Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 20.07.2017 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist der Anspruch des Klägers auf Bewilligung abschlagsfreier Rente ab Vollendung des 62. Lebensjahres.
Der am 00.00.1954 geborene Kläger hat mit seiner Arbeitgeberin, der S Aktiengesellschaft, am 20.11.2006 eine Vereinbarung getroffen, dass das Arbeitsverhältnis vom 01.06.2009 an als Altersteilzeitarbeitsverhältnis fortgeführt wird. Laut § 3 Abs 2 der Vereinbarung wird die Altersteilzeit im Blockmodell geleistet mit einer Arbeitsphase vom 01.06.2009 bis zum 30.11.2012 (Vollarbeit) und einer Freistellungsphase vom 01.12.2012 bis zum 31.05.2016 (keine Tätigkeit). Nach § 11 der Vereinbarung endet das Altersteilzeitarbeitsverhältnis ohne Kündigung mit Ablauf des 31.05.2016.
Am 19.01.2016 beantragte der Kläger bei der Beklagten die Bewilligung von Altersrente für langjährig Versicherte.
Mit dem angefochtenen Bescheid vom 24.03.2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.07.2016 bewilligte die Beklagte dem Kläger ab 01.06.2016 Altersrente für langjährig Versicherte. In dieser Rente ist ein Rentenabschlag, nämlich ein geminderter Zugangsfaktor von 10,8%, enthalten.
Mit seiner hiergegen am 21.07.2016 erhobenen Klage hat der Kläger geltend gemacht, er habe Anspruch auf Bewilligung der Altersrente ohne Abschläge wegen vorzeitiger Inanspruchnahme. Sein Rentenkonto weise nach Vollendung seines 62. Lebensjahres zum 01.06.2016 insgesamt 574 belegungsfähige Kalendermonate auf und damit eine 34 Monate betragende Übererfüllung der rentenrelevanten Wartezeit von 45 Jahren (540 Monaten) zum Bezug abschlagfreier Rente gemäß § 236 b Sozialgesetzbuch Sechstes Buch – Gesetzliche Rentenversicherung (SGB VI). Ein Anspruch auf Rente für besonders langjährig Versicherte gemäß § 236 b SGB VI setze die Vollendung des 63. Lebensjahres voraus, für den Geburtsjahrgang 1953 mit einer Anhebung um zwei Monate. Es sei willkürlich und bedeute einen Verstoß gegen die Verfassung, Versicherten mit Erreichen des 63. Lebensjahres (ggf. zuzüglich jeweiliger Anpassungsmonate) und Erfüllung der Wartezeit von 540 Monaten abschlagsfreie Altersrente für besonders langjährig Versicherte gemäß § 236 b SGB VI zu gewähren, selbige indes Altersrentnern, deren Vorleistung für die gesetzliche Rentenversicherung bereits mit 62 Lebensjahren diejenige der "besonders langjährig Versicherten" deutlich übersteige, zu versagen. Hierin liege ein Verstoß gegen die Inhaltsbestimmung des Artikel 14 Abs 1 S 2 i.V.m. Art 3 des Grundgesetzes (GG).
Der Kläger hat beantragt,
die Beklagte unter Abänderung ihres Rentenbescheides vom 24.03.2016 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.07.2016 zu verurteilen, die dem Kläger bewilligte Altersrente ohne Abschläge wegen vorzeitiger Inanspruchnahme zu gewähren.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Der Kläger habe keinen Anspruch auf Umwandlung der bewilligten Altersrente für langjährig Versicherte im Sinne des § 236 SGB VI in eine abschlagsfreie Rente für besonders langjährig Versicherte im Sinne des § 236 b SGB VI. § 236 b SGB VI enthalte keine Regelung, wonach eine abschlagsfreie Rente schon vor Vollendung des 63. Lebensjahres gewährt werden könne, wenn die Wartezeit von 45 Jahren erfüllt sei. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts seien Rentenabschläge zulässige Inhalts- und Schrankenbestimmungen im Sinne des Art 14 des Grundgesetzes. Der Versicherte, der sich in Kenntnis des konkreten Abschlags für die vorzeitige Inanspruchnahme einer Altersrente entscheide und die damit verbundenen Vorteile in Anspruch nehme, habe mit einer dauerhaften Rentenkürzung für den früheren Renteneintritt zu rechnen. Zudem obliege es dem Gesetzgeber, zu entscheiden, in welchem Umfang und ab wann Verbesserungen gewährt werden sollten. Im Hinblick auf die Sicherstellung der Finanzierbarkeit und der Funktionsfähigkeit des Systems der gesetzlichen Rentenversicherung habe der Gesetzgeber darauf verzichten dürfen, die Rentenvorgänge der Bestandsrentner aufzugreifen und in die ohnehin nur zeitlich begrenzte Privilegierung einzubeziehen.
