Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Münster vom 7.9.2018 wird zurückgewiesen. Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Streitig ist die Versicherung des Klägers in der Kranken- und Pflegeversicherung nach dem Künstlersozialversicherungsgesetz (KSVG) ab dem 01.04.2014, hilfsweise die Gewährung eines Zuschusses zur freiwilligen Kranken- und Pflegeversicherung.
Der 1961 geborene Kläger war von 1985 bis Oktober 2007 als Redakteur u.a. bei der N Zeitung abhängig beschäftigt und zuletzt bei der Kaufmännischen Krankenkasse (KKH) kranken- und pflegeversichert. Ab dem 01.11.2007 versicherte er sich bei der Union Krankenversicherung (UKV) privat.
Am 05.03.2008 bat der Kläger die Beklagte um Prüfung seiner Versicherungspflicht nach dem KSVG. Er gab an, seit dem 02.01.2008 als Journalist, Redakteur und Fachmann für Öffentlichkeitsarbeit und Werbung (www.h-q.de) selbständig tätig zu sein. Von der Agentur für Arbeit erhalte er einen Existenzgründungszuschuss. Als Berufsanfänger beantrage er die Befreiung von der gesetzlichen Kranken- und der sozialen Pflegeversicherung.
Mit Bescheid vom 10.02.2009 stellte die Beklagte ab dem 05.03.2008 die Versicherungspflicht des Klägers in der Rentenversicherung nach § 1 KSVG sowie die Befreiung von der gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung fest. Hinsichtlich der Aufwendungen für die Kranken- und Pflegeversicherung habe er Anspruch auf einen Beitragszuschuss. Der Kläger gelte für die Zeit vom 01.02.2008 bis voraussichtlich 01.01.2011 als Berufsanfänger nach § 3 Abs. 2 KSVG. Der Bescheid enthält auf Seite 2 und 3 folgenden Hinweis:
"Mit der Befreiung von der gesetzlichen Krankenversicherungspflicht nach § 6 Abs. 1 KSVG haben Sie sich dafür entschieden, p r i v a t kranken- und pflegeversichert zu sein. Eine Rückkehr in die gesetzliche Kranken- und Pflegeversicherung ist vor dem 1.1.2011 ausgeschlossen. Für die Zeit danach gibt es folgende Rückkehrmöglichkeit: Bis zum Ablauf der Berufsanfängerzeit, in Ihrem Fall bis spätestens 1.1.2011, müssen Sie gegenüber der KSK eine schriftliche Erklärung abgeben, dass die Befreiung enden und Ihre Versicherungspflicht in der gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung beginnen soll. Wird die Erklärung nicht bis zum Ende der o.g. Frist abgegeben, bleibt die Befreiung von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Krankenversicherung und damit die Versicherungsfreiheit in der Pflegeversicherung unwiderruflich bestehen. Die genannte Frist verlängert sich gem. § 3 Abs. 2 Satz 2 KSVG um Zeiten, in denen die Versicherungs- oder Beitragspflicht unterbrochen war oder Versicherungsfreiheit nach § 5 Abs. 1 Nr. 8 KSVG bestanden hat."
Vom 16.12.2009 bis 21.2.2010 bezog der Kläger ALG I, ohne die Beklagte hiervon zu unterrichten. Nachdem die Beklagte von der Agentur für Arbeit im Jahr 2014 hierüber in Kenntnis gesetzt worden war, hob sie die Bewilligung des Zuschusses für die private Kranken- und Pflegeversicherung für diesen Zeitraum mit Bescheid vom 25.09.2014 auf.
Mit Schreiben vom 01.12.2010 wies die Beklagte den Kläger auf den Ablauf seines Berufsanfängerprivilegs zum 01.01.2011 und die damit endende Möglichkeit, einen Antrag auf Beendigung der Befreiung von der Versicherungspflicht zu stellen, hin. Ein solcher Antrag müsse ausdrücklich gestellt werden. Andernfalls sei die Befreiung unwiderruflich und es bestehe keine Möglichkeit mehr, eine Versicherungspflicht in der gesetzlichen Kranken- und sozialen Pflegeversicherung zu begründen.
