Die Beschwerde des Klägers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Düsseldorf vom 06.08.2018 wird zurückgewiesen. Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren wird abgelehnt.
Gründe:
I.
Die Beschwerde richtet sich gegen die Ablehnung des Antrags auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für die Klage gegen Bescheide des Beklagten, mit denen die Bewilligung von Grundsicherungsleistungen nach dem SGB II für den Zeitraum von März 2010 bis zum 22.09.2016 aufgehoben und die erbrachten Leistungen zurückgefordert werden.
Der am 00.00.1981 geborene Kläger ist deutscher Staatsbürger und bezieht langjährig Grundsicherungsleistungen nach dem SGB II, nach Zuzug aus B ab Januar 2007 seitens des Beklagten. Mit Ausnahme einer kurzzeitigen geringfügigen Tätigkeit bis Oktober 2007 sind nach Aktenlage keine Erwerbseinkünfte des Klägers bekannt geworden. In den für die Leistungszeiträume ab März 2010 gestellten Anträgen hat der Kläger jeweils angegeben, weder über Vermögen noch über Einkünfte zu verfügen.
Nach vorhergehender durchgehender Leistungsbewilligung erlangte der Beklagte im Oktober 2016 Kenntnis von der Inhaftierung des Klägers ab dem 22.09.2016 und hob die Bewilligung ab diesem Datum mit Bescheid vom 03.01.2017 auf. Im Zuge einer Bitte der Staatsanwaltschaft um Gewährung von Akteneinsicht erlangte der Beklagte weiter Kenntnis vom Gegenstand der gegen den Kläger angestrengten Ermittlungen, namentlich auch von deren Ergebnis in einer Zusammenfassung der Fahndungsbehörde vom 06.12.2016, in der die Einnahmen des Klägers aus illegaler Herstellung und dem Vertrieb von Dopingmitteln ab März 2010 auf 211.500 EUR geschätzt worden waren.
Die Ermittlungen gegen den Kläger waren angestrengt worden, nachdem er und seine Mutter von österreichischen Ermittlungsbehörden als Kunden eines Unternehmens benannt worden waren, das Laborgeräte und Chemikalien für mindestens auch illegale Produktionen vertrieben hatte. Nach einer den deutschen Ermittlungsbehörden zur Verfügung gestellten Lieferungsaufstellung waren der Kläger und seine Mutter im Zeitraum ab Januar 2013 Adressaten von 17 jeweils über einen Account des Klägers bestellten Lieferungen von Laborgeräten und Chemikalien mit einem registrierten Gesamtgewicht von 193.97 kg. Vor diesem und dem Hintergrund des Ergebnisses weiterer Ermittlungen, namentlich von Kontenabrufverfahren, einer durchgeführten Telefonüberwachung und einer Durchsuchung vom Kläger angemieteter Räumlichkeiten wurde der Kläger mit Anklageschrift vom 07.12.2016 angeklagt, durch vier selbstständige Handlungen in mehreren Fällen gewerbsmäßig Dopingmittel hergestellt und gehandelt sowie illegal eine Waffe besessen zu haben.
Durch Urteil des Landgerichts N – xxx- vom 16.03.2017 wurde der Kläger auf die an insgesamt drei Sitzungstagen durchgeführte Hauptverhandlung hin wegen versuchten gewerbsmäßigen Herstellens und Inverkehrbringens von Arzneimitteln zu Dopingzwecken zu einer Gesamtstrafe von drei Jahren Freiheitsstrafe verurteilt.
Auf die Revision des Klägers hat der Bundesgerichtshof durch Beschluss vom 07.08.2019 – xxx unter Verwerfung der Revision im Übrigen die Strafverfolgung in einem Fall der Urteilsgründe beschränkt und das Urteil in weiteren Fällen teilweise aufgehoben und dem Umfang der Aufhebung zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an eine andere Strafkammer des Landgerichts N zurückverwiesen.
Auf die erneute Hauptverhandlung vom 15.08.2019 hat das Landgericht mit Urteil gleichen Tages – xxx- den Kläger wegen versuchten Besitzes eines Arzneimittels zu Dopingzwecken und des gewerbsmäßigen Handeltreibens mit Dopingmitteln in Tateinheit mit Besitz von Dopingmitteln, jeweils in nicht geringer Menge zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten verurteilt. Gegen dieses Urteil ist am 19.08.2019 erneut Revision eingelegt worden.
