Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 17.12.2018 geändert. Der Beklagte wird verpflichtet, der Klägerin unter Abänderung des Bescheides vom 31.01.2014 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 01.10.2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 09.03.2015 im Zeitraum 01.03.2014 bis 30.04.2014 weitere 2,05 Euro monatlich und im Zeitraum 01.05.2014 bis 31.08.2014 weitere 2,15 Euro monatlich, unter Abänderung des Bescheides vom 11.08.2014 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 01.10.2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10.03.2015 im Zeitraum 01.09.2014 bis 28.02.2015 weitere 2,15 Euro monatlich und unter Abänderung des Bescheides vom 05.02.2015 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 09.11.2015 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 29.11.2015 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23.03.2016 im Zeitraum 01.03.2015 bis 30.04.2015 weitere 2,15 Euro monatlich und im Zeitraum 01.05.2015 bis 29.02.2016 weitere 2,12 Euro zu gewähren. Im Übrigen werden die Klagen abgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt höhere Grundsicherungsleistungen nach dem SGB II im Zeitraum vom 01.09.2013 bis 29.02.2016.
Die 1961 geborene Klägerin bezieht fortlaufend Grundsicherungsleistungen nach dem SGB II. Sie bewohnte gemeinsam mit ihrer Mutter in Haushaltsgemeinschaft eine 63 qm Wohnung, B-Straße in K. Das Nutzungsentgelt einschließlich Betriebskostenvorauszahlung für die Wohnung betrug monatlich ab dem 01.06.2013 310,30 Euro sowie ab 01.10.2013 bis 31.05.2016 331,30 Euro.
Die Beheizung der Wohnung und die Warmwasseraufbereitung erfolgten über eine Gastherme. Die Abrechnung des Strom- und Erdgasverbrauchs durch die S AG erfolgte unmittelbar mit der Mutter der Klägerin. Die Abschläge für den Bezug von Strom und Erdgas beliefen sich ab Mai 2013 auf 177,00 Euro monatlich, davon entfielen 82,00 Euro monatlich auf Erdgas, ab Mai 2014 auf 187,00 Euro monatlich, davon entfielen 86,00 Euro monatlich auf Erdgas, sowie ab Mai 2015 auf 189,00 Euro monatlich, davon entfielen 83,00 Euro monatlich auf Erdgas.
Mit Bescheid vom 12.08.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17.10.2013 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 21.10.2013 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 23.11.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 09.03.2015 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 01.10.2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10.03.2015 bewilligte der Beklagte der Klägerin Grundsicherungsleistungen nach dem SGB II für den Zeitraum 01.09.2013 bis 28.02.2014. Er gewährte im Jahr 2013 einen monatlichen Regelbedarf von 382,00 Euro und im Jahr 2014 von 391,00 Euro sowie als Kosten der Unterkunft und Heizung von 185,25 Euro im September 2013 und für Oktober bis 2013 bis Februar 2014 von 209,64 Euro (165,65 Euro Grundmiete + Nebenkosten + 43,99 Euro Heizkosten).
Gegen den Bescheid vom 12.08.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17.10.2013 hat die Klägerin Klage, S 4 AS 4431/13, erhoben. Das Verfahren endete durch Abschluss eines Prozessvergleichs am 07.01.2015.
Gegen den Änderungsbescheid vom 21.10.2013 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 23.11.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 09.03.2015 hat die Klägerin Klage, S 6 AS 1239/15, erhoben.
Gegen den Änderungsbescheid vom 01.10.2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10.03.2015 hat die Klägerin Klage, S 6 AS 1237/15, erhoben.
Einen Antrag auf Überprüfung der Bescheide vom 12.08.2013 und 21.10.2013 aus Dezember 2013 wegen der Anerkennung eines ernährungsbedingten Mehrbedarfs wegen einer Unverträglichkeit von Flüssigkeiten und Lebensmitteln, die in Kunststoffmaterial verpackt sind, lehnte der Beklagte mit Bescheid vom 07.10.2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 09.03.2015 ab. Hiergegen hat die Klägerin Klage erhoben, S 6 AS 1235/15.
