Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 07.03.2016 abgeändert und die Klage abgewiesen. Kosten sind in beiden Rechtszügen nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist, ob der Klägerin in der Zeit vom 01.01.2015 bis zum 30.11.2015 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II) zustehen.
Die am 00.00.1957 geborene Klägerin bezog – damals in einer Bedarfsgemeinschaft mit ihrer am 00.00.1991 geborenen Tochter J lebend – bis Februar 2010 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts von dem Beklagten. Zu ihrem Fortzahlungsantrag vom 01.01.2010 reichte sie mit Datum vom 01.02.2010 ausgefüllte Antragsformulare ein, worauf der Beklagte mit Bescheid vom 05.02.2010 weiterhin Leistungen für die Zeit von März bis August 2010 bewilligte. Am 12.04.2010 teilte die Klägerin eine Änderung in ihren persönlichen Verhältnissen mit: Sie habe einen Erbanspruch "durch" ihre verstorbene Mutter. Dem fügte sie einen Kontoauszug, betreffend den 8.04. und 09.04.2010 bei, wonach ihrem Girokonto aufgrund einer internen Buchung 10.000,00 Euro gutgeschrieben worden waren, sowie den am 24.02.2010 ausgestellten und am 26.03.2010 ausgefertigten Erbschein des Amtsgerichts E: Die am 01.02.2010 verstorbene M N, geboren am 00.00.1933, sei allein beerbt worden von ihrer Tochter, der Klägerin. Zum 30.04.2010 stellte daraufhin der Beklagte die Zahlungen vorläufig ein. Im Rahmen der von der Klägerin eingeforderten Mitwirkungsverpflichtungen belegte diese, dass das Erbe Guthaben auf drei Konten bei der Stadtsparkasse in Höhe von insgesamt 166.931,00 Euro einschließlich bis zum Todestag aufgelaufener Zinsen umfasste sowie ein lastenfreies Sondereigentum an einer 47,24 qm großen Eigentumswohnung einschließlich entsprechender Miteigentumsanteile. Insoweit erfolgte die Eintragung der Klägerin als Eigentümerin am 15.04.2010. Weitere Maßnahmen im Zusammenhang mit dem Erbe ergriff der Beklagte nicht.
Am 08.10.2013 sprach die Klägerin, die ab dem 01.05.2010 keine Leistungen der Grundsicherung für Arbeitssuchende mehr erhalten hatte, erneut bei dem Beklagten vor. Ausweislich eines Aktenvermerks erkundigte sie sich, ob ein Anspruch auf Arbeitslosengeld II bestehe. Sie teilte mit – ohne dies im Einzelnen zu belegen -, dass sie vor Jahren von ihrer Mutter ein Vermögen geerbt habe. Davon seien noch 17.000,00 Euro übrig. Sie habe auch eine "abbezahlte Eigentumswohnung" geerbt, in der ihre Tochter J mietfrei wohne. Sie, die Klägerin, zahle lediglich das Hausgeld für die Eigentumswohnung. Sie "besitze" zudem einen Personenkraftwagen, den sie drei Jahre zuvor zu einem Kaufpreis von 12.000,00 Euro gegen Barzahlung erworben habe. Nach dem Hinweis des Beklagten, dass der Vermögensfreibetrag mit dem angegebenen Vermögen überschritten werde und die nicht selbst genutzte Immobilie gegebenenfalls zu veräußern sei, ein Leistungsanspruch mithin derzeit nicht bestehe, stellte die Klägerin keinen Leistungsantrag.
Knapp einen Monat nach der Vorsprache bei dem Beklagten übertrug die Klägerin die Eigentumswohnung durch notariellen Vertrag vom 04.11.2013 schenkweise an ihre Tochter. In dem notariellen Vertrag war der Verkehrswert der Wohnung mit 75.000,- Euro beziffert.
Eine erneute Vorsprache der Klägerin erfolgte am 11.02.2014 bei dem Beklagten. Sie begehrte nunmehr Leistungen nach dem SGB II. Zu ihren finanziellen Verhältnissen trug sie vor, sie habe 2010 von ihrer Mutter Barvermögen und eine Eigentumswohnung geerbt. Diese habe sie vor einigen Monaten auf ihre Tochter übertragen. Von den im Oktober 2013 noch vorhanden gewesenen 17.000,00 Euro seien noch ca. 7.000,00 Euro übrig. 10.000,00 habe sie "für die Fachhochschule" ihrer Tochter, für einen gemeinsamen Urlaub mit dieser und Weihnachtsgeschenke verwendet. Ansonsten habe sie keinerlei Vermögen, insbesondere keine Geldanlagen, wie Sparbuch, Aktien, Fonds, Bausparvertrag, kapitalbildende Lebens-/Rentenversicherung. Mit Datum vom 11.02.2014 teilte die Klägerin ergänzend mit, sie habe in den vergangenen Jahren ihren Lebensunterhalt, wie Miete, Krankenversicherung, Heizkosten, Strom, mit Hilfe des geerbten Vermögens, das sie im Februar 2010 erhalten habe, bestritten. Monatlich gebe sie für diese Positionen ca. 700,00 Euro aus. Hinzu kämen Ausgaben für Lebensmittel, Freizeitvergnügen, Medikamente und Hygieneartikel. Die Höhe des Erbes habe bei 224.000,00 Euro gelegen einschließlich einer Eigentumswohnung im Wert von 75.000,00 Euro. Sie habe folgende einmalige Ausgaben über das zugeflossene Erbe bestritten: Für die Beerdigung, die Trauerfeier, den Grabstein im Zusammenhang mit dem Tod ihrer Mutter: 12.000,00 Euro; für den Abschluss einer Rentenversicherung bei der "M Versicherungen": 10.000,00 Euro; für den Führerschein der Tochter: 3.000,00 Euro; für die Begleichung von Schulden ihrer zuletzt dementen Mutter bei Privatpersonen, öffentlichen Einrichtungen, Ärzten und Krankenhäusern: 5.000,00 Euro; für die Grabpflege in Bezug auf den verstorbenen Vater und Bruder in Russland: 10.000,00 Euro; für Haushaltsgeräte, Möbel, Reparaturen an der Eigentumswohnung sowie für jährliche Auslandsurlaube und Kuren: 20.000,00 Euro. Zudem habe sie bis zur Eigentumsübertragung an ihre Tochter das Hausgeld und die Heizkosten für die Eigentumswohnung gezahlt. Diese habe sie auf ihre Tochter überschrieben, da es der letzte Wunsch ihrer verstorbenen Mutter gewesen sei, die es nicht geschafft habe, ein Testament zu errichten, so dass sie, die Klägerin, nach dem Gesetz Alleinerbin geworden sei. Da die Tochter zur Zeit des Versterbens der Großmutter erst 18 Jahre und noch unreif gewesen sei, habe sich die Übertragung des Eigentums verzögert. Inzwischen sei diese reif genug, Verantwortung zu tragen. Die Wohnung sehe sie, die Klägerin, als Startkapital und finanzielle Absicherung ihrer derzeit im Studium befindlichen Tochter. Diese werde später einmal ihre, der Klägerin, Beerdigung finanzieren und auch die Pflege der Gräber der übrigen engen Verwandten übernehmen müssen. In der Eigentumswohnung lebe ihre Tochter seit Dezember 2011, bis dahin sei die Wohnung nach dem Tod ihrer Mutter unbewohnt gewesen.
Auf Aufforderung reichte die Klägerin folgende Belege für die getätigten Ausgaben zu den Akten:
Bestattungskosten für den Sterbefall M N: 2.960,60 Euro;
Gebühren nach der Friedhofs-Gebührensatzung: 2.690,00 Euro;
Denkmal für das Grab von M N: 4.176,90 Euro;
Gebühr für das Erbscheinverfahren: 812,50 Euro.
Außerdem legte sie den notariell beurkundeten Vertrag vom 04.11.2013 vor, mit dem die Klägerin das Sondereigentum an der Wohnung I-Straße, Erdgeschoss links nebst Balkon, nebst entsprechender Miteigentumsanteile auf ihre dies annehmende Tochter übertrug. Die Übertragung erfolgte schenkweise, ohne Gegenleistung und ohne Auflagen und ohne Anrechnung auf das Erb- und Pflichtteilsrecht der Tochter, die den Grundbesitz seit Dezember 2011 nutze. Die Einräumung von durch Vormerkung gesicherten Rückübertragungsansprüchen – zB für den Fall, dass die Tochter vor ihr verstirbt – wurde von der Klägerin nach notarieller Belehrung nicht gewünscht. Den Verkehrswert der übertragenen Einheit gab die Klägerin mit 75.000,00 Euro an.