Auf der Grundlage der Erkenntnisse aus dem staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsverfahren, namentlich der dort angestellten Einkommensschätzung gelangte der Beklagte nach einem Vermerk vom 12.12.2016 zu der Einschätzung, bei Einkünften von 211.500 EUR ab März 2010 habe der Kläger monatlich durchschnittliche Einkünfte von 2680 EUR erzielt, weshalb zunächst mit 80.384,28 EUR bezifferte Leistungen in der Zeit vom 01.03.2010 bis zum 22.09.2016 überzahlt worden seien. Mit 13 auf die jeweiligen Bewilligungszeiträume bezogenen Anhörungsschreiben vom 03.01.2017 hörte der Beklagte den Kläger zur jeweils beabsichtigten vollständigen Aufhebung der Bewilligung und Rückforderung der ausgezahlten Leistungen an.
Mit acht Bescheiden vom 18.10.2017 hob der Beklagte die Leistungsbewilligungen für den Zeitraum März 2010 bis Juli 2010 gestützt auf § 48 SGB X, für die Folgezeit bis Januar 2014 gestützt auf § 45 SGB X sowie mit fünf weiteren auf § 45 SGB X gestützten Bescheiden vom 19.10.2017 für die Zeit von Februar 2014 bis zum 21.09.2016 auf, forderte die in den jeweiligen Bewilligungsabschnitten erbrachten Leistungen nach dem SGB II unter Einschluss der Sozialversicherungsbeiträge vom Kläger zurück und wies den hiergegen erhobenen Widerspruch mit Bescheid vom 16.01.2018 zurück.
Gegen diese Bescheide richtet sich die am 31.01.2018 erhobene Anfechtungsklage, für deren Durchführung Prozesskostenhilfe beantragt worden ist. Diesen Antrag hat das Sozialgericht mit Beschluss vom 06.08.2018 wegen fehlender hinreichender Erfolgsaussicht abgelehnt. Die Angabe des Klägers, er habe Anabolika nur zum Eigenverbrauch hergestellt, sei insbesondere vor dem Hintergrund des Umfangs der nachgewiesenen Materialbestellungen unglaubwürdig.
Gegen den am 20.08.2018 seine Prozessbevollmächtigten zugestellten Beschluss richtet sich die Beschwerde des Klägers vom 06.09.2018, für deren Durchführung Prozesskostenhilfe nochmals beantragt worden ist.
Der Kläger habe im Wesentlichen aus Ersparnisgründen für den Eigenbedarf produziert, Verkäufe seien ihm nur in vereinzelten Fällen nachgewiesen worden, das strafrichterliche Urteil sei noch nicht rechtskräftig. Weder der Beklagte noch das Sozialgericht hätten ausreichende Ermittlungen zu Umständen und Umfang sowie Ertrag der Produktion des Klägers und seines Vertriebs angestellt. Die vom Beklagten übernommene Schätzung der Ermittlungsbehörde sei nicht fundiert.
II.
Die zulässige Beschwerde ist unbegründet (1.), Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren selbst steht nicht zu (2.).
1. Die zulässige Beschwerde gegen die Ablehnung des Antrags auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe ist unbegründet. Das Sozialgericht hat den Antrag mit der zutreffenden Begründung abgelehnt, dass die beabsichtigte Rechtsverfolgung keine hinreichende Aussicht auf Erfolg ausweist.
Nach § 73a Abs. 1 S. 1 SGG i.V.m. §§ 114 ff ZPO ist auf Antrag Prozesskostenhilfe zu bewilligen, soweit – neben weiteren Voraussetzungen – die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder – verteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet. Als hinreichend sind die Erfolgsaussichten einzuschätzen, wenn der Erfolg in der Hauptsache zwar nicht gewiss, eine Erfolgschance jedoch nicht unwahrscheinlich ist. Prozesskostenhilfe darf verweigert werden, wenn ein Erfolg in der Hauptsache zwar nicht gänzlich ausgeschlossen, die Erfolgschance aber nur eine entfernte ist (vgl. BVerfG, Beschluss vom 13.03.1990 – 2 BvR 94/88 – BVerfGE 81, 347). Das Gericht muss den Rechtsstandpunkt des antragstellenden Beteiligten auf Grund seiner Sachdarstellung, der vorhandenen Unterlagen und unter Berücksichtigung des gegnerischen Vorbringens für zumindest vertretbar halten und – soweit nötig – in tatsächlicher Hinsicht zumindest von der Möglichkeit einer Beweisführung überzeugt sein.
