Auf Revision des Kl. wird Urteil des LSG aufgehoben!!!
Zur erneuten Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen !!! Neues AZ. = L 20 AL 108/19 ZVW
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Dortmund vom 18.08.2015 wird zurückgewiesen. Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
Streitig sind die Höhe des Arbeitslosengeldes im Zeitraum vom 01.10.2009 bis 31.12.2009 sowie die für diesen Zeitraum geforderte Erstattung von Arbeitslosengeld i.H.v. 1.088,10 EUR.
Der 1973 geborene Kläger ist seit 2003 verheiratet und Vater zweier in den Jahren 2004 und 2007 geborener Kinder. Nach seinen Angaben ist er seit August 1995 Inhaber bzw. Geschäftsführer der "L L C Consulting", die er alleine betreibt und deren Tätigkeiten Unternehmensberatung, Schulung und Vertriebsberatung sind. Über die L werden außerdem Goldschmiedearbeiten seiner Ehefrau vertrieben. Seine wöchentliche Arbeitszeit für die L betrug im Jahr 2009 seinen Angaben zufolge ca. 10 Stunden. Seit Mai 2007 war der Kläger außerdem Gesellschafter der Firma D GmbH mit einem Gesellschaftsanteil von 25 %. Mit Wirkung vom 01.06.2007 wurde er als Geschäftsführer der Gesellschaft eingestellt (Geschäftsführervertrag vom 05.10.2008); nach dem Ergebnis des Statusfeststellungsverfahrens der Deutschen Rentenversicherung Bund handelte es sich hierbei um eine abhängige Beschäftigung (Bescheid vom 17.01.2008).
Am 11.09.2009 meldete sich der Kläger bei der Beklagten mit Wirkung zum 01.10.2009 arbeitslos und beantragte die Gewährung von Arbeitslosengeld (Alg). Ausweislich der aus diesem Anlass vom Insolvenzverwalter der D GmbH erstellten Arbeitsbescheinigung war der Kläger bis zur arbeitgeberseitig zum 30.04.2009 ausgesprochenen Kündigung als Geschäftsführer beschäftigt und hatte vom 01.01.2009 bis 31.03.2009 Insolvenzgeld bezogen. Gegen die Beendigung des Geschäftsführervertrages sei eine Klage vor dem Landgericht Siegen anhängig; außerdem habe der Kläger am 03.06.2009 selbst zum 30.09.2009 gekündigt. Der Kläger erläuterte hierzu, eine Kündigung des Insolvenzverwalters habe er nicht erhalten; er sei von diesem vielmehr auch über den 30.04.2009 hinaus regelmäßig mit Arbeiten zur Abwicklung der GmbH beauftragt worden, so dass er vom Fortbestand des Beschäftigungsverhältnisses ausgegangen sei. Daraufhin habe er selbst mit Wirkung zum 30.09. gekündigt. Inzwischen sei ein Rechtsstreit wegen des ausstehenden Gehalts anhängig. Später – am 24.11.2009 – schlossen die Parteien in diesem Rechtsstreit einen Vergleich, nach dessen Inhalt das Anstellungsverhältnis zum 30.09.2009 als beendet betrachtet wurde und der Kläger noch ein Bruttogehalt von 14.000 EUR erhielt (Landgericht T, 6 O 133/09).
Im Rahmen des Alg-Antrags legte der Kläger die vorläufigen betriebswirtschaftlichen Auswertungen zur L für die Zeiträume 01.10.2008 bis 31.12.2008, 01.01.2009 bis 31.03.2009, 01.04.2009 bis 30.06.2009 und 01.07.2009 bis 30.09.2009 vor. Hieraus ergab sich ein Überschuss in Höhe von insgesamt 27.166,67 EUR.
Mit Bescheid vom 06.11.2009 bewilligte die Beklagte dem Kläger vorläufig Alg ab dem 01.10.2009 über eine Anspruchsdauer von 240 Tagen in Höhe eines täglichen Leistungsentgelts von 67,71 EUR, außerdem Leistungen für die Beiträge zur privaten Kranken- und Pflegeversicherung. Hierzu ergingen Änderungsbescheide am 21.12.2009 (im Hinblick auf die Berechnung der Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung) und am 29.04.2010 (Änderung der Anspruchsdauer von 240 Tagen auf 360 Tage). Ab dem 01.06.2010 hob die Beklagte die Bewilligung von Alg wegen der Aufnahme einer selbständigen Tätigkeit bestandskräftig auf (Bescheid vom 01.07.2010).
Im September 2010 legte der Kläger die an ihn und seine Ehefrau ergangenen Einkommenssteuerbescheide des Finanzamtes P für die Jahre 2007 (vom 02.06.2010), 2008 und 2009 (beide vom 09.08.2010) vor. Aus dem Steuerbescheid für 2008 ergaben sich Einkünfte aus Gewerbebetrieb i.H.v. 4.038 EUR und aus nichtselbständiger Arbeit i.H.v. 96.313 (gemeinsame Veranlagung mit der Ehefrau). Festgesetzt wurden 18.784 EUR Einkommenssteuer, 829,84 EUR Solidaritätszuschlag und (insgesamt) 1.358,10 EUR Kirchensteuer. Für das Jahr 2009 ergaben sich Einkünfte aus Gewerbebetrieb i.H.v. 27.241 EUR abzüglich Veräußerungsverlusten nach § 17 EStG von 50.000 EUR (die GmbH-Einlage des Klägers bei der D GmbH), insgesamt also negative Einkünfte von 22.759 EUR. Darüber hinaus wurden Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit i.H.v. 17.670 EUR aufgeführt, so dass ein Gesamtbetrag der Einkünfte von minus 11.450 EUR verblieb. Steuern wurden entsprechend auf Null festgesetzt. Im Mai 2012 legte der Kläger noch den an ihn und seine Ehefrau ergangenen Einkommenssteuerbescheid des Finanzamtes P für das Jahr 2010 (vom 29.05.2012) vor.
