Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Münster vom 12.12.2018 wird zurückgewiesen. Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um die Abgeltung von Pflegeleistungen in einer vollstationären Einrichtung der Behindertenhilfe nach § 43a Elftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB XI).
Der am 00.00.1954 geborene L. N. (im Folgenden: der Versicherte) ist bei der Beklagten pflegepflichtversichert. Bei ihm liegt u.a. "zeitweiliger Beaufsichtigungsbedarf bei einer schizoaffektiven Psychose und NAC für Menschen mit Behinderungen untergebracht (Evangelische Stiftung V., Wohngruppe C.-straße, C1.). Die Kosten der Unterbringung und Betreuung werden vom Kläger als überörtlichem Träger der Sozialhilfe getragen. Konkret werden seit dem 01.06.2014 bis auf Weiteres Hilfe zum selbstbestimmten Leben in betreuten Wohnmöglichkeiten gemäß § 55 Abs. 2 Nr. 6 Zwölftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII) gewährt.
Am 31.10.2016 beantragte die gesetzliche Betreuerin des Versicherten – B. E., C1. – für den Versicherten die Gewährung von Leistungen nach § 43a SGB XI. Der von der Beklagten eingeschaltete Medizinische Dienst der Krankenversicherung Westfalen-Lippe (MDK) stellte (durch die Pflegefachkraft W. L1.) in seinem Gutachten zur Feststellung der Pflegebedürftigkeit gemäß SGB XI vom 02.01.2017 fest, dass in der Grundpflege lediglich ein Hilfebedarf von 6 Minuten/Tag und in der hauswirtschaftlichen Versorgung ein solcher von 60 Minuten/Tag bestehe; auch die Alltagskompetenz sei nicht erheblich eingeschränkt.
Mit Bescheid vom 12.01.2017 lehnte die Beklagte die Gewährung von Leistungen aus der Pflegeversicherung unter Bezugnahme auf das Begutachtungsergebnis ab.
Dagegen legte der Kläger unter Berufung auf ein berechtigtes Interesse i.S.v. § 95 SGB XII mit Schreiben vom 06.02.2017 Widerspruch ein. Zur Begründung führte er aus, die Ablehnung des Antrags auf Pflegeleistungen für den Versicherten sei zu Unrecht erfolgt. Der Versicherte sei pflegebedürftig i.S.d. § 14 SGB XI in der bis zum 31.12.2016 geltenden Fassung (a.F.). Daneben bestehe ein erheblicher Bedarf an allgemeiner Beaufsichtigung und Betreuung, so dass die Voraussetzungen des § 45a SGB XI a.F. zu bejahen seien. Mit Schreiben vom 12.06.2017 machte der Kläger gegenüber der Beklagten für die übernommenen Aufwendungen (Pflegesatz stationäre Einrichtung: 120,83 Euro betreuungstäglich) unter Berücksichtigung des in § 43a SGB XI genannten Höchstsatzes ausdrücklich einen Erstattungsanspruch nach § 102 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) für die Zeit vom 01.01.2017 bis auf Weiteres in Höhe von 266,– Euro monatlich geltend.
Der MDK (Pflegefachkraft J. I1.) gelangte in dem weiteren Gutachten vom 04.05.2017 wiederum zu dem Ergebnis, dass ein Zeitaufwand in der Grundpflege von 6 Minuten/Tag und in der Hauswirtschaft von 60 Minuten/Tag bestehe. Die Alltagskompetenz des Versicherten sei nicht erheblich eingeschränkt.
Die Beklagte wies den Widerspruch durch den Widerspruchsbescheid vom 24.10.2017 zurück: Die Voraussetzungen eines Anspruchs nach § 43 SGB XI seien nicht gegeben. Nach der durchgeführten Begutachtung bestehe bei dem Versicherten weder Pflegebedürftigkeit noch eine erhebliche Einschränkung der Alltagskompetenz.
Mit seiner dagegen am 14.11.2017 vor dem Sozialgericht Münster erhobenen Klage hat der Kläger sein Anliegen weiterverfolgt. Seine Berechtigung, die Leistungsberechtigung des Versicherten – der Inhaber des Anspruchs bleibe – feststellen zu lassen und Leistungen an sich selbst zu verlangen, ergebe sich aus § 95 SGB XII. Ihm stehe als Sozialhilfeträger ein Erstattungsanspruch nach § 102 ff. SGB X i.V.m. § 13 Abs. 4 SGB XI a.F. zu. Eine Vereinbarung i.S. dieser Vorschrift zur Durchführung des § 43a SGB XI habe er am 29.07.2002 mit der AOK Westfalen-Lippe, dem BKK Landesverband NRW, der Landwirtschaftlichen Pflegekasse NRW, der Bundesknappschaft und dem Arbeiterersatzkassenverband e.V. (AEV) sowie dem früheren Verband der Angestelltenkrankenkassen (VdAK) geschlossen (im Folgenden DFV); aufgrund der in 2015 geänderten Höchstbeiträge sei am 10.04.2015 eine Ergänzungsvereinbarung getroffen worden (im Folgenden: ErgV). Diese Vereinbarung habe trotz der mittlerweile erfolgten Änderung des § 13 Abs. 4 SGB XI weiterhin Gültigkeit. Danach müsse in Fällen, in denen am 31.12.2016 der Bezug von Leistungen der Pflegeversicherung mit Leistungen der Eingliederungshilfe für Menschen mit Behinderung nach dem SGB XII zusammentreffen, eine Vereinbarung nach § 13 Abs. 4 SGB XI nur dann abgeschlossen werden, wenn einer der Beteiligten Träger oder der Leistungsbezieher dies verlange (§ 144 Abs. 5 SGB XI), was nicht der Fall sei. Sämtliche Klageverfahren beträfen überdies "Bestandsfälle", in denen stationäre Eingliederungshilfe bereits vor dem 01.01.2017 geleistet worden sei. Nach der Überleitungsnorm des § 140 Abs. 2 Satz 1 SGB XI seien indes nur versicherte Personen zum 01.01.2017 in den Pflegegrad 2 überzuleiten, die über eine erheblich eingeschränkte Alltagskompetenz nach § 45a SGB XI in der bis zum 31.12.2016 geltenden Fassung verfügten und bei denen spätestens am 31.12.2016 alle weiteren Anspruchsvoraussetzungen für mindestens eine regelmäßig wiederkehrende Leistung der Pflegeversicherung vorlagen.
