Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Köln vom 30.08.2019 wird zurückgewiesen. Kosten sind nicht zu erstatten. Der Antrag auf Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren wird abgelehnt.
Gründe:
I.
Der Antragsteller begehrt im Beschwerdeverfahren im Wege der einstweiligen Anordnung Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II.
Der am 00.00.1961 geborene Antragsteller ist aserbaidschanischer Staatsbürger, der im Jahr 1997 nach Deutschland übergesiedelt ist. Der Antragsteller hat in den vergangenen Jahren seinen Lebensunterhalt als Gesellschafter und Geschäftsführer von Kapitalgesellschaften finanziert. Im Jahre 2008 gründete der Kläger die B GmbH (nachfolgend GmbH); es wurde eine Stammeinlage von 25.000 EUR erbracht. Mitgesellschafterin neben dem Antragsteller soll die Schwester des Antragstellers, Frau Q sein. Die GmbH hat ihren Sitz in der C Straße 00, L. Die Gewerberäume (105 m²) wurden angemietet; die Warmmiete beträgt derzeit 1.025 EUR. Der Antragsteller ist seit dem 21.11.2014 alleiniger Geschäftsführer dieser GmbH.
Am 16.11.2016 schloss der Antragsteller mit der GmbH, die er als Geschäftsführer alleine vertrat, einen Untermietvertrag zum Zwecke der Wohnraumüberlassung. Dabei wurden 1,5 Zimmer (50 m²) der Büroräume der GmbH dem Antragsteller zu einer Gesamtmiete von 515 EUR (415 EUR Grundmiete, 100 EUR Nebenkosten) vermietet. Ermittlungen des Außendienstes des Antragsgegners ergaben im Rahmen einer Wohnraumbegehung am 17.11.2017, dass die vermietete Unterkunft über ein WC, aber keine Dusche oder Bad verfügt.
Am 18.07.2018 beantragte der Antragsteller Leistungen beim Antragsgegner, der unter Bezugnahme auf einen Aufhebungsbescheid vom 08.06.2017 noch am 18.07.2018 mündlich abgelehnt wurde. Über den hiergegen eingereichten Widerspruch des Antragstellers hat der Antragsgegner noch nicht entschieden.
Anfang Juni 2019 sprach der Antragsteller beim Antragsgegner vor und beantragte erneut Leistungen. Er habe in den Jahren 2017 bis Juni 2019 Darlehen von Freunden und Verwandten iHv insgesamt 7.500 EUR erhalten, mit denen er seinen Lebensunterhalt bestreite. Daneben erhalte er als Vollzeit-Geschäftsführer der GmbH ein monatliches Gehalt von 215,70 EUR (brutto/netto), wovon monatlich 55,70 EUR für das Jobticket verwendet würden, sodass er monatlich 160 EUR ausgezahlt bekomme.
Am 01.07.2019 hat der Antragsteller bei dem Sozialgericht Köln einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gestellt und geltend gemacht, er könne von den monatlich ausgezahlten 160 EUR nicht seinen Lebensunterhalt und die Miete bezahlen. Seinen Lebensunterhalt habe er bisher im Wesentlichen über darlehensweise Zuwendungen seiner Schwester und Freunden bestritten.
Mit Bescheid vom 19.07.2019 hat der Antragsgegner den Leistungsantrag des Antragstellers versagt. Der Antragsteller habe bei der Leistungsprüfung nicht ausreichend mitgewirkt bzw. widersprüchlich vorgetragen. Gegen diesen Versagungsbescheid hat der Antragsteller keinen Widerspruch eingelegt.
Mit Beschluss vom 30.08.2019 hat das Sozialgericht den Antrag auf einstweilige Anordnung und Prozesskostenhilfe abgelehnt. Der Antragsteller habe einen Anordnungsanspruch nicht glaubhaft gemacht. Vielmehr sei der Vortrag zu den darlehensweisen Leistungen widersprüchlich erfolgt. Die Aufklärung widersprüchlicher Angaben bzw. Glaubhaftmachung habe gegenüber dem Antragsgegner zu erfolgen. Die Inanspruchnahme gerichtlichen Eilrechtsschutzes sei derzeit nicht erforderlich.