Mit Bescheid vom 31.05.2010 setzte die Beklagte den Alg-Anspruch für den Zeitraum vom 01.10.2009 bis 31.05.2010 fest. Der Leistungsanspruch habe sich geändert; für die Zeit vom 01.10.2009 bis 31.12.2009 erhalte der Kläger nunmehr Leistungen in Höhe eines täglichen Leistungsbetrages von 50,23 EUR und für die Zeit vom 01.01.2010 bis 31.05.2010 in Höhe von 67,71 EUR. Für die Monate Oktober, November und Dezember 2009 ging die Beklagte dabei von einem den Leistungsbetrag mindernden anrechenbaren Nebeneinkommen i.H.v. täglich 17,48 EUR aus. Dies berechnete sie ausgehend von monatlichen Einkünften aus dem Betrieb der L in Höhe von einem Zwölftel der im Steuerbescheid für das Jahr 2009 zugrunde gelegten Einkünfte aus Gewerbebetrieb (monatlich 2.270,00 EUR); hiervon zog sie nach § 155 Abs. 2 SGB III einen Freibetrag ab, den sie nach dem monatlichen Einkommen aus der Nebenbeschäftigung in den letzten zwölf Monaten vor der Entstehung des Anspruchs berechnete (bei Einkünften von 21.239,34 EUR im Zeitraum vom 01.10.2008 bis 30.09.2009 monatlich 1.745,70 EUR). Aus der Differenz von 524,30 EUR ergebe sich der täglich anzurechnende Betrag von 17,48 EUR. Weiter wurde im Bescheid (auf S. 2) ausdrücklich ausgeführt: "Der Bewilligungsbescheid über Alg gem. § 136 SGB III wird gemäß § 48 SGB X geändert, weil wesentliche Änderungen in Ihren Verhältnissen eingetreten sind. Ihr Anspruch auf Leistungen hat sich geändert: Die Bewilligung ist abschließend". Mit weiterem Bescheid vom 31.05.2012 forderte die Beklagte auf der Grundlage von § 328 Abs. 3 SGB III die Erstattung eines Betrages von 1.573,20 EUR für den Zeitraum vom 01.10.2009 bis 31.12.2009.
Gegen beide Bescheide legte der Kläger am 04.06.2012 Widerspruch ein und führte aus, die Höhe der monatlichen Nebeneinkünfte werde mit 2.270 EUR falsch zugrunde gelegt. Dieser Wert entspreche nicht den tatsächlichen Nebeneinkünften für diesen Zeitraum; vielmehr sei dies der monatliche Durchschnittswert des Jahresbetriebsergebnisses. Damit lägen diesen Zahlen aber Einnahmen auch aus Zeiten ohne Leistungsbezug zugrunde. Die beigefügte vorläufige betriebswirtschaftliche Auswertung für das letzte Quartal 2009 wies einen Überschuss von 2.458,38 EUR aus.
Die Beklagte erließ hierauf im Widerspruchsverfahren einen Bescheid vom 04.07.2012, in dem nunmehr der tägliche Leistungsbetrag für die Zeit vom 01.10.2009 bis 31.12.2009 auf 55,62 EUR festgesetzt wurde. Dabei ging sie weiterhin von monatlichen Einkünften in Höhe von 2.270 EUR für Oktober, November und Dezember 2009 aus. Zur Berechnung des Freibetrags berücksichtigte sie mindernd nunmehr auch die Kirchensteuer sowie zusätzlich den Freibetrag aus § 155 Abs. 1 SGB III (12 x 165 EUR); hieraus errechnete sie anhand der Einkommenssteuerbescheide berücksichtigungsfähige Gesamteinkünfte in Höhe von 23.205,42 EUR für den Zeitraum vom 01.12.2008 bis 30.09.2009. Hieraus ergebe sich ein monatlich zu berücksichtigender Freibetrag von 1.907,29 EUR, somit ein zu berücksichtigender monatlicher Anrechnungsbetrag von 362,71 EUR. Täglich seien vom Leistungsbetrag von 67,71 EUR mithin 12,09 EUR abzuziehen. Auch in diesem Bescheid wurde auf S. 2 ausdrücklich ausgeführt: "Der Bewilligungsbescheid über Alg gem. § 136 SGB III wird gemäß § 48 SGB X geändert, weil wesentliche Änderungen in Ihren Verhältnissen eingetreten sind. ( …)". Mit weiterem Bescheid vom 04.07.2012 forderte die Beklagte gem. § 328 Abs. 3 SGB III nunmehr noch eine Erstattung von 1.088,10 EUR vom Kläger für den Zeitraum vom 01.10.2009 bis 31.12.2009.
Mit Widerspruchsbescheid vom 11.07.2012 wies die Beklagte den Widerspruch im Übrigen zurück. Nach den vorliegenden Nachweisen habe der Kläger vom 01.01. bis 31.12.2009 Betriebseinnahmen von monatlich 2.270 EUR gehabt. Die Ermittlung des Monatseinkommens durch Zwölftelung des Jahreseinkommens sei nicht zu beanstanden, denn dies sei bei längerer Ausübung einer selbständigen Tätigkeit geboten. Die Berechnung der anrechenbaren Nebeneinkünfte sei auch im Übrigen zutreffend vorgenommen worden. Da dem Kläger das Alg vorläufig gewährt worden sei, habe er die den tatsächlichen endgültigen Anspruch übersteigenden Leistungen nach § 328 Abs. 3 SGB III zu erstatten.
Hiergegen hat der Kläger am 09.08.2012 Klage vor dem Sozialgericht Dortmund erhoben. Eine schlichte Teilung des Jahresergebnisses 2009 durch zwölf zur Bestimmung des monatlichen Einkommens aus Nebenbeschäftigung in den Monaten Oktober bis Dezember 2009 sei nicht möglich, da auf diese Weise auch Einkünfte angerechnet würden, die außerhalb des Leistungsbezugszeitraumes erzielt worden seien. Nach der eigenen Dienstanweisung der Beklagten sei aber nur das Erwerbseinkommen anrechnungsfähig, das während des Leistungsbezuges erarbeitet worden sei. Er habe im Zeitraum vom 01.10.2009 bis 31.12.2009 einen Betrag in Höhe von 2.458,38 EUR, monatlich also 819,46 EUR erarbeitet. Seine Buchhaltung sei Gegenstand einer Betriebsprüfung des Finanzamtes gewesen, die ohne Beanstandung geblieben sei. Die Einkünfte seien somit abschließend festgestellt. Die Vorläufigkeit der betriebswirtschaftlichen Auswertung ergebe sich lediglich aus der unterjährigen Druckperiode. Sein erarbeitetes Einkommen habe somit unterhalb des Freibetrages von 1.745,70 EUR gelegen und sei demnach nicht anrechenbar. Zweckmäßigkeitserwägungen der Beklagten seien unbeachtlich, es komme allein auf die maßgebliche Vorschrift des § 155 SGB III an.
Der Kläger hat beantragt,
die Bescheide der Beklagten vom 31.05.2012 und die Änderungsbescheide vom 04.07.2012, jeweils in der Gestalt des Widerspruchsbescheides 11.07.2012, aufzuheben.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie sei sowohl bei der Berechnung des Freibetrages als auch bei der Berechnung des Nebeneinkommens für die Monate Oktober bis Dezember 2009 von einem Zwölftel des steuerpflichtigen Jahreseinkommens aus dem Einkommenssteuerbescheid als monatliches Einkommen ausgegangen. Dies habe sich als zweckmäßigste und wirtschaftlichste Lösung herausgestellt, die in der Regel zum gewünschten Erfolg führe. Solle hiervon abgewichen werden, müsse das Einkommen des Klägers aus dem Jahr 2009 durch Auswertung seiner Geschäftsunterlagen auf die entsprechenden Zeiträume aufgeteilt werden; hierzu sei dann aber das Gutachten eines Wirtschaftsprüfers erforderlich. Die vom Kläger vorgelegte betriebswirtschaftliche Auswertung stelle nicht das ordnungsgemäß nach den Regeln kaufmännischer Buchführung abgegrenzte Einkommen im Zeitraum Oktober bis Dezember 2009 dar. Da aus steuerlicher Sicht für den Betrieb des Klägers keine Abgrenzung vorgeschrieben sei, sei dies auch nicht Gegenstand der Prüfung durch das Finanzamt gewesen.
