NZB als unzulässig verworfen.
Die Berufung der Klägerin wird zurückgewiesen. Die Beklagte trägt ein Fünftel der notwendigen außergerichtlichen Kosten der Klägerin. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist noch die Rückforderung von Leistungen nach dem Vierten Kapitel des SGB XII i.H.v. 5.344,32 EUR, welche die Beklagte der Klägerin für Kosten der Unterkunft und Heizung in dem Zeitraum von August 2009 bis Juli 2010 bewilligt hatte.
Die 1938 geborene Klägerin war seit 1977 zunächst als Handelsvertreterin, seit 1994 als selbständige Versicherungsmaklerin tätig. Von ca. 2005 bis Juni 2009 arbeitete sie als (selbständige) Geschäftsführerin der W GmbH. In dem streitigen Zeitraum von August 2009 bis Juli 2010 bewohnte sie ausschließlich eine Wohnung in I, die sie im Namen der W GmbH angemietet hatte und zu geschäftlichen sowie privaten Zwecken nutzte.
Unter dem 03.08.2009 beantragte die Klägerin bei der Beklagten Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach dem Vierten Kapitel des SGB XII. In dem von ihr unterzeichneten Antragsformular gab sie als Adresse "Am I 00" in B an. In dem Vordruck verpflichtete sich die Klägerin, der Beklagten sämtliche Änderungen, die für die Bewilligung der Leistung maßgebend sind, insbesondere u.a. vorübergehende Abwesenheit, Krankenhausaufenthalte, Kuren und Wohnungswechsel, unverzüglich und unaufgefordert mitzuteilen. Ihr sei bekannt, dass sie sich durch unvollständige oder unwahre Angaben strafbar mache und zu Unrecht empfangene Leistungen zu erstatten seien. Anlässlich der Antragstellung legte die Klägerin einen zum 01.07.2009 geschlossenen Mietvertrag über eine Zwei-Zimmer-Wohnung vor, die Am I 00 in B und damit im örtlichen Zuständigkeitsbereich der Beklagten gelegen ist. In dem Mietvertrag verpflichtete sich der (im Jahr 2012 verstorbene) Vermieter, den Schimmel in der Wohnung zu beseitigen und die befallenen Stellen bis zum 31.12.2009 neu zu tapezieren. Die Wohnungsschlüssel wurden der Klägerin laut Mietvertrag bereits am 30.06.2009 ausgehändigt. Ferner überreichte die Klägerin u.a. eine an die W GmbH gerichtete Kostennote vom 30.06.2009 über ein noch ausstehendes Beratungshonorar. Darin war als ihre Anschrift ebenfalls "Am I 00, B" angegeben.
Durch Bescheid vom 11.08.2009 in der Fassung des Bescheides vom 28.08.2008 bewilligte die Beklagte der Klägerin Leistungen nach dem Vierten Kapitel des SGB XII für die Zeit von August 2009 bis Juli 2010. Im Rahmen der Bedarfsberechnung berücksichtigte die Beklagte Kosten der Unterkunft und Heizung für die angemietete Wohnung in B i.H.v. monatlich 385,75 EUR. Die Miete überwies sie auf Wunsch der Klägerin unmittelbar an den Vermieter.
Gegen den Bewilligungsbescheid vom 11.08.2009 legte die Klägerin im September 2009 unter Angabe der Anschrift "Am I 00" in B Widerspruch ein, nahm diesen jedoch im Oktober 2009 – ebenfalls unter Angabe der genannten Adresse – zurück.
Mit Schreiben vom 17.12.2009 widerrief die Klägerin (ebenfalls unter Nennung der Anschrift "Am I 00") ihre Erklärung, die Nebenkosten (für Stromlieferungen und den Betrieb der Heizung) unmittelbar an den Vermieter zu zahlen. Dieser habe die Nebenkosten nicht an den Energieversorger weitergeleitet. Zugleich legte sie ein Schreiben des Vermieters aus Oktober 2009, gerichtet an die Anschrift "Am I 00" vor, auf dessen Inhalt Bezug genommen wird. Entsprechend einem Bescheid vom 28.01.2010 überwies die Beklagte die Abschläge für Gas und Strom daraufhin in der Folgezeit unmittelbar an den Energieversorger.
Durch weiteren Änderungsbescheid vom 28.02.2010 bewilligte die Beklagte der Klägerin ab März 2010 Leistungen für Kosten der Unterkunft lediglich noch in Höhe der aus ihrer Sicht sozialhilferechtlich angemessenen Kosten der Unterkunft von monatlich 356,75 EUR. Der Bescheid enthielt den Hinweis, dass die Klägerin nach § 60 SGB I verpflichtet sei, unverzüglich und unaufgefordert alle Tatsachen und Änderungen anzugeben, die für die Leistungsgewährung erheblich seien. Hierzu gehöre insbesondere eine Änderung des Aufenthaltsortes (z.B. Wohnungswechsel). Gegen den Bescheid legte die Klägerin (wiederum unter Angabe der Anschrift "Am I 00") am 06.04.2010 ebenfalls Widerspruch ein.
