Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Berufung in dem Urteil des Sozialgerichts Duisburg vom 18.02.2020 wird zurückgewiesen. Die Beklagte hat 2/5 der Kosten des Widerspruchsverfahrens xxx zu erstatten. Im Übrigen sind Kosten nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Der Kläger wendet sich mit seiner Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Berufung in einem Klageverfahren wegen der Gewährung weiterer Heizstromkosten für den Betrieb einer Gastherme.
Der Kläger wohnt seit November 2017 in einer Unterkunft in Essen. Die Miete beträgt bruttokalt monatlich 442 EUR. Die Wohnung verfügt über eine Gaskombitherme, die Heizenergie liefert und das Warmwasser aufbereitet. Der Gasabschlag für den Energielieferanten betrug von November 2017 bis Juni 2018 monatlich 80 EUR und beträgt seit Juli 2018 monatlich 55 EUR. Der Beklagte bewilligte Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts unter Zugrundelegung dieser Beträge.
Der Kläger beantragte im Dezember 2018 die Überprüfung aller Bewilligungsbescheide ab Januar 2017. Die Beklagte habe den Heizstrom zum Betrieb der Gastherme nicht berücksichtigt.
Mit Bescheid vom 03.01.2019 änderte die Beklagte die Bewilligungsbescheide für den Zeitraum von November 2017 bis Januar 2019 und bewilligte dem Kläger zusätzlich einen "Mehrbedarf für Warmwasseraufbereitung". Wegen des Umzugs im November 2017 komme eine Korrektur für vorhergehende Leistungszeiträume nicht in Betracht. Mit einem weiteren Bescheid vom 03.01.2019 bewilligte die Beklagte für die Zeit vom 01.02.2019 bis zum 31.10.2019 ebenfalls einen "Mehrbedarf für die dezentrale Warmwasseraufbereitung".
Der Kläger legte am 18.01.2019 gegen beide Bescheide Widerspruch ein. Der Umzug sei innerhalb desselben Wohnhauses erfolgt. Die Energiebelieferung sei daher unverändert. Der Kläger habe einen Anspruch auf Übernahme der Stromkosten zum Betrieb der Gastherme ab Januar 2017. Hierfür sei er mit einer Schätzung der Verbrauchskosten des Stroms iHv 5 % der Brennkosten einverstanden.
Mit Bescheid vom 26.02.2019 bewilligte die Beklagte dem Kläger für Januar 2017 bis Oktober 2017 insgesamt weitere 37,90 EUR. Der Kläger habe im gesamten zur Überprüfung gestellten Zeitraum Anspruch auf Übernahme der Stromkosten für den Betrieb der Gaskombitherme. Der Bescheid werde gemäß § 86 SGG zum Gegenstand des laufenden Widerspruchsverfahrens.
Mit zwei Widerspruchsbescheiden vom 13.05.2019 wies die Beklagte die Widersprüche zurück. Für die Zeit vom 01.01.2017 bis zum 31.10.2017 stünden keine höheren Leistungen zu, da die Wohnung erst zum 01.11.2017 bezogen worden sei. Zwar stehe für die Monate November 2017 bis Januar 2019 ein Anspruch auf Übernahme der Stromkosten für die Gastherme zu. Dies wirke sich jedoch nicht "positiv auf die zu gewährenden Leistungen" aus, da bei einer "vollumfänglichen Prüfung des Falles gleichzeitig der irrtümlich gewährte Mehrbedarf für die dezentrale Warmwassererzeugung nach § 21 Abs. 7 SGB II iHv 8,79 EUR wegfallen" müsse (Widerspruchsbescheid xxx). Letzteres gelte auch für die Zeit ab Februar 2019 (Widerspruchsbescheid xxx)
Der Kläger hat am 21.05.2019 Klage bei dem Sozialgericht Duisburg erhoben und im Rubrum der Klage beide Widerspruchsbescheide genannt. Eine Verrechnung des dem Kläger unstreitig zustehenden Heizkostenstroms mit dem zu Unrecht gewährten Mehrbedarf für Warmwasser sei unzulässig, denn der Kläger habe den Streitgegenstand zulässig auf die Unterkunftsbedarfe beschränkt.