Jedenfalls stehe dem Kläger ein Erstattungsanspruch nach § 104 SGB X zu, denn er sei nachrangig verpflichteter Leistungsträger. Eine rein auf den Wortlaut des § 13 Abs. 3 Satz 3 SGB XI – nach dem die Leistungen der Eingliederungshilfe im Verhältnis zur Pflegeversicherung gerade nicht nachrangig seien – begrenzte Auslegung lasse sowohl den Zweck dieser Norm als auch den Zweck des § 43a SGB XI außer Betracht. In denjenigen Fällen, in denen Leistungen der Eingliederungshilfe vollstationär in einer Einrichtung der Behindertenhilfe i.S.d. § 43a SGB XI erbracht würden, stelle § 13 Abs. 3 Satz 3 Halbsatz 2 SGB XI klar, dass die Pflegeleistungen Bestandteil der Eingliederungshilfe seien, so dass der Sozialhilfeträger den Hilfebedürftigen nicht auf die sonst vorrangigen SGB XI-Leistungen verweisen dürfe. Die vom Gesetzgeber mit der Einführung von § 43a SGB XI beabsichtigte effektive Entlastung des Sozialhilfeträgers von den Pflegekosten um den Pauschalbetrag – und die damit einhergehende teilweise Wiederherstellung des Nachranges der Sozialhilfe – liefe leer, wenn der Kläger sie nicht selbst herbeiführen könne, sondern auf die von ihm nicht zu beeinflussende Durchführung durch den Leistungsempfänger angewiesen sei. § 13 Abs. 3 Satz 3 SGB XI sei daher in Abweichung von seinem Wortlaut teleologisch dahingehend zu reduzieren (zur grundsätzlichen Möglichkeit: Bundessozialgericht [BSG], Urteil vom 25.01.2017, B 3 P 2/15 R), dass Leistungen der stationären Eingliederungshilfe nach den §§ 53 ff. SGB XII als nachrangig gegenüber der pauschalen Leistung der Pflegekassen nach § 43a SGB XI zu sehen seien (Schweigler, Sozialgerichtsbarkeit, 2014, 307 ff.). Für dieses Ergebnis sprächen auch zwei ältere Entscheidungen des BSG (Urteile vom 13.03.2001 – B 3 P 17/00 R; vom 28.06.2001, B 3 P 7/00 R), in denen der zuständige 3. Senat für einschlägige Fallgestaltungen ohne Weiteres von der grundsätzlichen Anwendbarkeit des § 104 SGB X und von einem Antragsrecht des Sozialhilfeträgers nach der Vorgängerregelung zu § 95 – § 91a Bundessozialhilfegesetz (BSHG) – ausgegangen sei.
Entgegen der Auffassung der Beklagten sei der Versicherte zum Zeitpunkt der Antragstellung auch in erheblichem Maße in seiner Alltagskompetenz gemäß § 45a Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB XI a.F. mit einem grundpflegerischen Bedarf unterhalb der Pflegestufe I eingeschränkt gewesen. Damit sei er aber nach der Überleitungsnorm des § 140 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 und 2, Satz 3 Nr. 2a SGB XI ab dem 01.01.2017 dem Pflegegrad 2 zuzuordnen mit der Folge, dass ab diesem Zeitpunkt ein Anspruch auf Leistungen wegen Pflegebedürftigkeit nach § 43a SGB XI bestanden habe. Bei dem Versicherten bestehe auf Dauer ein erheblicher Betreuungsbedarf neben dem Bedarf an grundpflegerischer Versorgung. Der Versicherte sei unfähig, die eigenen körperlichen oder seelischen Gefühle oder Bedürfnisse wahrzunehmen, weil sein Gesundheitszustand ständig überwacht werden müsse. Er könne seinen Zustand nicht einschätzen und sei auf Beobachtung und Hilfe der Mitarbeiter angewiesen. Dies gelte besonders in seinen schweren depressiven Phasen. Ferner sei der Tag-/Nachtrhythmus des Versicherten völlig gestört. Schließlich sei er auch unfähig, eigenständig den Tagesablauf zu planen und zu strukturieren. Ferner liege bei ihm ein ausgeprägtes labiles und unkontrolliert emotionales Verhalten vor.
Der Kläger hat beantragt,
unter Aufhebung des Bescheides vom 12.01.2017 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24.10.2017 die Zugehörigkeit des Herrn L. I. N. zum Personenkreis mit erheblich eingeschränkter Alltagskompetenz sowie die Anerkennung einer Pflegestufe festzustellen und Leistungen wegen Pflegebedürftigkeit gemäß § 43a SGB XI zu gewähren.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
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Sie hat sich zur Begründung auf die angefochtenen Bescheide bezogen.
Mit Einverständnis der Beteiligten hat das Sozialgericht durch Urteil ohne mündliche Verhandlung am 12.12.2018 entschieden und die Klage abgewiesen. Der Kläger berühme sich keines eigenen Rechtes, sondern mache Leistungen der sozialen Pflegeversicherung, für die originär der Pflegebedürftige leistungsberechtigt sei, für diesen geltend. Das so zu verstehende Begehren sei bereits unzulässig, da der Kläger nicht prozessführungsbefugt sei. Eine gewillkürte Prozessstandschaft liege nicht vor. Es bestünden keine Anhaltspunkte, dass der hier betroffene Versicherte den Kläger überhaupt zur Prozessführung ermächtigt habe. Auch eine gesetzliche Prozessstandschaft scheide aus. Die Voraussetzungen des insoweit allein als Rechtsgrundlage in Betracht kommenden § 95 SGB XI seien nicht erfüllt. Danach könne der erstattungsberechtigte Träger der Sozialhilfe die Feststellung einer Sozialleistung betreiben sowie Rechtsmittel einlegen. An einer Erstattungsberechtigung fehle es jedoch. Sie sei nach § 95 SGB XII immer dann ausgeschlossen, wenn ein Erstattungsanspruch nicht dazu diene, den Nachrang der Sozialhilfe herzustellen, sondern eine andere vom Gesetzgeber als unbillig angesehene Belastung einzelner Sozialhilfeträger auszugleichen. Auch nach § 104 SGB X sei nur der nachrangig verpflichtete Leistungsträger erstattungsberechtigt. Ein Nachrangverhältnis der Leistungen nach § 43a SGB XI zu den Leistungen der Eingliederungshilfe nach § 53 ff. SGB XII liege indes nach ganz herrschender Meinung (vgl. BSG, Urteil vom 25.01.2017, B 3 P 2/15 R; BSG Urteil vom 20.04.2016, B 3 P 1/15 R; vgl. aus der Literatur: Udsching/Schütze, SGB XI, 5. Aufl. 2018, § 13 Rdn. 20; Luik in: Schlegel/Völzke, jurisPK-SGB XI, 2. Aufl. 2017 § 13 Rdn. 108) nicht vor. Dies folge aus Wortlaut, Systematik, Entstehungsgeschichte und Sinn und Zweck der Regelung. Soweit der Kläger sich auf eine DFV auf Grundlage von § 13 Abs. 4 SGB XI berufe, eröffne diese nicht die Möglichkeit, einen fremden materiell-rechtlichen Anspruch im eigenen Namen geltend zu machen. Ein solcher lediglich vertraglicher Anspruch sei auch kein Erstattungsanspruch i.S.v. § 95 SGB XII, da er nicht dazu diene, den Nachrang der Sozialhilfe herzustellen.
Der Kläger hat gegen das ihm am 18.12.2018 zugestellte Urteil vom 10.01.2019 Berufung eingelegt.