Im Februar 2010 beantragte die Klägerin (erneut unter der o.g. Adresse) bei der Beklagten ein Darlehen für die Durchführung eines Strafverfahrens. Gegen den ablehnenden Bescheid der Beklagten vom 04.03.2010 legte sie im April 2010 Widerspruch ein; im weiteren Verlauf legte sie die Kopie eines an sie gerichteten Schreibens von Rechtsanwalt M vom 08.02.2010 vor; auf dieser Kopie ist das Adressfeld nicht ausgefüllt.
Mit (erneut unter der Anschrift "B" verfasstem) Schreiben aus Mai 2010 wiederholte die Klägerin gegenüber der Beklagten, dass ihr Vermieter die Nebenkosten für Heizung und Strom nicht an den Energieversorger zahle. Die entsprechenden Leistungen wolle sie zukünftig selbst an das Versorgungsunternehmen weiterleiten. Sie könne und wolle ihren Vermieter nicht verklagen. Dementsprechend gewährte die Beklagte ab Juni 2010 Grundsicherungsleistungen unter Berücksichtigung von Kosten der Unterkunft und Heizung i.H.v. nach wie vor 356,75 EUR, überwies diese jedoch nunmehr an die Klägerin.
Im Juli 2010 beantragte die Klägerin bei der Beklagten die Weiterbewilligung von Grundsicherungsleistungen. Dabei gab sie als Anschrift wiederum "Am I 00 in B" an. Anlässlich des Folgeantrags legte die Klägerin u.a. eine an sie (unter der o.g. Anschrift) gerichtete Rechnung des Energieversorgers vom 11.06.2010 für Strom- und Gaslieferungen im Zeitraum vom 30.07.2009 bis zum 27.05.2010 über 1.510,12 EUR vor. Mit Bescheid vom 21.07.2010 bewilligte die Beklagte der Klägerin daraufhin nach Abzug überzahlter Betriebskosten einen Nachzahlungsbetrag für Heizkosten i.H.v. 860,32 EUR, den sie an den Energieversorger überwies.
Durch den Anruf eines Mitarbeiters der Abteilung "Verhinderung von Obdachlosigkeit" der Stadt I erfuhr die Beklagte am 26.07.2010, dass die Klägerin tatsächlich in I wohnte, hingegen nicht in der von ihr angemieteten Wohnung in B.
Anlässlich einer Vorsprache räumte die Klägerin gegenüber der Beklagten am 30.07.2010 ein, ihren Lebensmittelpunkt von August 2009 bis dato in I (gehabt) zu haben. Von dort aus habe sie ihre selbständige Tätigkeit ausgeübt. Die Wohnung in I werde allerdings wegen aufgelaufener Mietrückstände am 05.08.2010 geräumt; sie werde daher am 04.08.2010 in die angemietete Wohnung in B umziehen. Zugleich gestand sie ein, die im Juli 2010 vorgelegte Rechnung des Versorgungsunternehmens vom 11.06.2010 manipuliert zu haben. Diese Rechnung betreffe Strom- und Gaslieferungen für die Wohnung in I, nicht in B; sie habe die auf der Rechnung ausgewiesene Verbrauchsstelle abgedeckt, bevor sie die Rechnung kopiert habe. Sie habe gedacht, es sei unwichtig, ob die Heizkosten für die Wohnung in B oder I angefallen seien. Den Anteil der Heizkosten, welcher für die gewerblich genutzte Wohnfläche in I entstanden sei, wolle sie der Beklagten erstatten.
Die Beklagte leitete anschließend diverse Ermittlungen zu den wirtschaftlichen Verhältnissen der Klägerin ein, insbesondere bzgl. etwaigen Einkommens aus ihrer selbständigen Tätigkeit. Die Städte I, N und X teilten auf Anfrage der Beklagten mit, dass die Klägerin von dort in der Vergangenheit keine Leistungen bezogen habe. Anschließend bewilligte die Beklagte der Klägerin ab August 2010 fortlaufend Leistungen nach dem Vierten Kapitel des SGB XII.
Nach Anhörung der Klägerin (Schreiben vom 18.02.2011, welches die Klägerin allerdings nicht erhalten haben will) hob die Beklagte mit Bescheid vom 12.04.2011 die (im Bescheid im Einzelnen aufgeführten) Bescheide über die Bewilligung von Grundsicherungsleistungen für die Zeit von August 2009 bis Juli 2010 auf und forderte die Klägerin auf, die überzahlten Leistungen i.H.v. insgesamt 9.652,32 EUR (= 4.308 EUR Regelbedarf und 5.344,32 EUR Kosten der Unterkunft und Heizung) zu erstatten. Die Bewilligungsbescheide seien von Beginn an rechtswidrig gewesen, weil die Beklagte für die Leistungserbringung örtlich unzuständig gewesen sei (§ 98 Abs. 1 S. 2 SGB XII). Die Klägerin habe sich in dem genannten Zeitraum gewöhnlich in I, nicht jedoch in B aufgehalten. Sie habe zumindest grob fahrlässig, bzgl. der manipulierten Rechnung des Versorgungsunternehmens vom 11.06.2010 sogar vorsätzlich, falsche bzw. unzureichende Angaben gemacht. Im Rahmen des von der Beklagten auszuübenden Ermessens müsse das private Interesse der Klägerin am Bestand der Bescheide gegenüber dem öffentlichen Interesse an einer Rücknahme zurücktreten. Es bestehe grundsätzlich ein allgemeines fiskalisches Interesse an der Vermeidung nicht gerechtfertigter Sozialleistungen. Zugleich rechnete die Beklagte die Erstattungsforderung ab Juni 2011 i.H.v. 20 v.H. des Regelbedarfs gegenüber den laufenden Grundsicherungsleistungen der Klägerin auf unter der aufschiebenden Bedingung, dass die durch den Bescheid ausgesprochene Rückforderungsentscheidung bestandskräftig werde.
