Rev. durch positives Urteil des BSG erledigt.
Auf Rev. wird Urteil des LSG aufgehoben !!!
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 08.04.2016 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten darüber, ob von der Klägerin erlittene Infektion durch Pseudomonas aeruginosa, die eine Meningitis zur Folge hatte, als Arbeitsunfall anzuerkennen ist.
Die Klägerin wurde am 09.04.1992 auf dem Weg zur Universitäts-Frauenklinik S in einem Krankenwagen um ca. 16:40 Uhr während der 30. Schwangerschaftswoche geboren. In der neonatologischen Intensivstation der Kinder- und Jugendklinik der Universität S wurde sie um 17:00 Uhr aufgenommen und musste wegen einer Anpassungsstörung der Lunge mit Lungenentzündung apparativ beatmet und antibiotisch behandelt werden. Nach zwischenzeitlicher Stabilisierung unter Beatmung und antibiotischer Behandlung waren am 8. Lebenstag erneut klinische Symptome einer Pneumonie und einer beginnenden Sepsis festzustellen. Nachdem die Klägerin am 15. Lebenstag extubiert werden konnte, atmete sie spontan ohne Zeichen von Luftnot und war kreislaufstabil. Am 17. Lebenstag konnte aufgrund der stabilen klinischen Befunde auch die antibiotische Therapie beendet werden. Am 03.05.1992 traten bei der Klägerin plötzlich Apnoen und Bradykardien auf. Eine Lumbalpunktion ergab den Befund einer Meningitis; in der Liquorkultur konnte als Erreger Pseudomonas aeruginosa diagnostiziert werden. Dieser Erreger wurde gleichzeitig im Stuhl der Klägerin nachgewiesen. In der Folgezeit kam es zur Ausbildung eines Hydrocephalus, der durch Anlage einer Ventildrainage operativ versorgt werden musste.
Mit Schreiben vom 02.04.2001 stellte die Klägerin bei der Beklagten einen "Antrag auf Entschädigung, Pflegegeld, Verletztenrente. Die Beklagte zog die medizinischen Unterlagen der Universitätskliniken S bei und holte zur Klärung der Frage, welche Ursachen für die Infektion der Klägerin in Betracht kommen, im Einverständnis der Klägerbevollmächtigten ein Gutachten von Prof. Dr. S, Leitender Oberarzt der Universitätskinderklinik L ein. Dieser kam in seinem Gutachten vom 05.08.2002 zusammenfassend zu dem Ergebnis, bei der Erkrankung der Klägerin habe es sich um eine auf der Intensivstation erworbene nosokominale eitrige Meningitis durch Pseudomonas aeruginosa gehandelt. Eine zuvor lokale Besiedlung im Darm durch die verantwortlichen Keime mit anschließender Bakteriämie und Invasion der Meningen sei zu unterstellen. Dieser Kausalzusammenhang sei sehr wahrscheinlich. Andere verantwortliche Ursachen für den Infektionshergang seien unwahrscheinlich. Mit großer Wahrscheinlichkeit hätte diese Infektion im Vorfeld nicht verhindert werden können.
Der beratende Arzt der Beklagten, Facharzt für Innere Medizin, Arbeits- und Umweltmedizin Dr. T führte unter dem 22.8.2002 bezugnehmend auf medizinische Literatur aus, Pseudomonas aeruginosa sei weit verbreitet als Nass- oder Pfützenkeim, z.B. in Leitungswasser, Waschbecken, Toiletten, Wasch- und Spülmaschinen, Putzutensilien etc. Im Krankenhaus spielten u.a. Inkubatoren für Frühgeborene, Beatmungs- und Narkosegeräte eine Rolle. Von allen diesen Bereichen und Gerätschaften sowie von infizierten Patienten und Keimträgern unter dem Personal könnten sporadische oder epidemische Erkrankungen durch Pseudomonas aeruginosa ihren Ausgang nehmen. Ärzten und Pflegekräften, die unbemerkt besiedelt seien, komme möglicherweise ebenfalls epidemiologische Signifikanz zu. Auf Intensivstationen habe Pseudomonas aeruginosa als nosokominaler Erreger eine große Bedeutung. Ob während der mehrwöchigen intensivmedizinischen Behandlung für die Klägerin ein typisches Behandlungsrisiko bestanden habe, solle ergänzend geklärt werden.