Das Sozialgericht hat die Klage mit Urteil vom 18.08.2015 abgewiesen. Die Kammer folge der Berechnungsmethode der Beklagten und gehe ebenfalls von einem aus dem Steuerbescheid für das Jahr 2009 hervorgehenden Monatsnettoeinkommen von 2.270 EUR im Zeitraum von Oktober bis Dezember 2009 aus. Arbeitseinkommen während des Leistungsbezuges könne nur dann als Nebeneinkommen gemäß § 155 SGB III angerechnet werden, wenn es während des Leistungsbezuges durch persönlichen Einsatz erarbeitet worden und tatsächlich einem Leistungsmonat zuzuordnen sei. Dem Monatsprinzip folgend sei das erarbeitete Einkommen dem jeweiligen Kalendermonat zuzuordnen und dem Arbeitslosengeld gegenüberzustellen. In Bezug auf Selbstständige, bei denen zwischen Erwerbstätigkeit und Zahlungseingang je nach Rechnungsstellung und berufsbezogenen Abrechnungsmodalitäten größere Zeiträume lägen, bereiteten Feststellungen zum Erarbeitungszeitpunkt regelmäßig erhebliche Schwierigkeiten. Um dem Erarbeitungsprinzip vollständig Rechnung tragen zu können, müssten Selbstständige während des Leistungsbezuges ausreichend konkrete Angaben zu ihrer im Nebenerwerb ausgeübten selbstständigen Tätigkeit machen. Auch nach dem Ausscheiden aus dem Leistungsbezug müssten spätere Einkommenszuflüsse, die auf einer während des Leistungsbezuges ausgeübten Erwerbstätigkeit beruhten, der Kontrolle unterliegen. Das setze nicht nur in hohem Maße überprüfbare Angaben in den Nebentätigkeitsbescheinigungen und deren Kontrolle während des Leistungsbezuges voraus, sondern auch eine nachgehende Überwachung späterer Einkommenszuflüsse unter Berücksichtigung der Mitwirkungsobliegenheit Selbstständiger. Im Ergebnis hätten Arbeitslose mit Nebeneinkünften aus selbstständiger Tätigkeit in überprüfbarer Art und Weise zusätzlich die Erarbeitungszeiträume der jeweiligen Betriebseinnahmen festzuhalten. Damit wären weitergehende Dokumentations- und Nachweispflichten für geringfügig selbstständig Tätige mit Anspruch auf Leistungen nach dem SGB III verbunden als nach dem Einkommensteuergesetz und dem SGB II, und gleichzeitig weitergehende Prüf- und Kontrollpflichten für die Beklagte (Bezugnahme auf LSG Schleswig-Holstein, Urteil vom 21.02.2014 – L 3 AL 29/12). Um den Grundsätzen zu § 155 SGB III bei der Anrechnung von Einkommen aus selbständiger Tätigkeit hinreichend Rechnung zu tragen erscheine es daher sachgerecht, auf die jährlichen Steuerergebnisse abzustellen, weil diese Betrachtungsweise dem Einkommensteuerbegriff des § 15 SGB IV am ehesten gerecht werde. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts könne für die Ermittlung des Arbeitseinkommens § 15 Abs. 1 SGB IV herangezogen werden (BSG, Urteil vom 05.09.2006 – B 7a AL 38/05 R). Danach sei Arbeitseinkommen der nach den allgemeinen Gewinnermittlungsvorschriften des Einkommensteuerrechts ermittelte Gewinn aus einer selbständigen Tätigkeit. Die Gewinnermittlungsarten des Einkommensteuerrechts setzten aber sämtlich an einer Jahresbetrachtung an, stellten also nicht darauf ab, wann Einkünfte erarbeitet seien. Sie seien mit einer monatsweisen Betrachtung, die ausdrücklich nicht auf den Zufluss, sondern auf die Erarbeitung der Einkünfte selbst abstelle, nicht in Einklang zu bringen. Es laufe auf Zufälligkeiten hinaus, sollte in diesem Zusammenhang einseitig auf Vertragsabschlüsse oder Zahlungseingänge abgestellt werden. Sofern keine hinreichenden Anhaltspunkte für eine zeitliche Zuordnung der Einkünfte bei einer selbständigen Tätigkeit vorhanden seien, erscheine es daher sachgerecht, auf die jährlichen Steuerergebnisse abzustellen. Eine derartige pauschalierende Betrachtungsweise sei mangels anderweitiger Anhaltspunkte angezeigt, um einer willkürlichen Zuordnung von Erwerbsvorgängen zu bestimmten Leistungsbezugszeiträumen entgegenzuwirken. Vor diesem Hintergrund sei auch vorliegend zur Ermittlung des Monatseinkommens auf ein Zwölftel des im Steuerbescheid für 2009 ausgewiesenen Jahresergebnisses abzustellen. Die Kammer lasse offen, ob bei der Ermittlung des Freibetrages bei richtiger Anwendung des § 155 SGB III neben dem nach Abs. 2 errechneten Freibetrag zusätzlich der Grundfreibetrag nach Maßgabe des Abs. 1 zu berücksichtigen sei. Die Kammer gehe nicht davon aus; vielmehr stelle der in Abs. 2 geregelte Sachverhalt der mindestens zwölf Monate andauernden Ausübung einer Erwerbstätigkeit eine eigenständige Freibetragsregelung dar. Es erschließe sich nicht, aus welchen Gründen neben der ohnehin erheblichen Privilegierung des Abs. 2 für den dort genannten Personenkreis zusätzlich der Freibetrag nach Abs. 1 gewährt werden müsse. Dies brauche die Kammer jedoch nicht abschließend zu klären, da sich die doppelte Freibetragsanrechnung ausschließlich zu Gunsten des Klägers auswirke und diesen daher nicht beschwere.
