, beide in Gestalt des Widerspruchsbescheides 13.02.2013 (§ 95 SGG), mit der die Beklagte den ursprünglichen Beitragsbescheid vom 30.03.2010 zurückgenommen und die Beiträge zur freiwilligen Krankenversicherung neu festgesetzt hat, zu Recht abgewiesen. Die Klägerin ist durch die angefochtenen Bescheide nicht beschwert im Sinne von § 54 Abs. 2 Satz 1 SGG. Die Rücknahme des Bescheides vom 30.03.2010 ist rechtlich nicht zu beanstanden; die Beklagte hat die Beiträge der Klägerin für den streitigen Zeitraum vom 01.03.2012 bis 31.12.2013 sodann zutreffend unter Berücksichtigung der ihr monatlich tatsächlich zufließenden Beträge aus den von ihr abgeschlossenen Rentenversicherungsverträgen festgesetzt.
Die Rücknahme hat die Beklagte zu Recht auf § 45 SGB X gestützt. Die Voraussetzungen des § 45 Abs.1, Abs. 2 Nr. 3, Abs. 3, Abs. 4 SGB X sind erfüllt. Die Klägerin, der jedenfalls grob fahrlässige Unkenntnis von der Rechtswidrigkeit des Beitragsbescheides vorzuhalten ist, kann sich auf schutzwürdiges Vertrauen nicht berufen. Die einjährige Handlungsfrist aus § 45 Abs. 4 Satz 2 SGB X wurde von der Beklagten eingehalten. Nach § 45 Abs. 3 Satz 2 SGB X konnte die Rücknahme des Bescheids vom 30.03.2010 bis zu zehn Jahre nach Bekanntgabe erfolgen. Die Behörde hat auch ihr Rücknahmeermessen ordnungsgemäß ausgeübt, indem sie das Interesse der Klägerin an der Aufrechterhaltung geringerer Beitragszahlungen mit den Interessen der Versichertengemeinschaft abgewogen hat. Der Senat nimmt im Übrigen Bezug auf die Ausführungen des Sozialgerichts im angefochtenen Urteil und macht sich diese zu eigen (§ 153 Abs. 2 SGG). Insoweit werden von der Klägerin auch keine rechtlichen Einwände erhoben.
Hinsichtlich der Berücksichtigung von Leistungen aus einer auf einer Einmalzahlung beruhenden (privaten) Rentenversicherung im Rahmen der Beitragsbemessung von freiwillig gesetzlich Krankenversicherten hält der Senat an seiner bereits mit Urteil vom 10.12.2015 (L 16 KR 397/14; Revision anhängig B 12 KR 16/16 R) vertretenen Rechtsauffassung zu einer im Wesentlichen vergleichbaren Sachverhaltskonstellation fest. Der Senat hat im Einzelnen ausgeführt:
"Nach § 223 Abs. 2 Satz 1 SGB V werden die Beiträge nach den beitragspflichtigen Einnahmen der Mitglieder bemessen. Grundlage für die Bemessung der Beiträge zur freiwilligen Krankenversicherung der Klägerin für die Zeit vom 01.03.2010 bis 31.12.2013 ist § 240 SGB V in Verbindung mit der in diesem Zeitraum unveränderten Regelung des § 3 Abs. 1 der BeitrVerfGrsSz, die der Spitzenverband Bund der Krankenkassen zur Erfüllung seines Regelauftrages aus § 240 Abs. 1 Satz 1 SGB V erlassen hat. Dabei ist sicherzustellen, dass die Beitragsbelastung die gesamte wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des freiwilligen Mitglieds berücksichtigt (§ 240 Abs. 1 Satz 2 SGB V). Bei der Bestimmung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit sind mindestens die Einnahmen des freiwilligen Mitglieds zu berücksichtigen, die bei einem vergleichbaren versicherungspflichtig Beschäftigten der Beitragsbemessung zugrunde zu legen (§ 240 Abs. 2 Satz 1 SGB V).