Gegen den Bescheid legte die Klägerin – anwaltlich vertreten – am 18.05.2011 Widerspruch ein.
Mit Schreiben vom 27.05.2011 hörte die Widerspruchsbehörde die Klägerin erneut zu der Rückforderung an. Die Klägerin führte daraufhin im September 2011 (persönlich) u.a. aus, bei der Beklagten im Juli 2009 Grundsicherungsleistungen beantragt zu haben, weil der Mietvertrag in B zu diesem Zeitpunkt bereits existiert und ein Umzug bevorgestanden habe. Sie habe zwar falsch gehandelt, jedoch nicht vorsätzlich oder grob fahrlässig. Sie sei sich seinerzeit sicher gewesen, dass es ausreiche, bei irgendeinem Sozialhilfeträger Leistungen zu beantragen. Sie sei sich jedoch nicht sicher gewesen, welche Behörde zuständig gewesen sei. Für sie sei ausschlaggebend, möglichst wenig Arbeitsvorgänge zu veranlassen. Ihr Sozialhilfeantrag sei von der Beklagten auch anstandslos bearbeitet und beschieden worden. Die gewährten Leistungen für Kosten der Unterkunft seien ohnehin nicht an sie, sondern an ihren Vermieter geflossen. Ein Schaden sei – über die Leistungen wegen der manipulierten Stromrechnung hinaus – nicht ersichtlich. Im Übrigen sei sie wirtschaftlich nicht in der Lage, die überzahlten Leistungen zu erstatten. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf das Schreiben Bezug genommen.
Durch Widerspruchsbescheid vom 21.10.2011 wies der Märkische Kreis den Widerspruch der Klägerin nach Beteiligung sozial erfahrener Personen als unbegründet zurück. Auf die Einzelheiten des Bescheides wird Bezug genommen.
Am 16.11.2011 hat die Klägerin beim Sozialgericht Dortmund Klage erhoben. Zu Unrecht habe die Beklagte die Grundsicherungsbescheide für die streitige Zeit von August 2009 bis Juli 2010 zurückgenommen. Abgesehen davon, dass die Beklagte ihre Erstattungsforderung gemäß § 2 Abs. 3 SGB X von vornherein nicht gegenüber der Klägerin, sondern gegenüber der Stadt I geltend machen müsse, seien die Leistungsbescheide jedenfalls nicht i.S.v. § 45 SGB X materiell rechtswidrig; denn die Klägerin sei in dem genannten Zeitraum unstreitig hilfebedürftig gewesen und habe Grundsicherungsleistungen beanspruchen können. Unerheblich sei, dass die Beklagte für die Leistungserbringung örtlich unzuständig gewesen sei. Wenn schon ein Bürger die Aufhebung eines Verwaltungsakts nicht allein deshalb beanspruchen könne, weil dieser unter Verletzung von Vorschriften (u.a.) über die örtliche Zuständigkeit zu Stande gekommen sei (vgl. § 42 SGB X), könne die Behörde einen begünstigenden Verwaltungsakt allein wegen fehlender örtlicher Zuständigkeit erst Recht nicht rückwirkend aufheben. Abgesehen davon habe die Klägerin keineswegs in wesentlicher Beziehung unrichtige oder unvollständige Angaben gemacht (§ 45 Abs. 2 Ziffer 1 SGB X). In dem Antragsformular vom 03.08.2009 sei an keiner Stelle nach ihrem gewöhnlichen Aufenthaltsort, sondern lediglich nach ihrer Adresse gefragt worden; diese habe sie aber zutreffend angegeben. Sie sei damals in B gemeldet gewesen und habe die Wohnung in B unter der angegebenen Anschrift "Am I 00" auch tatsächlich ab dem 01.07.2009 angemietet gehabt. Zudem habe sie weder vorsätzlich noch grob fahrlässig gehandelt. Es sei nicht Aufgabe der Klägerin, sondern des Leistungsträgers, dessen örtliche Zuständigkeit zu prüfen und den Antrag ggf. an die aus seiner Sicht zuständige Behörde weiterzuleiten. Im Übrigen handele es sich beim "gewöhnlichen Aufenthalt" um einen unbestimmten Rechtsbegriff, der in seinen verschiedenen Funktionen und unterschiedlichen Rechtsbereichen nicht einheitlich verstanden werde. Der entsprechende Irrtum eines Laien könne daher nicht grob fahrlässig sein. Darüber hinaus habe die Klägerin bei Antragstellung noch beabsichtigt gehabt, die Wohnung in B auch zu beziehen. Der Umzug sei jedoch im Wesentlichen daran gescheitert, dass ihr Vermieter den Schimmel in der Wohnung vertragswidrig nicht bis zum 31.12.2009 beseitigt habe. Bis dahin sei die Wohnung unbewohnbar gewesen, so dass die Klägerin erst im August 2010 habe umziehen können. Abgesehen davon sei die Beklagte ihren Aufklärungs- und Beratungspflichten nach §§ 13 bis 16 SGB I nicht nachgekommen. Dem zuständigen Sachbearbeiter hätte nach Durchsicht des Mietvertrags klar sein müssen, dass sich der Bezug der angemieteten Wohnung in B jedenfalls bis zum 31.12.2009 hinauszögern konnte. Er wäre daher gehalten gewesen, bei der Klägerin nachzufragen, ob sie die Wohnung