Mit Urteil vom 20.07.2017 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen.
Zur Begründung hat es ausgeführt:
Die zulässige Klage ist unbegründet.
Der Kläger ist durch den angefochtenen Bescheid vom 24.03.2016 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.07.2016 nicht beschwert im Sinne von § 54 Abs. 2 S. 1 SGG, da dieser nicht rechtswidrig ist und den Kläger nicht beschwert. Der Kläger hat keinen Anspruch auf eine höhere (abschlagsfreie) Altersrente.
Die Beklagte hat dem Kläger mit den angefochtenen Entscheidungen zutreffend und rechtsfehlerfrei auf dessen Antrag vom 12.01.2016, eingegangen bei der Beklagten am 16.01.2016 für den gewünschten Rentenbeginn am 01.06.2016 Altersrente für langjährig Versicherte bewilligt, insbesondere in nicht zu beanstandender Höhe.
Nach § 36 S. 1 SGB VI in der seit dem 01.01.2008 geltenden Fassung haben Versicherte Anspruch auf Altersrente für langjährig Versicherte, wenn sie 1. das 67. Lebensjahr vollendet und 2. die Wartezeit von 35 Jahren erfüllt haben. Die vorzeitige Inanspruchnahme dieser Altersrente ist nach Vollendung des 63. Lebensjahres möglich, vgl. 36 S. 2 SGB VI. Diese Regelung wird in § 236 SGB VI weitergehend konkretisiert. Für Versicherte, die nach dem 31.12.1948 geboren sind, wird die Altersgrenze von 65 Jahren angehoben. Eine besondere Regelung findet sich in § 236 Abs. 3 SGB VI für Versicherte die nach dem 31. 12.1947 geboren sind und – wie der Kläger – vor dem 01.01.1955 geboren sind und vor dem 01.01.2007 Altersteilzeitarbeit im Sinne der §§ 2 und 3 Abs. 1 Nr. 1 des Altersteilzeitgesetzes vereinbart haben. Danach bestimmt sich die Altersgrenze für eine vorzeitige Inanspruchnahme für Versicherte der Geburtsjahre 1950-1963 auf eine mögliche vorzeitige Inanspruchnahme ab dem 62. Lebensjahr. Der Kläger ist am 25.5.1954 geboren, so dass eine vorzeitige Inanspruchnahme ab dem 62. Lebensjahr möglich ist. Zudem hat er unstreitig einen gesetzlichen Regelung entsprechenden Altersteilzeitvertrag im Sinne der §§ 2 und 3 Abs. 1 Nr. 1 des Altersteilzeitgesetzes abgeschlossen.
Der Beklagte hat diese Altersrente für langjährig Versicherte mit Bescheid vom 24.03.2016 auch den gesetzlichen Bestimmungen gemäß berechnet. Substantiierte Einwände gegen die Rentenberechnung hat der Kläger nicht vorgebracht. Berechnungsfehler sind auch nicht ersichtlich.
Da der Kläger die Altersrente für langjährig Versicherte vorzeitig – die Altersgrenze betrug für ihn 65 Lebensjahre -, nämlich bereits mit Vollendung des 62. Lebensjahr ab 01.06.2016, mithin 36 Monate früher in Anspruch genommen hat, ergibt sich unter Zugrundelegung der Regelung des § 77 Abs. 2 S. 1 Nr. 2a SGB VI (in der Fassung vom 01.01.2008) die von der Beklagten berücksichtigte Verminderung des Zugangsfaktors von 0,108 (36 × 0,003). Daraus folgt der verminderte Zugangsfaktor von 0,892 für die Berechnung der der Rente zugrundeliegenden persönlichen Entgeltpunkte.