Die BeitrVerfGrsSz des Spitzenverbandes Bund der Krankenkassen stellen als untergesetzliche Normen seit dem 01.01.2009 eine hinreichende Rechtsgrundlage für die Beitragsfestsetzung gegenüber einer freiwillig Versicherten der GKV dar, die als solche in Einklang mit höherrangigem Recht stehen (BSG, Urteil vom 28.05.2015, SozR 4-2500 § 240 Nr. 25 Rn. 20; BSG, Urteil vom 19.12.2012, SozR 4-2500 § 240 Nr. 16). Beitragspflichtige Einnahmen gemäß § 3 Abs. 1 BeitrVerfGrsSz sind das Arbeitsentgelt, das Arbeitseinkommen, der Zahlbetrag der Rente der gesetzlichen Rentenversicherung, der Zahlbetrag der Versorgungsbezüge sowie alle Einnahmen und Geldmittel, die für den Lebensunterhalt verbraucht werden oder verbraucht werden können, ohne Rücksicht auf ihre steuerliche Behandlung. Hierunter fällt auch die Sofortrente mit ihrem Zahlbetrag.
Die allgemeine Formulierung "alle Einnahmen und Geldmittel, die für den Lebensunterhalt verbraucht werden oder verbraucht werden können, ohne Rücksicht auf ihre steuerliche Behandlung" in § 3 Abs. 1 BeitrVerfGrsSz ist ausreichend, um Einkünfte wie die Sofortrente aus einem privatrechtlichen Versicherungsvertrag zur Beitragsbemessung heranzuziehen. Die beitragspflichtigen Einnahmen können statt durch eine Aufzählung einzelner Einnahmen grundsätzlich mit einer allgemeinen, generalklauselartigen Regelung erfasst werden (vgl. BSG, Urteil vom 17.03.2010, SozR 4-2500 § 240 Nr. 14 Rn. 18; BSG, Urteil vom 06.09.2001, a.a.O. Rn. 15; LSG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 15.02.2012 – L 5 KR 109/10, juris Rn. 24). Zwar hat das BSG im Urteil vom 22.05.2003 (SozR 4-2500 § 240 Nr. 1 Rn. 25) zum damaligen Satzungsrecht der Krankenkassen ausgeführt, dass diese ihre Pflicht zu Satzungsregelungen nicht durch Generalklausen allgemein der Rechtsprechung überlassen können. Um eine ausreichende Bestimmtheit der abgabenrechtlichen Regelungen zu gewährleisten, sei wenigstens in Grenzbereichen zwischen beitragspflichtigen und nicht mehr beitragspflichtigen Einnahmen zunächst eine spezielle Satzungsregelung erforderlich. Einer speziellen Regelung bedurfte es jedoch vorliegend nicht. Die Generalklausel in § 3 Abs. 1 BeitrVerfGrsSz ist ausreichend, um Zahlungen aus einem privaten Rentenversicherungsvertrag bei der Beitragsbemessung zu berücksichtigen (zur Berücksichtigung von Zahlungen aus einem privaten Rentenversicherungsvertrag vgl. BSG, Urteil vom 27.01.2010, SozR 4-2500 § 240 Nr. 13 Rn. 15 m.w.N.). Daher ist es auch unerheblich, dass der vom GKV-Spitzenverband aufgestellte Katalog von Einnahmen und deren beitragsrechtliche Bewertung nach § 240 SGB V, in dem die Sofortrente Aufnahme gefunden hat, erst vom 01.12.2013 datiert, so dass auch dessen rechtliche Natur dahingestellt bleiben kann.