in B bereits tatsächlich bezogen habe. Darüber hinaus habe die Beklagte ihr Ermessen in den angefochtenen Bescheiden unzureichend ausgeübt, indem sie das Lebensalter, die schwere Erkrankung und Hilfebedürftigkeit der Klägerin sowie den Umstand unberücksichtigt gelassen habe, dass die bewilligten Leistungen bereits verbraucht seien. Ihr Bevollmächtigter hat auf Anfrage des Sozialgerichts ergänzend ausgeführt, es lasse sich heute nicht mehr eruieren, aus welchen Gründen die schwerkranke und hochbetagte Klägerin die Miete für die Wohnung in B in voller Höhe gezahlt habe, obwohl diese erst ein Jahr nach Anmietung bewohnbar gewesen sei. In der mündlichen Verhandlung vor dem Sozialgericht hat die Klägerin auf Nachfrage der Kammervorsitzenden ferner erklärt, nicht genau zu wissen, wann die Wohnung in B vom Vermieter fertiggestellt gewesen sei; dies möge auch Monate vor ihrem Umzug der Fall gewesen sein. Sie habe den Umzug jedoch insbesondere auch finanziell zunächst noch organisieren müssen.
Im erstinstanzlichen Verhandlungstermin hat die Beklagte den streitbefangenen Bescheid vom 12.04.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21.10.2011 am 22.10.2015 insoweit zurückgenommen, als darin für die Zeit von August 2009 bis Juli 2010 Leistungen nach dem Vierten Kapitel des SGB XII in Höhe des Regelbedarfs von insgesamt 4.308 EUR zurückgefordert wurden.
Die Klägerin hat anschließend beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, den Bescheid vom 12.04.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21.10.2011 aufzuheben.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen, soweit sie über das Teilanerkenntnis hinausgeht.
Sie hat die angefochtenen Bescheide für zutreffend erachtet.
Die Stadt I hat auf Anfrage des Sozialgerichts Dortmund Zweifel an der Hilfebedürftigkeit der Klägerin geäußert. Wegen der Einzelheiten wird auf das Schreiben vom 07.01.2013 Bezug genommen.
Durch Urteil vom 22.10.2015 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Die zulässige Klage sei unbegründet. Die Beklagte habe die Bescheide über die Bewilligung von Grundsicherungsleistungen im Zeitraum von August 2009 bis Juli 2010 zu Recht teilweise aufgehoben und die allein noch streitbefangenen Leistungen für Kosten der Unterkunft und Heizung i.H.v. 5.344,32 EUR zurückgefordert. Die Bewilligungsbescheide seien gemäß § 45 Abs. 1 S. 1 SGB X von Anfang an rechtswidrig. Die Beklagte sei für die Leistungserbringung örtlich unzuständig gewesen (§ 98 Abs. 1 SGB X); denn die Klägerin habe sich seinerzeit nicht gewöhnlich in B, sondern in I aufgehalten. Die von ihr angemietete Wohnung in B habe sie erst im August 2010 und damit nach Ablauf des hier streitigen Zeitraums bezogen. § 42 SGB X stehe der rückwirkenden Aufhebung der Bewilligungsbescheide nicht entgegen. Selbst wenn diese Vorschrift (in entsprechender Anwendung) auch die Verwaltung darin hindere, einen Verwaltungsakt nach §§ 44 ff. SGB X allein wegen örtlicher Unzuständigkeit des Leistungsträgers aufzuheben, fehle es jedenfalls an den Voraussetzungen dieser Norm; denn es sei nicht offensichtlich, dass die örtliche Unzuständigkeit der Beklagten die Entscheidung über die Gewährung von Kosten für Unterkunft und Heizung nicht beeinflusst habe. Vielmehr hätte die Klägerin Leistungen in Höhe der Miete für die Wohnung in B während der Zeit ihres gewöhnlichen Aufenthalts in I weder von der Beklagten noch von dem dortigen Sozialhilfeträger beanspruchen können. Leistungen für Kosten der Unterkunft und Heizung müsse der Sozialhilfeträger gemäß § 35 Abs. 1, 2 und 4 SGB XII nur gewähren, wenn die Unterkunft – anders als in dem hier in Rede stehenden Zeitraum – auch tatsächlich genutzt werde. Auf Vertrauensschutz (§ 45 Abs. 2 SGB X) könne sich die Klägerin nicht berufen. Die Übernahme der Nachforderung des Energieversorgers vom 11.06.2010 für Strom und Gaslieferungen i.H.v. 860,32 EUR habe sie durch arglistige Täuschung erwirkt (§ 45 Abs. 2 S. 3 Nr. 1 SGB X); denn sie habe auf der Rechnung die Verbrauchsstelle (= die in I angemietete Wohnung) abgedeckt, die Beklagte auf diese Weise getäuscht und zur Auszahlung der Leistungen veranlasst. Dabei sei ihr bewusst gewesen, von der Beklagten keine Leistungen für Energielieferungen beanspruchen zu können, welche tatsächlich für die Wohnung in I angefallen seien. Anderenfalls hätte sie die Rechnung des Energieversorgers nicht manipuliert. Die