Auf die Beschwerde der Antragsgegnerin wird der Beschluss des Sozialgerichts Duisburg vom 18.2.2019 geändert. Der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der am 7.11.2018 erhobenen Klage (S 58 BA 125/18 Sozialgericht Duisburg) gegen den Bescheid vom 22.6.2018 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23.10.2018 wird abgelehnt. Der Antragsteller trägt die Kosten des Rechtsstreits in beiden Rechtszügen. Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 13.483,34 Euro festgesetzt.
Gründe:
Die Beschwerde der Antragsgegnerin ist zulässig und begründet. Der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der am 7.11.2018 erhobenen Klage (Az. S 58 BA 125/18, Sozialgericht [SG] Duisburg) gegen den Bescheid vom 22.6.2018 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23.10.2018 ist abzulehnen.
Gemäß § 86b Abs. 1 S. 1 Nr. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) kann das Gericht der Hauptsache in den Fällen, in denen Widerspruch oder Anfechtungsklage keine aufschiebende Wirkung haben, diese auf Antrag ganz oder teilweise anordnen bzw. gem. § 86b Abs. 1 S. 2 SGG die Aufhebung einer schon erfolgten Vollziehung anordnen. Keine aufschiebende Wirkung haben Widerspruch und Anfechtungsklage gegen eine – wie hier erfolgte – Entscheidung über Beitragspflichten und die Anforderung von Beiträgen sowie der darauf entfallenden Nebenkosten einschließlich der Säumniszuschläge (vgl. zu Letzteren st. Rspr. des Senats, z.B. Beschl. v. 7.1.2011 – L 8 R 864/10 B ER – juris Rn. 21).
Die Entscheidung, ob eine aufschiebende Wirkung ausnahmsweise gem. § 86b Abs. 1 S. 1 Nr. 2 SGG durch das Gericht angeordnet wird, erfolgt aufgrund einer umfassenden Abwägung des Suspensivinteresses des Antragstellers einerseits und des öffentlichen Interesses an der Vollziehung des Verwaltungsakts andererseits. Im Rahmen dieser Interessenabwägung ist in Anlehnung an § 86a Abs. 3 S. 2 SGG zu berücksichtigen, in welchem Ausmaß Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsaktes bestehen (hierzu unter 1.) oder ob die Vollziehung für den Antragsteller eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte (hierzu unter 2.).
1.) Da § 86a Abs. 2 Nr. 1 SGG das Vollzugsrisiko bei Beitragsbescheiden grundsätzlich auf den Adressaten verlagert, können nur solche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Bescheides ein überwiegendes Suspensivinteresse begründen, die einen Erfolg des Rechtsbehelfs zumindest überwiegend wahrscheinlich erscheinen lassen. Hierfür reicht es nicht schon aus, dass im Rechtsbehelfsverfahren möglicherweise noch ergänzende Tatsachenfeststellungen zu treffen sind. Maßgebend ist vielmehr, ob nach der Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der Eilentscheidung mehr für als gegen die Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides spricht (st. Rspr. des Senats, vgl. z.B. Beschl. v. 11.3.2016 – L 8 R 506/14 B ER – juris Rn. 51 m.w.N.).
Nach diesen Maßstäben ist die aufschiebende Wirkung der Klage nicht anzuordnen, da deren Erfolg nicht überwiegend wahrscheinlich ist. Es spricht nicht mehr dafür als dagegen, dass sich der Bescheid vom 22.6.2018 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23.10.2018, mit dem die Antragsgegnerin von dem Antragsteller für den Zeitraum vom 1.4.2008 bis 30.11.2009 Sozialversicherungsbeiträge, Umlagen und Säumniszuschläge in Höhe von 53.933,34 Euro für bei ihm beschäftigte Fahrer fordert, in der Hauptsache als rechtswidrig erweisen wird.
Ermächtigungsgrundlage für den angefochtenen Bescheid ist § 28p Abs. 1 S. 5 Sozialgesetzbuch Viertes Buch (SGB IV). Nach dieser Vorschrift erlassen die Träger der gesetzlichen Rentenversicherung Verwaltungsakte zur Versicherungspflicht und Beitragshöhe in der Kranken-, Pflege-, und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung gegenüber den Arbeitgebern.
a) Der Bescheid ist formell rechtmäßig. Der Antragsteller wurde insbesondere vor seinem Erlass unter dem 31.1.2018 gemäß § 24 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) angehört.
b) Nach der im Verfahren vorläufigen Rechtsschutzes gebotenen summarischen Prüfung sind Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Verwaltungsaktes in materiell-rechtlicher Hinsicht in einem die Anordnung der aufschiebenden Wirkung rechtfertigenden Umfang ebenfalls nicht gegeben.