Am 29.01.2014 erklärte der Kläger, seine derzeitige Auftragslage habe ihn dazu gezwungen, sich am 11.12.2013 arbeitslos zu melden und wieder ALG I zu beziehen. Seine Mitgliedschaft in der KSV möge ruhen. Er melde sich, wenn er entschieden habe, ob er mit der Selbständigkeit weitermache oder wieder abhängig beschäftigt sein werde. Damit einhergehen werde auch der Wechsel von der privaten zurück in die gesetzliche Krankenversicherung.
Die Beklagte stellte mit Bescheid vom 11.02.2014 das Ende der Versicherungspflicht und der Zuschussberechtigung zu Aufwendungen für die Kranken- und Pflegeversicherung fest.
Nachdem der Kläger am 01.04.2014 seine selbständige Tätigkeit wieder aufgenommen und die Agentur für Arbeit die Bewilligung von ALG I ab dem 01.04.2014 aufgehoben hatte, erklärte der Kläger, er habe durch den Bezug von ALG I wieder in die gesetzliche Kranken- und Pflegeversicherung gewechselt. Er bitte, die Beiträge zukünftig an die KKH abzuführen, wo er freiwillig versichert sei. Die Beklagte entgegnete hierauf am 08.04.2014, dass es unwiderruflich bei der Befreiung von der gesetzlichen Krankenversicherungspflicht bleibe.
Dem hielt der Kläger entgegen, dass sich das Schreiben vom 01.12.2010 nicht an Existenzgründer, sondern an Berufsanfänger gerichtet habe. Da er bereits über 20 Jahre Berufserfahrung verfügt habe, habe er es gar nicht auf sich bezogen. Ohne dass es darauf ankomme, gründe seine Rückkehr in die gesetzliche Krankenversicherung auf seiner über den Bezug von ALG I erworbenen gesetzlichen Krankenversicherung. §§ 6 und 7 KSVG regelten eine Rückkehr in die gesetzliche Krankenversicherung aus dem KSVG heraus, nicht jedoch eine Rückkehr aus anderen Gründen. Wie jeder andere Arbeitnehmer könne er frei entscheiden, bei welcher Krankenversicherung er sich absichere. Daher könnten weder ein Arbeitgeber noch die KSK bei einem Versicherungswechsel den Arbeitgeberanteil verweigern. Die Handhabe der Beklagten verstoße gegen Art. 3 Grundgesetz (GG) und den Auftrag der KSV, Künstler in der Sozialversicherung abzusichern.
Mit Bescheid vom 16.06.2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 08.09.2014 stellte die Beklagte die Versicherungspflicht des Klägers in der Rentenversicherung nach § 1 KSVG sowie die Befreiung von der Versicherungspflicht in der Kranken- und Pflegeversicherung ab dem 04.04.2014 fest. Eine Rückkehr in die gesetzliche Krankenversicherung sei nicht möglich, da die diesbezügliche Befreiung unwiderruflich geworden sei. Zuschüsse zu einer privaten Krankenversicherung könne sie derzeit nicht gewähren, da der Kläger keine entsprechenden Unterlagen vorgelegt habe. Obwohl sie den Kläger mit Bescheid vom 10.02.2009 und Schreiben vom 01.12.2010 über die Rückkehrmöglichkeiten innerhalb der Berufsanfängerzeit ausführlich informiert habe, habe er innerhalb der Frist keinen entsprechenden Antrag gestellt.
