Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Düsseldorf vom 25.9.2019 wird zurückgewiesen. Der Antragsteller trägt auch die Kosten des Beschwerdeverfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die ihre außergerichtlichen Kosten selbst zu tragen haben. Der Streitwert wird für das Beschwerdeverfahren und – unter Abänderung der erstinstanzlichen Festsetzung – auch für das erstinstanzliche Verfahren auf 2.430,47 Euro festgesetzt.
Gründe:
Die zulässige Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Sozialgerichts (SG) Düsseldorf vom 25.9.2019 ist nicht begründet. Das SG hat den Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Anfechtungsklage des Antragstellers (anhängig beim SG Düsseldorf – Az.: S 45 BA 116/19) gegen den Bescheid vom 7.1.2019 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 6.6.2019 zu Recht abgelehnt.
Gemäß § 86b Abs. 1 S. 1 Nr. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) kann das Gericht der Hauptsache in den Fällen, in denen Widerspruch oder Anfechtungsklage keine aufschiebende Wirkung haben, diese auf Antrag ganz oder teilweise anordnen. Widerspruch und Anfechtungsklage gegen eine – wie hier erfolgte – Entscheidung über Versicherungs-, Beitrags- und Umlagepflichten sowie die Anforderung von Beiträgen, Umlagen und sonstigen öffentlichen Abgaben einschließlich der darauf entfallenden Nebenkosten haben gem. § 86a Abs. 2 Nr. 1 SGG keine aufschiebende Wirkung.
Die Entscheidung, ob eine aufschiebende Wirkung ausnahmsweise gem. § 86b Abs. 1 S. 1 Nr. 2 SGG durch das Gericht angeordnet wird, erfolgt aufgrund einer umfassenden Abwägung des Suspensivinteresses des Antragstellers einerseits und des öffentlichen Interesses an der Vollziehung des Verwaltungsakts andererseits. Im Rahmen dieser Interessenabwägung ist in Anlehnung an § 86a Abs. 3 S. 2 SGG zu berücksichtigen, in welchem Ausmaß Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsaktes bestehen (hierzu unter 1.) oder ob die Vollziehung für den Antragsteller eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte (hierzu unter 2.).
1. Da § 86a Abs. 2 Nr. 1 SGG das Vollzugsrisiko bei Bescheiden über die Anforderung von Beiträgen, Umlagen und sonstigen öffentlichen Abgaben grundsätzlich auf den Adressaten verlagert, können nur solche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Bescheides ein überwiegendes Suspensivinteresse begründen, die einen Erfolg des Rechtsbehelfs zumindest überwiegend wahrscheinlich erscheinen lassen. Hierfür reicht es nicht schon aus, dass im Rechtsbehelfsverfahren möglicherweise noch ergänzende Tatsachenfeststellungen zu treffen sind. Maßgebend ist vielmehr, ob nach der Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der Eilentscheidung mehr für als gegen die Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides spricht (st. Rspr. des Senats, vgl. z.B. Beschl. v. 12.4.2017 – L 8 R 987/15 B ER – juris Rn. 2 f.; Beschl. v. 11.3.2016 – L 8 R 506/14 B ER – juris Rn. 51 m.w.N.).
Ausgehend hiervon bestehen an der Rechtmäßigkeit der Nachforderung der Künstlersozialabgabe (KSA) nach der in Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes gebotenen summarischen Prüfung keine solchen Zweifel, die einen Erfolg der Klage des Antragstellers in der Hauptsache überwiegend wahrscheinlich erscheinen lassen. Es spricht nicht mehr dafür als dagegen, dass sich der Bescheid vom 7.1.2019 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 6.6.2019, mit dem die Antragsgegnerin vom Antragsteller für den Zeitraum vom 1.1.2014 bis 31.12.2017 KSA von 9.721,88 Euro für die an die Beigeladenen zu 1) bis 3) gezahlten Entgelte fordert, in der Hauptsache als rechtswidrig erweisen wird.