Aus einer Mitteilung der "M Versicherungen" vom 12.11.2013 ergab sich 10.483,62 Euro als Wert der Hybridrentenversicherung der Klägerin zum 31.10.2013, davon Deckungskapital 10.132,62 Euro und erreichtes Überschussguthaben 351,00 Euro. Der Kontostand des Kontos der Klägerin Nr. xxx bei der Stadtsparkasse betrug am 27.09.2013 11.322,70 Euro, bei Kontoauflösung am 13.12.2013 11.329,78 Euro. Des Weiteren belegte die Klägerin die Höhe der Aufwendungen für ihre Unterkunft sowie die Höhe der Abschläge für Strom, der Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung und ihrer Einkünfte aus geringfügiger Tätigkeit.
Die Klägerin nahm ihren Leistungsantrag im Rahmen einer persönlichen Vorsprache bei dem Beklagten am 10.03.2014 zurück. Nach einem internen Vermerk des Beklagten, weil sie die Eigentumswohnung nicht "rückübertragen" wolle – auf diese Option hatte der Beklagte bei dem Erstgespräch am 11.02.2014 hingewiesen und eine entsprechende Aufforderung am 10.03.2014 erteilt.
Erneut am 27.01.2015 stellte die Klägerin bezüglich des streitgegenständlichen Zeitraumes einen Antrag auf Leistungen nach dem SGB II bei dem Beklagten. Für Kosten der Unterkunft und Heizung machte die Klägerin Aufwendungen in Höhe der Grundmiete von 400,47 Euro, Nebenkosten in Höhe von 59,25 Euro zzgl. 19,00 Euro in den Monaten April, Juni und August sowie Heizkosten in Höhe von 18,70 Euro geltend. Die Warmwasserversorgung erfolge dezentral. Sie gab an, einem Minijob als Reinigungskraft mit einem Verdienst von monatlich 100,00 Euro brutto/netto nachzugehen. Im Zeitraum ab Februar 2014 habe sie, so die Klägerin in einer schriftlichen Erklärung gegenüber dem Beklagten vom 02.02.2015, ihr Erbe vollständig verbraucht und sich von ihrem Verwandten, dem Zeugen , im Zeitraum von Juni 2014 bis Januar 2015 insgesamt 10.000,- Euro geliehen. Die Rückzahlung solle erfolgen, wenn die abgeschlossene Hybridrentenversicherung im Jahr 2022 ausgezahlt werde. Diese Rentenversicherung hatte nach der Mitteilung der Versicherung vom 13.11.2014 zum 31.10.2014 einen Wert von 10.838,90 Euro (Deckungskapital 10.353,06 Euro, Überschussguthaben 485,84 Euro).
Mit Bescheid vom 23.03.2015 lehnte der Beklagte den Leistungsantrag ab, weil die Klägerin nicht hilfebedürftig im Sinne von § 9 SGB II sei. Sie habe einen Anspruch auf Rückforderung der durch notariellen Vertrag vom 04.11.2013 lastenfrei an die Tochter übertragenen Immobilie nach § 528 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB). Ausschlussgründe gem. § 529 BGB seien nicht ersichtlich. Die beschenkte Tochter müsse die Immobilie nicht zurückgeben, sondern könne nach § 818 BGB den Wert ersetzen oder nach § 528 BGB der Klägerin Zahlungen leisten, aus der diese ihren angemessenen Unterhalt sicherstellen könne.
Hiergegen legte die Klägerin am 15.04.2015 Widerspruch ein. Sie habe die Immobilie der Tochter zu deren finanzieller Absicherung und als Startkapital geschenkt, da dies dem letzten Wunsch ihrer verstorbenen Mutter entsprochen habe. Ihre Mutter habe nie ein Testament errichtet, da sie gehofft habe, dass sie "das untereinander klären". Nach ihrer, der Klägerin, Einschätzung sei ihre Tochter zunächst noch nicht reif genug gewesen, um eine solche Pflicht auf sich nehmen zu können. Erst im November 2013 habe sie, die Klägerin, beschlossen, die Eigentumswohnung auf die Tochter zu übertragen, da sie den Zeitpunkt für geeignet gehalten habe. Ihre Tochter sei noch Studentin. Über ihren Nebenjob und Leistungen nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz (BAFöG) finanziere sie ihren Lebensunterhalt und die Kosten der Eigentumswohnung, wie Hausgeld und Heizkostenabschläge. Sie, die Klägerin, sei finanziell außer Stande, die Kosten der Eigentumswohnung aufzubringen. Zudem sei die Wohnung sanierungsbedürftig; die Kosten einer Sanierung könne sie nicht tragen. Auch insoweit übernehme die Tochter die Finanzierung. Wegen ihres Studiums und der Einkünfte lediglich aus Nebenjobs könne die Tochter keinen monatlichen Unterhalt für sie, die Klägerin, zahlen. Weiteres Kapital besitze die Tochter nicht. Die Eigentumswohnung wäre für sie, die Klägerin, nur eine finanzielle Last, die nun zum Glück von der Tochter übernommen werde. Sie könne ihren Lebensunterhalt über die Einnahme in Höhe von 100,00 Euro aus dem Minijob nicht bestreiten und habe sich schon von Verwandten eine größere Geldsumme leihen müssen. Deshalb habe sie gehofft, dass sie wenigstens eine kleine Unterstützung vom Jobcenter erhalten würde, um daraus einen Teil ihrer monatlichen Kosten decken zu können.
Mit Widerspruchsbescheid vom 12.06.2015 wies der Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück. Die Klägerin sei nicht hilfebedürftig, da sie über verwertbares Vermögen in Gestalt eines gegen die Tochter gerichteten Schenkungsrückforderungsanspruchs nach § 528 BGB verfüge. Es sei davon auszugehen, dass seine alsbaldige Durchsetzung möglich wäre und es sich um bereite Mittel handele, auf die zur Deckung des laufenden Bedarfs verwiesen werden könne. Der Anspruch führe dazu, dass die Klägerin von ihrer Tochter die ihrem jeweiligen Unterhaltsbedarf entsprechenden Wertteile zurückfordern könne.
Die Klägerin hat am 13.07.2015 Klage vor dem Sozialgericht Düsseldorf (SG) erhoben. Unter Wiederholung und Vertiefung ihres bisherigen Vorbringens hat sie ergänzend vorgetragen, die Erbschaft habe insgesamt nur ca. 231.000,00 Euro betragen (166.460,00 Euro Barvermögen, Wert der Eigentumswohnung: 65.000,00 Euro). Es sei unzumutbar, sie auf die möglicherweise gerichtliche Geltendmachung eines Rückforderungsanspruches zu verweisen. Zudem sei die Tochter aufgrund ihrer studienbedingten psychischen Überlastung nicht in der Lage, den Verlust der Eigentumswohnung zu verkraften.
Die Klägerin hat schriftsätzlich beantragt,
den Bescheid des Beklagten vom 25.03.2015 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 12.06.2015 aufzuheben und der Klägerin Leistungen zum Lebensunterhalt gemäß dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) zu bewilligen.
Der Beklagte hat schriftsätzlich beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er hat weiterhin auf den Rückforderungsanspruch aus § 528 BGB verwiesen. Der Anspruch sei auch realisierbar, ohne dass die Tochter die Immobilie veräußern müsse. Liege der Schenkung – wie vorliegend – ein unteilbarer Gegenstand zugrunde, so könne der verarmte Schenker nur gem. § 818 Abs. 2 BGB Wertersatz für denjenigen Teil der Schenkung verlangen, der wertmäßig zur Deckung des Unterhaltsbedarfs zwar ausreichend, dessen Herausgabe aber infolge der Unteilbarkeit des Geschenkes unmöglich sei. Somit gehe der Anspruch aus § 528 Abs. 1 Satz 1 BGB von vornherein auf Zahlung in Höhe des der Bedürftigkeit des Schenkers entsprechenden Wertteils des Geschenkes, sei also auf eine Ersatzleistung in Geld gerichtet. Soweit die beschenkte Tochter der Klägerin nicht über die erforderlichen Einkünfte verfügen sollte, um den Anspruch zu realisieren, bestehe die Möglichkeit der Beleihung der Immobilie.