Mit seiner am 30.09.2014 erhobenen Klage hat der Kläger vorgetragen, die Rechtsauffassung der Beklagten finde im Gesetz keine Stütze und begegne erheblichen verfassungsrechtlichen Bedenken. § 6 Abs. 2 KSVG beziehe sich ausdrücklich nur auf Berufsanfänger und keine berufserfahrenen Personen. Der Gesetzgeber habe durch die Regelung des § 6 Abs. 1 KSVG zu erkennen gegeben, dass es nicht zweckmäßig erscheine, den versicherungsrechtlichen Status eines Berufsanfängers wegen der typischen Risiken verbindlich festzulegen. Aus der Gesetzesbegründung ergebe sich zwar nicht, weshalb dies nicht auch für wieder einsteigende Selbständige gelten solle. Nach dem Schutzzweck des KSVG sei aber auszuschließen, dass ein Künstler, der seine Selbständigkeit nach einer zwischenzeitlichen Pflichtversicherung wieder aufnehme, nicht in die gesetzliche Versicherung zurückkehren könne. Er habe ein massives existenzielles Interesse an der gesetzlichen Krankenversicherung, da er sich bei einer erneuten privaten Absicherung wieder einer neuen Gesundheitsprüfung unterziehen müsse und die Beiträge die Höhe der freiwilligen Beitrage erreichten. Derzeit wende er für die KKH etwa 1/3 seines Einkommens auf. Ungeachtet dessen sei es systemwidrig, wenn ein Beitragszuschuss bei den nach § 6 Versicherten nur bei einer privaten nicht aber einer freiwilligen gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung gewährt werde. Der Gesetzgeber habe die hier vorliegende Problematik des § 10 KSVG offenbar nicht gesehen. Für eine Ungleichbehandlung des nach § 6 KSVG von der Versicherungspflicht befreiten Personenkreises gegenüber den nach § 7 KSVG befreiten Besserverdienenden gebe es keinen sachlichen Grund.
Der Kläger hat beantragt,
den Bescheid der Beklagten vom 16.06.2014 in der Fassung des Widerspruchsbescheids vom 8.9.2014 aufzuheben und festzustellen, dass er nach Beendigung der Befreiung von der gesetzlichen Krankenversicherungspflicht nach § 6 KSVG sowie der Beendigung der Versicherungsfreiheit in der sozialen Pflegeversicherung nach § 5 Abs. 2 Nr. 2 KSVG nunmehr nach § 1 KSVG in der gesetzlichen Krankenversicherung sowie der sozialen Pflegeversicherung pflichtversichert ist.
hilfsweise,
die Beklagte zu verurteilen, ihm rückwirkend ab dem 1.4.2014 einen Beitragszuschuss nach dem Künstlersozialversicherungsgesetz zur freiwilligen gesetzlichen Krankenversicherung zu gewähren.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte hat betont, den Kläger ausdrücklich über die Folgen und Auswirkungen der in § 6 Abs. 2 KSVG getroffene Regelung informiert zu haben. Die Einräumung eines Wahlrechts während des Berufsanfängerprivilegs und die Verbindlichkeit dieser Entscheidung nach Ablauf des Zeitraums entspreche der gesetzgeberischen Intention (BT-Drs. 11/2964, S. 15). Dies bestätigten auch die Entscheidungen des Bayrischen LSG vom 07.06.20014 (L 4 KR 19/12) und 24.06.2015 (L 4 KR 89/12) und des LSG Berlin-Brandenburg vom 02.02.2005 (L 9 KR 43/02). In § 10 Abs. 1 und 2 KSVG habe der Gesetzgeber bewusst zwischen Höherverdienenden und Berufsanfängern differenziert. § 10 Abs. 1 KSVG beziehe sich auf § 8 Abs. 2 SGB V, wonach bei einer dauerhaften Überschreitung des Jahresarbeitsentgelts ebenfalls eine Befreiung von der Versicherungspflicht vorgesehen sei. Raum für eine analoge Anwendung der Norm auch auf nach § 6 KSVG Befreite gebe es angesichts des klaren Wortlauts der Norm nicht. Da der Gesetzgeber für diesen Personenkreis eine ausdrückliche Regelung in § 10 Abs. 2 KSVG getroffen habe, bestehe auch keine Regelungslücke.