darüber hinaus gewährten Leistungen für Kosten der Unterkunft und Heizung beruhten auf Angaben, welche die Klägerin teilweise vorsätzlich, im Übrigen aber zumindest grob fahrlässig in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht habe (§ 45 Abs. 2 S. 3 Nr. 2 SGB X). So habe sie in dem Antragsformular vom 03.08.2009 als aktuelle Anschrift "Am I 00" in B angegeben und diese Adresse auch in der zugleich vorgelegten Kostennote vom 30.06.2009 als ihre Wohnanschrift genannt, obwohl sie dort tatsächlich nicht gewohnt habe. Ferner habe die Klägerin mit Schreiben vom 17.12.2009 und 12.05.2010 wahrheitswidrig behauptet, dass ihr Vermieter die Abschläge für Strom und Gas – welche für die mit Öl beheizte Wohnung in B tatsächlich nicht angefallen seien – nicht an den Energieversorger weiterleite. Die Klägerin sei sich auch bewusst gewesen, Leistungen für die in B angemietete Wohnung nur bei tatsächlicher Nutzung beanspruchen zu können. Ihre Behauptung, nicht sicher gewesen zu sein, ob die Beklagte oder die Stadt I für die Leistungsgewährung örtlich zuständig sei, sei unglaubhaft, die Klägerin insofern auch unglaubwürdig. Entsprechendes gelte für ihre angebliche Auffassung, es sei unerheblich, von welchem Leistungsträger sie Grundsicherungsleistungen erhalte. Anderenfalls hätte keine Veranlassung bestanden, die Beklagte über die angeblich unterbliebene Weiterleitung der Nebenkosten durch ihren Vermieter zu täuschen und die Nebenkostenabrechnung des Energieversorgers vom 11.06.2010 zu manipulieren. Zudem habe die Klägerin aufgrund ihrer langjährigen erfolgreichen Tätigkeit in der Versicherungsbranche, ihrem persönlichen Vorbringen im Widerspruchsverfahren und dem persönlichen Eindruck, den die Kammer in der mündlichen Verhandlung gewonnen habe, subjektiv aufgrund ganz naheliegender Überlegungen schon bei Antragstellung erkennen können, dass die angegebene Anschrift "B" mangels tatsächlicher Nutzung der dortigen Wohnung unrichtig war. Unter der in dem Antragsformular erfragen "Adresse" sei im allgemeinen Sprachgebrauch der Ort zu verstehen, an dem man sich tatsächlich aufhalte, ohne dass es einer konkreten Vorstellung vom Rechtsbegriff des "gewöhnlichen Aufenthalts" bedürfe. Darüber hinaus enthalte der Antragsvordruck den unmissverständlichen Hinweis, dass vorübergehende Abwesenheitszeiten und Wohnungswechsel der Beklagten unaufgefordert mitzuteilen seien. Anhaltspunkte dafür, dass die Klägerin seinerzeit beabsichtigt hätte, die Wohnung in B – nach Beseitigung der vom Schimmel befallenen Stellen – zeitnah zu beziehen, und daher bei Antragstellung rechtsirrig davon ausgegangen wäre, die Anschrift der seinerzeit noch genutzten Wohnung in I nicht angegeben zu müssen, seien nicht erkennbar. Dem Mietvertrag und der darin vereinbarten Verpflichtung des Vermieters, die vom Schimmel befallenen Stellen bis zum 31.12.2009 neu zu tapezieren, sei nicht zu entnehmen, dass die Wohnung bis dahin unbewohnbar gewesen sei; denn nach dem Inhalt des Mietvertrags habe das Mietverhältnis bereits am 01.07.2009 begonnen. Auch die Schlüsselübergabe sei schon am 30.06.2009 erfolgt. Zudem hätte die – sich sonst engagiert für ihre Rechte einsetzende – Klägerin anderenfalls bei dem Vermieter die Erfüllung seiner Verpflichtungen eingefordert bzw. die Mietzahlungen zumindest gekürzt. Schließlich habe erst die Zwangsräumung der Wohnung in I zu einem Umzug in die angemietete Wohnung in B geführt. Durch ihre wahrheitswidrigen Angaben habe die Klägerin die Beklagte veranlasst, die Leistungen für Unterkunft und Heizung im streitigen Zeitraum zu bewilligen und (teilweise unmittelbar an den Energieversorger) zu zahlen. Die Beklagte habe die Leistungsbescheide für die streitige Zeit ferner mit Wirkung für die Vergangenheit zurücknehmen dürfen. Ermessensfehler seien nicht ersichtlich. Die Rücknahme sei fristgemäß erfolgt (vgl. § 45 Abs. 3 S. 3 und Abs. 5 S. 2 SGB X). Die im streitigen Zeitraum überzahlten Leistungen von insgesamt 5.344,32 EUR (7 Monate (von August 2009 bis Februar 2010) x 385,75 EUR, 5 Monate (von März 2010 bis Juli 2010) x 356,75 EUR zuzüglich 860,32 EUR aus der Nebenkostennachforderung des Energieversorgers vom 11.06.2010) müsse die Klägerin daher gemäß § 50 Abs. 1 SGB X erstatten. Schließlich sei auch die erklärte Aufrechnung nicht zu beanstanden. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gründe der Entscheidung Bezug genommen.