Ermächtigungsgrundlage für den angefochtenen Bescheid ist § 28p Abs. 1a S. 5 Sozialgesetzbuch Viertes Buch (SGB IV). Nach dieser Vorschrift erlassen die Träger der gesetzlichen Rentenversicherung gegenüber den Arbeitgebern die erforderlichen Verwaltungsakte zur KSA-Pflicht, zur Höhe der KSA und zur Höhe der Vorauszahlungen nach dem Künstlersozialversicherungsgesetz (KSVG) einschließlich der Widerspruchsbescheide.
a) Der Bescheid in Gestalt des Widerspruchsbescheids ist formell rechtmäßig. Die Antragsgegnerin ist nach § 28p Abs. 1a S. 5 SGB IV für den Erlass der streitigen Bescheide zuständig und hat den Antragsteller ordnungsgemäß im Sinne des § 24 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) angehört.
b) Auch in materiell-rechtlicher Hinsicht sind Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Verwaltungsakts nach der im Verfahren vorläufigen Rechtsschutzes gebotenen summarischen Prüfung in einem die Anordnung der aufschiebenden Wirkung rechtfertigenden Umfang nicht gegeben.
Die (Nach-)Forderung der KSA durch den Rentenversicherungsträger nach § 28p Abs. 1a SGB IV in Verbindung mit §§ 24 ff. KSVG setzt zunächst voraus, dass das in Anspruch genommene Unternehmen zum Kreis der Abgabepflichtigen nach dem KSVG zugehörig ist (sog. Erfassungsbescheid). Ob und in welcher Höhe eine Pflicht zur Zahlung der KSA entsteht, richtet sich gem. § 25 KSVG nach dem an Künstler oder Publizisten für künstlerische oder publizistische Werke oder Leistungen gezahlten Entgelt (sog. Abgabebescheid; vgl. z.B. BSG Urt. v. 28.3.2019 – B 3 KS 1/18 R – juris Rn. 11; Urt. v. 29.11.2016 – B 3 KS 2/15 R – juris Rn. 14 f., 21; Urt. v. 16.7.2014 – B 3 KS 3/13 R – juris Rn. 12; Urt. v. 25.11.2010 – B 3 KS 1/10 R – juris Rn. 11; LSG Nordrhein-Westfalen Urt. v. 18.8.2016 – L 5 KR 490/16 – juris Rn. 35).
Es spricht derzeit mehr dafür als dagegen, dass der Antragsteller dem Grunde nach abgabepflichtig nach dem KSVG war (hierzu unter aa). Überwiegende Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Höhe der Nachforderung sind nicht erkennbar (hierzu unter bb).
aa) Der Antragsteller ist nach der im Eilverfahren gebotenen summarischen Prüfung hinsichtlich der Auftragserteilung an den Beigeladenen zu 3) gem. § 24 Abs. 1 S. 2 KSVG abgabepflichtig (hierzu unter (1)) und hinsichtlich der Auftragserteilungen an die Beigeladenen zu 1) und 2) gem. § 24 Abs. 2 KSVG (hierzu unter (2)).
(1) Unternehmer sind gem. § 24 Abs. 1 S. 2 KSVG zur KSA verpflichtet, wenn sie für Zwecke ihres eigenen Unternehmens Werbung oder Öffentlichkeitsarbeit betreiben und dabei nicht nur gelegentlich Aufträge an selbstständige Künstler oder Publizisten erteilen.
(a) Der Antragsteller ist Unternehmer im Sinne des KSVG, weil er eine auf die nachhaltige Erzielung von Einnahmen ausgerichtete Tätigkeit ausübt (vgl. BSG Urt. v. 12.4.1995 – 3 RK 4/94 – juris 16; Senatsurt. v. 30.4.2014 – L 8 R 741/12 – juris Rn. 104)
(b) Er betreibt auch für Zwecke seines Unternehmens Werbung i.S.v. § 24 Abs. 1 S. 2 KSVG. Werbung umfasst nach allgemeinem Sprachverständnis alle Maßnahmen der Herstellung, Anwendung und Verbreitung von Werbemitteln, die dazu dienen sollen, einzelne Personen oder ganze Konsumentengruppen zu beeinflussen und zum Kauf von Gütern bzw. Dienstleistungen anzuregen (vgl. BSG Urt. v. 12.11.2003 – B 3 KR 8/03 R – juris Rn. 13). Die vom Antragsteller beabsichtigte Schaffung einer Webseite bzw. Internetverkaufsplattform erfüllt derartige Marketingziele (vgl. z.B. auch BSG Urt. vom 25.11.2010 – B 3 KS 1/10 R – juris Rn. 21)
(c) Der Antragsteller hat dem Beigeladenen zu 3) als selbstständigem Künstler – nicht nur gelegentlich – einen Auftrag für die von ihm geplante Werbemaßnahme erteilt.