Zur Begründung bringt er vor: Seine Prozessführungsbefugnis lasse sich entgegen der Einschätzung des Sozialgerichts auf § 95 SGB XII stützen. Diese Norm definiere nicht, wann ein Erstattungsanspruch vorliege und verlange nicht per se ein Nachrangverhältnis bzw. ein solches schließe die Anwendung von § 95 SGB XII nicht von vornherein aus. Vielmehr reiche es, dass Leistungen des Sozialhilfeträgers aus institutionellen Gründen aufgrund von § 2 SGB XII grundsätzlich nachrangig gegenüber anderen Leistungsträgern und damit auch im Verhältnis zur Pflegeversicherung seien. Dass im konkreten Fall der Eingliederungshilfe etwas anderes gelte, ändere nichts an dieser grundsätzlichen Systemsubsidiarität. Gerade weil die Sozialhilfe an sich gegenüber der Pflegeversicherung institutionell nachrangig sei, sei § 43a SGB XI geschaffen worden. Ein Erstattungsanspruch, der diese Norm umsetze, sichere damit zugleich auch den Nachrang. Lediglich § 104 SGB X verlange für den Erstattungsanspruch neben der Systemsubsidiarität auch die Einzellfallsubsidiarität kraft ausdrücklicher gesetzlicher Anordnung. Wenn jedoch auch die übrigen Regelungen der § 102 ff. SGB X eine Erstattungsberechtigung ohne Nachrangverhältnis im Einzelfall begründen könnten, sei nicht einzusehen, wieso dies im zu erkennenden Fall nicht möglich sein solle. Der Erstattungsanspruch folge aus § 13 Abs. 4 SGB XI i.V.m. der hierauf fußenden DFV mit den Verbänden der Pflegekassen. Nach § 2 Abs. 2 DFV habe die Pflegeversicherung die Beträge nach § 43a SGB XI mit befreiender Wirkung unmittelbar an den Kläger zu leisten, dem insoweit ein Erstattungsanspruch zustehe. Der Erstattungsanspruch lasse sich auch über § 104 Abs. 1 SGB X begründen: § 13 Abs. 3 SGB XI bestimme nur, dass Leistungen der Eingliederungshilfe nicht nachrangig gegenüber Leistungen der Pflegeversicherung seien. Bei den Leistungen, die mit § 43a SGB X abgegolten werden sollten, handele es sich jedoch um Pflegeleistungen, die sich aufgrund der Verflechtung von Eingliederungshilfe und Pflege in vollstationären Einrichtungen schwer trennen ließen.
Hilfsweise stütze er sich auf eine gewillkürte Prozessstandschaft, die sich aus dem schlüssigen Verhalten des Versicherten ohne Weiteres herleiten lasse und keiner Offenlegung bedürfe.
Weiterhin hilfsweise berufe er sich auf einen Anspruch aus § 43a SGB X aus eigenem Recht gegen die Beklagte, den das Sozialgericht versäumt habe, zu prüfen. Der Klageantrag stehe dem nicht entgegen, er habe sich nur im Rahmen der Begründung auf das fremde Recht berufen. Die Amtsermittlung verlange eine erweiterte Prüfung.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Münster vom 12.12.2018 abzuändern sowie den Bescheid vom 12.01.2017 und den Widerspruchsbescheid vom 24.10.2017 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, Leistungen gemäß § 43a SGB XI zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie sieht sich durch das erstinstanzliche Urteil in der Rechtsauffassung bestätigt. Weder die Voraussetzungen einer gewillkürten noch die einer gesetzlichen Prozessstandschaft lägen vor. In materieller Hinsicht könne sie nicht nachvollziehen, weshalb der Kläger die Voraussetzungen des § 43a SGB XI aufgrund des Vorliegens von Pflegegrad 2 als gegeben ansehe. Da der Antrag aus Oktober 2016 datiere, sei der Beurteilungsmaßstab das bis zum 31.12.2016 geltende Recht, das keine Pflegegrade kenne.
Durch Bescheid vom 19.02.2019 hat die Beklagte dem Versicherten Leistungen der vollstationären Pflege ab 01.11.2017 nach dem Pflegegrad 2 gewährt.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Verwaltungsvorgänge des Klägers und der Beklagten sowie die Gerichtsakten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung ist zulässig, aber unbegründet.
Das Sozialgericht Münster hat die auf Feststellung des Vorliegens der Voraussetzungen bzw. die Erstattung von Aufwendungen nach § 43a SGB XI sowie auf Aufhebung der Bescheide vom 15.12.2016 in Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 24.08.2017 gerichtete Klage zu Recht durch Urteil vom 12.12.2018 abgewiesen.
I. Streitgegenstand sind vorliegend Leistungen der vollstationären Pflege in einer Einrichtung der Hilfe für behinderte Menschen nach § 43a SGB XI ab dem 24.10.2016 bis zum 31.10.2017, denn aufgrund des Bescheides der Beklagten vom 19.02.2019 erhält der Versicherte ab 01.11.2017 Leistungen der vollstationären Pflege.
II. Da der hier streitige Antrag auf Leistungen der vollstationären Pflege in einer Einrichtung der Hilfe für behinderte Menschen nach dem SGB XI am 24.10.2016 gestellt wurde, ist nach der Überzeugung und mittlerweile gefestigten Rechtsprechung des erkennenden 5. Senates (vgl. Urteil vom 08.06.2017, L 5 P 53/15, Rn. 52, juris) das bis zum 31.12.2016 geltende Recht maßgeblich. Dies folgt bereits aus dem ausdrücklichen und eindeutigen Wortlaut der Überleitungsnorm des § 140 Abs. 1 SGB XI i.d.F. vom 21.12.2015. Danach erfolgt die Feststellung des Vorliegens von Pflegebedürftigkeit oder einer erheblich eingeschränkten Alltagskompetenz nach § 45a a.F. jeweils auf der Grundlage des zum Zeitpunkt der Antragstellung geltenden Rechts, vorliegend also des bis zum 31.12.2016 geltenden Rechts, und zwar auch dann, wenn der zu beurteilende Zeitraum über den 31.12.2016 hinausgeht (Urteil vom 08.06.2017, a.a.O.; a.A. LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 09.05.2019, L 30 P 59/17, juris m.w.N.).