Gegen das ihrem Bevollmächtigten am 11.11.2015 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 17.11.2015 Berufung eingelegt und auf ihr erstinstanzliches Vorbringen Bezug genommen.
In der mündlichen Verhandlung hat die Vertreterin der Beklagten den Bescheid vom 12.04.2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21.10.2011 insoweit zurückgenommen, als darin aufschiebend bedingt gegen die laufenden Leistungen der Klägerin nach dem Vierten Kapitel des SGB XII aufgerechnet wird.
Die Klägerin beantragt,
den Bescheid vom 12.04.2011 in Fassung des Widerspruchsbescheides vom 21.10.2011 und der vor dem Sozialgericht am 22.10.2015 und vor dem Landessozialgericht am 20.11.2017 vorgenommenen Änderung aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung der Klägerin zurückzuweisen.
Sie ist nach wie vor der Auffassung, die noch streitbefangenen Leistungen für Kosten der Unterkunft und Heizung zu Recht von der Klägerin zurückgefordert zu haben.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten sowie der beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten Bezug genommen. Dieser ist Gegenstand der Entscheidungsfindung gewesen.
Entscheidungsgründe:
1. Die zulässige Berufung ist unbegründet. Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der angefochtene Bescheid vom 12.04.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21.10.2011, beide in der Fassung der Änderungen, welche die Beklagte in den mündlichen Verhandlungen vom 22.10.2015 und 20.11.2017 vor dem Sozialgericht und dem Senat vorgenommen hat, sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht gemäß § 54 Abs. 2 SGG in ihren Rechten. Die Beklagte hat die Bescheide über die Bewilligung von Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung für die Zeit von August 2009 bis Juli 2010 zu Recht teilweise zurückgenommen und (zuletzt nur noch) überzahlte Leistungen in Höhe der gewährten Leistungen für Kosten der Unterkunft und Heizung i.H.v. 5.344,32 EUR zurückgefordert.
Der Senat verweist insofern zunächst auf die Gründe der angefochtenen Entscheidung des Sozialgerichts, denen er sich anschließt (§ 153 Abs. 2 SGG). Ergänzend weist der Senat auf Folgendes hin:
a) Die angefochtenen Bescheide sind nicht nur materiell, sondern auch formell rechtmäßig ergangen.
aa) Die Beklagte war für die Rücknahme der für August 2009 bis Juli 2010 erlassenen Leistungsbescheide sachlich und örtlich zuständig; einer Beiladung der Stadt I nach § 75 Abs. 2 Alt. 1 SGG bedurfte es daher nicht.
Nach § 45 Abs. 5 i.V.m. § 44 Abs. 3 SGB X entscheidet über die Rücknahme nach Unanfechtbarkeit eines Verwaltungsakts die zuständige Behörde; dies gilt auch dann, wenn der zurückzunehmende Verwaltungsakt von einer anderen Behörde erlassen worden ist. Zuständig ist also die Behörde, die nach den maßgebenden Vorschriften im Entscheidungszeitpunkt "wirklich" sachlich und örtlich zuständig ist (vgl. insofern BSG, Urteil vom 09.06.2011 – B 8 AY 1/10 R Rn. 10 zu § 44 Abs. 3 SGB X unter Verweis auf Schütze in von Wulffen, SGB X, 8. Auflage, § 44 Rn. 37 m.w.N.). Dabei beurteilt sich die Zuständigkeit nach den für den jeweiligen Bereich geltenden allgemeinen Regeln (vgl. Schütze, a.a.O.).
Im Zeitpunkt der angefochtenen Bescheide (Bescheid vom 12.04.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21.11.2011 in der Fassung der Änderungsbescheide vom 22.10.2015 und 20.11.2017) war die Beklagte für die Rücknahmeentscheidung gemäß § 97 Abs. 1 SGB XII (mangels abdrängender Zuständigkeit des überörtlichen Trägers nach Abs. 2 i.V.m. § 2 AV-SGB XII NRW bzw. § 97 Abs. 3 SGB XII) i.V.m. § 1 Abs. 1 der Satzung über die Durchführung der Sozialhilfe im Märkischen Kreis vom 10.01.2005 sachlich und gemäß § 98 Abs. 1 S. 2 SGB XII (i.d.F. bis 31.12.2012) auch örtlich zuständig; denn schon seit August 2010 wohnt die Klägerin unstreitig in B und hat ihren gewöhnlichen Aufenthalt daher im örtlichen Zuständigkeitsbereich der Beklagten. Zwar mag sich allein durch einen Umzug eines Leistungsberechtigten noch kein Wechsel der örtlichen Zuständigkeit ergeben (vgl. hierzu den Terminbericht des Bundessozialgerichts vom 29.05.2015 in dem unstreitig erledigten Verfahren B 7 AY 3/14 R). Hier ist die Beklagte nach dem Umzug der Klägerin aber auch sachlich zuständig geworden; denn sie gewährt der Klägerin seit deren Umzug im August 2010 fortlaufend Leistungen nach dem Vierten Kapitel des SGB XII.