Gem. § 28e Abs. 1 SGB IV hat der Arbeitgeber den Gesamtsozialversicherungsbeitrag für die bei ihm Beschäftigten, d.h. die für einen versicherungspflichtigen Beschäftigten zu zahlenden Beiträge zur Kranken-, Renten-, Arbeitslosen- und Pflegeversicherung (§ 28d Sätze 1 und 2 SGB IV), zu entrichten. Der Versicherungspflicht in der Kranken-, Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung unterliegen Personen, die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt sind (§ 5 Abs. 1 Nr. 1 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch [SGB V], § 20 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 Sozialgesetzbuch Elftes Buch [SGB XI], § 1 S. 1 Nr. 1 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch [SGB VI], § 25 Abs. 1 S. 1 Sozialgesetzbuch Drittes Buch [SGB III]. Dies gilt nicht, wenn eine zur Entgeltgeringfügigkeit führende Beschäftigung nach § 8 Abs. 1 Nr. 1 SGB IV vorliegt, die nach § 27 Abs. 2 S. 1 SGB III, § 7 SGB V und § 5 Abs. 2 Nr. 1 SGB VI zur grundsätzlichen Versicherungsfreiheit in den jeweiligen Zweigen der Sozialversicherung führt. In diesem Fall besteht lediglich die Pflicht zur Abführung pauschaler Sozialversicherungsbeiträge für den Arbeitgeber in der gesetzlichen Kranken- und Rentenversicherung (§ 249b S. 1 SGB V, § 172 Abs. 3 S. 1 SGB VI).
Derzeit spricht nicht mehr dagegen als dafür, dass der Antragsteller seine Beitragspflicht betreffend die bei ihm beschäftigten Arbeitnehmer in dem von der Antragsgegnerin festgestellten und der Beitragsberechnung zugrunde gelegten Umfang nicht erfüllt hat.
aa) Es bestehen zunächst keine durchgreifenden Zweifel daran, dass die im Bescheid vom 22.6.2018 genannten Beschäftigten bei dem Antragsteller im Sinne von § 7 Abs. 1 SGB IV beschäftigt waren, sodass sie grundsätzlich der Versicherungspflicht in den genannten Zweigen der Sozialversicherung unterlagen.
Es unterliegt gegenwärtig auch keinen überwiegenden Zweifeln, dass die Antragsgegnerin die Arbeitszeiten der betroffenen Beschäftigten den Fahrdaten entnehmen durfte, die sich aus der im Zuge der Ermittlungen des Hauptzollamtes D ausgewerteten CD mit Daten der Taxizentrale F eG ergaben.
(1) Wie der BFH bereits entschieden hat, bestehen gegen die Erhebung der Daten einer Taxi-Genossenschaft zur Feststellung der Voraussetzungen von Schwarzarbeit keine rechtlichen Bedenken (BFH Urt. v. 23.10.2012 – VII R 41/10 -, BFHE 239,10). Dementsprechend sind auch Gesichtspunkte, die einer Verwertung solcher Daten in einem Betriebsprüfungsverfahren entgegenstehen, nicht ersichtlich.
(2) In tatsächlicher Hinsicht reicht es nach den oben dargelegten Grundsätzen zur Glaubhaftmachung überwiegender Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides nicht aus, dass der Antragsteller sich darauf beschränkt, die Richtigkeit der von der Antragsgegnerin erhobenen und der Beitragsberechnung zugrunde gelegten Tatsachen pauschal zu bestreiten bzw. zu beanstanden, dass die Antragsgegnerin keine hinreichenden Anstrengungen unternommen habe, weitere Beweise zu erheben. Erforderlich ist vielmehr, dass Tatsachen vorgetragen und glaubhaft gemacht werden, die überwiegende Zweifel an der Richtigkeit der Feststellungen der Antragsgegnerin rechtfertigen.