III. Die Klage ist hinsichtlich der mit der Berufung allein noch beantragten Übernahme von Pflegeaufwendungen als Anfechtungs- und Leistungsklage nach § 54 Abs. 1, S. 1, Abs. 4 Sozialgerichtsgesetz (SGG) und hinsichtlich der mit der Berufung (hilfsweise) geltend gemachten Erstattung von Leistungen (aus eigenem Recht) auch als allgemeine Leistungsklage nach § 54 Abs. 5 SGG zwar statthaft (vgl. BSG, Urteil vom 28.06.2001, B 3 P 7/00 R, Rn. 13; Urteil vom 25.09.2014, B 8 SO 7/13, Rn. 13 und 16, je juris; zur Möglichkeit der gleichzeitigen Geltendmachung von § 95 SGB XII und Erstattung vgl. Armbruster in: JurisPK-SGBXII, Stand: 18.01.2017, § 95 Rn. 110 m.w.N.). Der Senat kann daher dahinstehen lassen, ob die demgegenüber erstinstanzlich neben dem Leistungsbegehren noch geltend gemachten Klage auf Feststellung, dass der Versicherte zum Personenkreis mit erheblich eingeschränkter Alltagskompetenz gehört bzw. bei ihm eine Pflegestufe/ein Pflegegrad anzuerkennen war, trotz der damit letztlich begehrten Feststellung von Teilelementen (hierzu BSG, Urteil vom 26.02.2019, B 12 R 8/18 R, Rn. 17 ff., juris m.w.N.) des Anspruchs aus § 43a SGB XI und des Grundsatzes der Subsidiarität der Feststellungsklage (vgl. BSG, Urteil vom 05.10.2006, B 10 LW 4/05 Rn. 12, juris m.w.N.) statthaft gewesen wäre. Der so vollzogene Wechsel des Klagebegehrens stellt gemäß § 99 Abs. 3 Nr. 2 SGG auch keine Klageänderung dar (zum Übergang von der Leistungs- und Verpflichtungs- oder Anfechtungsklage zur Feststellungsklage und umgekehrt vgl. BSG, Urteil vom 12.08.2010, B 3 KR 9/09 R; s.a. Schmidt in: Meyer-Ladewig u.a., SGG, 12. Aufl. 2017, § 99 Rn. 4 mit zahlreichen weiteren Nachweisen).
IV. Das Sozialgericht hat jedoch zutreffend entschieden, dass die Klage schon deswegen unzulässig ist, weil dem Kläger die Prozessführungsbefugnis fehlt. Zur Vermeidung von Wiederholungen nimmt der Senat auf die überzeugenden Entscheidungsgründe des erstinstanzlichen Urteils Bezug, denen er sich nach eigener Prüfung anschließt (§ 153 Abs. 2 Abs. 2 SGG).
Auch der Sachvortrag des Klägers aus der Berufungsinstanz führt zu keiner abweichenden Beurteilung:
1. Insbesondere vermag der Senat keine gewillkürte Prozessstandschaft zu erkennen. Hierunter ist die gerichtliche Geltendmachung fremder Rechte im eigenen Namen auf Grund Ermächtigung durch den Rechtsinhaber zu verstehen (vgl. Zöller, Zivilprozessordnung (ZPO), 33. Aufl. 2020, Vorbem. Zu §§ 50-59, Rn. 38). Für eine solche Ermächtigung finden sich keinerlei Anhaltspunkte. Vielmehr hat sich der Kläger vom Verwaltungsverfahren bis zur Berufungsinstanz, in der er sich erstmalig hilfsweise auf eine gewillkürte Prozessstandschaft berufen hat, stets ausdrücklich auf eine gesetzliche Prozessstandschaft nach § 95 SGB XII gestützt; ein solcher Rückgriff auf diese komplexe und zwischen den Beteiligten höchst umstrittene Rechtsgrundlage (hierzu unter IV. 2.) wäre überflüssig gewesen, wenn bereits eine klare gewillkürte Ermächtigung vorläge. Es ist aber nicht erkennbar, woraus der Kläger schließen will, dass der Versicherte ihn auch nur stillschweigend ermächtigt hat, seinen Anspruch aus § 43a SGB XI für ihn geltend zu machen. Die Tatsache, dass die Betreuerin des Versicherten für diese – nach Aufforderung durch die Beklagte – im Verwaltungsverfahren Leistungen nach § 43a SGB XI beantragt hat, lässt keinen Rückschluss zu, dass sie diese auch klageweise durchsetzen wollte.
2. Auch auf eine gesetzliche Prozessstandschaft kann sich der Kläger zur Überzeugung des Senates nicht berufen. Das Sozialgericht hat zutreffend ausgeurteilt, dass die Voraussetzungen der insoweit allein in Betracht kommenden Legitimationsgrundlage des § 95 SGB XII nicht vorliegen.
§ 95 SGB S. 1 XII bestimmt in der maßgeblichen Fassung vom 27.12.2003 (BGBl. I, S. 3022), dass der erstattungsberechtigte Träger der Sozialhilfe die Feststellung einer Sozialleistung betreiben sowie Rechtsmittel einlegen kann. Dabei ist der Begriff der "Feststellung" nicht im prozessualen Sinne zu verstehen, sondern vielmehr ermöglicht es die Norm dem Sozialhilfeträger, ein fremdes Recht prozessual und materiell in eigenem Namen aus eigenem Antragsrecht geltend zu machen, ohne dass es einer Mitwirkung oder gar Zustimmung des sozialleistungsberechtigten Anspruchsinhabers bedarf; er tritt in dieselbe Rechtsstellung ein ohne diesen zu verdrängen (vgl. BSG, Urteil vom 22.04.1998, B 9 VG 6/96 R, SozR 3-5910 § 91a Nr. 4).
Der Senat folgt dem Sozialgericht insbesondere insoweit, als es bereits das Tatbestandsmerkmal der Erstattungsberechtigung des Klägers verneint hat. Zwar ist dem Kläger zuzugeben, dass der Wortlaut der Norm ausdrücklich nur voraussetzt, dass dem Leistungsberechtigten ein Anspruch auf eine andere Sozialleistung und dem Sozialhilfeträger genau wegen dieses Anspruchs ein Erstattungsanspruch gegen einen anderen Leistungsträger zusteht (vgl. Zitzen in: Jahn, SGB XII, § 95, Stand: 29.03.2018, Rn. 3). Aus dem Sinn der Vorschrift, die möglichst schnelle Realisierung vorrangiger Ansprüche zu ermöglichen wird indes allgemein gefolgert, dass § 95 SGB XII (neben den §§ 93, 94 SGB XII) ein Instrument zur Herstellung des Nachranges der Sozialhilfe (§ 2 Abs. 1 SGB XII) darstellt und andererseits im Dienste der Vorschriften über die Erstattung von Sozialleistungen nach §§ 102 ff. SGB XI steht, die selbst nicht die Verteilung leistungsrechtlicher Verpflichtungen im Verhältnis der Leistungsträger vorgeben (BVerwG, Urteil vom 23.01.2014, 5 C 8/13, juris, Rn. 17; Armbruster in: jurisPK-SGB XII, § 95, Stand: 18.01.2017, Rn. 15, je mit zahlreichen w.N.). Daraus ergibt sich, dass keine Erstattungsberechtigung im Sinne der Norm vorliegt, wenn feststeht, dass die gewährte bzw. zu gewährende Leistung nicht nachrangig ist (Grube in: Grube/Wahrendorf, SGB XII, 6. Aufl. 2018, § 95 Rn. 4).