Bei der der Klägerin gezahlten Sofortrente handelt es sich um eine Rente aus einem privaten Versicherungsvertrag, dessen Zahlbetrag die gesamte wirtschaftliche Leistungsfähigkeit eines Mitglieds bestimmt. Auch wenn es sich um keine Leibrente wie den Renten aus der gesetzlichen Rentenversicherung (BSG, Urteil vom 06.09.2001, a.a.O. Rn. 19) oder aus einem Lebensversicherungsvertrag (vgl. OLG Hamm, Urteil vom 17.08.2007 – 20 U 284/06, juris Rn. 23) handelt, stellt sie eine regelmäßige Versicherungsleistung dar, die dem Versicherten monatlich als Einkommen zur Bestreitung seines Lebensunterhalts zur Verfügung steht. Diese Einnahmen sind nicht in Höhe des eingezahlten Kapitals als reiner Kapitalverzehr, der nicht der Beitragspflicht unterliegt, anzusehen.
Mit der Entscheidung, das Kapital zum Aufbau einer privaten Sofortente zu verwenden, entsteht ein Versicherungsanspruch, der wie jede private Rentenversicherungsleistung der Sicherstellung des Lebensunterhalts dient und daher nicht mehr als bloße Kapitalrückgewähr in Höhe des Einzahlungsbetrages angesehen werden kann. Dies folgt zum einen daraus, dass mit dem Beginn der Rentenzahlung nicht mehr frei über das Kapital verfügt werden kann und zum anderen die Rentenzahlungen nicht der bloßen Kapitalausschüttung entsprechen, sondern deutlich höhere garantierte Zahlbeträge umfassen, die zudem steuerlich privilegiert werden. Die neu entstandenen Rentenansprüche sind auch nicht anderen Ansprüchen aus Kapitalanlagen vergleichbar. Sie können nicht den Auszahlungen aus Ratensparverträgen, aus Aktien, aus Pfandbriefen, aus einem Bausparvertrag, aus Erbschaften oder aus Schenkungen gleichgestellt werden, wobei offen bleiben kann, inwieweit solche Einkünfte nicht ebenfalls der Beitragsbemessung unterworfen werden können (vgl. BSG, Urteil vom 27.01.2010, SozR 4-2500 § 240 Nr. 13 Rn. 17).
Es besteht kein Anlass hinsichtlich des Zahlbetrags der Sofortrente eine Einschränkung vorzunehmen. Es kann nämlich keinen Unterschied machen, ob über Jahre hinweg der Versicherungsnehmer kapitalbildende Einzahlungen vornimmt, um so einen späteren Rentenanspruch zu begründen, oder ob er dieses Kapital einmalig zur Begründung eines Rentenanspruchs einsetzt (ebenso LSG Mainz, Urteil vom 03.12.2015 – L 5 KR 84/15, juris; Bayrisches LSG, Urteil vom 08.07.2008 – L 5 KR 2/07, juris Rn. 14; SG Darmstadt, Urteil vom 24.02.2006 – S 13 KR 31/04, juris Rn. 40; a.A. LSG Mainz, Urteil vom 08.01.2004 – L 5 KR 37/03, juris). Dabei kommt es auch nicht darauf an, ob die Versicherte die Versicherungsleistung allein finanziert hat oder Dritte hierzu beigetragen haben. Die Rechtsprechung hat seit jeher für die Frage der Beitragspflicht einer Einnahme nicht danach differenziert, aus wessen Kapital diese erwirtschaftet worden ist (BSG, Urteil vom 30.03.2011, SozR 4-2500 § 229 Nr. 13 Rn. 22 m.w.N.).