Die Klägerin hat Blatt 1 bis 3 des Kontoauszuges zum Girokonto xxx bei der Stadtsparkasse über den Zeitraum vom 23.06.2015 bis zum 06.07.2015 vorgelegt. Danach lag das Guthaben zu Beginn bei 1.102,34 Euro. Abgebucht wurden der Stromabschlag in Höhe von 27,00 Euro, Kontoführungsgebühren in Höhe von 6,50 Euro, Kosten eines Tickets für den öffentlichen Nahverkehr in Höhe von 60,90 Euro, Miete in Höhe von 478,42 Euro. An Zahlungszuflüssen sind zu verzeichnen: Dividende 2014 für die Wohnung der Klägerin durch die Wohnungsgenossenschaft (80,00 Euro), Arbeitsentgelt (100,00 Euro), Kindergeld (184,00 Euro). Zum 06.07.2015 lag das Guthaben bei 893,52 Euro.
Außerdem hat die Klägerin eine Bescheinigung über das Vorliegen einer akuten Belastungsreaktion und nichtorganischen Insomnie bei ihrer Tochter, die medikamentös und gesprächstherapeutisch behandelt werde und die aktuell als nicht belastungsfähig eingestuft werde, und Studiennachweise der Tochter für die Zeit von März 2014 bis Februar 2016 (Studiengang: Bachelor Elektrotechnik) eingereicht sowie zwei mit "Vereinbarung" überschriebene und von der Klägerin (am 10.01.2015 und 30.07.2015) und X B unterschriebene Erklärungen. Darin bestätigt die Klägerin, dass sie im Zeitraum von Juni 2014 bis Januar 2015 einen Gesamtbetrag in Höhe von 10.000,00 Euro bei ihrem Verwandten X B geliehen habe. Diesen Betrag werde sie mit ihrer Hybridrentenversicherung, die im Jahre 2022 ausgezahlt werde, zurückzahlen, sowie dass sie im Zeitraum von Februar 2015 bis August 2015 einen Gesamtbetrag in Höhe von 9.000,00 Euro von ihrem Verwandten X B geliehen habe.
Das SG hat am 28.12.2015 einen Erörterungstermin durchgeführt. In diesem Rahmen hat die Klägerin einen neuen Antrag auf Leistungen nach dem SGB II gestellt, welchen der Beklagte mit Bescheid vom 23.03.2016 abgelehnt hat; das Vorverfahren ist ruhend gestellt worden.
Durch Urteil ohne mündliche Verhandlung – damit hatten sich die Beteiligten einverstanden erklärt – vom 07.03.2016 hat das SG den Beklagten unter Abänderung des Bescheides vom 25.03.2015 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 12.06.2015 verurteilt, der Klägerin Leistungen nach dem SGB II in gesetzlicher Höhe zu zahlen – ohne Berücksichtigung eines Rückforderungsanspruchs nach § 528 BGB -. Zur Begründung hat das SG darauf abgestellt, die Klägerin sei hilfebedürftig. Der der Klägerin vermeintlich zustehende Anspruch auf Rückübertragung der Eigentumswohnung aus § 528 BGB stelle keinen berücksichtigungsfähigen Vermögenswert im Sinne von § 12 Abs. 1 SGB II dar. Es sei bereits zweifelhaft, ob eine Mutter verpflichtet werden könne, gegen ihre Tochter gerichtlich vorzugehen und einen Prozess mit erheblichen Risiken zu führen. Zur Vermeidung dieser Problematik habe der Gesetzgeber die Regelung des § 33 SGB II geschaffen. Mit Verurteilung habe der Beklagte die Möglichkeit, die Leistungen von der Tochter der Klägerin auf sich überzuleiten. Damit sei allen Beteiligten am besten gedient.
Gegen das ihm am 13.05.2016 zugestellte Urteil hat der Beklagte am 10.06.2016 Berufung eingelegt. Er vertritt weiterhin die Auffassung, die Klägerin sei im streitgegenständlichen Zeitraum nicht hilfebedürftig gewesen, da sie, soweit es zutreffend sei, dass sie das geerbte Barvermögen zur Gänze verbraucht habe – Nachweise habe die Klägerin nur teilweise vorgelegt -, zumindest über verwertbares Vermögen in Form eines gegen die Tochter gerichteten, zügig durchsetzbaren Schenkungsrückgewähranspruchs (§ 528 BGB) in Form einer Ersatzleistung in Geld in Höhe ihres monatlichen Unterhaltsbedarfs verfüge. Die Voraussetzungen von § 33 SGB II lägen bei einer rechtmäßigen Ablehnung von Leistungen nach dem SGB II nicht vor. Im Übrigen finde der gesetzliche Anspruchsübergang erst mit der Erbringung einer Zahlung an den Anspruchsberechtigten statt. Zudem habe die Klägerin lediglich behauptet, ihre Tochter sei nicht bereit und in der Lage, den Anspruch aus § 818 Abs. 2 BGB zu erfüllen. Entsprechende Bemühungen der Klägerin seien nicht nachgewiesen. Auch stellten die Vereinbarungen zwischen der Klägerin und ihrem Cousin X B keinen Darlehensvertrag dar, da die Vereinbarungen einem Fremdvergleich nicht standhielten.
Der Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 06.03.2016 (gemeint war: 07.03.2016) abzuändern und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das Urteil des SG für zutreffend und verweist darauf, dass es ihr nicht zumutbar sei, einen Anspruch gegen ihre Tochter gerichtlich geltend zu machen. Diese habe eine Rückabwicklung auch eindeutig und endgültig abgelehnt. Zudem handele es sich um eine Pflichtschenkung i.S.v. § 534 BGB, da zwischen der verstorbenen Großmutter und der Enkelin eine enge, über das normale Maß hinausgehende Beziehung bestanden habe. Außerdem stehe ihrem, der Klägerin, Anspruch gegen die Tochter deren Einrede aus § 529 Abs. 2 BGB entgegen. Die Tochter sei nicht in der Lage gewesen, ohne Gefährdung ihres eigenen Unterhalts den angemessenen Unterhalt der Klägerin aufzubringen. Erst seit dem 01.03.2016 stehe sie nach Abschluss ihres Studiums in einem Vollzeitarbeitsverhältnis als Sales/Project Engineer (Test House) und erziele ein Bruttoarbeitsentgelt in Höhe von 2.850 Euro. Jedoch reiche auch das seitdem erzielte Einkommen nicht aus, den vollständigen angemessenen Unterhalt der Klägerin sicherzustellen. Sie, die Klägerin, sei im streitgegenständlichen Zeitraum auch hilfebedürftig gewesen. Zur Deckung ihres Lebensunterhalts – einschließlich Kosten der Kranken- und Pflegeversicherung in Höhe von 156,22 Euro im Januar 2015 und 163,02 Euro ab Februar 2015 – habe sie sich von ihrem Cousin X B monatlich Geld in bar geliehen. Dieser sei mit der Gewährung zinsloser Darlehen einverstanden gewesen. Die Rückzahlung habe mit der 2022 fällig werdenden Rentenauszahlung gesichert werden sollen. Insgesamt liege die Darlehenssumme für den Zeitraum Juni 2014 bis Dezember 2016 bei 39.000,00 Euro.
Die Klägerin hat auf Anforderung des Senats Kontoauszüge ihres Kontos bei der Stadtsparkasse zur Kontonummer xxx für den Zeitraum vom 30.12.2014 bis zum 19.09.2016 vorgelegt. Daraus ergab sich u.a., dass das Kindergeld für die Tochter J in Höhe von 184,00 Euro monatlich bzw. ab September 2015 in Höhe von 188,00 Euro und ab Januar 2016 in Höhe von 190,00 Euro auf das Konto der Klägerin überwiesen wurde, regelmäßig monatlich 100,00 Euro Arbeitsentgelt zuflossen sowie Bareinzahlungen in Höhe von 2.000,00 Euro (05.01.2015), 1.000,00 Euro (17.04.2015, 27.05.2015, 04.08.2015, 06.10.2015, 02.12.2015, 02.05.2016, 24.06.2016), 80,00 Euro (01.12.2015), 880,00 Euro (27.01.2016), 1.020,00 Euro (22.03.2016) und 750,00 Euro (31.08.2016) getätigt wurden. Einmalige Gutschriften ergeben sich über die Auszahlung der Dividende 2014 der Wohnungsgenossenschaft in Höhe von je 80,00 Euro (25.06.2015 und 23.06.2016) und eine mit dem Mietzins aufgerechnete Betriebskosten-Gutschrift in Höhe von 151,57 Euro (03.12.2015). Weitere einmalige Zuflüsse erfolgten durch die Tochter J in Höhe von jeweils 200,00 Euro (30.05.2016, 30.06.2016 und 01.08.2016 mit dem jeweiligen Verwendungszweck "Wohngeld").