Die Vorschriften über die Bestimmung von Abschlägen bei vorzeitiger Inanspruchnahme einer Altersrente nach § 77 Abs. 2 S. 1 Nr. 2a SGB VI und die Vertrauensschutzregelung sind zur Überzeugung der Kammer verfassungsgemäß (vgl. u.a. BVerfG, Beschluss vom 11. November 2008,1 BvL 3/05; BSG, Urteil vom 05.05.2009, B 13 R 77/08 R, LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 07.07.2016, L 7 R 273/15). Die Kürzung des Zugangsfaktors um 0,003 für den Kalendermonat des vorzeitigen Rentenbezugs einer Altersrente auf Grundlage des § 77 Abs. 1 S. 1 Nr. 2a SGB VI ist mit dem Grundgesetz vereinbar, weil die Vorschrift eine zum Schutz der Funktions- und Leistungsfähigkeit der Rentenversicherung zusätzliche gesetzliche Inhalts- und Schrankenbestimmung darstellt (Art. 14 Abs. 1 S. 2 GG), die in den Abschlagsregelungen liegende Einschränkung der Anwartschaft durch Gründe des Allgemeinwohls gerechtfertigt ist und den Anforderungen des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes entspricht. Dem Gesetzgeber ist nicht jegliche Differenzierung verwehrt. Die Kürzung des Zugangsfaktors um 0,003 für jeden Kalendermonat des vorzeitigen Rentenbezuges einer Altersrente für langjährig Versicherte trifft jeden Versicherten, der die Rente vorzeitig in Anspruch nimmt. Aus der Übererfüllung der Wartezeit von 45 Jahren im Sinne des § 236 Buchst. b SGB VI selbst folgt keine Benachteiligung. Es folgt auch keine Benachteiligung aus dem Erreichen des 62. Lebensjahres. Dies ist vielmehr Grundvoraussetzung dafür, Anspruch auf die vorzeitige Inanspruchnahme der Altersrente zu haben. Darüber hinausgehend trifft die Absenkung des Zugangsfaktors nach § 77 Abs. 2 SGB VI auch alle anderen Rentenarten, wenn die jeweilige Rente vor der im Gesetz normierten Altersgrenze in Anspruch genommen wird. Damit sollen Vor- und Nachteile einer unterschiedlichen Rentenbezugsdauer bei allen Rentenarten ausgeglichen und die Finanzierungsgrundlagen der gesetzlichen Rentenversicherung gesichert werden (vgl. LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 07.07.2016, L 7 R 273/15).
Der Kläger kann nicht verlangen insoweit begünstigt zu werden, dass er bereits mit 62 Lebensjahren eine abschlagsfreie Altersrente erhält. Dies käme selbst im Hinblick auf § 236 Buchst. b SGB VI einer Doppelbegünstigung gleich, da auch nach § 236 Buchst. b SGB VI lediglich 63-jährige, bei Erfüllung der weiteren Anspruchsvoraussetzungen, eine abschlagsfreie Altersrente erhalten können. Zu den Beziehern einer Altersrente für besonders langjährig Versicherte nach § 236 Buchst. b SGB VI besteht bereits der Unterschied, dass diese erst ein Jahr später als der Kläger in Ruhestand gehen können.
Aus Art. 3 Abs. 3 Satz 2 GG folgt kein verfassungsunmittelbaren Anspruch auf eine abschlagsfreie Altersrente für langjährig Versicherte auch bei vorzeitiger Inanspruchnahme unabhängig und losgelöst von der einfach-gesetzlichen Ausgestaltung. Denn aus dem Benachteiligungsverbot des Art. 3 Abs. 3 Satz 2 GG lassen sich grundsätzlich originäre Leistungsansprüche nicht herleiten (vgl. LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 07.07.2016 – L 7 R 273/15 -, Rn. 30, juris, m. w. N.).