Mit Bescheid vom 31.01.2014 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 01.10.2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 09.03.2015 bewilligte der Beklagte der Klägerin Grundsicherungsleistungen nach dem SGB II für den Zeitraum 01.03.2014 bis 31.08.2014. Er gewährte 391,00 Euro Regelbedarf und im Zeitraum von März bis April 2014 Kosten der Unterkunft und Heizung i.H.v. 209,64 Euro (165,65 Euro Grundmiete + Nebenkosten + 43,99 Euro Heizkosten) sowie im Zeitraum von Mai 2014 bis August 2014 i.H.v. 208,65 Euro (165,65 Euro Grundmiete und Nebenkosten und 43,00 Euro Heizkosten). Hiergegen hat die Klägerin Klage erhoben, S 6 AS 1238/15.
Mit Bescheid vom 11.08.2014 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 01.10.2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10.03.2015 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 22.11.2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 09.03.2015 bewilligte der Beklagte der Klägerin Grundsicherungsleistungen nach dem SGB II für den Zeitraum 01.09.2014 bis 28.02.2015. Der Beklagte gewährte im Jahr 2014 einen Regelbedarf von 391,00 Euro und im Jahr 2015 von 399,00 Euro sowie 208,65 Euro Kosten der Unterkunft und Heizung (165,65 Euro Grundmiete + Nebenkosten + 43,00 Euro Heizkosten). Gegen den Bescheid vom 11.08.2014 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 01.10.2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10.03.2015 hat die Klägerin Klage, S 6 AS 1240/15, erhoben. Gegen den Änderungsbescheid vom 22.11.2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 09.03.2015 hat die Klägerin Klage, S 6 AS 1239/15 erhoben.
Mit Bescheid vom 05.02.2015 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 09.11.2015 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 20.05.2015 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23.07.2015 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 29.11.2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23.03.2016 bewilligte der Beklagte der Klägerin Grundsicherungsleistungen nach dem SGB II für den Zeitraum 01.03.2015 bis 29.02.2016. Er gewährte im Jahr 2015 einen Regelbedarf von 399,00 Euro und im Jahr 2016 von 404,00 Euro sowie Kosten der Unterkunft und Heizung im Zeitraum von März bis April 2015 i.H.v. 208,65 Euro (165,65 Euro Grundmiete + Nebenkosten + 43,00 Euro Heizkosten) sowie im Zeitraum von Mai 2015 bis Februar 2016 207,15 Euro (165,65 Euro Grundmiete + Nebenkosten + 41,50 Euro Heizkosten). Gegen den Bescheid vom 05.02.2015 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 09.11.2015 hat die Klägerin Klage, S 6 AS 4285/15, erhoben. Gegen den Änderungsbescheid vom 20.05.2015 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23.07.2015 hat die Klägerin Klage, S 6 AS 3066/15, erhoben. Gegen den Änderungsbescheid vom 29.11.2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23.03.2016 hat die Klägerin Klage erhoben.
Das Sozialgericht hat die Klägerin mehrfach aufgefordert, eine ärztliche Schweigepflichtentbindungserklärung sowie einen Fragenbogen zur Person und weitere ärztliche Unterlagen einzureichen. Die Klägerin hat im vom Sozialgericht am 12.11.2018 durchgeführten Erörterungstermin erklärt, dass sie die ärztliche Schweigepflichtentbindungserklärung sowie ärztliche Berichte nicht vorlegen könne. Auf die Sitzungsniederschrift vom 12.11.2018 wird Bezug genommen.
Mit Beschlüssen vom 17.09.2015, 08.11.2018 und 21.11.2018 hat das Sozialgericht die Verfahren S 6 AS 1235/15, 1237/15, 1238/15, 1239/15, 1240/15, 3066/15, 4285/15 und 1695/16 zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden. Führend ist das Verfahren S 6 AS 1235/15.
Die Klägerin hat beantragt,
den Beklagten unter Aufhebung des Ablehnungsbescheides vom 07.01.2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 09.03.2015 sowie Abänderung der angefochtenen Bewilligungsbescheide in der Fassung der jeweiligen Widerspruchsbescheide zu verurteilen, ihr für den Zeitraum 01.09.2013 bis 29.02.2016 höhere Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II unter Berücksichtigung der tatsächlichen Kosten für Unterkunft und Heizung sowie für Mehrbedarfe an Strom, Internet und Telefon sowie eines ernährungsbedingten Mehrbedarfs zu gewähren.