Abbuchungen erfolgten zu Gunsten der S AG für ein Ticket in Höhe von 60,90 Euro bzw. 63,30 Euro ab Januar 2016 monatlich, Miete, Kranken- und Pflegeversicherungsbeitrag in Höhe von 156,22 Euro (Januar 2015) bzw. 163,02 Euro (ab Februar 2015) und 171,89 Euro (ab Februar 2016), Stromabschlag, Kontoführungsgebühren, zu Gunsten der U AG in wechselnder Höhe, vierteljährlich wegen des Rundfunkbeitrages. Überweisungen wurden getätigt zu Gunsten der Tochter J in Höhe von 400,00 Euro (01.04.2015) sowie in Höhe von 200,00 Euro (30.04.2015) sowie in Höhe von 340,00 Euro (28.12.2015 mit dem Verwendungszweck "Kindergeld"). Dazu trägt die Klägerin vor, es habe sich um Beträge gehandelt, die an die Kindergeldkasse "zurückgezahlt" werden mussten, da es sich um Überzahlungen gehandelt habe. Ihre Tochter habe die Überzahlung erstattet. Einmalig abgebucht wurden weiter 44,10 Euro für eine Rechtsschutzversicherung (02.11.2015) sowie 260,98 Euro Semesterbeitrag für J N (06.01.2015). Barabhebungen oder Ausgaben für den weiteren Lebensunterhalt (Lebensmittel, Körperhygiene, Friseur etc) lassen sich den Kontoauszügen nicht entnehmen.
Zudem hat die Klägerin monatsweise Auflistungen ihrer Zuflüsse und Ausgaben sowie der gewährten Darlehen, betreffend den Zeitraum von Januar 2015 bis Januar 2017, eingereicht. Daraus ergaben sich weitere Bareinzahlungen in Höhe von jeweils 1000,00 Euro (30.09.2016, 11.11.2016, 27.12.2016) auf das Girokonto sowie eine weitere Überweisung der Tochter J in Höhe von 200,00 Euro am 28.12.2016 an die Klägerin. Aus einer weiteren vorgelegten Aufstellung ergeben sich die Höhe der von ihrem Cousin X B an sie ausgezahlten Beträge und die Zeitpunkte der Zuflüsse im Zeitraum von Juni 2014 bis Dezember 2016, unterschrieben von der Klägerin und ihrem Cousin. Danach hat die Klägerin in der streitgegenständlichen Zeit von Januar 2015 bis November 2015 insgesamt 15.500,00 Euro, und zwar von Januar 2015 beginnend monatlich in Höhe von 2.500,00, 800,00, 800,00, 2.400,00, 1.600,00, 1.100,00, 2.300,00, 550,00, 400,00, 1.850,00, 1.200,00 Euro erhalten. Die Höhe der Einzelbeträge liegt zwischen 200,00 und 2.000,00 Euro. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Prozessakte (Bl. 176) Bezug genommen. In der Tabelle, so die Klägerin, seien die von ihrem Cousin gewährten Darlehen aufgeführt. Dieser habe nicht für jeden Betrag einzeln eine Quittung unterschrieben haben wollen. Deshalb seien die Beträge in mehreren größeren Schuldscheinen – überschrieben mit "Vereinbarung" – zusammengefasst worden. Anhand der von ihr getätigten Bareinzahlungen auf ihr Konto und anhand ihrer Tagebucheintragungen sei sie, die Klägerin, in der Lage gewesen, die Einzelbeträge, die ihr Cousin B an sie geleistet habe, zu rekonstruieren. Zu den Akten gereicht hat die Klägerin weiter eine Vereinbarung mit ihrem Cousin X B, von der Klägerin unterschrieben am 25.12.2016, von dem Cousin ohne Datum, dass sie, die Klägerin, bestätige, im Zeitraum von Oktober 2016 bis Dezember 2016 insgesamt 4.000,00 Euro geliehen zu haben, und Kontoauszüge für die Zeit vom 19.09.2016 bis zum 07.01.2017.
Hinsichtlich des Verbrauchs ihres Vermögens hat die Klägerin auf Nachfrage des Senats die bereits 2014 gegenüber dem Beklagten getätigten Angaben wiederholt, ergänzt um Aufwendungen für Hausgeld und Nebenkosten, betreffend die Eigentumswohnung bis November 2013, in Höhe von insgesamt 10.120,00 Euro. Der Hybridrentenversicherungsvertrag sei im Oktober 2010 abgeschlossen worden. Sie, die Klägerin, habe eine Einmalzahlung in Höhe von 10.000,00 Euro geleistet. Fällig werde der Rentenanspruch nach Vollendung ihres 65. Lebensjahres im November 2022, wie sich auch aus dem eingereichten Antrag auf Rentenversicherung ergebe. Im Frühjahr/Sommer 2014 habe sie, die Klägerin, sich an ihren Cousin X B gewandt mit der Bitte, ihr die zur Lebensführung erforderlichen Geldmittel zu leihen. Es seien zinslose Darlehensleistungen, jeweils anlassbezogen, zur Lebensführung vereinbart worden. Die Rückzahlung habe mittels der im Jahre 2022 fällig werdenden Rentenauszahlung erfolgen sollen bzw. ab Antragstellung im Januar 2015 über die nach dem SGB II zu erbringenden Gelder. Der über einen Leistungsanspruch nach dem SGB II hinausgehende Darlehensbetrag sei von ihr teils zu ihrer eigenen Lebensführung, teils zur Unterstützung der damals noch im Studium befindlichen Tochter verwendet worden.
Der Senat hat am u. a. am 05.12.2017 einen Erörterungstermin durchgeführt. Wegen der Einzelheiten wird auf das Sitzungsprotokoll (Bl. 288 ff. d. PA) verwiesen.
Am 19.03.2018 hat die Klägerin die Rentenversicherung bei der "M Versicherungen" zum 31.03.2018 gekündigt. Von dem Guthaben in Höhe von 12.127,42 Euro wurden ihr nach Abzug von Kapitalertrags- und Kirchensteuer sowie Solidaritätszuschlag im April 2018 11.531,72 Euro ausbezahlt. Die Klägerin hat ein von ihr und ihrem Cousin X B unterschriebenes Schriftstück unter dem Betreff "Rückzahlung zur Vereinbarung vom Februar 2015" zu den Akten gereicht, wonach sie exakt diesen Betrag am 17.04.2018 in bar an X B zurückgezahlt hat.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den übrigen Inhalt der Gerichtsakte und der Verwaltungsakte des Beklagten verwiesen, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung des Beklagten ist begründet.
Das SG hat den Beklagten zu Unrecht unter Abänderung des Bescheides vom 25.03.2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.06.2015 verurteilt, der Klägerin Leistungen nach dem SGB II in gesetzlicher Höhe – ohne Berücksichtigung eines Rückforderungsanspruchs nach § 528 BGB – zu zahlen.
Das Urteil des SG konnte – abgesehen von der fehlenden Vollstreckbarkeit des Tenors – allein deshalb keinen Bestand haben, weil es keinerlei Begrenzung des Leistungszeitraumes – vorliegend auf den Zeitraum vom 01.01.2015 bis zum 30.11.2015 – vornimmt. Streitgegenstand des Berufungsverfahrens ist der Bescheid des Beklagten vom 25.03.2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.06.2015. Mit dem angefochtenen Bescheid hat der Beklagte die am 27.01.2015 beantragten Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II vollständig abgelehnt. Der Antrag auf Leistungen nach dem SGB II wirkte auf den 01.01.2015 zurück, § 37 Abs. 2 Satz 2 SGB II (idF des Gesetzes zur Ermittlung von Regelbedarfen und zur Änderung des Zweiten und Zwölften Buches Sozialgesetzbuch – RBEG/SGB II/SGB XII-ÄndG – vom 24.3.2011, BGBl I 453). Der Streitgegenstand wird durch die erneute Antragstellung am 28.12.2015, über die mit Bescheid vom 23.03.2016 entschieden wurde, begrenzt auf den Zeitraum bis zum 30.11.2015 (vgl. zur Begrenzung des Streitgegenstandes BSG, Urt. vom 01.07.2009 – B 4 AS 9/09 R, juris Rn. 10; Urt. vom 31.10.2007 – B 14/11b AS 59/06 R, juris Rn. 13; Breitkreuz in: Breitkreuz/Fichte, SGG, 2. Aufl. 2014, Vorbemerkung § 94 Rn. 5).