Die Beklagte holte daraufhin eine ergänzende Stellungnahme von Prof. Dr. S vom 03.03.2003 ein, in welcher dieser darauf hinwies, dass nach der oralen oder analen Aufnahme von Pseudomonas aeruginosa eine Ausbreitung dieses Erregers mit nachfolgender Besiedlung und Kolonisation des Darms sehr wahrscheinlich sei. Als mögliche Eintrittspforten seien u.a. eine Besiedlung beginnend im Nasen-Rachen-Raum mit Verschlucken der Erreger und nachfolgender Besiedlung im Magen-Darm-Trakt, begünstigt durch Anlage von Magensonden oder eine anale Besiedlung und Erregerausbreitung im Magen-Darm-Trakt, begünstigt durch rektales Fiebermessen, Darmspülungen und -entlüftungen mittels Katheter zu nennen. Der Infektionszeitpunkt lasse sich aller Wahrscheinlichkeit nach zwischen dem 02.05.1992, 17 Uhr und 03.05.1992 um 17 Uhr eingrenzen.
Mit Bescheiden vom 25.07.2003 lehnte die Beklagte sowohl die Anerkennung einer Berufskrankheit (BK) nach § 9 Sozialgesetzbuch in Verbindung mit Nr. 3101 der Anlage zur Berufskrankheiten-Verordnung (BKV) als auch einen Arbeitsunfall nach § 8 SGB VII ab. Die gegen diese Entscheidungen erhobenen Widersprüche der Klägerin wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheiden vom 26.1.2004 zurück.
Die dagegen am 25.2.2004 vor dem Sozialgericht Düsseldorf erhobene Klage (S 16 U 41/04) blieb erfolglos (Urteil vom 12.12.2006). Im Berufungsrechtsstreit (Az.: L 17 U 35/07) holte das Landessozialgericht auf Antrag der Klägerin gemäß § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ein Gutachten des Arztes für Arbeitsmedizin Dr. I vom 04.02.2008 ein. Er nannte auf die Frage, welche Eintrittspforten für den Erreger Pseudomonas aeruginosa in Betracht kommen und welche ausscheiden, die Besiedlung im Nasen-Rachen-Raum mit Aspiration der Erreger. Dies stelle für diesen Erreger einen häufigen Infektionsweg dar. In Betracht kämen feuchte Areale im Inkubator, am Luftbefeuchter, im Kondenswasser vom Inkubator oder Feuchtigkeit bei Reinigungsarbeiten in Betracht. Eine anale Besiedlung und Erregerausbreitung im Magen-Darm-Trakt sei ebenfalls möglich. Sie könne beispielsweise durch Fiebermessen, Darmspülungen und Darmentlüftungen mittels Katheter erfolgen. Die Besiedlung der ableitenden Harnwege könne über den Katheter als Wegbereiter erfolgen. Dies halte er aber für weniger wahrscheinlich. Ferner könne eine Infektion über Wunden, die mit kontaminiertem Wasser in Berührung gekommen waren, etwa über Fissuren oder kleine Stichwunden infolge von Punktionen zum Eintritt der Krankheitserreger führen. Ferner sei eine Infektion über intravenöse oder zentral gelegene Katheter möglich. Sie könne auch über Luftbefeuchter erfolgen. Letzteres hält Dr. I für weniger wahrscheinlich, weil bei der Klägerin eine Infektion der Luftwege nicht beschrieben wurde. Personen, die die Übertragung herbeiführen konnten, seien Ärzte sowie Krankenschwestern und Krankenpfleger, aber auch die Eltern, die das Kind berührten und vorher mit Feuchtigkeit oder kontaminiertem Wasser in Kontakt gekommen waren. Der Erreger bewohne feuchte Stellen im Krankenhaus an Armaturen, als Kondenswasser an Gegenständen oder Reinigungsschalen usw.