a) Nachrangigkeit richtet sich dabei im Erstattungsverhältnis zweier Leistungsträger nach § 104 SGB X: Gemäß § 104 Abs. 1 Satz 1 SGB X ist für den Fall, dass ein nachrangig verpflichteter Leistungsträger Sozialleistungen erbracht hat, grundsätzlich der Leistungsträger erstattungspflichtig, gegen den der Berechtigte vorrangig einen Anspruch hat oder hatte. Nach § 104 Abs. 1 Satz 2 SGB X ist ein Leistungsträger nachrangig verpflichtet, soweit er bei rechtzeitiger Erfüllung der Leistungsverpflichtung eines anderen Leistungsträgers selbst nicht zur Leistung verpflichtet gewesen wäre. Ein entsprechender Erstattungsanspruch nach diesen Bestimmungen setzt damit voraus, dass Leistungspflichten (mindestens) zweier Leistungsträger nebeneinander bestehen und miteinander konkurrieren, wobei die Verpflichtung eines der Leistungsträger der Leistungspflicht des anderen nachgehen muss (stRspr, vgl. nur BVerwG, Urteil vom 23.01.2014, a.a.O., Rn. 7 m.w.N.). Richtet sich demgegenüber das Erstattungsverhältnis mangels Nachrangigkeit nach § 103 SGB X, ist der leistende Sozialhilfeträger nicht befugt, die Feststellung der anderen Sozialleistung selbst zu betreiben, denn die Erstattungsberechtigung aus dem Leistungsrecht ist Voraussetzung für das Antragsrecht und kann nicht erst über § 95 SGB XII herbeigeführt werden (Grube, a.a.O.).
Diese Anforderungen sind nicht erfüllt.
Zwar kommen grundsätzlich zwei Leistungsverpflichtungen in Betracht. Zum einen hat der Versicherte Leistungen der vollstationären Pflege in einer Einrichtung der Hilfe für behinderte Menschen beantragt (zur materiellen Anspruchsvoraussetzungen des Antrages vgl. BSG, Urteil vom 13.05.2004, B 3 P 7/03 R, juris, Rn. 19). Zum anderen wären die beantragten Leistungen – ihre an dieser Stelle nicht zu prüfende materielle Berechtigung unterstellt – jedoch auch dem Grunde nach vom Kläger zu erbringen; Leistungen der Grundpflege und der hauswirtschaftlichen Versorgung werden in vollstationären Einrichtungen der Eingliederungshilfe für behinderte Menschen nach § 43a SGB XI und § 55 SGB XII von der Einrichtung geschuldet (BSG, Urteil vom 25.02.2015, B 3 KR 11/14 R, juris, Rn. 23). Solche Einrichtungen sind zwar keine Pflegeeinrichtungen im engeren Sinne des § 71 SGB XI (vgl. § 71 Abs. 4 SGB XI), gleichwohl erbringen sie Pflegeleistungen (vgl. § 55 SGB XII; ab 01.01.2020: § 103 SGB XII).
Die Pflegekasse übernimmt nach § 43a Satz 1 SGB XI 10 vH des nach § 75 Abs. 3 SGB XII vereinbarten Heimentgeltes für Pflegebedürftige in einer stationären Einrichtung der Hilfe für behinderte Menschen, in der die Teilhabe am Arbeitsleben und am Leben in der Gemeinschaft, die schulische Ausbildung oder die Erziehung behinderter Menschen im Vordergrund des Einrichtungszwecks stehen (§ 71 Abs. 4 SGB XI). Dabei dürfen die Aufwendungen der Pflegekasse im Einzelfall je Kalendermonat 266 Euro nicht übersteigen (§ 43a Satz 2 SGB XI). Zu den in § 43 Abs. 2 SGB XI genannten Aufwendungen gehören die pflegebedingten Aufwendungen, die Aufwendungen der sozialen Betreuung und die Aufwendungen für Leistungen der medizinischen Behandlungspflege. Mit dieser Regelung korrespondiert § 55 S. 1 SGB XII, der im Verhältnis zum Hilfebedürftigen ebenfalls eine pauschale Abgeltung der erforderlichen Pflegeleistung vorsieht (vgl. Wehrhan in: juris-PK-SGB XII, Stand: 06.02.2017, § 55 Rn. 4).
Es liegt jedoch entgegen der Auffassung des Klägers bereits keine Nachrangigkeit im Sinne des § 104 Abs. 1 SGB X zwischen der stationären Eingliederungshilfe und der Leistung nach § 43a SGB XI vor.
Eingliederungshilfe und Hilfe zur Pflege verfolgen bereits im Ausgangspunkt unterschiedliche Zielrichtungen (vgl. Reimer, SGb 2018, 299 mit zahlreichen Nachweisen aus der Gesetzesbegründung). Eingliederungshilfe hat zum Ziel, auf eine Integration des behinderten Menschen in die Gesellschaft und auf eine entsprechende berufliche Rehabilitation hinzuwirken (vgl. §§ 53 ff. SGB XII). Mit der Hilfe zur Pflege wird dagegen nicht vornehmlich auf die Besserung des gesundheitlichen Zustandes, sondern vielmehr auf die Erleichterung der Beschwerden zur Ermöglichung der erforderlichen Alltagsverrichtungen abgestellt.
In denjenigen Fällen, in denen Leistungen der Eingliederungshilfe vollstationär in einer Einrichtung der Behindertenhilfe im Sinne des von §§ 43a iVm 71 Abs. 4 SGB XI erbracht werden, sind von den Eingliederungsleistungen aber auch die in der Einrichtung gewährten Pflegeleistungen gleichsam als integraler Bestandteil umfasst (vgl. BSG, Urteil vom 26.04.2001, B 3 P 11/00 R, Rn. 19; Luik in: jurisPK-SGB XI, Stand: 13.12.2018, § 43a Rn. 20 f.). Dies wurde auch im Gesetzgebungsverfahren mehrfach deutlich gemacht (vgl. nur BT-Drs. 13/3696, S. 15). Konsequenz hiervon ist jedoch gerade, dass der Sozialhilfeträger in einem solchen Fall nicht auf die sonst vorrangigen SGB XI-Leistungen verweisen kann. An den Schnittstellen verschiedener Sozialleistungen geht es darum, staatliche Doppelleistungen auszuschließen, d.h. der Staat soll für ein und denselben sozialrechtlich definierten Bedarf nicht mehrfach Leistungen erbringen (BVerwG, Urteile vom 16.07.1985, 5 C 27/84; vom 14.03.1991, 5 C 3489, je juris). Zu diesem Zwecke wird in Gesetzen, die Ansprüche auf Sozialleistungen vorsehen, auch das Verhältnis dieser Leistungen zu anderen Leistungen geregelt. Für das Verhältnis der beiden hier betroffenen Leistungsformen bestimmt jedoch § 13 Abs. 3 S. 3 SGB XI in der maßgeblichen Fassung vom 21.12.2015, nach seinem eindeutigen Wortlaut, dass in Abweichung zu den von § 13 Abs. 3 S. 1 und 2 SGB XII erfassten Leistungen die Eingliederungshilfe im Verhältnis zur sozialen Pflegeversicherung gerade nicht nachrangig ist (grundlegend: BSG, Urteil vom 20.04.2016, B 3 P 1/15 R, juris, Rn. 23). Gegen den Nachrang der stationären Eingliederungshilfe sprechen daher, wie das Sozialgericht zutreffend und ausführlich ausgeführt hat, Wortlaut, systematischer Zusammenhang, Entstehungsgeschichte und Sinn und Zweck des § 13 Abs. 3 SGB XI, die zugleich auch einer teleologischen Reduktion im Hinblick auf die Leistungen nach § 43a SGB XI entgegenstehen. Auf die entsprechenden Ausführungen wird mit Ausnahme des Argumentes der Kostenfreiheit der Gerichtsverfahren (vgl. hierzu unter VII.) Bezug genommen.