Im Übrigen liegt eine Ungleichbehandlung i.S. des Art. 3 Abs. 1 GG zwischen Versicherten, die ab 1. Juli 2014 erstmals eine abschlagfreie Altersrente für besonders langjährig Versicherte beziehen, und Bestandsrentnern, die gleichfalls die Anspruchsvoraussetzungen des § 236b SGB VI erfüllen, denen aber wegen der früheren Bewilligung oder des Bezugs einer Altersrente die Umwandlung dieser Altersrente in eine abschlagfreie Altersrente für besonders langjährig Versicherte gem. § 34 Abs. 4 Nr. 3 SGB VI verwehrt ist, nicht vor. Unabhängig von der Frage, ob es sich um eine vergleichbare Gruppe von Normadressaten handelt oder der Rentenbezug ein sachliches Differenzierungsmerkmal darstellt, ist unter Berücksichtigung des Gestaltungsspielraums des Gesetzgebers die Begrenzung der Privilegierung des § 236b SGB VI auf die zur Zeit seines Inkrafttreten am 1. Juli 2014 noch nicht im Altersrentenbezug befindlichen Versicherten nicht zu beanstanden. Denn dem Gesetzgeber steht es frei, zur Regelung bestimmter Lebenssachverhalte Stichtage einzufügen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 11.11.2008, 1 BvL 3/05, 1 BvL 4/05, 1 BvL 5/05, 1 BvL 6/05, 1 BvL 7/05; LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 21.5.2015 – L 7 R 5354/14 -, Rn. 25, juris).
Erklärtes Ziel der gesetzlichen Regelung der abschlagfreien Altersrente für besonders langjährig Versicherte ist es gewesen, diejenigen zu bedenken, die ihr Arbeitsleben bereits früh begonnen und in 45 Beitragsjahren die Rentenversicherung maßgeblich gestützt hätten. Die angestrebte Begünstigung kommt allerdings wegen des Unterscheidungsmerkmals des Stichtags 1.7.2014 nicht den Bestandsrentnern zu, wobei die hierfür angeführte angespannte Finanzlage sowie der Hinweis auf die zeitliche Befristung der Sonderregelung des § 236b SGB VI den Begünstigungsausschluss durchaus rechtfertigen und als sachlicher Grund für diese typische Stichtagsregelung zu sehen sind (zum Ganzen: LSG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 12.08.2015 – L 6 R 114/15 -, Rn. 25, juris; LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 21.5.2015 – L 7 R 5354/14 und SG Dortmund, Urteil vom 12.6.2015 – S 61 R 108/15).
Die Absenkung des Zugangsfaktors bei vorgezogenen Altersrenten, der längere Rentenlaufzeiten infolge eines vorgezogenen Rentenbeginns ausgleichen und die Kostenneutralität vorgezogener Rentenleistungen sicherstellen soll, ist verfassungsgemäß und zur Sicherung der Finanzierung des Systems der gesetzlichen Rentenversicherung und damit zur Erhaltung dessen Funktionsfähigkeit gerechtfertigt, und zwar für die gesamte Dauer des individuellen Rentenbezugs. Der Kläger konnte über den Zeitpunkt der Rentenantragstellung und den damit verbundenen Rentenabschlag frei und eigenverantwortlich entscheiden (vgl. LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 21. Mai 2015 – L 7 R 5354/14 -, Rn. 23, juris).
Darüber hinausgehend hat der Gesetzgeber hinsichtlich der Schaffung derartiger wie vom Kläger begehrter Ansprüche einen weiten Gestaltungsspielraum. Die Verminderung des Zugangsfaktors knüpft gerade nicht an sein Lebensalter, sondern an die vorzeitige Inanspruchnahme der Altersrente an.