Darüber hinaus ist das Urteil des SG aber auch deshalb abzuändern gewesen, weil der angefochtene Bescheid des Beklagten vom 25.03.2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.06.2015 rechtmäßig ist und die Klägerin nicht in ihren Rechten gemäß § 54 Abs. 2 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) verletzt. Die Klägerin hat gegen den Beklagten keinen Anspruch auf Gewährung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem SGB II für die Zeit vom 01.01.2015 bis 30.11.2015.
Nach § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB II erhalten Leistungen nach diesem Buch Personen, die das 15. Lebensjahr vollendet und das 65. Lebensjahr noch nicht vollendet haben bzw. die Altersgrenze nach § 7a noch nicht erreicht haben (Nr. 1), erwerbsfähig (Nr. 2) und hilfebedürftig (Nr. 3) sind und ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland haben (Nr. 4). Hilfebedürftig ist nach § 9 Abs. 1 SGB II, wer seinen Lebensunterhalt, seine Eingliederung in Arbeit und den Lebensunterhalt der mit ihm in einer Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Kräften und Mitteln, vor allem nicht durch Aufnahme einer zumutbaren Arbeit, aus dem zu berücksichtigenden Einkommen oder Vermögen sichern kann und die erforderliche Hilfe nicht von anderen, insbesondere von Angehörigen oder Trägern anderer Sozialleistungen erhält.
Die Klägerin erfüllt die tatbestandlichen Voraussetzungen der Nummern 1, 2 und 4 des § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB II. Sie war jedoch im streitgegenständlichen Zeitraum nicht hilfebedürftig gemäß § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3, § 9 Abs. 1 SGB II. Sie verfügte jedenfalls über Einkommen aus Erwerbstätigkeit, Kindergeld und Dividende sowie über verwertbares Vermögen in Form eines Guthabens aus der Hybridrentenversicherung.
Der grundsicherungsrechtliche Bedarf der Klägerin i.S.v. §§ 19 Abs. 1 Satz 3, 20 ff. SGB II lag im Januar 2015 bei 1.042,82 Euro (Regelleistung i.H. von 399,00, Kosten der Unterkunft in Höhe der Grundmiete von 400,47 Euro, Nebenkosten in Höhe von 59,25 Euro, Heizkostenvorauszahlung 18,70 Euro, Mehrbedarf für die Kosten der Warmwasserbereitung in Höhe von 9,18 Euro, Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge 156,22 Euro). Aufgrund der Erhöhung der Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge auf 163,02 Euro stieg dieser Bedarf ab Februar 2015 auf 1.049,62 Euro. In dieser Höhe bestand der Bedarf auch in den Monaten März, Mai, Juli und September bis November 2015. Wegen des zusätzlichen Bedarfs für Kosten der Unterkunft in Höhe von 19,00 Euro lag der Gesamtbedarf im April, Juni und August bei 1.068,62 Euro. Weitere Mehrbedarfe gem. § 21 SGB II sind weder geltend gemacht noch erkennbar.
Dem Bedarf der Klägerin standen zu Beginn eines jeden Monats ausreichend Einkommen und Vermögen gegenüber, die vorrangig zur Sicherung ihres Lebensunterhalts einzusetzen waren.
Zum einen waren nach § 11 SGB II als Einkommen die Einnahmen aus dem Minijob in Höhe von 100,00 Euro sowie das an die Klägerin ausgezahlte Kindergeld in Höhe von 184,00 Euro bzw. ab September 2015 in Höhe von 188,00 Euro für ihre Tochter J zu berücksichtigen. Lebt das Kind nicht in der Haushaltsgemeinschaft mit den Eltern oder weiteren Angehörigen im Sinne des § 7 Abs. 3 Nr. 1 bis 3 SGB II oder hat es das 25. Lebensjahr vollendet, ist das Kindergeld als Einkommen gemäß § 11 Abs. 1 S. 1 SGB II bei dem Kindergeldberechtigten zu berücksichtigen, sofern – wie hier – keine Abzweigung oder Weiterleitung des Kindergeldanspruchs an das Kind vorliegt. Die Klägerin war gemäß § 62 des Einkommensteuergesetzes Kindergeldberechtigte bezüglich der Kindergeldzahlung für ihre in Ausbildung befindliche Tochter. Da unstreitig ein Zufluss des Kindergeldes erfolgte, ist der durch nichts belegte Vortrag der Klägerin, Kindergeld sei zurückzuzahlen gewesen, rechtlich ohne Belang; denn der Zufluss des Kindergeldes war nicht von Anfang mit einer Rückzahlungsverpflichtung verbunden. Wenn tatsächlich – nach dem sich aus den Akten ergebenden Sach- und Streitstand nicht nachvollziehbar – eine Erstattung des Kindergeldes für bestimmte Monate erfolgt sein sollte, bedurfte es insoweit die ursprüngliche Bewilligung aufhebenden und die Höhe der Erstattungsforderung beziffernder Verwaltungsakte (BSG, Urteil vom 23.08.2011 – B 14 AS 165/10 R, juris Rn. 23 ff. m.w.N.).
Von den Einnahmen aus Erwerbstätigkeit in Höhe von 100,00 Euro war gemäß § 11b Abs. 1, Abs. 2 SGB II ein Betrag in Höhe von 100,00 Euro abzusetzen. Ein zu berücksichtigendes Einkommen verbleibt insoweit nicht. Von dem Kindergeld in Höhe von 184,00 Euro bzw. ab September 2015 in Höhe von 188,00 Euro war nicht gesondert der Pauschbetrag nach § 6 Abs. 1 Nr. 1 der Verordnung zur Berechnung von Einkommen sowie zur Nichtberücksichtigung von Einkommen und Vermögen beim Arbeitslosengeld II (Sozialgeld – Arbeitslosengeld II/Sozialgeld-Verordnung – AlgII-V -) in Höhe von 30,00 Euro monatlich für die Beiträge zu privaten Versicherungen nach § 11b Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGB II (Versicherungspauschale) abzusetzen (BSG, Urt. vom 11.07.2019 – B 14 AS 44/18 R, juris Rn. 42), so dass ein Betrag von 184,00 Euro bzw. 188,00 Euro zur – teilweisen – Deckung des oben bezifferten monatlichen Bedarfs zu berücksichtigen war. Hinzu kommt für den Monat des Zuflusses, Juni 2015, wegen der Gutschrift der Dividende weiteres Einkommen in Höhe von 80,00 Euro, vgl. § 11 Abs. 3 Satz 1 und 3 SGB II. Betriebskostengutschriften und Zuwendungen der Tochter betrafen dagegen nicht den streitgegenständlichen Zeitraum. Nach Berücksichtigung von Einkommen aus Erwerbstätigkeit, Kindergeld und Dividende verbleiben ungedeckte Bedarfe in Höhe von 858,82 Euro (Januar 2015), 865,62 Euro (Februar, März, Mai und Juli 2015), 884,62 Euro (April und August 2015), 804,62 Euro (Juni 2015) und 861,62 Euro (September bis November 2015).