Gegen das am 25.09.2015 zugestellte Urteil hat der Kläger am 23.10.2015 Berufung eingelegt. Schon aus der Dienstanweisung der Beklagten folge, dass nicht auf das gezwölftelte Jahresergebnis aus dem Steuerbescheid abgestellt werden solle. Denn darin heiße es, dass anrechnungsfähig nur das Erwerbseinkommen sei, das während des Leistungsbezuges erarbeitet werde. Die Sichtweise des Sozialgerichts verbiete sich, da die Einkünfte bei Selbständigen durchaus zeitlich genau zuzuordnen seien und dies auch vom Gesetzgeber verlangt werde. So heiße es beispielsweise in § 255 Abs. 1 Nr. 5 HGB, dass Aufwendungen und Erträge periodengerecht zu erfassen seien; auch in § 18 UStG sei eine monatliche Erfassung der Einkünfte vorgeschrieben. Genau dies sei bei ihm erfolgt und auch Gegenstand der Prüfung durch das Finanzamt gewesen. Es sei daher nicht erklärlich, auf welcher Grundlage das Sozialgericht ihm und allen anderen selbständig Tätigen unterstelle, Einkünfte entgegen der gesetzlichen Verpflichtung willkürlich zu erfassen.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Dortmund vom 18.08.2015 aufzuheben und die Bescheide der Beklagten vom 31.05.2012 in der Gestalt der Änderungsbescheide vom 04.07.2012, jeweils in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11.07.2012, aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie bezieht sich auf die Gründe des Urteils, die sie für zutreffend hält. Auch nach Vorlage umfangreicher Buchführungsunterlagen bleibe es dabei, dass eine Orientierung an dem Einkommensbegriff des § 15 SGB IV und dem daraus zu entnehmenden Verweis auf das Einkommenssteuerrecht nicht zu beanstanden sei, zumal dann der Aufwand im Rahmen des Verwaltungsverfahrens geringer bleibe.
Das Gericht hat zunächst die endgültige betriebswirtschaftliche Auswertung für den Zeitraum von Oktober bis Dezember 2009 angefordert, aus der sich ein Überschuss in Höhe von 2.458,38 EUR ergibt.
In einer mündlichen Verhandlung vom 06.02.2017 hat der Kläger angegeben, er sei buchführungspflichtig gewesen und habe auch eine doppelte Buchführung praktiziert. Der Senat hat die mündliche Verhandlung hierauf vertagt. Der Kläger hat in der Folgezeit Rechnungen über erbrachte Leistungen im streitigen Zeitraum vorgelegt; im Einzelnen: Rechnung an M GmbH vom 01.10.2009, Nr. 2009074 über 1.681,07 EUR, Rechnung an U GmbH vom 06.10.2009, Nr. 2009075 über 496,53 EUR, Rechnung an U GmbH vom 08.10.2009, Nr. 2009076 über 377,53 EUR, Rechnung an Firma T1 vom 09.10.2009, Nr. 2009077 über 573,95 EUR, Rechnung an Firma W vom 09.10.2009, Nr. 2009078 über 223,72 EUR, Rechnung an Firma W vom 09.10.2009, Nr. 2009079 über 223,72 EUR, Rechnung an U GmbH vom 16.10.2009, Nr. 2009080 über 366,82 EUR, Rechnung an U GmbH vom 21.10.2009, Nr. 2009081 über 364,74 EUR, Rechnung an U GmbH vom 26.10.2009, Nr. 2009082 über 374,85 EUR, Rechnung an Firma T1 vom 30.10.2009, Nr. 2009083 über 361,37 EUR, Rechnung an M GmbH vom 31.10.2009, Nr. 2009084 über 962,06 EUR, Rechnung an U GmbH vom 03.11.2009, Nr. 2009085 über 371,88 EUR, Rechnung an U GmbH vom 06.11.2009, Nr. 2009086 über 368,76 EUR, Rechnung an U GmbH vom 12.11.2009, Nr. 2009087 über 358,05 EUR, Rechnung an U GmbH vom 19.11.2009, Nr. 2009088 über 401,18 EUR, Rechnung an U GmbH vom 24.11.2009, Nr. 2009089 über 737,50 EUR, Rechnung an Verein für L e.V. vom 25.11.2009, Nr. 2009090 über 155,15 EUR, Rechnung an M GmbH vom 30.11.2009, Nr. 2009091 über 304,82 EUR, Rechnung an I C vom 01.12.2009, Nr. 2009092 über 750,00 EUR, Rechnung an Firma T1 vom 04.12.2009, Nr. 2009093 über 544,18 EUR, Rechnung an U GmbH vom 06.12.2009, Nr. 2009094 über 362,36 EUR, Rechnung an U GmbH vom 07.12.2009, Nr. 2009095 über 370,09 EUR, Rechnung an Uhren Schmuck T vom 20.12.2009, Nr. 2009096 über 63,90 EUR, Rechnung an W1 vom 20.12.2009, Nr. 2009097 über 313,99, Rechnung W vom 20.12.2009, Nr. 2009098 über 142,80 EUR, Rechnung an U GmbH vom 22.12.2009, Nr. 2009099 über 379,61 EUR, Rechnung an Firma T1 vom 28.12.2009, Nr. 2009100 über 136,04 EUR, Rechnung an U GmbH vom 30.12.2009, Nr. 2009101 über 433,91 EUR, Rechnung an M GmbH vom 31.12.2009, Nr. 2009102 über 233,43 EUR. Außerdem hat der Kläger die Buchführungsunterlagen für das Vierte Quartal 2009 vorgelegt. Auf diese Unterlagen wird wegen der Einzelheiten Bezug genommen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie des beigezogenen Verwaltungsvorgangs der Beklagten Bezug genommen. Der Inhalt war Gegenstand der mündlichen Verhandlungen.
Entscheidungsgründe:
A. Streitgegenstand sind die Bescheide vom 31.05.2012 in der Gestalt der jeweils dazu ergangenen Änderungsbescheide vom 04.07.2012 und des Widerspruchsbescheides vom 11.07.2012, mit denen die Beklagte den Alg-Anspruch des Klägers für den Zeitraum vom 01.10.2009 bis 31.05.2010 neu festgesetzt und die sich hieraus ergebende Erstattungsforderung geltend gemacht hat. Da in der endgültigen Festsetzung eine Abweichung von der mit Bescheid vom 06.11.2009 erfolgten ursprünglichen Bewilligung aber nur im Hinblick auf die Monate Oktober, November und Dezember 2009 erfolgt ist, ist im Streit auch nur die Leistungshöhe für diese Monate sowie die sich hieraus ergebende Erstattungsforderung.
B. Die angesichts der streitigen Erstattungsforderung i.H.v. 1.088,10 EUR nach § 144 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGG statthafte und auch im Übrigen zulässige Berufung des Klägers ist unbegründet.
I. Die als isolierte Anfechtungsklage (§ 54 Abs. 1 S. 1 SGG, vgl. auch BSG, Urteil vom 29.04.2015 – B 14 AS 31/14 R Rn. 9; LSG NRW, Urteil vom 21.09.2015 – L 19 AS 2333/14 Rn. 16) statthafte Klage ist auch im Übrigen zulässig.
II. Die Klage ist jedoch unbegründet. Die angefochtenen Bescheide sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 54 Abs. 2 S. 1 SGG). Er hat im streitigen Zeitraum keinen Anspruch auf die Festsetzung eines höheren täglichen Leistungsbetrages als 55,62 EUR (dazu 1). Die von der Beklagten geforderte Erstattung ist damit ebenfalls rechtmäßig (dazu 2).