Bei Anlegung dieses Maßstabes weist die Prozessführung des Klägers keine Erfolgsaussicht auf. Seine bisherige Einlassung, er habe überwiegend für den Eigenbedarf produziert und wenn, dann nur im nachgewiesenen geringfügigen Umfang durch Vertrieb produzierter Mittel Einkommen erzielt, ist nach dem Ergebnis der dem Strafverfahren zu Grunde liegenden staatsanwaltlichen Ermittlungen nicht glaubhaft.
Zu Recht weist das Sozialgericht im angefochtenen Beschluss darauf hin, dass nach den bestellten Produktionsmitteln und Grundstoffen, namentlich auch nach deren Menge ein Verbrauch ausschließlich oder überwiegend im Rahmen eigenen Bedarfes ausgeschlossen und hierauf bezogener Vortrag sich als offensichtliche Schutzbehauptung darstellt.
Bereits aus den Bestellmengen der 14 Lieferungen des in Österreich ansässigen Unternehmens im Zeitraum ab Januar 2013 bis Juni 2014 folgt zum einen, dass bei einem Gesamtgewicht der Sendungen von 193,97 kg quantitativ ein Aufbrauch im Rahmen des Eigenkonsums kaum vorstellbar erschiene, zum anderen belegt gerade die Vielzahl der bestellten Verpackungsmaterialien (z.B. 2000 Stück Injektionsstopfen nach der Rechnung vom 13.03.2013, erneut 2000 Stück Injektionsstopfen nach der nachfolgenden Rechnung vom 6. Juni 2013. 4.200 Stück Glasampullen aus Lieferungen alleine der Firma B GmbH, 8.462 Ampullen nach den Ermittlungen des Zollfahndungsamtes F, Tausende von Etiketten), dass auf keinen Fall nur für Eigenbedarf produziert wurde. Soweit danach noch Zweifel an kommerzieller Betätigung des Klägers hätten bestehen können, wären sie jedenfalls ausgeräumt worden durch das Ergebnis der Telefonüberwachung und den Umfang der bei der Durchsuchung am 22.05.2016 vorgefundenen Produktionsmittel und Materialien.
Weiter ergibt sich aus den Akten der Staatsanwaltschaft, dass der Kläger im streitigen Zeitraum mehrere, dem Beklagten nie offenbarte Konten unterhielt, auf denen Kontenbewegungen stattgefunden haben, die weder dem Umfang nach durch Einkünfte des Klägers alleine in Gestalt von Grundsicherungsleistungen nach dem SGB II noch der Anzahl nach aus alleine privater Veranlassung erklärlich sind. So wurden beispielsweise auf dem ausgewerteten Konto des Klägers bei der Postbank im Jahre 2012 neun Bareinzahlungen von insgesamt 4.130 EUR, im Jahr 2013 20 Bareinzahlungen in einer Gesamthöhe von 17.820 EUR, im Jahr 2014 neun Bareinzahlungen von insgesamt 9.500 EUR und sehr zahlreiche Geldabflüsse auf noch nicht ausgewertete Konten vorgefunden.
Hiernach ist der Schluss auf erhebliche, im Zweifel bedarfsausschließende Einkünfte des Klägers im streitigen Zeitraum nur allzu naheliegend, deren vom Hauptzollamt übernommene und ihrerseits auf die Anzahl erworbener Ampullen gestützte Schätzung des Umfangs dieser Einkünfte auf 211.500 EUR im streitigen Zeitraum nicht zu beanstanden. Dieses Einkommen entspricht einem durchschnittlichen Monatseinkommen von 2 680 EUR im streitigen Zeitraum und schließt jeglichen grundsicherungsrechtlichen Bedarf des Klägers nach den Maßstäben des SGB II aus.
Entgegen der Beschwerdebegründung ist es gegenwärtig, bei unverändertem Prozessverhalten des Klägers auch künftig nicht, Aufgabe des Beklagten oder des Sozialgerichts, im Rahmen der grundsätzlich bestehenden Pflicht zur Ermittlung von Amts wegen, dem Kläger Umstand und Höhe seiner Einkünfte im streitigen Zeitraum nachzuweisen, denn dies ist ohne Offenlegung allesamt in der Sphäre des Klägers liegender Umstände nicht möglich.