Gegen den ihm am 02.09.2019 zugestellten Beschluss hat der Antragsteller am 20.09.2019 Beschwerde eingelegt und zur Begründung unter dem 13.11.2019 vorgetragen, das von Frau Q zur Verfügung gestellte Darlehen sei ihm bar ausgezahlt worden. Die übrigen Darlehensgeber hätten ihm das Geld überwiesen. Insoweit sei der Sachvortrag nicht widersprüchlich oder falsch. Er habe sich in der Vergangenheit wiederholt an den Antragsgegner gewandt, ohne dass ihm Leistungen gewährt worden wären. Deswegen habe er private Darlehen in Anspruch nehmen müssen. Sein Sohn, F Q lebe bei der Mutter ( O) in der U Allee 00 in L. Seit der Trennung von Frau O wohne er, der Antragsteller auf dem Betriebsgelände der GmbH.
II.
Die zulässige Beschwerde ist zulässig aber unbegründet.
Zu Recht hat das Sozialgericht den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung und Prozesskostenhilfe abgelehnt. Der Antragsteller hat insbesondere keinen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht. Insoweit wird auf die zutreffende Begründung des Sozialgerichts aus dem Beschluss vom 30.08.2019 nach § 142 Abs. 2 Satz 3 SGG Bezug genommen.
Das Beschwerdevorbringen des Antragstellers, welches trotz von ihm geltend gemachter Eilbedürftigkeit erst am 20.11.2019 eingebracht wurde, führt zu keinem anderen Ergebnis. Insoweit weist der Senat auf Folgendes hin:
Einstweilige Anordnungen sind nach § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint (Regelungsanordnung). Der Erlass einer einstweiligen Anordnung verlangt grundsätzlich Erfolgsaussichten in der Hauptsache sowie die Erforderlichkeit einer vorläufigen gerichtlichen Entscheidung. Die Erfolgsaussichten in der Hauptsache (Anordnungsanspruch) und die Eilbedürftigkeit der erstrebten einstweiligen Regelung (Anordnungsgrund) sind glaubhaft zu machen (§ 86b Abs. 2 Satz 4 SGG iVm § 920 Abs. 2 ZPO). Ob ein Anordnungsanspruch vorliegt, ist in der Regel durch summarische Prüfung zu ermitteln. Können ohne Eilrechtsschutz jedoch schwere und unzumutbare Nachteile entstehen, die durch das Hauptsacheverfahren nicht mehr zu beseitigen wären, ist eine abschließende Prüfung erforderlich (BVerfG Beschluss vom 12.05.2005 – 1 BvR 569/05). Bei offenem Ausgang muss das Gericht anhand einer Folgenabwägung entscheiden, die die grundrechtlichen Belange der Antragsteller umfassend zu berücksichtigen hat (BVerfG Beschluss vom 12.05.2005 – 1 BvR 569/05; ständige Rechtsprechung des Senats, vgl. nur Beschlüsse vom 06.09.2019 – L 7 AS 1114/19 B ER und vom 02.10.2019 – L 7 AS 1147/19 B ER).