Wenn der Kläger in seinem Berufungsvorbringen ergänzend darauf abstellt, dass im Rahmen von § 95 SGB XII keine "Einzelfallsubsidiarität" erforderlich sei, sondern der in § 2 SGB XII geregelte institutionelle Nachrang der Sozialhilfe im Sinne einer "Systemsubsidiarität" ausreiche, vermag dies nicht zu überzeugen. Auf diese Weise wird die ihrem Wortlaut nach ausdrücklich das Gegenteil bestimmende Sonderregelung des § 13 Abs. 3 SGB XI übergangen und letztlich in ihrem Anwendungsbereich völlig ausgehöhlt.
Soweit in der Literatur als Hilfsargument vorgeschlagen wird, die Abgeltungsnorm des § 43a SGB XI zum Teil selbst als Rangregelung im Sinne einer Ausnahme von der Ausnahme auszulegen (vgl. Schweigler, SGb 2014, 307, 311), überzeugt dies ebenfalls nicht. § 43a SGB XI positioniert sich zum Verhältnis der Leistungen in keiner Weise, so dass eine Abweichung von der Anordnung der Gleichrangigkeit in § 13 Abs. 3 S. 3 SGB XI keine Grundlage findet.
Unabhängig davon entspricht es der höchstrichterlichen Rechtsprechung, dass die institutionelle Subsidiarität des Sozialhilfeträgers nach § 2 Abs. 1 SGB XII allein nicht ausreichen soll, um einen nachrangigen Erstattungsanspruch im Sinne von § 104 SGB X zu begründen. Vielmehr müsse die Vorleistung selbst bei institutioneller Gleichrangigkeit kraft ausdrücklicher gesetzlicher Anordnung als subsidiär festgelegt worden sein (vgl. Urteil vom 19.03.1992, 7 Rar 26/91, juris, Rn. 36 ff.). An einer solchen Anordnung fehlt es nicht nur, sondern es gibt aufgrund von § 13 Abs. 3 S. 3 SGB XI vielmehr sogar eine explizite Negation der Subsidiarität, welche die Anordnung der Gleichrangigkeit bedeutet.
Der Senat verkennt nicht, dass der 3. Senat des BSG in einer Entscheidung zu der vom Wortlaut identischen Vorgängernorm des § 95 SGB XII – § 91a BSHG – allerdings ohne nähere Begründung bzw. weitere Ausführungen zu den Anforderungen an die Erstattungsberechtigung – eine gesetzliche Prozessstandschaft bezogen auf Leistungen nach § 43a SGB XI bejaht hat (vgl. Urteil vom 28.06.2001, B 3 P 7/00 R, juris, Rn. 14) und in einer weiteren Entscheidung (vgl. Urteil vom 13.03.2001, B 3 P 17/00 R, juris, Rn. 12) ebenfalls ohne nähere Begründung von einer Nachrangigkeit der stationären Eingliederungshilfeleistungen gegenüber der pauschalen Leistung nach § 43a SGB XI ausgegangen ist. Der Senat sieht hierin jedoch nicht nur einen Widerspruch zu § 13 Abs. 3 S. 3 SGB XI, sondern auch zu der jüngeren Entscheidung vom 20.04.2016 (B 3 P 1/15 R, a.a.O., Rn. 23), in der ebenfalls der 3. Senat des BSG zuletzt ausdrücklich bestätigt hat, dass auch im konkreten Fall des Abgeltungsanspruchs nach § 43a SGB XI die Eingliederungshilfe gegenüber den Pflegeleistungen nicht nachrangig ist. In seiner jüngsten Entscheidung vom 25.01.2017 (B 3 P 2 /15 R, juris, Rn. 23) zur Erstattung der Aufwendungen für wohnumfeldverbessernde Maßnahmen zugunsten eines ambulant gepflegten Versicherten lässt das BSG es – unter Hinweis darauf, dass die herrschende Meinung in der Literatur dies bejaht (vgl. Wagner in: Hauck/Noftz, SGB XI, Stand: 07/2016, K § 13 Rn. 47; Udsching, SGB XI, 4. Aufl. 2015, § 13 Rn. 21, § 40 Rn. 33; Koch in KassKomm, SGB XI, Stand: 06/2016, § 13 Rn. 10) – zudem ausdrücklich offen, ob der Nachranggrundsatz der Sozialhilfe für die in stationären Einrichtungen der Eingliederungshilfe erbrachten Pflegeleistungen durchbrochen wird.
b) Die Erstattungsberechtigung folgt auch nicht aus § 13 Abs. 4 SGB XI in Verbindung mit der DFV vom 29.07.2002 und der ErgV vom 10.04.2015. Treffen Pflegeleistungen mit Leistungen der Eingliederungshilfe oder mit weitergehenden Pflegeleistungen nach dem Zwölften Buch zusammen, sollen die Pflegekassen und der Träger der Sozialhilfe nach § 13 Abs. 3 SGB XI in der maßgeblichen bis zum 31.12.2016 geltenden als Handlungsempfehlung formulierten Fassung vereinbaren, dass im Verhältnis zum Pflegebedürftigen nur eine Stelle die Leistungen übernimmt und die andere Stelle die Kosten der von ihr zu tragenden Leistungen erstattet.
Durch diese Vorschrift wird letztlich allein die Zuständigkeit der Leistungsgewährung verlagert, die Grundlagen des Anspruchs auf Pflegeleistungen nach den SGB XI sind dennoch zuvor von der Pflegekasse festzustellen (vgl. Dalichau, a.a.O., § 13 Rn. 145). Daher wird sie überwiegend als reine Abwicklungsregelung – ohne materielle Bedeutung für das Leistungsrecht – interpretiert (vgl. Lachwitz, Das Verhältnis der Pflegeversicherung zu den Leistungen nach dem Bundessozialhilfegesetz, in: DAI, Brennpunkte des Sozialrechts 1996, 35, 55; Philipp in: Kreikebohm, SGB XI, 3. Aufl. 2018, § 13 Rn. 17; Schweigler, a.a.O., S. 310). Diese Einordnung wird auch durch die vorliegende konkrete Ausgestaltung bestätigt. So heißt es in § 2 (2) der DFV vom 29.07.2002, unter der Überschrift "Grundsätze der Leistungserbringung": "Die Pflegekasse zahlt auf Grund dieser Vereinbarung die Leistungsbeträge nach § 43a, Sätze 1 und 2 SGB XI mit befreiender Wirkung unmittelbar an den LWL. Hierzu macht der LWL einen Erstattungsanspruch bei der Pflegekasse geltend". Auf diese Weise wird also kein Erstattungsanspruch begründet, sondern vielmehr vorausgesetzt.