Der Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Mit Urteil vom 17.12.2018 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Auf die Gründe wird Bezug genommen.
Gegen das am 15.01.2019 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 14.02.2019 Berufung eingelegt. Sie sei mit dem angefochtenen Urteil nicht einverstanden. Sie begehre die Neubewertung der Angelegenheiten betreffend die Kosten der Unterkunft und Heizung, des ernährungsbedingten Mehrbedarfes und der Mehrbedarfe Strom, Internet und Telefon. Insbesondere hinsichtlich des ernährungsbedingten Mehrbedarfes seien ihre Erläuterungen im Termin am 17.12.2018 nicht berücksichtigt worden. Konkret begehre sie die Übernahme des hälftigen tatsächlichen Abschlags an die S AG für Gas und Strom sowie Kosten für Internet und Telefon in Höhe von monatlich 30,00 Euro.
Der Senat hat die Klägerin mit Schreiben vom 08.07.2019 unter Fristsetzung bis zum 31.08.2019 aufgefordert, eine ärztliche Schweigepflichtentbindungserklärung sowie den Vordruck Angaben zur Person und behandelnden Ärzten ausgefüllt und unterschrieben einzureichen. Die Klägerin hat daraufhin mitgeteilt, dass noch ein Verfahren gegen die Berufsgenossenschaft anhängig sei, in welchem noch Verschiedenes geklärt werden müsse. Zudem leide sie an Hautkrebs und könne deshalb die vom Senat angeforderte Schweigepflichtentbindungserklärung und sonstigen Angaben zu behandelnden Ärzten nicht einreichen. Sie wolle einen Umweltmediziner aufsuchen. Hierfür fehle ihr aber das Geld.
Der Beklagte hat in der mündlichen Verhandlung vom 09.01.2020 anerkannt, der Klägerin für die Zeit vom 01.03.2014 bis 30.04.2014 weitere Heizkosten i.H.v. 2,05 Euro monatlich, für die Zeit vom 01.05.2014 bis 30.04.2015 weitere Heizkosten i.H.v.2,15 Euro monatlich sowie für die Zeit vom 01.05.2015 bis 29.02.2016 weitere Heizkosten i.H.v. 2,12 Euro monatlich zu gewähren.
Die Klägerin beantragt schriftsätzlich sinngemäß,
das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 17.12.2018 aufzuheben und den Beklagten unter Aufhebung des Ablehnungsbescheides vom 07.01.2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 09.03.2015 sowie Abänderung der angefochtenen Bewilligungsbescheide in der Fassung der jeweiligen Widerspruchsbescheide zu verurteilen, ihr für den Zeitraum 01.09.2013 bis 29.02.2016 höhere Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II unter Berücksichtigung der tatsächlichen Kosten für Unterkunft und Heizung sowie von Mehrbedarfen für Strom, Internet und Telefon und eines ernährungsbedingten Mehrbedarfs zu gewähren.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Der Beklagte hält nach Abgabe des Teilanerkenntnisses die erstinstanzliche Entscheidung für zutreffend.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der Verwaltungsakten des Beklagten sowie der beigezogenen Akten des Sozialgerichts Köln S 4 AS 4431/13, S 6 AS 1237/15, S 6 AS 1238/15, S 6 AS 1239/15, S 6 AS 1240/15, S 6 AS 3066/15, S 6 AS 4285/15 und S 6 AS 1695/16 Bezug genommen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.
Entscheidungsgründe:
Der Senat hat in Abwesenheit der Klägerin aufgrund mündlicher Verhandlung entschieden. Auf diese, sich aus dem Regelungsgehalt der §§ 110 Abs. 1 S. 2, 111 Abs. 1, 124 Abs. 2, 126, 153 Abs. 1 SGG ergebende Möglichkeit ist die Klägerin mit der ordnungsgemäß zugestellter Ladung hingewiesen worden.
Die Berufung der Klägerin ist im tenorierten Umfang begründet. Im Übrigen ist die Berufung unbegründet.