Soweit die Klägerin einwendet, bei den monatlichen Zahlungen aus dem streitgegenständlichen Rentenversicherungsvertrag handele es sich um Kapitalerträge im Sinne von § 20 Abs. 1 Nr. 6 EStG und nicht um sonstige Einkünfte im Sinne von § 22 Nr. 1 Satz 3a bb EStG, rechtfertigt dies ebenfalls keine andere Beurteilung. Die einkommensteuerrechtliche Behandlung ist nicht entscheidend (BSG, Urteil vom 27.01.2010, a.a.O. Rn. 16 m.w.N., juris). So besteht auch die Beitragspflicht der Renten der gesetzlichen Rentenversicherung und der Versorgungsbezüge bei versicherungspflichtigen und freiwilligen Mitgliedern nach den §§ 226, 228, 229 und 240 Abs. 2 SGB V mit dem Zahlbetrag, d.h. auch mit dem Teil, der im EStG als Kapitalverzehr gewertet wird. Wenn bei diesen Renten das Mitglied in Höhe des Zahlbetrags als wirtschaftlich leistungsfähig angesehen wird, kann dies bei sonstigen Renten aus privaten Versicherungsverträgen nicht anders sein (vgl. BSG, Urteil vom 06.09.2001, a.a.O. Rn. 19).
Auf Vertrauensschutz kann sich die Klägerin nicht berufen. Es ist unerheblich, ob die Klägerin die Sofortrente unter der Vorstellung abgeschlossen hat, dass diese nicht mit dem Zahlbetrag bei der Berechnung der Beiträge berücksichtigt wird. Die Verbeitragung ihrer Sofortrente durch die Beklagte entspricht den gesetzlichen Vorgaben. Zudem kann ein Versicherter grundsätzlich nicht darauf vertrauen, dass eine für ihn günstige gesetzliche Regelung in aller Zukunft bestehen bleibt (BSG, Urteil vom 25.04.2007 – B 12 KR 26/05 R – Rn. 26, juris).
Die von der Klägerin gerügte Verletzung des allgemeinen Gleichheitssatzes des Art. 3 Abs. 1 GG bezüglich der Behandlung gesetzlich und freiwillig Versicherter liegt nicht vor. Dass nach den gesetzlichen Regelungen bei freiwillig Versicherten nicht nur Versorgungsbezüge, also Einnahmen, die unmittelbar auf ein früheres Beschäftigungsverhältnis oder auf frühere Erwerbstätigkeit zurückzuführen sind, sowie Arbeitseinkommen, sondern auch Einnahmen aufgrund privater Eigenvorsorge im Gegensatz zur Beitragsbemessung bei Pflichtversicherten zu berücksichtigen sind, entspricht dem die gesetzliche Krankenversicherung beherrschenden Solidaritätsprinzip, die Versicherten nach Maßgabe ihrer wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit zu Beiträgen heranzuziehen, und ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden (vgl. BSG, Urteil vom 27.01.2010, a.a.O. Rn. 17 m.w.N.). Zwischen pflichtversicherten und freiwillig Versicherten Mitgliedern liegen so wesentliche Unterschiede, dass eine Ungleichbehandlung verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden ist. Die Pflichtversicherung erfasst nach ihrer gesetzlichen Typisierung die Personengruppen, die wegen ihrer niedrigen Einkünfte eines Schutzes für den Fall der Krankheit bedürfen, der durch Zwang zur Eigenvorsorge erreicht werden soll. Um den Erfordernissen der Massenverwaltung Rechnung zu tragen, durfte der Gesetzgeber dabei die zu berücksichtigenden Einnahmearten begrenzen und abschließend aufzählen. Es ist zulässig, dass dabei nur die typischen Einnahmearten Pflichtversicherter berücksichtigt werden. Bei der Gruppe der freiwillig Versicherten hingegen hat der Gesetzgeber zulässigerweise die gesamte wirtschaftliche Leistungsfähigkeit in die Beitragsbemessung eingestellt, denn als Berechnungsgrundlage kommt bei freiwillig versicherten Mitgliedern das Arbeitsentgelt nicht als Bemessungsgrundlage in Betracht (vgl. BSG, Urteil vom 24.11.1992, SozR 3-2500 § 224 Nr. 2 Rn. 21). Die Einnahmearten sind typischerweise andere und vielfältigere als bei Pflichtversicherten; manche üben eine selbständige Tätigkeit aus, manche leben überwiegend aus anderen Einnahmequellen, wie Einkünften aus Kapitalvermögen oder Vermietung- und Verpachtung oder aus verschiedenen Einkünften.