bb) Die vor Erlass des (belastenden) Rücknahme- und Erstattungsbescheides vom 12.04.2011 notwendige Anhörung (§ 24 Abs. 1 SGB X) wurde – sofern die Klägerin das Anhörungsschreiben vom 18.02.2011 nicht erhalten haben sollte – jedenfalls im Widerspruchsverfahren nachgeholt (§ 41 Abs. 1 Nr. 3 SGB XII) und ein etwaiger Anhörungsfehler daher geheilt. Zwar genügte das Anhörungsschreiben der Widerspruchsstelle aus Mai 2011 nicht den Anforderungen, welche das Bundessozialgericht insofern aufgestellt hat (vgl. hierzu u.a. das Urteil vom 09.11.2010 – B 4 AS 37/09 R Rn. 12 m.w.N.); denn das Schreiben enthielt weder Hinweise auf die Vorschrift des § 45 SGB X noch sämtliche Tatsachen, auf welche die Beklagte ihre Entscheidung gestützt hat. Dies ist jedoch unschädlich. Eines erneuten (quasi förmlichen) Anhörungsverfahrens, wie es das Bundessozialgericht in der genannten Entscheidung außerhalb eines Verwaltungsverfahrens für notwendig hält, bedurfte es im Verlauf des Widerspruchsverfahrens nicht. Vielmehr reicht es aus, dass die Beklagte in dem angefochtenen Ausgangsbescheid vom 12.04.2011 auf die aus ihrer Sicht maßgeblichen Vorschriften (§ 45 Abs. 1 i.Vm. Abs. 2 S. 3 Ziffer 2 und Abs. 5 S. 1 sowie § 50 SGB X) hingewiesen und zugleich die für die Rücknahme der Bescheide über die Bewilligung von Grundsicherungsleistungen entscheidenden Umstände (= örtliche Unzuständigkeit der Beklagten wegen des gewöhnlichen Aufenthalts der Klägerin in I; zumindest grob fahrlässiges Verschweigen des wahren gewöhnlichen Aufenthalts; Manipulation der Stromrechnung) aufgeführt hat. Die Klägerin hatte daher im Widerspruchsverfahren unabhängig von dem erneuten (unzulänglichen) Anhörungsschreiben hinreichend Gelegenheit, sich zu den maßgeblichen inneren und äußeren Tatsachen zu äußern, und hat hiervon im Übrigen auch ausgiebig Gebrauch gemacht.
b) aa) In materieller Hinsicht geht der Senat in Übereinstimmung mit dem Sozialgericht davon aus, dass die Klägerin jedenfalls die Übernahme der (am 28.06.2010 fälligen) Nachforderung des Energieversorgers vom 11.06.2010 für Strom- und Gaslieferungen vom 30.07.2009 bis 27.05.2010, welche die Beklagte (nach Abzug überzahlter Betriebskosten) i.H.v. 860,32 EUR bewilligt und an den Energieversorger ausgezahlt hat, durch arglistige Täuschung erwirkt hat (§ 45 Abs. 2 S. 3 Nr. 1 SGB X). Entsprechendes hat die Klägerin zwischenzeitlich auch selbst eingeräumt.
bb) Ob die Klägerin die Leistungsbewilligungen für den von der Rücknahme erfassten Zeitraum auch im Übrigen durch arglistige Täuschung erwirkt hat, bedarf zwar keiner abschließenden Entscheidung. Allerdings drängt sich dies zumindest bzgl. der Abschlagszahlungen für Gas auf, welche die Beklagte durch Bescheid vom 28.02.2010 seit März 2010 nicht mehr an den Vermieter, sondern unmittelbar an den Energieversorger bzw. seit Juni 2010 an die Klägerin überwiesen hat. Denn insofern hatte die Klägerin zuvor wahrheitswidrig behauptet, der Vermieter leite die Abschläge (für Gas) nicht an den Energieversorger weiter, obwohl solche Abschläge für die (mit Öl beheizte) Wohnung in B überhaupt nicht anfielen. Auch die im Widerspruchsverfahren (im April 2010) vorgelegte Kopie eines Schreibens von Rechtsanwalt M vom 08.02.2010 (in dem dieser die Klägerin um einen Vorschuss für die Durchführung eines Revisionsverfahrens bat) spricht dafür, dass die Klägerin das darin enthaltene Anschriftenfeld – ebenso wie in der Endabrechnung des Energieversorgers – beim Kopieren entfernt, die Beklagte auf diese Weise bewusst über ihren tatsächlichen Aufenthaltsort getäuscht und durch die anschließend ergangenen Bescheide zu weiteren Zahlungen veranlasst hat.
cc) Unbeschadet einer etwaigen arglistigen Täuschung beruhten die Bewilligungsbescheide überdies jedenfalls sämtlich auf Angaben, welche die Klägerin vorsätzlich in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht hat (§ 45 Abs. 2 S. 3 Nr. 2 SGB X).