Streitgegenstand des Verfahrens ist
1. der Bescheid vom 12.08.2013 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 21.10.2013 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 23.11.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 09.03.2015 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 01.10.2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10.03.2015, mit welchem der Beklagte der Klägerin Grundsicherungsleistungen nach dem SGB II für den Zeitraum 01.09.2013 bis 28.02.2014 bewilligt hat, sowie der Bescheid vom 07.01.2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 09.03.2015, mit welchem der Beklagte den Überprüfungsantrag der Klägerin hinsichtlich der Bescheide vom 12.08.2013 und 21.10.2013 abgelehnt hat,
2. der Bescheid vom 31.01.2014 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 01.10.2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 09.03.2015, mit welchem der Beklagte der Klägerin Grundsicherungsleistungen nach dem SGB II für den Zeitraum 01.03.2014 bis 31.08.2014 bewilligt hat,
3. der Bescheid vom 11.08.2014 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 01.10.2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10.03.2015 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 22.11.2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 09.03.2015, mit welchem der Beklagte der Klägerin Grundsicherungsleistungen nach dem SGB II für den Zeitraum 01.09.2014 bis 28.02.2015 bewilligt hat und
4. der Bescheid vom 05.02.2015 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 09.11.2015 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 20.05.2015 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23.07.2015 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 29.11.2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23.03.2016, mit welchem der Beklagte der Klägerin Grundsicherungsleistungen nach dem SGB II für den Zeitraum 01.03.2015 bis 29.02.2016 bewilligt hat.
Streitbefangen ist demnach der Zeitraum vom 01.09.2013 bis 29.02.2016.
Die Klägerin verfolgt ihr Begehren auf höhere Grundsicherungsleistungen nach dem SGB II zutreffend mit der kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage nach § 54 Abs. 1 S. 1 1. Alt. SGG i.V.m. § 56 SGG.
I. Der Berufung der Klägerin betreffend die Leistungsansprüche für die Zeit vom 01.09.2013 bis 28.02.2014 ist unbegründet.
Die Klagen S 6 AS 1239/15, S 6 AS 1237/15 und S 6 AS 1235/15 sind unzulässig. Denn die Änderungsbescheide vom 23.11.2014 und 01.10.2014 sowie der Überprüfungsbescheid vom 07.10.2014 sind materiell bestandskräftig und damit gemäß § 77 SGG für den Senat bindend. Diese Bescheide sind nach § 96 SGG Gegenstand des Verfahrens S 4 AS 4431/13 geworden, das am 07.01.2015 durch einen Vergleich beendet worden ist (vgl. zu § 96 SGG bei Überprüfungsbescheiden BSG, Urteil vom 11.02.2015 – B 4 AS 27/14 R – Rn. 11 f. und vom 13.07.2017 – B 4 AS 12/16 R – Rn. 16). Die von der Klägerin erhobenen Widersprüche gegen die o.g. Bescheide, die der Beklagte mit den drei Widerspruchsbescheiden vom 09.03.2015 und 10.03.2015 sachlich beschieden hat, durchbrechen nicht die mit dem Vergleich am 07.01.2015 eingetretene materielle Bestandskraft der Bescheide vom 23.11.2013, 01.10.2014 und 07.10.2014 (§ 77 SGG; vgl. BSG, Urteil vom 25.09.1962 – 5 RKn 15/60). Die Widersprüche gegen die o.g. Bescheide sind unstatthaft gewesen. Ist ein neuer Bescheid Gegenstand eines anhängigen gerichtlichen Verfahren – wie im vorliegenden Fall -, kann dieser nicht zum Gegenstand eines Widerspruchsverfahrens gemacht werden (vgl. Behrend in Henning, SGG, Stand Juni 2015, § 96 Rn. 5; Klein in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGG, 1. Aufl. 2017, § 96 Rn. 44.1; siehe auch BSG, Urteil vom 25.04.2018 – B 8 SO 23/16 R). Damit hat die Klägerin keine Widerspruchsbefugnis gehabt (vgl. Estelmann in Zeihe/Hauck, SGG, § 96 Rn. 2b). Durch die Einlegung eines vom Gesetz nicht vorgeschriebenen, nicht wahlweise eingeräumten oder sogar ausgeschlossenen Rechtsbehelfs kann der Ablauf gesetzlicher Rechtsbehelfsfristen und damit der Eintritt der Bindungswirkung des Verwaltungsaktes nicht (gewillkürt) hintangehalten werden (BSG, Urteil vom 23.06.1994 – 4 RK 3/93). Allein die Tatsache, dass der Beklagte die unstatthaften Widersprüche der Klägerin sachlich mit Widerspruchsbescheiden beschieden hat, begründet keine Klagebefugnis der Klägerin gegen diese Bescheide (vgl. BSG, Urteil vom 25.05.2005 – B 11a/11 AL 15/04 R; Urteil des Senats vom 25.07.2019 – L 19 AS 2033/18).