Der Kläger hat beantragt:
"Die Beklagte wird unter Änderung der Bescheide vom 03.01.2019 in der Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 13.05.2019 verpflichtet, ihre Bewilligungsbescheide für den Zeitraum Januar 2017 bis einschließlich Januar 2019 abzuändern und dem Kläger Leistungen zu erbringen, welche die Strombedarfe der Gastherme decken".
Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt und gemeint, eine Saldierung innerhalb der jeweils betroffenen Monate sei zulässig.
Die Beteiligten haben ihr Einverständnis mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung erklärt.
Das Sozialgericht hat die Klage durch Urteil ohne mündliche Verhandlung vom 18.02.2020 abgewiesen. Streitgegenständlich sei nur der Bescheid, mit dem die Beklagte über Leistungen von Januar 2017 bis Januar 2019 entschieden hat. Neben dem bewilligten Mehrbedarf nach § 21 Abs. 7 SGB II stehe dem Kläger kein Anspruch auf erhöhte Unterkunftskosten, die aufgrund desselben Mietverhältnisses entstanden sind, zu. Eine Beschränkung des Überprüfungsantrags auf die Unterkunfts- und Heizbedarfe sei nicht erkennbar. Dem Urteil des BSG vom 07.12.2017 – B 14 AS 8/14 R sei zu entnehmen, dass in einem Überprüfungsverfahren eine Saldierung des Gesamtleistungsanspruchs innerhalb desselben Monats zulässig sei. Das Sozialgericht hat die Berufung nicht zugelassen.
Am 04.03.2020 hat der Kläger Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Berufung eingelegt. Die Berufung sei zuzulassen, denn die Rechtssache habe grundsätzliche Bedeutung. Das Bundessozialgericht habe noch nicht entschieden, ob eine Gesamtsaldierung von Nachzahlungsansprüchen mit Rückzahlungsansprüchen in einem Monat zulässig ist. Dies sei jedenfalls dann zweifelhaft, wenn eine etwaige Überzahlung die Regel- und Mehrbedarfe betreffe, während das Nachzahlungsbegehren den Unterkunfts- und Heizbedarfen zuzuordnen ist.
II.
Die Nichtzulassungsbeschwerde (§ 145 SGG) ist statthaft, denn die Berufung ist zulassungsbedürftig. Gemäß § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG bedarf die Berufung der ausdrücklichen Zulassung, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes bei einer Klage, die eine Geld- oder Sachleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt betrifft, 750 EUR nicht übersteigt und keine wiederkehrenden oder laufenden Leistungen für mehr als ein Jahr betrifft (§ 144 Abs. 1 Satz 2 SGG). Der Kläger wendet sich ausschließlich gegen die Nichtberücksichtigung der Heizstromkosten in der Zeit vom November 2017 bis Januar 2019 und macht die Auszahlung von weiteren Leistungen auf Basis von 5 % der maßgebenden Gaslieferungskosten, hier mithin 51,25 EUR ([8 Monate x 4 EUR] + [7 Monate x 2,75 EUR]) geltend.
Die Klage betrifft trotz des zur Überprüfung gestellten Zeitraums von (zuletzt) 15 Monaten keine wiederkehrenden oder laufenden Leistungen für mehr als ein Jahr, da hier Leistungen aufgrund eines Überprüfungsantrags nach § 44 SGB X gegenständlich sind, die sich ihrer Natur nach in einem bestimmten kurzen und vergangenen Zeitraum abspielen (vgl. § 40 Abs. 1 Nr. 2 SGB II) und im Wesentlichen in einer einzigen (überwiegend nachträglichen) Gewährung erschöpfen (Leitherer in: Meyer-Ladewig, SGG, 12. Aufl., § 144 Rn. 22a mwN).