Mit Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 26.11.2008 wurde die Berufung zurückgewiesen. Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision verwarf das Bundessozialgericht (BSG) mit Beschluss vom 10.2.2009 (B 2 U 8/09 B) als unzulässig.
Am 19.12.2008 stellte die Klägerin einen Überprüfungsantrag gemäß § 44 Zehntes Buch des Sozialgesetzbuch – SGB X -, den die Beklagte mit Bescheid vom 09.03.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20.05.2009 zurückwies. Die hiergegen beim Sozialgericht Düsseldorf erhobene Klage (S 6 U 53/09), mit der die Kläger ihr Begehren auf Feststellung einer Berufskrankheit nach Nr. 3101 der Anlage 1 zur BKV beschränkte, wies das Sozialgericht mit Urteil vom 07.09.2010 ab. Im Berufungsrechtstreit (L 15 U 613/10) schlossen die Beteiligten zur Beendigung des Rechtsstreits einen Vergleich, wonach die Beklagte sich verpflichtete, ausgehend von dem Überprüfungsantrag vom 19.12.2008 den Bescheid vom 25.07.2003 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 26.01.2004 gemäß § 44 Sozialgesetzbuch Zehn (SGB X) zu überprüfen und im Falle der Anerkennung eines Arbeitsunfalls der Klägerin Pflegegeld und Verletztenrente nach Maßgabe der gesetzlichen Regelungen zu gewähren.
Mit Bescheid vom 13.11.2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28.02.2013 lehnte die Beklagte die Aufhebung des Bescheides vom 25.07.2003 hinsichtlich der Ablehnung eines Arbeitsunfalls ab und führte zur Begründung aus, gemäß § 44 SGB X sei ein rechtswidriger, nicht begünstigender Verwaltungsakt zurückzunehmen, soweit sich im Einzelfall ergebe, dass bei Erlass des Verwaltungsaktes das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden sei, der sich als unrichtig erweise und deshalb Sozialleistungen zu Unrecht erbracht worden seien. Das Recht sei jedoch nicht unrichtig angewandt worden.
Hiergegen hat die Klägerin am 02.04.2013 Klage erhoben. Sie hat zu deren Begründung geltend gemacht, sie sei gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 15a Sozialgesetzbuch Siebtes Buch (SGB VII) als versicherte Person anzusehen, die einen Arbeitsunfall erlitten habe. § 2 Abs. 1 Nr. 15a SGB VII begründe Versicherungsschutz für Personen, die auf Kosten einer Krankenkasse stationäre Behandlung erhalten. Der Infektion durch Pseudomonas aeruginosa habe sie nicht entgehen können, weil das Krankenhaus durchseucht gewesen sei. Die Erkrankung bzw. Infektion sei plötzlich aufgetreten, so dass ein Arbeitsunfall vorliege. Bei ihr habe sich nicht das Behandlungsrisiko, sondern das Aufenthaltsrisiko ausgewirkt, so dass ihre schwerwiegende Erkrankung unfallursächlich sei.
Die Beklagte ist dem entgegen getreten. Es sei nicht zutreffend, dass sich das Aufenthaltsrisiko realisiert habe. Im Ergebnis könne nicht geklärt werden, unter welchen Umständen die Übertragung der Infektion mit Pseudomonas aeruginosa stattgefunden habe. Das Behandlungsrisiko falle aber nach ständiger Rechtsprechung des BSG nicht unter den Versicherungsschutz der gesetzlichen Unfallversicherung. Vorliegend spreche mehr dafür als dagegen, dass sich vorliegend das Behandlungsrisiko verwirklicht habe.