1. Der streitige Bewilligungsbescheid vom 31.05.2012 in der Gestalt des Änderungsbescheides vom 04.07.2012, dieser in der Gestalt des Widerspruchsbescheides, ist rechtmäßig. Die Beklagte hat zu Recht eine endgültige Festsetzung der Leistung auf Grundlage von § 328 Abs. 2 SGB III vorgenommen (dazu a); durch die Höhe des darin festgesetzten Alg wird der Kläger jedenfalls nicht beschwert (dazu b).
a) Die Beklagte hat das Alg für Oktober bis Dezember 2009 in den Bescheiden vom 31.05.2012 und 04.07.2012 auf Grundlage von § 328 Abs. 2 SGB III dem Grunde nach zu Recht endgültig festgesetzt.
aa) Nach § 328 Abs. 1 Nr. 3 SGB III kann über die Erbringung von Geldleistungen u.a. dann vorläufig entschieden werden, wenn zur Feststellung der Voraussetzungen des Anspruchs einer Arbeitnehmerin oder eines Arbeitnehmers auf Geldleistungen voraussichtlich längere Zeit erforderlich ist, die Voraussetzungen für den Anspruch mit hinreichender Wahrscheinlichkeit vorliegen und die Arbeitnehmerin oder der Arbeitnehmer die Umstände, die einer sofortigen abschließenden Entscheidung entgegenstehen, nicht zu vertreten hat.
Auf dieser Grundlage sind dem Kläger mit Bescheid vom 06.11.2009 Leistungen über eine Anspruchsdauer von 240 Tagen in Höhe eines täglichen Leistungsentgelts von 67,71 EUR für die streitigen Monate zunächst ausdrücklich vorläufig bewilligt worden. Ob die (wenn auch zwischen den Beteiligten unstreitigen) Voraussetzungen des Alg-Anspruchs nach §§ 136 ff. SGB III und der Vorläufigkeit gem. § 328 Abs. 1 Nr. 3 SGB III vorlagen (vgl. zu den Voraussetzungen einer vorläufigen Bewilligung Schaumberg in Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB III, 2014, § 328 Rn. 53 ff.), kann dabei offen bleiben; denn der Bescheid vom 06.11.2009 ist bestandskräftig geworden.
bb) Lag eine vorläufige Bewilligung vor, kann nach Wegfall der Voraussetzungen der Vorläufigkeit – nach Ablauf des Bewilligungszeitraumes und Kenntnis des tatsächlich anzusetzenden Nebeneinkommens – und in dem Falle, dass sich eine Änderung gegenüber dem vorläufigen Anspruch ergibt, eine endgültige Bewilligungsentscheidung nach § 328 Abs. 2, 3 SGB III getroffen werden. Die Rechtmäßigkeit der geänderten Leistungsbewilligung beurteilt sich dabei ausschließlich anhand der für die abschließende Entscheidung maßgebenden Vorschrift des § 328 SGB III; keine Grundlage findet sie dagegen in der für die Aufhebung eines Verwaltungsakts mit Dauerwirkung bei Änderung der Verhältnisse einschlägigen Bestimmung des § 48 Abs. 1 S. 2 SGB X (vgl. dazu ausführlich BSG, Urteil vom 29.04.2015 – B 14 AS 31/14 Rn. 22 ff.)
Nach dieser Maßgabe hat die Beklagte in den angefochtenen Bescheiden die endgültige Bewilligung der dem Kläger im streitbefangenen Zeitraum zustehenden Leistungen vorgenommen. Ausdrücklich wurden die Bescheide vom 31.05.2009 und 04.07.2009 zwar nicht als endgültige Entscheidung bezeichnet; vielmehr sind diese Bescheide vom mit "Bewilligungsbescheid" überschrieben und es wird jeweils ausgeführt, der Leistungsanspruch habe sich geändert. Auf Seite 2 unten der Bescheide wird sogar ausgeführt, der Bewilligungsbescheid werde gem. § 48 SGB X geändert. Allerdings ist nicht allein auf den Wortlaut der Verfügungssätze abzustellen, sondern auch auf alle weiteren Umstände, die nach dem Empfängerhorizont für das Verständnis maßgebend sind. Ausreichend ist danach, wenn aus dem gesamten Inhalt eines Bescheids einschließlich der von der Behörde gegebenen Begründung hinreichende Klarheit über die Regelung gewonnen werden kann, auch wenn dazu auf früher zwischen den Beteiligten ergangene Verwaltungsakte oder auf allgemein zugängliche Unterlagen zurückgegriffen werden muss (BSG, a.a.O. Rn. 28). Nach dieser Maßgabe ist zu berücksichtigen, dass die Bewilligung (auf Seite 1 unten) und Seite 2 unten jeweils ausdrücklich als abschließend bezeichnet wird. Im Kontext mit den zunächst im Bescheid vom 06.11.2009 nur vorläufig bewilligten Leistungen sowie den zeitgleich ergangenen Erstattungsbescheiden, in denen ausdrücklich als Grundlage § 328 Abs. 3 SGB III genannt wird, lässt dies den Schluss auf eine endgültige Festsetzung der Leistungen zu. Auch im Widerspruchsbescheid wurde ausgeführt, das Alg sei vorläufig bewilligt worden und die nach § 328 Abs. 1 SGB III erbrachten Leistungen überstiegen das zustehende Alg. Nach dem im Gesamtzusammenhang deutlich erkennbaren wirklichen Willen der Beklagten handelt es sich somit nur um die unschädliche Benennung einer falschen Rechtsgrundlage.
Die Beklagte hat folglich in den streitigen Bescheiden die in § 328 Abs. 2 SGB III vorausgesetzte endgültige Bewilligungsentscheidung getroffen und ihre Entscheidung damit auf die richtige Rechtsgrundlage gestützt.
b) Der Kläger ist auch durch die von der Beklagten in den streitigen Bescheiden festgesetzte Höhe des Alg nicht beschwert. Er hat im streitbefangenen Zeitraum vom 01.10.2009 bis 31.12.2009 keinen Anspruch auf höheres Alg.
aa) Das tägliche Bemessungsentgelt ist entsprechend den Angaben des Insolvenzverwalters in der Arbeitsbescheinigung gem. §§ 131 Abs. 1, 130 Abs. 1 S. 1 SGB III (in der bis zum 31.03.2012 geltenden Fassung – alte Fassung [a.F.]) zutreffend mit (58.742,50 EUR: 365 Tage =) 160,94 EUR errechnet worden. Hiervon ausgehend ist das Leistungsentgelt zutreffend auf 101,06 EUR bestimmt worden (§ 133 SGB III a.F.); unter Berücksichtigung des erhöhten Leistungssatzes von 67 Prozent (§ 129 Nr. 1 SGB III a.F.) ergibt sich ein täglicher Leistungsbetrag von 67,71 EUR.
bb) Zutreffend hat die Beklagte in den streitbefangenen Monaten Oktober, November und Dezember 2009 hierauf anrechenbares Nebeneinkommen berücksichtigt.