Von dem Begriff "Aufträge" sind nach der Rechtsprechung des BSG alle "entgeltlichen" Verträge umfasst (vgl. BSG Urt. v. 28.9.2017 – B 3 KS 3/15 R – juris Rn. 30). Ein solcher Vertrag ist mit dem Vertrag über freie Mitarbeit vom 20.9.2017 über "projektbezogene Arbeiten" ab dem 1.10.2017 geschlossen worden. Bei diesem Projekt handelte es sich ausweislich der übereinstimmenden Angaben und auch des Angebots des Beigeladenen zu 3) vom 3.10.2017 um die Planung und Spezifikation eines Webseitenkonzepts mit folgender Umsetzung und der späteren Implementierung einer Online-Verkaufsplattform.
Dass der Beigeladene zu 3) zum Antragsteller nicht in einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis stand, sondern eine selbstständige Tätigkeit für dessen Betrieb ausübte, ist durch bestandskräftigen Bescheid der Antragsgegnerin vom 7.1.2019 festgestellt.
Die Beauftragung des Beigeladenen zu 3) erfolgte auch nicht "nur gelegentlich". Das Tatbestandsmerkmal der "nicht nur gelegentlichen Auftragserteilung" setzt nicht notwendig verschiedene Einzelaufträge voraus, sondern wird auch bei dauerhaften Geschäftsbeziehungen erfüllt (vgl. BSG Urt. v. 28.9.2017 – B 3 KS 3/15 R – juris Rn. 35 f.). Im vorliegenden Fall war die Beauftragung des Beigeladenen zu 3) auf eine langfristige Tätigkeit für den Antragsteller angelegt. So ist der Vertrag vom 20.9.2017 zeitlich unbefristet geschlossen worden und enthält eine sechsmonatige Kündigungsfrist. In den ersten sechs Monaten der Tätigkeit hat der Beigeladene zu 3) mindestens zwei Rechnungen mit einem Tätigkeitsumfang von vier Monaten und einem Abrechnungsvolumen einschließlich Mehrwertsteuer von 4.837,05 Euro überreicht, sodass sich auch faktisch ein nicht nur gelegentliches Tätigwerden zeigt.
Die Feststellung der Antragsgegnerin, dass die Tätigkeit des Beigeladenen zu 3) als künstlerische Tätigkeit zu qualifizieren ist, begegnet nach summarischer Würdigung ebenfalls keinen ernstlichen Zweifeln.
Künstler im Sinne des KSVG ist gem. § 2 S. 1 dieses Gesetzes, wer Musik, darstellende oder bildende Kunst schafft, ausübt oder lehrt. Damit bezeichnet das Gesetz drei Sparten der Kunst, die üblicherweise unterschieden werden (Musik, darstellende und bildende Kunst), jeweils umschrieben in den Varianten des Schaffens, Ausübens und Lehrens. Eine weitergehende Festlegung, was im Einzelnen darunter zu verstehen ist, ist im Hinblick auf die Vielfalt, Komplexität und Dynamik der Erscheinungsformen künstlerischer Betätigungsfelder nicht erfolgt. Das KSVG nennt nur allgemein die Begriffe "Künstler" und "künstlerische Tätigkeiten", wobei auf eine materielle Definition des Kunstbegriffs bewusst verzichtet wurde (vgl. BT-Drs. 8/3172 zu § 2, S. 21). Der Begriff der Kunst ist deshalb aus dem Regelungszweck des KSVG unter Berücksichtigung der allgemeinen Verkehrsauffassung und der historischen Entwicklung zu erschließen. Aus den Materialien zum KSVG ergibt sich, dass der Begriff der Kunst trotz seiner Unschärfe auf jeden Fall solche künstlerischen Tätigkeiten umfassen soll, mit denen sich der "Bericht der Bundesregierung über die wirtschaftliche und soziale Lage der künstlerischen Berufe (Künstlerbericht)" aus dem Jahre 1975 (BT-Drucks 7/3071) beschäftigt (st. Rspr. des BSG, vgl. z. B. Urt. v. 25.11.2015 – B 3 KS 3/14 R – juris Rn. 14; Urt. v. 21.6.2012 – B 3 KS 1/11 R – juris Rn. 15; s. auch Waßer jM 2018, 109, 111). Der Gesetzgeber hat damit einen an der Typologie von Ausübungsformen orientierten Kunstbegriff vorgegeben, der in aller Regel dann erfüllt ist, wenn das zu beurteilende Werk den Gattungsanforderungen eines bestimmten Kunsttyps (z. B. Theater, Malerei, Musik) entspricht. Bei diesen Berufsfeldern ist das soziale Schutzbedürfnis der Betroffenen zu unterstellen, ohne dass es auf die Qualität der künstlerischen Tätigkeit ankommt oder eine bestimmte Werk- oder Gestaltungshöhe vorausgesetzt wird (vgl. BSG Urt. v. 25.11.2015 – B 3 KS 3/14 R – juris Rn. 14). Ob der jeweilige Künstler tatsächlich schutzbedürftig ist oder nicht, spielt – entgegen der Auffassung des Antragstellers – somit keine Rolle.