Der Kläger kann eine höhere (abschlagsfreie) Altersrente auch nicht durch Gewährung einer Altersrente für besonders langjährig Versicherte nach § 236 Buchst. b SGB VI statt der bewilligten Altersrente für langjährig Versicherte erreichen. Denn eine solche Rente stand ihm zum maßgeblichen Rentenbeginn am 01.06.2016 bereits nicht zu. Da er zum 01.06.2016 lediglich das 62. Lebensjahr vollendet hatte, nicht aber bereits das 63. Lebensjahr waren die Anspruchsvoraussetzungen dieser Rente nicht gegeben. Dass der Kläger bereits zum 01.06.2016 die Wartezeit von 45 Jahren erfüllt hat, ist insoweit unerheblich. Der Kläger kann überdies nach bindender Bewilligung einer Rente wegen Alters keinen Wechsel in eine andere Rente wegen Alters vornehmen, da dieser nach § 34 Abs. 4 Nr. 3 SGB VI (in der ab dem 01.01.2013 geltenden Fassung) ausgeschlossen ist. Diese Norm ist zur Überzeugung der Kammer auch nicht verfassungswidrig. Mit der Regelung wird sichergestellt, dass der Versicherte, der sich für eine vorzeitige Altersrente entschieden und zumindest vom Vollzeitarbeitsmarkt abgewandt hat, dauerhaft Bezieher dieser Leistung bleibt. § 34 Abs. 4 SGB VI soll Dispositionen zu Lasten der Versichertengemeinschaft ausschließen. Die Versicherten werden folglich an ihrer Disposition festgehalten und haben deren Folgen, nämlich die Reduzierung des Zugangsfaktors wegen der vorzeitigen Inanspruchnahme der Altersrente, zu tragen. Gegen die Regelung des § 34 Abs. 4 SGB VI bestehen keine verfassungsrechtlichen Bedenken (BSG, Urteil vom 26.7.2007 – B 13 R 44/06 R; LSG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 12. August 2015 – L 6 R 114/15 -, Rn. 22, juris). Der Gesetzgeber hat die Regelung des § 236b SGB VI am 1.7.2014 in Kraft gesetzt und es bei der Vorschrift des § 34 Abs. 4 Nr. 3 SGB VI belassen, so dass für die Bestandsrentner ein Wechsel in die abschlagfreie Altersrente für besonders langjährig Versicherte i.S. des § 236b SGB VI (nach bindender Bewilligung) ausgeschlossen ist (vgl. Gürtner in KassKomm, § 236b SGB VI Rdnr. 3; LSG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 12. August 2015 – L 6 R 114/15 -, Rn. 23, juris).
Die Kostentscheidung folgt aus den §§ 193, 183 SGG.
Gegen dieses ihm am 04.08.2017 zugestellte Urteil hat der Kläger am 21.08.2017 Berufung eingelegt. Der Kläger wiederholt sein Vorbringen aus dem erstinstanzlichen Verfahren. Das Sozialgericht verkenne, dass der Kläger nicht die Dispositionsmöglichkeit gehabt habe, selbst zu entscheiden, ob er bereits mit Vollendung des 62. Lebensjahres die Altersrente für langjährig Versicherte mit einem Abschlag in Anspruch nehmen wolle oder erst mit Vollendung des 63. Lebensjahres und zwei Monaten eine Altersrente ohne Abschläge abwarten würde. Der Altersteilzeitvertrag des Klägers habe mit Erreichen des 62. Lebensjahres geendet. Der allgemeine Arbeitsmarkt sei für ihn als 62-jährigen verschlossen gewesen. Bis zum Erreichen des 63. Lebensjahres habe er seinen Lebensunterhalt nicht durch Aufnahme einer Erwerbstätigkeit bestreiten können. Arbeitslosengeldansprüche würden um ein Viertel der gesamten Anspruchsdauer gemäß § 148 Abs 1 Nr 4 Sozialgesetzbuch Drittes Buch gemindert. Der Nachteil sei für den Kläger intensiv. Der monatliche Geldwert seines Stammrechts werde durch den Abschlag vom Zugangsfaktor um 0,003 für jeden Monat des vorzeitigen Rentenbeginns während der gesamten Dauer des Rentenbezugs vermindert.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 20.07.2017 abzuändern und nach dem erstinstanzlichen Klageantrag zu erkennen.
Die Beklagte beantragt sinngemäß,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das erstinstanzliche Urteil für zutreffend. Die Beklagte verweist auf die bereits ergangene höchstrichterliche Rechtsprechung zu der Frage der Rechtmäßigkeit von Abschlägen bei vorzeitiger Inanspruchnahme einer Altersrente sowie zur Rechtmäßigkeit der Norm des § 34 Abs 4 SGB VI.
Im Termin zur Erörterung des Sachverhalts am 15.11.2017 sind die Beteiligten zu einer Entscheidung nach § 153 Abs 4 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ausweislich der Sitzungsniederschrift angehört worden.
Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Inhalt der Prozessakte und der Verwaltungsakten des Klägers verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Der Senat hält die zulässige Berufung einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung für nicht erforderlich, § 153 Abs 4 SGG.
Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen.
Der Bescheid der Beklagten vom 24.03.2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.07.2016 ist rechtmäßig. Auch zur Überzeugung des Senats hat der Kläger keinen Anspruch auf Bewilligung abschlagsfreier Altersrente ab dem 01.06.2016, zu einem Zeitpunkt also, an dem der Kläger erst das 62. Lebensjahr vollendet hatte.