Das Sozialgericht hat die Klage mit Urteil vom 07.09.2018 abgewiesen. Die Beklagte habe den Kläger ausreichend und zutreffend über die gesetzliche Regelung des § 6 Abs. 2 KSVG informiert. Da der Kläger in der Zeit seines Berufsanfängerprivilegs keine entsprechende Erklärung abgegeben habe, sei seine Entscheidung für die private Krankenversicherung der Beklagten gegenüber unwiderruflich geworden. Für eine nur über eine Analogie zu konstruierende Rückkehr in die gesetzliche Krankenversicherung fehle es an einer Regelungslücke. Denn der Gesetzgeber habe alle denkbaren Varianten einer gesetzlichen oder privaten Krankenversicherung bei der erstmaligen Aufnahme einer künstlerischen Tätigkeit geregelt und dem Versicherten einen Entscheidungszeitraum von drei Jahren zugebilligt. Eine entsprechende Regelung finde sich in § 8 Abs. 2 SGB V. Da das Berufsanfängerprivileg bei dem Kläger abgelaufen sei, könne der Kläger auch durch den Bezug von ALG I nicht erneut die Stellung eines Berufsanfängers beanspruchen. Auch habe der Kläger keinen Anspruch auf einen Zuschuss zur freiwilligen gesetzlichen Krankenversicherung. § 10 Abs. 2 KSVG gewähre den nach § 6 KSVG Befreiten nur einen Zuschuss zu einer privaten Krankenversicherung. Der Kläger habe sich in dem Bewusstsein, dass nur eine private Absicherung zuschussberechtigt sei, dazu entschieden, sich über den Bezug von Arbeitslosengeld wieder gesetzlich zu versichern. Da bei geringeren Einnahmen in der gesetzlichen Versicherung auch niedrigere Beiträge als in der einkommensunabhängigen privaten Krankenversicherung zu zahlen seien, bestehe auch kein vergleichbarer Sachverhalt, der eine analoge Regelung für freiwillig Versicherte erforderlich mache. Im Übrigen sei es naheliegend, dass sich der Kläger bewusst für eine Unterbrechung seiner Selbständigkeit entschlossen habe, um über den Bezug von Arbeitslosengeld I wieder in die gesetzliche Kranken- und Pflegeversicherung zu wechseln.
Gegen das ihm am 08.11.2018 zugestellte Urteil hat der Kläger am 22.11.2018 Berufung eingelegt und sein Vorbringen wiederholt. Der vorliegende Rechtsstreit zeige, dass der Gesetzgeber gerade nicht alle Fallgestaltungen versicherungsrechtlicher Art bei der Aufnahme einer künstlerischen Tätigkeit bedacht habe. Denn für den Fall des Wiedereintritts in die Pflichtversicherung nach dem Bezug von ALG I gebe es gerade keine Regelung. §§ 6 und 7 KSVG gingen vielmehr davon aus, dass eine einmal aufgenommene Tätigkeit bis zum Ruhestand ausgeübt werde. Eine binnen drei Jahren zu treffende Entscheidung könne sich bei einer Änderung der Lebensumstände aber für die gesamte Zukunft auswirken. § 8 Abs. 2 SGB V gelte nicht für sich später ergebende andere Versicherungspflichttatbestände und schließe auch keine Rückkehr in die Pflichtversicherung aus. Demgegenüber benachteilige § 6 Abs. 2 KSVG Wiedereinsteiger in unzumutbarer Weise. Gleiches gelte für die unterschiedliche Behandlung der nach § 6 und § 7 KSVG Versicherten im Rahmen des § 10 KSVG.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Münster vom 7.9.2018 abzuändern und nach dem Klageantrag zu erkennen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte hat auf das erstinstanzliche Urteil und ihre bisherigen Ausführungen Bezug genommen.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die Verwaltungsakten der Beklagten und die Gerichtsakte, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung ist unbegründet.