Mit Urteil vom 08.04.2016 hat das Sozialgericht Düsseldorf die Klage abgewiesen. Auf die Entscheidungsgründe des Urteils wird Bezug genommen.
Gegen das am 03.05.2016 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 02.06.2016 Berufung eingelegt. Zu deren Begründung macht sie geltend, der Aufenthalt im Krankenhaus und nicht die ärztliche Behandlung habe zur Infektion und zu ihrer Erkrankung geführt. Daher bestehe die Versicherung nach § 2 Abs. 1 Nr. 15a SGB VII.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 08.04.2016 zu ändern und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 13.11.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28.02.2013 zu verurteilen, den Bescheid vom 25.07.2003 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 26.01.2004 zurückzunehmen und die im Zeitraum vom 02.05 bis 03.05.1992 erlittene Infektion der Klägerin, die eine Meningitis zur Folge hatte, als Arbeitsunfall anzuerkennen,
hilfsweise, den Sachverständigen Prof. Dr. Q, Medizinisches Versorgungszentrum, Abteilung Krankenhaushygiene, C-str. 00, E nach § 106 SGG zu der Frage zu hören, ob im Rahmen einer Hausgeburt und entsprechender Nachbehandlung im häuslichen Bereich das gleiche Risiko besteht, eine Infektion mit dem Erreger Pseudomonas aeruginosa zu erleiden wie im Bereich eines Krankenhauses.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie nimmt auf das angefochtene Urteil Bezug und macht geltend, die Infektion sei allein durch die ärztliche Behandlung entstanden und daher nicht nach § 539 Abs. 1 Nr. 17a Reichsversicherungsordnung (RVO) versichert.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichts- und Verwaltungsakten sowie der Vorprozessakten (L17 U 35/07 und L 15 U 613/10) Bezug genommen. Dieser war Gegenstand der mündlichen Verhandlung.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung ist zulässig, aber unbegründet. Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen und die Beklagte hat es zu Recht abgelehnt, den Bescheid vom 25.07.2003 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 26.01.2004 zurückzunehmen und die von der Klägerin erlittene Infektion durch Pseudomonas aeruginosa als Arbeitsunfall anzuerkennen. Die Beklagte hat nicht bei Erlass dieses Bescheides das Recht unrichtig angewandt und ist auch nicht von einem Sachverhalt ausgegangen, der sich als unrichtig erweist. Denn die Klägerin hat keinen Arbeitsunfall erlitten, der eine Meningitis zur Folge hatte.
Ob die Klägerin aufgrund versicherter Verrichtung einen Arbeitsunfall erlitten hat, ist gemäß Art 36 Unfallversicherungs-Einordnungsgesetz i. V. m. § 212 SGB VII nach den Vorschriften der RVO zu beurteilen, weil das angeschuldigte Ereignis vor dem Inkrafttreten des SGB VII am 01.01.1997 eingetreten ist. Arbeitsunfall ist gemäß § 548 Abs. 1 Satz 1 RVO ein Unfall, den ein Versicherter bei einer der in den §§ 539, 540 und 543 bis 545 genannten Tätigkeiten erleidet. Für einen Arbeitsunfall ist danach grundsätzlich erforderlich, dass die Verrichtung des Versicherten zur Zeit des Unfalls der versicherten Tätigkeit zuzurechnen ist (sachlicher Zusammenhang), diese Verrichtung zu dem zeitlich begrenzten, von außen auf den Körper einwirkenden Ereignis – dem Unfallereignis – geführt (Unfallkausalität) und das Unfallereignis einen Gesundheitserstschaden oder den Tod des Versicherten verursacht hat (vgl. BSG, Urteil vom 27.04.2010, B 2 U 11/09 R).