Ob die Zuflüsse in oben im Einzelnen aufgeführter Höhe durch den, wie von der Klägerin vorgetragen, Cousin X B in Form einer ganzen Reihe von zinslosen Darlehen, bei denen ihr die Geldbeträge bar ausgezahlt wurden und die sie teilweise für Bareinzahlungen auf ihr Girokonto verwendet haben will, als weiteres Einkommen gem. § 11 Abs. 3 Satz 1 SGB II zu berücksichtigen sind, kann der Senat dahin stehen lassen. Im Hinblick auf die Folgezeiträume, die zwischen den Beteiligten ebenfalls im Streit stehen, weist der Senat jedoch auf Folgendes hin:
Darlehen, die an den Darlehensgeber zurückzuzahlen sind, stellen als nur vorübergehend zur Verfügung gestellte Leistung grundsätzlich kein Einkommen dar, auch wenn es als "bereites Mittel" zunächst zur Deckung des Lebensunterhalts verwandt werden könnte (BSG, Urt. vom 17.06.2010 – B 14 AS 46/09, juris Rn. 16). An den Nachweis des Abschlusses und der Ernstlichkeit eines Darlehensvertrags unter Verwandten sind jedoch strenge Anforderungen zu stellen, um eine Darlehensgewährung eindeutig zB von einer Schenkung oder einer Unterhaltsleistung abgrenzen zu können (BSG, a.a.O., juris Rn. 21). Entscheidend ist, ob die Darlehensverträge entsprechend § 488 BGB zivilrechtlich wirksam geschlossen worden sind. Vorliegend bestehen erhebliche Zweifel, ob den den streitgegenständlichen Zeitraum betreffenden, von der Klägerin im Einzelnen aufgelisteten Geldbeträgen insgesamt siebzehn wirksame Darlehensverträge zugrunde liegen. Der Gesamtbetrag liegt allein für den streitgegenständlichen Zeitraum bei 15.500,00 Euro im Verhältnis zu nach Anrechnung der o.g. Einkommen ungedeckten Bedarfe in Höhe von 9.480,02 Euro – weitere 1.100,00 Euro standen der Klägerin im Hinblick auf nicht anzurechnendes Einkommen tatsächlich zur Deckung ihres Lebensunterhalts zur Verfügung -. Die Klägerin hat zu keinem Zeitpunkt darlegen können, warum ihr in einer derart deutlich die Deckung des soziokulturellen Existenzminimums übersteigender Höhe Geldbeträge zur Verfügung gestellt wurden. Bezieht man den Zeitraum ab Juni 2014 bis Ende 2016 mit ein, so liegen die Geldbeträge bei insgesamt 39.000,00 EUR auf der Grundlage von behaupteten dreiundvierzig Darlehensverträgen. Auch ansonsten sind die Umstände der angeblichen Darlehensgewährungen für den Senat nicht nachvollziehbar: Dass dem Cousin X B solche Summen überhaupt zur Verfügung standen; dass für diesen jedenfalls die Aussicht auf gewinnbringende Zinsen im Hinblick auf die vereinbarte zinslose Darlehensgewährung jedenfalls keine Motivation darstellte; dass die Klägerin offensichtlich nach eigenem Gutdünken verfahren konnte, was den Zeitpunkt des Abschlusses jeweils neuer Verträge, der Auszahlung und der Höhe der Geldbeträge angeht. Derartige Umstände entsprechen keinesfalls der Üblichkeit. Einem Fremdvergleich hält auch der Umstand nicht stand, dass nicht einmal eine entfernte Aussicht besteht, dass die Klägerin die ihr angeblich darlehensweise zur Verfügung gestellten Geldbeträge jemals vollständig zurückzuzahlen in der Lage sein wird, § 488 Abs. 1 Satz 2 BGB. Bis auf die Forderung gegenüber der "M Versicherungen" verfügte die Klägerin nach eigenen Angaben über keinerlei sonstiges Vermögen (mehr); insoweit verwundert, dass die Klägerin der Versicherung nicht einmal einen Freistellungsauftrag erteilt hat, sondern mit der Auszahlung der Versicherungssumme im Jahre 2018 – nach erfolgter vorzeitiger Vertragsauflösung – entsprechende Steuern einbehalten wurden, die den für die Tilgung der behaupteten Darlehen zufließenden Geldbetrag nicht unerheblich minderten. Auch bei einer Nachzahlung von SGB II-Leistungen für den streitgegenständlichen und die Folgezeiträume wäre keine vollständige Tilgung der insgesamt dreiundvierzig Darlehen rechnerisch möglich, liegen doch die gewährten Darlehen deutlich über einem möglichen Leistungsanspruch. Weiter war auch für die Klägerin absehbar, wiederum ihre Angabe unterstellt, sie habe das ererbte Vermögen vollständig verbraucht, dass sie auch zukünftig von staatlichen Fürsorgeleistungen abhängig sein würde, und zwar im Hinblick auf sehr geringe Rentenanwartschaften auch über das Erreichen der Regelaltersgrenze hinaus. Weiter spricht gegen eine Üblichkeit der behaupteten Darlehensverträge, dass lediglich bzgl. der den Zeitraum von Juni 2014 bis Januar 2015 betreffenden Darlehen, vgl. § 488 Abs. 1 Satz 2 BGB, eine Fälligkeit des Rückzahlungsanspruchs bestimmt wurde: Zeitpunkt der vertraglich vereinbarten Auszahlung aus der Hybridrentenversicherung im Jahre 2022. Bezüglich der weiteren Darlehen ist nicht vorgetragen, dass bislang überhaupt eine die Fälligkeit der Rückzahlungsverpflichtung begründende Kündigung, § 488 Abs. 3 Satz 1 BGB, oder über 11.531,72 Euro hinaus im April 2018 eine Rückzahlung der Darlehen erfolgt ist. Dass die Auszahlung der Darlehen ausschließlich in bar erfolgt sein soll, hält ebenfalls keinem Fremdvergleich stand, zumal die Klägerin einen Teil der Geldbeträge auf ihr Konto zur Deckung der laufenden festen Ausgaben einzahlen musste. Schließlich erscheint befremdlich, dass die Klägerin die Zuordnung der einzelnen Darlehen anhand ihrer Kontoauszüge und den sich ergebenden Bareinzahlungen sowie ihrer Tagebuchaufzeichnungen rekonstruieren musste.
Die Zuflüsse aus den behaupteten Darlehen außer Acht lassend, stand der Klägerin jedenfalls zur Deckung ihres soziokulturellen Existenzminimums nach Berücksichtigung von Erwerbseinkommen, Kindergeld und Dividende verwertbares Vermögen i.S.v. § 12 SGB II zur Verfügung, welches die Freibeträge nach § 12 Abs. 2 SGB II überstieg. Die im August 1957 geborene Klägerin war bei Antragstellung im Januar 2015 57 Jahre alt. Ihr stand ein Grundfreibetrag von 150,00 x 57 = 8.550,00 Euro (§ 12 Abs. 2 Nr.1 SGB II) sowie ein Freibetrag für notwendige Anschaffungen von 750,00 Euro (§ 12 Abs. 2 Nr. 4 SGB II), insgesamt 9.300,00 Euro zu. Weitere Freibeträge iS des § 12 Abs. 2 SGB II bestanden nicht.
Auch bezüglich der Berücksichtigung von Vermögen kann der Senat offen lassen, ob die Klägerin tatsächlich, wie von ihr behauptet, das gesamte im Februar 2010 geerbte Barvermögen in Höhe von 166.931,00 Euro verbraucht hatte, als sie ab Januar 2015 Leistungen der Grundsicherung für Arbeitssuchende beantragte. Die Ausgaben, die die Klägerin belegt hat, belaufen sich nur auf einen Bruchteil der Summe. Auch ihre Angaben über Zweck, Zeitpunkt und Höhe der angeblich geleisteten Ausgaben bleiben überaus vage. Dem Senat erschließt sich nicht, warum keine Unterlagen vorhanden sein sollen. Auch sind zu keinem Zeitpunkt Kontenabrufverfahren durchgeführt worden mit der Folge, dass nicht geprüft wurde, ob die Klägerin neben ihrem Girokonto weitere Konten, gegebenenfalls mit Guthaben, inne hatte. Die mehrfachen Nachfragen seit dem Ende des Leistungsbezuges in 2010, ob Ansprüche nach dem SGB II bestehen und unter welchen Voraussetzungen – bezogen auf mögliche zu berücksichtigende Vermögensgegenstände -, der Umstand, dass die Klägerin den Widerspruch gegen den ablehnenden streitgegenständlichen Bescheid dem Beklagten gegenüber mit der Hoffnung verknüpfte, dass sie wenigstens eine kleine Unterstützung vom Jobcenter erhalten würde, um daraus einen Teil ihrer monatlichen Kosten decken zu können, sowie die Behauptung, das geerbte Vermögen sei in Gänze im Februar 2014 verbraucht gewesen, darlehensweise Unterstützung über ihren Cousin jedoch erst ab Juni 2014 erfahren zu haben, erscheinen befremdlich, sollte die Klägerin tatsächlich über keinerlei Rücklagen mehr verfügt haben. Ebenso wenig nachvollziehbar ist für den Senat, dass die Klägerin in der von ihr behaupteten finanziellen Situation den Semesterbeitrag, den Beitrag für die Rechtschutzversicherung und drei Zahlungen mit dem Betreff "Kindergeld" an ihre Tochter erbringen konnte.