Das Sozialgericht hat die auf Feststellung der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Kranken- und der sozialen Pflegeversicherung gestellte kombinierte Anfechtungs- und Feststellungsklage zu Recht mit Urteil vom 07.09.2018 als unbegründet abgewiesen. Der Bescheid vom 16.06.2014 in der Fassung des Widerspruchsbescheids vom 08.09.2014 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten nach § 54 Abs. 2 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG). Der Kläger hat keinen Anspruch auf Feststellung seiner Versicherungspflicht in der gesetzlichen Kranken- und der sozialen Pflegeversicherung ab dem 01.04.2014.
Nach den §§ 1, 2 (Satz 2), 3, und 5 KSVG werden in den genannten Zweigen der Sozialversicherung Personen versichert, die eine publizistische Tätigkeit erwerbsmäßig und nicht nur vorübergehend ausüben, ohne mehr als einen Arbeitnehmer, nicht nur geringfügig oder zur Berufsausbildung zu beschäftigen, es sei denn, sie sind (in dieser Tätigkeit) versicherungsfrei.
Der Kläger arbeitet seit dem 01.04.2014 erneut selbständig als Journalist und Redakteur. Dabei ist unstreitig, dass er erwerbsmäßig und nicht nur vorübergehend als Publizist (§ 2 Satz 2 KSVG) tätig ist. Das Sozialgericht hat jedoch zu Recht festgestellt, dass der Kläger in dieser Tätigkeit versicherungsfrei ist. Denn er hat sich als Berufsanfänger von der Krankenversicherungspflicht befreien lassen. Diese Befreiung erstreckt sich nach § 5 Abs. 2 Nr. 2 KSVG auch auf die soziale Pflegeversicherung.
Wer erstmals eine Tätigkeit als selbständiger Künstler oder Publizist aufnimmt und nicht zu dem in § 5 Abs. 1 KSVG genannten Personenkreis gehört, wird gem. § 6 Abs. 1 Satz 1 KSVG auf Antrag von der Krankenversicherungspflicht befreit, wenn er der Künstlersozialkasse eine Versicherung für den Krankheitsfall bei einem privaten Krankenversicherungsunternehmen nachweist. Ist man nach dieser Vorschrift von der Krankenversicherungspflicht befreit worden, kann man gem. § 6 Abs. 2 KSVG gegenüber der Künstlersozialkasse bis zum Ablauf der in § 3 Abs. 2 KSVG genannten Frist schriftlich erklären, dass die Befreiung von der Versicherungspflicht enden soll.
Mit bestandskräftigem Bescheid vom 10.02.2009 befreite die Beklagte den Kläger antragsgemäß von der gesetzlichen Kranken- und der sozialen Pflegeversicherung und bestimmte den Zeitraum nach § 3 Abs. 2 KSVG vom 01.02.2008 bis zum 01.01.2011; § 3 Abs. 2 KSVG. Da Gründe für eine Verlängerung der Frist nach § 3 Abs. 2 Satz 1 und 2 KSVG weder ersichtlich noch vorgetragen sind und der Kläger unstreitig bis zum 31.12.2010 keine Erklärung dahingehend abgegeben hat, dass die Befreiung enden soll, ist die Befreiung des Klägers von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Kranken- und der sozialen Pflegeversicherung endgültig.
Obwohl der Kläger bereits während seiner abhängigen Beschäftigung bei der Münsterschen Zeitung publizistisch gearbeitet hat, ist die Regelung des § 6 Abs. 2 i.V.m. § 3 Abs. 2 KSVG auf ihn anwendbar. Denn die Wahlmöglichkeit wird nach § 6 Abs. 1 KSVG demjenigen eingeräumt, der "erstmals eine Tätigkeit als selbständiger Künstler oder Publizist aufnimmt". Dies traf auf den Kläger ab dem 05.03.2008 zu, da er zu diesem Zeitpunkt erklärt hatte, selbständig als Journalist und Publizist zu arbeiten. Angesichts des Antrags des Klägers, "als Berufsanfänger von der gesetzlichen Krankenversicherungspflicht befreit zu werden", geht der Senat auch davon aus, dass dem Kläger bewusst war, im Rahmen des § 3 Abs. 2 KSVG als Berufsanfänger zu gelten. Die diesbezügliche Feststellung im Bescheid vom 10.02.2009 nahm der Kläger jedenfalls widerspruchslos hin.