Nach diesen Maßstäben und den bisher aktenkundigen Angaben sollte der Beigeladene zu 3) für den Antragsteller das Design sowohl einer Webseite als auch einer Online-Verkaufsplattform entwerfen und diese dann in Folge umsetzen. Dies ergibt sich aus dem Angebotsschreiben vom 3.10.2017 und ist vom Antragsteller im Verfahren als im Wesentlichen zutreffend angesehen worden.
Die Tätigkeit des Webdesigners ist als künstlerische Tätigkeit im o.g. Sinn anzusehen. Zwar existierte eine solche Berufsbezeichnung zur Zeit der Erstellung des Künstlerberichts 1975 noch nicht; die Tätigkeit ist jedoch mit den im Künstlerbericht aufgeführten Berufsbildern des Grafikdesigners, des Fotodesigners oder des Layouters vergleichbar (vgl. BSG Urt. v. 25.11.2015 – B 3 KS 3/14 R – juris Rn. 15; Urt. v. 7.7.2005 – B 3 KR 37/04 R – juris Rn. 14). Die Berufsbilder decken sich in ihrem Ziel, eine vom Kunden gewünschte Gestaltung unter ästhetischen und funktionalen Gesichtspunkten zu erstellen. Sie unterscheiden sich im Wesentlichen nur durch das zu bearbeitende Medium, das bei Webdesignern Bildschirmseiten hauptsächlich für Internet- und Intranet-Auftritte sind (vgl. BSG Urt. v. 7.7.2005 – B 3 KR 37/04 R – juris Rn. 15).
Eine andere Beurteilung ergibt sich nach den aktenkundigen Unterlagen auch nicht dadurch, dass das beim Antragsteller durchzuführende Projekt – wie vom Beigeladenen zu 3) ausgeführt – technische Anforderungen und mögliche Umsetzungs- und Wartungsarbeiten umfasste.
Zwar ist nicht jede Tätigkeit im Zusammenhang mit dem Betrieb von Webseiten und Online-Plattformen als künstlerische Tätigkeit anzusehen. Vielmehr sind Abgrenzungen insbesondere zu Webmastern, Informatikern und Programmierern vorzunehmen. So besteht die vorrangige Aufgabe von Webmastern/Webadministratoren darin, die Internetauftritte von Unternehmen oder Organisationen im Hinblick auf Funktionalität, Aktualität, Design und Nutzungsfreundlichkeit zu strukturieren und zu betreuen. Diese eher technisch ausgerichtete Berufsgruppe betreibt und überwacht Internet- und Applikationsserver mit dem Ziel der stabilen Erreichbarkeit und sichert dabei den Web- und Systembetrieb sowie sensible Daten gegen Angriffe von außen ab (vgl. BSG Urt. v. 7.7.2005 – B 3 KR 37/04 R – juris Rn. 19). Informatiker wiederum übernehmen Fach- und Führungsaufgaben bei der Lösung praktischer Probleme aus Industrie, Wirtschaft, Verwaltung, Forschung und Ausbildung sowie im medizinischen Bereich mit Hilfe informations- und kommunikationstechnischer Systeme. Dabei geht es hauptsächlich um den Entwurf und die Entwicklung von Anwendungs- und Systemsoftware und die Betreuung von informationstechnischen Systemen. Schließlich ist der Webdesigner vom Programmierer zu unterscheiden, der in der Programmentwicklung für die Codierung von fachlichen Anwendungsabläufen oder allgemeinen Dienstprogrammen zuständig ist. Alle diese Berufsgruppen sind somit auf technische Abläufe spezialisiert und unterscheiden sich vom Webdesigner dadurch, dass sie keinen eigenschöpferischen Gestaltungsspielraum besitzen (vgl. BSG Urt. v. 7.7.2005 – B 3 KR 37/04 R – juris Rn. 20).