Ausgehend von diesem Prüfungsmaßstab ist derzeit nicht glaubhaft gemacht, dass die erhobenen und ausgewerteten Daten in tatsächlicher Hinsicht unzutreffend sein könnten. Die Fahrer-ID’s ließen sich jeweils namentlich den bei dem Antragsteller beschäftigten Taxifahrern zuordnen, wie sich aus den Akten der Antragsgegnerin ergibt. Es ist nichts dazu dargetan, dass diese Zuordnung in irgendeiner Hinsicht unrichtig sein könnte. Bei der Taxizentrale F e.G. existiert ein IT-System, wonach Ordnungsnummern für Taxen vergeben werden und sich die einzelnen Taxifahrer jeweils mit ihrer Fahrer-ID anmelden müssen. Die Ordnungsnummer einer Taxe, hier: die Nr. xxx, konnte einem Fahrzeug des Antragstellers ebenso zugeordnet werden wie die Fahrer-ID´s den bei ihm beschäftigten Taxifahrern. Auch wenn es theoretisch möglich ist, IT-Systeme zu manipulieren, gibt es vorliegend keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass dies tatsächlich geschehen sein könnte, so dass diese theoretische Möglichkeit erst recht nicht überwiegend wahrscheinlich ist. Gleiches gilt für die Verwendung der Fahrer-ID´s durch die Taxifahrer des Antragstellers. Auch insoweit sind Manipulationen zwar theoretisch vorstellbar, etwa durch Weitergabe der Fahrer-ID´s an andere Fahrer. Da für diese theoretische Möglichkeit jedoch nichts dargetan ist und im Übrigen dafür auch kein Anhaltspunkt besteht, ergibt sich insoweit ebenfalls nicht, dass dies überwiegend wahrscheinlich wäre. Aus den gleichen Gründen ist nicht überwiegend wahrscheinlich, dass die Beschäftigten des Antragstellers teilweise Fahrten auf eigene Rechnung oder auf Rechnung eines anderen Unternehmens durchgeführt hätten und sich dabei mit dem Fahrzeug des Antragstellers und ihrer Fahrer-ID bei der Taxizentrale F e.G. angemeldet hätten.
(3) Dieser Beurteilung steht nicht entgegen, dass das SG mit Urteil vom 28.3.2019 den angefochtenen Bescheid aufgehoben und die Sache zur weiteren Sachaufklärung und Entscheidung an die Antragsgegnerin zurückverwiesen hat. Allerdings hat der erkennende Senat bereits entschieden, dass die Anordnung der aufschiebenden Wirkung gerechtfertigt sein kann, wenn das Ausmaß der noch erforderlichen Sachverhaltsaufklärung eine Entscheidung nach § 131 Abs. 5 SGG – wie sie hier im Hauptsacheverfahren vom SG getroffen worden ist (Urt. v. 28.3.2019 – S 58 BA 125/18 -) – rechtfertigt (vgl. Senatsbeschl. v. 26.4.2019 – L 8 BA 140/18 B ER – juris Rn. 7). Voraussetzung war aber weiter, dass die Feststellungen des prüfenden Rentenversicherungsträgers seine beitragsrechtliche Bewertung im angefochtenen Bescheid nicht tragen. So liegt es hier indessen nicht. Die von der Antragsgegnerin getroffenen Feststellungen stützen auch bei objektiver Betrachtung ihre Annahme der Nichtentrichtung von Sozialversicherungsbeiträgen durch die Antragstellerin in dem im Bescheid geregelten Umfang. Die Entscheidung des SG beruht dagegen auf der Erwägung, dass es zur Führung des entsprechenden Vollbeweises weiterer Ermittlungen durch die Antragsgegnerin bedurft habe. Ob diese Auffassung des SG zutrifft, ist im Berufungsverfahren L 8 BA 93/19 LSG NRW gegen das Urteil des SG (s.o.). zu klären, nicht dagegen im vorliegenden Verfahren auf einstweiligen Rechtsschutz.
bb) Ebenfalls keinen durchgreifenden Bedenken begegnet die Ermittlung der Beitragshöhe durch die Antragsgegnerin.
(1) Zunächst war es mit überwiegender Wahrscheinlichkeit nicht rechtswidrig, das beitragspflichtige Arbeitsentgelt auf der Grundlage der festgestellten Arbeitszeiten der Fahrer zu ermitteln. Unerheblich ist dabei, ob und in welcher Höhe die betreffenden Fahrzeiten tatsächlich vergütet worden sind.