Die Beklagte hat den Kläger mit Bescheid vom 10.02.2009 zutreffend über die fristgebundene Möglichkeit, innerhalb der Berufsanfängerzeit einen Antrag auf Beendigung der Befreiung von der gesetzlichen Krankenversicherungspflicht (und nach § 5 Abs. 2 Nr. 2 KSVG auch von der sozialen Pflegeversicherung) zu stellen, belehrt. Der Kläger ist von der Beklagten dann noch einmal rechtzeitig vor Ablauf der Frist mit Schreiben vom 01.12.2010 darauf hingewiesen worden. Darüber hinaus hat die Beklagte hierbei betont, dass die Befreiung danach unwiderruflich sei und es auch bei einer Versicherung nach anderen gesetzlichen Vorschriften für den Fall einer erneuten Mitgliedschaft unerlässlich sei, den Antrag auf Beendigung der Befreiung zu stellen. Der Kläger, der im Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem Senat angegeben hat, er könne nicht mehr sagen, weshalb er diese Möglichkeit damals nicht erwogen habe, hätte angesichts der Belehrungen der Beklagten die Tragweite seiner Entscheidung durchaus erkennen können. Anhaltspunkte für eine fehlerhafte Beratung sind daher für den Senat nicht erkennbar.
Der Kläger ist der Ansicht, die in § 6 Abs. 2 KSVG geregelte Wahlmöglichkeit müsse auch Personen, die nach Ablauf der Berufsanfängerzeit ihre künstlerische oder publizistische Tätigkeit nach einer Unterbrechung (z.B. durch den Bezug von Arbeitslosengeld) wieder aufnehmen, zugestanden werden. Der klare Wortlaut des § 6 Abs. 1 Satz 1 ("erstmals eine Tätigkeit als selbständiger Künstler oder Publizist aufnimmt") und Abs. 2 Satz 1 KSVG mit der konkreten Bezugnahme auf § 3 Abs. 2 KSVG ("nach erstmaliger Aufnahme") lässt dies allerdings nicht zu. Die klare Diktion gibt zudem unmissverständlich den Willen des Gesetzgebers, nur Berufsanfängern eine Wahlmöglichkeit zu eröffnen, wieder. Dieser führt in der Gesetzesbegründung aus, dass die Aufnahme einer selbständigen künstlerischen oder publizistischen Tätigkeit typischerweise mit besonderer Unsicherheit verbunden sei und sich viele Berufsanfänger nach einiger Zeit aus wirtschaftlichen Gründen gezwungen sähen, den Beruf wieder aufzugeben. Daher erscheine es nicht zweckmäßig, den krankenversicherungsrechtlichen Status für Berufsanfänger endgültig festzulegen, sodass Berufsanfängern ein ihren individuellen Wünschen und Bedürfnissen entsprechendes Wahlrecht zuzubilligen sei. Dabei werde jedoch erwartet, dass die Künstlersozialkasse den Versicherten bei der Feststellung der Pflicht zur Versicherung bereits auf die Frist für die Ausübung der Wahl und auf die Folgen der unterlassenen Wahl aufmerksam mache (BT-Drs. 9/26, S.19). Kurz vor Ablauf der Dreijahresfrist bestehe dann erneut die Möglichkeit, zu wählen. Diese Entscheidung sei dann allerdings unwiderruflich (BT-Drs. 11/2964, S. 15). Damit kommt klar zum Ausdruck, dass der Gesetzgeber in Ausübung seines Gestaltungsspielraums ein Schutzbedürfnis nur für Berufsanfänger gesehen hat und beim Erstkontakt mit der KSV einen ggf. bereits bestehenden ausreichenden privaten Krankenversicherungsschutz respektieren und Besitzstand wahren wollte (BSG, Urteil vom 10.9.1987 – 12 RK 2/86). Dass der Gesetzgeber für erfahrene Künstler und Publizisten kein Schutzbedürfnis mehr gesehen hat, belegt auch der Umstand, dass er die zunächst fünfjährige Berufsanfängerzeit durch das Zweite Gesetz zur Änderung des Künstlersozialversicherungsgesetzes und anderer Gesetze vom 13.06.2001 zum 01.07.2001 auf drei Jahre verkürzt hat. Vor diesem Hintergrund fehlt es an der für eine analoge Anwendung des § 6 Abs. 2 KSVG erforderlichen Regelungslücke.