Der Senat verkennt nicht, dass die Tätigkeit des Beigeladenen zu 3) sicherlich auch in durchaus größerem Umfang technische Aspekte beinhaltete. Dies ändert jedoch die vorzunehmende Beurteilung nicht. Setzt sich eine ausgeübte Tätigkeit aus mehreren Arbeitsgebieten zusammen, so ist für die Beurteilung, ob es sich um eine künstlerische Tätigkeit handelt, maßgeblich, ob gerade die künstlerischen Tätigkeitselemente das Gesamtbild der Beschäftigung prägen, die Kunst also den Schwerpunkt der Berufsausübung bildet (vgl. BSG Urt. v. 4.6.2019 – B 3 KS 2/18 R – juris Rn. 18). Dies ist hier zu bejahen. So stellt die "Design"-Phase sowohl für die Webseitenerstellung als auch die Implementierung der Online-Verkaufsplattform ein wesentliches Element des Angebots vom 3.10.2017 dar. Die Umsetzung hingegen wird (nur) als Folgeschritt bezeichnet. Zudem ist davon auszugehen, dass dem Design der Webseite bzw. Verkaufsplattform gerade im Bereich der Modebranche, in der der Antragsteller tätig ist, eine besondere Rolle für deren Erfolg zukommt und hierauf bei der Neukonzeption entsprechend ein besonderer Schwerpunkt liegt.
Dass der Beigeladene zu 3) studierter Betriebswirt und Software-Programmierer ist, steht einer Tätigkeit als Webdesigner nicht entgegen. Vielmehr genügt bereits eine "autodidaktische Spezialisierung" (vgl. BSG Urt. v. 7.7.2005 – B 3 KR 37/04 R – juris Rn. 15). Ebenfalls ohne Relevanz ist, dass er sich selbst nicht als Künstler ansieht. Ob die jeweilige Person den Anspruch erhebt, künstlerisch tätig zu sein, ist nur dann relevant, wenn sich – anders als hier – eine bestimmte Tätigkeit nicht zuordnen lässt (vgl. z.B. BSG Urt. v. 24.1.2008 – B 3 KS 1/07 R – juris Rn. 14 ff.).
(2) Der Antragsteller hat auch an die Beigeladenen zu 1) und 2) Aufträge erteilt, aufgrund derer eine KSA-Pflicht besteht.
Gem. § 24 Abs. 2 KSVG sind Unternehmer zur KSA verpflichtet, die nicht nur gelegentlich Aufträge an selbstständige Künstler oder Publizisten erteilen, um deren Werke oder Leistungen für Zwecke ihres Unternehmens zu nutzen, wenn im Zusammenhang mit dieser Nutzung Einnahmen erzielt werden.
(a) Der als Unternehmer (vgl. oben) tätige Antragsteller hat den Beigeladenen zu 1) und 2) – nicht nur gelegentlich – als selbstständigen Künstlerinnen Aufträge erteilt.
(aa) Aufträge i.S.v. entgeltlichen Verträgen (vgl. oben) sind mit den Verträgen über freie Mitarbeit vom 2.1.2013 / 20.11.2014 (Beigeladene zu 1) und vom 20.8.2014 (Beigeladene zu 2) erteilt worden. Die Beauftragung der Beigeladenen zu 1) und 2) erfolgten auch nicht nur gelegentlich (vgl. oben), sondern waren auf eine langfristige Tätigkeit für den Antragsteller angelegt. So sind die jeweiligen Verträge zeitlich unbefristet geschlossen worden und enthalten eine sechsmonatige Kündigungsfrist. Aus den der Beigeladenen zu 1) gezahlten monatlichen Honoraren von zunächst 5.000 Euro und später 3.500 Euro jeweils nebst Mehrwertsteuer und den beispielhaft eingereichten Rechnungen der Beigeladenen zu 2) kann jeweils auf einen nicht unerheblichen Umfang der Tätigkeit für den Antragsteller geschlossen werden. Auch tatsächlich sind beide Beigeladenen über den gesamten streitigen Zeitraum für den Antragsteller tätig gewesen.