II. Die Berufung der Klägerin ist im tenorierten Umfang begründet, im Übrigen unbegründet.
Die Klägerin ist in den Zeiträumen von 01.03.2014 bis 31.08.2014, von 01.09.2014 bis 28.02.2015 sowie von 01.03.2015 bis 29.02.2016 nach Abgabe des Teilanerkenntnisses des Beklagten in der mündlichen Verhandlung vom 09.01.2020 nicht mehr beschwert i.S.v. § 54 Abs. 2 SGG. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf höhere Grundsicherungsleistungen nach dem SGB II als vom Beklagten bereits bewilligt und in der mündlichen Verhandlung anerkannt.
Der Beklagte hat den der Klägerin bewilligten Regelbedarf zutreffend festgesetzt (dazu 1.). Auch steht der Klägerin weder ein Mehrbedarf nach § 21 Abs. 1 bis 6 SGB II (dazu 2.) noch nach Abgabe des Teilanerkenntnisses des Beklagten weitere Kosten der Unterkunft und Heizung nach § 22 Abs. 1 SGB II zu (dazu 3).
Die Klägerin hat in den streitigen Zeiträumen die Leistungsvoraussetzungen des § 7 Abs. 1 S. 1 Nrn. 1, 2, 3 und 4 SGB II erfüllt. Sie hat das 15. Lebensjahr vollendet und die Altersgrenze nach § 7a SGB II noch nicht erreicht gehabt (Nr. 1), ist erwerbsfähig gewesen (Nr. 2) und hat ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland gehabt (Nr. 4). Sie ist hilfebedürftig i.S.v. §§ 7 Abs. 1 S. 1 Nr. 3, 9 SGB II gewesen, da sie ihren Bedarf weder durch Einkommen oder durch Vermögen decken konnte.
1. Der Beklagte hat den der Klägerin in den streitigen Zeiträumen monatlich zustehenden Regelbedarf zutreffend festgesetzt. Die Höhe des für die Klägerin anzusetzenden Regelbedarfs ergibt sich aus § 20 Abs. 2 SGB II i.d.F. der Bekanntmachung über die Höhe der Regelbedarfe nach § 20 Abs. 5 des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch für die Zeit ab 01.01. 2014 vom 16.10.2013 (RBBeK 2014, BGBl. I S. 3857), wonach der Regelbedarf für Alleinstehende ab dem 01.01.2014 monatlich 391,00 Euro beträgt, für die Zeit ab 01.01.2015 vom 15.10.2014 (RBBeK 2015, BGBl. I S. 1620), wonach der Regelbedarf für Alleinstehende monatlich 399,00 Euro beträgt und für die Zeit ab 01.01.2016 vom 22.10.2015 (RBBeK 2016, BGBl. I S. 1792), wonach der Regelbedarf für Alleinstehende monatlich 404,00 Euro beträgt.
Ein darüberhinausgehender Anspruch, insbesondere auf Übernahme des hälftigen Anteils des Abschlags für Stromkosten sowie von Telefon- und Internetkosten besteht nicht, da Haushaltsenergie, ohne die auf die Heizung und Erzeugung von Warmwasser entfallenden Anteile, nach § 20 Abs. 1 S. 1 SGB II sowie Kosten für Telekommunikation vom Regelbedarf umfasst sind.