Dem Kläger ist zwar zuzugeben, dass § 13 Abs. 4 SGB XI zum Teil auch als ein den §§ 102 ff. SGB X vorgehender eigenständiger Erstattungsanspruch verstanden wird (vgl. nur Luik in: jurisPK-SGB XII, Stand: 13.12.2018, § 13 Rn. 126 ohne nähere Begründung). Jedoch handelte es sich durch die Delegation der Ausgestaltung auf die Vereinbarung der Pflegekassen und Träger der Sozialhilfe unter dieser Prämisse letztlich um einen gesetzlich erlaubten vertraglichen Anspruch (zur Rechtsnatur als Auftragsvertrag vgl. Kruse in: LPK-SGB XI, 4. Aufl. 2014, § 13 Rn. 36). Ein solcher Anspruch genügt den Anforderungen des § 95 SGB XII aber in keinem Fall. Es ist bereits umstritten, ob die gesetzliche Prozessstandschaft des § 95 SGB XII aufgrund der Entstehungsgeschichte auf Erstattungsansprüche nach §§ 102 ff. SGB X beschränkt ist (so etwa Grube in: Grube/Wahrendorf, a.a.O., § 95 Rn. 4; Ehmann in: Ehmann/Karmanski/Kuhn-Zuber, Gesamtkommentar, SRB, 2. Aufl. 2018, § 95 SGB XII, Rn. 1; Adams in: BeckOK Sozialrecht, § 95 SGB XII, Stand: 01.09.2019, Rn. 2) oder aber auch Erstattungsansprüche aus anderen Gesetzen bzw. Sondergesetzen außerhalb des Sozialgesetzbuch (z.B. Lastenausgleichsgesetz) erfasst (vgl. Zeitler in: Mergler/Zink, SGB XII, § 95, Stand: 01/2005, Rn. 10; Armbruster in: jurisPK-SGBXII, § 95, Stand: 18.01.2017, Rn. 32, je m.w.N.). Insoweit muss sich der Senat nicht festlegen, da es sich jedenfalls nach beiden hierzu vertretenen Ansichten um einen ausschließlich gesetzlichen Anspruch mit klaren, allgemeingültigen und im Sinne des Bestimmtheitsgrundsatzes vorhersehbaren Tatbestandsmerkmalen handeln muss (vgl. nur Zeitler in: Mergler/Zink, a.a.O., § 95 Rn. 10). Bei einem über § 13 Abs. 4 SGB XI a.F. hergeleiteten vertraglichen Anspruch bestünden unabhängig davon auch Zweifel, ob es sich nicht um einen unzulässigen Vertrag zu Lasten Dritter handelt, da die Leistungsträger hier u.a. "über den Kopf" der Pflegebedürftigen hinweg entscheiden, mit welchem von ihnen sie es hinsichtlich beider Ansprüche in Zukunft zu tun haben (vgl. hierzu: Schulin, Die soziale Pflegeversicherung des SGB XI – Grundstrukturen und Probleme, NZS 1994, 433, 435). Nicht umsonst ist durch die Einführung von § 13 Abs. 4 S. 4a SGB XI seit dem 01.01.2017 (eingeführt durch Art. 1 Nr. 6 lit. d G. v. 23.12.2016, BGBl. I, 3191) durch den Gesetzgeber nunmehr die Einbeziehung des Leistungsberechtigten in die gemeinsame Vereinbarung vorgeschrieben.
Schließlich und vor allem hat das Sozialgericht zutreffend und ausführlich dargelegt, dass auch § 13 Abs. 4 SGB XI nicht dazu dient, den Nachrang der Sozialhilfe herzustellen und damit auch bereits aus diesem Grunde nicht die Voraussetzungen des § 95 SGB XII erfüllt. Eine Aussage über das Rangverhältnis der Leistungen ist § 13 Abs. 4 SGB XI gerade nicht zu entnehmen (Schweigler, a.a.O., S. 310). Vielmehr hat der Gesetzgeber auch bei der Neufassung von § 13 Abs. 4 bzw. der Einführung von § 13 Abs. 4a SGB XI noch einmal den Gleichrang betont und klargestellt: "Die Leistungen der Pflegeversicherung und die Leistungen der Eingliederungshilfe werden also wie bisher nebeneinander gewährt" (BT-Drs. 18/10510).
3. Die Prozessführungsbefugnis lässt sich auch nicht auf einen eigenen Anspruch des Klägers stützen.
Dem steht bereits der eigene nachhaltig vertretene und ausdrücklich entgegenstehende Wille entgegen (zu den Grenzen der Amtsermittlung vgl. Schmidt in: Meyer-Ladewig u.a., SGG, 12. Aufl. 2017, § 103 Rn. 7a). So hat der Kläger bspw. in der Begründung seines Widerspruchs (mit Schreiben vom 26.06.2017) ausgeführt: "Das bedeutet, dass ich vorliegend zwar ein fremdes Recht, allerdings in eigenem – meinem – Namen geltend mache". Auch bei der Klageerhebung hat sich der Kläger ausdrücklich und ausschließlich auf § 95 SGB XII berufen.
a) Selbst wenn man jedoch zu Gunsten des Klägers einen eigenen Anspruch in Betracht zieht, findet sich hierfür entgegen seiner Auffassung in § 43a SGB XII keine Anspruchsgrundlage.
Wer Anspruchsberechtigter ist, kann dem Wortlaut der Norm zwar nicht unmittelbar entnommen werden. Aus der systematischen Stellung im Dritten Abschnitt ("Leistungen" für Pflegebedürftige) ergibt sich aber nach allgemeiner Auffassung, dass nur der Pflegebedürftige anspruchsberechtigt ist (vgl. nur Luik in: jurisPK-SGB XI, a.a.O., § 43 Rn. 41). Es handelt sich gerade nicht um einen Erstattungsanspruch des Sozialhilfeträgers oder der Einrichtung der Behindertenhilfe gegen die Pflegekasse (BSG, Urteil vom 28.06.2001, a.a.O., Rn. 27; Reimer in: Hauk/Noftz, SGB XI, Stand: 02/18, § 43a Rn. 3).
b) Eine sonstige Anspruchsgrundlage ist nicht erkennbar, insbesondere ist kein Erstattungsanspruch aus § 104 SGB X gegeben (vgl. hierzu bereits unter IV. 2. a)). Auch hat der Kläger weder aufgrund gesetzlicher Vorschriften vorläufige Sozialleistungen erbracht (§ 102 Abs. 1 SGB X), noch ist ein Anspruch der Versicherten nachträglich entfallen (§ 103 Abs. 1 SGB X), noch hat er als unzuständiger Leistungsträger Sozialleistungen aufgeboten (§ 105 SGB X).