Zudem schafft der Bewilligungszeitraum iSd § 41 SGB II eine zeitliche Zäsur, die den jeweiligen Streitgegenstand in zeitlicher Hinsicht umschreibt und auf die Dauer um sechs bzw. maximal zwölf Monaten begrenzt. Die Leistungsbewilligung im SGB II für jeweils sechs bis zwölf Monate erfolgt u.a. deswegen, weil es Ziel des Gesetzes ist, die erwerbsfähigen Hilfebedürftigen wieder in Arbeit zu integrieren und ein dauerhafter Bezug von Leistungen nach dem SGB II (als rentenähnliches Recht) die Ausnahme sein soll (BSG Beschluss vom 22.07.2010 – B 4 AS 77/10 B mwN). Der Ursprung der (wiederkehrenden und laufenden) Leistungen ist jeweils in eigenständigen Bewilligungsbescheiden des Beklagten zu finden, die wiederum lediglich eine Bewilligung von Arbeitslosengeld II für einen Zeitraum von höchstens zwölf Monaten enthielten. Dass die Überprüfung die fiktive Möglichkeit eröffnet, auch noch über den vergangenen Zeitraum hinaus Leistungen zu beziehen, begründet eine Berufungsfähigkeit nicht (vgl. Leitherer in: Meyer-Ladewig, SGG, 12. Aufl., § 144 Rn. 21a mwN zu den gesetzlich befristeten Leistungszeiträumen nach § 41 SGB II und § 44 SGB XII). Eine Behandlung von Zugunstenentscheidungen nach § 44 SGB X als wiederkehrende oder laufende Leistungen hätte zudem die nicht zu rechtfertigende Konsequenz, dass bei entsprechender Summierung von Leistungsmonaten gegen bestandskräftige Bewilligungsbescheide mehr Rechtsmittel zur Verfügung stünden als gegen nicht bestandskräftige (ähnlich LSG Mecklenburg-Vorpommern Beschluss vom 05.12.2011 – L 8 B 430/10 NZB; abweichend Thüringener LSG Urteil vom 10.01.2013 – L 9 AS 831/10).
Die auch im Übrigen zulässige Beschwerde ist unbegründet.
Nach § 144 Abs. 2 SGG ist eine Berufung zuzulassen, wenn 1. die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, 2. das Urteil von einer Entscheidung des Landessozialgerichts, des Bundessozialgerichts, des gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder 3. ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann. Diese Voraussetzungen liegen nicht vor.
Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung. Grundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 144 Abs. 2 Nr. 1 SGG hat eine Rechtssache, wenn sie eine bisher ungeklärte Rechtsfrage aufwirft, deren Klärung im allgemeinen Interesse liegt, um die Rechtseinheit zu erhalten und die Weiterentwicklung des Rechts zu fördern. Ein Individualinteresse genügt nicht. Die Rechtsfrage darf sich nicht unmittelbar und ohne weiteres aus dem Gesetz beantworten lassen oder bereits von der höchstrichterlichen Rechtsprechung entschieden sein. Diese Voraussetzungen sind vorliegend nicht gegeben. Die Rechtsfrage muss klärungsbedürftig und klärungsfähig sein (Leitherer in: Meyer-Ladewig, SGG, 12. Aufl., § 144 Rn. 28). Hinsichtlich der aufgeworfenen Frage, ob eine Verrechnung von Bedarfspositionen, die einen isolierten Streitgegenstand darstellen, mit anderen Positionen zulässig ist, wenn die überbezahlten Bedarfspositionen nicht zum Gegenstand von Widerspruch und Klage gemacht wurden, fehlt es an der Klärungsfähigkeit. Denn der Kläger hat den Streitgegenstand nicht auf Unterkunfts- und Heizkosten iSd § 22 SGB II beschränkt. Vielmehr hat er noch mit Widerspruchsschreiben vom 18.01.2019 eine unveränderte Bedarfsposition auch hinsichtlich der Warmwasseraufbereitung geltend gemacht. Hierzu hat er unzutreffend vortragen lassen, die Warmwasseraufbereitung erfolge dezentral und damit sinngemäß auch einen entsprechenden Mehrbedarf nach § 21 Abs. 7 SGB II geltend gemacht. Eine Beschränkung des Widerspruchs allein auf die Bedarfe für Unterkunft und Heizung hat damit nicht stattgefunden.