Der Beitragsbemessung liegt in der gesetzlichen Kranken- und Rentenversicherung, der sozialen Pflegeversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung das Arbeitsentgelt aus der versicherungspflichtigen Beschäftigung zugrunde (§ 226 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGB V, § 162 Nr. 1 SGB VI, § 57 Abs. 1 S. 1 SGB XI, § 342 SGB III). Dabei gilt im Beitragsrecht der Sozialversicherung für laufend gezahltes Arbeitsentgelt das sog. Entstehungsprinzip (§ 22 Abs. 1 S. 1 SGB IV). Danach entstehen die Beitragsansprüche der Versicherungsträger, sobald ihre im Gesetz oder aufgrund eines Gesetzes bestimmten Voraussetzungen vorliegen. Maßgebend für das Entstehen von Beitragsansprüchen, die an das Arbeitsentgelt Beschäftigter anknüpfen, ist damit allein das Entstehen des arbeitsrechtlich geschuldeten Entgeltanspruchs, ohne Rücksicht darauf, ob, von wem und in welcher Höhe dieser Anspruch im Ergebnis durch Entgeltzahlung erfüllt wird. Unerheblich ist zudem, ob der einmal entstandene Entgeltanspruch vom Arbeitnehmer (möglicherweise) nicht mehr realisiert werden kann (vgl. z.B. BSG Urt. v. 4.9.2018 – B 12 R 4/17 R – juris Rn. 15; Urt. v. 18.1.2018 – B 12 R 3/16 R – juris Rn. 15).
(2) Keinen durchgreifenden Bedenken unterliegt es ferner, dass die Antragsgegnerin je geleisteter Arbeitsstunde von einem zu zahlenden (Netto-)Entgelt von 8,00 Euro ausgegangen ist. Dieser Betrag ergibt sich aus den Ermittlungen des Hauptzollamtes D und den dort vorliegenden Lohnabrechnungen für mehrere Fahrer. Dass die entsprechenden Zahlungen nicht auf einer Abrede zwischen dem Antragsteller und den betreffenden Fahrern beruhten, ist weder ersichtlich noch von dem Antragsteller vorgetragen worden. Ebenso wenig ist erkennbar oder vorgetragen, dass für andere Fahrer abweichende Entgelte gegolten hätten.
(3) Soweit die Antragsgegnerin ausgehend von den so ermittelten Beträgen bei der Berechnung der Pflichtbeiträge in Anwendung des § 14 Abs. 2 S. 2 SGB IV eine Hochrechnung auf das Bruttoarbeitsentgelt vorgenommen hat, ist dies nach gegenwärtiger Erkenntnislage gleichfalls nicht zu beanstanden. Wenn nach § 14 Abs. 2 S. 1 SGB IV ein Nettoarbeitsentgelt vereinbart ist, gelten als Arbeitsentgelt die Einnahmen des Beschäftigten einschließlich der darauf entfallenden Steuern und der seinem gesetzlichen Anteil entsprechenden Beiträge zur Sozialversicherung und zur Arbeitsförderung. Demgegenüber gilt nach § 14 Abs. 2 S. 2 SGB IV bei illegalen Beschäftigungsverhältnissen, für die Steuern und Beiträge zur Sozialversicherung und zur Arbeitsförderung nicht gezahlt worden sind, ein Nettoarbeitsentgelt als vereinbart. Dabei ist objektiv erforderlich, dass zentrale arbeitgeberbezogene Pflichten des Sozialversicherungsrechts verletzt und subjektiv diese Pflichtverletzung zumindest bedingt vorsätzlich begangen worden ist (vgl. BSG Urt. v. 9.11.2011 – B 12 R 18/09 R – juris Rn. 25 ff. mwN; st. Rspr des Senats, vgl. z.B. Senatsbeschl. v. 16.12.2016 – L 8 R 271/16 B ER – juris Rn. 16 mwN).
Nach summarischer Prüfung ist davon auszugehen, dass der Antragsteller gegen die Verpflichtung zur Meldung und Beitragszahlung verstoßen hat (§§ 28a Abs. 1, 28e Abs. 1 SGB IV). Mit überwiegender Wahrscheinlichkeit ist derzeit auch von einer zumindest bedingt vorsätzlich begangenen Pflichtverletzung auszugehen. Insoweit genügt, dass der Arbeitgeber seine Beitragspflicht für möglich gehalten und die Nichtabführung der Beiträge billigend in Kauf genommen hat. Es spricht Überwiegendes dafür, dass dem Antragsteller die Verpflichtung, die beschäftigten Arbeitnehmer den zuständigen Einzugsstellen ordnungsgemäß zu melden und die nach dem maßgeblichen Arbeitsentgelt zu entrichtenden Gesamtsozialversicherungsbeiträge bis zum Fälligkeitstermin abzuführen, bekannt war. Die Nichtzahlung trotz Kenntnis der Beitragspflicht erlaubt in diesem Fall den Schluss darauf, dass die Nichtabführung der Beiträge auch billigend in Kauf genommen wurde.