(bb) Dass die Beigeladenen zu 1) und 2) eine selbstständige Tätigkeit ausgeübt haben, ist durch bestandskräftigen Bescheid der Antragsgegnerin vom 7.1.2019 festgestellt.
(cc) Die Annahme der Antragsgegnerin, dass die Tätigkeiten der Beigeladenen zu 1) und 2) als künstlerische Tätigkeiten im Sinn von § 2 KSVG (vgl. hierzu oben) zu qualifizieren sind, begegnet nach summarischer Würdigung ebenfalls keinen ernstlichen Zweifeln. Im Vordergrund der Tätigkeit beider Beigeladenen stand nach der aktenkundigen Sachlage eine designerische Tätigkeit im Bereich Mode.
Wenngleich Modedesigner (wie auch Webdesigner) im Künstlerbericht 1975 nicht als eigenständige Berufsgruppe aufgeführt sind, sind sie – wie Designer grundsätzlich – mit den dort genannten Berufsbildern des Grafikdesigners, des Fotodesigners oder des Layouters vergleichbar und zum Typus des bildenden Künstlers im Sinne des KSVG zu zählen (vgl. BSG Urt. v. 10.3.2011 – B 3 KS 4/10 R – juris Rn. 12).
Als Künstler im Sinne von § 2 S. 1 KSVG ist ein Designer seiner gestaltenden Tätigkeiten wegen anzusehen. Design ist dabei die formgerechte und funktionale Gestaltung von Gegenständen aller Art unter künstlerisch-ästhetischen Gesichtspunkten. Dabei wird unter dem Begriff Produkt- oder Industriedesign eine den Erfordernissen der (handwerklichen, gewerblichen oder industriellen) Produktion angepasste Gestaltung von Gebrauchsgegenständen aller Art verstanden. Charakteristisches Merkmal des Industriedesigns ist der Entwurf der äußeren Gestalt von Gegenständen nach ästhetischen, den vorgesehenen Verwendungszweck und die Funktion uneingeschränkt wahrenden Gesichtspunkten (Gestaltung der "schönen Form") (vgl. BSG Urt. v. 10.3.2011 – B 3 KS 4/10 R – juris Rn. 13). Auch die Farbgebung gehört zum charakteristischen Merkmal des Industriedesigns (st. Rspr. des BSG, z. B. Urt. v. 21.6.2012 – B 3 KS 1/11 R – juris Rn. 17; Urt. v. 30.1.2001 – B 3 KR 1/00 R – juris Rn. 18).
Derartige Aufgaben haben sowohl die Beigeladene zu 1) als auch die Beigeladene zu 2) nach dem aktenkundigen Sachstand ausgeführt.
Die Beigeladene zu 1) verfügt über ein Diplom in Modedesign und hat ein Gewerbe als freiberufliche Designerin angemeldet. Der Antragsteller selbst hat die bei ihm ausgeübte Tätigkeit im Fragebogen zur Feststellung des sozialversicherungsrechtlichen Status als "Design Damenbekleidung" benannt. Die Beigeladene zu 1) "entwickele" Stoffe, Farben und Modelle und erstelle "Designvorlagen". Die von ihr zu erbringenden Dienstleistungen würden zwar eine gewisse Form erfordern, aber ansonsten bestünde eine "kreativ freie Entscheidung zur Zielführung". Diese typischen Aufgaben einer Modedesignerin spiegeln sich in den aktenkundigen Modellbeispielen wieder und sind von der Beigeladenen zu 1) in der Beschreibung ihrer Arbeiten vom 19.11.2018 bestätigt worden ("Entwicklung von Druckdessins in Eigenfarben bzw. Entwicklung von Eigendessins, Entwurf mit Ausarbeitung/Beschreibung zur Erstellung der technischen Skizze, Auswahl der Accessoires"). Auch hier steht die gestalterische Entwicklung von Entwürfen erkennbar im Vordergrund. Bei den weiter genannten Arbeiten handelt es sich – wie z.B. beim Erstellen von Trendanalysen, dem Stoff- und Zutatensourcing oder den Storechecks – klar um vorbereitende Maßnahmen, damit Entwürfe nicht am Markt vorbei entwickelt werden bzw. um nachbereitende Tätigkeiten (z.B. Begleitung der Erstmuster in Bezug auf Rückfragen und deren Beurteilung sowie Vorbereitung von Präsentationen). Eine andere Beurteilung ergibt sich auch nicht – wie der Antragsteller meint – daraus, dass die Beigeladene zu 1) von ihm Vorgaben erhält. Auf das Ausmaß gestalterischer Freiheiten im Einzelfall kommt es nicht an (vgl. BSG Urt. v. 7.7.2005 – B 3 KR 37/04 R – juris Rn. 21; Sächsisches LSG Urt. v. 19.7.2018 – L 9 KR 183/13 – juris Rn. 44). Gleichermaßen ohne Belang ist, inwieweit der Antragsteller seinerseits Vorgaben oder Weisungen erhält. Auch der Umstand, dass die Beigeladene zu 1) nicht den "finalen Entwurf" erstellt, sondern einen solchen, der weiterbearbeitet wird, führt entgegen der Auffassung des Antragstellers nicht zu einem Entfallen des kreativ schöpferischen Charakters der von ihr ausgeübten Tätigkeit.