Schließlich kann der Senat offen lassen, ob der Klägerin ein sich aus §§ 528 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. 818 Absatz 2 BGB ergebender Anspruch auf wiederkehrende Zahlung eines der Bedürftigkeit des Schenkers entsprechenden Wertanteils zur Deckung der gegenwärtigen Notlage als verwertbares Vermögen, § 12 Abs. 1 SGB II, zur Verfügung stand. § 528 Abs. 1 Satz 1 BGB bestimmt, dass der Schenker die Herausgabe des Geschenks nur fordern kann, "soweit" er nach der Vollziehung der Schenkung außerstande ist, seinen angemessenen Unterhalt zu bestreiten. Es entspricht ständiger höchstrichterlicher zivilgerichtlicher Rechtsprechung, dass der Anspruch auf Herausgabe des Geschenks gemäß §§ 528 Abs. 1 Satz 1 BGB bei einem nicht teilbaren Geschenk – wie einem Grundstück oder Sonder- und Miteigentum bei einer Eigentumswohnung – von vornherein nicht auf Herausgabe des Geschenks in natura (§ 818 Abs. 1 BGB), sondern auf Wertersatz (§ 818 Abs. 2 BGB) in Form wiederkehrender Zahlung eines der jeweiligen Bedürftigkeit des Schenkers entsprechenden Wertanteils gerichtet ist, bis der Wert des Geschenks erschöpft ist (Bundesgerichtshof -BGH-, Urt. vom 17.12.2009 – Xa ZR 6/09, juris Rn. 13 mit zahlreichen weiteren Nachweisen). Wie sich aus §§ 528 Abs. 1 Satz 3, 760 BGB ergibt, handelt es sich um eine Vorauszahlungspflicht für drei Monate (Harke in beck-online.GROSSKOMMENTAR, Gesamt-Hrsg: Gsell/Krüger/Lorenz/Reymann, Hrsg: Harke, Stand: 01.01.2020, § 528 BGB Rn. 25). Insoweit verkennt das SG bei seiner Entscheidung, dass vorliegend ein nicht teilbares Geschenk der Klägerin an ihre Tochter vorliegt. Mit der Einschränkung des Rückforderungsanspruchs in § 528 Abs. 1 Satz 1 BGB auf das zur Behebung des Notbedarfs Erforderliche soll dem Vertrauen des Beschenkten auf die Rechtsbeständigkeit der Schenkung entsprochen, zugleich aber auch dem in Not geratenen Schenker den Rückgriff auf die Schenkung erhalten werden, damit dieser entweder seinen eigenen Unterhalt bestreiten kann oder damit die Erfüllung einer ihm gesetzlich obliegenden Unterhaltspflicht sichergestellt ist. Insbesondere soll nicht die Allgemeinheit durch die Folgen der Freigiebigkeit des Schenkers belastet werden (BGH, Urt. vom 17.12.2009 – Xa ZR 6/09, juris Rn. 16 m.w.N.). Gibt der Beschenkte jedoch, sobald der Anspruch aus § 528 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 818 Abs. 2 BGB gegen ihn geltend gemacht wird, das erhaltene Geschenk zurück, so wird damit der Zustand wieder hergestellt, der ohne die Freigiebigkeit des Schenkers bestünde. Hierzu ist der Beschenkte zwar rechtlich nicht verpflichtet, aus entsprechender Anwendung des § 528 Abs. 1 Satz 2 BGB ergibt sich jedoch die diesbezügliche Ersetzungsbefugnis des Beschenkten. Er ist insbesondere nicht infolge der empfangenen Schenkung verpflichtet, das Geschenk zu verwerten oder eigene Mittel einzusetzen, um den Unterhaltsbedarf des Schenkers zu sichern. Hierfür gibt die einschränkende Zahlungsverurteilung, die dem Beschenkten den Erhalt des Geschenks sichern soll, keinen Anlass; diese Begünstigung würde sich vielmehr in dem Fall, dass das Geschenk schwer oder gar nicht zu verwerten ist, in ihr Gegenteil verkehren. Hierfür gibt es keinen Grund (BGH, a.a.O., Rn. 16 bei juris). Die Tochter der Klägerin könnte danach monatlich den entsprechenden Wertanteil leisten oder ihrer Zahlungspflicht dadurch entgehen, dass sie das Eigentum an der Immobilie an die Mutter rücküberträgt.
Die Tochter der Klägerin könnte sich auch nicht mit Erfolg nach § 529 Abs. 2 BGB auf den Ausschluss des Rückforderungsanspruchs berufen. Die Eröffnung der Notbedarfseinrede beruht auf der Erwägung, dass die Rechtsordnung kein Interesse daran haben kann, dass der Beschenkte durch die Rückgabe des Geschenks in eine Notlage gestürzt wird, nur um den Schenker einer solchen Lage zu entreißen (vgl. BGH, Urt. vom 19.12.2000 – X ZR 146/99, juris Rn. 13 ff. m.w.N.). Soweit nach der Schenkung auch bei einer Rückgabe des Geschenks für einen der daran Beteiligten ein Notbedarf nicht zu vermeiden ist, soll es bei der mit der Schenkung gewollten Vermögensverschiebung verbleiben (BGH, Urt. vom 20.11.2018 – X ZR 115/16, juris Rn. 12). Der Tochter der Klägerin wäre jedoch die Berufung auf die Notbedarfseinrede deshalb zu versagen, weil sie bei Vollzug des Schenkungsvertrags wusste oder sich grob fahrlässig der Erkenntnis verschlossen hat, dass die Schenkerin infolge der Vollziehung der Schenkung für ihren Unterhalt nicht mehr würde aufkommen können und auf Leistungen des Grundsicherungsträgers angewiesen sein würde. Bereits einen Monat vor dem Vollzug der Schenkung hatte die Klägerin bei dem Beklagten vorgesprochen, einen Leistungsantrag aber nicht gestellt, weil ihr der Beklagte die Verwertung der nicht selbst genutzten Eigentumswohnung angetragen hatte. Nur knapp drei Monate nach dem Vollzug der Schenkung stellte die Klägerin einen Leistungsantrag und machte Bedürftigkeit geltend. Die Vollziehung eines Schenkungsvertrags verstößt regelmäßig gegen die guten Sitten (§ 138 BGB), wenn der Schenker dem Beschenkten einen Vermögensgegenstand zuwendet, den er zur Deckung seines Unterhaltsbedarfs benötigt, dieser Unterhaltsbedarf deshalb vom Sozialhilfe- oder Grundsicherungsträger befriedigt werden muss und der Beschenkte annehmen muss, den zugewendeten Gegenstand mit der Schenkung einer Verwertung zur Deckung des Unterhaltsbedarfs des Schenkers zu entziehen (BGH, Urt. vom 20.11.2018 – X ZR 115/16, juris Rn. 18). Aus einem solchen Sittenverstoß folgt regelmäßig jedoch nicht die Nichtigkeit des Schenkungsvertrags. Vielmehr ist dem Beschenkten lediglich die Erhebung der Notbedarfseinrede verwehrt (BGH, a.a.O., juris Rn. 21 ff. und 26).
Einem Anspruch der Klägerin gegen ihre Tochter aus § 528 Abs. 1 i.V.m. § 818 Abs. 2 BGB stünde auch nicht die Vorschrift des § 534 BGB, wie von der Klägerin vorgetragen, entgegen. Danach unterliegen Schenkungen, durch die einer sittlichen Pflicht oder einer auf den Anstand zu nehmenden Rücksicht entsprochen wird, nicht der Rückforderung und dem Widerruf. Schenkungen, durch die einer sittlichen Pflicht entsprochen wird, sind dadurch gekennzeichnet, dass die Vornahme der Schenkung nach den konkreten Umständen des Einzelfalles in der Weise sittlich geboten erscheint, dass ihr Unterlassen dem Schenker als sittliche Verfehlung zur Last gelegt wird (vgl. grundlegend BGH, Urt. vom 07.03.1984 – IVa ZR 152/82, juris Rn. 18). Zu den Anstandsschenkungen werden Gelegenheitsgaben wie Weihnachts- oder Hochzeitsgeschenke gezählt, ferner das Trinkgeld und Spenden zu einer öffentlichen Sammlung und ähnlichen Gelegenheiten (vgl. auch § 4 Abs. 2 des Gesetz über die Anfechtung von Rechtshandlungen eines Schuldners außerhalb des Insolvenzverfahrens – Anfechtungsgesetz – AnfG; § 149 Abs. 2 Insolvenzordnung – InsO, "gebräuchliches Gelegenheitsgeschenk geringen Wertes"; Kühle in: Herberger/Martinek/Rüßmann/Weth/ Würdinger, jurisPK-BGB, 9. Aufl., § 534 BGB -Stand: 01.02.2020-, Rn. 9 m.w.N.), nicht aber eine Immobilie, die zum Zeitpunkt der Schenkung mit einem Verkehrswert von 75.000,00 Euro gegenüber behauptetem Geldvermögen von unter 17.000,00 Euro den weit überwiegenden Teil des Vermögens der Klägerin ausmachte. Hinzu kommt, dass die Tochter der Klägerin nach deren Vortrag als Studentin über ihre Einkünfte aus BAFöG und Nebenjob nicht einmal in der Lage war, Hausgeld, Strom und Heizung für die Eigentumswohnung zu finanzieren. Hätte die Großmutter ihre Enkelin bedenken wollen, so hätte dies in Form einer letztwilligen Verfügung, die zwingenden Formvorschriften, zB § 2247 BGB, unterliegt, geschehen müssen.