V. Unabhängig davon ist auch die allgemeine Klagebefugnis zu verneinen. Dies ergibt sich nicht bereits daraus, dass der Kläger zusätzlich zum Anspruch aus § 43a SGB XI auch einen Erstattungsanspruch geltend macht (vgl. hierzu BSG, Urteil vom 28.06.2011, a.a.O., Rn. 14 m.w.N.). Jedoch ist die Möglichkeit der Verletzung eigener Rechte nach dem Sachvortrag des Klägers nicht schlüssig dargetan.
Nach § 54 Abs. 1 S. 2 SGG sind Anfechtungs- und Verpflichtungsklage (auch in ihrer Kombination) nur dann zulässig, wenn der Kläger schlüssig behauptet, durch den Verwaltungsakt oder durch Ablehnung bzw. Unterlassung eines Verwaltungsakts beschwert zu sein (BSG, Urteil vom 17.6.2009, B 6 KA 18/08 R, SozR 4-1500 § 54 Nr. 15 = MedR 2010, 652). Für die Leistungsklage ist § 54 Abs. 1 S. 2 SGG entsprechend anzuwenden, denn das Interesse, Popularklagen auszuschließen, gilt hier in gleicher Weise. Auch mit dieser Klageart werden subjektive Rechte des Klägers geltend gemacht (BSG, Urteil vom 20.12.2001, B 4 RA 6/01 R, SozR 3-8570, § 8 Nr. 7; BSG, Urteil vom 22.04.2015, B 3 KR 2/14 R, SozR 4-2500 § 127 Nr. 5 Rn. 10).
Im Rahmen seiner Klagebegründung (Schriftsatz vom 29.11.2018 S. 6) hat der Kläger ausdrücklich geltend gemacht, dass es sich bei dem Versicherten um eine Person zwar mit erheblich eingeschränkter Alltagskompetenz, jedoch mit einem grundpflegerischen Bedarf wörtlich "unterhalb der Pflegestufe I" handele, da er den Anspruch aus § 43a SGB XI (ausschließlich) auf die Überleitung aufgrund erheblich eingeschränkter Alltagskompetenz gem. § 140 Abs. 2 Nr. 2a) SGB XI (in Pflegegrad 2) stützen will.
Dabei verkennt der Kläger jedoch, dass diese Überleitung allein zur Ausfüllung von § 43a Abs. 1 SGB XI in der ab dem 01.01.2017 gültigen Fassung ausreicht, nach der anspruchsberechtigt Pflegebedürftige ab Pflegegrad 2 sind. Ausgehend von einer Antragstellung im Oktober 2016 ist nach § 140 Abs. 1 SGB XI jedoch allein das bis zum 31.12.2016 geltende Recht maßgeblich (vgl. hierzu bereits die Ausführungen unter II.). Nach § 43a Abs. 1 SGB XI a.F. waren indes anspruchsberechtigt nur "Pflegebedürftige" im Sinne des alten Rechts (§§ 14, 15), was damit zwingend mindestens Pflegestufe I voraussetzt (vgl. BSG, Urteil vom 28.06.2001, a.a.O., Rn. 17; aus der Literatur statt vieler: Udsching, SGB XI, 4. Aufl. 2015, § 43a Rn. 3; Dalichau, SGB XI, 2014, § 43a Rn. 43).
VI. Bereits aufgrund der Unzulässigkeit der Klage war eine Beiladung des Versicherten nicht in Betracht zu ziehen, weil seine Interessen nicht tangiert werden (vgl. § 75 Abs. 1 S. 1 SGG); da ein Erstattungsanspruch des Klägers nicht erkennbar ist und § 43a SGB SGB XI allein den Versicherten berechtigt (vgl. hierzu unter IV. 3.), war überdies auch keine einheitliche Entscheidung (vgl. § 75 Abs. 2 SGG) zwischen allen Beteiligten sicherzustellen (vgl. darüber hinaus zur Beiladungsnotwendigkeit in Erstattungsstreitigkeiten zwischen Leistungsträgern: BSG, Urteil vom 18.11.2014, B 1 KR 12/14 R, juris, Rn. 9. m.w.N.).
VII. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG i.V.m. § 154 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO). Bezüglich der Frage der Kostenerstattung im gerichtlichen Verfahren ist bei § 95 SGB XII zu beachten, dass es sich bei einem solchen Feststellungsanspruch um keine Erstattungsstreitigkeit im Sinne des § 188 S. 2, 2. HS. VwGO handelt und daher die dort normierte Gerichtskostenfreiheit nicht greift, da der die Feststellung betreibende selbst nicht kostenprivilegierte Sozialleistungsträger (vgl. § 183 SGG) gerade keinen eigenen Anspruch, sondern ein fremdes Recht im eigenen Namen geltend macht (vgl. VGH BW, 7 S 2426/05, Beschluss vom 07.02.2006, juris, Rn. 4 ff.; Schoch/Münder in: Bieritz-Harder/Conradis/Thie, SGB XII, 11. Aufl. 2018, § 95 Rn. 6). Der Vollständigkeit halber weist der Senat darauf hin, dass auch das Sozialgericht (vgl. etwa Beschluss vom 29.10.2019 zum Aktenzeichen S 18 P 184/16) mittlerweile an dem Argument, auch die Kostenfreiheit der Verfahren spreche gegen eine teleologische Reduktion des § 13 Abs. 3 SGB XI, nicht mehr festhält.
VIII. Die Revision ist zuzulassen. Zum einen weicht die vorliegende Entscheidung mit der Annahme der fehlenden Nachrangigkeit von Leistungen der Eingliederungshilfe gegenüber den Pflegeleistungen von zwei Entscheidungen des BSG (Urteil vom 28.06.2001, B 3 P 7/00 R, juris, Rn. 14 und Urteil vom 13.03.2001, B 3 P 17/00 R, juris, Rn. 12) im Sinne des § 160 Abs. 2 Nr. 2 SGG ab; zum anderen hat das BSG die Frage, ob der Nachranggrundsatz der Sozialhilfe für die in stationären Einrichtungen der Eingliederungshilfe erbrachten Pflegeleistungen tatsächlich durchbrochen wird, in seiner jüngsten Entscheidung vom 25.01.2017 (B 3 P 2 /15 R, juris, Rn. 23) selbst ausdrücklich offen gelassen und damit nahegelegt, dass insoweit weiterhin Klärungsbedarf besteht, der überdies auch die Annahme grundsätzlicher Bedeutung (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG) rechtfertigt.
Erstellt am: 15.06.2020
Zuletzt verändert am: 15.06.2020