Verfassungsrechtliche Bedenken gegen die Höhe des Regelbedarfs für die Jahre 2013 bis 2016 bestehen nicht. Das Bundesverfassungsgericht hat bereits festgestellt, dass die Vorschriften über die Festsetzung der Höhe des Regelbedarfs sowie deren Fortschreibung nach § 20 Abs. 5 SGB II mit dem Grundgesetz vereinbar sind (BVerfG, Beschluss vom 23.07.2014 – 1 BvL 10/12, 1 BvL 12/12, 1 BvR 1691/13 -, BVerfGE 137, 34). Die Entscheidung über die Ermittlung und die Höhe der Leistungen für den Regelbedarf betrifft nach den Ausführungen des Bundesverfassungsgerichts über die ausdrücklich angegriffenen Normen hinaus auch deren weitere Fassungen und Nachfolgeregelungen (BVerfG, a.a.O., juris Rn.140). Die Feststellung der Vereinbarkeit des § 20 Abs. 2 und 5 SGB II mit dem Grundgesetz entfaltet nach § 31 Abs. 2 BVerfGG Gesetzeskraft. Ein Fachgericht ist daher an die im Tenor der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts aufgenommene Feststellung gebunden (Art. 20 Abs. 3 GG). Einer erneuten Kontrolle der Vereinbarkeit der gesetzlichen Regelungen betreffend die Ermittlung des Regelbedarfs mit der Verfassung steht insoweit das Prozesshindernis der Gesetzeskraft entgegen (BVerfG, Beschluss vom 18.10.1983 – 2 BvL 14/83 -, BVerfGE 65, 179 m.w.N.).
2. Es sind nach Aktenlage auch keine Anhaltspunkte für das Bestehen von Mehrbedarfen nach § 21 Abs. 1 bis 6 SGB II ersichtlich. Das Vorliegen solcher Bedarfe ergibt sich auch nicht aus dem Vortrag der Klägerin.
Insbesondere ist der Klägerin kein Mehrbedarf für kostenaufwändige Ernährung aus medizinischen Gründen nach § 21 Abs. 5 SGB II zu gewähren. Nach § 21 Abs. 5 SGB II wird bei Leistungsberechtigten, die aus medizinischen Gründen einer kostenaufwändigen Ernährung bedürfen, ein Mehrbedarf in angemessener Höhe anerkannt. Ausgehend von der Konkretisierung des Mehrbedarfs wegen kostenaufwändiger Ernährung in Relation zum Regelbedarf ist kostenaufwändiger i.S.d. § 21 Abs. 5 SGB II eine Ernährung, die von dem im Regelbedarf umfassten typisierten Bedarf abweicht und von diesem nicht gedeckt wird. Voraussetzung für diesen Mehrbedarf ist ein medizinisch begründetes besonderes Ernährungsbedürfnis. Ein solches liegt vor, wenn mit der Regelernährung bestimmte Inhaltsstoffe nicht vermieden werden können, sodass aus physiologischen Gründen ein objektiver Bedarf an einer besonderen Ernährung bedingt ist, die auf einer spezifischen Ernährungsempfehlung beruht. Das objektive Erfordernis einer besonderen Kostform aus physiologischen Gründen ist zu unterscheiden von einem bestimmten Ernährungsverhalten oder einem Umgang mit Lebensmitteln, dem keine spezifische, physiologisch bestimmte Kostform zugrunde liegt (vgl. BSG, Urteile vom 20.01.2016 – B 14 AS 8/15 R m.w.N.). Da die Vollkosternährung vom Regelbedarf gedeckt ist, besteht eine kostenaufwändige Ernährung i.S.d. § 21 Abs. 5 SGB II grundsätzlich nur bei einer besonderen, von der Vollkost abweichenden Ernährung(sform) (vgl. BSG, Urteil vom 20.02.2014 – B 14 AS 65/12 R).
Der Senat sieht es als nicht erwiesen an, dass bei der Klägerin eine gesundheitliche Beeinträchtigung i.S.d. § 21 Abs. 5 SGB II besteht (vgl. hierzu BSG, Urteil vom 14.02.2013 – B 14 AS 48/12 R). Denn der Vortrag der Klägerin, sie würde keine Lebensmittel aus Plastikverpackungen vertragen, genügt allein für den Nachweis einer gesundheitlichen Beeinträchtigung nicht. Dem Senat sind weitere Ermittlungen von Amts wegen nach § 103 S. 1 SGG hinsichtlich der bei der Klägerin bestehenden Gesundheitsbeeinträchtigungen nicht möglich, da die Klägerin sich konstant weigert, eine ärztliche Schweigepflichtentbindungserklärung vorzulegen und die sie behandelnden Ärzte zu benennen noch sonstige medizinische Unterlagen vorzulegen. Die Klägerin trägt die Beweislast für das Vorliegen eines Mehrbedarfs nach § 21 Abs. 5 SGB II.