Der Senat hat auch keine verfassungsrechtlichen Bedenken gegen die in § 6 Abs. 2 KSVG getroffene Regelung. Der Kläger sieht eine Verletzung des Art. 3 Abs. 1 GG darin, dass die §§ 6 und 7 KSVG nur eine Rückkehr in die gesetzliche Krankenversicherung aus dem KSVG heraus, nicht jedoch aus anderen Gründen – wie z.B. über den Bezug von Arbeitslosengeld I – regeln. Sofern der Kläger hier eine Ungleichbehandlung von "Wiedereinsteigern" gegenüber Berufsanfängern rügt, besteht hierfür – wie bereits ausgeführt – ein sachlicher Grund. Sofern der Kläger rügt, er werde gegenüber abhängig Beschäftigten benachteiligt, übersieht er, dass die Gruppe der selbständigen Künstler und Publizisten nicht mit der Gruppe der abhängig Beschäftigten vergleichbar ist. Ähnlich wie bei der Befreiungsvorschrift des § 7 Abs. 1 KSVG, die den Personenkreis der besser verdienenden Künstler und Publizisten betrifft, sind nach § 6 Abs. 1 Nr. 1 SGB V Arbeiter und Angestellte in der GKV versicherungsfrei, wenn ihr Jahresarbeitsentgelt die Jahresentgeltgrenze überschreitet. Bei diesem Personenkreis wird wegen der Höhe des Entgelts eine Sicherung in der gesetzlichen Krankenversicherung nicht für erforderlich gehalten. Dieser Gedanke kann auf Personen wie den Kläger, denen durch die Rückkehrmöglichkeit in die KSV am Ende der Berufsanfängerzeit ein ausreichender Versicherungsschutz ermöglicht wird, nicht übertragen werden (Bay. LSG, Urteil vom 17.06.2004 – L 4 KR 18/02). Gleiches gilt auch für den Vergleich mit den Versicherten, die keine künstlerische oder publizistische Tätigkeit ausgeübt und sich nach § 8 Abs. 1 und 2 SGB V von der Versicherungspflicht haben befreien lassen. Denn den nach § 8 Abs. 1 SGB V befreiungsberechtigten Personen, die vor Eintritt der Versicherungspflicht privat versichert waren, soll die Möglichkeit eröffnet werden, für die Dauer der vorübergehend eintretenden Versicherungspflicht an ihrer privaten Versicherung festhalten zu können. Dabei beträgt die Frist für den möglichen Befreiungsantrag lediglich drei Monate. Eine Vergleichbarkeit der Gruppen scheitert aber auch schon an den Unterschieden der sie versichernden Sozialversicherungssysteme. Während die Gesetzliche Krankenversicherung durch Beiträge der Arbeitnehmer und Arbeitgeber respektive der Leistungsträger finanziert wird, werden die Mittel für die Künstlersozialversicherung zu je einem Drittel durch den Versicherungsbeitrag der Künstler, die Künstlersozialabgabe der Verwerter und den Zuschuss des Bunds aufgebracht. Darüber hinaus fehlte es aber auch an einer Ungleichbehandlung, da sowohl § 6 Abs. 2 KSVG als auch § 8 Abs. 2 Satz 3 SGB V eine Unwiderruflichkeit der Befreiung nur für das jeweilige Versicherungsverhältnis vorsehen.