Übt der Arbeitslose während einer Zeit, für die ihm Arbeitslosengeld zusteht, eine Erwerbstätigkeit im Sinne des § 119 Abs. 3 SGB III a.F. aus, ist nach § 141 Abs. 1 S.1 SGB III a.F. das daraus erzielte Einkommen nach Abzug der Steuern, der Sozialversicherungsbeiträge und der Werbungskosten sowie eines Freibetrags in Höhe von 165 EUR in dem Kalendermonat der Ausübung anzurechnen. Handelt es sich um eine selbständige Tätigkeit, eine Tätigkeit als mithelfender Familienangehöriger, sind pauschal 30 Prozent der Betriebseinnahmen als Betriebsausgaben abzusetzen, es sei denn, der Arbeitslose weist höhere Betriebsausgaben nach. Hat der Arbeitslose in den letzten 18 Monaten vor der Entstehung des Anspruchs neben einem Versicherungspflichtverhältnis eine Erwerbstätigkeit (§ 119 Abs. 3 SGB III a.F.) mindestens zwölf Monate lang ausgeübt, so bleibt nach § 141 Abs. 2 SGB III a.F. das Einkommen bis zu dem Betrag anrechnungsfrei, der in den letzten zwölf Monaten vor der Entstehung des Anspruchs aus einer Erwerbstätigkeit durchschnittlich auf den Monat entfällt, mindestens jedoch ein Betrag in Höhe des Freibetrags, der sich nach Abs. 1 ergeben würde.
(1) Was als Arbeitseinkommen anzusehen ist und wie dessen Höhe im Einzelfall zu ermitteln ist, ergibt sich nicht unmittelbar aus § 141 Abs. 1 SGB III a.F. Als Ausgangspunkt ist daher § 15 Abs. 1 SGB IV heranzuziehen (vgl. BSG, Urteil vom 05.09.2006 – B 7a AL 38/05 R Rn. 14; so auch Schmitz in Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB III, 2014, § 155 Rn. 35).
Danach ist Arbeitseinkommen der nach den allgemeinen Gewinnermittlungsvorschriften des Einkommensteuerrechts ermittelte Gewinn aus einer selbstständigen Tätigkeit (Abs. 1 S. 1); Einkommen ist als Arbeitseinkommen zu werten, wenn es als solches nach dem Einkommensteuerrecht zu bewerten ist (Abs. 1 S. 2). Bei selbständiger Tätigkeit wird der Einkommensgewinn in den in § 4 EStG vorgesehenen Arten ermittelt. Besteht keine Pflicht, Bücher zu führen, kann als Gewinn der Überschuss der Betriebseinnahmen über die Betriebsausgaben angesetzt werden (§ 4 Abs. 3 S. 1 EStG). Anderenfalls ist der Gewinn der Unterschiedsbetrag zwischen dem Betriebsvermögen am Schluss des Wirtschaftsjahres und dem Betriebsvermögen am Schluss des vorangegangenen Wirtschaftsjahres, vermehrt um den Wert der Entnahmen und vermindert um den Wert der Einlagen (§ 4 Abs. 1 S. 1 EStG).
(a) Nach dieser Maßgabe kann der Senat offenlassen, ob der Kläger – wie er selbst angegeben hat – buchführungspflichtig ist (ggf. aus § 238 HGB oder aus § 141 AO); denn der Gewinn des Klägers aus seiner selbständigen Tätigkeit ergibt sich aus dem Einkommenssteuerbescheid für das Jahr 2009. § 4 Abs. 3 S. 1 EStG sieht insoweit nur eine erleichterte Gewinnermittlungsvorschrift vor.
(b) Entscheidend für die Ermittlung des nach § 141 SGB III a.F. auf das Alg anzurechnende Einkommens ist, dass das Arbeitseinkommen während des Bezuges von Alg erarbeitet worden ist. Angerechnet wird nur das Einkommen, das aus einer Nebenbeschäftigung resultiert, die dem Leistungszeitraum zugeordnet werden kann, so dass es nicht darauf ankommt, zu welchem Zeitpunkt die Nebeneinkünfte dem Arbeitslosen zufließen (BSG a.a.O., Rn. 16 – Prinzip des "Deckungszeitraumes" bzw. "zeitliche Kongruenz", Valgolio in Hauck/Noftz, SGB III, Stand 2016, § 155 Rn. 75; Becker in Eicher/Schlegel, SGB III, Stand 7/2010, § 155 Rn. 41).
(aa) Eine exakte Bestimmung des vom Kläger zwischen dem 01.10.2009 bis 31.12.2009 erarbeiteten Einkommens ist jedoch – auch im Anschluss an die Vorlage weiterer Unterlagen durch den Kläger – nicht möglich.
So ist den Buchführungsunterlagen schon nicht zu entnehmen, ob die im Dezember 2009 gebuchten Abschreibungen monats- oder jahresbezogen sind und welche Auswirkungen eine buchhalterisch einmalig im Dezember erfasste jährliche Abschreibung auf die anderen Monate hat. Darüber hinaus ist den vorgelegten Rechnungen aus dem streitigen Zeitraum (Nr. 2009074 bis 2009102) lediglich sicher zu entnehmen, dass diese zwischen dem 01.10.2009 und 31.12.2009 ausgestellt worden sind; aus ihnen ergibt sich hingegen nicht, wann die zugrundeliegende, in Rechnung gestellte Arbeit tatsächlich erbracht worden ist. Zwar benennen die Rechnungen zum Teil einen bestimmten Zeitpunkt, z.B. "Abholung durch Kunden" (vgl. etwa Rechnung Nr. 2009075). Dies führt jedoch nicht zu einer genaueren Bestimmbarkeit des Erarbeitungszeitpunktes, da etwa die Auftragsannahme oder -ausführung zeitlich nicht bezeichnet wird. Bereits die erste Rechnung Nr. 2009074 vom 01.10.2009 betrifft denn auch die Stromeinspeisung im September 2009 und damit nicht den streitigen Zeitraum. Zudem können auch Rechnungen aus späteren Monaten Arbeiten zu Grunde liegen, die bereits im streitigen Zeitraum ausgeführt worden sind. Ohnehin ist der Begriff des "Erarbeitens" nicht exakt definierbar. So ist bereits fraglich, wann ein solches Erarbeiten beginnt; denkbar wären insoweit etwa bereits die Einrichtung des Büros, jedenfalls der erste Kundenkontakt, oder der konkrete Vertragsschluss mit dem Kunden, die Präsentation des Arbeitsergebnisses gegenüber dem Kunden, ggf. aber auch erst die Rechnungsstellung oder gar die Zahlung durch den Kunden.