Der Kläger räumt selber ein, dass er die Voraussetzung des Erreichens der Altersgrenze von 63 Jahren und vier Monaten – mit der Anhebung des § 236 b SGB VI um vier Monate für Versicherte des Geburtsjahres 1954 – erst ab Oktober 2017 erfüllt hat. Daran ändert auch der Umstand nichts, dass der Kläger bereits im Jahr 2006 – und damit vor dem Inkrafttreten des § 236 b SGB VI zum 01.07.2014 – eine Altersteilzeitvereinbarung getroffen hatte, deren Freistellungsphase am 31.05.2016 enden sollte. Der Kläger mag sich aus wirtschaftlichen Gründen gehalten gefühlt haben, zum 01.06.2016 die Altersrente für langjährig Versicherte in Anspruch zu nehmen. Dies entsprach dem mit der vor dem 01.01.2007 geschlossenen Altersteilzeitvereinbarung verfolgten Zweck, unter Inanspruchnahme der Vertrauensschutzregelung ab Vollendung des 62. Lebensjahres Altersrente zu erhalten, wenngleich mit einem Abschlag von 10,8%. Dem Kläger ist somit nicht eine rechtlich begünstigende Position nachträglich entzogen worden. Es ist ihm allenfalls aus wirtschaftlichen Gründen verwehrt gewesen, eine bis zum 01.07.2014 nicht vorhandene noch günstigere Regelung in Anspruch zu nehmen.
Auch zur Überzeugung des Senats sind die Vorschriften über die Bestimmung von Abschlägen bei vorzeitiger Inanspruchnahme einer Altersrente des § 77 Abs 2 S 1 Nr 2a SGB VI und die Vertrauensschutzregelung verfassungsgemäß. Auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils wird gem. § 153 Abs 2 SGG verwiesen.
Das Sozialgericht hat insbesondere zutreffend darauf hingewiesen, dass Prüfungsmaßstab alleine ist, ob mit der gesetzlichen Neuregelung in § 236 b SGB VI die Grenzen des dem Gesetzgeber eingeräumten weiten Gestaltungsspielraums bzw. der ihm eingeräumten Typisierungsbefugnis überschritten worden sind oder nicht. Allein aus einer gesetzgeberischen Ziel- und Zweckbestimmung kann eine bisher nicht berechtigte Personengruppe jedenfalls kein Gebot der Gleichbehandlung herleiten (so etwa BSG Urteil vom 06.09.2017 – B 13 R 4/17 R, Rn 25 und 35 zu § 210 Abs 1 a SGB VI).
Dem Kläger steht somit auch zur Überzeugung des Senats keine Anspruchsgrundlage zur Seite, aufgrund derer er bereits mit Vollendung des 62. Lebensjahres abschlagsfreie Altersrente beanspruchen könnte.
Unabhängig davon muss der Kläger sich entgegenhalten lassen, dass er mit seinem Antrag vom 19.01.2016 Altersrente für langjährig Versicherte im Sinne des § 236 SGB VI beantragt hat und diese ihm auch bewilligt worden ist.
Ferner enthält der angefochtene Bescheid hinsichtlich Rentenbeginn und Rentenart bestandskräftige Verfügungssätze, da nur die Rentenhöhe angefochten worden ist.
Nach bindender Bewilligung einer Rente wegen Alters oder für Zeiten des Bezugs einer solchen Rente ist der Wechsel in eine andere Rente wegen Alters ausgeschlossen, § 34 Abs 4 Ziff 3 SGB VI. Der Senat verweist insofern auf die zutreffenden Ausführungen im erstinstanzlichen Urteil.
Dass vorliegend die Abschläge in sich falsch berechnet worden wären oder die Berechnung mathematisch nicht korrekt wäre, macht der Kläger ausweislich seiner Erklärung zu Protokoll im Termin zur Erörterung des Sachverhalts nicht mehr geltend.
Die Kostenentscheidung ergeht nach § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs 2 Nrn 1 und 2 SGG liegen nicht vor, § 153 Abs 4 S 3 in Verbindung mit § 158 S 3 SGG.
Erstellt am: 18.06.2020
Zuletzt verändert am: 18.06.2020