Demgegenüber verfolgen die Vorschriften über die freiwillige Versicherung in der GKV das Ziel, diese für solche Personen zu öffnen, bei denen ein ähnliches, aber eingeschränktes Schutzbedürfnis besteht. Von der Versicherungspflicht nicht erfasste Personen können kraft eigener Willensentschließung freiwilliges Mitglied der gesetzlichen Krankenversicherung werden oder sich privat gegen das Risiko der Krankheit versichern. Dieses Wahlrecht haben versicherungspflichtige Personen nicht (vgl. LSG Nordrhein- Westfalen, Urteil vom 06.05.2014 – L 1 KR 608/13, juris Rn. 67).
Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) hat in der Differenzierung zwischen Pflichtversicherten und freiwillig versicherten Personen eine im Recht der gesetzlichen Krankenversicherung langfristig bewährte Unterscheidung erkannt (Beschluss vom 15.03.2000 – 1 BVL 16/96 u.a., juris). Es hat eine Verfassungswidrigkeit nur darin gesehen, dass langjährig versicherungspflichtig Beschäftigten, die durch Überschreitung der Jahresarbeitsverdienstgrenze zu freiwillig Versicherten geworden waren, der Zugang zur Pflichtversicherung der Rentner versperrt worden war, mit der Folge, dass sie Beitragsnachteile zu tragen hatten. Der Gesetzgeber hat die Verfassungswidrigkeit in Ausführung dieser Entscheidung nicht durch einen Eingriff in das Beitragsrecht beseitigt, sondern durch eine Öffnung des Zugangs zur Krankenversicherung der Rentner (vgl. zur Rechtsentwicklung näher Baier in Krauskopf, Soziale Krankenversicherung/Pflegeversicherung, § 5 SGB V Rn. 59). Die unterschiedliche Beitragsbelastung von Pflichtversicherten einerseits und freiwillig Versicherten andererseits hat das BVerfG dagegen nicht beanstandet.
Wegen dieser zumindest geringeren Schutzbedürftigkeit dürfen die freiwillig versicherten Mitglieder gegenüber den pflichtversicherten Mitgliedern beitragsrechtlich nicht begünstigt werden, sondern müssen im Durchschnitt selbst kostendeckend verbeitragt werden. Sie sollen nicht auf Kosten der Pflichtversicherten möglichst niedrige Beiträge erhalten. Dem steht nicht entgegen, dass es auch versicherungspflichtig Beschäftigte gibt, die Erträge aus Kapitalvermögen erzielen, da der Gesetzgeber zur Ordnung von Massenerscheinungen typisierende Regelungen treffen darf (LSG Sachsen, Urteil vom 07.01.2009 – L 1 KR 31/08, nachgehend BSG, Urteil vom 17.03.2010 a.a.O.; SG Oldenburg, Urteil vom 17.08.2012 – S 61 KR 324/11, juris)."
Die Höhe der Beiträge zur Krankenversicherung für den streitigen Zeitraum vom 01.03.2010 bis 31.12.2013 aus den garantierten monatlichen Beträgen von addiert 2.188,38 EUR ist zutreffend ermittelt worden bei einem Beitragssatz von 14,3 % bzw. (ab 01.10.2009 von 14,9 %). Ob die Beklagte nicht die von der Klägerin in der maßgeblichen Einkommensanfrage angegebenen (höheren) tatsächlichen Zahlbeträge sowie die Einkünfte aus geringfügiger Tätigkeit der Beitragsbemessung hätte zugrundelegen müssen, kann dahinstehen. Die Klägerin ist insoweit nicht beschwert.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Revisionszulassung erfolgt wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG).
Erstellt am: 26.11.2018
Zuletzt verändert am: 26.11.2018