Ähnliches gilt für die Beigeladene zu 2). Auch deren Tätigkeit hat der Antragsteller im Fragebogen zur Feststellung des sozialversicherungsrechtlichen Status als "Design-Damenbekleidung" angegeben und sodann ergänzend dargelegt, dass diese Modellideen entwickele, Modelle skizziere und Skizzen erstelle sowie coloriere. Die aktenkundigen Beispiele von Entwürfen verdeutlichen die schöpferisch-gestaltende Tätigkeit. Gleiches gilt für die vom Antragsteller überreichte Aufstellung zur "Projekt-Arbeit für den Auftraggeber M und die dazugehörende Darstellung der Leistungen". Der Umstand, dass die Beigeladene zu 2) vorhandene Arbeitsskizzen bearbeitet und vom Antragsteller hierzu Vorgaben bekommt, ändert hieran nichts, weil eine Designertätigkeit auch in nur einzelnen Arbeitsschritten eines Modellentwurfs Eingang finden kann. Dass der Antragsteller und die Beigeladene zu 2) selbst von einer künstlerischen Leistung ausgegangen sind, zeigt sich darin, dass "Designleistungen" in Rechnung gestellt und beglichen worden sind.
Soweit die künstlerische Tätigkeit auch bei Designern dann verneint wird, wenn der mit dem Entwurf betraute Designer sein Werk auch produziert und vermarktet (vgl. BSG Urt. v. 21.6.2012 – B 3 KS 1/11 R – juris Rn. 19), liegen diese Voraussetzungen hier nicht vor. Weder sind die Beigeladenen zu 1) und 2) an der Produktion noch an der Vermarktung von auf der Grundlage ihrer Entwürfe erstellten Produkten beteiligt noch ist der Antragsteller selbst Produzent.
Dass die Beigeladene zu 1) "hin und wieder Telefonate mit den Modellmachern der Nähbetriebe bei Rückfragen zur Verarbeitung einzelner Modelle" durchführt, führt zu keiner anderen Beurteilung, da entsprechende Rückfragen bei dem Designer zur sachgerechten Umsetzung der Entwürfe unvermeidbar sind. Auch die Durchführung von Besprechungen, wenn die fertig genähten Modelle vorliegen, gehört als Nebenleistung zu den Aufgaben einer einen Entwurf liefernden selbstständigen Designerin dazu, ohne dass hieraus eine Einbindung in die Produktion abgeleitet werden kann.
(b) Die von den Beigeladenen zu 1) und 2) erstellten Werke hat der Antragsteller auch i.S.v. § 24 Abs. 2 KSVG für sein Unternehmen genutzt und hiermit Einnahmen erzielt.
(c) Da es für die Beurteilung des Anfalls der KSA immer nur auf das jeweilige Auftragsverhältnis ankommt, sind – entgegen wohl der Auffassung des Antragstellers – aus einer etwaigen beanstandungsfreien Prüfung der Tätigkeit der Beigeladenen zu 1) bei der Firma K GmbH keine Rechtsfolgen für das vorliegende einstweilige Rechtsschutzverfahren abzuleiten.