(4) Aus den genannten Gründen ist auch die Erhebung von Säumniszuschlägen (§ 24 Abs. 2 SGB IV) und die Annahme des Eingreifens der 30jährigen Verjährungsfrist (§ 25 Abs. 1 S. 2 SGB IV) gegenwärtig nicht zu beanstanden. Für beides ist – wie für die Hochrechnung gemäß § 14 Abs. 2 S. 2 SGB IV – bedingter Vorsatz erforderlich, aber auch ausreichend (vgl. hierzu ausführlich BSG Urt. v. 12.12.2018 – B 12 R 15/18 R – juris Rn. 13 ff.).
2.) Der Antragsteller hat auch nicht glaubhaft gemacht, dass die Vollziehung des Betriebsprüfungsbescheides eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hat. Allein die mit der Zahlung auf eine Beitragsforderung für ihn verbundenen wirtschaftlichen Konsequenzen führen nicht zu einer solchen Härte, da sie lediglich Ausfluss der Erfüllung gesetzlich auferlegter Pflichten sind. Darüber hinausgehende, nicht oder nur schwer wieder gut zu machende Nachteile sind nicht hinreichend dargelegt. Eine beachtliche Härte in diesem Sinne ist regelmäßig nur dann denkbar, wenn es dem Beitragsschuldner gelingt darzustellen, dass das Beitreiben der Forderung aktuell die Insolvenz und/oder die Zerschlagung seines Geschäftsbetriebes zur Folge hätte, die Durchsetzbarkeit der Forderung bei einem Abwarten der Hauptsache aber zumindest nicht weiter gefährdet wäre als zurzeit (vgl. Senatsbeschl. v. 13.7.2011 – L 8 R 287/11 B ER – juris Rn. 18). Diese Voraussetzungen hat der Antragsteller nicht glaubhaft gemacht. Da er sein Unternehmen als Einzelunternehmen betreibt, haftet er für dessen Verbindlichkeiten mit seinem gesamten Privatvermögen. Hierzu fehlt jeglicher Vortrag.
Hinsichtlich etwaiger mit dem Forderungseinzug verbundener wirtschaftlicher Härten hat sich der Antragsteller an die zuständige Einzugsstelle zu wenden. Diese hat als Anspruchsinhaberin bzw. gesetzliche Prozessstandschafterin des Anspruchs auf Zahlung des Gesamtsozialversicherungsbeitrags (vgl. § 28h Abs. 1 S. 3 SGB IV) über Fragen des Forderungseinzugs zu befinden und insoweit über eine etwaige Stundung, einen Erlass oder die Niederschlagung der Beitragsforderung (§ 76 Abs. 3 SGB IV) sowie die Einstellung bzw. Beschränkung der Zwangsvollstreckung (vgl. § 257 Abgabenordnung) zu entscheiden (vgl. zur Zuständigkeit der Einzugsstelle im Rahmen des Beitragseinzugs auch BSG Urt. v. 28.5.2015 – B 12 R 16/13 R – juris Rn. 23).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 S. 1 SGG i.V.m. § 154 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung.
Die Festsetzung des Streitwertes für das Beschwerdeverfahren folgt aus § 197a Abs. 1 S. 1 SGG i.V.m. §§ 47 Abs. 1, 52, 53 Abs. 2 Nr. 4 Gerichtskostengesetz und berücksichtigt, dass in Verfahren des vorläufigen Rechtschutzes, die Beitragsangelegenheiten betreffen, regelmäßig nur ein Viertel des Wertes der Hauptsache als Streitwert anzusetzen ist (vgl. Senatsbeschl. v. 21.2.2012 – L 8 R 1047/11 ER – juris Rn. 38).
Der Beschluss kann nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht angefochten werden (§ 177 SGG).
Erstellt am: 16.06.2020
Zuletzt verändert am: 16.06.2020