Die Klägerin hat zur Überzeugung des Senats bereits bei Antragstellung (am 03.08.2009), aber auch im weiteren Verlauf bis Juli 2010 fortlaufend bewusst den falschen Eindruck erweckt, bereits "Am I 00" in B zu wohnen. Sie hat nicht nur in dem Antragsvordruck, sondern auch in zahlreichen weiteren Schreiben (u.a. dem Widerspruchsschreiben vom 16.09.2009, in einem Schreiben aus Oktober 2009, mit dem sie den Widerspruch zurückgenommen hat, im Widerspruchsschreiben aus April 2010, in dem Antrag auf Weiterbewilligung von Grundsicherungsleistungen aus Juli 2010 sowie in ihren vom Sozialgericht bereits genannten Schreiben aus Dezember 2009 und Mai 2010) stets die Adresse in B angegeben, ohne zugleich in irgendeiner Form darauf hinzuweisen, dass die Schimmelarbeiten noch nicht beseitigt seien bzw. sie die Wohnung noch nicht bezogen habe. Der Senat hat auch keine Zweifel daran, dass die – geschäftserfahrene und intelligente – Klägerin von Beginn an wusste, dass ihr Unterkunftsleistungen für die angemietete Wohnung in B in dem streitbefangenen Zeitraum mangels tatsächlicher Nutzung nicht zustanden. Anderenfalls hätte sie ihre tatsächliche Wohnsituation bereits bei Antragstellung ohne weiteres darlegen und ggf. auch die Zuständigkeit der Beklagten erfragen können. Plausible Gründe für die unterbliebene Nachfrage lassen sich ihrem Vorbringen nicht entnehmen. Gerade ihre angebliche Unsicherheit über den zuständigen Leistungsträger hätte sie veranlassen müssen, die Beklagte über ihren damaligen Wohnort (in I) in Kenntnis zu setzen. Wäre der Klägerin nicht bekannt gewesen, für die ungenutzte Wohnung in B keine Leistungen beziehen zu können, hätte für sie zudem keinerlei Veranlassung bestanden, die Nachforderung des Energieversorgers vom 11.06.2010 zu manipulieren sowie wiederholt wahrheitswidrig zu behaupten, dass ihr Vermieter die Nebenkosten nicht an das Versorgungsunternehmen weitergeleitet habe.
Etwaige Beratungs- oder Weiterleitungspflichten der Beklagten (§ 16 Abs. 2 und 3 SGB I) können die Klägerin von vornherein nicht vom Vorwurf vorsätzlichen Handelns entlasten. Zwar sind die Leistungsträger verpflichtet, darauf hinzuwirken, dass unverzüglich klare und sachdienliche Anträge gestellt und unvollständige Angaben ergänzt werden (§ 16 Abs. 3 SGB I). Auch sind Anträge, die bei einem unzuständigen Leistungsträger, bei einer für die Sozialleistung nicht zuständigen Gemeinde oder bei einer amtlichen Vertretung der Bundesrepublik Deutschland im Ausland gestellt werden, unverzüglich an den zuständigen Leistungsträger weiterzuleiten (§ 16 Abs. 2 S. 1 SGB I). Ohne Kenntnis der maßgeblichen Tatsachen (= hier des Nichtbezuges der Wohnung in B und des tatsächlichen/gewöhnlichen Aufenthalts in I), welche die Klägerin bewusst verschwiegen hat, bestand aber von vornherein kein Anlass für eine solche Beratung bzw. Weiterleitung.
dd) Aus den genannten Gründen sind auch die Voraussetzungen des § 45 Abs. 2 Nr. 3 SGB X erfüllt; denn der Klägerin war die Rechtswidrigkeit der Bewilligungsbescheide bekannt (s.o.).
ee) Ermessensfehler (vgl. den Wortlaut des § 45 Abs. 1 S. 1 SGB X: "darf zurückgenommen werden") sind auch dem Senat nicht ersichtlich. Die Beklagte hat in den angefochtenen Bescheiden die privaten Interessen der Klägerin gegenüber dem fiskalischen Interesse an der Rückzahlung zu Unrecht gezahlter Sozialleistungen abgewogen und dabei auch die von der Klägerin im Widerspruchsverfahren vorgetragenen Einwendungen in ihre Entscheidung einbezogen. Mit Blick auf das (in den Bescheiden ausdrücklich erwähnte) arglistige bzw. betrügerische Verhalten der Klägerin durch Manipulation der Rechnung des Energieversorgers genügten diese Erwägungen den Anforderungen, welche das Bundessozialgericht an die fehlerfreie Ausübung von Ermessen stellt (vgl. hierzu u.a. BSG, Urteil vom 23.09.1997 – 2 RU 44/96 Rn. 22).
2. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Von einer weitergehenden Quotelung zugunsten der Klägerin hat der Senat abgesehen, weil die Antragsgegnerin den gerichtlichen Hinweisen in den mündlichen Verhandlungen erster und zweiter Instanz jeweils unmittelbar Rechnung getragen und die angefochtenen Bescheide teilweise zurückgenommen hat.
3. Gründe für die Zulassung der Revision i.S.v. § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.
Erstellt am: 30.05.2018
Zuletzt verändert am: 30.05.2018