bb) Der Senat sieht gegenwärtig auch keine Anhaltspunkte dafür, dass sich die Berechnung der nacherhobenen KSA im Hauptsacheverfahren mit überwiegender Wahrscheinlichkeit als rechtswidrig erweisen wird. Bemessungsgrundlage der KSA sind die Entgelte für künstlerische oder publizistische Werke oder Leistungen, die ein nach § 24 Abs. 1 oder 2 KSVG zur Abgabe Verpflichteter im Rahmen der dort aufgeführten Tätigkeiten im Laufe eines Kalenderjahres an selbstständige Künstler oder Publizisten zahlt, auch wenn diese selbst nach diesem Gesetz nicht versicherungspflichtig sind (§ 25 Abs. 1 S. 1 KSVG). Dass der Antragsteller entsprechende Entgelte auf der Grundlage der aktenkundigen Abrechnungen an die Beigeladenen zu 1) bis 3) gezahlt hat, hat er nicht bestritten. Zutreffend hat die Antragsgegnerin entschieden, dass auch Auslagen und Nebenkosten, die den Künstlern erstattet werden, hierzu zählen (vgl. auch Kreikebohm, SGB IV, 3. Aufl. 2018, § 28p Rn. 15). Der für die einzelnen Jahre angewandte Abgabesatz entspricht den Vorgaben der auf Grund der Verordnungsermächtigung des § 26 Abs. 5 KSVG erlassenen jeweiligen KSA-Verordnung. Da der Antragsteller Einwände gegen die konkrete Berechnung der KSA nicht erhoben hat und Fehler bei der Berechnung auch nicht ersichtlich sind, wird ergänzend auf die Ausführungen im Bescheid vom 7.1.2019 Bezug genommen.
2. Es ist auch nicht ersichtlich, dass die Vollziehung des Bescheids für den Antragsteller mit einer unbilligen, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotenen Härte verbunden wäre. Allein die mit der Zahlung auf eine KSA-Forderung für ihn verbundenen wirtschaftlichen Konsequenzen führen nicht zu einer solchen Härte, da sie lediglich Ausfluss der Erfüllung gesetzlich auferlegter Pflichten sind (st. Rspr. des Senats, z. B. Beschl. v. 7.3.2019 – L 8 BA 75/18 B ER – juris Rn. 17).
Eine beachtliche Härte in diesem Sinne ist regelmäßig nur dann denkbar, wenn es dem KSA-Schuldner gelingt darzustellen, dass das Beitreiben der Forderung aktuell die Insolvenz und/oder die Zerschlagung seines Geschäftsbetriebes zur Folge hätte, die Durchsetzbarkeit der Forderung bei einem Abwarten der Hauptsache aber zumindest nicht weiter gefährdet wäre als zurzeit (vgl. Senatsbeschl. v. 7.3.2019 – L 8 BA 75/18 B ER – juris Rn. 17). Dafür ist hier indes nichts ersichtlich.
Hinsichtlich etwaiger mit dem Forderungseinzug verbundener wirtschaftlicher Härten hat sich der Antragsteller an die hierfür zuständige Künstlersozialkasse zu wenden. Diese hat als Anspruchsinhaberin bzw. gesetzliche Prozessstandschafterin des Anspruchs auf Zahlung der KSA über Fragen des Forderungseinzugs zu befinden und insoweit über eine etwaige Stundung, einen Erlass oder die Niederschlagung der Forderung (§ 76 Abs. 2 Nrn. 1 – 3 SGB IV) sowie die Einstellung bzw. Beschränkung der Zwangsvollstreckung (vgl. § 257 Abgabenordnung) zu entscheiden (vgl. zur Stellung der Künstlersozialkasse: BSG Urt. v. 12.12.2018 – B 12 R 1/18 R – juris Rn. 15; Beschl. v. 25.8.2009 – B 3 KS 1/09 B – juris Rn. 16; Urt. v. 28.1.1999 – B 3 KR 2/98 – juris Rn. 14).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 S. 1 SGG i. V. m. §§ 154 Abs. 2, Abs. 3, 162 Abs. 3 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).
Die Festsetzung des Streitwertes für das Beschwerdeverfahren folgt aus § 197a Abs. 1 S. 1 SGG i. V. m. § 52 Gerichtskostengesetz und berücksichtigt, dass in Verfahren des vorläufigen Rechtschutzes, die Beitragsangelegenheiten betreffen, regelmäßig nur ein Viertel des Wertes der Hauptsache (hier 9.721,88 Euro) als Streitwert anzusetzen ist (vgl. z.B. Senatsbeschl. v. 21.2.2012 – L 8 R 1047/11 B ER – juris Rn. 38 m.w.N.).
Dieser Beschluss kann nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht angefochten werden (§ 177 SGG).
Erstellt am: 23.06.2020
Zuletzt verändert am: 23.06.2020