Die Einkommenserzielung an sich samt der hochwahrscheinlichen Einkommensquelle, der erhebliche Umfang erzielter Einkünfte bzw. von Geldzuflüssen unbekannter Herkunft stehen fest, es steht ebenso fest, dass der Kläger jahrelang nun bekannte Konten verschwiegen und wahrscheinlich existierende weitere Konten auch weiterhin nicht offengelegt hat.
In dieser Situation sind die Einkünfte des Klägers weder exakt zu beziffern noch – was an sich geboten wäre, den monatlichen Bedarfen zeitlich zuzuordnen. Nach den allgemeinen Regeln für die Darlegungs- und Beweislast ginge diese Nichtaufklärbarkeit der Hilfebedürftigkeit zu Lasten des Beklagten. Denn die objektive Beweislast dafür, dass ein begünstigender Verwaltungsakt rechtswidrig i.S.d. § 45 Abs. 1 SGB X ist, trägt grundsätzlich der Leistungsträger, der sich auf die Rechtswidrigkeit beruft; regelmäßig geht die Unerweislichkeit einer Tatsache zu Lasten dessen, der daraus eine günstige Rechtsfolge für sich ableitet (Schütze in von Wulffen/Schütze, 8. Aufl. 2014, SGB X § 45 Rn. 29 m.w.N.). Damit trägt der Beklagte im Grundsatz die objektive Beweislast für die Tatbestandsvoraussetzungen der belastenden Rücknahmeentscheidung.
Hier allerdings hat der Kläger weder weitere als die im Strafverfahren bislang nachgewiesenen Konten, Einkünfte bzw. Verkäufe dem Grunde nach eingeräumt noch irgendwelche anderen Erklärungsansätze für die nachgewiesenen Bareinzahlungen geboten. Damit fehlt es an Ansätzen für weitere Ermittlungen von Amts wegen zu allesamt in der Sphäre des Klägers verwurzelten Umständen, die eine Bezifferung oder auch nur Verbesserung der Schätzungsgrundlagen hinsichtlich des Umfangs der erzielten Einkünfte erlauben könnten. Es liegen danach die Voraussetzungen einer Beweislastumkehr vor mit der Folge, dass die Unerweislichkeit des umstrittenen Tatbestandsmerkmales – seiner Hilfebedürftigkeit – zu einer Beweislastentscheidung zu Lasten des Klägers führt (BSG, Urteil vom 15.06.2016 – B4 AS 41/15 R zur Beweislastumkehr zu L. Asten eines Leistungsempfängers, Urteil vom 11.07.2019 -B 14 AS 51/18 R m.w.N. zu Beweiserleichterungen zu Gunsten eines Leistungsempfängers bei Beweisvereitelung durch den Leistungsträger).
2. Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren ist abzulehnen. Denn das Prozesskostenhilfeverfahren dient nicht unmittelbar der "Rechtsverfolgung" i.S.v. § 114 S. 1 ZPO im Hauptsacheverfahren; es handelt sich um ein Nebenverfahren zur Prüfung alleine der Frage, ob die Rechtsverfolgung finanzieller Unterstützung bedarf ohne Vorwegnahme der Rechtsklärung in der Hauptsache. Für ein Prozesskostenhilfeprüfungsverfahren wird daher keine Prozesskostenhilfe gewährt (zur verfassungsrechtlichen Unbedenklichkeit generell bei Nebenverfahren: BVerfG Beschluss vom 02.07.2012 – 2 BvR 2377/10, NJW 2012, 3293; speziell zur PKH – Beschwerde Senat, Beschluss vom 22.04.2014 – L 19 AS 717/14 B; LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 19.03.2014 – L 13 AS 45/14 B; LSG Nordrhein-Westfalen, Beschlüsse vom 04.09.2014 – L 7 AS 863/14 B, vom 17.01.2014 – L 1 KR 536/13 B – m.w.N., vom 09.12.2013 – L 2 AS 843/13 ; LSG Sachsen, Beschluss vom 04.01.2011 – L 3 AS 260/09 B PKH).
Kosten des Beschwerdeverfahrens nach Ablehnung von Prozesskostenhilfe sind nicht erstattungsfähig, §§ 73a Abs. 1 S.1 SGG, 127 Abs. 4 ZPO.
Eine Beschwerde gegen diesen Beschluss an das Bundessozialgericht ist nach § 177 SGG nicht statthaft.
Erstellt am: 20.11.2019
Zuletzt verändert am: 20.11.2019