Schließlich wäre ein entsprechender Anspruch der Klägerin gegen ihre Tochter aus §§ 528 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. 818 Abs. 2 BGB im Hinblick auf die Anwendung findende Verjährungsfrist von zehn Jahren, § 196 BGB, nicht verjährt (vgl. insoweit für Grundstücke: BGH, Urt. vom 22.04.2010 – Xa ZR 73/07, juris Rn. 20 und 30; für Eigentumswohnungen: Henrich in: BeckOK BGB, Bamberger/Roth/Hau/Poseck, 53. Edition, Stand: 01.02.2020, Rn. 7 m.w.N.).
Dem Beklagte ist weiter darin zuzustimmen, dass die in § 33 SGB II enthaltene cessio legis ("geht der Anspruch bis zur Höhe der geleisteten Aufwendungen auf die Träger der Leistungen nach diesem Buch über", vgl. auch Grote-Seifert in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB II, 5. Aufl., § 33 -Stand: 01.03.2020-, juris Rn. 16) – entgegen der Annahme des SG erfolgt nur im Recht der Sozialhilfe der Übergang anderer Ansprüche gegen Dritte durch Überleitungsanzeige seitens des Sozialhilfeträgers, vgl. § 93 Abs. 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch (SGB XII) – gerade die Rechtmäßigkeit der Leistungserbringung nach dem SGB II voraussetzt, an der es vorliegend fehlt.
Ob die Klägerin im Hinblick auf die zeitliche Komponente der Realisierung ihres Anspruchs auf § 528 i.V.m. § 818 Abs. 2 BGB verweisbar ist – nur dann läge verwertbares Vermögen vor, wenn der Klägerin innerhalb eines Monats entsprechende Zahlungen seitens der Tochter zufließen würden -, oder ob lediglich ein Darlehnsanspruch gem. § 24 Abs. 5 SGB II, ausgehend von der Prognose, dass sich die Ansprüche der Klägerin innerhalb von sechs Monaten realisieren ließen, gegeben wäre, musste der Senat nicht entscheiden; denn der Klägerin stand weiteres, sofort verfügbares und verwertbares Vermögen zur Verfügung, das einen Leistungsanspruch ausschloss.
Die Klägerin hat im streitgegenständlichen Zeitraum mit der Rentenversicherung der "M Versicherungen" über verwertbares Vermögen i.S.v. § 12 SGB II verfügt. Die Versicherung der Klägerin erfüllte nicht die Voraussetzungen des § 12 Abs. 2 Nr. 2 und 3 SGB II. Es handelte sich weder um bundesrechtlich gefördertes Altersvorsorgevermögen i.S. des § 12 Abs. 2 Nr. 2 SGB II noch um Versicherungen mit einem vereinbarten Verwertungsausschluss i.S. des § 12 Abs. 2 Nr. 3 SGB II. Ein Ausschluss nach § 12 Abs. 3 SGB II lag ebenfalls nicht vor. Insbesondere war die Verwertung der Versicherung nicht offensichtlich unwirtschaftlich und bedeutete auch keine besondere Härte (vgl. zu dieser Voraussetzung auch BSG, Urt. vom 20.02.2014, B 14 AS 10/13 R). Die Rentenversicherung hatte zum 31.10.2014 einen Wert von 10.838,90 Euro. Zwar lagen dem Senat die Versicherungsbedingungen nicht vor. Aus dem Umstand, dass die Klägerin im Jahre 2018 vorzeitig innerhalb eines Monats über eine Kündigung die Auszahlung der Versicherungssumme, und zwar ohne jeden Abzug wegen vorzeitiger Vertragsbeendigung, bewirken konnte, ist aber ohne Weiteres davon auszugehen, dass die Klägerin nach einer Kündigung des Versicherungsvertrages innerhalb eines Monats über die Versicherungssumme hätte verfügen können. Die Klägerin war auch Forderungsinhaberin. Insbesondere ist in der "Vereinbarung" vom 10.01.2015 keine Abtretung, § 398 BGB, zu Gunsten ihres Cousins X B zu sehen. Unabhängig von der Frage, ob eine Abtretung möglicherweise über die Versicherungsbedingungen ausgeschlossen war, fehlt es bereits an einem Abtretungsvertrag, §§ 398, 145, 147 BGB. Der Erklärung vom 10.01.2015 ist aus objektivem Empfängerhorizont keinerlei Rechtsbindungswille zu entnehmen, eine Änderung der Forderungsinhaberschaft vorzunehmen. Vielmehr sollte eindeutig die Klägerin die auszuzahlende Versicherungssumme entgegennehmen und anschließend – im Sinne einer Fälligkeitsbestimmung der zugrundeliegenden Darlehensverträge – an den Cousin weiterleiten. Auch im hier streitgegenständlichen Zeitraum hätte die Klägerin durch entsprechende Kündigungserklärung die Auszahlung der Versicherungssumme bewirken können und es hätten ihr damit bereite Mittel für ihren Lebensunterhalt zur Verfügung gestanden. Das ab Januar 2015 monatlich verwertbare Vermögen der Klägerin lag unter Berücksichtigung des Rückkaufswertes der Versicherung zum 31.10.2014 und der Freibeträge somit bei mindestens 1.5 38,90 Euro (10.838,90 Euro – 9.300,00 Euro) und überstieg ihren monatlichen Bedarf. Da die Klägerin gerade keine Verwertung betrieb, stand das Vermögen durchgehend im gesamten streitgegenständlichen Zeitraum Monat für Monat zur Verfügung, darüber hinaus bis zur Auszahlung der Versicherungssumme im Jahre 2018. In der Situation der Leistungsbewilligung, wie vorliegend, ist vorhandenes, zu verwertendes und verwertbares Vermögen in den Existenzsicherungssystemen des SGB II und SGB XII so lange zu berücksichtigen, wie es tatsächlich vorhanden ist (zum SGB II vgl. BSG, Urt. vom 30.07.2008 – B 14 AS 14/08 B, juris Rn. 5; zum SGB XII vgl. nur BSG, Urt. vom 20.09.2012 – B 8 SO 20/11 R, juris Rn. 14 f. m.w.N.).
Davon unabhängig wäre es der Klägerin, wenn sie den Versicherungsvertrag nicht vorzeitig hätte kündigen wollen, um die Vorteile einer weiteren Laufzeit des Vertrages zu sichern, falls die Versicherungsbedingungen keinen entsprechenden Ausschluss enthalten haben sollten, möglich gewesen, die Forderung gegenüber dem Versicherungsunternehmen zu beleihen, also zur Sicherung eines Darlehens abzutreten oder zur verpfänden, und sich so zeitnah bereite Mittel zu verschaffen. Eine solche Art der Verwertung von Vermögenswerten stellt eine zumutbare Möglichkeit der Verwertung von Vermögen dar (vgl. LSG NRW, Urt. vom 22.09.2009 – L 1 AS 28/08, juris Rn. 31 ff. m.w.N.; Formann in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB II, 5. Aufl., § 12 -Stand: 01.03.2020-, juris Rn. 71 m.w.N.).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Anlass zur Zulassung der Revision hat nicht bestanden.
Erstellt am: 12.10.2020
Zuletzt verändert am: 12.10.2020