Gemäß § 539 Abs. 1 Nr. 17a RVO sind in der Unfallversicherung gegen Arbeitsunfall versichert Personen, denen von einem Träger der gesetzlichen Krankenversicherung oder der gesetzlichen Rentenversicherung oder einer landwirtschaftlichen Alterskasse stationäre Behandlung im Sinne von § 559 RVO gewährt wird; stationäre Behandlung ist auch die teilstationäre Behandlung in einem Krankenhaus.
Die gesetzliche Qualifikation des Erhaltens einer Behandlung oder einer Leistung als versicherte Tätigkeit dient dem Zweck, Versicherte gegen drohende Gesundheitsgefahren aus der Behandlung, an der mitzuwirken sie verpflichtet sind (§§ 60 ff SGB I), zu schützen. Darüber hinaus sollen sie gegen die Gefahren geschützt sein, die entstehen, weil sie sich in eine besondere Einrichtung begeben müssen und dort überwiegend anderen Risiken ausgesetzt sind als zu Hause (vgl. BSG vom 27.6.1978 – 2 RU 20/78 – BSGE 46, 283, 285 = SozR 2200 § 539 Nr. 47; BSG vom 23.2.1983 – 2 RU 3/82 – BSGE 55, 10, 12 = SozR 2200 § 539 Nr. 88; BSG vom 1.2.1979 – 2 RU 85/78 – SozR 2200 § 539 Nr. 56). Die versicherte Tätigkeit umfasst danach das Entgegennehmen der Behandlung sowie die Handlungen, die Versicherte vornehmen, um die Behandlung entweder zu erhalten oder an ihrer Durchführung mitzuwirken, soweit sie sich dabei im Rahmen der ärztlichen Anordnung halten (vgl. auch Schwerdtfeger in: Lauterbach, Gesetzliche Unfallversicherung, SGB VII, § 2 Anm 541).
Eine grundsätzlich versicherte Tätigkeit liegt danach vor. Denn die Klägerin hat sich zu dem in Betracht kommenden Zeitpunkt der zur Meningitiserkrankung führenden Infektion in einer Krankenhausbehandlung befunden. Aufgrund des Gesamtergebnisses des Verfahrens kommt nicht in Betracht, dass sie sich bereits vor Aufnahme in der Kinderklinik des Universitätsklinikums S während des Geburtsvorgangs und während der Fahrt zum Klinikum infiziert hat.
Es fehlt jedoch an der Unfallkausalität. Unfälle, die allein wesentlich durch eine fehlerhafte Behandlung eines Arztes oder eines Therapeuten, wie z.B. Physiotherapeuten, Schwestern und Pfleger, bei dem Erhalt ärztlich angeordneter Behandlungen verursacht werden, sind mangels Wesentlichkeit der Verrichtung des Versicherten für den Unfall keine Arbeitsunfälle (BSG, Urteil vom 27.04.2010, B 2 U 11/09 R, NZS 2011, 313). Das Risiko der ärztlichen Behandlung selbst ist nicht Gegenstand des Versicherungsschutzes (BSG vom 15.12.1981, 2 RU 79/80; BSG vom 27.11.1986, 2 RU 10/86). Es lässt sich nicht feststellen, dass die Infektion bei der Klägerin infolge einer besonderen Gefahr erfolgt ist, die mit der Entgegennahme der Krankenhausbehandlung verbunden war, und die nicht Folge der ärztlichen Behandlung war. Dies haben die im Verwaltungsverfahren sowie im Vorprozess (L 17 U 35/07) durchgeführten Ermittlungen ergeben. Zur ärztlichen Behandlung zählen auch die Pflegetätigkeiten durch Krankenpfleger und Krankenschwestern. Eine Infektion allein durch die Anwesenheit im Krankenhaus haben weder der Gutachter Prof. Dr. S im Gutachten vom 05.08.2002 noch der im Vorprozess beauftragte Sachverständige Dr. I im Gutachten vom 04.02.2008 in Erwägung gezogen. Prof. Dr. S hat bei der Klägerin eine auf der Intensivstation erworbene nosokomiale eitrige Meningitis durch Pseudomonas aeruginosa festgestellt. Es sei eine zuvor lokale Besiedlung im Darm durch die verantwortlichen Keime mit anschließender Bakteriämie und Invasion der Meningen zu unterstellen. Der Zeitpunkt der Besiedlung im Darm lasse sich nicht feststellen. Ebenso wenig lasse sich feststellen, ob der Erreger oral oder anal aufgenommen wurde.