Hinsichtlich der Übernahme der Unterkunftskosten ist bereits ein ernsthaftes Wohnraummietverhältnis, welches tatsächliche Aufwendungen iSv § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II begründen könnte, nicht glaubhaft gemacht. Der Antragsteller will mit der GmbH, zugleich als dessen alleiniger Vertreter, im November 2016 ein Wohnraummietverhältnis begründet haben. Dabei sollen Teile der Büroräume der GmbH zu Wohnraumzwecken an den Antragsteller vermietet worden sein. Den hier vorgelegten Kontoauszügen ist aber – trotz nunmehr dreijähriger Vertragslaufzeit – keine einzige Mietzahlung des Antragstellers an die GmbH zu entnehmen. Auch die vorliegenden Bilanzen der GmbH seit 2016 enthalten keine Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung. Hinzu kommt, dass die untervermieteten Räumlichkeiten, wie der Antragsteller selbst eingeräumt hat, über kein Bad verfügen, was auch an der Tauglichkeit der Unterkunft zu Wohnzwecken erhebliche Zweifel aufkommen lässt. Zugleich erscheint die vereinbarte Miete von pauschal 515 EUR für 1,5 Zimmer ohne Bad in einem Gewerbegebiet nicht angemessen. Gegen die Ernsthaftigkeit des Wohnraummietverhältnisses spricht auch, dass die hier vorgelegten privaten Unterlagen des Antragstellers überwiegend die U Allee 00, L L (und nicht das Betriebsgelände C Straße 00, L) als Wohnanschrift des Antragstellers ausweisen. So wurden alle Lohnabrechnungen des Antragstellers seitens der GmbH an die U-Allee adressiert. Der Antragsteller ist bei seiner Krankenkasse zudem weiterhin unter der Anschrift U Allee 00, L L gemeldet, wie der augenärztlichen Untersuchung vom 10.04.2019 entnommen werden kann. Bei dieser Sachlage spricht viel dafür, dass der Antragsteller seine formale Rechtsposition als alleiniger Geschäftsführer der GmbH ausgenutzt hat, um ein tatsächlich nicht bestehendes Wohnraumverhältnis zu fingieren und höhere Sozialleistungen zu erschleichen. Hierfür spricht auch, dass als Empfängerkonto für die Miete in dem Mietvertrag das Privatkonto des Antragstellers bei der E Bank genannt wurde, was eindrucksvoll die fehlende Ernsthaftigkeit eines Mietvertrages verdeutlicht.
Auch im Übrigen ist ein Anordnungsanspruch nicht glaubhaft gemacht. Der Senat ist nicht in die Lage versetzt worden, beurteilen zu können, ob der Antragsteller hilfebedürftig iSv §§ 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3, 9 SGB II ist. Dies insbesondere deswegen, weil das Einkommen und Vermögen des Antragstellers und das der GmbH nicht trennscharf unterschieden werden kann. Formal betrachtet soll die GmbH dem Antragsteller ausweislich des Geschäftsführervertrags vom 21.11.2014, dort § 6, ein monatliches Gehalt von 200 EUR (brutto/netto) auszahlen. Daneben wurde die Kostenübernahme für eine KVB-Karte (Jobticket) vereinbart. Tatsächlich werden Lohnabrechnungen für ein Geschäftsführergehalt von 160 EUR (brutto/netto) nebst Job-Ticket (55,70 EUR) ausgestellt, ohne dass diese Abweichung begründet wird. Unabhängig von den Lohnabweichungen der Höhe nach, bleibt nach Durchsicht der Kontoauszüge festzustellen, dass dem Antragsteller seit Monaten gar kein Gehalt ausgezahlt wird.
Ausweislich der Lohnabrechnungen soll das Gehalt auf das Konto der GmbH bei der Q Dortmund (und nicht auf das Privatkonto des Antragstellers bei der deutschen Bank) ausgezahlt worden sein. Mal abgesehen davon, dass ein derartiges "Karrussel-Geschäft" wirtschaftlich keinen Sinn macht, ist zudem festzustellen, dass es keine solchen Überweisungen gegeben hat. Faktisch hat der Antragsteller seine in Vollzeit ausgeübte Tätigkeit nicht ausgezahlt bekommen. Vielmehr wurden private Aufwendungen des Antragstellers vom Geschäftskonto der GmbH erbracht, von dem Überweisungen für den Schwimmverein des Sohnes, private Fitnessstudiobeiträge, private Einzelhandelsgeschäfte und Restaurantbesuche abgebucht. Abbuchungen für die L Verkehrsbetriebe (KVB) fehlen hingegen und erweisen sich einmal mehr als Falschbuchungen in der Bilanz der GmbH.