Diese Unbestimmtheit des Begriffs "Erarbeiten" zeigt, dass Zufälligkeiten – und damit auch Manipulationsmöglichkeiten – Tür und Tor geöffnet wären. Eine konkrete Dokumentation von Erarbeitung und Zufluss des Einkommens ist danach für einen selbständig Tätigen kaum möglich; eine allgemeine Methode, das Erarbeiten der Einkünfte zeitlich exakt – monatsweise – den jeweils erbrachten Tätigkeiten zuzuordnen, ist nicht ersichtlich. Nicht nur steuerliche Faktoren, sondern insbesondere die konkrete Dokumentation von Erarbeitung und Zufluss des Einkommens bereiten erhebliche Schwierigkeiten (vgl. auch Valgolio, a.a.O. § 155 Rn. 72; Becker, a.a.O. Rn. 71).
(bb) Der Senat hält es daher für sachgerecht, pauschal auf das auf den jeweiligen Leistungsmonat zu einem Zwölftel umgelegte steuerliche Jahresergebnis abzustellen. Dies stellt einen allgemein handhabungsfähigen und praktikablen Weg dar, das Nebeneinkommen zu bestimmen (so auch LSG Schleswig Holstein, Urteil vom 21.02.2014 – L 3 AL 29/12 Rn. 42, die dort zugelassene Revision ist nicht eingelegt worden; Becker, a.a.O. Rn 70; Valgolio, a.a.O. Rn. 74, wohl auch Siefert in Mutschler/Schmidt-De Caluwe/Coseriu, SGB III, 5. Auflage 2013, § 155 Rn.56).
Mit einer Heranziehung des Jahressteuerbescheides als Grundlage für die Ermittlung des Arbeitseinkommens eines Selbständigen wird zwar nicht auf das zeitraumgenaue tatsächliche Erarbeiten von Einkommen abgestellt. Eine notwendige pauschale steuerliche jährliche Betrachtungsweise ist jedoch sinnvoll und findet ihre Grundlage in den über § 15 Abs. 1 SGB IV in Bezug zu nehmenden einkommenssteuerrechtlichen Vorschriften (vgl. dazu oben). Knüpft der in § 4 Abs. 1 S. 1 EStG geregelte Gewinnbegriff an den Überschuss im Wirtschaftsjahr (= hier das Kalenderjahr) an, ist dies bei der notwendigen pauschalen Ermittlung von Einkünften auch in der vorliegenden Fallgestaltung angezeigt. Einen Anhaltspunkt für die Heranziehung des gesamten Jahres liefert zudem § 141 Abs. 2 SGB III a.F., der zur Berechnung des Freibetrages ausdrücklich auf das in den letzten zwölf Monaten vor der Entstehung des Anspruches aus einer Erwerbstätigkeit durchschnittlich auf den Monat entfallende Einkommen abstellt. Überdies wird zwar der steuerliche Gewinn des Wirtschaftsjahres erst im Nachhinein festgestellt, der Lebensunterhalt des Arbeitslosen mit selbständiger Nebentätigkeit im Bedarfszeitraum wird durch die vorläufige Leistungsgewährung jedoch sichergestellt; dann aber erscheint es auch zumutbar, die endgültige Anrechnung nachträglich am Wirtschaftsjahr (bzw. dem Monatsdurchschnitt) auszurichten, ohne dass eine wirtschaftliche Gefährdung des Arbeitslosen droht. Im Übrigen ist das Bundessozialgericht bereits zum vergleichbaren Problem der Verteilung von Einnahmen während des Bezugs von damaliger Arbeitslosenhilfe seinerzeit davon ausgegangen, dass jeweils ein Zwölftel der Jahreseinkünfte oder -verluste gleichmäßig auf die Arbeitslosenhilfe-Zahlungszeiträume umzulegen seien (BSG, Urteil vom 06.10.1977 – 7 RAr 1/77 Rn. 28).
(c) Ist somit auf das anteilige monatliche steuerliche Jahresergebnis abzustellen, so lag dieses beim Kläger ausweislich des Einkommenssteuerbescheids für 2009 bei Einkünften aus Gewerbebetrieb i.H.v. 27.241 EUR monatlich bei einem Betrag von 2.270,00 EUR.
Der im Einkommenssteuerbescheid 2009 bei den Einkünften aus Gewerbebetrieb aufgeführte Veräußerungsverlust i.H.v. 50.000 EUR, der den Verlust des GmbH-Anteils an der D GmbH wiedergibt, ist dabei nicht zu berücksichtigen. Hierbei handelt es sich zwar um einen Veräußerungsverlust i.S.d. § 17 EStG; dieser führte aber nicht zu einem tatsächlichen Vermögensverlust bei der hier allein relevanten L. Denn der Verlust des GmbH-Anteils betraf allein die D GmbH und nicht die selbständige Tätigkeit des Klägers im Rahmen der L.
(2) Von diesem Einkommen ist nach § 141 Abs. 1, 2 SGB III a.F. ein Freibetrag abzusetzen. Die Berechnung richtet sich dabei vorliegend allein nach § 141 Abs. 2 SGB III a.F., da der Kläger die selbständige Tätigkeit seit 1995 durchgehend ausübt und daher in den letzten 18 Monaten vor der Entstehung des Anspruchs auf Alg (am 01.10.2009) neben dem Versicherungspflichtverhältnis bei der D GmbH eine Erwerbstätigkeit i.S.d. § 119 Abs. 3 SGB III a.F. mindestens zwölf Monate lang in einem zeitlichen Umfang von weniger als 15 Wochenstunden ausgeübt hat.
Anrechnungsfrei bleibt nach § 141 Abs. 2 SGB III a.F. der Betrag, der in den letzten zwölf Monaten vor der Entstehung des Anspruchs aus einer Erwerbstätigkeit durchschnittlich auf den Monat entfällt.
(a) Zutreffend ist die Beklagte nach dieser Maßgabe davon ausgegangen, dass die Einkommenssteuerbescheide 2008 und 2009 Ausgangspunkt der Berechnung sind. Dabei hat sie richtigerweise die Einkünfte des Jahres 2008 aus selbständiger Arbeit (4.038 EUR) und abhängiger Beschäftigung (98.567 EUR) zur festgesetzten Einkommenssteuer, Kirchensteuer und Solidaritätszuschlag (insgesamt 20.971,94 EUR) steueranteilig ins Verhältnis gesetzt und dadurch einen auf die Einkünfte aus selbständiger Tätigkeit entfallenden Gesamtanteil der Steuern von 859,16 EUR errechnet. Es verbleiben somit anteilig monatliche Nettoeinkünfte aus selbständiger Tätigkeit i.H.v. 264,90 EUR (im Jahr 2008). Im Jahr 2009 sind (bei einer Steuerbelastung mit Null) ausgehend von Einkünften aus dem Gewerbebetrieb von 27.241 EUR monatlich 2.270,08 EUR anzusetzen. Im Zeitraum vom 01.10.2008 bis 30.09.2009 (= letzte zwölf Monate vor der Entstehung des Anspruchs) ergibt sich somit ein Gesamteinkommen i.H.v. (3 x 264,90 + 9 x 2.270,08 =) 21.225,42 EUR.