Der Sachverständige Dr. I hat zur Überzeugung des Senats ausgeführt, die Besiedlung habe im Nasen-Rachenraum bei intensiv-medizinischen Tätigkeiten wie Beatmen, Pflegen und Versorgen über die Hände des Personals, aber auch durch kontaminiertes Wasser oder Feuchtigkeit an medizinischen Geräten erfolgen können. In Betracht kämen feuchte Areale im Inkubator, am Luftbefeuchter oder bei Reinigungstätigkeiten. Auch Magensonden kämen in Betracht. Eine Infektion der Harnwege über Katheter sei im Fall der Klägerin unwahrscheinlich. Ferner komme die Infektion über zentral gelegene Katheter in Betracht. Als Personen, die die Übertragung herbeiführen können, kämen die behandelnden Ärzte, Krankenpfleger und Schwestern in Betracht, die bei therapeutischen und pflegerischen Maßnahmen das Kind berührten und zuvor Kontakt hatten zu kontaminiertem Wasser, etwa beim Händewaschen mit einem kontaminierten Wasserhahn, oder die Hände nicht ausreichend desinfiziert hatten. Auch die Eltern könnten ihr Kind berührt haben und zuvor die Hände nicht ausreichend desinfiziert gehabt haben. Diese in Betracht kommenden Infektionsquellen stellen allerdings ebenso wie die von Klägerseite in Betracht gezogene Infektion allein durch den Aufenthalt im Krankenhaus, hier also durch die Entgegennahme der Behandlung im Inkubator, lediglich theoretisch in Betracht zu ziehende Möglichkeiten dar. Durch welche dieser Gefahrenquellen mit Wahrscheinlichkeit die Infektion erfolgt ist und die Gefahr sich realisiert hat, haben Prof. Dr. S und Dr. Haarmann nicht festzustellen vermocht. Die Klägerin hat im Übrigen als Säugling keine aktive Mitwirkungshandlung erbringen können, die als Mitursache in Betracht käme.
Die passive Entgegennehme der Krankenhausbehandlung kann daher bei der Beurteilung der Unfallkausalität nicht als Mitursache im naturwissenschaftlichen Sinne festgestellt werden. Ebenso wenig kann die theoretisch in Betracht kommende Infektion infolge einer Berührung durch die Eltern als krankenhaustypische Gefahr eingestuft werden. Allein der Umstand, dass der Keim Pseudomonas aeruginosa, der zu der Meningitisinfektion führte, als typischer Krankenhauskeim anzusehen ist, kann nicht dazu führen, eine Verursachung der Infektion durch die Anwesenheit der Klägerin in der Klinik zu bejahen, ohne den konkreten Vorgang des Kontakts mit Pseudomonas aeruginosa und die dadurch verursachte Infektion feststellen zu können.
Der Senat war nicht gehalten, dem Hilfsantrag zu folgen und Prof. Dr. Q zu der im Hilfsantrag der Klägerin formulierten Frage zu hören. Denn auf die Beantwortung dieser Frage kommt es für die Beurteilung der Unfallkausalität im vorliegenden Fall nicht an.
Die Kostenentscheidung beruht auf Sozialgerichtsgesetz (§ 193 SGG).
Der Senat hat die Revision zugelassen, weil die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG).
Erstellt am: 05.11.2019
Zuletzt verändert am: 05.11.2019