Zudem fehlt es an der Klärungsbedürftigkeit der Rechtsfrage, denn zur Zulässigkeit einer Saldierung im selben Monat sind – wie bereits das Sozialgericht ausgeführt hat – bereits hinreichend klare Entscheidungen des Bundessozialgerichts ergangen (vgl. BSG Urteil vom 07.12.2017 – B 14 AS 8/17 R). Das SGB II ist vom Monatsprinzip geprägt (vgl. BSG Urteil vom 09.04.2014 – B 14 AS 23/13 R). Dieses Prinzip ist der Grund, warum sowohl im Rahmen einer primären Anspruchsprüfung als auch im Rahmen einer Aufhebung oder Überprüfung nach §§ 44 ff. SGB X eine Saldierung mit mehreren Monaten ausgeschlossen ist. D.h. es darf keine Verrechnung von Überzahlungen für einzelne Monate mit geringeren Leistungen für andere Monate erfolgen. Davon zu trennen ist die Frage, wie hoch der monatliche Leistungsanspruch ist, sodass im selben Monat im Sinne eines Höhenstreits eine Gesamtsaldierung erfolgen kann (vgl. Karl in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB II, 5. Aufl., § 9 Rn 222 – Stand: 01.03.2020). Letztlich handelt es sich bei der unterschiedlichen Begründung einer Leistungshöhe im selben Monat um einen Austausch der Anspruchsgrundlage, nicht um die Bewilligung weiterer Leistungen.
Auch der Berufungszulassungsgrund des § 144 Abs. 2 Nr. 2 SGG (Divergenz) liegt nicht vor. Eine Divergenz liegt nur vor, wenn ein Sozialgericht in der angefochtenen Entscheidung einen tragenden abstrakten Rechtssatz in Abweichung von einem abstrakten Rechtssatz des Landessozialgerichts, des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts aufgestellt hat. Eine Abweichung ist nicht schon dann anzunehmen, wenn die Entscheidung des Sozialgerichts nicht den Kriterien entspricht, die diese Gerichte aufgestellt haben, sondern erst dann, wenn es diesen Kriterien widersprochen, also andere rechtliche Maßstäbe entwickelt hat. Eine evtl. Unrichtigkeit einer Entscheidung im Einzelfall begründet keine Divergenz (vgl. BSG Beschluss vom 05.10.2010 – B 8 SO 61/10 B mit weiteren Rechtsprechungsnachweisen zum gleichlautenden § 160 Abs. 2 Nr. 2 SGG; ständige Rechtsprechung des Senats, vgl. nur Beschluss vom 11.07.2019 – L 7 AS 689/19 NZB). Bei der Frage, ob eine Abweichung von einer Entscheidung des Landessozialgerichts zu bejahen ist, beschränkt sich die Prüfung auf das zuständige Berufungsgericht (Breitkreuz/Schreiber, in: Breitkreuz/Fichte, SGG, 2. Aufl., § 144 Rn. 35). Das Sozialgericht hat keinen abweichenden Rechtssatz in diesem Sinne aufgestellt, auf dem das Urteil beruht.
Ebenso wenig liegt der Zulassungsgrund des § 144 Abs. 2 Nr. 3 SGG vor. Es liegt kein Verfahrensmangel vor, auf dem das Urteil beruhen kann. Dies macht auch der Kläger nicht geltend.
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung von § 193 SGG. Da es sich bei der Nichtzulassungsbeschwerde um ein Rechtsmittel handelt, ist der Senat befugt, die Kostenentscheidung des Sozialgerichts zu ändern. Der Senat hat bei der Kostentscheidung berücksichtigt, dass der Widerspruch des Klägers gegen den Bescheid vom 03.01.2017 – wie sich aus dem Bescheid vom 26.02.2019 ergibt – teilweise erfolgreich war.
Dieser Beschluss ist nicht mit der Beschwerde anfechtbar (§ 177 SGG).
Erstellt am: 22.07.2020
Zuletzt verändert am: 22.07.2020