Schließlich verfängt auch das Argument des Klägers, eine gesetzliche Versicherung müsse sich über § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V herleiten lassen, nicht. Denn diese Norm regelt lediglich die Zuordnung zur gesetzlichen oder der privaten Krankenversicherung.
Auch die hilfsweise erhobene Anfechtungs- und Verpflichtungsklage, mit der der Kläger ab dem 01.04.2014 die Gewährung eines Beitragszuschusses für die freiwillige Kranken- und Pflegeversicherung begehrt, ist zulässig, aber unbegründet.
Nach § 10 Abs. 1 KSVG erhalten selbständige Künstler und Publizisten, die nach § 7 von der Versicherungspflicht befreit und freiwillig in der gesetzlichen Krankenversicherung versichert sind, auf Antrag von der Künstlersozialkasse einen Beitragszuschuss in Höhe von höchstens der Hälfte des Betrages, den sie tatsächlich zu zahlen haben. Nach Abs. 2 erhalten selbständige Künstler und Publizisten, die nach § 6 Abs. 3a des Fünften Buches Sozialgesetzbuch in Verbindung mit § 5 Abs. 1 Nr. 4 versicherungsfrei oder nach den §§ 6 oder 7 von der Versicherungspflicht befreit und bei einem privaten Krankenversicherungsunternehmen versichert sind, auf Antrag von der Künstlersozialkasse einen vorläufigen Beitragszuschuss, wenn sie für sich und ihre Familienangehörigen, die bei Versicherungspflicht des Künstlers oder Publizisten in der gesetzlichen Krankenversicherung versichert wären, Vertragsleistungen beanspruchen können, die der Art nach den Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung bei Krankheit entsprechen.
Nach dem klaren Wortlaut dieser Regelungen kann der nach § 6 KSVG von der Versicherungspflicht befreite und freiwillig versicherte Kläger keinen Beitragszuschuss beanspruchen. Eine analoge Anwendung des § 10 Abs. 1 KSVG auch auf nach § 6 KSVG Befreite scheidet aus, da keine Regelungslücke vorliegt. Der Gesetzgeber hat die unterschiedlichen Befreiungstatbestände der §§ 6 und 7 KSVG unter Ausschöpfung seines Gestaltungsspielraums und in Anbetracht der grundlegenden Unterschiede der Systeme der privaten und gesetzlichen Krankenversicherung gerade bei Einkommensabhängigkeit der Beitragsberechnung schlicht verschiedenen Regelungen zugeführt. Dabei hat er bei nach § 7 KSVG befreiten, besserverdienenden Künstlern und Publizisten – ebenso wie bei § 6 Abs. 1 Nr. 1 SGB V – ein geringeres Bedürfnis für einen Schutz in der gesetzlichen Pflichtversicherung gesehen und es für ausreichend erachtet, dass ein Zugang zu der privaten oder freiwilligen Versicherung besteht. Demgegenüber hat er den in der Regel gering verdienenden Berufsanfängern ein Schutz in der gesetzlichen Pflichtversicherung geboten. Dennoch hat er ihnen (im Hinblick auf einen etwaigen Besitzstandschutz) die Möglichkeit eingeräumt, sich weiter privat zu versichern und binnen drei Jahren ggf. wieder in die gesetzliche Versicherung zurückzukehren und das nach § 9 KSVG bestehende Sonderkündigungsrecht in der privaten Krankenversicherung zu nutzen (so auch Bayrisches LSG, Urteile vom 24.06.2015 – L 4 KR 89/12 und vom 17.06.2004 – L 4 KR 19/02 sowie LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 2.2.2005 – L 9 KR 41/02).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 Satz 1 SGG.
Anlass, die Revision zuzulassen, besteht nicht (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG).
Erstellt am: 08.10.2019
Zuletzt verändert am: 08.10.2019