3. Die Klägerin hat nach Abgabe des Teilanerkenntnisses des Beklagten in der mündlichen Verhandlung vom 09.01.2020 keinen Anspruch auf weitere Kosten der Unterkunft und Heizung nach § 22 Abs. 1 SGB II.
Der Beklagten hat in den Zeiträumen vom 01.03.2014 bis 31.08.2014, vom 01.09.2014 bis 28.02.2015 sowie vom 01.03.2015 bis 29.02.2016 der Klägerin, die zusammen mit ihrer Mutter eine Wohnung bewohnte, entsprechend dem im SGB II geltenden Kopfteilprinzip (BSG, Urteil vom 14.02.2018 – B 14 AS 17/17 R) in Höhe der jeweiligen hälftigen Grundmiete und Betriebskostenvorauszahlung, des hälftigen Abschlags für Erdgas an die S sowie der hälftigen Kosten für Heizstrom in Höhe von 5% des jeweiligen Abschlags für Erdgas übernommen (vgl. zum Heizstrom BSG, Beschluss vom 26.05.2010 – B 4 AS 7/10 B – und Urteil vom 07.07.2011 – B 14 AS 51/10 R; Urteil des Senats vom 24.09.2012 – L 19 AS 773/12).
Die vom Beklagten im Rahmen des Teilanerkenntnisses übernommenen Kosten für Heizstrom sind nicht zu beanstanden. Da kein separater Zähler oder Zwischenzähler für den sog. Heizungsstrom im streitigen Zeitraum existiert hat und damit der Verbrauch an Heizstrom nicht konkret nachweisbar ist, sind die Kosten für den Heizstrom nach § 202 SGG i.V.m. § 287 ZPO zu schätzen (BSG, Urteil vom 07.07.2011 – B 14 AS 51/10 R). Als Schätzungsgrundlage sind nach Auffassung des Senats die mietrechtlichen Grundsätze über die Schätzung der Kosten für Heizstrom in der Betriebskostenabrechnung heranzuziehen. Ein Vermieter ist bei der Heizkostenabrechnung in einem Mietverhältnis berechtigt, die als Teil der Heizkosten abzurechnenden Stromkosten für die Heizungsanlage (§ 7 Abs. 2 Heizkostenverordnung) zu schätzen, wenn gesonderte Zähler dafür nicht vorhanden sind. Eine Schätzung, die sich auf die Erfahrungswerte stützt, dass die Kosten des Heizungsstroms/Betriebsstroms (höchstens) 5% der Brennstoffkosten betragen, sieht der Senat als sachgerecht an (vgl. Urteil des Senats vom 24.09.2012 – L 19 AS 773/12). Damit sind die vom Beklagten im Rahmen des Teilanerkenntnisses angesetzten Kosten für den Heizungsstrom in Höhe von 5% der monatlichen Brennstoffkosten, also 5% von 82,00 Euro, 86,00 Euro ab Mai 2014 und 83,00 Euro ab Mai 2015 nicht zu beanstanden. Ausgehend von einer Abschlagzahlung i.H.v. 82,00 Euro monatlich in der Zeit vom 01.03.2014 bis 30.04.2014 beträgt der auf die Klägerin entfallende Anteil an Heizstrom 2,05 Euro monatlich (5 % von 82 Euro = 4,10 Euro: 2) sowie unter Zugrundelegung einer Abschlagszahlung i.H.v. 86,00 Euro monatlich in der Zeit vom 01.05.2014 bis 30.04.2015 2,15 Euro (5 % von 86 Euro = 4,30 Euro: 2). Ab dem 01.05.2015 hat sich die Abschlagzahlung für Erdgas auf 83,00 Euro belaufen, so dass der auf die Klägerin entfallende Anteil für Heizstrom auf 2,12 Euro monatlich (5 % von 83 Euro = 4,25 Euro: 2) festzusetzen ist.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Anlass, die Revision nach § 160 SGG zuzulassen, besteht nicht.
Erstellt am: 15.06.2020
Zuletzt verändert am: 15.06.2020