Bei diese Sachlage ist davon auszugehen, dass über dem ausgeglichenen Geschäftskonto der GmbH nicht nur die tatsächlichen Betriebsausgaben der GmbH (Gewerbemiete, Softwarekosten, betriebliche Strom- und Telekommunikationskosten), sondern auch die Kosten der privaten Lebensführung (private Telefonkosten, private Einkäufe, Restaurantbesuche, Sportmitgliedschaften) finanziert werden. Ob bei dieser Sachlage eine Hilfebedürftigkeit des Antragstellers gegeben ist, kann nicht festgestellt werden und ist daher nicht glaubhaft gemacht (vgl. Beschluss des Senats vom 18.10.2019 – L 7 AS 1326/19 B ER). Glaubhaftmachen bedeutet das Dartun überwiegender Wahrscheinlichkeit, das heißt der guten Möglichkeit, dass der Sachverhalt zutrifft, wobei durchaus gewisse Zweifel bestehen bleiben können (ständige Rechtsprechung des Senats, Beschlüsse vom 06.07.2017 – L 7 AS 1184/16 B und vom 09.10.2019 – L 7 AS 1429/19 B ER). Es genügt für die Glaubhaftmachung einer Tatsache, wenn bei mehreren ernstlich in Betracht zu ziehenden Möglichkeiten das Vorliegen einer davon relativ am wahrscheinlichsten ist, weil nach Gesamtwürdigung aller Umstände besonders viel für diese Möglichkeit spricht. Das erkennende Gericht kann seine Überzeugung bei der Beweiswürdigung allein auf den Vortrag von Beteiligten stützen. Jedoch muss der Beteiligtenvortrag dann in sich widerspruchsfrei sein und mit dem übrigen Akteninhalt und weiteren Beweisergebnissen in Übereinstimmung stehen (BSG Beschluss vom 10.02.1998 – B 2 U 2/98 B; Beschluss des Senats vom 15.05.2019 – L 7 AS 2038/16 B). Das Vorbringen der Antragsteller ist aber oftmals widersprüchlich bzw. dem jeweiligen Verfahrensstadium angepasst, teilweise widerlegbar und damit im Ergebnis nicht glaubhaft.
Der Antragsteller macht geltend, er habe seinen Lebensunterhalt über den Minijob und darlehensweisen Zuwendungen von Dritten sichergestellt. Dass er kein monatliches Gehalt von der GmbH erhalten hat, wurde bereits dargelegt. Aber auch die darlehensweisen Zuwendungen, teilweise aus dem Ausland, überwiegend in bar, sind nicht glaubhaft gemacht worden. Der Antragsteller hat insoweit zunächst eine Darlehensvaluta von 7.500 EUR dargelegt, die überwiegend überwiesen worden sein soll, dann aber Darlehenszuwendungen iHv insgesamt rund 15.500 EUR vorgetragen. Die von ihm anfänglich behaupteten Überweisungen wurden später als Barzahlungen deklariert, ohne dass plausibel erklärt wurde, wie z.B. die Gelder aus dem Ausland in bar übergeben werden konnten. Überdies ist gut dokumentiert, dass die private Lebensführung des Antragstellers über die Betriebseinnahmen der GmbH finanziert wurde, sodass auch aus diesem Gesichtspunkt Zweifel an dem Vortrag des Antragstellers bestehen. Trotz der geltend gemachten Existenzbedrohung ist es dem Antragsteller zudem gelungen, die laufenden Kosten für seinen Pkw und vermeidbare, bzw. aufschiebbare Aufwendungen wie Einkäufe bei einem Herrenausstatter (Ansons) und relativ teure Restaurantbesuche zu finanzieren.
Aus den genannten Gründen hat das Sozialgericht mangels hinreichender Erfolgsaussicht auch den Antrag auf Prozesskostenhilfe gemäß § 73a Abs. 1 Satz 1 SGG iVm § 114 ZPO zu Recht abgelehnt. Entsprechend ist der Antrag auf Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren abzulehnen.
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung von § 193 SGG. Kosten im Beschwerdeverfahren gegen die Ablehnung von Prozesskostenhilfe sind nicht erstattungsfähig (§ 73a Abs. 1 Satz 1 SGG iVm § 127 Abs. 4 ZPO).
Dieser Beschluss kann nicht mit der Beschwerde angefochten werden (§ 177 SGG).
Erstellt am: 19.12.2019
Zuletzt verändert am: 19.12.2019