(b) Zu Unrecht hat die Beklagte allerdings zusätzlich den Freibetrag nach § 141 Abs. 1 SGB III a.F. von monatlich 165 EUR (insgesamt: 1.980 EUR) berücksichtigt. Zwar kommt ein kumulativer Ansatz zweier Freibeträge durchaus in Betracht; dies setzt jedoch voraus, dass der Arbeitslose zwei verschiedene Nebentätigkeiten ausübt. Dies folgt aus dem Sinn und Zweck der Vorschriften zu den Freibeträgen. Die Regelung in § 141 Abs. 2 SGB III a.F. bezweckt, dem Arbeitslosen die Nebeneinkünfte zu belassen, die schon längere Zeit vor Eintritt der Arbeitslosigkeit seinen Lebensstandard mitbestimmt haben. Zweck des Abs. 1 ist es hingegen, dem Arbeitslosen einen Anreiz zu geben, seine Arbeitskraft neben dem Bezug von Leistungen einzusetzen, um auf diese Weise seine Wiedereingliederung zu erleichtern. Je Beschäftigung kann nur einer dieser Zwecke greifen; nur bei mehreren Beschäftigungen können sie nebeneinander stehen (vgl. BSG, Urteil vom 05.09.2006 – B 7a AL 88/05 R Rn. 15 f.). Hat der Kläger im vorliegenden Fall nur eine Nebenbeschäftigung ausgeübt, ist der anzusetzende Freibetrag – entsprechend dem Sinn und Zweck, Nebeneinkünfte zu belassen, die den Lebensstandard des Klägers schon seit vielen Jahren mitbestimmt haben – nur nach § 141 Abs. 2 SGB III a.F. anzusetzen. Für die Berücksichtigung eines weiteren Freibetrages gibt es keinen Anlass.
Zur Berechnung des Freibetrages ist folglich von einem Gesamteinkommen i.H.v. 21.225,42 EUR in den letzten zwölf Monaten vor Anspruchsbeginn auszugehen.
(c) Hat die Beklagte im Bescheid vom 04.07.2012 aber zu Gunsten des Klägers ein Gesamteinkommen i.H.v. 23.205,42 EUR – entsprechend monatlich 1.907,29 EUR – zu Grunde gelegt, so kann die Frage dahinstehen, nach welcher genauen Methode die Umrechnung des Gesamteinkommens auf den einzelnen Monat erfolgen muss.
Die Beklagte hat zur Berechnung des monatlichen Freibetrages den Gesamt-Freibetrag durch 365 Tage geteilt und sodann mit 30 Tagen multipliziert. Dies ergäbe ohne Berücksichtigung des Freibetrages nach Abs. 1 (also ausgehend von 21.225,42 EUR) einen monatlichen Freibetrag von 1.744,56 EUR. Der monatliche Freibetrag ist nach wohl herrschender Auffassung jedoch entsprechend der Formel eines zwölffachen Monatsverdienstes geteilt durch zwölf zu berechnen. Für die Berechnung des Freibetrages gilt dann ein Kalenderjahr als 360 Tage (so Schmitz in Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB III, 2014, § 155 Rn. 51; LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 13.06.2008 – L 8 AL 3829/07 Rn. 25; SG Berlin, Urteil vom 22.01.2010 – S 58 AL 4008/09 Rn. 18 unter Berufung auf BSG, Urteil vom 05.09.2006 – B 7a AL 88/05 R). Dies ergäbe einen Freibetrag i.H.v. (21.225,42 EUR./. 360 T. X 30 T. =) 1.768,79 EUR.
Liegen beide Beträge bereits unterhalb des von der Beklagten angenommenen Freibetrages von 1.907,29 EUR, kommt es auf eine Entscheidung über die konkrete Berechnungsmethode nicht an. Der Kläger ist jedenfalls nicht beschwert.
(3) Im Ergebnis ist somit für die drei streitigen Monate Oktober bis Dezember 2009 von einem Einkommen i.H.v. 2.270,00 EUR auszugehen. Hierauf ist richtigerweise ein Freibetrag i.H.v. 1.768,79 EUR bzw. 1.744,56 EUR anrechenbar, woraus sich ein anrechenbares Nebeneinkommen i.H.v. monatlich 501,21 EUR bzw. 525,44 EUR ergibt. Die Beklagte hat jedoch – fehlerhaft zu Gunsten des Klägers – einen Freibetrag von 1.907,29 EUR und damit ein anzurechnendes monatliches Nebeneinkommen i.H.v. nur 362,71 EUR angenommen. Dies führt, ausgehend von einem täglichen Leistungsentgelt i.H.v. 67,71 EUR, zu einem um (362,71 EUR: 30 Tage =) 12,09 EUR verringerten täglichen Leistungsbetrag von nur noch 55,62 EUR,
Hat die Beklagte aber diesen Leistungsbetrag für den streitigen Zeitraum festgesetzt, ist der Kläger nicht beschwert. Denn höhere Leistungen als ein tägliches Leistungsentgelt von 55,62 EUR stehen ihm jedenfalls nicht zu. Tatsächlich beträgt sein täglicher Leistungsanspruch – je nach angewandter Berechnungsmethode (s.o.) – nur (501,21 EUR: 30 Tage = 16,71 EUR; 67,71 EUR./. 16,71 EUR =) 51,00 EUR bzw. (525,44 EUR: 30 Tage = 17,51 EUR; 67,71 EUR./. 17,51 EUR =) 50,20 EUR und damit deutlich weniger, als ihm von der Beklagten zuerkannt wurde. Höhere Leistungen stehen dem Kläger folglich nicht zu; er kann somit auch nicht die Aufhebung des angefochtenen Bewilligungsbescheides verlangen.
2. Nach alledem ist auch der Erstattungsbescheid vom 31.05.2012 in der Gestalt des Bescheides vom 04.07.2012, diese in der Gestalt des Widerspruchsbescheides, rechtmäßig ergangen. Zu Recht hat die Beklagte damit ausdrücklich gem. § 328 Abs. 3 SGB III die Erstattung der auf Grund der vorläufigen Entscheidung erbrachten Leistungen bis zur endgültig festgesetzten Höhe im Zeitraum vom 01.10.2009 bis 31.12.2009 verlangt. Ein Rechenfehler ist nicht erkennbar (362,71 EUR x 3 Monate = 1.088,10 EUR).
C. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
D. Der Senat lässt die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zu (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG).
Erstellt am: 25.07.2019
Zuletzt verändert am: 25.07.2019